Urteil vom Landgericht Düsseldorf - 12 O 229/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Rückzahlung der aufgrund eines Vergleichs vom 17.12.2013 geleisteten Beträge unter dem Gesichtspunkt des vertraglichen Schadensersatzanspruchs, des deliktischen Schadensersatzanspruchs sowie unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung wegen einer Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung. Bei den Beklagten zu 1) und 2) handelt es sich um die Vertragsparteien des Vertrages, bei dem Beklagten zu 3) um deren Anwalt.
3Die Klägerin bietet seit 2007 auf dem deutschen Markt sog. Internetfernsehen an. In diesem Zusammenhang leitet sie das über das Fernsehen ausgestrahlte Programm über das Internet an ihre Kunden weiter. Die Klägerin stellt ihre Internetseite zudem Unternehmen zur Verfügung, die gegen Entgelt auf dieser für ihre Dienstleistungen werben können.
4Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagten zu 2) ist, ist Anbieter von Filmen, die sie für ihre Kunden im Internet zum Download bereithält. Darunter sind auch solche Filme, die im Fernsehen ausgestrahlt werden.
5Neben der Beklagten zu 1) existieren zwei weitere Gesellschaften, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, und die unter ähnlicher Firmierung wie die Beklagte zu 1) im Geschäftsverkehr auftreten, nämlich die B und die B1, die am 24.04.2012 zur Eintragung gelangte. Der Sitz dieser Gesellschaften ist identisch mit demjenigen der Beklagten zu 1) und dem Wohnort des Beklagten zu 2). Die B1 handelt ausweislich des Inhalts des Handelsregisters mit Film- und TV-Lizenzen.
6Die Beklagte zu 1) äußerte gegenüber der Klägerin erstmals Mitte des Jahres 2012 Bedenken, weil sie fürchtete das Internet-Fernsehen könne in urheberrechtliche Nutzungsrechte eingreifen, die ihr, der Beklagten zu 1), an ca. 1.600 nicht näher bezeichneten Filmen zustehen würden.
7Die Beurteilung der Frage, ob ein Eingriff in urheberrechtliche Nutzungsrechte der Beklagten zu 1) durch die Klägerin vorliegt, hängt davon ab, ob man die Weiterleitung des Fernsehprogramms als Kabelweiterleitung im Sinne von § 20 b UrhG auffasst, was bisher obergerichtlich noch nicht entschieden ist. Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass es sich um eine Kabelweiterleitung handelt. Die Beklagten vertreten demgegenüber die Auffassung, dass die Weiterleitung des Fernsehprogramms über die Internetseite der Klägerin in das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung eingreift. Für diese Nutzungsart hat die Klägerin keine Nutzungsrechte inne.
8Am 20.09.2012 schrieben die Beklagte zu 1) und 2) an die I3, einen Werbekunden der Klägerin, dass die Klägerin zum Großteil ohne die erforderlichen Filmlizenzen Internet Fernsehen verbreitet und Urheber rechtswidrig handele. Es wurden Strafanzeigen gegen die I3 und deren Geschäftsführer angekündigt, wenn diese nicht ihre Werbung bei der Klägerin einstellten. Das Unternehmen stellte seine Werbung bei der Klägerin kurze Zeit nach Erhalt des Schreibens ein.
9In der Folgezeit führten die Parteien mehrere gerichtliche Verfahren gegeneinander.
10Die Klägerin erwirkte gegen die Beklagten zu 1) und 2) unter anderem am 04.10.2012 eine einstweilige Verfügung bei dem Landgerichts Düsseldorf, Az.: 12 O 505/12, die schließlich durch Urteil des Oberlandesgerichts vom 14.08.2013, Az.: I-15 U 42/13, bestätigt wurde. Damit wurde den Beklagten einstweilen untersagt, das hier streitgegenständliche Schreiben zu versenden. Es folgten geänderte Rundschreiben der Beklagten zu 1) an Werbekunden der Klägerin, die jeweils Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen waren.
