Urteil vom Landgericht Karlsruhe - 6 S 15/12

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des AG Karlsruhe vom 16.10.2012 - 2 C 78/12 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

 
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
A.
(§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO):
Wegen des Parteivorbringens in erster Instanz und der dort getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Lediglich zur Ergänzung wird folgendes angemerkt:
Der Kläger begehrt die Rückübertragung der im Wege des Versorgungsausgleichs zu Gunsten der Rentenversicherung seiner geschiedenen, zwischenzeitlich verstorbenen Ehefrau begründeten Rentenanwartschaften.
Der am xx. xx. 1954 geborene Kläger ist als Beschäftigter im öffentlichen Dienst bei der Beklagten pflichtversichert. Die beklagte Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) hat die Aufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren.
Die Ehe des Klägers wurde durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - P. vom 17. November 2008 - 15 F xxx - geschieden. Zudem wurde der Versorgungsausgleich dahingehend durchgeführt, dass zu Lasten der Anwartschaft des Klägers bei der Beklagten auf das Versicherungskonto der geschiedenen Ehefrau eine monatliche Anwartschaft begründet wurde. Mit Schreiben vom 19. Februar 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass seine zukünftige Betriebsrente wegen dieses Versorgungsausgleichs von Beginn an um EUR 31,31 gekürzt werde.
Die geschiedene Ehefrau des Klägers ist am xx. xx. 2011 verstorben, bevor sie eine Betriebsrente bei der Beklagten in Anspruch nahm. Daraufhin beantragte der Kläger bei der Beklagten mit Schreiben vom 01. August 2011 die Rückübertragung seiner auf die Ehefrau übertragenen Rentenanwartschaften (I 5). Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom 24. August 2011 mit der Begründung ab, dass das seit 01. September 2009 geltende Gesetz über den Versorgungsausgleich (VersAusglG) eine Anpassung der Kürzung wegen Todes der ausgleichsberechtigten Person für Anrechte aus der betrieblichen Altersversorgung nicht mehr vorsehe (I 7).
Der Kläger war der Auffassung, dass § 4 VAHRG nach wie vor zu seinen Gunsten Anwendung finde, weshalb er zum Amtsgericht Karlsruhe Klage erhob mit dem Antrag,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger bei Fälligkeit eine ungekürzte Betriebsrente nach den gesetzlichen Voraussetzungen zu gewähren.
10 
Das Amtsgericht wies in seiner Entscheidung vom 16. Oktober 2012 ( I. 53) die Klage mit der Begründung ab, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Neuberechnung seiner Betriebsrente gemäß §§ 37, 38 VersAusglG habe, da die dem Kläger geschuldete Betriebsrente nicht zu den anpassungsfähigen Rechten im Sinne des nunmehr anwendbaren § 32 VersAusglG gehöre. Eine analoge Anwendung des § 37 VersAusglG scheide mangels bestehender Regelungslücke aus. Die Vorschrift sei verfassungsgemäß.
11 
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren vollumfänglich mit der Begründung weiter, § 32 VersAusglG sei verfassungswidrig.
12 
Unter Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils vom 16. Oktober 2012 – 2 C 78/412 - beantragt er,
13 
die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger bei Fälligkeit eine ungekürzte Betriebsrente nach den gesetzlichen Voraussetzungen zu gewähren.
14 
Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
16 
Die Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
17 
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
B.
18 
(§ 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO):
19 
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
I.
20 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückübertragung der im Wege des Versorgungsausgleichs übertragenen Rentenanteile (vgl. LG Karlsruhe, Urteile vom 13. Juli 2012 - 6 S 3/12, vom 12. Oktober 2012 - 6 O 143/12, vom 23. Dezember 2011, 6 O 133/11 sowie 6 O 382/10, bestätigt durch OLG Karlsruhe, Urteil vom 03. Mai 2012, 12 U 9/12; so auch: BGH, Beschluss vom 7. November 2012 - XII ZB 271/12, in FamRZ 2013, 189; OLG Hamm, Beschluss vom 17. Mai 2011 - II-1 UF 192/10 - unveröffentlicht; LG München, Urteil vom 01. März 2012, 30 S 14722/11; VG München, Urteil vom 04. November 2010, M 12 K 10.3273, juris-Tz. 35 ff; bestätigt durch VGH München, Urteil vom 15. November 2011 - 21 BV 11.151, veröffentlicht bei juris; Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss des BVerwG vom 31. Mai 2012 - 8 B 6/12 zurückgewiesen; Dankelmann in: jurisPK-SGB VI, Stand: Juni 2011, § 6 SGB VI, Rn. 95.1).
