Urteil vom Landgericht Hamburg (28. Zivilkammer) - 328 O 520/14

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Rückzahlung von Bearbeitungsgebühren aus mehreren Darlehensverträgen mit der Beklagten.

2

Die Klägerin ist eine Unternehmensgruppe, die zur Herrichtung, Erschließung und Errichtung von Seniorenresidenzen Grundstücke erwirbt und sodann diese Residenzen konzipiert, entwickelt und betreibt. Die Beklagte ist eine Pfandbriefbank, die Immobiliendarlehen gegen Grundschulden oder Hypotheken gewährt und diese Darlehen durch die Begebung von Pfandbriefen refinanziert.

3

Am 02. November 2007 schloss die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerinnen mit der Beklagten drei Darlehensverträge ab, für welche die Klägerin zwischen dem 25. Januar 2008 und dem 20. August 2008 Bearbeitungsgebühren i.H.v insgesamt 97.500,00 EUR an die Beklagte zahlte.

4

Für das „Darlehen D..“ in Höhe von 6.426.000,00 EUR (Anlage K1) wurde eine Bearbeitungsgebühr von 37.000,00 EUR am 20. August 2008 gezahlt (Anlage K2). Bei dem „Darlehen W..“ in Höhe von 4.371.600,00 EUR (Anlage K3) fiel eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 25.000,00 EUR an, die am 17. April 2008 gezahlt wurde (Anlage K4). Für das „Darlehen Z..“ in Höhe von 6.945.000,00 EUR (Anlage K5) wurde eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 35.500,00 EUR am 25. Januar 2008 gezahlt (Anlage K6).

5

Die Angaben über die Pflicht zur Zahlung sowie die Höhe der jeweiligen Bearbeitungsgebühr befanden sich jeweils im Vertragstext selbst unter der laufenden Ziffer 5.2. Dort heißt es jeweils unter der Überschrift „Bearbeitungsgebühr“:

6

„Daneben ist eine einmalige, bei Vertragsunterzeichnung fällige Bearbeitungsgebühr von […] zu entrichten.

7

Dieses wird spätestens mit der ersten Kreditinanspruchnahme dem Kreditkonto belastet.

8

Wird der Kredit vom Kreditnehmer entgegen seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht abgenommen, hat der Kreditnehmer der Bank neben der Bearbeitungsgebühr auch den durch die Nichtabnahme entstehenden Schaden zu ersetzen.“

9

Die Klägerin behauptet, dass es sich bei den Klauseln über die Bearbeitungsgebühr um Allgemeine Geschäftsbedingungen handele, weil diese von der Beklagten als nicht verhandelbar dargestellt worden sei. Zudem trägt sie vor, die jüngste Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verbraucherdarlehnsverträgen (BGH, Urteile vom 13.05.2014, XI ZR 170/13 und XI ZR 405/12, zitiert nach juris), der die Berechnung einer Bearbeitungsgebühr bei Darlehensgewährung als unzulässig angesehen hat, sei auf die zwischen den Parteien als Unternehmer geschlossenen Darlehensverträge übertragbar. Die entsprechenden Klauseln belaste die Klägerin unangemessen und seien daher unwirksam.

10

Die Klägerin beantragt,

11

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 97.500,00 EUR nebst fünf Prozentpunkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB auf einen Teilbetrag von 35.000,00 EUR seit dem 25.01.2008 zu zahlen, nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB auf einen Teilbetrag von 25.000,00 EUR seit dem 17.04.2008 zu zahlen sowie nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB auf einen weiteren Teilbetrag von 37.000,00 EUR seit dem 20.08.2008.

12

Die Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Die Beklagte behauptet, über die Erhebung sowie die Höhe der Bearbeitungsgebühr sei im Vorfeld der Darlehensabschlüsse verhandelt worden. Die Erhebung einer Bearbeitungsgebühr sei im Rahmen gewerblicher Immobiliarkredite allgemein anerkannte und ständige Geschäftspraxis. Der Klägerin sei bewusst gewesen, dass bei einer gewerblichen Projektfinanzierung die Bearbeitungsgebühr und der jeweils vereinbarte Darlehenszins Hauptbestandteil der vom Darlehensnehmer zu erbringenden Gegenleistung für die Kapitalüberlassung sei und diese Bestandteile in Wechselbeziehung zueinander stünden. Die Vereinbarung eines einmaligen, laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts entspreche dem Interesse sowohl der Bank als auch des Projektentwicklers, da einerseits so Unwägbarkeiten der Bank aufgrund der Projektfinanzierung minimiert werden könnten und andererseits der Darlehensnehmer von einem niedrigeren Zinssatz profitiere. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.