11Vor dem Hintergrund der anhängigen Verfahren und der offenen Rechtsfrage zur urheberrechtlichen Qualifikation der Weiterleitung der Fernsehsendungen durch die Klägerin verhandelten die Parteien sowie die A über eine vergleichsweise Einigung.
12Aus Emails, die der Beklagte zu 2) im Rahmen der Verhandlungen an die Klägerin versandte, gehen insbesondere die folgenden Äußerungen hervor:
13 „[…] Ich weiß, ich bin die alte Generation Handschlaggeschäfte, die jeder einhielt und ihr seid die neue Generation Serviceanwälte, die Kostendeckungen brauchen – ich nicht!“ (Anlage K 16),
14 „Ich wuerde es begruessen, die Sache endet hiermit nun gut fuer beide […].“ (Anlage K 20).
15Des Weiteren übersandte der Beklagte zu 2) seinen Prozessbevollmächtigten Emails, die an die Klägerin weitergeleitet wurden, mit unter anderem dem folgenden Inhalt:
16 „[…] Der Betrag ist zwar unbefriedigend, aber lassen Sie uns zu einem Ende kommen!“ (Anlage K 17),
17 „[…], aber meine Lebenserfahrung hat mich gelehrt, abgeschlossen ist erst, wenn abgeschlossen & auch alles erfüllt ist!“ (Anlage K 18),
18 „Lassen Sie uns diesen Vertrag zeichnen, […]. Wir zeichnen in A1 gegen und veranlassen die restlichen Abzeichnungen durch unsere Anwälte UND GUT IST’S!“. (Anlage K 19).
19Schließlich ließ der Beklagten zu 3) der Klägerin Emails zukommen, in denen er unter anderem die folgenden Äußerungen tätigte:
20 „Bei einer kurzfristigen Einigung und Findung einer „Gesamtlösung“ […]“ (Anlage K 21)
21- „Wie bereits ausgeführt ist es uns nicht immer möglich Einhalt zu gebieten.
22[…]
23Gerne können Sie auf die gestrige Nachricht entsprechend erwidern, so dass ich versuchen werde einzuwirken.“ (Anlage K 22),
24Wegen des weiteren Inhalts wird auf die ausgetauschten Email (Anlage K 16 – K 24) Bezug genommen.
25In einem Telefonat vom 05.12.2013 äußerte der Beklagte zu 3) auf die Nachfrage, ob mit einer Einigung und einer dieser entsprechenden Zahlung wirklich alles beendet sei: „ganz klar ja“ , „Ich kann meine Hand [dafür] ins Feuer legen, dass da nichts mehr kommen wird.“ und „wir sehen uns nie wieder.“ Darüber hinaus tätigte der Beklagte zu 3) gegenüber der Klägerin im Rahmen eines Telefonats vom 12.02.2013 die Aussage, dass kein Interesse mehr an einer Fortführung des Rechtsstreits bestehe.
26Die Verhandlungen mündeten schließlich in einen am 17.12.2013 abgeschlossenen Vergleich. In der Präambel des Vergleichs heißt es unter anderem:
27„Zwischen den Parteien kam es in der Vergangenheit zu rechtlichen Auseinandersetzungen in diesem Zusammenhang. Um diese Auseinandersetzung für die Vergangenheit und die Zukunft insgesamt zu erledigen und Rechtsfrieden herzustellen, lassen die Parteien die Rechtsfragen um § 20 b UrhG offen und vereinbaren: […]“
28In § 1 Abs. 1, 2 des Vergleichs heißt es weiter:
29„Die Parteien sind sich einig, dass A jedenfalls durch (mit) diesem Vertrag berechtigt war und ist, Internetfernsehen zu betreiben und dabei Filmwerke weiterzuleiten, an denen B und/ oder Herr D Rechte behauptet haben, behaupten oder behaupten werden. Dies sind unter anderem diejenigen Filmwerke, an denen B gegenüber Werbekunden von A, Staatsanwaltschaften und Gerichten Rechte behauptete.“ (Abs. 1)
