Urteil vom Landgericht Hamburg - 301 O 39/14

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 93.047,64 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. März 2014 Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte des Klägers aus seinen Kommanditbeteiligungen an der T. U. GmbH & Co. KG, Vertragsnummern 1., 3. und 4., in Höhe von insgesamt € 100.000,-- zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in Ziffer 1 bezeichneten Zug-um-Zug-Leistung in Verzug befindet.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von seiner Haftung nach § 3 des Kommanditgesellschaftsvertrages in Verbindung mit §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 4 HGB freizustellen, und dass keine Ansprüche gegen den Kläger aus den in Ziffer 1 bezeichnenden Gesellschaftsverhältnissen mehr bestehen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einer Beteiligung des verstorbenen Vaters des Klägers an einem geschlossenen Fonds auf dem Gebiet des Lebensversicherungsmarktes.

2

Der Kläger ist nach dem Tod seines Vaters dessen Gesamtrechtsnachfolger geworden. Der Vater des Klägers (nachfolgend: Erblasser) zeichnete am 21. Juni 2006, am 11. September 2006 und am 10. November 2006 je eine Beteiligung an der T. U. GmbH & Co. KG über eine Summe von insgesamt € 100.000,-- (€ 25.000,--, € 25.000,-- sowie € 50.000,--). Die Beklagte ist Gründungsgesellschafterin und persönlich haftende und geschäftsführende Gesellschafterin der Beteiligungsgesellschaft.

3

Den Beitritten zugrunde lag eine Beratung der Zeugin v. K., dessen Umfang und Inhalt zwischen den Parteien streitig ist. Streitig ist zwischen den Parteien zudem, ob der Emissionsprospekt aus dem Jahre 2006 (Anlage K 2) den Beteiligungen zugrunde lag und von der Zeugin v. K. vor den Beitrittserklärungen des Erblassers an diesen übergeben wurde.

4

Das Geschäftsmodell der Fondsgesellschaft bestand darin, über ihre britische Tochtergesellschaft, die R. & C.. TEP U. Ltd. Partnership (im Folgenden: R. TEP), Policen kapitalbildender Lebensversicherungen in Großbritannien auf dem Sekundärmarkt zu kaufen, zu halten und zu verkaufen. Die Geschäftsführung der R. TEP sowie das Investmentmanagement wurden durch die PIL P. I. Ltd. (im Folgenden: PIL) mit Sitz in London ausgeübt. Von den genannten Gesellschaften war nur die PIL bei der britischen Finanzdienstleistungsaufsicht FSA registriert und unterlag deren Kontrolle.

5

Die FSA (Financial Services Authority) war seinerzeit eine nicht staatliche, unabhängige Institution, die auf der gesetzlichen Grundlage des Financial Services and Markets Act 2000 den Finanz- und Versicherungsmarkt in Großbritannien regulierte und kontrollierte; sie war dem britischen Finanzministerium rechenschaftspflichtig. Alle britischen Versicherungsunternehmen benötigten eine Zulassung (Authorisation) durch die FSA, mussten dort registriert sein und unterlagen der Aufsicht dieser Organisation.

6

Daneben gibt es den britischen Einlagensicherungsfonds FSCS (Financial Services Compansation Scheme), der die Inhaber von Versicherungspolicen von in Großbritannien ansässigen Versicherungsgesellschaften – nach Beträgen gestaffelt – gegen Verluste absichert.

7

Der Kläger macht geltend, der Erblasser sei im Vorfeld seiner Beitritte nicht ordnungsgemäß über die Beteiligung aufgeklärt worden. Der Emissionsprospekt sei dem Erblasser nicht übergeben worden, er habe lediglich einen Prospekt mit dem Titel „Anlegerservice“ erhalten. Der Erblasser, der im Jahr der Vermittlung 85 Jahre alt war, sei von der Zeugin v. K. nicht hinreichend beraten worden. Weder sei ein Risiko des Totalverlustes erwähnt worden, noch die Problematik gewinnunabhängiger Ausschüttungen und ein Wiederaufleben der Haftung als Kommanditist. Die Zeugin v. K. habe sich darauf beschränkt, dem Erblasser die Vorzüge und die Sicherheit der Kapitalanlage darzulegen. Die Beraterin habe insbesondere auch darauf hingewiesen, der Fonds sei von der staatlichen britischen Versicherungsaufsicht überwacht und es bestehe ein Einlagensicherungsfonds, der vor Kapitalverlusten schütze. Auf Risiken sei die Beraterin nur am Rande eingegangen, habe diese relativiert und als extrem unwahrscheinlich dargestellt.

