Urteil vom Landgericht Wuppertal - 17 O 97/12
Tenor
Die Beklagten zu 1) und 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 388.674,41 EUR zu zahlen, die Beklagte zu 1) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20. April 2012, die Beklagte zu 3) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Mai 2012.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Klägerin 74 % und die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner 26 %. Die Klägerin trägt 100 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und jeweils 48 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 3). Im Übrigen tragen die Beklagten zu 1) und 3) ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin nimmt die Beklagten aus übergegangenem Recht im Wege des Gesamtschuldnerregresses in Anspruch.
3Die Klägerin ist die Haftpflichtversicherung der Architekten E3 GbR (Bl. 35, 194 ff. AB; im Folgenden: E3 GbR). 1991 beauftragte Herr N2 die E3 GbR mit den Architektenleistungen Leistungsphasen 1 bis 9 für das Bauvorhaben Xx 9-13 in V. Die E3 GbR war u.a. zur Bauüberwachung und zur Koordinierung der Prüfungsleistungen der Sonderfachleute verpflichtet.
4Die Beklagte zu 1) war als Bauleitungs- und Planungsbüro mit den Fachingenieurleistungen der Leistungsphasen 1 bis 8 für die gesamte technische Gebäudeausrüstung beauftragt. Sie erstellte im August 1992 ein Leistungsverzeichnis „RLT-Anlagen“ (Bl. 958 ff. BA), das u.a. die Positionen „fach- und sachgerechtes Einmauern von Brandschutzklappen“ und „fach- und sachgerechtes Anarbeiten von Leichtbauwänden an Brandschutzklappen“ (Bl. 972 BA) enthielt.
5Die B2 GmbH (im Folgenden: ABB Y GmbH) bot im September 1992 die Erstellung der ausgeschriebenen „RLT-Anlagen“ für 1.290.364,20 DM netto an und erhielt 1993 den Auftrag. Die ABB Y GmbH erbrachte in der Folgezeit einen Teil der ausgeschriebenen Leistungen. Unter dem 7. und 9. Juni sowie 25. Oktober 1993 erstellte sie „Aufstellung[en] der elektr. Verbraucher/Aggregate“ (Bl. 134 ff. AB), in denen insgesamt 362 Brandschutzklappen aufgeführt sind: 47 im KG, 45 im EG, 6 im 1. OG, 63 im 2. OG, 55 im 3. OG, 58 im 4. OG, 43 im 5. OG, 37 im 6. OG, 3 im 7. OG und 5 im 8. OG. 1994 wurde das Vertragsverhältnis gekündigt und am 30. Mai 1994 eine Abnahme durchgeführt (Bl. 174 ff. AB). Am 11. Juli 1994 fand ein Gespräch zwischen der E3 GbR, der Beklagten zu 1), der ABB Y GmbH und der Beklagten zu 3) - damals firmierend unter E2 & Q GmbH - statt. Die Beklagte zu 1) erstellte eine Aktennotiz (Bl. 21 f. AB), die auszugsweise folgenden Inhalt hatte:
6„Die Firma ABB-Y wird die Geschosse EG (Laden 1; 10; 11) sowie das 7. und 8. OG fertigstellen. […] Danach endet das Vertragsverhältnis mit dem Bauherrn.
7Weiterführende Firma wird E2 & Partner GmbH, L sein, welche die Restarbeiten für die Geschosse 1, 2, 3, 5 und 6 durchführt. Ein Vertragsverhältnis mit dem Bauherrn existiert noch nicht.
8Die Firma ABB-Y wird sämtliche noch fehlenden Feuerschutzklappen in den Geschossen 1, 2, 3, 5 und 6 elektrisch anschließen und aufschalten. Die Montage der Feuerschutzklappen erfolgt jedoch durch die Firma E2 & Partner.
9Schnittpunkt für die Übergabe der Montagearbeiten wird seitens der Firma ABB-Y vorgegeben. […]
10Nach Abschluß aller Arbeiten erklärt sich die Firma ABB-Y bereit eine endgültige Einregulierung der RLT-Anlagen gegen entsprechende Kostenerstattung durchzuführen.“
11Die ABB Y GmbH teilte der Beklagten zu 3) mit Schreiben vom 18. Juli 1994 (Bl. 23 f. AB) u.a. mit, dass sich noch 84 Brandschutzklappen auf der Baustelle befänden. Die Beklagte zu 1) bat die E3 GbR mit Schreiben vom 27. September 1994 (Bl. 30 AB) wegen der fehlenden Revisionsöffnungen um einen Ortstermin mit der ABB Y GmbH und der später in die Insolvenz gefallenen Firma P und N mbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin). Mit anwaltlichem Schreiben vom 19. Oktober 1994 (Bl. 178 AB) erklärte die Beklagte zu 1) gegenüber Herrn N2 die sofortige Kündigung aus wichtigem Grund. Die Beklagte zu 3) richtete unter dem 4. November 1994 (Bl. 25 f. AB) ein Schreiben an Herrn N2, das auszugsweise wie folgt lautete:
12„Der Leistungsschnittpunkt wurde in der Aktennotiz vom 11.07.94 festgehalten. […] Alle regeltechnischen Komponenten, Anlagenteile sowie Anschlüsse, insbesondere an Geräte, Feuerschutzklappen und sonstigen werden von der Firma Y übernommen. (wegen Gewährleistung) Alle mechanischen Elemente ab Leistungsschnittpunkt werden von uns durchgeführt. […]
13Sofern wir bis 04.11. keinen Auftrag von Ihnen erhalten, sind die Termine nicht einzuhalten“
14Die letzten datierten Eintragungen der ABB Y GmbH in den „Aufstellung[en] der elektr. Verbraucher/Aggregate“ stammen vom 11. November 1994. Unter dem 1. Dezember 1994 führte die Beklagte zu 1) eine (weitere) Abnahme der Leistungen der ABB Y GmbH durch (Bl. 171 ff. AB). Die ABB Y GmbH rechnete unter dem 23. Dezember 1994 (AB) 1.625.195,81 DM netto zzgl. der Nachträge ab. In den Kosten für den Hauptauftrag waren insgesamt 396 Brandschutzklappen enthalten, 94 mit dem Zusatz „nur Lieferung“. In den zusätzlichen Kosten für die Nachträge waren weitere 67 Brandschutzklappen aufgeführt. Die Beklagte zu 3) teilte mit am 10. Februar 1995 bei Herrn N2 eingegangenem Schreiben (Bl. 27 AB) mit:
15„Betr.: Projekt Xx[…] (Lüftung) Geschoß 1, 2, 3, 5 […]
16Vielen Dank für den erteilten Auftrag. Die kompletten Lüftungsanlagen in o.g. Geschossen werden von uns ausgeführt. […] Der Leistungsschnitt wurde bereits festgelegt. Die geschätzte Auftragssumme beläuft sich auf ca. DM 500.000,00 netto.“
17Die Insolvenzschuldnerin führte im Januar und März 1995 Nacharbeiten an einigen Ausschnitten in den Gipskartonwänden für Abdeckungen von Lüftungskanälen und Brandschutzklappen im 3. und 5. OG durch. Die Beklagte zu 3) erbrachte Arbeiten an den Lüftungsanlagen und erteilte unter dem 29. Juni 1995 die Schlussrechnung (Bl. 201 ff. AB) über 580.875,89 DM netto. Dieser Betrag enthielt u.a. die Kosten für 58 Brandschutzklappen. In der Schlussrechnungsprüfung der E3 GbR vom 15. September 1995 (Bl. 3 f. AB) war als Gewährleistungszeitraum „30.08.1995 bis 29.08.2000“ angegeben. Anfang 1996 übersandte Herr N2 der Beklagten zu 3) eine Mängelliste, worauf die Beklagte zu 3) Mängelbeseitigungsarbeiten durchführte. Mit Schreiben vom 15. März 1996 informierte die Beklagte zu 1) Herrn N2 über die erfolgte Mängelbeseitigung und bat ihn um Auszahlung des zunächst von der Schlussrechnung der Beklagten zu 3) einbehaltenen Restbetrags sowie um schriftliche Bestätigung der weiteren Vorgehensweise bezüglich der vergessenen Volumenstromregler (Bl. 5 AB). Die Beklagte zu 3) nahm Herrn N2 vor dem Amtsgericht Wuppertal, Az. 36 C 330/96, auf Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten und Begleichung einer Rechnung über Volumenstromregler in Anspruch. Das Verfahren wurde durch Vergleich beendet.
