Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 15 U 34/15
Tenor
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 26.03.2015, Az. 4a O 22/14, wird zurückgewiesen mit den Maßgaben, dass
1.
festgestellt wird, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin all denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist und noch entstehen wird, dass die Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland seit dem 09.02.2006 elektrische Heizdecken mit einem länglichen Heizelement und/oder ein längliches Heizelement für Heizdecken, umfassend eine erste Leitereinrichtung, die Wärme für die Decke erzeugt und sich längs des Elements erstreckt, eine zweite Leitereinrichtung, die sich längs des Elements erstreckt, und eine Schmelzschicht zwischen der ersten und der zweiten Leitereinrichtung, die so ausgewählt, gestaltet und konstruiert oder anderweitig gebildet ist, dass sie einen negativen Temperaturkoeffizienten (H) aufweist, und eine elektronische Steuereinrichtung, die auf das Erfassen einer Änderung des Widerstands der Schmelzschicht eingestellt ist, um die Stromversorgung zur Leitereinrichtung zum Verhindern der Zerstörung der Schmelzschicht zu ändern, wobei das Element ferner eine Schmelzdetektionsschaltung mit einer Thermosicherung zum Detektieren des Schmelzens der Schmelzschicht und zum Abbrechen der Stromversorgung zur ersten Leitereinrichtung in dem Fall, dass die Steuereinrichtung ausfällt, hat, hergestellt, angeboten, in Verkehr gebracht oder gebraucht haben oder zu den genannten Zwecken eingeführt und/oder besessen haben,
2.
der Rückbezug in Ziffer III. des Urteils des Landgerichts auf Ziffer II. lautet und
3.
Ziffern I. und IV. des Urteils des Landgerichts wirkungslos sind.
II.
Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III.
Dieses Urteil und Ziffern II., III., V. und VI. des Urteils des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e:
2A.
3Die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin ist seit dem 09.02.2006 eingetragene Inhaberin des europäischen Patents EP 1 036 XXA (im Folgenden Klagepatent, Anlage K 1), die eingetragene deutsche Übersetzung wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter DE 698 06 XXB geführt (Anlage K 3). Das Klagepatent wurde am 02.12.1998 unter Inanspruchnahme einer britischen Priorität in englischer Verfahrenssprache angemeldet und hat Verbesserungen an Heizdecken oder dergleichen zum Gegenstand. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 17.07.2002 veröffentlicht. Der deutsche Teil des Klagepatents war bis zum 01.12.2018 in Kraft.
4Das Bundespatentgericht hat mit Urteil vom 17.02.2016 (Az. 6 Ni 2/14 (EP), Anlage K 19) das Klagepatent teilweise für nichtig erklärt und entsprechend einem Hilfsantrag der Klägerin in beschränktem Umfang aufrechterhalten. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zu 1) hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 28.08.2018 (Az. X ZR 72/16) zurückgewiesen.
5Nachdem die Klägerin ihre Klage zunächst auf die ursprünglich erteilten Ansprüche 1 und 13 des Klagepatents gestützt hat, macht sie diese Ansprüche im Berufungsverfahren in der beschränkt aufrechterhaltenen Fassung geltend, die um das Teilmerkmal „B“ ergänzt worden ist und insgesamt folgenden Wortlaut hat:
6“1. An elongated heating element (20X) for an electric blanket comprising a first conductor means (12X) which provides heat for the blanket and which extends lengthwise of the element (20X), a second conductor means (16X) extending lengthwise of the element (20X), and a meltdown layer (14X) between the first and second conductor means, which is selected, designed and constructed or otherwise formed so as to display an H, and electronic control means (30X) set to detect a change in the resistance of the meltdown layer (14X) to change the power supply to the conductor means (12X) to prevent destruction of the meltdown layer, the element further including a meltdown detection circuit (28X, 50X, 52X, 46X, 16X, 12X) B for detecting, in the event that the control means (30X) fails, meltdown of the meltdown layer (14X) and for terminating power to the first conductor means (12X).
713. An electric blanket including a heating element according to any of claims 1 to 12.”
8In deutscher Übersetzung lauten diese Ansprüche:
9„1. Längliches Heizelement (20X) für eine elektrische Heizdecke, umfassend eine erste Leitereinrichtung (12X), die Wärme für die Decke erzeugt und sich längs des Elements (20X) erstreckt, eine zweite Leitereinrichtung (16X), die sich längs des Elements (20X) erstreckt, und eine Schmelzschicht (14X) zwischen der ersten und der zweiten Leitereinrichtung, die so ausgewählt, gestaltet und konstruiert oder anderweitig gebildet ist, dass sie einen negativen Temperaturkoeffizienten (H) aufweist, und eine elektronische Steuereinrichtung (30X), die auf das Erfassen einer Änderung des Widerstands der Schmelzschicht (14K) eingestellt ist, um die Stromversorgung zur Leitereinrichtung (12X) zum Verhindern der Zerstörung der Schmelzschicht zu ändern, wobei das Element ferner eine Schmelzdetektionsschaltung (28X, 50X, 52X, 46X, 1 6X, 12X) mit einer Thermosicherung (28X) zum Detektieren des Schmelzens der Schmelzschicht (14X) und zum Abbrechen der Stromversorgung zur ersten Leitereinrichtung (12X) in dem Fall, dass die Steuereinrichtung (30X) ausfällt, hat.
1013. Elektrische Heizdecke mit einem Heizelement nach einem der Ansprüche 1 bis 12.“
11Die nachfolgend eingeblendeten Figuren aus der Klagepatentschrift zeigen Ausführungsbeispiele der Erfindung. Figur 1 stellt einen Schaltplan eines Heizelements gemäß einer ersten Ausgestaltung der Erfindung dar:
12Figur 2 ist eine Seitenansicht eines Heizelements gemäß einer zweiten Ausgestaltung der Erfindung; Figur 3 ist ein Schaltplan mit dem Heizelement aus Figur 2:
13Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2) und 3) sind, stellt her und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland Heizkissen mit der Bezeichnung C R HK XXC (nachfolgend angegriffene Ausführungsform). Unter anderem hat die Handelskette D diese Heizkissen Ende 2011 in einem Werbeprospekt zum Verkauf angeboten (Anlage K 6). Die Klägerin hat ein schriftlichen Gutachten von Prof. Dr. E und Dr. F zur Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform eingeholt (Anlage K 8; ergänzende Stellungnahme Anlage K 13).
14Die angegriffene Ausführungsform verfügt gemäß der nachfolgend eingeblendeten Abbildung, die aus dem Privatgutachten stammt (dort S. 7), im Inneren des Heizkissens über eine Heizkordel, die aus zwei Leitereinrichtungen in Gestalt von spiralförmig gewickelten Drähten besteht, die durch eine Isolationsschicht voneinander getrennt sind.
15Im elektrischen Schaltplan der Steuereinrichtung der angegriffenen Ausführungsform, der ebenfalls dem Privatgutachten entnommen ist (Abbildung 6, Seite 9), sind diese Elemente oben innerhalb der gestrichelten Linien zu sehen:
16Die erste Leitereinrichtung mit den Anschlüssen X1-1, X1-3 ist ein Heizelement, während die zweite Leitereinrichtung zwischen den Punkten X1-2, X1-4 eine Sensorleitung darstellt, mit der die Temperatur geregelt wird. Die Sensorleitung weist ein sog. I-Verhalten auf, bei dem sich mit steigender Temperatur der Widerstandswert proportional erhöht. Die Widerstandsänderungen werden von der Sensorleitung zum Zwecke der Temperaturregelung erfasst. Zwischen beiden Leitereinrichtungen befindet sich eine Isolationsschicht. Sie weist ein sog. H-Verhalten auf, bei dem mit steigender Temperatur der Isolationsschicht der Widerstandswert sinkt. Die Steuereinrichtung verfügt mit dem Mikrocontrolleranschluss U1-4 über einen einzigen Eingang, der eine elektrische Verbindung mit der Heizkordel besitzt. Nur an dieser Stelle wird eine Änderung der Spannung erfasst, wobei dies auf einer Änderung des Widerstands der Sensorleitung und/oder der Isolationsschicht beruhen kann. Weiter ist oben links auf dem Schaltplan die Sicherung THF 115° zu sehen, die sich zwischen den beiden Widerständen R6 und R7 befindet. Werden die beiden Widerstände so heiß, dass an der Sicherung eine Temperatur von 115° C überschritten wird, so schmilzt die Sicherung und die Stromversorgung zum Heizkissen wird unterbrochen.