8

Der Kläger ist der Auffassung, der Emissionsprospekt sei in Bezug auf die Darstellung auf S. 8 falsch und irreführend. Dort heißt es:

9

„Die Versicherungsgesellschaften und das Management des T. U. unterliegen der Kontrolle der britischen Aufsichtsbehörde FSA-Financial Services Authority“

10

Dies, so der Kläger, sei nicht richtig. Dem Anleger werde durch diese Aussage vorgetäuscht, die Investition in den T. U. GmbH & Co. KG unterliege quasi staatlicher Kontrolle. Tatsächlich sei dies aber nicht der Fall, da die FSA keine staatliche Organisation sei und auch nicht die Fondsgesellschaft, sondern allenfalls die britischen Versicherungsunternehmen einer Überwachung unterliegen.

11

Die Zeugin v. K. habe über den fehlerhaften und irreführenden Prospektinhalt auch nicht – richtigstellend – aufgeklärt.

12

Der Kläger beantragt:

13

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 93.047,64 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. März 2014 Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte des Klägers aus seinen Kommanditbeteiligungen an der T. U. GmbH & Co. KG, Vertragsnummern 1., 3. und 4., in Höhe von insgesamt € 100.000,-- zu zahlen.

14

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in Ziffer 1 bezeichneten Zug-um-Zug-Leistung in Verzug befindet.

15

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von seiner Haftung nach § 3 des Kommanditgesellschaftsvertrages in Verbindung mit §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 4 HGB freizustellen, und dass keine Ansprüche gegen den Kläger aus den in Ziffer 1 bezeichnenden Gesellschaftsverhältnissen mehr bestehen.

16

4. Die Beklagte wird verurteilt, die außergerichtlichen Kosten der anwaltlichen Vertretung in Höhe von € 2.118,44 an den Kläger zu zahlen.

17

Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie ist der Auffassung, der Prospekt kläre zutreffend über alle wesentlichen Risiken und Nachteile der Beteiligung auf. Er sei dem Erblasser, der ein hoch erfahrener Anleger gewesen sei, bereits mehrere Wochen vor der ersten Zeichnung übersandt worden. Insbesondere ist die Beklagte der Auffassung, die Darstellung des Umfangs und der Überwachung durch die FSA und der Einlagensicherung durch die FSCS sei weder falsch noch irreführend. Soweit auf S. 8 des Emissionsprospekts von einer Kontrolle des Managements des T. U. durch die FSA die Rede sei, beziehe sich diese Angabe ersichtlich auf die Gesellschaft, die das Portfolio der Lebensversicherungen aktiv verwalte, nämlich die PIL. Die Aufgaben der beiden Institutionen FSA und FSCS seien auf den S. 8, 21, 26, 32 und 108/109 des Prospekts korrekt dargestellt, die Rolle der am Fonds beteiligten Gesellschaften auf den S. 27, 78 bis 81 und 108. Dort sei auch klargestellt, dass mit dem Oberbegriff „T. U.“ die gesamte Fondskonstruktion, bestehend aus der Deutschen Fondsgesellschaft und den englischen Gesellschaften, bezeichnet werde und nicht etwa die Deutsche Fondsgesellschaft R. & C.. U. GmbH & Co. KG. Einer Aufsicht der FSA auch über die Geschäftsführung der deutschen KG oder der R. TEP hätte kein höheres Maß an Sicherheit für die Anleger gebracht, weil die Investitionsentscheidungen allein von der (ohnehin der FSA-Aufsicht unterworfenen) PIL getroffen worden seien. Insbesondere aus der Darstellung „vereinfachtes Geschäftsmodell“ auf der S. 9 des Emissionsprospektes sei erkennbar, dass die auf S. 8 befindliche Darstellung über die Kontrolle durch die FSA nur die Policenhandelsgesellschaft betreffe. Jedenfalls anhand des Organigramms auf S. 77 des Prospektes sei aber ersichtlich gewesen, welche der Gesellschaften tatsächlich überwacht würden. Jedenfalls hätte ein etwaiger Prospektfehler insoweit den Erblasser nicht veranlasst, von der Beteiligung abzusehen. Dies ergebe sich letztlich auch aus den Erklärungen der Zeugin v. K..