18Die Insolvenzschuldnerin war mit den Trockenbauarbeiten (inkl. des Herstellens der Revisionsöffnungen) beauftragt. Das Gewerk „abgehängte Decken und Gipskartontrennwände“ wurde am 29. Juli 1996 (Bl. 180 f. AB) von der E3 GbR abgenommen. Über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin wurde 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet und der (ehemalige) Beklagte zu 4) zum Insolvenzverwalter bestellt.
19Noch vor der Fertigstellung des Objekts in 1997 war es im Oktober 1996 unter Abtretung sämtlicher Gewährleistungsansprüche an die J GmbH (im Folgenden: III GmbH) veräußert worden (Bl. 48 ff. BA). Die gemäß § 2 TPrüfVO NRW vorgeschriebene Erstprüfung der lüftungstechnischen Anlagen durch einen Prüfsachverständigen fand nicht statt. Unter dem 28. November 1997 (Bl. 19 AB) teilte die Beklagte zu 1) Herrn N2 u.a. Folgendes mit:
20„Überprüfung Brandschutzklappen Anlage 2.-6. Obergeschoß
21Die gemäß Besprechung vom 7. Oktober 1997 festgelegten Mängelbeseitigungen entspr. Auflistung ABB-Y vom 22.09.97 wurden, soweit sie Firma ABB-Y betrafen (Funktionsprüfung von Brandschutzklappen), bis auf vier Punkte erledigt.
22Bei den vier noch offenen Punkten handelt es sich um den Funktionsnachweis an Brandschutzklappen, die aufgrund fehlender Revisionsöffnungen in den Abhangdecken nach wie vor nicht zugängig sind.“
23Mit Schreiben vom 5. Dezember 1997 (Bl. 18 AB) informierte die B GmbH Herrn N2 über die Abstellung der angezeigten Mängel. Im November/Dezember 2000 wurde die gemäß § 2 TPrüfVO NRW vorgeschriebene wiederkehrende Prüfung der lüftungstechnischen Anlagen durchgeführt. Der mit der Prüfung beauftragte Sachverständige W stellte zahlreiche Mängel fest und setzte der III GmbH eine Frist zur Beseitigung der Mängel bis zum 31. März 2002. Nach dem Prüfbericht waren 339 von insgesamt 380 Brandschutzklappen mangelhaft: 30 (von 44) im KG, 31 (von 38) im EG, 31 (von 43) im 1. OG, 61 (von 62) im 2. OG, 54 (von 55) im 3. OG, 52 (von 55) im 4. OG, 43 (von 44) im 5. OG, 30 (von 31) im 6. OG, 2 (von 3) im 7. OG und 5 (von 5) im 8. OG. Bei 12 Brandschutzklappen (6 im EG, 3 im 2. und 3. OG und 3 im KG und 4. OG) fehlte die Revisionsöffnung. Insgesamt 74 Brandschutzklappen waren nicht ordnungsgemäß an das Brandmeldetableau angeschlossen: 15 im EG, 47 im 1., 2., 3. und 5. OG und 12 im KG. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Prüfberichts vom 16. April 2001 (Bl. 37 ff. AB) Bezug genommen.
24Die III GmbH leitete den Prüfbericht an die E3 GbR weiter und forderte diese zum Tätigwerden auf. Als es in der Folgezeit trotz entsprechender Mängelbeseitigungsaufforderungen der E3 GbR (Bl. 11 ff. AB) nicht zu einer Mängelbeseitigung kam, ließ die III GmbH die Mängel selbst beseitigen und nahm die E3 GbR vor dem Landgericht Düsseldorf (Az. 2a 273/01) auf Schadensersatz in Höhe von 446.923,02 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen in Anspruch. Mit am 24. Juli 2003 zugestelltem Schriftsatz verkündete die E3 GbR der hiesigen Beklagten zu 1), der Rechtsvorgängerin der hiesigen Beklagten zu 2) - der B AG -, der hiesigen Beklagten zu 3) sowie der Insolvenzschuldnerin den Streit. Die Rechtsvorgängerin der hiesigen Beklagten zu 2) trat dem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 4. September 2003 (Bl. 143 f. BA) auf Seiten der E3 GbR bei und kündigte Klageabweisungsantrag an. In der Folgezeit beteiligte sie sich weiter am Verfahren (u.a. Schriftsätze vom 20. Januar, 14. Oktober und 30. November 2004 sowie 7. Juni 2005, Bl. 172, 200 f., 223 f., 244 BA). Die hiesige Beklagte zu 3) behauptete mit Schriftsatz vom 4. Juli 2005 (Bl. 253 f. BA), ursprünglich sei die Firma „YY“ mit der Erbringung der Arbeiten beauftragt gewesen. Die Rechtsvorgängerin der hiesigen Beklagten zu 2) wies mit Schriftsatz vom 22. September 2005 (Bl. 281 BA) bezüglich der Möglichkeit einer gütlichen Beilegung des Rechtsstreits darauf hin, dass die ABB Y GmbH an dem Bauvorhaben nur äußerst geringe Leistungsteile erbracht habe und ergänzte in einem Klammerzusatz, dass sie nicht Gesamtrechtsnachfolgerin der ABB Y GmbH sei. Neben weiteren Schriftsätzen zum Verfahren (Bl. 295 f., 352 f., 402, 528 f., 546 BA) bat sie 2006 (Bl. 358 f., 485 BA) und 2009 (Bl. 596 f. BA) um Rubrumsberichtigung in B GmbH bzw. GTE Gebäude- und F GmbH & Co. KG. Das Landgericht Düsseldorf erhob u.a. Beweis über das Vorliegen von Mängeln und die Höhe der Mängelbeseitigungskosten. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Bitter vom 18. April 2005 und seinem ersten Ergänzungsgutachten vom 1. Oktober 2007 (Bl. 506 ff. BA) lagen folgende Mängel vor:
25- 26
12 Brandschutzklappen waren nicht zugänglich, weil die notwendigen Revisionsöffnungen in der Decke fehlten.
- 27
90 Brandschutzklappen waren nicht ordnungsgemäß in die jeweilige Wand eingemörtelt. Teilweise waren sie mit nicht zugelassener Mineralwolle eingemörtelt. Auch fehlten elastische Stützen.
- 28
192 Brandschutzklappen waren nicht zulassungsgerecht in den Gipskartonwänden installiert.
- 29
28 Brandschutzklappen rasteten bei der Funktionsprüfung nicht ein und schlossen nicht vollständig.
- 30
Bei 39 Brandschutzklappen löste sich die Brandschutzbeschichtung auf den Klappenblättern.