21 
1. Der Kläger hat aus § 4 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich vom (im Folgenden: VAHRG) keinen Anspruch auf Rückübertragung der im Wege des Versorgungsausgleichs übertragenen Anrechte. Gem. § 4 Abs. 1 VAHRG wird die Versorgung des Verpflichteten oder seiner Hinterbliebenen nicht auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzt, wenn ein Versorgungsausgleich gem. § 1587b Abs. 1 oder 2 BGB durchgeführt wurde und der Berechtigte vor seinem Tod keine Leistungen aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht erhalten hat. Diese Vorschrift ist auf den Kläger nicht mehr anwendbar, da sie zum 31. August 2009 außer Kraft getreten ist und der Antrag des Klägers nicht vor dem 1. September 2009 beim Versorgungsträger eingegangen ist, § 49 VersAusglG.
22 
2. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich nicht unmittelbar aus § 37 des Gesetzes über den Versorgungsausgleich vom 1. September 2009, BGBl. 2009,700 (im Folgenden: VersAusglG). Die Vorschrift sieht vor, dass ein Anrecht der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag nicht länger auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzt wird, wenn die ausgleichsberechtigte Person gestorben ist, § 37 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG. Beiträge, die zur Abwendung der Kürzung oder zur Begründung von Anrechten zugunsten der ausgleichsberechtigten Person gezahlt wurden, sind unter Anrechnung der gewährten Leistungen an die ausgleichspflichtige Person zurückzuzahlen, § 37 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG.
23 
Die Vorschrift des § 37 VersAusglG ist auf die Versorgungsanteile des Klägers nicht anwendbar. Gemäß § 32 VersAusglG gelten die Vorschriften der §§ 33 bis 38 VersAusglG, also auch § 37 VersAusglG, nur für in § 32 VersAusglG unter Nr. 1 bis 5 aufgeführte Anrechte.
24 
Nach der Begründung zum Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG; BT-Drs.16/10144, zu § 32, US 71/72) sind die Vorschriften zur Vermeidung verfassungswidriger Härten obligatorisch nur für die Regelsicherungssysteme vorgesehen. Im Bereich der ergänzenden Altersvorsorge kommen die Anpassungsvorschriften grundsätzlich nicht zur Anwendung. Die von der Beklagten gewährte Versorgung ist eine ist vielmehr eine ergänzende Versorgung zur gesetzlichen Rentenversicherung, so dass die Vorschrift des § 37 VersAusglG nicht anwendbar ist.
25 
Die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs ist an der gleichen Stelle jedoch ungenau, soweit es um die Abgrenzung der öffentlich-rechtlichen von den privaten Versorgungsträgern geht. Es heißt dort:
26 
„Die Vorschriften zur Vermeidung verfassungswidriger Härten sind nach § 32 VersAusglG obligatorisch nur für die Regelsicherungssysteme vorgesehen. Insoweit bleibt es beim bisherigen Rechtszustand. Im Bereich der ergänzenden Altersvorsorge kommen die Anpassungsvorschriften grundsätzlich nicht zur Anwendung. Die Nummern 1 bis 5 nennen deshalb nur öffentlich-rechtliche Versorgungsträger. Im Übrigen waren private Versorgungsträger, die sich gemäß § 1 Abs. 2 VAHRG für eine (interne oder externe) Realteilung entschieden hatten, auch nach bislang geltendem Recht von der unmittelbaren Anwendung der §§ 4 bis 9 VAHRG ausgenommen. Die Nummern 1 bis 5 zählen abschließend auf, für welche Regelsicherungssysteme die Vorschriften der §§ 33 bis 38 VersAusglG gelten.“
27 
Diese Begründung ist in sich nicht ganz stimmig. Denn bei der Beklagten handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger, der nach der bis zum 31.08.2009 geltenden Rechtslage über § 10 VAHRG in den Geltungsbereich des § 4 VAHRG fiel (s. OLG Hamm, Beschluss vom 17.05.2011 - II-1 UF 192/10 - unveröffentlicht).
