Urteil vom Landgericht Karlsruhe - 6 S 3/12

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 27.01.2012, Az. 2 C 508/11, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
A.
(§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO):
Wegen des Parteivorbringens in erster Instanz und der dort getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Lediglich zur Ergänzung wird folgendes angemerkt:
Die Klägerin begehrt die Rückübertragung der im Wege des Versorgungsausgleichs zu Gunsten der Rentenversicherung ihres geschiedenen, zwischenzeitlich verstorbenen Ehemanns begründeten Rentenanwartschaften.
Die am  1946 geborene Klägerin ist als Beschäftigte im öffentlichen Dienst bei der Beklagten pflichtversichert. Die beklagte ( ) hat die Aufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren.
Die am  1967 geschlossene Ehe der Klägerin wurde durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Hannover vom  1998 geschieden. Zudem wurde der Versorgungsausgleich dahingehend durchgeführt, dass zu Lasten der Anwartschaft der Klägerin bei der Beklagten auf das Versicherungskonto des geschiedenen Ehemanns bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eine monatliche Anwartschaft in Höhe von 32,35 DM, bezogen auf den 30.09.1997, begründet wurde. Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 15.04.1998 mit, dass bei Renteneintritt ihre Betriebsrente aufgrund des durchgeführten Versorgungsausgleichs zu kürzen sei.
Mit Schreiben vom 28.09.2010 (AS I. 29) teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass ihr geschiedener Ehemann am  2010 verstorben sei und bat um Rückabwicklung des Versorgungsausgleichs.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 08.10.2010 (AS I. 31) mit der Begründung ab, dass das seit 01.09.2009 geltende Gesetz über den Versorgungsausgleich (VersAusglG) eine Anpassung der Kürzung wegen Todes der ausgleichsberechtigten Person für Anrechte aus der betrieblichen Altersversorgung nicht mehr vorsehe.
Mit Anwaltsschreiben vom 11.02.2011 (AS I. 33) wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, dass die abschließende Beschränkung der der Härtefallregelung unterliegenden Altersversorgungssysteme in § 32 VersAusglG verfassungswidrig sei und gab der Beklagten Gelegenheit, ihren Standpunkt zu überprüfen. Unter dem 30.03.2011 (I. 37) teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie bei ihrem Standpunkt bleibe.
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Das Amtsgericht wies in seiner Entscheidung vom 27.01.2012 (AS. I. 99) die Klage mit der Begründung ab, dass die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Neuberechnung ihrer Betriebsrente gemäß §§ 37, 38 VersAusglG habe, da die der Klägerin geschuldete Betriebsrente nicht zu den anpassungsfähigen Rechten im Sinne des § 32 VersAusglG gehöre. Eine analoge Anwendung des § 37 VersAusglG scheide mangels bestehender Regelungslücke aus. Die Vorschrift sei verfassungsgemäß.
11 
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren vollumfänglich weiter. Unter Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils vom 27.01.2012 – 2 C 508/11 - beantragt sie:
12 
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die bei ihr zugunsten der Klägerin bestehende Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (Versicherungsnummer  ) mit Wirkung vom 01.10.2010 anzupassen, nachdem der versorgungsausgleichsberechtigte geschiedene Ehegatte der Klägerin, Herr … , am … 2010 verstorben ist.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Die Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
16 
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
B.
17 
(§ 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO):
18 
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
I.
19 
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rückübertragung der im Wege des Versorgungsausgleichs übertragenen Rentenanteile (vgl. LG Karlsruhe, Urteile vom 23.12.2011, 6 O 133/11 sowie 6 O 382/10, bestätigt durch OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.05.2012, 12 U 9/12; so auch: VG München, Urteil vom 04.11.2010, M 12 K 10.3273, juris-Tz. 35 ff; bestätigt durch VGH München, Urteil vom 15.11.2011 - 21 BV 11.151, veröffentlicht bei juris; OLG Hamm, Beschluss vom 17.05.2011 - II-1 UF 192/10 - unveröffentlicht; LG München, Urteil vom 01.03.2012, 30 S 14722/11, AH 1 ff.; Dankelmann in: jurisPK-SGB VI, Stand: Juni 2011, § 6 SGB VI, Rn. 95.1).