- 31
74 Brandschutzklappen waren nicht ordnungsgemäß an das zentrale Brandschutzmeldetableau angeschlossen.
- 32
Die Brandschutzklappen Z4S5ZD in der Technikzentrale im 8. OG und Z2S28 im Erdgeschoss im Laden Nr. 11 waren nicht ordnungsgemäß eingebaut. Sie waren außerhalb der Wand eingebaut, obwohl sie nur für den Einbau in Wänden zugelassen waren.
- 33
Die in den Revisionszeichnungen mit Z3S57, 4. OG, und A3S95, 1. OG, gekennzeichneten Brandschutzklappen waren im Lagerraum/in der Telefonzentrale im 4. OG bzw. im Flur im 1. OG nicht vorhanden.
- 34
Die Brandschutzklappe Z1S17U im UG löste nicht aus, da das Schmelzlot durch einen Draht ersetzt worden war.
- 35
Die selbständig isolierte Lüftungsleitung, die über die Revisionsöffnung im Treppenraum vor der Technikzentrale im 8. OG zugänglich war, war nicht entsprechend dem allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis ausgeführt.
- 36
Die maximal zulässigen Abmessungen der L90-isolierten Lüftungsleitung in der abgehängten Decke des Ladens Nr. 11 waren überschritten. Rohrleitungen durchdrangen ungeschützt die Brandschutzisolierung. Ein statischer Nachweis über die Abhängung lag nicht vor.
- 37
Im Schacht hinter dem Aufzug waren zwei Lüftungsleitungen vom Erdgeschoss bis zum 6. OG ohne brandschutztechnische Vorkehrungen (L 90-Isolierung oder Brandschutzklappen) durch die Geschossdecken geführt.
- 38
Die abgehängte Decke im Eingangsbereich war an der Abhängung der L 90-Isolierung der Lüftungsleitungen für die Druckbelüftung des Treppenraumes befestigt.
Für eine ordnungsgemäße Sanierung der Mängel an den Brandschutzklappen sei nach Ansicht des Sachverständigen mindestens mit einem Aufwand (in Höhe der Klageforderung) von 446.923,02 EUR zu rechnen. Dann stünden (bei 440 Brandschutzklappen insgesamt) pro Brandschutzklappe ca. 1.000,00 EUR für die Sanierung zur Verfügung (vgl. auch das zweite Ergänzungsgutachten vom 27. Februar 2009, Bl. 608 ff. BA, und das dritte Ergänzungsgutachten vom 25. Januar 2010, Bl. 661 ff. BA).
40Das Landgericht Düsseldorf verurteilte die E3 GbR unter Klageabweisung im Übrigen zu einer Zahlung von 431.860,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Oktober 2001 (Urteil vom 1. Dezember 2010, Bl. 694 ff. BA). Die Kosten des Rechtsstreits wurden der E3 GbR auferlegt. Das Rubrum wies die hiesige Beklagte zu 2) als Streithelferin zu 2) aus. Ausweislich des Tatbestands (Bl. 696 BA) war die (dortige) Streithelferin zu 2) mit der Ausführung des Gewerks „Klima und Lüftung“ beauftragt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az. 5 U 8/11) wies die Berufung der E3 GbR mit Urteil vom 17. November 2011 (Bl. 1027 ff. BA) auf deren Kosten zurück. Auch nach den Gründen dieses Urteils war die (dortige) Streithelferin zu 2) mit der Ausführung des Gewerks „Klima und Lüftung“ betraut. Den Tatbestandsberichtigungsantrag der (dortigen) Streithelferin zu 2) vom 18. Februar 2011 (Bl. 1061 f. BA) mit der Begründung, nicht sie, sondern die ABB Y GmbH sei mit der Ausführung des Gewerks „Klima und Lüftung“ beauftragt gewesen, wies das Landgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 6. Mai 2011 (Bl. 1074 ff. BA) zurück. Nach dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14. Dezember 2011 (Bl. 1086 f. BA) hatte die E3 GbR der III GmbH aufgrund des Urteils des Landgerichts 26.930,36 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Dezember 2010 zu erstatten, nach dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 2. Dezember 2012 (Bl. 1099 f. BA) aufgrund des Urteils des Oberlandesgerichts (weitere) 8.381,98 EUR nebst Zinsen seit dem 24. November 2011.
41Die Klägerin zahlte am 9. Dezember 2011 (gutgeschrieben am 12. Dezember 2011) 431.860,45 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 290.155,09 EUR, also insgesamt 722.015,54 EUR an die III GmbH (Bl. 32, 34, 188 ff. AB). Aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Landgerichts Düsseldorf erstattete die Klägerin der III GmbH am 29. Dezember 2011 (gutgeschrieben am 30. Dezember 2011) weitere 26.930,36 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 1.465,29 EUR, also insgesamt 28.395,65 EUR (Bl. 33, 36, 191 ff. AB).
42Die Klägerin ist der Ansicht, im Vorprozess sei mit bindender Wirkung festgestellt worden, dass die Beklagte zu 2) mit der Ausführung des Gewerks „Klima und Lüftung“ beauftragt gewesen sei. Die Ausführungsfehler der Beklagten zu 2) beträfen sämtliche Mängel. Die Beklagte zu 3) habe für die entstandenen Mängel auch insoweit einzustehen, als sie einzelne Brandschutzklappen und/oder Lüftungsleitungen nicht mehr selbst verlegt haben sollte, weil ihr dann vorhandene Mängel hätten auffallen müssen und sie zur Anzeige von Bedenken verpflichtet gewesen wäre. Dieser Pflicht zur Bedenkenhinweiserteilung sei sie nicht nachgekommen, sondern habe stattdessen auf den mangelhaften Vorleistungen aufgebaut und zusätzlich selbst mangelhaft gearbeitet. Die Insolvenzschuldnerin hafte für die Ausführungsfehler „fehlende Revisionsöffnungen“ und „Befestigung der Decke an der Isolierung“. Auf ihre Versicherungsnehmerin, die E3 GbR, entfalle keine Quote. Die Klägerin behauptet, die Beklagte zu 2) habe 362 der mangelhaften Brandschutzklappen montiert, die Beklagte zu 3) 77, bezüglich drei Brandschutzklappen sei die montierende Firma nicht mehr zu ermitteln.
43Die Klägerin hat die Klage ursprünglich auch gegen den Beklagten zu 4) erhoben. Mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2012 hat sie die Klage gegen den Beklagten zu 4) zurückgenommen. Sie beantragt nunmehr,
44die Beklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldnerinnen zu verurteilen, an sie 750.411,19 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
45Die Beklagten beantragen,
46die Klage abzuweisen.
47Die Beklagte zu 1) meint, die Überwachung der Ausführung der Arbeiten der Insolvenzschuldnerin sei allein Sache der E3 GbR gewesen. Die Beklagte zu 3) behauptet, ihre Beauftragung habe sich nicht auf Bereiche erstreckt, in denen die ABB Y GmbH tätig gewesen sei. Nach Fertigstellung und Abnahme ihrer Leistungen (am 29. August 1995) seien weitere Leistungen zum Gewerk RLT u.a. von der ABB Y GmbH erbracht worden. Die Beklagten zu 2) und 3) rügen die örtliche Unzuständigkeit. Die Beklagten erheben zudem die Einrede der Verjährung.
