Urteil vom Landgericht Heidelberg - 5 S 12/14

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 28.02.2014, Az. 26 C 423/13, wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 10.615,68 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Kläger begehren als Vermieter von den Beklagten als Mieter die Räumung und Herausgabe einer Wohnung im 1. Obergeschoss des Anwesens W. Straße … in H..
Die Kläger erwarben dieses Anwesen mit einem Kaufvertrag vom 19.07.2011. Die Eigentumsumschreibung ist am 10.05.2012 erfolgt.
Die Beklagten schlossen mit der Rechtsvorgängerin der Kläger einen schriftlichen Mietvertrag über die streitgegenständlichen Räumlichkeiten, wofür ein vorgedrucktes Formular verwendet wurde. Dieses enthält in § 2 Satz 2 eine Regelung zum Ausschluss von „Eigenbedarfs- und Verwertungskündigungen“. Außerdem sollte das Mietverhältnis „auch bei Eignerwechsel“ auf unbestimmte Zeit laufen. Im Übrigen sollten sich nach dem Wortlaut von § 2 des Mietvertrages die Kündigungsvoraussetzungen nach den gesetzlichen Vorschriften und den vertraglichen Absprachen in §§ 17-23 des Mietvertrages richten. Die in § 2 enthaltene Klausel wurde durch die Rechtsvorgängerin der Kläger handschriftlich ausgefüllt und abgeändert. Zwischen Satz 1 und Satz 2 wurde die Textstelle "auch bei Eignerwechsel" eingefügt. In Satz 2 wurde der Passus "für … Jahr (e)" durchgestrichen. In § 17 Nr. 2 des Mietvertrages ist dem Vermieter ein Kündigungsrecht für den Fall eingeräumt, dass er die Räume als Wohnung für sich oder für Angehörige seines Haushalts oder für seine Familienangehörigen wegen bisheriger unzureichender Unterbringung benötigt oder sonst ein berechtigtes Interesse im Sinne des Gesetzes nachweist. Wegen der Einzelheiten des Vertrages wird auf das amtsgerichtliche Urteil vom 28.02.2014 und die bei den Akten befindliche Kopie der Mietvertragsurkunde (Anlage K 1, AS. 19 - 33) Bezug genommen.
Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 30.11.2012 erklärten die Kläger gegenüber den Beklagten die Kündigung des Mietverhältnisses. Die Kündigung wurde auf § 573a BGB und hilfsweise auf § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB gestützt.
Die Kläger haben behauptet:
Das Mietvertragsformular sei von den Beklagten der Rechtsvorgängerin der Kläger gestellt worden. Diese hätten versucht, ihr den Vertrag zu diktieren. Sie hätten ein erhebliches Interesse daran gehabt, der Situation einer Eigenbedarfskündigung, die sie gerade hinter sich gehabt hätten, nicht nochmals ausgesetzt zu sein. Das schriftliche Mietvertragsformular sei nicht schon im Jahre 2002, sondern erst lange Zeit nach Beginn des Mietverhältnisses ausgefüllt und unterzeichnet worden. Der Zeitpunkt des Vertragsschlusses sei hierbei zurückdatiert worden.
Die Kläger haben die Ansicht vertreten, dass § 2 des Mietvertrages unwirksam sei, weil die Klausel eine Allgemeine Geschäftsbedingung sei, die die Kläger unangemessen benachteilige. Auch schließe § 2 des Mietvertrages die Kündigung nach § 573a BGB nicht aus. Die Rechtsvorgängerin der Kläger, die unstreitig Juristin war, hätte, wenn ein derartiger Ausschluss beabsichtigt gewesen wäre, dies ausdrücklich in den Vertrag aufgenommen. Die §§ 2 und 17 des Mietvertrages widersprächen einander und seien daher insgesamt unwirksam.
Die Kläger haben beantragt:
1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die im 1. OG des Anwesens W. Straße …, … H. gelegene Wohnung, bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Bad, 2 Balkone und einer teilweisen Nutzung des Heizungskellers als Abstellraum zu räumen und an die Kläger herauszugeben.
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2. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die Kläger von der Rechtsanwaltsgebührenforderung des Klägervertreters Rechtsanwalt H. für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 1.025,30 EUR freizustellen und den vorgenannten Betrag unmittelbar auf das Konto der Kanzlei B. bei der D. Bank AG, Konto-Nr. … (BLZ …)zu überweisen.
