Urteil vom Landgericht Dortmund - 21 S 27/14
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 14.07.2014 verkündete Urteil des Amtsgerichts D, Az. 4 C ##/##, wie folgt geändert und neu gefasst:
Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 18,98 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.03.2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 49 % und die Beklagte zu 51 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
G r ü n d e
2I.
3Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO, abgesehen.
4II.
5Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
6Die Berufung ist im tenorierten Umfang auch begründet.
7Der Klägerin steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung weiteren Schadensersatzes i.H.v. 18,98 EUR gemäß § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. §§ 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 4 VVG, 1 PflVG i.V.m. § 398 BGB zu. Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.
8Entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts ist die Klägerin aktivlegitimiert. Der Geschädigte, Herr T, hat seinen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der erforderlichen Sachverständigenkosten wirksam an das Sachverständigenbüro L GmbH (im Folgenden: Sachverständiger) abgetreten. Die Abtretungserklärung ist insbesondere hinreichend bestimmt.
9Der Sachverständige hat die Forderung sodann wirksam an die Klägerin abgetreten. Die Abtretung ist entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts insbesondere nicht nichtig gemäß § 134 BGB i.V.m. § 3 RDG. Zwar geht die Kammer davon aus, dass es sich bei der Tätigkeit der Klägerin um eine Rechtsdienstleistung gemäß § 2 Abs. 2 RDG handelt. Das Amtsgericht ging jedoch zu Unrecht davon aus, dass eine entsprechende Erlaubnis der Klägerin gemäß § 10 Abs. 1 RDG nicht vorliegt. Die Klägerin ist eine gemäß § 10 Abs. 1 RDG registrierte juristische Person und damit befugt, Inkassodienstleistungen im Sinne von § 2 Abs. 2 RDG zu erbringen. Dies ergibt sich aus dem von der Klägerin in der Berufung eingereichten Ausdruck Bl. 127 d.A. Diese Registrierung war auch im Rahmen der Berufung zu berücksichtigen und nicht etwa verspätet. Die Registrierungen sind allgemein zugänglich und unter www.rechtsdienstleistungsregister.de abrufbar. Es dürfte sich damit nach Ansicht der Kammer um eine offenkundige Tatsache im Sinne von § 291 ZPO handeln, die keines Beweises bedurfte. Vorliegend kommt hinzu, dass die Klägerin erstinstanzlich in der Replik darauf hingewiesen hatte, dass sie über eine Inkassoerlaubnis verfüge. Sie bat um ausdrücklichen gerichtlichen Hinweis, falls die Vorlage erforderlich sei. Insoweit wird auf die Replik der Klägerin vom 14.05.2014, Bl. 84 ff. d.A. Bezug genommen. Das erstinstanzliche Gericht wies die Klage - ohne weiteren gerichtlichen Hinweis - mit der Begründung ab, eine Erlaubnis der Klägerin zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen liege nicht vor. Damit sind jedenfalls die Voraussetzungen aus § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gegeben.
10Weitere Sachverständigenkosten waren im tenorierten Umfang erforderlich.
11Gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Geschädigte vom Schädiger den erforderlichen Herstellungsaufwand erstattet verlangen. Dabei ist der Geschädigte grundsätzlich in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er kann jedoch vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (BGH, NJW 2014, 1947; BGH, NJW 2014, 3151, 3152; BGH, NJW 2007, 1450, 1452; BGH, NJW 2005, 356, 357; BGH, NJW 1996, 1958; BGH, NJW 1986, 2639; BGH, NJW 1975, 160).
12Vorliegend einigten sich der Geschädigte und der Sachverständige ausweislich der Abtretungsvereinbarung vom 28.11.2013, dass hinsichtlich der Sachverständigenkosten die AGB und die Honorartabelle vereinbart werden (Bl. 24 d.A.). Dabei sollte, wie sich aus den eingereichten Anlagen im Parallelverfahren ergibt, die Honorartabelle BVSK 2011 gelten. Ob diese Vergütungsvereinbarung zwischen dem Geschädigten und der Sachverständigen vorliegend wirksam ist, insbesondere unter Berücksichtigung von §§ 305 ff. BGB, kann dahinstehen. Maßgeblich für die Erstattungsfähigkeit ist allein, ob die Kosten für die Erstellung des Schadensgutachtens sich im Bereich des Erforderlichen halten. Dies gilt unabhängig von etwaigen rechtlichen Mängeln der Vergütungsvereinbarung (BGH, NJW 1974, 34, 35 m. weit. Nachw.; BGH, NJW 2007, 1450, 1451). Liegen die vom Sachverständigen berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen, so sind diese jedenfalls nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand abzubilden (BGH, NJW 2014, 3151, 3153). Der erforderliche Aufwand ist dabei im Wege tatrichterlicher Schätzung gemäß § 287 ZPO zu ermitteln.
