Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (6. Kammer) - 6 Sa 447/19
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 06. November 2019 - 4 Ca 605/19 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf bezahlte Freistellung im Zusammenhang mit der Umwandlung ihrer eingetragenen Lebenspartnerschaft in eine Ehe.
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Die Beklagte ist ein Unternehmen der chemischen Industrie, das am Standort A-Stadt ca. 650 Mitarbeiter beschäftigt. Die Klägerin, ausgebildete Chemieingenieurin FH und Wirtschaftsingenieurin FH, ist seit 01. April 1997 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt seit 01. Juni 2011 kraft schriftlichen Arbeitsvertrages vom 12. Mai 2011 (Bl. 6 ff. d. A., im Folgenden: AV) als Produktionsingenieurin Refining Technologies in A-Stadt. Die Klägerin wird als außertarifliche Angestellte geführt. Gemäß § 8 Abs. 6 AV finden die jeweils gültigen Betriebsvereinbarungen der Beklagten Anwendung, soweit sich deren Anwendung auf außertarifliche Angestellte erstreckt. Die Klägerin ist Mitglied im Verband angestellter Akademiker und leitender Angestellter der chemischen Industrie e. V. (VAA - Führungskräfte Chemie).
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Am 27. August 2011 ging die Klägerin eine eingetragene Lebenspartnerschaft nach den damaligen Regelungen des LPartG ein. Aus Anlass der Verpartnerung gewährte die Beklagte der Klägerin am 29. und 30. August 2011 zwei Tage bezahlte Freistellung in Anlehnung an § 8 Abs. 1 Nr. 1 Manteltarifvertrag mit der IG Bergbau, Chemie, Energie vom 24. Juni 1992 idF. vom 16. April 2008 (im Folgenden: MTV Chemie).
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Nachdem zum 01. Oktober 2017 die gesetzliche Möglichkeit hierzu eröffnet worden war, wandelten die Klägerin und ihre Lebenspartnerin am 08. Mai 2018 ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe um. Die Klägerin hatte zuvor am 15. März 2018 für den 08. Mai 2018 Urlaub beantragt, den die Beklagte ihr genehmigt hatte. Am 09. Mai 2018 legte die Klägerin der Beklagten die Eheurkunde vor und beantragte erfolglos die nachträgliche Umwandlung des erhaltenen Urlaubstages in eine Freistellung unter Fortzahlung ihrer Vergütung aus Anlass ihrer Eheschließung.
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Die Klägerin hat am 02. Mai 2019 beim Arbeitsgericht Mainz Klage erhoben, mit der sie die Gutschrift eines Urlaubstages wegen erfolgter Heirat und hilfsweise die Feststellung begehrt, dass sie wegen ihrer Eheschließung einen Tag Anspruch auf bezahlte Freistellung hat.
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Die Klägerin hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, ihr Anspruch auf jedenfalls einen Tag Freistellung anlässlich der Umwandlung ihrer Lebenspartnerschaft in eine Ehe ergebe sich aus den tariflichen Vorschriften in § 8 Abs. 1 Nr. 1 MTV Chemie bzw. der von der Beklagten gehandhabten betrieblichen Übung in Verbindung mit dem zur Akte gereichten Mitarbeiterhandbuch "Entgelt plus+" über zusätzliche Angebote und Leistungen für Mitarbeiter / innen der Beklagten in A-Stadt (Bl. 12 ff. d. A.; im Folgenden: Mitarbeiterhandbuch). Zumindest hilfsweise lasse sich ihr Anspruch bereits aus § 616 BGB herleiten. Die Beklagte verkenne - insbesondere vor den Wertungen des AGG -, dass sie Ungleiches ohne rechtliche Legitimation gleichbehandele, was sich bereits aus dem außergerichtlich herangezogenen Beispiel der einer standesamtlichen Trauung mit einer kirchlichen Eheschließung ergebe. Es könne bei Lichte besehen nicht ernstlich zweifelhaft sein, dass ihr in ergänzender Vertragsauslegung bzw. nach § 616 BGB aus dem Arbeitsvertrag, betrieblicher Übung bzw. dem Betriebshandbuch "Entgelt-Plus+" der Tag Sonderurlaub zustehe. Es liege unstreitig eine Anspruchskonkurrenz vor. Es sei nicht ersichtlich, warum keine nach dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz von der Beklagten an den Tag gelegte betriebliche Übung der Anwendung von § 8 Abs. 1 Nr. 1 MTV Chemie vorliegen solle, zumal die Beklagte die Tarifverträge nach ihrem eigenen Vortrag einheitlich anwende. Die Beklagte sei nicht zuletzt aufgrund von Art. 3 GG verpflichtet, ihr den Sonderurlaub bzw. eine bezahlte Freistellung zu gewähren. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt ernstlich in Frage gestellt, dass die - für die Klägerin erstmalige - Eingehung der Ehe Anspruch auf zwei Tage Sonderurlaub vermittele. Daran ändere auch § 20a LPartG nichts, da das LPartG lediglich den Fall regele, dass zuvor schon eine Lebenspartnerschaft bestanden habe.
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Die Klägerin hat beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, dem Urlaubskonto der Klägerin (Personalnummer: 00000) einen Tag Urlaub wegen erfolgter Heirat gutzuschreiben.