Entscheidungsgründe

I.

15

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen keine Ansprüche auf Rückzahlung der Bearbeitungsgebühren aus den streitgegenständlichen Darlehensverträgen aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu.

16

Die in den jeweiligen Kreditverträgen unter Ziffer 5.2 vereinbarte Klausel über den Anfall und die Höhe der Bearbeitungsgebühren stellt zwar eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dar (hierzu 1.), die als kontrollfähige Preisnebenabrede auch einer Inhaltskontrolle zugänglich ist (hierzu 2.). Allerdings sind die Klauseln nicht gemäß §§ 310, 307 Abs. 1 Satz 1BGB unwirksam (hierzu 3. und 4.).

17

Das Gericht hatte daher nicht darüber zu entscheiden, ob diesbezügliche Ansprüche der Klägerin bereits verjährt waren.

18

Dazu im Einzelnen:

1.

19

Bei den Bearbeitungsentgeltklauseln handelt es sich um Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, insbesondere um eine jeweils Seiten der Beklagten vorformulierte Vertragsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB.

20

a. Zunächst begründet die äußere Erscheinungsform der Verträge eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Klausel mit der laufenden Ziffer 5.2 eine von der Beklagten vorformulierte Vertragsbedingung darstellt.

21

Vorformuliert sind Vertragsbedingungen dann, wenn sie für eine mehrfache Verwendung schriftlich aufgezeichnet oder in sonstiger Weise fixiert sind (Grüneberg in: Palandt, BGB, 74. Auflage 2015, § 305 Rn. 8; Basedow in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 305 Rn. 13; Jacobs in: Beck’scher Online-Kommentar, BGB, Edition 36, § 302, Rn. 22). An dieses Tatbestandsmerkmal sind grundsätzlich geringe Anforderungen zu stellen (Jacobs in: Beck’scher Online-Kommentar, BGB, Edition 36, § 302, Rn. 22). Dabei ist ausreichend, wenn die Vertragsbedingung zum Zwecke künftiger wiederholter Einbeziehung in Vertragstexte im Kopfe des Verwenders gespeichert sind (BGH NJW 1999, 2180; Grüneberg in: Palandt, BGB, 74. Auflage 2015, § 305 Rn. 8; Basedow in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 305 Rn. 13; Jacobs in: Beck’scher Online-Kommentar, BGB, Edition 36, § 302, Rn. 22).

22

Die Angaben über die Pflicht zur Zahlung sowie die Höhe der Bearbeitungsgebühr befinden sich im jeweiligen Vertragstext unter der immer identischen laufenden Ziffer 5.2. Der Vertragstext sowie die Überschrift „Bearbeitungsgebühr“ waren in jeglichen der vorgelegten Darlehenstexte identisch:

23

„Daneben ist eine einmalige, bei Vertragsunterzeichnung fällige Bearbeitungsgebühr von […] zu entrichten.

24

Dieses wird spätestens mit der ersten Kreditinanspruchnahme dem Kreditkonto belastet.

25

Wird der Kredit vom Kreditnehmer entgegen seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht abgenommen, hat der Kreditnehmer der Bank neben der Bearbeitungsgebühr auch den durch die Nichtabnahme entstehenden Schaden zu ersetzen.“

26

b. Die Annahme von Allgemeinen Geschäftsbedingungen scheitert auch nicht daran, dass die Klauseln in den jeweiligen Verträgen unterschiedlich hohe Bearbeitungsentgelte auswiesen.