17Bereits im Jahr 2012 hatte die Klägerin gegen die Beklagte zu 1) wegen der angegriffenen Ausführungsform Klage wegen Verletzung des europäischen Patents 1 634 XXD vor dem Landgericht München I erhoben. Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 26.04.2013 abgewiesen (Az. 21 O 10434/12; Anlage KR 1). Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung nahm die Klägerin in Erfüllung eines Vergleichs zurück, den die Parteien im Nichtigkeitsverfahren am 11.09.2013 vor dem Bundespatentgericht geschlossen hatten. Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.12.2013 (Anlage K 9) mahnte die Klägerin die Beklagte zu 1) wegen Verletzung des Klagepatents ab und forderte sie vergeblich zur Erstattung vorgerichtlicher Rechts- und Patentanwaltskosten von 9.014,80 Euro auf.
18Die Klägerin ist der Ansicht, die Klage sei trotz der früheren Klage wegen Verletzung des EP 1 634 XXD auch gegenüber der Beklagten zu 1) zulässig. Die Vorschrift des § 145 PatG sei nicht anwendbar, weil das Patent des Vorprozesses einen anderen technischen Sachverhalt zum Gegenstand gehabt habe. Ferner habe sie nicht schuldhaft gehandelt. Sie hat geltend gemacht, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch, und die Beklagten wegen unmittelbarer Patentverletzung auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Feststellung der Schadenersatzpflicht, Erstattung der vorgerichtlichen Kosten und – nur die Beklagte zu 1) – auf Rückruf aus den Vertriebswegen in Anspruch genommen.
19Die Beklagten haben angeführt, die Klage sei wegen Verstoßes gegen § 145 PatG unzulässig. Das Klagepatent und das Patent des Vorprozesses betreffen „dieselbe Handlung“, indem Kern beider Lehren die elektronische Steuerung des Heizstroms sei und sich die Verletzungsbehauptungen jeweils auf die Arbeitsweise dieser Steuerung der angegriffenen Ausführungsform beziehen. Ferner haben sie geltend gemacht, die angegriffene Ausführungsform benutze das Klagepatent nicht. Sie verfüge nicht über eine elektronische Steuerungseinrichtung, die auf das Erfassen einer Änderung des Widerstands der Schmelzschicht eingestellt sei, um die Stromversorgung zur Leitereinrichtung zum Verhindern der Zerstörung der Schmelzschicht zu ändern. Ferner habe das Heizelement keine patentgemäße Schmelzdetektionsschaltung. Hilfsweise haben sie eine Aussetzung des Rechtsstreits bis zum rechtskräftigen Abschluss des Nichtigkeitsverfahrens beantragt.
20Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
21Das Landgericht Düsseldorf hat den Rechtsstreit nicht ausgesetzt und der Klage mit Urteil vom 26.03.2015 auf Grundlage des ursprünglich erteilten Klagepatents in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe gegen die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche wegen Patentverletzung.
22Die Klage gegen die Beklagte zu 1) sei zulässig, da es bezogen auf den Vorprozess an einer gleichartigen Handlung fehle. Zum Einen setze die Lehre des EP 1 634 XXE andere Elemente und Bauteile der Vorrichtung voraus als das Klagepatent. Insbesondere sehe jene Lehre keine Schmelzschicht mit negativem Temperaturkoeffizienten zwischen zwei Leitereinrichtungen wie im Klagepatent vor. Zum Anderen betreffen beide Lehren unterschiedliche Funktionen. Während beim Klagepatent zeitunabhängig bestimmte Temperaturschwellen von Bedeutung seien, komme es nach der Lehre im Vorprozess unabhängig von der erreichten Temperatur darauf an, wie viel Betriebszeit in welcher Betriebsphase verstrichen sei.
23Die Klage sei ferner begründet, da sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs verwirklicht seien. Die patentgemäße Lehre sei nicht auf eine Wirkungsweise der Steuereinrichtung beschränkt, bei der diese ausschließlich eine Änderung des Widerstands der Schmelzschicht, aber keine anderen Parameter erfasse und eine Änderung der Stromversorgung nur von der Änderung dieses Widerstands abhängig mache. Soweit die Klagepatentschrift zusätzlich zur Steuereinrichtung und zur Schmelzdetektionsschaltung eine weitere Sicherung in Gestalt der Ausführung der zweiten Leitereinrichtung als Sensordraht mit positivem Temperaturkoeffizienten beschreibe sowie die I- und H-Detektoren als „aus Sicherheitsgründen elektronisch vollkommen separat“ bezeichne, sei dies eine zusätzliche Möglichkeit, aber keine zwingende Ausgestaltung der Steuereinrichtung im Hauptanspruch. Daher könne die Steuereinrichtung patentgemäß auch und gleichzeitig zur Detektion eines anderen Effekts dienen, sofern nicht der eine Effekt die Detektion des anderen erschwere oder ausschließe. Dem Klagepatent sei kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass dies im Verhältnis der Verringerung des Widerstands der Schmelzschicht zur Vergrößerung des Widerstands des Sensorleiters der Fall sein könnte. Demnach verfüge die angegriffene Ausführungsform über eine patentgemäße Steuereinrichtung, da die Beklagten selbst vorgetragen haben, dass die Steuereinheit stets die Spannung verarbeite, die durch beide Elemente – den I-Leiter und die H-Schicht – beeinflusst werde. Zudem sei nicht festzustellen, dass bei einem Temperaturanstieg die durch den I-Sensordraht und die durch die H-Schmelzschicht jeweils bewirkte Widerstandsänderung einander entgegenwirkten oder sich gar vollständig neutralisierten. Die Beklagten hätten dazu lediglich ausgeführt, dass die Effekte grundsätzlich einander entgegenstehen, nicht aber, dass dies bei der konkreten Schaltung des Sensordrahtes und der Schmelzschicht in der angegriffenen Ausführungsform der Fall sei.
24Bei der patentgemäßen Schmelzdetektionsschaltung sei unerheblich, auf welche Weise sie den Zusammenhang zwischen dem detektierten Schmelzen und der Unterbrechung der Stromversorgung gewährleiste. Das Klagepatent enthalte dazu keine Angaben, weshalb die konkrete Umsetzung ins technische Belieben des Fachmannes gestellt sei. Im Stand der Technik seien bereits Möglichkeiten bekannt gewesen, das Schmelzen zu detektieren und das Abbrechen der Stromversorgung daran anzuknüpfen. Von dieser Sicherung grenze sich die technische Lehre des Klagepatents nicht ab, sondern sie unterscheide sich vom Stand der Technik lediglich dadurch, dass sie diese neben der zuvor eingreifenden Sicherung vor Überhitzung lediglich als zusätzliche Sicherung vorsehe. Dementsprechend gehe das zweite Ausführungsbeispiel nicht über eine herkömmliche Sicherung hinaus, indem sich wie dort beim Schmelzen der Schmelzschicht die beiden Leiter elektrisch kontaktierten und einen Abbruch der Stromversorgung auslösten. In gleicher Weise kontaktierten bei der angegriffenen Ausführungsform die beiden elektrischen Leiter, wenn die Schmelzschicht schmelze, und lösten dadurch die beiden Heizwiderstände der thermischen Sicherung „THF“ aus, weshalb dieses Merkmal verwirklicht sei.
25Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgen. Sie vertreiben die angegriffene Ausführungsform nicht mehr und haben mit Schriftsatz vom 03.03.2016 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.
26Die Beklagten nehmen auf ihr erstinstanzliches Vorbringen nebst Beweisantritten Bezug und führen an: Das Landgericht habe der Klage zu Unrecht stattgegeben.
27Die Klage gegen die Beklagte zu 1) sei wegen § 145 PatG bereits unzulässig. Entgegen der Ansicht des Landgerichts liege eine gleichartige Handlung vor. Die Ausführungsformen beider Patente wiesen identische Elemente und Bauteile auf. Der einzige Unterschied bestehe darin, dass eine Schmelzschicht mit negativem Temperaturkoeffizienten im unabhängigen Hauptanspruch des EP 1 634 XXD B1 nicht beansprucht werde. Sie sei dort aber in einem Ausführungsbeispiel vorgesehen und damit die typische und bevorzugte Ausführungsform beider Patente. Es werde auch die konkrete Ausgestaltung der Heizdecke mit Heizkordel und Steuereinrichtung angegriffen. Soweit nur in diesem Rechtsstreit die H-Charakteristik der Schmelzschicht ausdrücklich beansprucht sei, handele es sich gegenüber dem Hauptanspruch aus dem EP 1 634 XXD B1 um eine konkretisierte Form. Ferner sei die Steuereinheit der in beiden Verfahren angegriffenen Ausführungsformen identisch aufgebaut. Der Unterschied zwischen den beiden Patentansprüchen in der früheren und in dieser Klage bestehe lediglich in den jeweils von dieser Steuereinheit verarbeiteten Parametern. Auf unterschiedliche Verfahrensweisen komme es jedoch schon deshalb nicht an, da es um ein angeblich von beiden Patenten erfasstes Erzeugnis gehe. Selbst wenn man jedoch auf die Parameter abstellte, sei gleichwohl eine gleichartige Handlung gegeben, da die beanspruchten Steuervorgänge eng miteinander verwandt seien. Denn der Eingangswert zur Regelung der Parameter nach dem EP 1 634 XXD B1 werde nach dem dortigen Ausführungsbeispiel ebenso wie beim Klagepatent durch die H-Schicht geliefert. Die zu steuernden Parameter seien ferner direkt miteinander verknüpft, indem die im Klagepatent relevante Schmelztemperatur der Schmelzschicht eine absolute Grenze setze, unter der die maximale Oberflächentemperatur während der Anfangszeitdauer und der Dauerbetriebsphase nach dem EP 1 634 XXD B1 zwangsläufig liegen müsse. Die mögliche Verknüpfung der relevanten Parameter beider Patente in einer einheitlichen Steuerlogik zeige ferner die Isolationsüberwachungsstufe gemäß Anspruch 5 des EP 1 634 XXD B1 und die in Ansprüchen 6 und 7 gelehrte zusätzliche Sicherungsschaltung, die der doppelten Absicherung nach dem Klagepatent entspreche. Daher seien die Merkmale beider Patente so eng miteinander verzahnt, dass es sich wegen des engen technischen Zusammenhangs aufdränge, sie gemeinsam in einer Klage anzugreifen.
28Die angegriffene Ausführungsform verletze ferner das Klagepatent nicht. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei das Klagepatent auf eine Wirkungsweise der Steuereinrichtung beschränkt, die ausschließlich eine Änderung des Widerstands der Schmelzschicht, aber keine anderen Parameter erfasse. Daher müsse sichergestellt sein, dass die elektronische Steuereinrichtung unmittelbar auf eine Änderung des Widerstands der Schmelzschicht reagiere und nicht durch andere Faktoren beeinflusst werde. Aus der Existenz der Schmelzdetektionsschaltung als zusätzlicher Sicherung sei nicht zu schließen, wie der Fachmann das Erfassen einer Änderung des Widerstands der Schmelzschicht durch die Steuereinrichtung verstehe, weil beide Sicherungen und Schaltungen völlig unabhängig voneinander seien. Die Schmelzdetektionsschaltung sei ein thermisches, den Schmelzcharakter der H-Schicht ausnutzendes Schmelzsystem, das ohne Beteiligung der elektronischen Steuereinrichtung die thermische Sicherung auslöse. Das Ausführungsbeispiel der Figur 3 sowie die Unteransprüche 4 und 5 stützten die Auslegung des Landgerichts ebenfalls nicht. Vielmehr verwende die Steuereinrichtung einerseits die H-Charakteristik der Schmelzschicht zur Steuerung der Stromversorgung und andererseits nach Anspruch 5 die I-Charakteristik des Sensorleiters, ohne dass von einer Kombination die Rede sei. Im Gegenteil werde im einzigen Ausführungsbeispiel dazu sogar ausdrücklich beschrieben, dass die I- und H-Detektoren aus Sicherheitsgründen elektronisch vollkommen separat seien. Eine Ausführungsform, bei der die Widerstandswerte der I- und H-Elemente einen gemeinsamen Wert für die Steuereinrichtung generierten, der stets dem Einfluss und der Wechselwirkung beider Widerstandselemente ausgesetzt sei, sei dem Klagepatent an keiner Stelle zu entnehmen. Da der Mikrocontroller der angegriffenen Ausführungsform unstreitig nur einen Eingang habe, der gleichzeitig Ausgang der Zündpulse für den Thyristor sei, und bei ihr somit eine gleichzeitige Verarbeitung der I- und H-Eingangswerte stattfinde, verfüge sie nicht über eine patentgemäße Steuereinrichtung. Es komme zu einer Überlagerung der I- und H-Signale, die nicht vom Gegenstand des Klagepatentanspruchs erfasst sei. Dementsprechend fehle es auch an der erforderlichen unmittelbaren Verbindung zwischen dem Eingang der Steuereinrichtung und der Schmelzschicht. Dabei könne die Steuereinrichtung aufgrund der Anordnung der Schaltung allenfalls das Verhalten eines sehr kleinen Teils der Schmelzschicht am nahe bei der Stromquelle liegenden Ende des Heizelements erfassen, während am von der Stromquelle entfernten Ende des Heizelements der volle Widerstand der Sensorleitung zwischen der Schmelzschicht und dem Eingang der Steuereinrichtung liege. Einer Verwirklichung dieses Merkmals stehe zudem entgegen, dass es sich um ein dynamisches System handle, dessen konkretes Verhalten sich kaum vorhersagen lasse. Je nach mechanischer Belastung des Heizelements könne die Erhitzung an verschiedenen Stellen unterschiedlich sein. Bei Erhitzung steige der Widerstand der Sensorleitung der Klägerin zufolge auf über 600 Ohm, was jedoch auch den Spannungsabfall über der Sensorleitung signifikant erhöhe und somit den Einfluss der nachgeschalteten Schmelzschicht deutlich verringere. Da der Mikrocontrolleranschluss U1-4 nur einen Summenwert erfasse, der von Spannung, Stromstärke und Temperatur abhängig sei, könne der Mikrocontroller nicht feststellen, welche Spannungsänderung zu welchem Zeitpunkt auf einer Änderung des Widerstands der Schmelzschicht, auf dem I-Verhalten der Sensorleitung oder auf anderen Faktoren beruhe. Die Steuerung spreche ebenso auf Situationen an, bei denen sich der Widerstand der Schmelzschicht nicht auswirke, wie etwa eine Widerstandsänderung der Sensorleitung, ein Kurzschluss am stromquellenseitigen Ende der Heiz- und Sensorleitungen oder eine Unterbrechung der Verbindung X1-2.