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1. Die Klägerin hat aus § 4 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich vom (im Folgenden: VAHRG) keinen Anspruch auf Rückübertragung der im Wege des Versorgungsausgleichs übertragenen Anrechte. Gem. § 4 Abs. 1 VAHRG wird die Versorgung des Verpflichteten oder seiner Hinterbliebenen nicht auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzt, wenn ein Versorgungsausgleich gem. § 1587b Abs. 1 oder 2 BGB durchgeführt wurde und der Berechtigte vor seinem Tod keine Leistungen aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht erhalten hat. Diese Vorschrift ist auf die Klägerin nicht mehr anwendbar, da sie zum 31. August 2009 außer Kraft getreten ist und der Antrag die Klägerin nicht vor dem 1. September 2009 beim Versorgungsträger eingegangen ist, § 49 VersAusglG.
21 
2. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich nicht unmittelbar aus § 37 des Gesetzes über den Versorgungsausgleich vom 1. September 2009, BGBl. 2009,700 (im Folgenden: VersAusglG). Die Vorschrift sieht vor, dass ein Anrecht der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag nicht länger auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzt wird, wenn die ausgleichsberechtigte Person gestorben ist, § 37 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG. Beiträge, die zur Abwendung der Kürzung oder zur Begründung von Anrechten zugunsten der ausgleichsberechtigten Person gezahlt wurden, sind unter Anrechnung der gewährten Leistungen an die ausgleichspflichtige Person zurückzuzahlen, § 37 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG.
22 
Die Vorschrift des § 37 VersAusglG ist auf die Versorgungsanteile die Klägerin nicht anwendbar. Gemäß § 32 VersAusglG gelten die Vorschriften der §§ 33 bis 38 VersAusglG, also auch § 37 VersAusglG, nur für in § 32 VersAusglG unter Nr. 1 bis 5 aufgeführte Anrechte.
23 
Nach der Begründung zum Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG; BT-Drs.16/10144, zu § 32, US 71/72) sind die Vorschriften zur Vermeidung verfassungswidriger Härten obligatorisch nur für die Regelsicherungssysteme vorgesehen. Im Bereich der ergänzenden Altersvorsorge kommen die Anpassungsvorschriften grundsätzlich nicht zur Anwendung. Die von der Beklagten gewährte Versorgung ist eine ist vielmehr eine ergänzende Versorgung zur gesetzlichen Rentenversicherung, so dass die Vorschrift des § 37 VersAusglG nicht anwendbar ist.
24 
Die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs ist an der gleichen Stelle jedoch ungenau, soweit es um die Abgrenzung der öffentlich-rechtlichen von den privaten Versorgungsträgern geht. Es heißt dort:
25 
"Die Vorschriften zur Vermeidung verfassungswidriger Härten sind nach § 32 VersAusglG obligatorisch nur für die Regelsicherungssysteme vorgesehen. Insoweit bleibt es beim bisherigen Rechtszustand. Im Bereich der ergänzenden Altersvorsorge kommen die Anpassungsvorschriften grundsätzlich nicht zur Anwendung. Die Nummern 1 bis 5 nennen deshalb nur öffentlich-rechtliche Versorgungsträger. Im Übrigen waren private Versorgungsträger, die sich gemäß § 1 Abs. 2 VAHRG für eine (interne oder externe) Realteilung entschieden hatten, auch nach bislang geltendem Recht von der unmittelbaren Anwendung der §§ 4 bis 9 VAHRG ausgenommen. Die Nummern 1 bis 5 zählen abschließend auf, für welche Regelsicherungssysteme die Vorschriften der §§ 33 bis 38 VersAusglG gelten."
26 
Diese Begründung ist in sich nicht ganz stimmig. Denn bei der Beklagten handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger, der nach der bis zum 31.08.2009 geltenden Rechtslage über § 10 VAHRG in den Geltungsbereich des § 4 VAHRG fiel (s. OLG Hamm, Beschluss vom 17.05.2011 - II-1 UF 192/10 - unveröffentlicht).