13Das vom Sachverständigen vorliegend angesetzte Grundhonorar bewegt sich im Rahmen des Erforderlichen. Der gegen die Höhe des Grundhonorars gerichtete Einwand der Beklagten greift nicht. Nach Auffassung der Kammer kann zur Ermittlung des erforderlichen Grundhonorars im Rahmen der Sachverständigenkosten auf die BVSK-Honorartabelle 2013 als taugliche Schätzgrundlage im Sinne von § 287 ZPO rekurriert werden (ebenso: LG Saarbrücken, NJW 2012, 3658, 3660; LG Baden-Baden, Urteil vom 06.07.2012, BeckRS 2012, 20215; AG Münster, Urteil vom 25.09.2012, Az. 28 C 1999/12, abrufbar unter juris). Entgegen der Auffassung der Beklagten ist hingegen nicht auf das Honorartableau 2012 der I Versicherung als Vergleichsmaßstab abzustellen. Diese aus Gesprächen zwischen der BVSK und der I Versicherung hervorgegangene Honorartabelle weist einen Pauschalbetrag aus, Nebenkosten sind nicht separat erfasst. Zwar handelt es sich um eine an die aktuellen Ergebnisse der BVSK-Befragung angeglichene Tabelle, ebenso wie bei dem dem Honorartableau vorausgegangenen Gesprächsergebnis aus dem Jahr 2007 handelt es sich jedoch zuvörderst um einen internen Prüfungsmaßstab für die Mitarbeiter der Versicherungen bei Überprüfung der Sachverständigenkosten. Aus dieser Bereitschaft des Versicherers, bestimmte Beträge zu zahlen, lassen sich indes keine Rückschlüsse auf die Ortsüblichkeit des Honorars herleiten (so auch LG Dortmund, NJW-RR 2011, 321 zum Vorgänger Gesprächsergebnis zwischen BVSK und HUK-Coburg).
14Demnach ist das vom Sachverständigen vorliegend angesetzte Grundhonorar im Rahmen des Erforderlichen. Der Sachverständige berechnet ein Grundhonorar i.H.v. 350,- EUR. Die Nettoreparaturkosten belaufen sich auf 1.928,71 EUR. Der Honorarkorridor HB-V der BVSK-Befragung 2013, nach dem 50-60 % der BVSK Mitglieder abrechnen, liegt bei 338-370 EUR für Reparaturkosten bis 2.000,- EUR, so dass sich das eingesetzte Grundhonorar im Rahmen des Korridors bewegt.
15Die Nebenkosten hält die Kammer im unten näher aufgeführten Umfang für erforderlich.
16Die Kammer teilt hingegen hinsichtlich der Nebenkosten nicht die Ansicht der Beklagten, dass die als Nebenkosten ausgewiesenen Positionen bereits stets im Grundhonorar enthalten seien und diese daher insgesamt nicht erforderlich seien. Dafür, dass neben dem Grundhonorar berechnete Nebenkosten üblich sind, spricht bereits, dass diese auch bei der BVSK-Honorarbefragung neben dem Grundhonorar aufgeführt sind. Die Kammer konnte zudem als Spezialkammer für Verkehrssachen im Rahmen ihrer erstinstanzlichen und zweitinstanzlichen Tätigkeit feststellen, dass üblicherweise keine Pauschalhonorare berechnen werden, sondern gesonderte Nebenkosten ausgewiesen werden (ebenso LG Dortmund, NJW-RR 2011, 321, 322; OLG Dresden, Urteil vom 19.02.2014, Az. 7 U 111/12, BeckRS 2014, 06732). Zudem stehen die Anzahl der Fotos, der Umfang des Gutachtens und die Höhe der Nebenkosten nicht zwingend im Zusammenhang mit der Schadenshöhe.