30„Übertragen B und/ oder Herr D Rechte an B Filmwerken an Dritte und/ oder räumen sie Dritten solche Rechte ein, werden sie verpflichtet, etwaigen Rechtsnachfolgern die Beschränkungen ihrer Rechte nach Absatz 1 auch diesen Dritten aufzuerlegen und sie zu verpflichten, sie auch ihren Rechtsnachfolgern im Falle weiterer Übertragungen und Einräumungen Dritten aufzuerlegen.“ (Abs. 2)
31Die Klägerin verpflichtete sich zur Zahlung von 200.000,00 €. Gleichzeitig erklärten die Parteien die jeweils durch sie anhängig gemachten Verfahren zurückzunehmen. Außerdem trafen die Parteien unter § 7 „Erledigung“ die folgende Vereinbarung:
32„Mit Abschluss dieser Vereinbarung sind Ansprüche (a) der Parteien untereinander und (b) im Verhältnis zu Dritten aufgrund von Sachverhalten, die Gegenstand der bisherigen Verfahren der Parteien waren oder im Zusammenhang mit dem von A2 betriebenen Internetfernsehen stehen, vollumfänglich erledigt, soweit sich diese nicht aus diesem Vertrag ergeben oder tituliert sind. […]“
33Wegen des weiteren Inhalts des Vergleichs wird auf diesen Bezug genommen (Anlage K 26).
34Die Klägerin zahlte vereinbarungsgemäß am 19.12.2013 und am 14.01.2014 jeweils EUR 100.000,00 an die Beklagte zu 1) und am 19. Dezember 2013 EUR 12.000,00 an den Beklagten zu 3).
35Die Klägerin strahlte am 15.06.2014 die Dokumentation „J“ über ihr Internet-Fernsehen aus.
36Mit anwaltlichem Schreiben des Beklagten 3) vom 01.07.2014 mahnte die B1, die im September 2013 die Nutzungsrechte an der Dokumentation erworben hatte, die Klägerin im Hinblick auf die Ausstrahlung dieser Dokumentation ab.
37Mit anwaltlichem Schreiben vom 08.07.2014 erklärte die Klägerin vor dem Hintergrund der erhaltenen Abmahnung die Anfechtung ihrer Willenserklärung für die vergleichsweise Einigung vom 17.12.2013 (Anlage K 32).
38Die Klägerin behauptet, die Beklagten und deren Prozessbevollmächtigter hätten sie durch (die bereits dargestellten) Aussagen in den Emails und Telefonaten im Vorfeld der Einigung vom 17.12.2013 bewusst darüber getäuscht, dass die B1 existiere und Rechte an der Dokumentation „J“ bereits im September 2013 erworben habe. Sie, die Klägerin, habe erst mit dem Abmahnschreiben vom 01.07.2014 Kenntnis davon erlangt, dass diese Gesellschaft existiere.
39Weiter liege eine Täuschung insoweit vor, als der Beklagte zu 2) bereits im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses die Absicht gehabt und Maßnahmen ergriffen habe, die vergleichsweise Vereinbarung zu unterlaufen.
40Die Klägerin vertritt zudem die Ansicht, für die Beklagten hätte eine Aufklärungspflicht dahingehend bestanden, dass auch die B1 existiere, von dem Beklagten zu 2) geführt werde, und diese für die Dienstleistung der Klägerin relevante Rechte inne habe, so dass die Möglichkeit einer Inanspruchnahme der Klägerin durch diese bestehe.
41Die Beklagte zu 1) habe die Klägerin darüber getäuscht, dass mit der Einigung alles erledigt sein werde. Als Vertreter der Vertragsparteien hafte der Beklagte zu 3), weil er in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen und die Vertragsverhandlungen hierdurch erheblich beeinflusst habe.
42Die Klägerin beantragt,
43die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin EUR 212.000,00 zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 100.000,00 seit dem 19. Dezember 2013, aus EUR 100.000,00 seit dem 14. Januar 2014 und aus EUR 12.000,00 seit dem 19. Dezember 2013 zu zahlen.
44Die Beklagten beantragen,
45die Klage abzuweisen.