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Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt.
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Sie haben vorgetragen:
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Die Rechtsvorgängerin der Kläger habe gewollt, dass die Beklagten bei ihr einziehen und sich im Alter um sie kümmern sollten. Hierfür habe die Rechtsvorgängerin der Kläger den Beklagten dauerhaft ermöglichen wollen, in der streitgegenständlichen Wohnung leben zu können. Aus diesem Grunde habe die Rechtsvorgängerin der Kläger den Beklagten das Mietvertragsformular vorgelegt. Das Anwesen, in dem sich die streitgegenständliche Wohnung befinde, habe insgesamt 4 Wohnungen. Die Beklagten sind daher der Ansicht, das unter anderem deswegen die Kündigung nach § 573a BGB nicht möglich sei. Außerdem sei § 2 des Mietvertrages eine Individualvereinbarung, durch die sowohl die Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB als auch die Kündigung nach § 573a BGB ausgeschlossen sei. § 2 des Mietvertrages habe vor § 17 des Mietvertrages Vorrang, so dass die vertraglichen Vereinbarungen nicht wegen einer angeblichen Widersprüchlichkeit unwirksam seien.
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Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und dies damit begründet, dass Kündigungen nach § 573a BGB und § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB durch die in § 2 des Mietvertrages enthaltene Individualvereinbarung, die gegenüber § 17 des Mietvertrages Vorrang habe, wirksam ausgeschlossen seien. § 2 S. 2 des Mietvertrages stelle keine Allgemeine Geschäftsbedingung dar. Da handschriftliche Änderungen vorgenommen worden seien, sei dies ein Indiz gegen den Formularcharakter. Zwar könnten auch ergänzungs- oder ausfüllungsbedürftige Klauseln grundsätzlich vorformulierte Vertragsbedingungen darstellen, sofern nicht durch Ergänzung die Klausel so verändert werde, dass sich ein anderer Sinn ergebe. Eine solche Wesensänderung liege vor, wenn die formularmäßige Vertragsbestimmung erst durch eingefügte Ergänzungen einen Inhalt gewinne, der eine unangemessene Benachteiligung der anderen Vertragspartei im Sinne von § 307 BGB darstelle. Dies ergebe sich hier daraus, dass die im Formular vorgesehene Befristung des Kündigungsausschlusses handschriftlich gestrichen worden sei. Erst dadurch habe die Vertragsbestimmung, sollte es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handeln, einen unangemessenen Inhalt erhalten. Eine Formularklausel sei darin aber nicht zu sehen, weil unstreitig die Rechtsvorgängerin der Kläger selbst handschriftlich die Ergänzung und die Durchstreichung der Befristungsmöglichkeit vorgenommen habe. Wenn der Vertragspartner des Verwenders selbst das Formular ändere oder ergänze, fehle es an einer Vorformulierung. Die Ergänzung könne allerdings trotzdem den Schluss auf ihren vorformulierten Charakter zu lassen, und zwar namentlich dann, wenn der Verwender das Antragsformular üblicherweise oder gegenüber einer Mehrzahl von Kunden in gleicher Weise ergänze oder ergänzen lasse. Dies treffe jedoch im vorliegenden Fall nicht zu, weil es an Vortrag dazu fehle, dass die Beklagten vergleichbare Kündigungsverzichte mehrmals erwirkt hätten.
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Durch die somit als Individualvereinbarung wirksame Regelung in § 2 S. 2 des Mietvertrages sei sowohl die Kündigungsmöglichkeit nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB als auch die Kündigungsmöglichkeit nach § 573a BGB ausgeschlossen. Denn der Ausschluss der Eigenbedarfskündigung sei im Regelfall dahin auszulegen, dass auch die Kündigungsmöglichkeit nach § 573a BGB ausgeschlossen sei. Dieser Regelfall sei auch vorliegend einschlägig. Denn nach der Regelung im Mietvertrag könne die Vermieterin den Mietvertrag bei Pflichtverletzungen der Mieter ordentlich kündigen. § 573a BGB setze allerdings keine derartigen Pflichtverletzungen der Mieter voraus, so dass auch diese Kündigungsmöglichkeit ausgeschlossen sei. Nach dem Inhalt der vertraglichen Regelungen sei eine ordentliche Kündigung durch die Vermieterin nur unter Umständen möglich, die sich aus der Sphäre der Mieter ergäben. Dies sei bei § 573a BGB jedoch nicht gegeben.