29Hinzu komme noch, dass die H-Schmelzschicht aufgrund von Toleranzen von Heizdecke zu Heizdecke unterschiedlich ausfalle. Der Kunststoff unterliege erheblichen Schwankungen, was sich unmittelbar in den Widerstandswerten und -verläufen auswirke. Davon ausgehend sei jedoch der Summenwert am Mikrocontrolleranschluss U1-4 bei jeder Heizdecke verschieden. Deswegen könne die Steuerung nur einen allgemeinen Schwellenwert vorsehen, bei deren Erreichen sie den Strom abschalte. Sie könne aber nicht für jede Heizdecke sicherstellen, dass dies vor einem Schmelzen der Schmelzschicht geschehe. Dies wäre vielmehr nur dann möglich, wenn die Werte für jede einzelne Heizdecke gemessen und im Speicher der Steuerung hinterlegt würden. Das sei aber praktisch ausgeschlossen und bei der angegriffenen Ausführungsform auch nicht geschehen. Es werde somit in Kauf genommen, dass die Schmelzschicht in bestimmten Fällen zerstört werden könne.
30Abgesehen davon müsse die Erfassung der Widerstandsänderung der Schmelzschicht vor dem Ansprechen der Schmelzdetektionsschaltung stattfinden. Die beiden Merkmalsgruppen legten eine zwingende Rangfolge zwischen den Schutzmechanismen fest, weshalb es nicht genüge, wenn eine bloße Wahrscheinlichkeit für das vorrangige Eingreifen der Steuereinrichtung bestehe. Zu diesem Zweck sei durch schaltungstechnische Maßnahmen eine vollständige Trennung zwischen den beiden Schutzmechanismen sicherzustellen. Das sei bei der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall: Beide Schutzmechanismen seien so verschaltet, dass immer wenn negative Halbwellen die Anschlüsse X1-1 und X1-2 überbrücken können, auch die Schmelzdetektionsschaltung mit diesen negativen Halbwellen beaufschlagt werde. Bei einem Kurzschluss nahe bei oder an den stromquellenseitigen Anschlüssen X1-1 und X1-2 werde daher die Thermosicherung THF 115° sofort und unmittelbar beaufschlagt, ohne dass die voll funktionsfähige Steuerelektronik eine Widerstandsänderung der Schmelzschicht registrieren könne, wobei sehr wahrscheinlich die Thermosicherung unverzüglich ansprechen werde.
31Die angegriffene Ausführungsform verfüge ferner nicht über eine thermische Schmelzdetektionsschaltung mit Thermosicherung. Eine patentgemäße Schmelzdetektionsschaltung liege nur vor, wenn sie vor einem Kurzschluss zwischen den beiden Leitern ein Schmelzen der Schmelzschicht detektiere. Zu einer „Schmelzdetektion“ gehöre außerdem, dass die Sicherungseinrichtung in der Lage sei, zwischen dem Schmelzen und anderen möglichen Ursachen zu unterscheiden. Daran fehle es bei der angegriffenen Ausführungsform, indem die Thermosicherung THF 115° auch auslösen könne, wenn die Schmelzschicht nicht geschmolzen sei, etwa bei einem Kurzschluss zwischen den Punkten X1-1 und X-2 oder bei einem „Durchschlagen“ des Thyristors T1. Im Übrigen sei der Schutzbereich nunmehr explizit beschränkt auf eine thermische Schmelzdetektionsschaltung mit einer Thermosicherung. Eine solche Thermosicherung sei dazu geeignet und bestimmt, das Schmelzen der Schmelzschicht anhand ihrer Temperatur zu detektieren. Sie unterscheide sich von einer schlichten Überstromsicherung dadurch, dass sie die Funktion habe, einen Stromkreis bei Erreichen einer vorbestimmten Temperatur zu unterbrechen, und sie aufgrund des erforderlichen thermischen Kontakts nahe oder in den zu überwachenden Bauelementen angeordnet sei. Davon ausgehend gebe die Zweckangabe „zum Detektieren des Schmelzens der Schmelzschicht“ vor, dass durch die Verschaltung und Anordnung der Thermosicherung ein thermischer Kontakt zur Schmelzschicht bestehen müsse. Dies sei bei der angegriffenen Ausführungsform nicht gegeben, weil das Bauelement THF nicht in thermischer Verbindung mit der Schmelzschicht, sondern mit den Heizwiderständen R6 und R7 stehe und diese Schaltung in großem räumlichem Abstand von der Schmelzschicht in der Stromführung angeordnet sei. Sie spreche folglich nicht auf die Erhitzung der Schmelzschicht, sondern auf die Erhitzung der Heizwiderstände an, die unstreitig bei jedem Überstrom auftrete, unabhängig davon, ob dieser auf einem Schmelzen der H-Schicht oder auf einer anderen Ursache beruhe. Die Sicherung werde (nur) aktiv bei einem Kurzschluss zwischen den Leitern der Heizkordel oder wenn auf andere Weise ein Überstrom auftrete, womit sie lediglich die Funktion einer herkömmlichen Überstromsicherung besitze.
32Die Parteien haben die Klageanträge auf Unterlassung und auf Rückruf aus den Vertriebswegen in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
33Die Beklagten beantragen im Übrigen,
34das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 26.03.2015, Az. 4a O 22/14 abzuändern und die Klage abzuweisen.
35Die Klägerin beantragt,
36die Berufung mit den im Tenor dieses Urteils aufgeführten Maßgaben zurückzuweisen.
37Sie verteidigt das angefochtene Urteil und nimmt auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug. Ergänzend trägt sie vor: Die Klage sei auch gegen die Beklagte zu 1) zulässig; § 145 PatG sei nicht anwendbar. Es liege keine gleichartige Handlung vor, weil die technische Lehre des EP 1 634 XXD B1 nicht – wie das Klagepatent – einen Überhitzungsschutz durch verschiedene Systeme zum Gegenstand habe. Die Beklagten hätten bereits nicht hinreichend dargelegt, dass die jeweils beanspruchten Heizkissen bezüglich der maßgeblichen Funktionen der einzelnen Bauteile tatsächlich baugleich seien. Abgesehen davon seien bei der Auslegung und bei der Verletzung in beiden Patenten unterschiedliche Fragen relevant. Im EP 1 634 XXD B1 sei nur von Bedeutung, in welcher Betriebsart welche Zeit verstrichen sei, während die Temperaturerfassung unbeachtlich sei. Das Klagepatent enthalte demgegenüber keine Offenbarung hinsichtlich einer Zeitsteuerschaltung.
38Die angegriffene Ausführungsform mache vom Klagepatent Gebrauch. Die Steuereinrichtung müsse nicht allein auf das Erfassen einer Änderung des Widerstandes der Schmelzschicht beschränkt sein. Der weit gefasste Anspruchswortlaut gebe dafür nichts her. Ferner spreche gegen eine einschränkende Auslegung, dass die Steuereinrichtung 68 in der Figur 1 der Klagepatentschrift nicht nur auf eine Änderung des Widerstandes der Schmelzschicht reagiere, indem dann die Torschaltung abgeschaltet und der Gleichrichter 28 geschlossen werde. Daneben steuere sie vielmehr auch das Heizkissen mit Hilfe des Gleichrichters 28 im Normalbetrieb, wobei dies mittels Impulsgenerator und Nulldurchgangsmessung der Netzspannungswellenform, mithin auf Grundlage anderer Parameter geschehe. Überdies sei den Ansprüchen 4 und 5 zu entnehmen, dass die Steuereinrichtung auch eine Signalkombination aus der I-Charakteristik des Sensorleiters und der Änderung des Widerstandes der Schmelzschicht erfassen könne. Entscheidend sei nur, dass andere Signale nicht der technischen Wirkung des auf die Widerstandsänderung der Schmelzschicht beruhenden Signals entgegenstehen. Eine derartige Überlagerung erfolge indes bei der angegriffenen Ausführungsform nicht. Das Vorbringen der Beklagten zu Toleranzen und zu unterschiedlichen Widerstandswerten der H-Schmelzschicht bei jeder Heizdecke sei neu und werde bestritten.