27

Eine Klausel über die Erhebung einer Bearbeitungsgebühr kann dann vorformuliert sein, wenn der Verwender beim Abschluss von Darlehensverträgen ein Entgelt in Höhe festgelegter Prozentsätze verlangt oder er das Entgelt anhand des individuellen Darlehensvertrages nach bestimmten Vorgaben errechnet (BGH, Urteil vom 13.05.2014, XI ZR 170/13, zitiert nach juris). Für die Annahme einer Individualvereinbarung genügt es daher nicht, wenn nur die Höhe, nicht jedoch das Ansinnen, überhaupt Bearbeitungskosten zu fordern, zur Disposition steht. Insbesondere, wenn nur Leerräume in Klauseln aufgefüllt werden, liegen Allgemeine Geschäftsbedingungen vor (BGH, Urteil vom 06. April 2005, VIII ZR 27/04, zitiert nach juris; Grüneberg in: Palandt, BGB, 74. Auflage 2015, § 305 Rn. 8; Basedow in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 305 Rn. 16). Der Verwender muss sich deutlich und ernsthaft zur gewünschten Änderung einzelner Klausel bereit erklären (BGH NJW 2000, 1110, 1111).

28

Ein Blick auf die Bearbeitungsgebühren zeigt, dass zumindest die Höhe der Bearbeitungsgebühr in den vorliegenden Fällen individuell berechnet wurden und in Disposition stand, da hinter den valutierten Gebühren kein fester prozentualer Anteil stand:

29

Bearbeitungsentgelt Darlehen D..: 9.626.000€ Darlehen, Zins: 7,50% p.a., 37.000€ Bearbeitungsgebühr = 0,3844%

30

Bearbeitungsentgelt Darlehen W..: 6.571.600€ Darlehen, Zins: 7,50% p.a., 25.000€ Bearbeitungsgebühr = 0,3703%

31

Bearbeitungsentgelt Darlehen Z..: 10.345.000€ Darlehen, Zins: 7,50% p.a., 35.500€ Bearbeitungsgebühr = 0,3432%

32

Es ist letztlich auch deshalb zwischen der Höhe eines Entgelts und dem Grund der Klausel an sich zu unterscheiden und abzugrenzen, weil die Entgelthöhe grundsätzlich nicht im Rahmen der AGB-Kontrolle überprüft wird. Insoweit stellt das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen kein Preiskontrollrecht dar. Eine Überprüfung findet lediglich nach § 309 Nr. 5a) BGB im Rahmen von Schadenspauschalen oder von § 138 BGB statt.

2.

33

Die vorformulierten Vereinbarungen über das Bearbeitungsentgelt stellen eine kontrollfähige Preisnebenabrede dar. Ihnen steht keine echte Gegenleistung gegenüber, sodass die Klauseln sich an einer Inhaltskontrolle messen lassen müssen.

34

a. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB beschränkt die Inhaltskontrolle auf solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Preisnebenabreden, die keine echte (Gegen-) Leistung zum Gegenstand haben, sondern mit denen der Verwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten oder für sonstige Tätigkeiten auf den Kunden abwälzt, die der Verwender im eigenen Interesse erbringt, sind demnach der Inhaltskontrolle unterworfen und kontrollfähig (BGH, Urteile vom 13.05.2014, XI ZR 170/13, Rn. 33; XI ZR 405/12, Rn. 24). Demgegenüber sind allerdings weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte zusätzlich angebotene Sonderleistung einer Überprüfung anhand der Inhaltskontrolle zugänglich und daher kontrollfrei (BGH a.a.O. Rn. 24). Ob eine Klausel nach diesen Grundsätzen eine kontrollfähige Preisnebenabrede oder eine kontrollfreie Preisabrede enthält, ist durch Auslegung nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln (BGH a.a.O., Rn. 25).

35

b. Für Darlehensverträge hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Bearbeitungsentgelte keine kontrollfreien Sonder- oder Zusatzentgelte, sondern vielmehr kontrollfähige Preisnebenabreden darstellen (BGH, Urteile vom 13.05.2014 - XI ZR 170/13, Rn. 40-70; XI ZR 405/12, Rn. 31-41). Diese Aussage traf er nicht im alleinigen Zusammenhang mit Verbraucherdarlehnsverträgen, sondern bezog diese Ausführungen auf Darlehensverträgen allgemein. Die Ausführungen und Ansichten sind daher auf den streitgegenständlichen Fall übertragbar, sodass vorliegend eine kontrollfähige Preisnebenabrede und gerade keine kontrollfreie Preisabrede vorliegt. Die Beklagte verlangt neben der Hauptleistung eine weitere zusätzlich Leistung vom Darlehensnehmer, dem Kläger.