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2. hilfsweise, festzustellen, dass die Klägerin wegen ihrer Eheschließung einen Tag Anspruch auf bezahlte Freistellung hat.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage wird abgewiesen.
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Sie hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, es fehle der Klage an einer Anspruchsgrundlage. Die Klägerin, deren Mitgliedschaft im VVA rein vorsorglich mit Nichtwissen bestritten werde, behaupte nicht, Mitglied der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) zu sein. Aus § 8 Abs. 1 Nr. 1 MTV Chemie könne die Klägerin keinen tariflichen Anspruch herleiten, da die Klägerin nicht darlege, Mitglied der tarifschließenden IG BCE zu sein. Soweit die Klägerin ihren Anspruch aus dem Handbuch "Entgelt plus+" herleiten wolle, begründe das Handbuch selbst keinerlei Ansprüche, sondern informiere die Beschäftigten lediglich über unterschiedlichste soziale Leistungen der Beklagten aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen oder auf freiwilliger Grundlage, was ausdrücklich benannt werde. Eine Betriebsvereinbarung zu Freistellungsansprüchen wie von der Klägerin geltend gemacht existiere nicht, auch der Arbeitsvertrag enthalte keine Bezugnahmeklausel. Hinsichtlich der von der Klägerin beanspruchten betrieblichen Übung möge es zutreffen, dass die Beklagte Beschäftigten, die eine Ehe oder eine Lebenspartnerschaft eingingen, entsprechende Freizeit gewähre. Dass auch eine Übung existiere, Beschäftigten, die bereits Freizeittage aus Anlass ihrer Verpartnerung nach dem LPartG erhalten hätten, darüber hinaus weitere Freizeittage bei der Umwandlung dieser Lebenspartnerschaft in eine Ehe zu gewähren, habe die Klägerin bislang nicht dargelegt und entspreche nicht den Tatsachen. Ein Anspruch ergebe sich schließlich auch nicht aus § 616 BGB. Mit dem LPartG seien Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft rechtlich bereits weitgehend gleichgestellt gewesen. Die Unterschiede im Adoptionsrecht und der Behandlung der Lebenspartnerschaft als eigene Institution seien durch das Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20. Juli 2017 aufgehoben worden. Davon abgesehen hätten bereits zuvor keine Rechtsunterschiede mehr bestanden. Auch die Tarifvertragsparteien hätten im Jahr 2005 durch Einführung der Fußnote 7a zu § 8 Abs. 1 Nr. 1 MTV Chemie eingetragene Lebenspartnerschaften der Ehe im Hinblick auf den Freistellungskatalog gleichgestellt. Auch wenn die Klägerin sich formal auf die Rechtsprechung zu § 616 BGB und den Wortlaut des § 8 Abs. 1 Nr. 1 MTV Chemie beziehen könne, handele es weder um eine (Neu-) Schließung einer Ehe mit einer anderen Person als derjenigen, mit der bereits schon einmal eine Ehe bestanden habe, noch um eine Wiederverheiratung mit derselben Person nach vorheriger Scheidung, sondern nach § 20a LPartG ausdrücklich um eine Umwandlung, gewissermaßen um eine institutionelle Verwandlung. Allein das Verständnis der Neubegründung einer rechtlich privilegierten Partnerschaft liege auch § 8 Abs. 1 Nr. 1 MTV Chemie zugrunde. Eine andere Sichtweise würde homosexuelle Paare gegenüber heterosexuellen besserstellen, denn letztere könnten aus Anlass der Erneuerung ihres Ehegelübdes keinen Anspruch auf weitere Freistellung geltend machen. Entscheidend spreche gegen einen Anspruch aus § 616 BGB allerdings, dass die Klägerin am 08. Mai 2018 nach der Urlaubsgewährung überhaupt keine Verpflichtung mehr zur Dienstleistung gehabt habe. § 616 BGB löst iVm. § 275 Abs. 3 BGB die Konfliktsituation zwischen arbeitsvertraglicher Dienstleistungsverpflichtung und der rechtlichen Verpflichtung nach § 20a LPartG zur Eingehung der Ehe persönlich vor dem Standesbeamten zu erscheinen. eine solche Konfliktsituation habe vorliegend nicht mehr bestanden.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 06. November 2019 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der zulässige Hauptantrag sei unschlüssig. Freistellungsansprüche wie der in § 8 MTV Chemie seien schon immer dahingehend ausgelegt worden, dass sie nur einmal in Anspruch genommen werden könnten, auch wenn standesamtliche und kirchliche Eheschließung an verschiedenen Tagen stattfänden. Die Umwandlung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft in eine Ehe im Sinne von § 1353 Abs. 1 Satz 1 BGB könne dann ebenso wenig einen erneuten Freistellungsanspruch auslösen, wie die Veredelung einer bereits geschlossenen Zivilehe durch das Sakrament der kirchlichen Hochzeit. Da die Klägerin damit keinen Anspruch auf bezahlte Freistellung für den Tag, an dem sie bereits Erholungsurlaub genommen habe, habe, so komme eine "Gutschrift" auf dem Urlaubskonto nicht in Betracht. Dem Hilfsantrag fehle es schon an einem Feststellungsinteresse, da der begehrte Ausspruch keine rechtlichen Auswirkungen habe, wenn die Klageabweisung bezüglich des Antrag zu 1) rechtskräftig würde. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 101 f. d. A. verwiesen.