39Im Hinblick auf die Rangfolge der Sicherungsmechanismen sei es zwar richtig, dass die Steuereinrichtung zuverlässig vor dem Auslösen der Schmelzdetektionsschaltung eingreifen müsse, um ein Überhitzen möglichst zu vermeiden. Diese patentgemäße Rangfolge sei aber nur im Falle einer Überhitzung relevant, während sich der Klagepatentanspruch über andere Schadenszenarien wie etwa einen Kurzschluss nicht verhalte. Davon ausgehend verwirkliche die angegriffene Ausführungsform dieses Merkmal, indem die Thermosicherung bei Überhitzung nur eingreife, wenn die Steuereinrichtung ausfalle. Der von den Beklagten konstruierte Kurzschlussfall habe hingegen mit einer Verhinderung des Schmelzens der Schmelzschicht nichts zu tun.
40Die angegriffene Ausführungsform verfüge weiter über eine thermische Schmelzdetektionsschaltung mit einer Thermosicherung. Für die Verwirklichung dieses Merkmals sei nicht von Bedeutung, ob das Schmelzen der Schmelzschicht unmittelbar oder bloß mittelbar detektiert werde, weshalb es auch vom Schutzbereich umfasst sei, wenn einzelne an der Schmelzdetektion beteiligte Schaltungselemente – wie die beiden Heizwiderstände der angegriffenen Ausführungsform – den mit dem Schmelzen einhergehenden Überstrom als eine eigene Temperaturerhöhung übersetzten und diese, sofern sie eine vorgegebene Grenze überschreite, zum Auslösen der Thermosicherung führe. Die Schmelzdetektionsschaltung müsse ferner nicht in der Lage sein, zwischen einem Schmelzen der Schmelzschicht und anderen möglichen Ursachen für einen Abbruch der Stromversorgung zu differenzieren. Vielmehr sei dieses Merkmal auch erfüllt, wenn sie nicht nur bei einem Schmelzen der Schmelzschicht, sondern ebenso aus anderen Gründen auslösen könne. Das Klagepatent mache ferner keine Vorgaben dazu, wo und wie die Thermosicherung anzuordnen sei. Insbesondere sei entsprechend dem Ausführungsbeispiel der Figur 3 in der Klagepatentschrift kein direkter Kontakt der Thermosicherung mit der Schmelzschicht erforderlich. Eine unmittelbare thermische Überwachung eines längeren Heizelements wäre überdies gar nicht möglich, weil das Schmelzen an jeder Stelle des Heizelements auftreten könne. Die Sicherung THF 115° sei dementsprechend eine patentgemäße Thermosicherung, weil sie unstreitig nach einem Schmelzen der Schmelzschicht auf eine durch hohen Stromfluss bedingte Erwärmung der mit ihr thermisch gekoppelten Heizwiderstände R6 und R7 anspreche mit der Folge eines Abbruchs der Stromversorgung zur ersten Leitereinrichtung.
41B.
42Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die in den Tenor dieses Urteils aufgenommenen Änderungen beruhen darauf, dass die Parteien in der Berufungsinstanz die Anträge auf Unterlassung und auf Rückruf aus den Vertriebswegen übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben und das angefochtene Urteil daher insoweit – was klarstellend in den Tenor aufgenommen worden ist – wirkungslos geworden ist, und dass die Klägerin die Klage in gemäß §§ 533, 263, 264 Nr. 2 ZPO zulässiger Weise durch Einfügen des Zusatzes „mit einer Thermosicherung“ entsprechend der aufrechterhaltenen Fassung des Klagepatents beschränkt hat.
43I.
44Die Klage ist zulässig und begründet.
451.
46Das Klagepatent hat Heizdecken und andere Tuchmaterialien zum Gegenstand, die mit elektrischen Heizelementen versehen sind.
47Nach den einleitenden Ausführungen in der Klagepatentschrift verfügen herkömmliche Heizdecken über ein Heizelement in Form einer langen röhrenförmigen Baugruppe. Ein solches Heizelement umfasst einen inneren Kern, um den ein innerer Widerstandsheizleiter gewickelt ist, ein Plastikrohr, das den inneren Leiter umgibt, einen äußeren Widerstandsheizleiter, der auf das Plastikrohr aufgewickelt ist und ein äußeres Hüllrohr. Das Plastikrohr bildet eine Schmelzschicht zwischen den Widerstandsheizleitern und verhindert eine Überhitzung der Decke. Die Widerstandsheizleiter sind an einem Ende an ein Wechselstromversorgungsgerät angeschlossen und am anderen Ende durch einen Einweggleichrichter, z. B. eine Diode, verbunden, damit nur Halbwellen einer Art die Leiter passieren können. Wird das Heizelement zu heiß, schmilzt das Plastikrohr. Das verursacht entweder einen Kurzschluss zwischen den Leitern, wenn das Schmelzen am ersten, stromquellenseitigen Ende des Heizelements stattfindet, oder lässt die negativen Halbwellen durch die Leiter strömen. In beiden Fällen kann der Zustand festgestellt und die Stromzufuhr abgestellt werden (Seite 1 der Übersetzung der Klagepatentschrift; nachfolgend Übersetzung). An diesen vorbekannten Heizelementen kritisiert das Klagepatent, dass die Entdeckung eines Schmelzzustands zu einer irreparablen Zerstörung des Heizelements führt und die Heizdecke damit unbrauchbar wird.
48Um dies zu verhindern, sind im Stand der Technik Heizelemente bekannt, bei denen sich ein dritter elektrischer Leiter im inneren Kern befindet, der vom inneren Widerstandsheizleiter durch eine Schicht speziell dotierten PVC´s mit Heißleitercharakteristik (H - negativer Temperaturkoeffizient) getrennt ist. Auf diese Weise bildet die PVC-Schicht einen Widerstand zwischen dem inneren Leiter und dem dritten Leiter, der mit steigender Temperatur des Materials abnimmt. Dadurch findet bei einem Überhitzen des Heizelements eine Widerstandsänderung statt und die H wird auf elektronischem Wege zur Feststellung dieser Widerstandsänderung genutzt, um die Stromversorgung der Heizdecke zu ändern, bevor das Plastikrohr schmilzt. An dieser Lösung kritisiert das Klagepatent, dass das Heizelement und damit die Heizdecke durch das Hinzufügen des dritten Leiters und des H-Materials dicker, weniger biegsam und zudem meist auch kostspieliger werde (S. 2 der Übersetzung).
49Selbst wenn – so die Übersetzung der Klagepatentschrift auf Seite 3 weiter – H-Schichten in Zweileiterheizelementen verwendet werden, sei es schwierig, entlang des gesamten Verlaufs des Heizelements eine einheitliche Charakteristik zu erzielen, so dass häufig eine teure und zeitraubende Kalibrierung erforderlich sei. Da die Heizvorrichtungen gewöhnlich in verschiedenen Größen verkauft werden, habe jede Vorrichtung ein unterschiedlich langes Heizelement mit der Folge, dass die zur Steuereinheit zurückgeleiteten H-Werte für verschiedene Vorrichtungen unterschiedlich seien und daher jede Vorrichtung gesondert kalibriert werden müsse.