36

Originäre Pflichten der Parteien eines Darlehensvertrags sind grundsätzlich in § 488 BGB geregelt: Der Darlehensgeber stellt nach § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB das Darlehen zur Verfügung, wovon das wertmäßige Verschaffen und die Belassung der Darlehensvaluta umfasst sind (BT-Drs. 14/6040, S. 253). Als Gegenleistung in dem synallagmatischen Verhältnis der Parteien sieht § 488 Abs. 1 BGB lediglich die Zinszahlungsverpflichtung sowie die Rückzahlung bei Fälligkeit vor. Im Rahmen dieser Gegenseitigkeitsbeziehung stellt der vom Darlehensnehmer zu zahlende Zins das Entgelt für die Kapitalnutzug dar. Die gesetzliche Grundlage bietet daher weder Raum noch eine Anspruchsgrundlage für von dem Darlehensnehmer zu zahlenden Kosten neben den Zinsen.

37

c. Soweit die Beklagte meint, das Bearbeitungsentgelt stehe in seiner wirtschaftlichen Funktion mit dem Zins auf einer Stufe und sei daher AGB-rechtlich nicht überprüfbar, so verkennt sie, dass Zinsen grundsätzlich eine nach der Laufzeit zu bemessende gewinn- und umsatzunabhängige Vergütung für den Gebrauch eines auf Zeit überlassenen Kapitals darstellen. Sie korrelieren daher mit der Dauer der Kapitalüberlassung, unabhängig davon, ob die Zinsen monatlich oder sogleich insgesamt für die gesamte Nutzungsdauer zu entrichten sind. Das Bearbeitungsentgelt ist allerdings in der Regel laufzeitunabhängig ausgestaltet. Damit wird gerade nicht die Kapitalüberlassung und -belassung für einen bestimmten Zeitraum bepreist. Ein laufzeitunabhängiges Bearbeitungsentgelt ist daher nicht mit dem laufzeitabhängigen Zins für die Zurverfügungstellung des Darlehens vergleichbar. Vielmehr kann das Bearbeitungsentgelt nicht als Teilentgelt für die Kapitalüberlassung verstanden werden.

38

d. Der Beklagten kann ferner nicht mit dem Einwand gefolgt werden, der Vereinbarung der Bearbeitungsgebühr stehe im Falle einer Projektfinanzierung, eine besondere und eigenständige Sonderleistung gegenüber, so dass insoweit von einer Sonderleistungsabrede auszugehen sei. Die zwischen den Parteien vereinbarte Verpflichtung zur Zahlung einer Bearbeitungsgebühr ist nicht als gesondert vergütungsfähige Leistung der Beklagten zu verstehen. Vielmehr wälzt die Beklagte durch das Bearbeitungsentgelt ihren eigenen Aufwand im Zusammenhang mit der Beschaffung und Überlassung des Kapitals in Form einer pauschalierten Aufwandsentschädigung ergänzend zur gesetzlichen Regelung des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB laufzeitunabhängig auf den Kunden ab, obwohl die Beklagte die abzugeltende Tätigkeit in eigenem Interesse erbringt und hierzu bereits aufgrund des bestehenden Schuldverhältnisses verpflichtet ist.

3.

39

Die Vereinbarung über die Bearbeitungsgebühr ist nicht nach §§ 310 Abs. 1 Satz 2, 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Die Klägerin wird als Unternehmerin durch die jeweiligen Klauseln nicht unangemessen benachteiligt. Dies ergibt sich aus einer umfassenden Interessenabwägung.

40

a. Die Klägerin ist eine im Immobilienbereich tätige Unternehmerin im Sinne des §§ 310 Abs. 1, 14 BGB. Nach § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB finden die Vorschriften des § 307 Abs. 1 und 2 BGB auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nr. 1 - 8 und § 309 BGB genannten Vertragsbestimmungen führt, wobei auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche angemessen Rücksicht zu nehmen ist. Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB enthält eine Zweifelsregelung, wonach eine unangemessene Benachteiligung dann vorliegt, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren ist.

41

b. Der Bundesgerichtshof hat bislang in zwei Entscheidungen (Urteile vom 13.05.2014, XI ZR 170/13; XI ZR 405/12, jeweils zitiert nach juris) entschieden, dass Bearbeitungsentgelte in Verbraucherdarlehensverträgen zum Nachteil des Verbrauchers unwirksam seien, da diese eine unangemessene Benachteiligung darstellen. Der Bundesgerichtshof nimmt eine solche gerade deswegen an, weil die Erhebung einer Bearbeitungsgebühr gegen die gesetzlichen Regelungen verstoße. Die Erfüllung der Voraussetzungen des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB indiziere die unangemessene Benachteiligung. Im Weiteren prüft das Revisionsgericht, ob Gründe dafür sprechen, die die indizierte unangemessene Benachteiligung wiederum als angemessen erscheinen lassen.