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Die Klägerin hat gegen das am 26. November 2019 zugestellte Urteil mit am 10. Dezember 2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz von 03. Dezember 2019 Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 26. Februar 2020, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, begründet.
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Die Klägerin trägt zweitinstanzlich nach Maßgabe ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 26. Februar 2020 (Bl. 117 ff. d. A.), ihres Schriftsatzes vom 23. April 2020 (Bl. 179 ff. d. A.) und ihres Schriftsatzes vom 17. Juni 2020 (Bl. 192 d. A.), hinsichtlich deren weiterer Einzelheiten ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen wird, unter Verweisung auf ihr erstinstanzliches Vorbringen vor,
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der von der Kammer willkürlich gewählte und "hinkende" Vergleich der Umwandlung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft in eine Ehe mit der "Veredelung" einer bereits geschlossenen Zivilehe durch das Sakrament einer kirchlichen Hochzeit liege argumentativ neben der Sache, zeige aber, dass die Argumente der Klägerin außen vor geblieben seien. Bereits im Kammertermin sei darauf hingewiesen worden, dass die Rechtslage im Hinblick auf eine Zivilehe und eine kirchliche Ehe seit Jahrzehnten unverändert geblieben sei, wohingegen sich die Rechtslage für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften erst ab der am 01. Oktober 2017 geltenden Änderung, wonach diese erstmalig eine Ehe wie heterosexuelle Paar eingehen können, eben wesentlich geändert habe. Die eingegangene Lebenspartnerschaft sei ein anderes Rechtsinstitut als die nunmehr von der Klägerin erstmalig eingegangene Ehe. Wenn das Urteil erster Instanz sich gerade auf einer dreiviertel Seite mit dem Vorbringen der Klägerin auseinandersetze, mache dies hinreichend deutlich, dass dies dem Streitgegenstand in diesem Verfahren nicht im Ansatz gerecht werde. In der Sache selbst habe das Gericht sich auch nicht mit § 616 BGB auseinandergesetzt, so dass das Urteil bereits insoweit angreifbar und wegen Rechtsmängeln und fehlender Begründung aufzuheben sei. Auch der Vortrag der Beklagten in erster Instanz könne daran nichts ändern. Dass diese sich auf eine angeblich fehlende, tarifliche Anspruchsgrundlage berufe, scheitere spätestens an § 616 BGB bzw. der betrieblichen Übung in Verbindung mit dem quasi als Betriebsvereinbarung zu wertenden Betriebshandbuch. Dass bereits Urlaub für den 08. Mai 2018 gewährt worden sei, stehe nicht entgegen, da jeder arbeitsunfähige Arbeitnehmer sich nachträglich Erholungsurlaubstage gut schreiben lassen könne. Es möge sei, dass derartige Freistellungsansprüche, soweit sie sich auf eine normale Ehe beziehen, diesbezüglich dahingehend ausgelegt werden, dass bei einer "Doppelheirat" im Sinne einer standesamtlichen und einer kirchlichen dieser Urlaub nicht zwei Mal beantragt und gewährt werden könne. Vorliegend handele es sich jedoch um einen erstmaligen Antrag der Klägerin für die erstmalige Eingehung der Ehe mit ihrer Ehepartnerin einen Tag Sonderurlaub zu gewähren. Die Klägerin habe nicht mehrfach Urlaub im Sinne einer standesamtlichen oder gar kirchlichen Hochzeit erhalten wollen. Es gehe auch nicht um eine Besserstellung homosexueller Paare gegenüber heterosexuellen ohne Grund, sondern diese würden durch die neue gesetzliche Möglichkeit endlich gleichgestellt. Das Arbeitsgericht setze sich nicht im Ansatz mit den Argumenten der Klägerin auseinander. Die Konzernbetriebsvereinbarung K19BV03 zeige hinreichend deutlich, dass bei zunächst beantragtem Erholungsurlaub dieser bei begründetem Anlass nachträglich in eine Freistellung umgewandelt werden könne; zum Zeitpunkt der Eheschließung der Klägerin sei dies betrieblich noch so gehandhabt worden (ZV E.). Die Beklagte nenne keinen Grund, warum der Anspruch aus der KBV nicht auch für die Klägerin gelten solle.