46Die Beklagten behaupten, sie hätten sich mit ihren Äußerungen im Vorfeld der Vertragsverhandlungen allein auf die Beendigung der Auseinandersetzungen zwischen den Parteien der Vereinbarung vom 17.12.2013 bezogen. Sie sind zudem der Ansicht, zur Offenbarung der Existenz der B1 nicht verpflichtet gewesen zu sein.
47Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll zur Sitzung vom 03.06.2015 verwiesen.
48Entscheidungsgründe:
49Die zulässige Klage ist unbegründet.
50Der Klageantrag ist dahingehend auszulegen, dass die Klägerin nicht nur die Verurteilung der Beklagten zu 1) und 3) begehrt sondern die Verurteilung der Beklagten zu 1) bis 3).
51Der Klageantrag ist jedoch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt. Der vorgetragene Sachverhalt in Bezug auf die Existenz der B1 und deren Vorgehen gegen die Klägerin rechtfertigt weder einen vertraglichen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280, 311 Abs.3 BGB, noch einen deliktischen Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m § 263 StGB bzw. § 826 BGB, noch eine Anfechtung der Vereinbarung wegen arglistiger Täuschung mit der Folge eines Rückzahlungsanspruchs gemäß §§ 812, 142 BGB. Den Beklagten ist im Hinblick auf die Existenz der B1 und deren Vorgehen gegen die Klägerin keine Pflichtverletzung vorzuwerfen, die die vorstehenden Rechtsfolgen auslösen könnte.
52Den Beklagten ist insbesondere keine arglistige Täuschung vorzuwerfen.
53Eine arglistige Täuschung setzt die Täuschung zum Zwecke der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus (Ellenberger, in: Palandt, BGB, Kommentar, 74. Auflage, 2015, § 123, Rn. 3), dabei kann die Täuschungshandlung sowohl in einem positiven Tun als auch in einem Unterlassen liegen (a. a. O.). Das positive Tun vollzieht sich dabei durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen, mithin objektiv nachprüfbarer Umstände, und zwar über wertbildende Merkmale des Vertragsgegenstandes (ebd., § 123, Rn. 3). Eine Täuschung durch Verschweigen von Tatsachen stellt nur dann eine Täuschung dar, wenn hinsichtlich der verschwiegenen Tatsache eine Aufklärungspflicht bestand (ebd., § 123, Rn. 5).
54Sofern die Klägerin davon ausgeht, ein Irrtum – gleich ob durch aktives Tun oder durch Unterlassen in dem beschriebenen Sinne – sei insoweit erregt worden, als der Beklagte zu 2) bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses Maßnahmen ergriffen und die Absicht gehabt habe, auch weiter gegen die Klägerin vorzugehen, mithin den beabsichtigten Vergleich zumindest faktisch zu umgehen, kann bei einer Gesamtwürdigung des Parteivortrags entsprechend § 286 Abs. 1 ZPO schon nicht festgestellt werden, dass eine entsprechende Absicht bei dem Beklagten zu 2) vorlag bzw. Maßnahmen, mit denen der Vertrag unterlaufen werden sollte, bereits getroffen wurden. Soweit die Klägerin daran anknüpft, dass der Beklagte zu 2) die Existenz der B1 als eine von ihm geführte Gesellschaft mit für das Geschäftsmodell der Klägerin relevanten Rechten und somit die Gefahr einer Inanspruchnahme durch eine dritte Gesellschaft verschwiegen hat, fehlt es jedenfalls an einer Täuschungshandlung.
55a)
56Aus dem Umstand, dass der Beklagte zu 2) auch Geschäftsführer der B1 war, lässt sich nicht ableiten, dass er bereits Maßnahmen ergriffen hatte, die es ihm ermöglichten in Gestalt dieser an dem Vergleich nicht beteiligten Gesellschaft gegen die Klägerin vorzugehen. Es liegen schon keine hinreichenden Indizien dafür vor, dass der Beklagte zu 2) bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses wusste, dass die B1 gegen die Klägerin vorgehen konnte, denn die vermeintlich rechtsverletzende Handlung der Klägerin gegenüber der B1 trug sich erst nach Abschluss des Vergleichs am 15.06.2014 zu. Auch wurde die B1 nicht erkennbar eigens dafür gegründet, die Anliegen der Beklagten zu 1) gegenüber der Klägerin weiter zu verfolgen. Vielmehr spricht die Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister vom 24.02.2012 dafür, dass diese im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits einen eigenen Geschäftsbetrieb aufgebaut hatte. Hinzu kommt, dass sich die Beklagten bisher unstreitig an die Vereinbarung vom 17.12.2013 gehalten haben.