42

Ob diese Argumentation auch auf Kreditverträge mit Unternehmern übertragbar ist, wurde bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts sind die Entscheidungen gerade im Hinblick auf die Bewertung der unangemessenen Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 und 2 BGB nicht übertragbar.

43

Die Bearbeitungsklauseln stellen bereits aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung - ein Rückgriff auf die Zweifelsregelung des § 307 Abs. 2 BGB bedarf es nicht (hierzu (1.)) - keine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB dar (hierzu (2.)).

44

(1.) Nach dem Wortlaut des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB indiziert ein Verstoß gegen wesentliche Grundgedanken der gesetzlichen Regelung eine unangemessene Benachteiligung. Es stellt sich zwar so dar, dass die Bank die anfallenden Kosten für die Kreditbearbeitung und -auszahlung grundsätzlich dem gesetzlichen Leitbild der §§ 488 ff. BGB nach durch den laufzeitabhängig bemessenen Zins zu decken hat (hierzu bereits 2.), womit die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Entgelts grundsätzlich gegen die gesetzlichen Regelungen spricht. Allerdings handelt es sich bereits dem Wortlaut nach bei § 307 Abs. 2 BGB sowie der systematischen Konstellation des § 307 BGB lediglich um eine Zweifelsregelung. Daraus folgt, dass ein Rückgriff auf § 307 Abs. 2 BGB erst dann vorzunehmen ist, wenn bei der Prüfung der Angemessenheit nach § 307 Abs. 1 BGB Zweifel verbleiben, als erst dann, wenn die nach Abs. 1 erforderliche umfassende Interessenabwägung (Grüneberg in: Palandt, BGB, 74. Auflage 2015, § 307 Rn. 12) zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt hat. § 307 Abs. 1 BGB ist daher primär und vorrangig durchzuführen, bevor auf die Zweifelsregelung des § 307 Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden kann.

45

(2.) Das Gericht kommt nach der anzustellenden Interessenabwägung des § 307 Abs. 1 BGB zu dem Ergebnis, dass der Darlehensnehmer bei Unternehmerdarlehen nicht unangemessen durch die Bearbeitungsklauseln benachteiligt wird. Eine Prüfung des § 307 Abs. 2 BGB bedarf es daher nicht mehr. Die Klauseln halten einer Inhaltskontrolle stand und sind wirksam.

46

Gegen eine Unangemessenheit spricht insbesondere, dass Unternehmer, anders als Verbraucher, ständig auf die Inanspruchnahme von Krediten angewiesen sind und daher einen anderen Wissensstand, aber auch über eine weitaus stärkere Verhandlungsmacht, gegenüber Banken verfügen als Verbraucher (LG Frankfurt am Main, Urteil vom 03.06.2015 - 2-19 O 285/14, zitiert nach juris). Vielfach verfügen die Unternehmer aufgrund ihrer eigenen Sachkunde und aufgrund wiederholter Abwicklung ähnlicher Geschäfte über ganz andere Möglichkeiten der Risikobeherrschung als ein Verbraucher in einer ähnlich gelagerten Situation. Unternehmer sind im Rahmen der AGB-Überprüfung nicht ohne weiteres in gleichem Maße schutzbedürftig wie ein Verbraucher; Besonderheiten können sich insbesondere daraus ergeben, dass ein Unternehmer Geschäfte der betreffenden Art häufiger abschließt, als ein Verbraucher (Grüneberg in: Palandt, BGB, 74. Auflage 2015, § 307 Rn. 38f.), zumal auch berücksichtigt werden muss, dass Verbraucher sich oft in einer ungewohnten Drucksituation wiederfinden, die sie nur schwer beherrschen und überblicken können.

47

Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Klägerin nicht nur Unternehmerin ist, sondern regelmäßig im Rahmen von Projektplanungen im Zusammenhang mit Altenheimen Darlehensverhandlungen mit Banken führt und dort Verträge abschließt. In diesem Zusammenhang ist es ihr möglich, die Belastung in Form des Bearbeitungsentgelts, die auf sie zukommt, zu erkennen und ggf. das Angebot mehrerer Banken zu vergleichen.