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Wegen des streitigen und unstreitigen erstinstanzlichen Vortrags der Parteien sowie wegen des Inhalts und der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung einschließlich der dort getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf Entscheidungsformel, Tatbestand und Entscheidungsgründe dieses Urteils Bezug genommen.
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Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, die ihre in erster Instanz vorgetragenen Rechtsstandpunkte wiederholen und vertiefen. Entgegen der Rechtsansicht des Amtsgerichts sei die Kündigungsmöglichkeit des § 573a BGB nicht ausgeschlossen. Die Auffassung des Amtsgerichts möge für den Regelfall zutreffen. Ein Regelfall für den Kündigungsausschluss liege hier aber nicht vor. Zum einen sei die ordentliche Kündigung gemäß § 573 BGB nicht ausgeschlossen. Der Ausschluss der Eigenbedarfskündigung und der Kündigung wegen wirtschaftlicher Verwertbarkeit sei auf diese beiden Ausschlüsse begrenzt worden und stehe im Kontext, dass im Übrigen die gesetzlichen Kündigungsvorschriften weiter gelten sollten. Auch könne ein Ausschluss der Kündigungsmöglichkeit nach § 573a BGB deswegen nicht angenommen werden, weil die Rechtsvorgängerin der Kläger über juristische Kenntnisse verfügt habe. Wenn das Amtsgericht meine, dass durch die Regelungen im Mietvertrag Kündigungsgründe ausgeschlossen seien, die in der Sphäre des Vermieters liegen könnten und dass hieraus herzuleiten sei, dass auch die Kündigungsmöglichkeit gemäß § 573a BGB ausgeschlossen sei, so greife diese Überlegung zu kurz. Die Regelung des § 573a BGB stelle nicht auf Kündigungstatbestände ab, die einer Sphäre zuzuordnen seien, sondern berücksichtige den besonderen Umstand der besonderen Nähe zwischen Vermieter und Mieter in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen. Daher könne mit dieser Überlegung diese Kündigungsmöglichkeit nicht als ausgeschlossen betrachtet werden. Auch habe das Amtsgericht nicht berücksichtigt, dass die Regelungen in § 2 des Mietvertrages einerseits und § 17 Abs. 2 des Mietvertrages andererseits widersprüchlich seien. Eine vertraglich eindeutige Regelung, ob eine Eigenbedarfskündigung hier ausgeschlossen sei oder nicht, ergebe sich aus der Vertragsurkunde nicht. Das Amtsgericht habe in seiner Entscheidung einseitig auf den Empfängerhorizont der Beklagten abgestellt, was unzulässig sei. Das Amtsgericht unterstelle auch, dass der Formularmietvertrag von der Rechtsvorgängerin der Kläger vorgelegt worden sei. Erstinstanzlich sei aber vorgetragen worden, dass das Mietvertragsformular von den Beklagten vorgelegt worden sei.
18 
Die Kläger beantragen:
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1. das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg, Az. 26 C 423/13 vom 28.02.2014 abzuändern
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2. und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, die im 1. OG des Anwesens W. Straße …, … H. gelegene Wohnung, bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Bad, 2 Balkonen und einer teilweisen Nutzung des Heizungskellers als Abstellraum zu räumen und an die Kläger herauszugeben,
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3. und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, die Kläger für die Rechtsanwaltsgebührenforderung der Rechtsanwälte B., v. R. & Kollegen für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 1.025,30 EUR freizustellen und den vorgenannten Betrag unmittelbar auf das Konto der Kanzlei B. bei der D. Bank AG, Konto-Nr. … (BLZ …)zu überweisen.
22 
Die Beklagten beantragen,
23 
die Berufung zurückzuweisen.