28 
Allein wegen dieser Unstimmigkeit ist es jedoch weder geboten noch möglich, die Beklagte etwa als „Beamtenversorgung“ i.S.d. § 32 Nr. 1 VersAusglG zu verstehen und das Gesetz entsprechend auszulegen. Der Wortlaut des Gesetzes gibt eine solche Auslegung nicht her. Außerdem kommt in der Gesetzesbegründung vor allem zum Ausdruck, dass § 32 VersAusglG nur die Regelsicherungssysteme erfassen soll; zu diesen gehört die Pensionskasse der Beklagten nicht.
29 
3. § 37 i.V.m. § 32 VersAusglG ist nicht analog auf den Fall des Klägers anzuwenden. Es fehlt an einer Regelungslücke, da die vorgenannten Vorschriften den Fall des Klägers eindeutig regeln. Eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes, was Voraussetzung für eine entsprechende Anwendung von § 32 VersAusglG auf die Zusatzversorgung der Beklagten wäre (vgl. dazu auch BGH vom 13.11.2001 Az. X ZR 134/00, Tz 35 und vom 13.3.2003 Az. I ZR 290/00 Tz 24, jeweils m.w.N.), ist aus den o.g. Gründen nicht gegeben (s. VGH München, Urteil vom 15.11.2011 - 21 BV 11.151, juris-Tz. 36; Breuers in: jurisPK-BGB, 5. Aufl., § 32 VersAusglG).
30 
4. § 37 i.V.m. § 32 VersAusglG ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Verstöße gegen das Grundgesetz sind nicht erkennbar.
31 
Das Bundesverfassungsgericht (vgl. Urteil vom 28.02.1980 - 1 BvL 17/77, 1 BvL 7/78, 1 BvL 9/78, 1 BvL 14/78, 1 BvL 15/78, 1 BvL 16/78, 1 BvL 37/78, 1 BvL 64/78, 1 BvL 74/78, 1 BvL 78/78, 1 BvL 100/78, 1 BvL 5/79, 1 BvL 16/79, 1 BvR 807/78 -, BVerfGE 53, 257-313, insbes. juris-Tz. 173 u 175) formulierte in der klägerseits zitierten Entscheidung wie folgt:
32 
„Der rechtskräftig vollzogene Versorgungsausgleich mit der Folge zweier getrennter Rentenversicherungsverhältnisse kann aber auch durch nachträglich eintretende Umstände zu Ergebnissen führen, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sind. Die Rechtfertigung des Versorgungsausgleichs durch Art 6 Abs 1 GG und Art 3 Abs 2 GG entfällt dann, wenn einerseits beim Verpflichteten eine spürbare Kürzung der Rentenansprüche erfolgt, ohne daß sich andererseits der Erwerb eines selbständigen Versicherungsschutzes angemessen für den Berechtigten auswirkt. In einem solchen Fall erbringt der Verpflichtete ein Opfer, das nicht mehr dem Ausgleich zwischen den geschiedenen Ehegatten dient; es kommt vielmehr ausschließlich dem Rentenversicherungsträger, in der Sache der Solidargemeinschaft der Versicherten, zugute. Dies läßt sich weder mit den Nachwirkungen der Ehe (Art 6 Abs 1 GG) noch mit der Gleichberechtigung der Ehegatten (Art 3 Abs 2 GG) begründen. Eine andere Rechtfertigung ist nicht ersichtlich. Zur Vermeidung solcher ungerechtfertigten Härten muß der Verpflichtete befugt sein, eine nachträgliche Korrektur zu beantragen... Fälle, die nach rechtskräftigem Vollzug des Versorgungsausgleichs grundgesetzwidrig sein können, sind im Zusammenhang mit dem Vorversterben des ausgleichsberechtigten vor dem ausgleichsverpflichteten Ehegatten denkbar.“
33 
Daraus schließen einige Autoren auf die Verfassungswidrigkeit des § 32 VersAusglG (vgl. Bergner, NJW 2009, 1169 (1174); Bergner., ZRP 2008, 211 (213); Born, NJW 2008, 2289 (2292); Rehme, FuR 2008, 474; Ruland, Versorgungsausgleich, 2. Aufl. (2009), Rdnrn. 863ff.; Ruland, NZS 2008, 225 (237); Ruland NJW 2009, 2781, 2786, FN 47), soweit anpassungsfähige Anrechte nach § 32 VersAusglG nur Anrechte der „Regelsicherungssysteme” (gesetzliche Rentenversicherung, Beamtenversorgung, berufsständische Versorgung, Alterssicherung der Landwirte, Versorgung der Abgeordneten und Regierungsmitglieder) sind, nicht aber Anrechte der betrieblichen oder privaten Vorsorge, so dass - wie hier virulent - die durch die erfolgte Kürzung eines Betriebsrentenanrechts nach dem Tod der ausgleichsberechtigten Person nicht mehr (wie bisher nach § 4 VAHRG) entfallen kann.