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Etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers seien ohnehin verjährt. Der Erblasser hätte bereits im Jahr 2006 von den von ihm behaupteten Aufklärungspflichtverletzungen ohne Weiteres Kenntnis erlangen können. Spätestens habe der Erblasser/Kläger nach Erhalt des Schreibens vom 20. November 2009 (Anlage B 10) erkennen müssen, dass er keine mündelsichere Beteiligung gezeichnet habe und wirtschaftliche Schwierigkeiten eingetreten seien.

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Die Beklagte meint zudem, eine Haftung gegenüber dem Kläger scheide aus, da ein unmittelbarer Kontakt zwischen ihr und dem Erblasser nicht bestanden habe. Etwaige Beratungsfehler durch die Zeugin v. K. seien nicht im Pflichtenkreis der Beklagten erfolgt und könnten ihr daher auch nicht zugerechnet werden.

22

Die Beklagte wendet sich schließlich gegen die Höhe des vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzes und verweist auf die erhaltenen Ausschüttungen. Sie bestreitet, dass der Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten gezahlt habe.

23

Das Gericht hat den Kläger persönlich angehört. Es hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin Gräfin v. K.. Hinsichtlich des Beweisergebnisses wird Bezug genommen auf das Protokoll der Sitzung vom 14. Oktober 2015.

24

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 8. Juli 2015 und 14. Oktober 2015 ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

25

Die Klage ist zulässig. Sie ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.

I.

26

Die Beklagten haben dem Kläger gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 282, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB den durch den Erwerb der Beteiligung entstandenen Schaden zu ersetzen. Denn der Erblasser, dessen Gesamtrechtsnachfolger der Kläger unstreitig geworden ist, ist vor Unterzeichnung der Beitrittserklärungen nicht ordnungsgemäß über die mit den Beteiligungen einhergehenden Risiken aufgeklärt worden.

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1. Nach ständiger Rechtsprechung haben die Gründungsgesellschafter einer Gesellschaft die Pflicht, einem Beitrittsinteressenten für seine Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt zu vermitteln und ihm über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufzuklären (vgl. nur BGH, Urteil vom 14. Mai 2012, II ZR 69/12). Dabei müssen insbesondere Angaben, die darauf abzielen, Vertrauen beim Anleger zu begründen, unbedingt den Tatsachen entsprechen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 2006, III ZR 20/2005, Juris Rz. 13).

28

Diese Verpflichtung obliegt allen Gründungsgesellschaftern und damit auch der Beklagten zu 1) als persönlich haftender Gesellschafterin der Anlagegesellschaft. Sie haftet als Vertragspartnerin der neu eintretenden Gesellschafter nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne für unvollständige Angaben im Fondsprospekt (vgl. nur BGH, Beschluss vom 15. Januar 2013 – II ZR 43/12 – Juris, Rz. 5).

29

2. Das erkennende Gericht folgt der Auffassung der Klägerseite, dass der Erblasser durch den Prospekt über den Umfang der ausgeübten Finanzaufsicht irreführend informiert und damit unzutreffend aufgeklärt wurde.

30

a) So erweist sich bereits die Erklärung im Emissionsprospekt auf S. 8, die Versicherungsgesellschaften und das Management des T. U. unterlägen der Kontrolle der britischen Aufsichtsbehörde FSA – Financial Services Authority - als evident unrichtig. Unter Berücksichtigung der auf selbiger S. 8 dargestellten „Zusammenfassung“ versteht der unbefangene potentielle Anleger die Bezeichnung „T. U.“, die den prägenden, identifizierenden Namensbestandteil der Fondsbezeichnung bildet, als die Anlagegesellschaft, an der er sich möglicherweise beteiligen will. Auch in der Rubrik „Zusammenfassung“ wird - ebenfalls unter der prägenden Bezeichnung „T. U.“ - das Angebot des Emissionshaus bezeichnet, wonach der geschlossene Fonds in britische kapitalbildende Lebensversicherungen investiert. Wenn demzufolge im Weiteren ausgeführt wird, das „Management des T. U.“ unterliege der besagten Kontrolle, kann aus Sicht des unbefangenen potentiellen Anlegers nur das Management der Anlagegesellschaft, mithin die Organe der deutschen Gesellschaft gemeint sein.