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Die Klägerin beantragt zuletzt - nach teilweiser Rücknahme der Berufung im Hinblick auf den erstinstanzlich verfolgten Hilfsantrag -,
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unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz - 4 Ca 605/19 - vom 06. November 2019 die Beklagte zu verurteilen, dem Urlaubskonto der Klägerin (Personalnummer: 00000) einen Tag Urlaub wegen erfolgter Heirat gutzuschreiben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das von der Klägerin angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 26. März 2020 (Bl. 128 ff. d. A.) und ihres Schriftsatzes vom 20. Mai 2020 (Bl. 187 ff. d. A.), hinsichtlich deren weiterer Einzelheiten ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen wird, zweitinstanzlich unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags wie folgt,
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das Arbeitsgericht habe die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klägerin habe durch den für den 08. Mai 2018 gewährten Urlaubstag ihren Urlaubsanspruch für diesen Tag "verbraucht". Auch als Schadensersatzanspruch könne sie den Urlaubstag nicht beanspruchen, da keine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten ersichtlich sei. Ein tariflicher Anspruch nach § 8 MTV Chemie bestehe mangels Tarifbindung der Klägerin an den MTV Chemie nicht. Dem Geltungsbereich des MTV-Akad unterfalle die Klägerin nicht; dieser gebe eine Freistellungsregelung auch nicht her. Das Handbuch "Entgelt Plus+" sei lediglich ein veröffentlichtes Informationspapier, vermöge jedoch keine Betriebliche Übung herzuleiten und stelle auch keine Betriebsvereinbarung dar. Der Arbeitsvertrag regele den geltend gemachten Freistellungsanspruch nicht. Auch wenn sie in der Vergangenheit außertariflichen Beschäftigten, die eine Ehe eingehen oder nach früherem Recht eine Lebenspartnerschaft eingegangen seien, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht entsprechende Freizeit gewährt habe, habe die Klägerin nicht dargelegt, dass auch eine Übung existiert habe, Beschäftigten, die bereits zwei Freizeittage aus Anlass ihrer Verpartnerung erhalten hätten, darüber hinaus weitere Tage bei der Umwandlung dieser Lebenspartnerschaft in eine Ehe zu gewähren. Die Klägerin könne den Anspruch auch nicht damit begründen, sie habe am 08. Mai 2018 "erstmalig die Ehe geschlossen". Insoweit übersehe die Klägerseite, dass der Gesetzgeber sehr wohl die Eheschließung von zwei bislang nicht (oder nur vorübergehend nicht) verheirateten Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts in § 1353 BGB und die Umwandlung nach § 20a LPartG unterscheide, welche gewissermaßen eine institutionelle Verwandlung der bislang bestehenden Rechtsbeziehung beinhalte. Nur die Neubegründung einer rechtlich privilegierenden Partnerschaft, sei es die Ehe oder die bis 2017 mögliche eingetragene Lebenspartnerschaft, sei als "Eheschließung" nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 MTV Chemie zu verstehen. In der Tarifregelung liege auch keine Diskriminierung homosexueller Menschen aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität, da bereits vor Inkrafttreten des neuen § 1353 BGB die Lebenspartnerschaft mit der Ehe gleichbehandelt worden seien, was die Fußnote zur tariflichen Regelung zeige. Der Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 616 BGB, da der Klägerin schon aus Anlass ihrer Verpartnerung im August 2011 eine entsprechende Freistellung gewährt worden sei. Zum anderen, weil angesichts des Urlaubstages der Klägerin für den 08. Mai 2018 keine nach § 616 iVm. § 275 Abs. 3 BGB aufzulösende Konfliktsituation eingetreten sei. Die von der Klägerin vorgelegte K19BV03 vom 10. April 2019 habe erst ab dem 01. April 2019 und damit nach dem 08. Mai 2018 Geltung gehabt. Im Übrigen sei in der KBV lediglich geregelt, wie das Wort "bei" in § 8 Abs. 1 Nr. 1 MTV Chemie verstanden werden sollte (konkret: 14 Tage vor oder nach der Hochzeit), nicht jedoch, dass eine Umwandlung bereits beantragten und gewährten Urlaubs stattfinden könne.
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Im Übrigen wird wegen des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A
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Die Berufung ist im zuletzt zur Entscheidung gestellten Umfang zulässig, in der Sache jedoch nicht erfolgreich.
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I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchstabe a ArbGG), wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 26. November 2019 mit am 10. Dezember 2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 03. Dezember 2019 form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 519 ZPO) und mit Schriftsatz vom 26. Februar 2019, eingegangen bei Gericht innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist am gleichen Tag, rechtzeitig und hinsichtlich des zuletzt noch streitigen Hauptantrages ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, § 64 Abs. 6 ArbGG).
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II. Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin kein Anspruch auf Gutschrift eines Tages auf ihr Urlaubskonto im Zusammenhang mit der Umwandlung ihrer Lebenspartnerschaft in eine Ehe am 08. Mai 2018 zusteht. Die Berufung der Klägerin gegen die klageabweisende erstinstanzliche Entscheidung war zurückzuweisen.
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1. Die Klage ist als Leistungsklage zulässig. Den Antrag der Klägerin, die Beklagte zu verurteilen, ihrem Urlaubskonto einen Tag wegen ihrer am 08. Mai 2018 erfolgten Heirat gutzuschreiben, hat das Arbeitsgericht zutreffend dahingehend ausgelegt, dass die Klägerin die Gutschrift eines Tages Freistellung im Zusammenhang mit der am 08. Mai 2018 erfolgten Umwandlung ihrer bestehenden Lebenspartnerschaft gemäß § 20 a Abs. 1 LPartG nF in eine Ehe begehrt.
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2. Die Klage ist nicht begründet. Ungeachtet der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob für die Gutschrift als solche eine Rechtsgrundlage bestünde, nachdem der Klägerin am 08. Mai 2018 bereits Urlaub gewährt worden ist, steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Gutschrift eines Freistellungstages nicht zu, da sie bereits keinen Anspruch auf einen Tag Freistellung im Zusammenhang mit der Umwandlung ihrer Lebenspartnerschaft in eine Ehe hat.