24 
Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihrer erstinstanzlich vorgetragenen Rechtsansichten. Aus dem Schweigen des Mietvertrages zur Kündigungsmöglichkeit nach § 573a BGB sei nicht der Schluss zu ziehen, dass diese Kündigungsmöglichkeit nicht ausgeschlossen sei. Denn die Rechtsvorgängerin der Kläger habe an eine Konstellation, die für sie Überlegungen dahingehend eröffnet hätte, eine Zweifamilienhauskündigung auszusprechen, aus zwei Gründen mit Sicherheit nicht gedacht. Zum einen habe sie die Beklagten als Mieter mit bestimmten Zielen bezüglich der Ausgestaltung des Mietverhältnisses bewusst ausgesucht und auf die freundschaftliche Verbundenheit, die eine Zweifamilienhauskündigung als absolut fern liegend erscheinen lasse, vertraut. Zum anderen habe sie die Möglichkeit einer Zweifamilienhauskündigung schon deshalb nicht ins Auge gefasst, weil die Voraussetzungen für eine Zweifamilienhauskündigung bei Abschluss des Mietvertrages mit den Beklagten, wie auch nach wie vor, nicht vorgelegen hätten. Es sei nicht ersichtlich, warum hier ein Sachverhalt gegeben sein solle, der entgegen der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.10.2013 die Kündigungsmöglichkeit des § 573a BGB ausdrücklich aufrecht erhalten sollte. Dass der Ausschluss der ordentlichen Kündigung nicht umfassend vereinbart sei, stehe dem nicht entgegen. Es sei selbst verständlich, dass Kündigungsausschlüsse nie verhaltensbedingte berechtigte Interessen ausschlössen. Es werde außerdem bestritten, dass es aufgrund des Verhaltens der Beklagten zu Belastungen des Mietverhältnisses komme. § 2 des Vertrages sei auch nicht als von den Beklagten gestellte AGB zu bewerten. Die Einstufung der Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung würde voraussetzen, dass die Rechtsvorgängerin der Kläger als Vermieterin keinen Einfluss auf die tatsächliche Gestaltung des Vertragstextes gehabt hätte und die Klauseln in dieser Form von den Beklagten als Mietern vorgegeben wäre. Dies sei abwegig, da die Rechtsvorgängerin der Klägerin den Vertrag selbst ausgefüllt habe und eine Konstellation der Vertragsanbahnung, bei der die Beklagten eine solche Klausel hätten vorgeben können, schlechterdings nicht vorstellbar sei.
25 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
II.
26 
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
27 
Das angefochtene Urteil beruht weder auf einem Rechtsfehler (§ 513 Abs. 1, 1. Alt., § 546 ZPO), noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1, 2. Alt. ZPO).
28 
Mit Recht hat das Amtsgericht entschieden, dass das Mietverhältnis nicht durch die Kündigung vom 30.11.2012 beendet ist, weil die Kündigungsrechte nach § 573a BGB und nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB durch die in § 2 des Mietvertrages enthaltene Individualvereinbarung, die gegenüber § 17 des Mietvertrages Vorrang hat, wirksam ausgeschlossen sind. Die dagegen gerichteten Berufungsangriffe bleiben ohne Erfolg.
29 
Im Mietvertrag sind die Kündigungsrechte nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BGB (Eigenbedarfskündigung und Verwertungskündigung) ausdrücklich ausgeschlossen. Diese Regelung ist auch im vorliegenden Fall dahin auszulegen, dass zugleich das Kündigungsrecht nach § 573a BGB ausgeschlossen ist. Dies entspricht dem Regelfall. Zu begründen ist dies damit, dass anderenfalls der durch den Ausschluss der Eigenbedarfskündigung beabsichtigte Schutz des Mieters nicht erreicht werden könnte (vergleiche Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 11. Auflage 2013, § 573a BGB Rn. 6). Das Amtsgericht hat überzeugend herausgearbeitet, dass nach den Regelungen in § 2 des Mietvertrages eine ordentliche Kündigung durch die Vermieter nur im Falle des § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB möglich ist. Es hat hieraus überzeugend und mit Recht hergeleitet, dass ein Recht des Vermieters zur ordentlichen Kündigung nur für den Fall