31

Angesichts dessen verweisen die Beklagten ohne Erfolg darauf, dass die Bezeichnung „T. U.“ lediglich den Oberbegriff für die zweistöckige Fondskonstruktion bilde (zuletzt im Schriftsatz vom 27. Oktober 2015, S. 3). Denn selbst bei Zugrundelegung eines solchen Verständnisses führte dies nicht dazu, dass nach der Prospektangabe auf S. 8 die deutsche Fondsgesellschaft - die ja zentraler Teil der Fondskonstruktions ist - von der Überwachung ausgenommen wäre. Auch in der auf S. 108 des Emissionsprospekts abgebildeten Tabelle sind die deutschen Gesellschaften der Fondskonstruktion unter der „Kurzbezeichnung T. U.“ aufgeführt.

32

Die so zu verstehende Angabe, dass das Management der T. U. – sprich: das Management der Anlagegesellschaft - von der britischen Aufsichtsbehörde FSA überwacht werde, ist unzutreffend. Dies ist zwischen den Parteien auch unstreitig. Die FSA übte eine Aufsicht allein über die PIL aus und nicht über den gesamten Fonds oder die sonst daran beteiligten Gesellschaften.

33

Soweit die Beklagten geltend machen, jedenfalls in der Gesamtschau erweise sich die Darstellung der Überwachung durch die britische FSA als richtig, ist auch dem nicht zu folgen. Richtig ist zwar, dass an weiteren Stellen des Emissionsprospektes, so etwa auf S. 27 und im weiteren Verlauf auf S. 77 des Emissionsprospektes nähere Angaben und Differenzierungen zu und über die einzelnen Gesellschaften des Fondskonstruktes gemacht werden. Indes sind diese Angaben nicht geeignet, die plakative Angabe, wonach eine Überwachung des Managements (S. 8) erfolge, in verständlicher Weise zu korrigieren oder klarzustellen. So ist insbesondere die Darstellung auf S. 27 des Emissionsprospektes im Hinblick auf die einzelnen am Fondskonstrukt beteiligten Gesellschaften verschachtelt und wirkt verkomplizierend statt klärend. Auch der Begriff des „Managements“ wird nicht stringent verwendet. So wird zunächst über einen Verweis auf S. 108 des Prospektes erklärt, die PIL sei mit der „Geschäftsführung“ der R. TEP beauftragt, diese „manage“ den „Investitionsplan von T. U.“. PIL werde von der FSA beaufsichtigt. Weiter heißt es dort, „das Management von R. TEP“ werde von der FSA überwacht, im weiteren Verlauf ist von einem „aktiven Management“ die Rede sowie von einer „aktiven Geschäftsführung“ durch die PIL für die R. TEP. Selbst wenn der unbefangene potentielle Anleger nach diesen Erläuterungen davon ausgehen kann, dass die PIL von der FSA überwacht wird, folgt hieraus nicht, dass das Management der Anlagegesellschaft (S. 8: T. U.) von dieser Überwachung ausgeschlossen ist. Solches folgt auch nicht aus den übrigen Angaben im Emissionsprospekt, etwa denjenigen auf S. 77 (Organigramm der Vertragspartner) oder aus dem „vereinfachten Geschäftsmodell“ auf S. 9 des Prospektes. Ebenso wenig lässt sich den weiteren Angaben auf S. 21, 26 und 32 des Emissionsprospektes gegenteiliges entnehmen. Auch an diesen Stellen werden zwar differenzierende Angaben zu den Aufgaben der FSA und FSCS gemacht und darüber informiert, dass es die Versicherungsunternehmen sind, die der Aufsicht der FSA unterliegen. Gleichwohl wird auch damit nicht der Kerngehalt der auf S. 8 des Prospektes befindlichen und bereits mehrfach zitierten Aussage richtiggestellt. Danach ergibt sich auch in der Gesamtschau die Fehlerhaftigkeit des Prospektes. Es ist ausreichend, dass die plakative Darstellung der Kontrolle der britischen Aufsichtsbehörde auf S. 8, also gleich zu Beginn und an prominenter Stelle des Prospektes, an keiner weiteren Stelle des Prospektes klar und deutlich korrigiert wird.