17Zur Bemessung der erforderlichen Nebenkosten kann nach Ansicht der Kammer indes nicht auf die BVSK-Honorarbefragung rekurriert werden (ebenso LG Saarbrücken, Urteil vom 22.06.2012, Az. 13 S 37/12, abrufbar unter juris; OLG Dresden, Urteil vom 19.02.2014, Az. 7 U 111/12, BeckRS 2014, 06732; a.A. LG Dortmund, NJW-RR 2011, 321). Dies bereits deshalb, da fraglich ist, was sich hinter den einzelnen als Nebenkosten in der BVSK-Tabelle aufgeführten Begriffen verbirgt (dazu ausführlich LG Saarbrücken, Urteil vom 22.06.2012, Az. 13 S 37/12, abrufbar unter juris). Eine Definition des Begriffes der Nebenkosten erfolgt nicht. Die Aussagekraft dürfte daher bereits deshalb infrage zu stellen sein, da die befragten BVSK-Mitglieder unter den genannten Begrifflichkeiten nicht das Gleiche verstanden haben dürften. Auch die Wechselwirkung zwischen den aufgeführten Nebenkosten bleibt offen (so auch OLG Dresden, Urteil vom 19.02.2014, Az. 7 U 111/12, BeckRS 2014, 06732).
18Eine Orientierung an den Grundsätzen des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes für die Vergütung gerichtlicher Sachverständiger ist aufgrund der unterschiedlichen Haftung gerichtlicher und privater Sachverständiger ebenfalls nicht angebracht (für Mietwagenkosten BGH, NJW 2007, 1451, 1452).
19Demnach galt es, die erforderlichen Sachverständigenkosten im Wege tatrichterlicher Schätzung gemäß § 287 ZPO unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles festzustellen.
20Bei dieser Beurteilung war auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (sogenannte subjektbezogene Schadensbetrachtung, BGH, NJW 1992, 302, 303; BGH, NJW 2014, 1947; BGH, NJW 2014, 3151, 3152). Wissensstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten spielen folglich bereits bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Schadensaufwands eine maßgebende Rolle (BGH, NJW 2014,1947). Nur wenn der Geschädigte von vornherein erkennen konnte, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige teilweise Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet es das Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen. Es müssen besondere Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, dass der Geschädigte von vornherein den Schluss hätte ziehen können, dass der Sachverständige im Verhältnis zum konkret entstandenen Unfallschaden ein Honorar verlangt, das die in der Branche üblichen Sätze deutlich übersteigt (BGH, NJW 2014, 1947, 1948; OLG Saarbrücken, Urteil vom 08.05.2014, 4 U 61/13, BeckRS 2014, 10591; LG Stuttgart, Urteil vom 16.07.2014, Az. 13 S 54/14, BeckRS 2014, 14267). Der Geschädigte ist dabei grundsätzlich nicht zur Ausforschung des zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Es verbleibt für ihn allerdings das Risiko, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (BGH, NJW 2007, 1450 ff.).
21Dabei ist nach Auffassung der Kammer auf den Geschädigten, Herrn T, und nicht etwa auf die Klägerin als Zessionarin abzustellen. Die Frage der Erforderlichkeit stellt sich schließlich im Zeitpunkt der Entstehung des Schadens beim Geschädigten. Daher ist auch allein dessen Sicht bei der Beurteilung maßgeblich (ebenso LG Stuttgart, Urteil vom 16.07.2014, Az. 13 S 54/14, BeckRS 2014, 14267). Die Abtretung vermag den Inhalt des abgetretenen Rechts nicht zu tangieren. Daran ändert vorliegend auch der Umstand, dass eine Abtretung an den Sachverständigen und sodann an die Klägerin vorliegt, nichts. Teilweise wird in der Rechtsprechung angenommen, in dieser Konstellation könne dahinstehen, ob der Geschädigte selbst hätte erkennen können und müssen, dass das Honorar des Sachverständigen überhöht ist (OLG Dresden, Urteil vom 19.02.2014, 7 U 111/12, OLG Dresden, Urteil vom 19.02.2014, Az. 7 U 111/12, BeckRS 2014, 06732). Jedenfalls stünde der beklagten Versicherung gegenüber dem Zessionar die Möglichkeit zu, dem Schadensersatzanspruch das erhöhte Honorar gemäß § 242 BGB entgegenzuhalten („dolo-agit“-Einrede). Dieser Gegenanspruch folge daraus, dass der Sachverständige bei Abrechnung eines überhöhten Sachverständigenhonorars gegen eine Nebenpflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB gegenüber dem Geschädigten verstoßen habe, indem er diesen nicht darüber aufklärte, dass sein Honorar gegebenenfalls über den üblichen Abrechnungssatz liege und daher nicht in vollem Umfang erstattet werde (OLG Dresden, aaO). Nach Ansicht der Kammer ist aber für die Frage der Üblichkeit des Abrechnungsatzes wiederum auch ein subjektives Element einzubeziehen, so dass auch hier die Perspektive des ursprünglich Geschädigten virulent wird.