57Der Beklagte zu 2) mag sich gedanklich vorbehalten haben, auch Rechte der von ihm vertretenen B1 gegenüber der Klägerin wahrzunehmen, sofern eine Rechtsverletzung seiner Meinung nach vorliegt. Denn der Beklagte zu 2) wusste, dass auch der Geschäftsbetrieb der B1 auf den Vertrieb von Film- und Fernsehlizenzen ausgerichtet ist. Zu einem solchen Vorgehen wäre er als Geschäftsführer gegenüber der B1 jedoch berechtigt und auch verpflichtet gewesen. Dies allein bildet zudem keinen für den Vergleichsabschluss mit der Klägerin erheblichen Umstand. Es fehlt der notwendige innere Zusammenhang mit dem Geschäft, das gerade abgeschlossen werden soll (OLG Hamm, NZG 2005, 211 (213)).
58Ein Anknüpfungspunkt für einen Irrtum auf Seiten der Klägerin ist damit allein die Vorstellung auf Seiten der Klägerin, dass die Gefahr einer Inanspruchnahme durch eine Gesellschaft, die eine irgendwie geartete Verbindung zu den Beklagten aufwies, nicht besteht, wobei dieser Irrtum insbesondere auf die fehlende Kenntnis auf Seiten der Klägerin im Hinblick auf die Existenz der B1 zurückgeht, die die Beklagten zudem bestreiten.
59b)
60Eine Täuschungshandlung auf Seiten der Beklagten, die den unter lit. a) dargestellten Irrtum der Klägerin hätte erzeugen können, kann weder in der Form eines aktiven Tuns noch in der Form einer Täuschung durch Unterlassen festgestellt werden, weshalb es auch einer Aufklärung im Hinblick auf eine etwaige Unkenntnis von der B1 auf Seiten der Klägerin nicht bedarf.
61(1)
62Die in dem Tatbestand des Urteils näher genannten Äußerungen in den Emails und die weiteren von der Klägerin vorgetragenen Äußerungen in Telefonaten sind nicht geeignet, eine Täuschung durch positives Tun darzulegen. Sie sind aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers ebenso nachvollziehbar und erklärbar allein vor dem Hintergrund des zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs. Die Beklagten zu 2) und 3) können mit den Aussagen ebenso ihren Wunsch ausgedrückt haben, die Rechtsstreitigkeiten allein mit den Beklagten zu 1) und 2) endgültig beizulegen. Es sprechen keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Auslegung näher liegt, wonach die Klägerin insoweit „in Sicherheit gewogen werden sollte“ als auch die Gefahr einer Inanspruchnahme durch weitere Gesellschaften, von denen die Beklagten wussten, nicht bestand.
63Im Übrigen wird weitestgehend auf die Ausführungen des Urteils des Landgerichts Köln zu den einzelnen Aussagen verwiesen, die die Kammer für überzeugend hält und sich diesen anschließt (vgl. LG Köln, Urt. v. 08.01.2015, Az.: 31 O 313/14, Seite 17 ff., nicht rechtskräftig). Lediglich insofern wie eine aktive Täuschungshandlung durch die Äußerungen des Beklagten zu 2) in Emails an den Beklagten zu 3) dort bereits deshalb abgelehnt worden ist, weil diese nicht gegenüber der Klägerin getätigt worden seien, ist nach Auffassung der Kammer zu beachten, dass die Emails an die Klägerin weitergeleitet worden sind. Trotz des Zugangs der Erklärungen bei der Klägerin kann jedoch eine Täuschungshandlung aufgrund des bereits dargestellten Erklärungsgehalts der Äußerungen, wie er sich für einen objektiven Betrachter darstellt, nicht angenommen werden.