48Die Klägerin hat Klage erhoben mit Schriftsatz 16. März 2012, den Beklagten zu 1), 2) und 4) zugestellt am 19. April 2012, der Beklagten zu 3) zugestellt am 14. Mai 2012. Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß der Beweisbeschlüsse vom 20. Dezember 2012 und 13. August 2015 (Bl. 299 f. und 500 f. d.A.) durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und eines schriftlichen Ergänzungsgutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen F vom 23. Februar 2015 sowie dessen Ergänzungsgutachten vom 12. Januar 2016 Bezug genommen.
49Die Kammer hat die Akten des Landgerichts Düsseldorf, Az. 2a O 273/01, beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Mit Beschluss vom 12. November 2012 (Bl. 253 f. d.A.) hat die Kammer der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des ehemaligen Beklagten zu 4) auferlegt.
50Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.
51Entscheidungsgründe:
52Die Klage ist, soweit sie nach der gemäß § 269 Abs. 1 ZPO zulässigen teilweisen Klagerücknahme noch rechtshängig ist, zulässig und im tenorierten Umfang begründet.
531.
54Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Wuppertal folgt aus § 29 Abs. 1 ZPO. Der Ort des Bauwerks ist nicht nur (gemeinsamer) Erfüllungsort für die beiderseitigen Verpflichtungen aus dem Bauwerksvertrag. Auch die Klage über den Innenausgleich unter den Gesamtschuldnern ist am Ort des Bauwerks zu erheben (vgl. Sacher in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 14. Teil Rn. 9 mit Verweis auf LG Heilbronn, Urteil vom 20. März 1997, 6 O 2760/95, BauR 1997, 1073). Dabei ist für die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit auf Grundlage des Klägervortrags, die Beklagte zu 2) sei mit der Ausführung des Gewerks „Klima und Lüftung“ beauftragt gewesen, von einer Gesamtschuldnerstellung auch der Beklagten zu 2) auszugehen. Bei sog. doppelrelevanten Tatsachen wie hier der Gesamtschuldnerschaft ist ein schlüssiger Klägervortrag ausreichend (Heinrich in: Musielak/Voit, ZPO, 15. Auflage 2018, § 12 Rn. 14).
552.
56Der Klägerin steht gegen die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 388.674,41 EUR aus §§ 426 Abs. 1 BGB, 86 Abs. 1 S. 1 VVG zu. Ein darüber hinausgehender Anspruch gegen die Beklagten zu 1) und 3) besteht nicht. Nur der von der Klägerin geleistete Schadensersatz in Höhe von 431.860,45 EUR ist regressfähig, nicht dagegen die von der Klägerin erstatteten Prozesskosten und Rechtshängigkeitszinsen. Im Innenverhältnis zur E3 GbR bzw. der Klägerin haften die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner für 90 % des geleisteten Schadensersatzes. Die Beklagte zu 1) und die ausführenden Unternehmen (die ABB Y GmbH, die Beklagte zu 3) und die Insolvenzschuldnerin) bilden eine Haftungs- bzw. Verursachungseinheit, auf die eine gemeinsame Quote von 90 % entfällt.
57Gegen die Beklagte zu 2) steht der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch zu.
58a)
59Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 1) ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 388.674,41 EUR aus §§ 426 Abs. 1 BGB, 86 Abs. 1 S. 1 VVG zu. Mit der Zahlung der Klägerin ist aus dem Mitwirkungsanspruch der E3 GbR ein Ausgleichsanspruch geworden, der zugleich gemäß § 86 Abs. 1 S. 1 VVG auf die Klägerin als Haftpflichtversicherung übergegangen ist.
60aa)
61Die E3 GbR als Architektin und die Beklagte zu 1) als Fachingenieurin haften im Außenverhältnis gegenüber der III GmbH wegen der im Vorprozess mit bindender Wirkung festgestellten 440 Mängel an den Brandschutzklappen als Gesamtschuldner auf Schadensersatz in Höhe von 431.860,45 EUR aus § 635 BGB a.F.
62Die Haftung der E3 GbR wurde im Vorprozess mit bindender Wirkung festgestellt. Nach den Feststellungen im Vorprozess verletzte die E3 GbR als Architektin schuldhaft ihre Pflicht zur Überwachung und Koordinierung der Leistungen der Sonderfachleute, hier der Beklagten zu 1). Die Beklagte zu 1) wiederum verletzte schuldhaft ihre Pflichten als Fachingenieurin.
63Die wichtigste Leistung eines Fachingenieurs ist die fachtechnische Abnahme der Leistungen und das Feststellen von Mängeln bei oder vor der Abnahme. Soweit behördliche Abnahmen bei Anlagen vorgeschrieben sind, müssen diese bei den zuständigen Behörden beantragt werden, und der Fachingenieur hat daran teilzunehmen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil im Vorprozess). Die Überwachungspflichten des Fachingenieurs erstrecken sich dabei (naturgemäß) auf alle Leistungen, die für eine fachgerechte Erstellung des Fach-Gewerks erforderlich sind, unabhängig davon, von welchem Handwerker sie erbracht werden.
64Soweit also vorliegend nicht die ABB Y GmbH oder die Beklagte zu 3) als Klima- und Lüftungstechniker, sondern die Insolvenzschuldnerin als Trockenbauer die Revisionsöffnungen für die Brandschutzklappen herzustellen hatte (vgl. das Schreiben der Beklagten zu 1) vom Schreiben vom 27. September 1994, Bl. 30 AB), oblag die Überwachung und Abnahme dieses Teils der Arbeiten der Insolvenzschuldnerin ebenfalls der Beklagten zu 1). Wegen der übrigen Trockenbauarbeiten verblieb es dagegen bei der Überwachungspflicht des Architekten, hier der E3 GbR. Dementsprechend hat die E3 GbR ausweislich des Abnahmeprotokolls vom 29. Juli 1996 (Bl. 180 f. AB) auch das Gewerk „abgehängte Decken und Gipskartontrennwände“ abgenommen.
65Die Beklagte zu 1) war mit den Fachingenieurleistungen der Leistungsphasen 1-8 für die gesamte technische Gebäudeausrüstung beauftragt. Das Vertragsverhältnis endete auch nicht, jedenfalls nicht endgültig, durch die von der Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 19. Oktober 1994 (Bl. 178 AB) erklärte sofortige Kündigung aus wichtigem Grund, da die Beklagte zu 1) auch danach weiter Überwachungsleistungen erbrachte: So führte sie am 1. Dezember 1994 (Bl. 171 ff. AB) eine (weitere) Abnahme mit der ABB Y GmbH durch, informierte Herrn N2 mit Schreiben vom 15. März 1996 (Bl. 5 AB) über die Mängelbeseitigung durch die Beklagte zu 3) und bat ihn um sein schriftliches Einverständnis zur weiteren Vorgehensweise bezüglich der vergessenen Volumenstromregler und setzte Herrn N2 mit Schreiben vom 28. November 1997 (Bl. 19 f. AB) über den Stand der (neuerlichen) Mängelbeseitigungsmaßnahmen an den Brandschutzklappen in Kenntnis.
66Die Überwachungsleistungen der Beklagten zu 1) waren jedoch nicht ausreichend. Angesichts der im Vorprozess mit bindender Wirkung festgestellten 440 Mängel an den Brandschutzklappen spricht vorliegend bereits der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Beklagte zu 1) ihren Überwachungspflichten nicht in ausreichendem Maße nachgekommen ist (vgl. hierzu Busche in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2018, § 633 Rn. 43). Diesen Anscheinsbeweis hat die Beklagte zu 1) auch nicht erschüttert. Sie hat zu ihren Überwachungsleistungen nicht substantiiert vorgetragen. Auch aus den o.g. einzelnen sich aus der Akte ergebenden Überwachungsleistungen der Beklagten zu 1) ergibt sich keine engmaschige Überprüfung des Einbaus der Brandschutzklappen.