22Die Kammer ist zu der Auffassung gelangt, dass vorliegend die vom Sachverständigen berechneten Preise im folgenden Umfang erforderlich waren:
23 Für die Lichtbilder hält die Kammer für den ersten Fotosatz pro Lichtbild Kosten von 1,50 EUR netto für erforderlich. Für den zweiten Satz hält die Kammer Kosten von 1,- EUR netto für erforderlich. Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, dass in aller Regel keine ausgedruckten Lichtbilder, sondern Digitalbilder angefertigt werden, die vom Sachverständigen in das Gutachten eingefügt werden. Demnach war der vorliegend erforderliche Aufwand für Fotokosten vorliegend von den angesetzten 23,04 EUR netto auf 20,- EUR netto zu reduzieren.
24 Die angesetzten Schreibkosten für den ersten Satz hält die Kammer für angemessen. Dabei kann zumindest indiziell auf die Honorarbefragung 2013 der BVSK abgestellt werden. Demnach liegen die vorliegend angesetzten Kosten von 2,14 EUR netto unterhalb des HB-V-Korridors. Bei der Bemessung galt zu berücksichtigen, dass in diesen Kosten auch die Kosten für die Anschaffung der entsprechenden technischen Geräte und Software enthalten ist. Anders verhält es sich jedoch hinsichtlich der Kosten für die Kopien. Diese sind vorliegend mit 2,12 EUR netto pro Seite abgerechnet. Die Kammer schätzt die erforderlichen Kosten für die Kopien hingegen gemäß § 287 ZPO lediglich auf 1,- EUR netto. Hier galt es zu berücksichtigen, dass in aller Regel lediglich ein weiterer Ausdruck des Dokuments anzuordnen ist. Anstelle der angesetzten 23,32 EUR, hält die Kammer somit Kosten i.H.v. 11,- Euro für erforderlich.
25 Die angesetzten Nebenkosten von 9,73 EUR netto hält die Kammer für erforderlich. Hierbei sind die Kosten für Rücksprachen mit Werkstätten und Restwertanfragen und auch die Kosten für die Gutachtenversendung zu berücksichtigen.
26Diese festgestellten Überschreitungen des objektiv Erforderlichen, waren nach Ansicht der Kammer auch für den Geschädigten erkennbar. Ein Indiz im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO zur Bestimmung des erforderlichen Betrages bildet zwar regelmäßig die tatsächliche Rechnungshöhe, d.h. die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zu Grunde liegenden Preisvereinbarung (BGH, NJW 1996, 1958, 1959 f.; BGH, NJW 2007, 1450, 1451; BGH, NJW 2014, 1947, 1948; OLG Saarbrücken, Urteil vom 08.05.2014, Az. 4 U 61/13, BeckRS 2014, 10591). In dieser schlagen sich schließlich die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls nieder (BGH, NJW 2014, 1947, 1948 m. weit. Nachw.). Die Preisvereinbarung ist hier die Honorartabelle 2011. Deren Korridore sind allesamt eingehalten. Allerdings ist vorliegend eine doppelte Abtretung gegeben. Anders als im Fall BGH NJW 2014, 1947 klagt nicht der Geschädigte selbst, sondern der Zessionar. Eine maßgebliche indizielle Bedeutung der vom Geschädigten zu keinem Zeitpunkt beglichenen Rechnung ist hingegen nicht anzunehmen (BGH, NJW 2014, 3151, 3153).
27Wie hoch die Kosten für Lichtbilder sind, ist nach Ansicht der Kammer auch für einen Laien einschätzbar. Es handelt sich dabei um Kosten, die jedem aus dem täglichen Leben bekannt sind. Dabei stellt die Kammer bewusst nicht auf die Kosten für den einfachen Ausdruck eines Farbbildes ab, sondern wie ausgeführt, auf die Kosten für digitale Fotos, die in ein Dokument eingeflochten werden und sodann in Farbe ausgedruckt werden. Für einen wirtschaftlich denkenden Menschen erkennbar, dass die angesetzten Kosten von 1,80 EUR und 1,08 EUR nicht die Lebenswirklichkeit wiedergeben und übersetzt sind.