27 
Allein wegen dieser Unstimmigkeit ist es jedoch weder geboten noch möglich, die Beklagte etwa als "Beamtenversorgung" i.S.d. § 32 Nr. 1 VersAusglG zu verstehen und das Gesetz entsprechend auszulegen. Der Wortlaut des Gesetzes gibt eine solche Auslegung nicht her. Außerdem kommt in der Gesetzesbegründung vor allem zum Ausdruck, dass § 32 VersAusglG nur die Regelsicherungssysteme erfassen soll; zu diesen gehört die Pensionskasse der Beklagten nicht.
28 
3. § 37 i.V.m. § 32 VersAusglG ist nicht analog auf den Fall der Klägerin anzuwenden. Es fehlt an einer Regelungslücke, da die vorgenannten Vorschriften den Fall der Klägerin eindeutig regeln. Eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes, was Voraussetzung für eine entsprechende Anwendung von § 32 VersAusglG auf die Zusatzversorgung der Beklagten wäre (vgl. dazu auch BGH vom 13.11.2001 Az. X ZR 134/00, Tz 35 und vom 13.3.2003 Az. I ZR 290/00 Tz 24, jeweils m.w.N.), ist aus den o.g. Gründen nicht gegeben (s. VGH München, Urteil vom 15.11.2011 - 21 BV 11.151, juris-Tz. 36; Breuers in: jurisPK-BGB, 5. Aufl., § 32 VersAusglG).
29 
4. § 37 i.V.m. § 32 VersAusglG ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Verstöße gegen das Grundgesetz sind nicht erkennbar.
30 
Das Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 28.02.1980 - 1 BvL 17/77, 1 BvL 7/78, 1 BvL 9/78, 1 BvL 14/78, 1 BvL 15/78, 1 BvL 16/78, 1 BvL 37/78, 1 BvL 64/78, 1 BvL 74/78, 1 BvL 78/78, 1 BvL 100/78, 1 BvL 5/79, 1 BvL 16/79, 1 BvR 807/78 -, BVerfGE 53, 257-313, insbes. juris-Tz. 173 u 175) formulierte in der klägerseits zitierten Entscheidung wie folgt:
31 
 "Der rechtskräftig vollzogene Versorgungsausgleich mit der Folge zweier getrennter Rentenversicherungsverhältnisse kann aber auch durch nachträglich eintretende Umstände zu Ergebnissen führen, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sind. Die Rechtfertigung des Versorgungsausgleichs durch Art 6 Abs 1 GG und Art 3 Abs 2 GG entfällt dann, wenn einerseits beim Verpflichteten eine spürbare Kürzung der Rentenansprüche erfolgt, ohne daß sich andererseits der Erwerb eines selbständigen Versicherungsschutzes angemessen für den Berechtigten auswirkt. In einem solchen Fall erbringt der Verpflichtete ein Opfer, das nicht mehr dem Ausgleich zwischen den geschiedenen Ehegatten dient; es kommt vielmehr ausschließlich dem Rentenversicherungsträger, in der Sache der Solidargemeinschaft der Versicherten, zugute. Dies läßt sich weder mit den Nachwirkungen der Ehe (Art 6 Abs 1 GG) noch mit der Gleichberechtigung der Ehegatten (Art 3 Abs 2 GG) begründen. Eine andere Rechtfertigung ist nicht ersichtlich. Zur Vermeidung solcher ungerechtfertigten Härten muß der Verpflichtete befugt sein, eine nachträgliche Korrektur zu beantragen... Fälle, die nach rechtskräftigem Vollzug des Versorgungsausgleichs grundgesetzwidrig sein können, sind im Zusammenhang mit dem Vorversterben des ausgleichsberechtigten vor dem ausgleichsverpflichteten Ehegatten denkbar."