50Aus dem Stand der Technik ebenfalls bekannt ist das I-Verfahren (I - positiver Temperaturkoeffizient). Es wird dort ein kohlenstoffimprägniertes Polymer verwendet, das von zwei parallelen Sammelschienen gespeist wird, um ein selbstregulierendes Element zu bilden. Das Klagepatent sieht daran als nachteilig an, dass es teuer, schwierig herzustellen und voluminös sei und zudem bei europäischen Spannungen in der Größenordnung von 240 Volt zum Ausfall neige. Ferner ist bekannt, Bimetallstreifen zum Erfassen hoher Temperaturpegel zu verwenden, die – so das Klagepatent – jedoch Kosten und Größe der Vorrichtung erhöhten und schwer zu installieren seien.
51Vor diesem Hintergrund ist es die Aufgabe des Klagepatents, ein Heizelement mit nur zwei statt drei Leitern bereitzustellen, bei dem eine Überhitzung zuverlässig und mit möglichst geringem Aufwand so festgestellt werden kann, dass sie nicht zu einer Zerstörung des Heizelements und somit der Heizdecke führt (vgl. S. 4 der Übersetzung; BGH, Urteil vom 28.08.2018 – X ZR 72/16).
52Zur Lösung dieses technischen Problems schlagen die Patentansprüche 1 und 13 des Klagepatents eine elektrische Heizdecke mit folgenden Merkmalen vor:
531. Die elektrische Heizdecke verfügt über ein längliches Heizelement (20 X).
542. Das Heizelement (20X) umfasst
552.1 eine erste Leitereinrichtung (12X), die
562.1.1 Wärme für die Decke erzeugt und
572.1.2 sich längs des Heizelements (20X) erstreckt;
582.2 eine zweite Leitereinrichtung (16X), die
592.2.1 sich längs des Heizelements (20X) erstreckt;
602.3 eine Schmelzschicht (14X), die
612.3.1 zwischen der ersten (12X) und zweiten (16X) Leitereinrichtung angeordnet und
622.3.2 so ausgewählt, gestaltet, konstruiert oder anderweitig ausgebildet ist, dass sie einen negativen Temperaturkoeffizienten (H) aufweist;
632.4 eine elektronische Steuereinrichtung (30X), die eingestellt ist
642.4.1 auf das Erfassen einer Änderung des Widerstands der Schmelzschicht (14X),
652.4.2 um die Stromversorgung zur Leitereinrichtung (12X) zum Verhindern der Zerstörung der Schmelzschicht zu ändern;
662.5 eine Schmelzdetektionsschaltung (28X, 50X, 52X, 4X, 16X, 12X) mit einer Thermosicherung (28X), die bei Ausfall der Steuereinrichtung (30X),
672.5.1 das Schmelzen der Schmelzschicht (14X) detektiert und
682.5.2 die Stromversorgung zur ersten Leitereinrichtung (12X) abbricht.
69Nach der Lehre des Klagepatents wird deswegen kein dritter Leiter benötigt, weil die Schmelzschicht gleichzeitig als H-Schicht dient (vgl. S. 5 Abs. 5 der Übersetzung).
702.
71Die Klage ist auch gegen die Beklagte zu 1) zulässig. Diese kann sich nicht auf die Einrede aus § 145 PatG berufen, da die Klage nicht dieselbe oder eine gleichartige Handlung betrifft wie die frühere Klage vor dem Landgericht München I.
72Ob „dieselbe oder gleichartige Handlung“ vorliegt, richtet sich nicht nach dem üblichen Sprachgebrauch, sondern nach prozessrechtlichen Kriterien. Wegen des Ausnahmecharakters dieser Regelung ist eine enge Auslegung geboten. Als Handlung im Sinne des § 145 PatG ist deswegen bei einer aus mehreren Teilen bestehenden Gesamtvorrichtung der mit dem Klageantrag konkret beschriebene, durch die Ausgestaltung eines bestimmten Teils der Gesamtvorrichtung charakterisierte konkrete Verletzungstatbestand zu verstehen (BGH, GRUR 1989, 187 – Kreiselegge II; BGH, GRUR 2011, 411 – Raffvorhang).
73a)
74„Dieselbe Handlung“ liegt davon ausgehend nicht schon vor, wenn mit der Klage eine aus mehreren Teilen bestehende Vorrichtung angegriffen wird, die bereits Gegenstand einer früheren Klage gewesen ist. Vielmehr müssen sich die Verletzungstatbestände in ihrer durch die Merkmale der Klageanträge konkretisierten Form im Wesentlichen decken (BGH, GRUR 1989, 187 – Kreiselegge II).
75Daran fehlt es hier: Die Klägerin hat sich im Vorprozess gegen Herstellung und Vertrieb eines Heizkissens mit den im Urteil des Landgerichts auf den Seiten 14/15 wiedergegebenen Merkmalen gewandt. Auf die dortige Merkmalsgliederung wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Der jener Klage zugrunde liegende Verletzungstatbestand ist charakterisiert durch die besondere Ausgestaltung eines Steuerglieds mit einer Zeitsteuerschaltung, welche die Heizleistung in zwei Betriebsphasen – der Anfangszeitdauer und der Dauerbetriebsphase – regelt (Merkmale d) bis g)). Der mit der vorliegenden Klage geltend gemachte Verletzungstatbestand ist hingegen durch eine bestimmte Einstellung der Steuereinrichtung (Merkmal 2.4) gekennzeichnet, die einen Überhitzungszustand feststellen und infolgedessen eine irreparable Zerstörung der Heizdecke verhindert, indem sie die Stromversorgung ändert, wenn eine bestimmte maximale Temperatur überschritten wird. Während es somit im Vorprozess im Kern um die Regelung des Normalbetriebs ging, ist Gegenstand dieses Rechtsstreits das Verhalten des Heizkissens, wenn der Normalbetrieb gestört ist. Dies ist nicht derselbe Verletzungstatbestand, auch wenn beide Tatbestände nach dem Vortrag der Klägerin durch Herstellung und Vertrieb der gleichen Gesamtvorrichtung verwirklicht werden.
76b)
77Eine gleichartige Handlung ist ebenfalls nicht gegeben.
78Zur Beantwortung der Frage, ob zwei Handlungen „gleichartig“ sind, ist eine wertende Beurteilung erforderlich, die sich einerseits an dem vom Gesetzgeber bezweckten Schutz des Beklagten zu orientieren, andererseits aber auch die mit der Zusammenfassung mehrerer Schutzrechte in einem einzigen Verletzungsprozess verbundenen Nachteile zu berücksichtigen und rechtsstaatliche Erfordernisse zu beachten hat. Danach sind Handlungen nur gleichartig, wenn die weitere Handlung im Vergleich zur im ersten Rechtsstreit angegriffenen Handlung zusätzliche oder abgewandelte Merkmale aufweist, bei denen es sich wegen eines engen technischen Zusammenhangs aufdrängt, sie gemeinsam in einer Klage aus mehreren Patenten anzugreifen (BGH, GRUR 1989, 187 – Kreiselegge II; BGH, GRUR 2011, 411 – Raffvorhang). Dafür reicht es nicht, wenn einzelne Teile einer Gesamtvorrichtung, deren konkrete Ausgestaltung im ersten Rechtsstreit angegriffen worden ist, auch für die Verwirklichung des im zweiten Rechtsstreit geltend gemachten Verletzungstatbestandes von Bedeutung sind. Mindestvoraussetzung ist vielmehr, dass auch im zweiten Rechtsstreit die konkrete Ausgestaltung dieser Teile angegriffen wird, sei es in derselben oder abgewandelter Form (BGH, GRUR 2011, 411 – Raffvorhang).