vorbehalten bleiben sollte, dass ein berechtigtes Interesse an einer Beendigung des Mietverhältnisses aus der Sphäre des Mieters resultiere. Denn diesen Fall regelt gerade § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB für den Fall, dass der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Nur diese Möglichkeit der ordentlichen Kündigung des Vermieters bleibt in § 2 des Mietvertrages vorbehalten. § 573a BGB erfordert als Voraussetzung für eine Kündigung kein derartiges aus der Sphäre des Mieters herrührendes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses. Aufgrund dessen liegt hier auch der Regelfall vor, dass ein Ausschluss der Eigenbedarfskündigung zugleich das Kündigungsrecht aus § 573a BGB ausschließt. Entsprechend hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 16.10.2013, Az. VIII ZR 57/13 (NZM 2013, 824) entschieden, dass eine Kündigung nach § 573a Abs. 1 S. 1 BGB durch eine in einem Mietvertrag vereinbarte Kündigungsbeschränkung ausgeschlossen ist, wonach der Vermieter das Mietverhältnis nur in besonderen Ausnahmefällen unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen kündigen kann, wenn wichtige berechtigte Interessen des Vermieters eine Beendigung des Mietverhältnisses notwendig machen. Die diesem Urteil zu Grunde liegende Überlegung kann auch auf den vorliegenden Fall übertragen werden, denn auch im vorliegenden Fall ist eine ordentliche Kündigung nur möglich, wenn wichtige berechtigte Interessen des Vermieters vorliegen, nämlich die nicht unerhebliche schuldhafte Verletzung vertraglicher Pflichten durch den Mieter im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Weitere berechtigte Interessen des Vermieters, wie sie in § 573 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BGB aufgeführt sind, rechtfertigen nach der Regelung in § 2 des Mietvertrages im vorliegenden Fall eine ordentliche Kündigung jedoch nicht. Demgemäß ist der Ausschluss der Kündigung im vorliegenden Fall sogar noch weitergehend als in dem Sachverhalt, der dem genannten Urteil des Bundesgerichtshofs zugrunde lag, weil dort auch andere wichtige berechtigte Interessen des Vermieters über die schuldhafte nicht unerhebliche Pflichtverletzung des Mieters hinaus eine Kündigung rechtfertigten. Daher ist die Regelung in § 2 des Mietvertrages vorliegend erst recht dahin auszulegen, dass eine voraussetzungslose Kündigung nach § 573a BGB ebenfalls ausgeschlossen ist.
30 
Das Argument, dass die Rechtsvorgängerin der Kläger über juristische Fachkenntnisse verfügt habe und deswegen den Ausschluss des Kündigungsrechts aus § 573a BGB ausdrücklich in den Vertrag aufgenommen hätte, wenn dieser beabsichtigt gewesen wäre, greift nicht durch, weil es nicht zwingend ist. Vielmehr kann aus einer juristischen Fachkenntnis der Vermieterin auch geschlossen werden, dass sie, wie es für den Regelfall in Lehre und Rechtsprechung angenommen wird, den weit gehenden Ausschluss der ordentlichen Kündigung in § 2 des Mietvertrages so verstanden hat, dass damit selbstverständlich auch das Kündigungsrecht nach § 573a BGB ausgeschlossen ist, so dass eine ausdrückliche Erwähnung dieses Kündigungsrechts im Mietvertrag unnötig erschiene. Auch könnte es sein, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin die Regelung des § 573a BGB bei Abschluss des Mietvertrages lediglich übersehen hat und der ausdrückliche Ausschluss des Kündigungsrechts nach dieser Vorschrift deswegen nicht in den Vertrag aufgenommen worden ist. Aus dem Vorhandensein juristischer Fachkenntnisse auf Seiten der Rechtsvorgängerin der Kläger können daher keine hinreichend sicheren Schlüsse für die Auslegung des Mietvertrages gezogen werden. Dass die damaligen Vertragsparteien sich bei Abschluss des Mietvertrages hierüber Gedanken gemacht hätten oder dies bei den Vertragshandlungen thematisiert worden wäre, wird dagegen nicht vorgetragen. Eine Ausnahme vom Regelfall ist daher hier nicht ersichtlich.