34 
Auch nach dem OLG Schleswig-Holstein (Vorlagebeschluss an das BVerfG, FamRZ 2012, 1388, veröffentlicht bei juris) ist die Beschränkung der anpassungsfähigen Rechte auf die in § 32 VersAusglG genannten Versorgungen mit Art. 14 Abs. 1 GG unvereinbar.
35 
Das Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) war im Jahre 1983 in Reaktion auf die zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21.02.1983 geschaffen worden. Durch die Neuregelung im VersAusglG ist indes nicht jede Art von Anpassung bzw. Abänderung abgeschafft worden, sondern auf bestimmte Systeme beschränkt worden. Das Gericht geht in Übereinklang mit der bisher bekannt gewordenen Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 7. November 2012 - XII ZB 271/12, in FamRZ 2013, 189; OLG Hamm, Beschluss vom 17. Mai 2011 - II-1 UF 192/10 - unveröffentlicht; LG München, Urteil vom 01. März 2012, 30 S 14722/11; VG München, Urteil vom 04.11.2010, M 12 K 10.3273, juris-Tz. 35 ff; bestätigt durch VGH München, Urteil vom 15.11.2011 - 21 BV 11.151, veröffentlicht bei juris;) davon aus, dass diese Art der Beschränkung der Anpassungsregelungen noch mit dem Grundgesetz vereinbar ist. § 32 VersAusglG sieht die Vermeidung verfassungswidriger Härten für Regelversicherungssysteme, nicht für die ergänzende Altersvorsorge vor.
36 
a. Es stellt einen sachlichen Differenzierungsgrund im Sinne von Art 3 Abs. 1 GG dar, nur Versorgungen anzupassen, deren Berechtigter lediglich eine einzige Art der Versorgung erhält. Der Kläger dagegen erhält sowohl aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Versorgung als auch aus der Versorgungsanstalt eine Zusatzversorgung; insoweit liegt eine Ungleichbehandlung nicht vor. Denn die Zusatzversorgung der Beklagten stellt kein alternatives Versorgungssystem zur gesetzlichen Rentenversicherung dar, sondern sie ergänzt die daraus bestehenden Ansprüche lediglich. Auch die Tatsache, dass eine Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten für den Kläger bestand, ändert ebenso wenig am Charakter der Zusatzversorgung etwas wie deren Finanzierung teilweise durch Beiträge der Versicherten.
37 
Der Gesetzgeber hat bei der Regelung der Möglichkeiten der Anpassung des Versorgungsausgleichs einen weiten Ermessensspielraum. Gemäß amtlicher Begründung (vgl. BT-Drs. 16/10144 S. 71 f) ist die Beschränkung der Anpassungsmöglichkeit auf die Regelsicherungssysteme erfolgt, um so einerseits dem Versicherungsprinzip hinsichtlich der durch die Entscheidung des Familiengerichts geschaffenen getrennten Versorgungsschicksale, andererseits dem Gebot des Bundesverfassungsgerichts in der Entscheidung vom 28. Februar 1980 (BVerfGE 53, 257 bis 313) zur Vermeidung verfassungswidriger Härten gerecht zu werden (vgl. Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch Band 7/2. Halbband 5. Aufl. 2010 RdNrn. 3 und 4 zu Art. 4. Anpassung nach Rechtskraft).