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2.1. Dem Anspruch steht nicht schon ein fehlendes Urlaubskonto der Klägerin entgegen. Zwar kommt eine Leistungsklage wie die Vorliegende nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber ein Urlaubskonto führt und dieses Konto den Anspruch nach der zugrundeliegenden Abrede verbindlich bestimmt (BAG 17. November 2015 - 9 AZR 547/14 - Rn. 14, zitiert nach juris). Obwohl die Beklagte nach dem BUrlG nicht verpflichtet ist, ein solches Konto zu führen (BAG 20. Mai 2009 - 4 AZR 230/08 - Rn. 20), hat sie nicht in Abrede gestellt, dass ein Urlaubskonto der Klägerin existiert.
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2.2. Die Klägerin kann ihren Anspruch nicht aus § 8 Abs. 1 Nr. 1 MTV Chemie herleiten.
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2.2.1. § 8 Abs. 1 MTV Chemie lautet wie folgt:
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„§ 8
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Freistellung von der Arbeit
I.
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Freistellungskatalog
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Dem Arbeitnehmer ist ohne Anrechnung auf seinen Urlaub und ohne Verdienstminderung Freizeit wie folgt zu gewähren:
- 36
1.
bei seiner Eheschließung 7a
2 Tage
2.
anlässlich der Geburt seines Kindes
1 Tag
bei nichtehelichen Kindern ist der Vaterschaftsnachweis durch eine Bescheinigung des Jugendamtes zu erbringen, andernfalls ist der gewährte Freistellungstag als Urlaubstag anzurechnen. Ist die Anrechnung auf den laufenden Jahresurlaub nicht möglich, erfolgt die Verrechnung im folgenden Urlaubsjahr
3.
bei Teilnahme an der Hochzeit seiner Kinder, Stief- oder Pflegekinder sowie der goldenen oder diamantenen Hochzeit der Eltern oder Stiefeltern
1 Tag
4.
bei seiner silbernen Hochzeit
1 Tag
5.
bei schwerer Erkrankung von zur Hausgemeinschaft gehörenden Familienmitgliedern, sofern der Arzt bescheinigt, dass die Anwesenheit des Arbeitnehmers zur vorläufigen Sicherung der Pflege erforderlich ist
bis zu 2 Tage
6.
bei Tod seines Ehegatten
3 Tage
7.
bei Tod seiner Eltern oder Kinder, sowie bei Tod seiner Stiefeltern, Schwiegereltern, Geschwister, Stiefkinder oder Pflegekinder, falls sie mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt lebten
2 Tage
8.
bei der Teilnahme an der Beisetzung von Stiefeltern, Schwiegereltern, Geschwistern, Stiefkindern, Schwiegerkindern oder Pflegekindern, die nicht mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt lebten
1 Tag
9.
bei Arbeitsjubiläen nach 25-, 40- und 50-jähriger Betriebszugehörigkeit
1 Tag
10.
bei seinem Umzug, wenn er einen eigenen Hausstand hat
1 Tag
11.
bei ärztlicher Behandlung, die nach ärztlicher Bescheinigung während der Arbeitszeit notwendig ist, für die als hierfür erforderlich nachgewiesene Zeit
12.
bei Arbeitsversäumnissen aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen mit Ausnahme der Wahrnehmung behördlicher Termine als Beschuldigter oder als Partei im Zivilprozesse für die tatsächlich zur Erfüllung der Angelegenheit benötigen Zeit, jedoch höchstens bis zur Dauer von 8 Stunden.
…
_______________________________
7a)
Im Rahmen des Freistellungskatalogs sind eingetragene Lebensgemeinschaften der Ehe gleichgestellt.“
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2.2.2. § 8 Nr. 1 MTV Chemie findet auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.
- 38
a) Die Tarifnorm gilt nicht kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit gemäß § 4 Abs. 1 TVG, da die außertariflich beschäftigte Klägerin unstreitig nicht Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IG BCE) ist.
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b) Eine Anwendbarkeit kraft ausdrücklicher einzelvertraglicher Bezugnahme scheidet aus, nachdem die Parteien im Arbeitsvertrag der Klägerin vom 12. Mai 2011 die Anwendbarkeit von Tarifverträgen nicht vereinbart haben. § 8 Abs. 1 MTV Chemie findet auf das Arbeitsverhältnis jedoch kraft betrieblicher Übung Anwendung.
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aa) Eine Bezugnahme auf tarifvertragliche Regelungen kann ausdrücklich, aber auch durch betriebliche Übung erfolgen (BAG 11. Juli 2019 - 4 AZR 444/17 - Rn. 18; 17. April 2002 - 5 AZR 89/01 - Rn. 15; 19. Januar 1999 - 1 AZR 606/98 - Rn. 50, jeweils zitiert nach juris). Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden (BAG 11. Juli 2019 - 4 AZR 444/17 - Rn. 18; 24. Februar 2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 19; 23. März 2011 - 4 AZR 268/09 - Rn. 59).