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Die Klausel in § 2 des Mietvertrages ist auch nicht als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam. Denn es handelt sich hierbei nicht um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die einer Inhaltskontrolle zu unterziehen wäre und bei unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders der Klausel unwirksam wäre. Dies hat das Amtsgericht ebenfalls mit ausführlicher und zutreffender Begründung herausgearbeitet. Die Kammer nimmt auf diese Ausführungen im angegriffenen Urteil Bezug und schließt sich ihnen an. Die hiergegen gerichteten Berufungsangriffe überzeugen nicht. Die formularvertragliche Klausel in § 2 des Mietvertrages wurde handschriftlich abgeändert. Im Grundsatz gilt, dass handschriftliche Abänderungen von Formularverträgen oder handschriftliche Zusätze in solchen Verträgen ein Indiz gegen den Charakter derartiger Formularverträge als Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen. Im Mietrecht gilt dies nur, wenn die Abänderungen oder Zusätze im Hinblick auf Besonderheiten des Einzelfalles insbesondere mit Rücksicht auf die Person des Mieters verfasst sind (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 11. Auflage 2013, Vor § 535 BGB Rn. 43). Dieser Fall ist hier gegeben, weil der Ausschluss der Eigenbedarfskündigung und der Verwertungskündigung für die gesamte Laufzeit des Mietvertrages (während das Formular eine zeitliche Begrenzung dieses Kündigungsausschlusses vorsieht) eine Abänderung des vorgedruckten Textes zu Gunsten der Mieter darstellt. Erst aus dieser handschriftlichen Änderung würde sich in dem Fall, dass es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handeln würde, die Unangemessenheit der Regelung ergeben. In diesen Fällen ist im Einzelfall zu prüfen, ob eine Individualvereinbarung oder eine Formularklausel gegeben ist. Eine Formularklausel ist dann anzunehmen, wenn der Verwender den Formularvertrag regelmäßig in der gleichen Weise abändert (BGH NJW 1992, 503 Rn. 15, zitiert nach Juris; BGH NJW 1996, 1208, Rn. 17, zitiert nach Juris; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 11. Auflage 2013, Vor § 535 BGB Rn. 40). Dafür, dass die Beklagten, unterstellt sie seien die Verwender dieser handschriftlichen Abänderungen, eine derartige dauernde Gestaltungspraxis bei der Anmietung von Wohnungen hätten, ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich. Darlegungs- und beweisbelastet hierfür sind die Kläger, weil sie sich auf den Schutz der §§ 305 ff. BGB berufen (vergleiche Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 11. Auflage 2013, Vor § 535 BGB Rn. 41; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 305 Rn. 23). Schon aus diesem Grunde ist daher § 2 des Mietvertrages in der Fassung der handschriftlichen Abänderungen nicht als Allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen. Es kommt daher nicht darauf an, ob im vorliegenden Einzelfall die Beklagten oder die Rechtsvorgängerin der Klägerin das Mietvertragsformular vorgelegt oder diese handschriftlichen Änderungen im Formularvertrag veranlasst haben. Denn es fehlt bereits an dem Tatbestandsmerkmal der für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen (vergleiche § 305 Abs. 1 S. 1 BGB), welches gerade auf die handschriftlichen Änderungen zutreffen müsste.
32 
Die Regelungen in § 2 und in § 17 des Mietvertrages sind auch nicht deswegen unwirksam, weil sie widersprüchlich wären. Denn aus dem Mietvertrag ergibt sich nach systematischer Auslegung, dass die Regelung in § 2 des Mietvertrages, in dem der Ausschluss der Eigenbedarfs- und Verwertungskündigung vereinbart ist, der Regelung in § 17 Nr. 2 des Mietvertrages, in dem eine gegenüber § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB eingeschränkte Eigenbedarfskündigung ermöglicht wird, vorgeht. Dies ergibt sich zum einen aus dem Vorrang der Individualabrede vor einer Formularklausel, wie sie § 17 des Mietvertrages darstellt, und zum anderen daraus, dass in § 2 S. 3 des Mietvertrages formuliert wird, dass die Kündigungsvoraussetzungen sich „im übrigen“ nach den gesetzlichen Vorschriften und den vertraglichen Absprachen (siehe §§ 17-23 dieses Mietvertrages) richteten. Dies bedeutet, dass § 17 des Mietvertrages nur zur Anwendung kommt, soweit in § 2 des Mietvertrages nichts Abweichendes vereinbart ist. Da die Eigenbedarfs- und Verwertungskündigung in § 2 des Mietvertrages ausgeschlossen ist, führt dies dazu, dass auch das Kündigungsrecht aufgrund Eigenbedarfs nach § 17 Nr. 2 des Mietvertrages nicht zur Anwendung kommt, weil dieser Gegenstand in § 2 des Mietvertrages bereits geregelt ist.
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Nach allem hat das Amtsgericht somit die Klage mit Recht abgewiesen und ist die Berufung zurückzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
35 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO nicht vorliegen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung zu einem individuell abgeänderten Formularvertrag, die daher nicht verallgemeinerungsfähig ist. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind bereits höchstrichterlich entschieden. Das Urteil folgt diesen Entscheidungen.
36 
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 41 Abs. 2 GKG. Die monatliche Miete beträgt nach dem unstreitigen Vortrag der Kläger derzeit 884,64 EUR, so dass das Entgelt für ein Jahr sich auf 10.615,68 EUR beläuft.

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