67Die Beklagte zu 1) ist auch ihren Pflichten zur Abnahme nicht nachgekommen. Sie hat weder eine fachtechnische Abnahme durchgeführt, noch die gemäß § 2 TPrüfVO vorgeschriebene Erstprüfung der lüftungstechnischen Anlagen durch einen Prüfsachverständigen veranlasst.
68Zur Mängelbeseitigung sind nach den insoweit bindenden Feststellungen im Vorprozess Kosten in Höhe von 431.860,45 EUR erforderlich.
69bb)
70Im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs ist nur der von der Klägerin geleistete Schadensersatzbetrag in Höhe von 431.860,45 EUR regressfähig, nicht auch die erstatteten Prozesskosten (1. Instanz) und Rechtshängigkeitszinsen.
71Dem klageweise in Anspruch genommenen Gesamtschuldner steht kein Anspruch auf Ausgleich der Prozesskosten gegenüber dem anderen Gesamtschuldner zu. Jeder Gesamtschuldner muss gemäß § 421 S. 1 BGB mit der Inanspruchnahme auf das Ganze rechnen; es ist ihm daher selbst anzulasten, wenn er den Gläubiger nicht streitlos befriedigt. Ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung von Prozesskosten gegen den Mitschuldner ist zwar dann nicht ausgeschlossen, wenn dieser den vom Gläubiger zunächst in Anspruch genommenen Gesamtschuldner durch Verweigerung oder verzögerliche Erfüllung seiner Pflicht zur anteiligen Befriedigung des Gläubigers gezwungen hat, ein ungünstiges Prozessrisiko einzugehen oder sich einer offensichtlich berechtigten Klage auszusetzen (BGH, Urteil vom 26. Juni 2003, VII ZR 126/02, NJW 2003, 2980 ff.; Bydlinski in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 426 Rn. 24; Frechen in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Auflage 2018, Rn. 2508; Kniffka, Gesamtschuldnerausgleich im Baurecht, BauR 1a/2005, S. 274 ff.).
72Für einen solchen Zusammenhang zwischen der fehlenden Mitwirkung der Beklagten zu 1) an der Befriedigung der III GmbH und der Entstehung der Prozesskosten bestehen hier jedoch keine Anhaltspunkte. Allein das Interesse der E3 GbR bzw. der Klägerin, im Vorprozess für die Beklagte zu 1) (und die weiteren Gesamtschuldner) bindende Feststellungen für einen etwaigen Regressprozess zu erreichen, kann nicht dazu führen, dass die Beklagte zu 1) die Prozesskosten für einen Prozess trägt, in dem sich die E3 GbR gegen einen (im Außenverhältnis) begründeten Anspruch verteidigt. Verlagert die E3 GbR bzw. die Klägerin die Last der Prozesskosten aufgrund eigener Risikoabwägung von den etwaigen Regressprozessen in den Hauptprozess, so muss sie die dadurch verursachten Kosten selbst tragen.
73Die vorstehenden Erwägungen gelten entsprechend für die Rechtshängigkeitszinsen.
74cc)
75Im Innenverhältnis zur E3 GbR haftet die Beklagte zu 1) für 90 % des geleisteten Schadensersatzes. Der Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte zu 1) ist nicht auf die auf die Beklagte zu 1) entfallende Quote beschränkt. Die Beklagte zu 1) haftet vielmehr für die auf die Haftungs- bzw. Verursachungseinheit, bestehend aus der Beklagten zu 1) und den ausführenden Unternehmen (der ABB Y GmbH, der Beklagten zu 3) und der Insolvenzschuldnerin), entfallende gemeinsame Quote. Diese bemisst die Kammer – nach Abzug des Verursachungsbeitrags der E3 GbR – mit 90 %.
76(1)
77Grundsätzlich haften mehrere Ausgleichsverpflichtete dem Ausgleichsberechtigten nicht als Gesamtschuldner, sondern entsprechend ihren Anteilen als Teilschuldner.
78Nach einer in Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 13. Mai 1955, I ZR 137/53, zitiert nach juris) und Literatur (vgl. Böttcher in: Erman, BGB, 15. Auflage 2017, § 426 Rn. 2) verbreiteten Auffassung soll eine gesamtschuldnerische Haftung der Ausgleichsverpflichteten ausnahmsweise eingreifen, wenn der Ausgleichsberechtigte im Innenverhältnis von der Haftung vollständig freigestellt ist. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass es dem freigestellten Gesamtschuldner nicht zumutbar sei, die einzelnen Quoten zu ermitteln und seinen Ausgleichsanspruch jeweils auf diese Quote zu beschränken.
79Eine Ausgleichsgesamtschuld ist ferner in dem Sonderfall anzunehmen, dass mehrere Gesamtschuldner untereinander eine Haftungs- oder Verursachungseinheit bilden. Die Mitglieder einer Haftungseinheit werden für den Ausgleich so behandelt, als wären sie eine Person. Dahinter steht die Erwägung, dass eine isolierte Betrachtung der einzelnen Beiträge bei einer Haftungseinheit auch im Hinblick auf den Innenausgleich unangemessen wäre. Die Mitglieder der Haftungsgemeinschaft haften daher einem außenstehenden regressberechtigten Gesamtschuldner für ihre gemeinsame Quote gesamtschuldnerisch. Bei den Haftungseinheiten sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden: die Haftungseinheiten aus rechtlichen und die Haftungseinheiten aus tatsächlichen Gründen. Kennzeichnend für die erstere Fallgruppe ist, dass der eine Schuldner nur haftet, weil ihm das Verhalten des anderen Schuldners normativ zugerechnet wird. Eine Haftungseinheit aus tatsächlichen Gründen liegt vor, wenn sich die Verursachungsbeiträge mehrerer Personen zu ein und demselben Umstand vereinigt haben oder zumindest im Wesentlichen zu ein und demselben Schadensbeitrag verschmolzen sind, bevor der Verursachungsbeitrag einer weiteren außenstehenden Person hinzutritt. Die Rechtsfigur der Haftungseinheit hat den Zweck, eine sachgemäße Gewichtung der jeweiligen Verursachungsbeiträge zu gewährleisten. Sie begünstigt den außerhalb der Haftungseinheit stehenden zahlenden Gesamtschuldner. Ihm stehen für seinen Regress nicht wie im Normalfall Teilschuldner, sondern Gesamtschuldner zur Verfügung. Damit kann jedes Mitglied der Haftungseinheit in voller Höhe der auf die Haftungseinheit entfallenden Quote in Anspruch genommen werden. Diese Begünstigung wirkt sich insbesondere in den Fällen der Haftungseinheit aus rechtlichen Gründen aus, wie das Beispiel einer Gesamtschuld zwischen Geschäftsherr, Verrichtungsgehilfen und weiterem Schädiger zeigt. Zahlt der weitere Schädiger an den Geschädigten, könnte er ohne Annahme einer Haftungseinheit gegen den Geschäftsherrn und den Verrichtungsgehilfen als Teilschuldner in Höhe ihrer internen Ausgleichsquote vorgehen. Da der Verrichtungsgehilfe im Innenverhältnis regelmäßig allein die Belastung trägt, stünde er an sich allein als Ausgleichsschuldner zur Verfügung. Durch die Annahme der Haftungseinheit erhält der Ausgleichsberechtigte einen weiteren i.d.R. solventeren Schuldner in Gestalt des Geschäftsherrn (Looschelders in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 426 Rn. 38 ff., 102 ff.; Grüneberg in: Palandt, BGB, 77. Auflage 2018, § 426 Rn. 15).