32 
Daraus schließen einige Autoren auf die Verfassungswidrigkeit des § 32 VersAusglG (Bergner, NJW 2009, 1169 (1174); Bergner., ZRP 2008, 211 (213); Born, NJW 2008, 2289 (2292); Rehme, FuR 2008, 474; Ruland, Versorgungsausgleich, 2. Aufl. (2009), Rdnrn. 863ff.; Ruland, NZS 2008, 225 (237); Ruland NJW 2009, 2781, 2786, FN 47), soweit anpassungsfähige Anrechte nach § 32 VersAusglG nur Anrechte der "Regelsicherungssysteme” (gesetzliche Rentenversicherung, Beamtenversorgung, berufsständische Versorgung, Alterssicherung der Landwirte, Versorgung der Abgeordneten und Regierungsmitglieder) sind, nicht aber Anrechte der betrieblichen oder privaten Vorsorge, so dass - wie hier virulent - die durch die erfolgte Kürzung eines Betriebsrentenanrechts nach dem Tod der ausgleichsberechtigten Person nicht mehr (wie bisher nach § 4 VAHRG) entfallen kann.
33 
Das Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) war im Jahre 1983 in Reaktion auf die zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21.02.1983 geschaffen worden. Durch die Neuregelung im VersAusglG ist indes nicht jede Art von Anpassung bzw. Abänderung abgeschafft worden, sondern auf bestimmte Systeme beschränkt worden. Das Gericht geht in Übereinklang mit der bisher bekannt gewordenen Rechtsprechung (s. VG München, Urteil vom 04.11.2010, M 12 K 10.3273, juris-Tz. 35 ff; bestätigt durch VGH München, Urteil vom 15.11.2011 - 21 BV 11.151, veröffentlicht bei juris; OLG Hamm, Beschluss vom 17.05.2011 - II-1 UF 192/10 - unveröffentlicht; ebenso Dankelmann in: jurisPK-SGB VI, Stand: Juni 2011, § 6 SGB VI, Rn. 95.1) davon aus, dass diese Art der Beschränkung der Anpassungsregelungen noch mit dem Grundgesetz vereinbar ist. § 32 VersAusglG sieht die Vermeidung verfassungswidriger Härten für Regelversicherungssysteme, nicht für die ergänzende Altersvorsorge vor.
34 
a. Es stellt einen sachlichen Differenzierungsgrund im Sinne von Art 3 Abs. 1 GG dar, nur Versorgungen anzupassen, deren Berechtigter lediglich eine einzige Art der Versorgung erhält. Die Klägerin dagegen erhält sowohl aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Versorgung als auch aus der Versorgungsanstalt eine Zusatzversorgung; insoweit liegt eine Ungleichbehandlung nicht vor. Denn die Zusatzversorgung der Beklagten stellt kein alternatives Versorgungssystem zur gesetzlichen Rentenversicherung dar, sondern sie ergänzt die daraus bestehenden Ansprüche lediglich. Auch die Tatsache, dass eine Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten für die Klägerin bestand, ändert ebenso wenig am Charakter der Zusatzversorgung etwas wie deren Finanzierung teilweise durch Beiträge der Versicherten.
35 
Der Gesetzgeber hat bei der Regelung der Möglichkeiten der Anpassung des Versorgungsausgleichs einen weiten Ermessensspielraum. Gemäß amtlicher Begründung (vgl. BT-Drs. 16/10144 S. 71 f) ist die Beschränkung der Anpassungsmöglichkeit auf die Regelsicherungssysteme erfolgt, um so einerseits dem Versicherungsprinzip hinsichtlich der durch die Entscheidung des Familiengerichts geschaffenen getrennten Versorgungsschicksale, andererseits dem Gebot des Bundesverfassungsgerichts in der Entscheidung vom 28. Februar 1980 (BVerfGE 53, 257 bis 313) zur Vermeidung verfassungswidriger Härten gerecht zu werden (vgl. Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch Band 7/2. Halbband 5. Aufl. 2010 RdNrn. 3 und 4 zu Art. 4. Anpassung nach Rechtskraft).