34

Der vorstehend aufgezeigte Fehler im Prospekt ist auch erheblich. Die Erklärung, das Management des T. U. werde von einer Aufsichtsbehörde kontrolliert suggeriert eine zusätzliche Sicherheit der Anlage - die tatsächlich aber nicht vorhanden ist. Einem potentiellen Anleger kann eine Beteiligung mit einer solchen Kontrolle durchaus sicherer erscheinen, also ohne.

35

b) Dass dem Erblasser vor den eingegangenen Beteiligungen der Emissionsprospekt nicht vorgelegen habe, ist vom Kläger nicht bewiesen. Die Erklärungen des Klägers nach § 141 ZPO in der mündlichen Verhandlung vom 8. Juli 2015, er könne sich generell nicht an einen „R.-Prospekt“ erinnern, sind schon nicht geeignet, einen solchen Schluss zu ziehen. Dies schon deshalb, weil der Kläger zwar teilweise bei den Gesprächen mit der Zeugin dabei gewesen sein will (was die Zeugin K. zum Teil bestätigt hat), sich seiner Erklärung jedoch nicht entnehmen lässt, dass er positive Kenntnisse darüber haben konnte, welche Unterlagen oder Prospekte seinem Vater seinerzeit zugesendet worden sind.

36

Ungeachtet dessen begründen die überzeugenden Aussagen der Zeugin v. K. aber die Überzeugung des erkennenden Gerichts, dass dem Kläger der Emissionsprospekt bereits vor seiner ersten Beteiligung vorgelegen hat. Die Zeugin v. K. hat zu Protokoll gegeben, sie habe sehr gute Erinnerungen an den Erblasser, der ein Stammkunde von ihr gewesen sei. Sie hat in überzeugender Weise erklärt, sie habe dem Erblasser längst vor dem ersten Beratungsgespräch einen Prospekt zukommen lassen.

37

Jedenfalls aber ist der - fehlerhafte - Inhalt des Prospektes nach den überzeugenden Ausführungen der Zeugin K. Grundlage der Vermittlung der Kapitalanlage geworden.

38

c) Die vorstehend aufgezeigten Fehler im Emissionsprospekt sind durch die Beraterin v. K. nicht richtig gestellt worden.

39

Die Beklagte hat den von ihr angetretenen Beweis, die Zeugin v. K. habe den Kläger zutreffend über die Überwachungsmechanismen in Großbritannien aufgeklärt, nicht erbracht. Vielmehr hat die Zeugin das Gegenteil dessen bestätigt, dass sie nämlich dem Kläger - u.a. - die maßgebliche Stelle auf S. 8 lediglich vorgelesen, nicht aber irgendwelche ergänzenden Erklärungen hierzu abgegeben habe. Bezeichnend ist hierfür die Erklärung der Zeugin, als sie auf diese Prospektstelle angesprochen wurde, dies sei falsch und es handele sich um einen Prospektfehler. Die Zeugin hat mehrfach erklärt, sie habe auch in den beiden weiteren Beratungsgesprächen keine weitere - korrigierende - Erläuterung zu dem Prospektinhalt abgegeben. Anlass, an der Glaubwürdigkeit der Zeugin zu zweifeln besteht nicht. Vielmehr hat die Zeugin durch ihre glaubhaften Schilderungen selbst eingeräumt, den Erblasser möglicherweise nicht richtig beraten zu haben, obwohl sie – auch dies lässt sich den weiteren Aussagen der Zeugin entnehmen – gute Kenntnisse von der streitgegenständlichen Fondskonstruktion gehabt haben will.

40

d) Soweit die Beklagte schließlich sinngemäß darauf abhebt, eine Aufklärung des Erblassers sei mit Blick auf die Kontrollmechanismen nicht geschuldet gewesen, da völlig klar sein musste, dass eine britische Aufsichtsbehörde eine deutsche Fondsgesellschaft nicht überwachen könne, ist dem nicht zu folgen. Ihr diesbezüglicher Einwand lässt ihre Verantwortung für die Unrichtigkeit der Prospektangaben nicht entfallen. Es war ihre Aufgabe, den Erblasser zutreffend über die Beteiligung zu informieren, dieser war insbesondere nicht verpflichtet, die erhaltenen Angaben von sich aus daraufhin zu überprüfen, ob sie plausibel oder wahr sind oder ob innerhalb der EU grenzüberschreitende Kontrollen im Finanzbereich überhaupt denkbar wären.