80Diese Gesichtspunkte sind auf die Konstellation zu übertragen, in der der generelle Bauüberwacher die Fachüberwacher und die Unternehmer, die in dem betreffenden Fachgewerk tätig waren, in Anspruch nimmt. Aus tatsächlichen Gründen stellen sich die Fachüberwacher und die Fachunternehmer gegenüber dem Generalüberwacher als Einheit dar. Denn der Generalüberwacher hat in der Regel betreffend die technische Gebäudeausstattung schon gar nicht das Fachwissen, die Leistungen der Fachunternehmer zu beurteilen. Gerade aus diesem Grund kommt es zur Einschaltung des Fachplaners-, bzw. Überwachers. Dieser hält gleichsam die Fäden in der Hand, insbesondere wenn verschiedene Fachunternehmer an einem gemeinsamen Fachgewerk wie beispielsweise der RLT beteiligt sind. Dem Generalüberwacher ist es oftmals gar nicht möglich, eine exakte Abgrenzung der einzelnen Beiträge der Unternehmer vorzunehmen, insbesondere wenn es um die Abgrenzung von Mangelursachen geht. Hier ist der Fachplaner bedeutend näher am Geschehen, was es rechtfertigt, ihn mit den Fachunternehmen in eine Haftungseinheit zu stellen.
81Dass mehrere Fachunternehmen, die Leistungen an einem Gewerk erbracht haben, ebenso zu einer Haftungseinheit zusammen zu fassen sind, wird an späterer Stelle bei der Haftung der Beklagten zu 3) näher ausgeführt.
82(2)
83Die Beklagte zu 1) und die ausführenden Unternehmen (die ABB Y GmbH, die Beklagte zu 3) und die Insolvenzschuldnerin) bilden vorliegend eine Haftungs- bzw. Verursachungseinheit im vorgenannten Sinne.
84Die E3 GbR übertrug die Überwachung der Unternehmen, die die Leistungen für die Erstellung der RLT-Anlagen erbringen sollten, der Beklagten zu 1) und schuf damit eine (tatsächliche und rechtliche) Nähe zwischen den Verursachungsbeiträgen der Beklagten zu 1) und der ausführenden Unternehmen. Gleichzeitig entstand durch die „Zwischenschaltung“ der Beklagten zu 1) eine natürliche Zäsur zu dem Verursachungsbeitrag der E3 GbR. Die Beklagte zu 1) war als Fachingenieurin zur engmaschigen Überwachung und fachtechnischen Abnahme der Arbeiten der ausführenden Unternehmen verpflichtet. Sie musste also während des gesamten Ausführungszeitraums den Fortschritt der Arbeiten vor Ort verfolgen und ggf. unmittelbar auf die Unternehmen einwirken. Die Pflichten der E3 GbR beschränkten sich demgegenüber (insoweit) auf die Überwachung der Beklagten zu 1). Dies beinhaltete allenfalls mittelbar die Verfolgung der Arbeiten vor Ort.
85In dieser Konstellation hält die Kammer es nicht für angemessen, der E3 GbR bzw. der Klägerin die Ermittlung der einzelnen Verursachungsquoten aufzubürden. Nicht der E3 GbR, sondern der Beklagten zu 1) als der mit der Überwachung der ausführenden Unternehmen beauftragten Fachingenieurin liegen die für die Ermittlung der einzelnen Verursachungsquoten erforderlichen Informationen vor.
86Aufgrund der engen Verknüpfung des Verursachungsbeitrags der Beklagten zu 1) mit denjenigen der ausführenden Unternehmen ist es angemessen, der E3 GbR bzw. der Klägerin für ihren Rückgriffsanspruch einen weiteren, im Vergleich zu den ausführenden Unternehmen in der Regel solventeren, Schuldner zu verschaffen. Ohne die Annahme einer Haftungs- bzw. Verursachungseinheit müsste die Klägerin für den überwiegenden Teil ihres Anspruchs Rückgriff bei den ausführenden Unternehmen nehmen und könnte sich nur wegen eines geringen Teils bei der Beklagten zu 1) schadlos halten.
87(3)
88Die auf die Haftungs- bzw. Verursachungseinheit, bestehend aus der Beklagten zu 1) und den ausführenden Unternehmen, entfallende gemeinsame Quote bewertet die Kammer mit 90 %. Die Kammer geht dabei davon aus, dass die überwiegende Verursachung (60 %) die ausführenden Unternehmen trifft. Den Verursachungsbeitrag der Beklagten zu 1) bewertet die Kammer im Hinblick auf die besondere Bedeutung der Überwachung der Arbeiten in dem sensiblen Bereich des Brandschutzes mit 30 %. Aus diesem Grund kann auch der Verursachungsbeitrag der E3 GbR im Innenverhältnis nicht vollständig zurücktreten, sondern ist mit 10 % zu bewerten.
89dd)
90Die Beklagte zu 1) kann sich nicht mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung gemäß § 214 Abs. 1 BGB berufen.
91Mit der Entstehung des Gesamtschuldverhältnisses begann zunächst die damals geltende regelmäßige Verjährungsfrist von dreißig Jahren (§ 195 BGB a.F.) zu laufen. Mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. November 2001 wurde die regelmäßige Verjährungsfrist auf drei Jahre verkürzt. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 EGBGB war diese kürzere Verjährungsfrist auf am 1. Januar 2002 noch nicht verjährte Ansprüche anzuwenden und die Frist von drei Jahren vom 1. Januar 2002 an zu berechnen. Es lief also nunmehr vom 1. Januar 2002 an die dreijährige Verjährungsfrist. Am 24. Juli 2003 wurde die Verjährung durch Zustellung der Streitverkündung (in dem Verfahren 2a 273/01 vor dem Landgericht Düsseldorf) gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB gegenüber der Beklagten zu 1) gehemmt. Bereits vor dem Ende der Hemmungswirkung (sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung gemäß § 204 Abs. 2 S. 1 BGB) erhob die Klägerin Klage gegen die Beklagte zu 1) und hemmte damit gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB (erneut) die Verjährung. Zwischen der Verkündung des Urteils des Oberlandgerichts Düsseldorf am 17. November 2011 und der Zustellung der Klageschrift bei der Beklagten zu 1) am 19. April 2012 liegen weniger als sechs Monate.
92Auf eine Verjährung des Anspruchs des Bauherrn gegen die Beklagte zu 1) kann sich diese im Rahmen des Gesamtschuldnerregresses nicht berufen. Da das Verhalten des Gläubigers keinem der Gesamtschuldner zugerechnet werden kann, darf es auch keine Rolle spielen, wenn der Gläubiger einen Anspruch bewusst verjähren lässt (vgl. BGH, Teilurteil vom 25. November 2009, IV ZR 70/05, NJW 2010, 435 f.; Bydlinski in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 426 Rn. 25a).
93b)
94Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 3) ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 388.674,41 EUR aus §§ 426 Abs. 1 BGB, 86 Abs. 1 S. 1 VVG zu.