79Nach Maßgabe dieser Grundsätze kann sich die Beklagte zu 1) nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sowohl das Klagepatent als auch das im Vorprozess streitgegenständliche EP 1 634 XXD B1 identische Elemente und Bauteile aufweisen, indem sie insbesondere jeweils über eine Heizkordel bzw. ein Heizelement und eine elektronische Steuereinrichtung verfügen. Selbst wenn man dies als richtig unterstellt, so begründet dies noch keine gleichartige Handlung, sondern es muss vielmehr hinzukommen, dass die konkrete Ausgestaltung dieser Teile übereinstimmt oder bei einem der Patente lediglich – durch abgewandelte oder zusätzliche Merkmale – weiterentwickelt ist. Das ist nicht der Fall, weil Kern der Verletzungstatbestände in beiden Klagen nicht die gleichen Funktionen der Steuereinrichtung in abgewandelter Form oder mit zusätzlichen Merkmalen sind. Vielmehr stellen die Zeitsteuerung der Heizleistung im Normalbetrieb nach dem EP 1 634 XXD B1 und die Feststellung eines Überhitzungszustandes bei einer Störung des Normalbetriebs unterschiedliche Funktionen dar, die nicht austauschbar, sondern voneinander unabhängig sind und sich in diesem Sinne gegenseitig ergänzen. Das EP 1 634 XXD B1 betrifft eine Steuerung unterhalb der sicherheitsrelevanten, zur Zerstörung der Schmelzschicht führenden Temperaturen und das Klagepatent im Gegensatz dazu die Steuerung beim Auftreten solcher sicherheitsrelevanten Temperaturen. Das nachangemeldete EP 1 634 XXD B1 ist damit keine Abwandlung oder Weiterentwicklung des Klagepatents mit zusätzlichen Merkmalen, sondern hat einen anderen technischen Gegenstand. Die vorliegende Klage richtet sich mithin gegen einen Verletzungstatbestand, dessen Verwirklichung nicht davon abhängt, ob die für den Gegenstand des ersten Rechtsstreits charakteristischen Merkmale verwirklicht sind.
80Die Steuerungen der beiden Patente sind entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) auch nicht deswegen eng miteinander verknüpft, weil die im Klagepatent relevante Schmelztemperatur der Schmelzschicht eine absolute Grenze setzt, unter der die maximale Oberflächentemperatur gemäß der Merkmalsgruppe g) bis g2) des EP 1 634 XXD B1 zwangsläufig liegen muss. Dieser Umstand bestätigt vielmehr im Gegenteil, dass für die Steuerungen beider Patente unterschiedliche Voraussetzungen gelten und sie überdies sogar an gegensätzliche Sachverhalte anknüpfen. Die Steuerungseinrichtungen sind nicht etwa austauschbar, sondern können einander nur ergänzen.
81Eine andere Beurteilung ergibt sich ferner nicht daraus, dass der Eingangswert sowohl für die Zeitsteuerschaltung nach dem Ausführungsbeispiel in Absatz [0024] des EP 1 634 XXD B1 als auch für die elektronische Steuereinrichtung nach dem Klagepatent durch die H-Schicht (Schmelzschicht) geliefert wird und dies auch bei der konkreten Ausgestaltung in der angegriffenen Ausführungsform der Fall ist, indem der Mikrocontrolleranschluss U 1-4 den einzigen Eingang für die Spannungsmessung und damit für die Steuerung der Heizleistung (Oberflächentemperatur) bildet, dieser Eingangswert indes auch durch das temperaturbedingte Verhalten der H-Schicht im Heizelement beeinflusst wird. Daraus folgt zwar, dass beide Steuerungen vom gleichen Eingangswert abhängig sind, was dazu führen mag, dass ein tatsächlicher Zusammenhang besteht. Allerdings kommt es nicht darauf, sondern auf den normativ zu bestimmenden Verletzungstatbestand in seiner durch die Merkmale des Klageantrages konkretisierten Form und einen daraus resultierenden engen technischen Zusammenhang zwischen beiden Klagen an. Daran fehlt es hier schon deshalb, weil der Eingangswert kein Merkmal der Klageanträge und dieser somit erst recht nicht für die Verletzungstatbestände charakteristisch ist. Deswegen ändert ein gemeinsamer Eingangswert nichts daran, dass die Steuereinrichtungen verschiedene Funktionen betreffen.
82Unerheblich ist ferner, dass das EP 1 634 XXD B1 im Ausführungsbeispiel in Absatz [0024] bevorzugt eine H-Schicht, im Unteranspruch 5 eine „Isolationsüberwachungsstufe“ und in den Unteransprüchen 6 und 7 eine zusätzliche Sicherungsschaltung vorsieht und dies nach dem Vorbringen der Beklagten zu 1) der doppelten Absicherung im Klagepatent mit der elektronischen Steuereinrichtung und der Schmelzdetektionsschaltung entspricht. Es ist für die „Handlung“ im Sinne des § 145 PatG nicht entscheidend, was Inhalt oder gar der Offenbarungsgehalt des der früheren Klage zugrunde liegenden Patents oder seiner sämtlichen (Neben- und Unter-) Ansprüche ist, sondern maßgebend sind allein die in beiden Klagen jeweils konkret verfolgten Handlungen (vgl. BGH, GRUR 1989, 187 – Kreiselegge II; BGH, GRUR 2011, 411 – Raffvorhang). Die von den Beklagten aufgezeigte bevorzugte Ausführungsform mit einer H-Schicht und die genannten Unteransprüche waren aber nicht Gegenstand des Vorprozesses.
83Es überzeugt somit nicht, dass die Beklagte zu 1) nur auf die räumlich-körperliche Übereinstimmung der Bauteile in beiden Klagen abstellt und ihren jeweils unterschiedlichen Funktionen keine Bedeutung für die Abgrenzung beimessen will, ob eine gleichartige Handlung vorliegt. Insbesondere trifft es nicht zu, dass die Verarbeitung von Parametern durch die elektronische Steuereinrichtung lediglich eine – nicht geschützte – Verfahrensweise betrifft. Vielmehr handelt es sich um schutzbereichsrelevante Funktionen dieser Steuereinrichtung im Rahmen der patentgemäßen Vorrichtung. In diesem Zusammenhang ist ferner zu berücksichtigen, dass bei gattungsmäßigen elektronischen Vorrichtungen einzelne Bauteile zur Regelung oder Steuerung (z. B. ein Chip) eine Mehrzahl von verschiedenen Funktionen umfassen und zahlreiche Parameter verarbeiten, zwischen denen kein enger technischer Zusammenhang besteht, sondern die verschiedene technische Lehren betreffen und daher unabhängig voneinander sind. Würde man gleichwohl allein wegen ihrer Zuordnung zu einer Steuereinrichtung eine gleichartige Handlung bejahen, so würde dies auf diesem technischen Gebiet den Ausnahmecharakter des § 145 PatG konterkarieren und könnte außerdem zu einer unübersichtlichen Zusammenfassung zahlreicher Patente in einer Klage führen, obwohl dafür auf Seiten des Beklagten kein berechtigtes Schutzbedürfnis besteht.