- 41
bb) Die Voraussetzungen für eine betriebliche Übung in Bezug auf die Anwendbarkeit von § 8 Abs. 1 MTV Chemie liegen vor. Die Klägerin hat sich hinsichtlich dessen Anwendbarkeit auf eine betriebliche Übung gestützt und behauptet, die Beklagte wende § 8 Abs. 1 MTV Chemie einheitlich auch auf außertarifliche Mitarbeiter an, so wie auch ihr unstreitig im Jahr 2011 nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 MTV Chemie zwei Tage Freistellung anlässlich der Eingehung ihrer Lebenspartnerschaft gewährt worden seien. Die Beklagte hat diese Behauptung der Klägerin nicht in Abrede gestellt, insbesondere nicht hinsichtlich der Gewährung von Freistellungen nach § 8 Abs. 1 MTV Chemie auch für außertarifliche Mitarbeiter. Damit liegen die Voraussetzungen für eine betriebliche Übung im Hinblick auf § 8 Abs. 1 MTV Chemie vor, für die im Übrigen auch das von der Klägerin zur Akte gereichte Handbuch Entgelt plus+ (Bl. 12 ff. d. A.) spricht, welches unter „Arbeit und Freizeit“ die Rubrik „Bezahlte Freistellungen“ nach betrieblichen oder tarifvertraglichen Regeln enthält, die dem Freistellungskatalog von § 8 Abs. 1 MTV Chemie entspricht, auch wenn die Berufungskammer nicht verkennt, dass die Beklagte zu Beginn der Broschüre (Bl. 13 d. A.) darauf verweist, dass die genannten Sozialleistungen auf Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarungen beruhen oder freiwillig gewährt werden. Soweit die Beklagte das Vorliegen einer betrieblichen Übung mit der Begründung verneint, die Klägerin habe nicht vorgetragen, dass sie regelmäßig außertariflichen Mitarbeitern, die ihre Lebenspartnerschaft gemäß § 20 a Abs. 1 LPartG in eine Ehe umgewandelt hätten, Freistellungen gewähre, vermochte diese Argumentation die Berufungskammer nicht zu überzeugen. Die Klägerin stützt sich auf eine betriebliche Übung lediglich im Hinblick auf die von ihr behauptete Tatsache, dass die Beklagte im Betrieb Freistellungen nach § 8 Abs. 1 MTV Chemie gewährt, während sich - bei Vorliegen einer betrieblichen Übung insoweit - erst aus der Tarifnorm selbst ergibt, ob der Klägerin der geltend gemachte Anspruch zusteht.
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2.2.3. Die Klägerin kann den geltend gemachten Anspruch auf einen Tag Freistellung anlässlich der Umwandlung ihrer Lebenspartnerschaft in eine Ehe nach § 20 a LPartG nicht auf § 8 Abs. 1 Nr. 1 MTV Chemie stützen. Dies ergibt die Auslegung der Tarifnorm.
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a) Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Auslegung von Tarifverträgen zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Bei der Auslegung ist somit nicht allein der Wortlaut der Tarifbestimmung heranzuziehen (vgl. BAG20. November 2019 - 5 AZR 21719 - Rn. 33; 7. Februar 2019 - 6 AZR 44/18 - Rn. 27, jeweils zitiert nach juris).
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b) Dies zugrunde gelegt steht der Klägerin der verlangte Freistellungstag nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 MTV Chemie nicht zu. Ausgehend vom Wortlaut gewährt § 8 Abs. 1 Nr. 1 MTV Chemie dem Arbeitnehmer zwei Tage Freizeit ohne Anrechnung auf seinen Urlaub und ohne Verdienstminderung bei seiner Eheschließung, wobei nach der Fußnote 7a die eingetragene Lebensgemeinschaft der Ehe gleichgestellt ist. Da die Klägerin am 08. Mai 2018 keine Ehe geschlossen hat und ihre Lebenspartnerschaft bereits in 2011 eingetragen wurde, könnten bereits Bedenken bestehen, ob der vorliegende Tatbestand der Umwandlung einer bestehenden Lebenspartnerschaft nach § 20 a Abs. 1 Satz 1 LPartG dem bloßen Wortlaut nach der Vorschrift unterfällt. Selbst wenn man - nachdem die Lebenspartnerschaft gemäß § 20 a Abs. 1 Satz 3 LPartG nF nach der Umwandlung als Ehe fortgeführt wird (vgl. auch zu Art. 3 Abs. 2 des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts: BT-Drucksache 18/6665 S. 10) - noch annimmt, dass auch der Tatbestand der Umwandlung gemäß § 20 a Abs. 1 LPartG nF dem Wortlaut nach unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 MTV Chemie fällt, ergibt sich aus Sinn und Zweck der Tarifnorm, dass hierbei jedenfalls ein zusätzlicher Anspruch auf Freistellung nicht anfällt. Mit dem Begriff der Eheschließung haben die Tarifvertragsparteien den insgesamt zwei Tage betragenden Freistellungsanspruch mit der Eingehung der bürgerlichen Ehe vor dem zuständigen Standesbeamten (§§ 1353 Abs. 1, 1310 BGB, § 14 PStG) bzw. mit der kirchlichen Trauung nach einem von einer Kirche vorgesehenen Ritus verbunden. Gleichgestellt haben sie die Eintragung einer Lebenspartnerschaft gleichgeschlechtlicher Partner, welchen bis zum 30. September 2017 die Eingehung einer