95aa)
96Die E3 GbR als Architektin und die Beklagte zu 3) als ausführendes Unternehmen haften im Außenverhältnis zur III GmbH wegen der im Vorprozess mit bindender Wirkung festgestellten 440 Mängel an den Brandschutzklappen als Gesamtschuldner auf Schadensersatz in Höhe von 431.860,45 EUR aus § 635 BGB a.F.
97(1)
98Die Kammer ist unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass jedenfalls einige der im Vorprozess mit bindender Wirkung festgestellten 440 Mängel an den Brandschutzklappen von der Beklagten zu 3) verursacht worden sind.
99Dabei geht die Kammer auf Grundlage der Aktennotiz vom 11. Juli 1994 (Bl. 21 f. AB) und mangels entgegenstehenden Vortrags der Beklagten zu 3) davon aus, dass die Beklagte zu 3) (Rest-) Arbeiten an den Brandschutzklappen im 1., 2., 3., 5. und 6. OG ausgeführt hat. Auf Grundlage des Prüfberichts des Sachverständigen D vom 16. April 2001 (Bl. 37 ff. AB) geht die Kammer weiter davon aus, dass 219 der insgesamt 235 Brandschutzklappen im 1., 2., 3., 5. und 6. OG mangelhaft waren und nur 16 „ohne Beanstandung“. Zwar konnte die vor der Kammer durchgeführte Beweisaufnahme nicht mehr klären, welche und/oder wieviele Brandschutzklappen in den vorgenannten Etagen von der Beklagten zu 3) eingebaut wurden. Die Schlussrechnung der Beklagten zu 3) vom 29. Juni 1995 (Bl. 201 ff. AB) lässt jedoch den Rückschluss zu, dass die Beklagte zu 3) auf den vorgenannten Etagen jedenfalls die abgerechneten 58 Brandschutzklappen eingebaut hat. Zieht man hiervon die insgesamt 16 beanstandungsfreien Brandschutzklappen sowie die drei Brandschutzklappen ohne Revisionsöffnungen auf den Etagen ab, verbleibt in jedem Fall eine gewisse Anzahl von Brandschutzklappen, die von der Beklagten zu 3) mangelhaft eingebaut wurden. Die Kammer weist nur vorsorglich darauf hin, dass die Brandschutzklappen mit (von der ABB Y GmbH zu verantwortenden) Anschlussmängeln stets auch Einbaumängel aufwiesen.
100Soweit sich aus den Schlussrechnungen der ABB Y GmbH und der Beklagten zu 3) eine größere Gesamtzahl von Brandschutzklappen in dem Bauvorhaben ergibt, hätte es jedenfalls zur Erschütterung der o.g. Überzeugung, dass zumindest einige Brandschutzklappen von der Beklagten zu 3) mangelhaft eingebaut wurden, der Beklagten zu 3) oblegen, substantiiert zu den von ihr eingebauten Brandschutzklappen vorzutragen. Nicht ausreichend hierfür ist die pauschale Behauptung, nach Fertigstellung (und Abnahme) der Arbeiten der Beklagten zu 3) habe die ABB Y GmbH weitere Leistungen zum Gewerk RLT erbracht. Zudem ist es fernliegend, dass an den von der Beklagten zu 3) vollständig mangelfrei erbrachten Leistungen (ohne weitere Fristsetzung gegenüber der Beklagten zu 3)) Nacharbeiten durch Drittunternehmen durchgeführt wurden.
101(2)
102Auch wenn die Beklagte zu 3) nur einige der festgestellten Mängel (nachweislich) verursacht hat, haftet sie gleichwohl für sämtliche festgestellten Mängel gesamtschuldnerisch mit der ABB Y GmbH und der Insolvenzschuldnerin. Die Beklagte zu 3), die ABB Y GmbH und die Insolvenzschuldnerin bilden in Bezug auf die von ihnen für das Gewerk Klima und Lüftung zu erbringenden (Teil-) Leistungen eine Zweckgemeinschaft im Sinne einer Erfüllungsgemeinschaft.
103Maßgeblich für die Feststellung einer Gesamtschuld mehrerer Werkunternehmer ist die Abgrenzung, ob sie voneinander völlig getrennte Vertragsleistungen erbringen, ohne dass eine zweckgerichtete Verbindung ihrer Werkleistungen besteht oder ob sie eine Zweckgemeinschaft im Sinne einer Erfüllungsgemeinschaft (hinsichtlich ihrer primären gleichartigen Leistungspflichten) bilden, die darauf gerichtet ist, eine „einheitliche Bauleistung“ zu erbringen. Dabei ist bei der Abgrenzung, ob „einheitliche“ oder „unterschiedliche“ Vertragsleistungen zu erbringen sind, großzügig zu verfahren. Zudem wird in Rechtsprechung und Literatur auch eine gesamtschuldnerische Haftung von mehreren Werkunternehmern (insbesondere bei Vor- und Nachgewerken) angenommen, die wegen Mängeln gewährleistungspflichtig sind, die ihre Ursache zumindest teilweise in mehreren Gewerken haben und die wirtschaftlich sinnvoll nur auf eine einzige Weise beseitigt werden können. Das maßgebliche Kriterium ist in der „gleichstufigen Verbundenheit“ der mehreren Werkunternehmer im Rahmen ihrer Gewährleistungspflichten zu sehen, gemeinsam und in vollem Umfang für die von ihnen verursachten Mängel einstehen zu müssen, sofern nur eine Sanierungsmöglichkeit in Betracht kommt und die Werkunternehmer verschiedener (Vor-/Nachgewerke) einen „einheitlichen Erfolg“ schulden. Ein Gesamtschuldverhältnis liegt hingegen dann nicht vor, wenn sich weder die ursprünglichen Werkleistungen noch die zwecks Nacherfüllung geschuldeten bzw. erbrachten Werkleistungen (im vorgenannten Sinne) „überschneiden“ (OLG Düsseldorf, Urteil vom 23. Oktober 2015, I-22 U 57/15, NZBau 2015, 769 ff.; Frechen in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Auflage 2018, Rn. 2478; BGH, Urteil vom 26. Juni 2003, VII ZR 126/02, NJW 2003, 2980 ff.; Langen, Gesamtschuld der Planungs- und Baubeteiligten – Eine kritische Bestandsaufnahme (Teil 1), NZBau 2015, 2 ff.). Diese Grundsätze gelten auch im Rahmen einer rechtlichen/tatsächlichen Haftungseinheit jedenfalls im Verhältnis zum Generalüberwacher als in Anspruch genommener Gesamtschuldner.
104Die Beklagte zu 3), die ABB Y GmbH und die Insolvenzschuldnerin schuldeten zwar jeweils abgrenzbare Teilleistungen: die Beklagte zu 3) die Restarbeiten im 1., 2., 3., 5. und 6. OG, die ABB Y GmbH die Fertigstellung der Arbeiten im EG, 7. und 8. OG sowie den Anschluss der von der Beklagten zu 3) montierten Brandschutzklappen und die Insolvenzschuldnerin das Herstellen von Revisionsöffnungen. Diese Teilleistungen dienten jedoch alle einem gemeinsamen Zweck: der Herstellung eines funktionierenden Brandschutzes. Zudem waren die Teilleistungen auch inhaltlich miteinander verwoben. U.U. waren an der Installation einer Brandschutzklappe alle drei Unternehmen beteiligt. Insbesondere bei dem angezeigten großzügigen Verständnis einer „einheitlichen Bauleistung“ ist vorliegend von „sich überschneidenden“ Werkleistungen der Beklagten zu 3), der ABB Y GmbH und der Insolvenzschuldnerin auszugehen.