28Gleiches gilt für die Schreibkosten. Auch wenn es sich um einen Farbausdruck handelt, liegen diese Kosten erkennbar nicht bei 2,12 EUR. Die angesetzten Kosten sind insofern mit der Lebenswirklichkeit nicht vereinbar. Insbesondere dürfte auch für einen verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen erkennbar sein, dass nicht nachvollziehbar ist, dass die Schreibkosten für das Duplikat nur unwesentlich unter den Schreibkosten für das Original liegen. Dies obwohl es genügt, einen zweiten Ausdruck vorzunehmen.
29Zwar liegen die Schreibkosten je Kopie - stellt man auf die Honorartabelle 2011 ab - sogar noch unterhalb des HB-V-Korridors. Diese Tabelle wurde dem Geschädigten selbst ausgehändigt. Im Zeitpunkt der Beauftragung als maßgeblichen Zeitpunkt für die Frage der Erkennbarkeit musste der Geschädigte vorliegend somit sogar noch von höheren Kosten ausgehen als tatsächlich berechnet wurden.
30Eine ex ante-Einschätzung der Erforderlichkeit war dem Geschädigten vorliegend auch möglich, insbesondere da ihm die Honorartabelle, nach der abgerechnet wurde, offen gelegt war. Zur Einschätzung, ob die angesetzten Kosten erforderlich sind, konnte er auf allgemein zugängliche Quellen zurückgreifen (LG Saarbrücken, Urteil vom 22.06.2012, 13 S 37/12, abrufbar unter juris). Im Unterschied zu den Mietwagenkosten und Reparaturkosten vermag zwar kein vergleichbar breit gefächerter Markt mit allgemein zugänglichen Preislisten für Kfz-Sachverständige bestehen, im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung obliegt dem Geschädigten allerdings auch nicht etwa eine Marktforschung oder eine Recherche nach einem Sachverständigen mit einem günstigeren Honorarangebot (BGH, NJW 2007, 1450, 1452; BGH, NJW 2014, 1947, 1948; BGH, NJW 2014, 3151, 3152). Es genügt, wenn der Geschädigte ex ante ein Preisgefühl an den Tag legt, wie dies ein wirtschaftlich denkender, vernünftiger Mensch anzuwenden pflegt. Das Fehlen verlässlicher Zahlenwerke über die zu erwartenden Nebenkosten vermag den Laien schließlich nicht von jeglicher Plausibilitätskontrolle zu entheben (LG Saarbrücken, Urteil vom 22.06.2012, Az. 13 U 37/12, abrufbar unter juris Tz. 38). Dass für den Einzelnen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten bestehen, ergibt sich für die Kammer auch daraus, dass ihr aus ihrer Tätigkeit als Spezialkammer für Verkehrssachen bekannt ist, dass oftmals auch derselbe Sachverständige bei unterschiedlichen Gutachten unterschiedliche Nebenkostensätze verwendet.
31Der Auffassung der Kammer steht auch nicht das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11.02.2014 entgegen (BGH, NJW 2014, 1947). Zwar ging es auch in dem zu entscheidenden Fall ausschließlich um die Nebenkosten. Nach dem Bundesgerichtshof ist indes lediglich zu beanstanden, wenn das Tatgericht eine Kürzung der geltend gemachten Sachverständigenkosten allein aufgrund der Überschreitung der Korridore aus der BVSK-Honorarbefragung vornimmt. Zu der Frage, ob der geschädigte Kläger von vornherein hätte erkennen können, dass überhöhte Nebenkosten angesetzt würden, hat der BGH jedoch ausdrücklich keine Stellung genommen (BGH, NJW 2014, 1947, 1948). Eine Wertung der Sachverständigenkosten als erkennbar überhöht, ist in dem dieser Entscheidung nachfolgenden Urteil vom 22.07.2014 auch ausdrücklich nicht beanstandet worden (BGH, NJW 2014, 3151, 3153).
32Demnach sind vorliegend Sachverständigenkosten i.H.v. 492,98 EUR brutto (350,- EUR Grundhonorar + 64,27 EUR Nebenkosten + Umsatzsteuer) erforderlich gewesen. Abzüglich der bereits gezahlten 474,- EUR, verbleibt ein Anspruch der Klägerin i.H.v. 18,89 EUR. In dieser Höhe hat die Berufung Erfolg.
33III.
34Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 ZPO.
35Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Zulassung der Revision war auch nicht erforderlich, da die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dies erfordert.
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