38 
b. Ein Verstoß gegen Art. 14 GG ist ebenfalls nicht erkennbar. Zwar kommen die der Ehefrau übertragenen Anrechte nun weder dem Kläger noch seiner Ehefrau zu Gute. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass mit der Abwicklung des Versorgungsausgleichs die Anrechte ohnehin aus dem Vermögen des Klägers in das Vermögen der Ehefrau geflossen sind, so dass sie nicht mehr dem Kläger zustanden. Es verstößt nicht gegen Art. 14 GG, wenn der Gesetzgeber die Möglichkeit schafft, die übertragenen Anrechte nur unter bestimmten (engen) Voraussetzungen wieder an den Verpflichteten zurück zu übertragen (VGH München, Urteil vom 15.11.2011 - 21 BV 11.151, juris-Tz. 41).
39 
c. Soweit eine „unechte Rückwirkung“ oder eine „tatbestandliche Rückanknüpfung“ vorliegen sollten, stößt dies nicht auf Bedenken aus dem Rechtsstaatsprinzip. Denn unechte Rückwirkungen oder tatbestandliche Rückanknüpfungen sind grundsätzlich möglich. Im vorliegenden Fall hat sich die Gesetzeslage zwar erheblich zum Nachteil des Klägers geändert. Bei einer Interessen- und Güterabwägung unter Berücksichtigung des Vertrauensschutzes, der Grundrechte und von Sinn und Zweck des Gesetzes ist dem Betroffenen Vertrauensschutz dann zu gewähren, wenn sein schutzwürdiges Vertrauen auf den bisherigen Rechtszustand überwiegt. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers in die von ihm begehrte Handhabung konnte indes gar nicht entstehen. Geschütztes Vertrauen hätte nur hinsichtlich derjenigen Berechnungsgrößen entstanden sein können, die bis zur Umstellung sicher feststanden (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 2. Dezember 2009 - IV ZR 279/07, Tz 20 unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 14. November 2007 aaO. Tz. 54 ff, 57; LG Karlsruhe, Urteil v. 10.06.2011 - 6 O 12/11). Indes hat der Kläger den Antrag auf Anpassung wegen Todes erst nach dem Umstellungsstichtag des Gesetzes gestellt.
40 
Mithin ist weder die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht im Rahmen eines konkreten Normenkontrollverfahrens noch eine - ggf. auch ohne Rücksicht auf den Gesetzeswortlaut - erfolgende verfassungskonforme Auslegung nötig oder möglich.
41 
5. Der Berufung ist auch nicht aus anderen Gründen stattzugeben. Insbesondere ergibt die Abwägung der gesamten Fallumstände nicht, dass zu Lasten des Klägers von einer individuellen, unverhältnismäßigen Härte auszugehen wäre, der gegebenenfalls durch eine Korrektur im Rahmen des § 242 BGB Rechnung zu tragen ist.
42 
Ein so erheblicher Nachteil, dass eine anderweitige Berechnung der klägerischen Betriebsrente geboten sein könnte, ist nicht ersichtlich.
43 
Es ist schon zweifelhaft, ob der Kürzungsbetrag in Höhe von EUR 31,31 eine erhebliche Einbuße darstellt. Unabhängig davon trägt die Höhe der Einbuße allein jedenfalls eine korrigierende Einzelfallentscheidung gemäß § 242 BGB nicht (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 2. Dezember 2009 - IV ZR 279/07).
44 
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
II.
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
46 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
47 
Die Revision ist zuzulassen, da die Rechtssache aufgrund der Vielzahl der betroffenen Versicherten grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, nachdem eine höchstrichterliche Entscheidung der Fragen einer entsprechenden Anwendung der §§ 32, 37 VersAusglG für die Zusatzversorgung des Bundes und der Länder sowie zu Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift bislang nicht vorliegt, §§ 543 Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO. Die Rechtsprechung der Kammer steht zwar - soweit ersichtlich - im Einklang mit der überwiegenden Rechtsprechung. Anderseits sind erhebliche abweichende Stimmen vorhanden, die § 32 VersAusglG für verfassungswidrig halten.

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