bürgerlichen Ehe gesetzlich verwehrt war und die ihre Lebenspartnerschaft vom 01. August 2001 bis zu diesem Zeitpunkt gegenüber dem Standesbeamten begründen konnten (§ 1 LPartG aF). Damit haben die Tarifvertragsparteien geregelt, dass eine Freistellung gewährt werden soll angesichts einer - staatlich oder kirchlich - institutionalisierten Anerkennung einer Partnerschaft, die die persönliche Anwesenheit des Arbeitnehmers erfordert, wobei das Wort „bei“ und die systematische Abgrenzung zu anderen Freistellungstatbeständen, die eine Freistellung ausdrücklich zum Zeitpunkt des genannten Ereignisses vorsehen (vgl. zB. § 8 Abs. 1 Nr. 11 MTV Chemie), ergibt, dass die Freistellung nicht unmittelbar zum Zeitpunkt der Eheschließung/ Verpartnerung erfolgen muss, so lange sie im zeitlichen Zusammenhang damit begehrt wird. Zugleich haben die Tarifvertragsparteien zu erkennen gegeben, dass der Freistellungsanspruch pro Paar auf zwei Tage beschränkt sein soll, so dass der Arbeitnehmer - etwa bei Zusammentreffen von standesamtlicher und kirchlicher Eheschließung - ein Wahlrecht nach § 315 Abs. 1 BGB hat, ob er die ihm nach der Tarifnorm zustehenden zwei bezahlten arbeitsfreien Tage aus Anlass der bürgerlichen oder kirchlichen Eheschließung oder je einen Tag zu jedem der beiden Anlässe nehmen möchte (vgl. BAG vom 27. April 1983 - 4 AZR 506/80 - Rn. 17, zitiert nach juris). Hieraus folgt, dass - jedenfalls im Falle bereits gewährter Freistellung von zwei Tagen anlässlich einer Verpartnerung - kein zusätzlicher Anspruch auf weitere zwei Freistellungstage bei der Umwandlung der eingetragenen Lebenspartnerschaft in eine Ehe nach § 20 a LPartG entsteht. Dagegen spricht bereits, dass die Tarifvertragsparteien mit der Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft zur Ehe schon vor der Änderung der Gesetzeslage die Institutionalisierung einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft durch Verpartnerung anerkannt haben und angesichts dessen kein Grund besteht, die „erneute“ Institutionalisierung derselben Partnerschaft durch die durch das Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20. Juli 2017 seit 01. Oktober 2017 eröffnete Möglichkeit der Umwandlung einer bestehenden Lebenspartnerschaft in eine Ehe zum Anlass der Gewährung zusätzlicher Freistellungstage zu nehmen, während nicht gleichgeschlechtlichen Paaren diese Möglichkeit zusätzlicher Freistellungstage verwehrt wäre. Gegen die von der Klägerin vertretene Rechtsauffassung spricht in diesem Zusammenhang darüber hinaus, dass nach der gesetzlichen Konzeption bei bereits bestehender Lebenspartnerschaft keine neue Ehe geschlossen wird, sondern eine Umwandlung in eine Ehe stattfindet, mit der Folge, dass in der Ehe für die Rechte und Pflichten der Ehegatten der Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft maßgebend ist (§ 20 a Abs. 5 LPartG nF; so auch zu Art. 3 Abs. 2 des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts: BT-Drucksache 18/6665 S. 10). Dass keine - erstmalige - Neubegründung erfolgt, zeigt sich auch daran, dass ein Lebenspartnerschaftsvertrag nach der Umwandlung als Ehevertrag weitergilt (§ 20 a Abs. 3 LPartG nF), die Umwandlung keine Auswirkungen auf ein bereits errichtetes gemeinschaftliches Testament hat (§ 20 a Abs. 5 LPartG nF) und nach der Umwandlung für den Versorgungsausgleich der erste Tag des Monats, in dem die Lebenspartnerschaft begründet worden ist, als Beginn der Ehezeit gilt (§ 20 a Abs. 6 LPartG nF). Nach seit 01. Oktober 2017 bestehender Gesetzeslage ist die Eingehung einer Lebenspartnerschaft - neben der nunmehr eröffneten Möglichkeit der Eingehung einer Ehe - für gleichgeschlechtliche Partner nach dem 30. September 2017 nicht mehr möglich (§ 1 Satz 1 LPartG nF). Auch dies zeigt, dass das Institut der Ehe insoweit das Institut der Lebenspartnerschaft abgelöst hat. Angesichts dessen kann § 8 Abs. 1 Nr. 1 MTV Chemie nur dahingehend verstanden werden, dass die Umwandlung der Lebenspartnerschaft der Klägerin in eine Ehe keinen weiteren Freistellungsanspruch begründet, der über die ihr bereits anlässlich der Verpartnerung gewährten beiden Freistellungstage hinausgeht.
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2.2.4. Selbst wenn man mit der Klägerin davon ausgehen wollte, dass angesichts der Gesetzesänderung zum 01. Oktober 2017 hinsichtlich § 8 Abs. 1 Nr. 1 MTV Chemie eine Tariflücke bestünde, würde dies ihrem Begehren nicht zum Erfolg verhelfen. Auch bei Vorliegen einer unbewussten Regelungslücke könnte die Berufungskammer keine ergänzende Tarifvertragsauslegung vornehmen, so dass auch insoweit keine tarifliche Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch gegeben wäre.