64(2)
65Für die Annahme einer Täuschung durch Unterlassen fehlt es schon an einer Pflicht der Beklagten, die Klägerin über die Existenz der B1 ohne eine entsprechende Nachfrage der Klägerin zu unterrichten.
66Grundsätzlich obliegt es jedem Vertragspartner selbst, seine Interessen wahrzunehmen (Ellenberger, in: Palandt, BGB, Kommentar, 74. Auflage, 2015, § 123, Rn. 5), weshalb auch keine Pflicht zur Offenbarung sämtlicher Umstände besteht, die für die Entschließung des anderen Teils von Bedeutung sein können (a. a. O.). Nach diesem Maßstab besteht regelmäßig eine Aufklärungspflicht im Hinblick auf solche Tatsachen, die der Vertragspartner erfragt (ebd., § 123, Rn. 5a). Eine Pflicht ungefragt über bestimmte Umstände aufzuklären, besteht hingegen nur wenn diese Umstände für die Willensbildung des anderen Teils offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind (a. a. O.), wobei dies vor allem für solche Umstände gilt, die den Vertragszweck erheblich gefährden oder vereiteln können (a. a. O.) und im Hinblick auf die für den Vertragspartner (= den Täuschenden) erkennbar ein Informationsgefälle besteht.
67Nach dieser Maßgabe ist es vorliegend nicht allein ausreichend, dass es sich bei der Tatsache, dass es eine den Beklagten nahestehende Gesellschaft gibt, um eine für die Klägerin interessanten Umstand handelt. Dies zu ermitteln ist in erster Linie Aufgabe der Klägerin, zu diesem Zweck hätte sie ohne weiteres bei den Beklagten nachfragen und diese zu einer richtigen Antwort veranlassen können. Der Klägerin war auch bekannt, dass es zumindest noch eine der Beklagten zu 1) nahstehende Gesellschaft, nämlich die B gab, so dass die Klägerin auch Anhaltspunkte dafür hatte, dass es weitere Gesellschaften geben konnte.
68Auch wird durch das Fehlen der Mitteilung der eigentliche Vertragszweck nicht gefährdet. Denn angesichts der zahlreichen zwischen der Klägerin und den Beklagten bestehenden Rechtsstreitigkeiten, wurde der Vertragszweck – nämlich die Schaffung von Rechtsfrieden zwischen den Parteien – erreicht. Dass insgesamt kein Rechtsfrieden geschaffen werden konnte, die Klägerin jedoch dies nach Möglichkeit gerne erreicht hätte, ist kein Zweck des am 17.12.2013 geschlossenen Vertrages gewesen. Denn dieser beschränkt sich sowohl nach dem ausdrücklichen Wortlaut als auch nach dem unstreitigen Willen der Vertragsschließenden allein auf die Erledigung von Rechtsstreitigen zwischen den Parteien des hiesigen Rechtsstreits.
69Der Umstand, dass neben der Beklagten zu 1) auch der Beklagte zu 2) persönlich in den Vergleich als Partei einbezogen worden ist, führt zu keiner anderen Bewertung. Dies geschah erkennbar deshalb, weil auch er als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) Partei der Rechtsstreitigkeiten war, die durch den Vergleich einer endgültigen Lösung zugeführt werden sollten (bspw.: LG D-dorf, Az.: 12 O 505/12, LG Köln, Az.: 31 O 164/13, LG Köln, Az.: 31 O 213/13). Die Inanspruchnahme auch eines Geschäftsführers einer Gesellschaft ist in dem Zusammenhang mit urheber- und wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen durchaus üblich.
70Mangels Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) und 2) als Vertragspartner des Vergleichs scheidet auch eine Haftung des Beklagten zu 3) als deren Vertreter bei den Vertragsverhandlungen aus.
71II.
72Die Kostenentscheidung ergeht nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
73Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1, 2 ZPO.
74Streitwert: EUR 212.000,00
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