48

Grundsätzlich liegen Objekt- und Projektplanungen umfangreiche Kalkulationen zugrunde, in deren Rahmen unter Berücksichtigung jeglicher möglicherweise anfallenden Kosten überprüft wird, ob das Geschäft für den Unternehmer wirtschaftlich sinnvoll ist oder nicht. In diesem Zusammenhang wird sich der Unternehmer nicht nur mit dem Betrag der Kapitalüberlassung, sondern auch mit den anfallenden Zinsen und auch einem etwaigen Anfall eines Bearbeitungsentgelts befassen müssen. Der Unternehmer hat demnach vor Abschluss eines Darlehensvertrags eine Vielzahl von Kosten zu berücksichtigen, wobei davon ausgegangen werden kann, dass die Gesamthöhe sowie Höhe einzelner anderweitiger Positionen teilweise schwieriger zu kalkulieren sein dürfte, als die laufzeitunabhängige und einmal anfallende Bearbeitungsgebühr.

49

Das Gericht hält im Rahmen der Abwägung zudem den Vortrag der Beklagten für plausibel, dass eine Bearbeitungsgebühr grundsätzlich dem wirtschaftlichen Interesse beider Parteien dienen kann. Bei einem laufzeitunabhängigen Darlehen im Zusammenhang mit einer Projektfinanzierung sind weder die Höhe der tatsächlichen Inanspruchnahmen noch die konkrete Laufzeit zum Zeitpunkt des Darlehensschlusses bestimmbar. Daher ist eine laufzeitunabhängige Bearbeitungsgebühr, die einmal fällig wird, für den Unternehmer als wirtschaftlich sinnvoll einzustufen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass bei einer Abschaffung der Bearbeitungsgebühr, die Banken die Bearbeitungskosten schlicht auf die Zinsen umlegen würden. Eine Bank würde in einem solchen Fall ihre Berechnungen der Zinshöhe allerdings von einem sog. worst-case ausgehend durchführen. So würde die kürzeste Laufzeit mit der höchsten Inanspruchnahme des Darlehens als Ausgangspunkt dienen. Nur so könnten die anfallenden Kosten durch eine Bank wirtschaftlich betrachtet gedeckt werden. Ein deutlich erhöhter laufzeitabhängiger Zinssatz wäre die Folge. Im Endeffekt liefe der Unternehmer dann Gefahr, dass er für eine tatsächlich längere Inanspruchnahme insgesamt einen höheren Zins zahlen müsste als die einmalige Bearbeitungsgebühr. Hier würden insoweit Unternehmer benachteiligt, die ihren Kredit bis zum spät möglichsten Laufzeitpunkt zurückzahlen.

4.

50

Auch ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB vermag das Gericht nicht zu der Auffassung zu führen, dass eine unangemessene Benachteiligung vorliegt. Die Klauseln stellen sich nicht als intransparent in diesem Sinne dar. Danach ist der Verwender allgemeiner Geschäftsbedingungen gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und verständlich zu formulieren (BGH NJW 2008, 1438). Diesen Anforderungen entspricht die Regelung in der jeweiligen Ziffer 5.2 der Verträge über die Zahlungspflicht des Bearbeitungsentgelts. Sie weisen die laufzeitunabhängigen Kosten eindeutig aus. Der Kunde wird hinreichend deutlich über seine vertragliche Zahlungsverpflichtung informiert.

51

Auch aus dem Umstand, dass die Klauseln nicht ausdrücklich regeln, ob im Falle einer vorzeitigen Vertragsbeendigung möglicherweise eine (anteilige) Erstattung erfolgen soll, ergibt sich keine Intransparenz im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Das Transparenzgebot will den Verwender nicht zwingen, jede Bestimmung der Allgemeinen Geschäftsbedingung gleichsam mit einem Kommentar zu versehen (Grünberg in: Palandt, BGB, 74. Auflage 2015, § 307 Rn. 22). Aus ihm ergibt sich auch keine Verpflichtung, die sich aus dem Gesetz oder ungeschriebenen Rechtsgrundsätzen ergebenden Rechte und Pflichten ausdrücklich zu regeln oder den Vertragspartner insoweit zu belehren.

II.

52

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 S.1 und 2 ZPO.

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