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a) Tarifvertragliche Regelungen sind einer ergänzenden Auslegung grundsätzlich nur dann zugänglich, wenn damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine ergänzende Auslegung eines Tarifvertrags scheidet daher aus, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht. Voraussetzung für eine ergänzende Auslegung ist, dass entweder eine unbewusste Regelungslücke vorliegt oder eine Regelung nachträglich lückenhaft geworden ist. In einem solchen Fall haben die Gerichte für Arbeitssachen grundsätzlich die Möglichkeit und die Pflicht, eine Tariflücke zu schließen, wenn sich unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ausreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien ergeben. Allerdings haben die Tarifvertragsparteien in eigener Verantwortung darüber zu befinden, ob sie eine von ihnen geschaffene Ordnung beibehalten oder ändern. Solange sie daran festhalten, hat sich eine ergänzende Auslegung an dem bestehenden System und dessen Konzeption zu orientieren. Diese Möglichkeit scheidet aus, wenn den Tarifvertragsparteien ein Spielraum zur Lückenschließung bleibt und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen bleiben muss, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 59; 23. April 2013 - 3 AZR 23/11 - Rn. 29 mwN; vgl. auch BVerfG 29. März 2010 - 1 BvR 1373/08 - Rn. 29, jeweils zitiert nach juris)
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b) Hiervon ausgehend kommt eine ergänzende Tarifauslegung nicht in Betracht. Es kann dahinstehen, ob vorliegend bereits eine bewusste Regelungslücke vorläge, nachdem der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer darauf hingewiesen hat, dass die Tarifvertragsparteien auch in den jüngsten Tarifverhandlungen in 2019 die Gesetzesänderung zum 01. Oktober 2017 nicht zum Anlass einer Abwandlung von § 8 Abs. 1 Nr. 1 MTV Chemie genommen hätten. Selbst wenn man davon ausgeht, dass jedenfalls zum vorliegend streitigen Zeitpunkt noch keine bewusste Regelungslücke vorgelegen hat, scheidet deren Schließung durch die Berufungskammer aus, da die Tarifvertragsparteien bei der Lückenschließung mit der Anerkennung zusätzlicher Freistellungstage, deren ausdrücklicher Aberkennung oder mit dem Belassen des bestehenden Regelungszustandes mehrere Möglichkeiten und damit einen Spielraum gehabt hätten. Angesichts der verfassungsrechtlich garantierten Tarifautonomie muss den Tarifvertragsparteien die Ausgestaltung der Regelungssituation überlassen bleiben.
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2.3. Der Anspruch der Klägerin lässt sich nicht aus § 616 Abs. 1 BGB herleiten, auch wenn man davon ausgeht, dass dieser vom Arbeitsgericht übergangene Anspruch, hinsichtlich dessen die Klägerin Urteilsergänzung gemäß § 321 ZPO nicht beantragt hat, von ihr im Wege der zulässigen Klageerweiterung (§§ 529 Abs. 2, 533 ZPO) im Berufungsverfahren wieder in den Rechtsstreit eingeführt worden ist. Die Norm scheidet als Anspruchsgrundlage neben § 8 Abs. 1 MTV Chemie aus. Nach § 616 Abs. 1 BGB behält der Arbeitnehmer seinen Vergütungsanspruch, wenn er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert wird. Die eigene Hochzeit kann ein solches Ereignis iSd. § 616 Abs. 1 BGB sein (Münchener Kommentar BGB - Henssler § 616 Rn. 44). § 616 Abs. 1 BGB enthält jedoch dispositives Recht, so dass die Geltung dieser Gesetzesnorm tarifvertraglich abbedungen und modifiziert werden kann (vgl. BAG 22. Januar 1986 - 5 AZR 34/85 - Rn. 16; 27. April 1983 - 4 AZR 506/80 - Rn. 10, jeweils zitiert nach juris). Von dieser Möglichkeit haben die Tarifvertragsparteien vorliegend Gebrauch mit § 8 Abs. 1 MTV Chemie Gebrauch gemacht, da dessen Freistellungskatalog die erschöpfend aufgezählten Fälle maßgeblich regelt, in welchen Fällen persönlicher Verhinderung und in welchem Umfange dem Arbeitnehmer ausfallende Arbeitszeit zu vergüten ist. Ein darüberhinausgehender gesetzlicher Lohnanspruch ist ausgeschlossen.
B
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.
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Referenzen
- BGB § 616 Vorübergehende Verhinderung 13x
- § 8 MTV 2x (nicht zugeordnet)
- § 20 a Abs. 1 Satz 3 LPartG 1x (nicht zugeordnet)
- § 1 Satz 1 LPartG 1x (nicht zugeordnet)
- 4 AZR 506/80 2x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 519 Berufungsschrift 1x
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- 4 AZR 268/09 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts 1x
- ArbGG § 64 Grundsatz 2x
- ZPO § 321 Ergänzung des Urteils 1x
- § 20a LPartG 4x (nicht zugeordnet)
- PStG § 14 Eheschließung 1x
- § 8 Nr. 1 MTV 1x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 72 Grundsatz 1x
- 1 AZR 606/98 1x (nicht zugeordnet)
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- 5 AZR 89/01 1x (nicht zugeordnet)
- 4 AZR 990/13 1x (nicht zugeordnet)
- 5 AZR 34/85 1x (nicht zugeordnet)
- 4 Ca 605/19 2x (nicht zugeordnet)