41

3. Nach den getroffenen Feststellungen sind die unrichtigen Angaben im Emissionsprospekt der Beklagten als Gründungsgesellschafterin zuzurechnen. Mit diesen unrichtigen Angaben zu einer Finanzaufsicht über den Fonds hat die Beklagte ihre Aufklärungspflichten verletzt. Nach ständiger Rechtsprechung streitet für den Kläger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, so dass es Sache der Beklagten wäre, darzulegen und zu beweisen, dass der Kläger die Anlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erworben hätte (vgl. nur BGH, Urteil vom 8. Mai 2012, XI ZR 262/10). Solches ist nicht ersichtlich und lässt sich insbesondere nicht den Angaben der Zeugin v. K. entnehmen. Diese hat zu Protokoll gegeben, den Erblasser habe interessiert, was passiert, wenn die Versicherungsgesellschaften pleite gingen und dass den Erblasser „eigentlich nur interessierte, was er ggf. erstattet bekommt“. Hierin ist aber kein Nachweis fehlender Kausalität zu erblicken. Angesichts der Angaben der Zeugin v. K. legt diese Aussage gerade wegen der vom Erblasser angesprochenen Fragen zur Sicherheit der Anlage eher nahe, dass der Kläger auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung – nämlich darüber, dass das Management der Fondsgesellschaft gerade nicht durch eine Aufsichtsbehörde überwacht werde – gleichwohl die Anlage gezeichnet hätte.

42

4. Aufgrund der Verletzung ihrer Aufklärungspflichten ist die Beklagte dem Kläger zum Schadensersatz verpflichtet.

43

Die Beklagte hat den Kläger nach § 249 BGB so zu stellen, als hätte er die nicht seinen Vorstellungen entsprechende Beteiligung nicht erworben. Der Kläger hat deshalb Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Einlage nebst Agio (€ 105.000,--) abzüglich erhaltener Ausschüttungen (€ 11.952,36), so dass noch ein Betrag in Höhe von € 93.047,64 zu erstatten ist, und zwar Zug um Zug gegen Übertragung der streitgegenständlichen Beteiligung. Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Die Zustellung der Klage erfolgte am 3. März 2014.

44

5. Diese Ansprüche sind nicht verjährt. Die Beklagten haben schon nicht dargelegt, dass der Kläger oder der Erblasser vor Beginn des Jahres 2010 Kenntnis von der auf die PIL beschränkten Aufsicht der FSA gehabt oder sich diesbezüglich grob fahrlässig in Unkenntnis befunden hätte (§ 199 Abs. 1 BGB). Auch aus dem von der Beklagten bezeichneten Schreiben vom 20. November 2009 ergibt sich solches nicht.

II.

45

Über die Rückzahlung der eingezahlten Beträge nebst Zinsen hinaus steht dem Kläger ein Anspruch auf die Feststellung zu, dass er von einer etwaigen Haftung aus der Kommanditbeteiligung zukünftig freigehalten wird, denn die - für die Feststellung ausreichende - Möglichkeit einer Inanspruchnahme aus §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 4 HGB besteht noch weiter. Gleiches gilt für die zudem beantragte Feststellung, es bestünden gegen den Kläger aus dem Gesellschaftsverhältnis keine Ansprüche mehr. Auch das Bestehen weiterer, den Kläger als Rechtsnachfolger des Erblasser als Kommanditisten treffende Ansprüche ist jedenfalls möglich, was für die Zuerkennung des nämlichen Feststellungsanspruches ausreichend ist.

III.

46

Die Klage ist unbegründet, soweit der Kläger Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangt. Die Beklagte hat eine entsprechende Verpflichtung und auch Zahlung des Klägers insoweit in Abrede gestellt. Hierauf ist der Kläger nicht mehr eingegangen und hat insbesondere keinen Beweis angeboten.

IV.

47

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.

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