105bb)
106Entsprechend den obigen Ausführungen haftet die Beklagte zu 3) als Mitglied der Haftungs- bzw. Verursachungseinheit auf 90 % des geleisteten Schadensersatzbetrags.
107Auch die Beklagte zu 3) beruft sich ohne Erfolg auf die Einrede der Verjährung gemäß § 214 Abs. 1 BGB. Die Zustelldaten in Bezug auf die Beklagte zu 3) – Zustellung der Streitverkündung: 24. Juli 2003, Zustellung der Klageschrift: 14. Mai 2012 – führen nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung. Auch die Zustellung der Klageschrift bei der Beklagten zu 3) erfolgte innerhalb von sechs Monaten seit Verkündung des Urteils des Oberlandesgerichts Düsseldorf.
108c)
109Gegen die Beklagte zu 2) steht der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Zahlungsanspruch wegen der im Vorprozess mit bindender Wirkung festgestellten 440 Mängel an den Brandschutzklappen zu. Für einen Rückgriff im Wege des Gesamtschuldnerregresses fehlt es bereits an einer Gesamtschuldnerstellung der Beklagten zu 2) im Außenverhältnis zur III GmbH.
110aa)
111Die Beklagte zu 2), ehemals B AG, war zu keinem Zeitpunkt mit der Ausführung des Gewerks „Klima und Lüftung“ bei dem Bauvorhaben Xx 9-13 in V beauftragt. Der Auftrag wurde 1993 zunächst der ABB Y GmbH und nach deren Kündigung (auch) der Beklagten zu 3) erteilt.
112bb)
113Die hiervon abweichende Feststellung des Landgerichts Düsseldorf, die Beklagte zu 2) sei mit der Ausführung des Gewerks „Klima und Lüftung“ beauftragt gewesen, entfaltet keine Interventionswirkung.
114(1)
115Die Interventionswirkung nach §§ 74 Abs. 1, 68 ZPO erfasst alle (aber auch nur die) für die Entscheidung erheblichen Tatsachenfeststellungen. Der Richter des Folgeprozesses ist an alle (aber auch nur die) tatsächlichen Feststellungen gebunden, auf denen das Urteil des Vorprozesses beruht (sog. „tragende“ tatsächliche Feststellungen). Von der Interventionswirkung nicht erfasst sind sog. „überschießende“ Feststellungen, also Feststellungen, die im Erstprozess nicht erheblich waren. Ob die Entscheidung des Gerichts auf den Feststellungen beruht oder ob es sich um sog. „überschießende“ Feststellungen handelt, ist nicht aus der subjektiven Sicht des Erstgerichts, sondern aus objektiver Sicht (ausgehend vom Begründungsansatz des Erstgerichts) zu beurteilen (vgl. Weth in: Musielak, ZPO, 15. Auflage 2018, § 68 Rn. 4; Schultes in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 68 Rn. 15; Dressler in: BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, 28. Edition, Stand: 01.03.2018, § 68 Rn. 9 f.).
116(2)
117Bei der o.g. Feststellung des Landgerichts Düsseldorf handelt es sich um eine sog. „überschießende“ Feststellung, da sie für die Begründung der Haftung der E3 GbR ohne Bedeutung ist. Die E3 GbR verletzte ihre Pflicht zur Überwachung der Beklagten zu 1), unabhängig davon, welches ausführende Unternehmen – die Beklagte zu 2) oder die ABB Y GmbH – die Brandschutzklappen eingebaut hat.
118cc)
119Die Beklagte zu 2) ist mit dem Einwand der fehlenden Passivlegitimation nicht gemäß § 242 BGB ausgeschlossen.
120Die Beklagte zu 2) setzte mit ihrem Verhalten im Vorprozess weder einen unzutreffenden Rechtsschein noch erzeugte sie ein schutzwürdiges Vertrauen bei der E3 GbR.
121Grundsätzlich missbilligt die Rechtsordnung widersprüchliches Verhalten einer Partei nicht. Widersprüchliches Verhalten ist jedoch als rechtsmissbräuchlich einzustufen, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Die Haftung nach Rechtsscheinsgrundsätzen ist ein spezieller Fall des venire contra factum propium. Voraussetzung hierfür ist, dass der Anschein einer Haftungslage in zurechenbarer Weise erweckt wurde und der andere Teil auf diesen Anschein vertrauen durfte und auch tatsächlich vertraut hat (Sutschet in BeckOK BGB, 47. Edition, Stand: 01.08.2018, § 242 Rn. 109, 128; beispielhaft BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2010, IX ZR 199/10, zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 7. Dezember 1989, VII ZR 130/88, zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 23. Oktober 1986, VII ZR 195/85, zitiert nach juris).
122Nach diesen Grundsätzen haftet die Beklagte zu 2) nicht. Sie erklärte im Vorprozess auf die ihr gegenüber erfolgte Streitverkündung den Beitritt und beteiligte sich in der Folge zunächst ohne ausdrückliche Positionierung zur Frage der Passivlegitimation auch inhaltlich am Verfahren. In einem Schriftsatz betreffend die Möglichkeit einer gütlichen Beilegung des Rechtsstreits wies sie darauf hin, dass die ABB Y GmbH an dem Bauvorhaben nur äußerst geringe Leistungsteile erbracht habe und ergänzte in einem Klammerzusatz, dass sie nicht Gesamtrechtsnachfolgerin der ABB Y GmbH sei. Mit diesem Verhalten erzeugte die Beklagte zu 2) bei der E3 GbR nicht zurechenbar den Rechtsschein, sie selbst sei die richtige Beklagte in einem etwaigen Regressprozess. Die E3 GbR hatte als mit den Leistungsphasen 1 bis 9 beauftragte Architektin selbst Kenntnis über sämtliche Vertragspartner oder hätte sich diese Kenntnis zumindest aus den ihr vorliegenden Unterlagen verschaffen können und müssen. Vor diesem Hintergrund kommt auch dem Schreiben der B GmbH vom 5. Dezember 1997 (Bl. 18 AB), unabhängig davon, dass es sich um eine dritte juristische Person (neben der B2 GmbH und der B AG) handelt, keine entscheidende Bedeutung zu.
123Die Beklagte zu 2) schuf mit diesem Verhalten auch kein nach den Maßstäben von Treu und Glauben schutzwürdiges Vertrauen der E3 GbR, sie werde sich in einem etwaigen Regressprozess nicht auf die fehlende Passivlegitimation berufen. Die Beklagte zu 2) durfte sich als Streitverkündungsempfängerin im Vorprozess auf die Verteidigung gegen Tatsachen, die als „tragende“ Feststellungen von der Interventionswirkung erfasst wären, beschränken. Einwendungen gegen Tatsachen, die allenfalls Gegenstand „überschießender“ Feststellungen werden konnten, konnte sie auch erst im Regressprozess erheben. Sie musste der E3 GbR nicht mit einem ausdrücklichen Hinweis auf die fehlende Passivlegitimation verjährungshemmende Maßnahmen gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB gegenüber der richtigen Beklagten ermöglichen.
1243.
125Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB.
1264.
127Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 S. 1, 709 ZPO.
128Streitwert: 750.411,19 EUR
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Referenzen
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- I ZR 137/53 1x (nicht zugeordnet)
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- BGB § 291 Prozesszinsen 1x
- §§ 426 Abs. 1 BGB, 86 Abs. 1 S. 1 VVG 4x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 29 Besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsorts 1x
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- IV ZR 70/05 1x (nicht zugeordnet)
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