36 
b. Ein Verstoß gegen Art. 14 GG ist ebenfalls nicht erkennbar. Zwar kommen die dem Ehemann übertragenen Anrechte nun weder der Klägerin noch ihrem Ehemann zu Gute. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass mit der Abwicklung des Versorgungsausgleichs die Anrechte ohnehin aus dem Vermögen der Klägerin in das Vermögen des Ehemanns geflossen sind, so dass sie nicht mehr die Klägerin zustanden. Es verstößt nicht gegen Art. 14 GG, wenn der Gesetzgeber die Möglichkeit schafft, die übertragenen Anrechte nur unter bestimmten (engen) Voraussetzungen wieder an den Verpflichteten zurück zu übertragen (VGH München, Urteil vom 15.11.2011 - 21 BV 11.151, juris-Tz. 41).
37 
c. Soweit eine "unechte Rückwirkung" oder eine "tatbestandliche Rückanknüpfung" vorliegen sollten, stößt dies nicht auf Bedenken aus dem Rechtsstaatsprinzip. Denn unechte Rückwirkungen oder tatbestandliche Rückanknüpfungen sind grundsätzlich möglich. Im vorliegenden Fall hat sich die Gesetzeslage zwar erheblich zum Nachteil der Klägerin geändert. Bei einer Interessen- und Güterabwägung unter Berücksichtigung des Vertrauensschutzes, der Grundrechte und von Sinn und Zweck des Gesetzes ist dem Betroffenen Vertrauensschutz dann zu gewähren, wenn sein schutzwürdiges Vertrauen auf den bisherigen Rechtszustand überwiegt. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin in die von ihm begehrte Handhabung konnte indes gar nicht entstehen. Geschütztes Vertrauen hätte nur hinsichtlich derjenigen Berechnungsgrößen entstanden sein können, die bis zur Umstellung sicher feststanden (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 2. Dezember 2009 - IV ZR 279/07, Tz 20 unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 14. November 2007 aaO. Tz. 54 ff, 57; LG Karlsruhe, Urteil v. 10.06.2011 - 6 O 12/11). Indes verstarb der geschiedene Ehemann der Klägerin erst nach dem Umstellungsstichtag des Gesetzes.
38 
Mithin ist weder die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht im Rahmen eines konkreten Normenkontrollverfahrens noch eine - ggf. auch ohne Rücksicht auf den Gesetzeswortlaut - erfolgende verfassungskonforme Auslegung nötig oder möglich.
39 
5. Der Klage ist auch nicht aus anderen Gründen stattzugeben. Insbesondere ergibt die Abwägung der gesamten Fallumstände nicht, dass zu Lasten der Klägerin von einer individuellen, unverhältnismäßigen Härte auszugehen wäre, der gegebenenfalls durch eine Korrektur im Rahmen des § 242 BGB Rechnung zu tragen ist.
40 
Ein so erheblicher Nachteil, dass eine anderweitige Berechnung der klägerischen Betriebsrente geboten sein könnte, ist nicht ersichtlich.
41 
Es ist schon fraglich, ob der Kürzungsbetrag von 32,35 DM eine nicht unerheblich Einbuße darstellt. Selbst wenn dies der Fall wäre, trägt jedenfalls die Höhe der Einbuße allein eine korrigierende Einzelfallentscheidung gemäß § 242 BGB nicht (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 2. Dezember 2009 - IV ZR 279/07).
42 
Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
II.
43 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
44 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
45 
Die Revision ist zuzulassen, da die Rechtssache aufgrund der Vielzahl der betroffenen Versicherten grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, nachdem eine höchstrichterliche Entscheidung der Fragen einer entsprechenden Anwendung der §§ 32, 37 VersAusglG für die Zusatzversorgung des Bundes und der Länder sowie zu Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift bislang nicht vorliegt, §§ 543 Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO. Die Rechtsprechung der Kammer steht zwar - soweit ersichtlich - im Einklang mit der überwiegenden Rechtsprechung. Anderseits sind erhebliche abweichende Stimmen vorhanden, die § 32 VersAusglG für verfassungswidrig halten.

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