84Abgesehen davon sind nicht einmal die Bauteile des durch die Merkmale der Klageanträge konkretisierten Verletzungstatbestandes identisch. Vielmehr weist ausschließlich der Verletzungstatbestand der vorliegenden Klage in seiner durch die Merkmale der Klageanträge konkretisierten Form eine H-Schicht und eine Schmelzdetektionsschaltung auf, während der mit der früheren Klage geltend gemachte Verletzungstatbestand diese Elemente nicht umfasste. Zumindest hinsichtlich der H-Schicht handelt es sich dabei auch nicht bloß um ein zusätzliches oder abgewandeltes Merkmal der im ersten Rechtsstreit angegriffenen Handlung, weil sie für die Verletzung des Klagepatents charakteristisch ist, indem von der Steuereinrichtung eine Änderung ihres Widerstandes erfasst wird, um einen Überhitzungszustand festzustellen. Gegenstand des der früheren Klage allein zugrunde liegenden Hauptanspruchs 1 des EP 1 634 XXD B1 ist demgegenüber – wie bereits ausgeführt – nicht die Feststellung eines Überhitzungszustands, sondern die Regelung der Oberflächentemperatur im Normalbetrieb.
853.
86Die Klägerin kann von den Beklagten im zuerkannten Umfang Auskunft und Rechnungslegung, Schadenersatz und Erstattung vorgerichtlicher Kosten gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. §§ 9 S. 2 Nr. 1, 139 Abs. 2, 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB verlangen, weil die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß von der technischen Lehre der Klagepatentansprüche Gebrauch macht und – was das Landgericht zutreffend ausgeführt hat und die Beklagten mit der Berufung zu Recht nicht angreifen – auch die übrigen Voraussetzungen dieser Ansprüche vorliegen.
87a)
88Die angegriffene Ausführungsform erfüllt die Merkmalsgruppe 2.4, wonach das Heizelement eine elektronische Steuereinrichtung umfasst, die eingestellt ist auf das Erfassen einer Änderung des Widerstands der Schmelzschicht, um die Stromversorgung zur Leitereinrichtung zum Verhindern der Zerstörung der Schmelzschicht zu ändern.
89aa)
90Eine patentgemäße „Einstellung“ der elektronischen Steuereinrichtung erfordert nicht, dass sie ausschließlich eine Änderung des Widerstands der Schmelzschicht gemäß Merkmal 2.4.1 erfasst. Vielmehr kann sie auch andere Parameter und insbesondere gleichzeitig die Widerstandswerte von H- und I-Elementen erfassen, selbst wenn diese einen gemeinsamen Eingangswert für die Steuereinrichtung generieren, solange dies nur ihrer weiteren Funktion nach Merkmal 2.4.2 nicht entgegensteht, bei einer Überhitzung der Heizleiter die Stromversorgung so zu beeinflussen, dass die Schmelzschicht nicht zerstört und die Heizdecke nicht unbrauchbar wird.
91(1)
92Das „Erfassen einer Änderung des Widerstands der Schmelzschicht“ (Merkmal 2.4.1) nimmt Bezug auf die Merkmalsgruppe 2.3, wonach zwischen der ersten und zweiten Leitereinrichtung eine Schmelzschicht mit einem negativen Temperaturkoeffizienten (H) angeordnet ist, mithin der Widerstand der Schmelzschicht mit steigender Temperatur abnimmt. Die Widerstandsänderung ist elektronisch messbar, da bei einer Verringerung des Widerstands der Strom besser geleitet wird. Dies führt wiederum – wie in den beiden Ausführungsbeispielen exemplarisch erläutert (vgl. S. 8 Abs. 4 und S. 12 Abs. 2 der Übersetzung) – zu veränderten Strom- bzw. Spannungswerten, die bei einer Überhitzung des Heizelements von der Steuereinrichtung rechtzeitig erfasst werden können, bevor die Schmelzschicht zu schmelzen beginnt. Daraus ergibt sich gleichzeitig, dass die Steuereinrichtung nicht unmittelbar mit der Schmelzschicht verbunden sein und deren Widerstandswerte erfassen muss, sondern das Erfassen einer Änderung des Widerstands der Schmelzschicht zumindest auch mittelbar über festgestellte Strom- und Spannungsänderungen erfolgen kann. Dementsprechend zeigen die Figuren 1 und 3 der Ausführungsbeispiele auch jeweils nur Verbindungen der Steuereinrichtung mit Leitereinrichtungen, etwa in Figur 3 zwischen dem Heizdraht 12X und der Steuereinheit 30X, aber keine direkte Verbindung zur Schmelzschicht, die sich ohnehin gemäß Merkmal 2.3.1 zwingend zwischen beiden Leitereinrichtungen befindet.
93(2)
94Das Klagepatent verfolgt ausdrücklich den Zweck, mit dem Erfassen einer Widerstandsänderung eine bei einem Schmelzvorgang unvermeidlich eintretende Zerstörung der Schmelzschicht zu verhindern (Merkmal 2.4.2), weil die Heizdecke dadurch stets irreparabel beschädigt und damit unbrauchbar wird.
95Erreicht wird dieses Ziel nach der weiteren Vorgabe in Merkmal 2.4.2 dadurch, dass die Stromversorgung zur Leitereinrichtung im Falle einer Überhitzung der Heizleiter rechtzeitig geändert wird, bevor die Schmelzschicht zwischen den Leitereinrichtungen zu schmilzen beginnt. Dabei bedeutet „Änderung“, dass die Stromversorgung nur zeitweise unterbrochen oder zumindest verringert, der Strom hingegen nicht endgültig abgeschaltet wird. Die Steuereinrichtung ist somit in der Lage, ihre patentgemäßen Funktionen wiederholt auszuüben, indem sie den Strom wieder einschalten kann, wenn der Überhitzungszustand nicht mehr besteht (so bereits BGH, Urteil vom 28.08.2018 – X ZR 72/16). Dementsprechend zeigen die Ausführungsbeispiele in der Klagepatentschrift (S. 8 Abs. 4 und S. 12 Abs. 2 der Übersetzung), dass bei Überhitzung die Stromversorgung der Wärme erzeugenden Leitereinrichtung ausgeschaltet wird, infolgedessen die Temperatur des Heizelements sinkt und so ein Schmelzen der Schmelzschicht vermieden wird. Nach einer derartigen Unterbrechung kann die Stromversorgung wieder eingeschaltet werden und die Heizdecke ist weiterhin nutzbar, weil die Steuereinrichtung dafür gesorgt hat, dass die Schmelzschicht trotz Überhitzung nicht zerstört wurde (S. 8 Abs. 4 der Übersetzung; vgl. BGH, Urteil vom 28.08.2018 – X ZR 72/16).
96(3)
97Der Begriff „eingestellt“ in Merkmal 2.4 bedeutet infolgedessen, dass die elektronische Steuereinrichtung gezielt eine Widerstandsänderung der Schmelzschicht zum Zwecke einer Änderung der Stromversorgung erfasst. Dies bedeutet aber nicht, dass die Steuereinrichtung ausschließlich auf ein Erfassen dieses Parameters ausgelegt sein müsste. Vielmehr führt es nicht aus dem Schutzbereich des Klagepatents heraus, wenn sie daneben auch andere Parameter und sogar gleichzeitig geänderte Widerstandswerte von H- und I-Elementen erkennt und verarbeitet, sofern dies nur nicht dem beschriebenen patentgemäßen Zweck entgegensteht.
98(a)
99Bereits der Wortlaut des Klagepatentanspruchs gibt für eine Auslegung, wonach die Steuereinrichtung ausschließlich eine Änderung des Widerstands der Schmelzschicht erfassen darf, nichts her. Vielmehr schließt die Formulierung „eingestellt ist auf das Erfassen …“ nicht aus, dass die Steuereinrichtung noch weitere Vorgänge oder Parameter erkennt und verarbeitet.
100(b)
101Bei der gebotenen funktionsorientierten Auslegung ergibt sich unter Heranziehung der Beschreibung in der Klagepatentschrift ebenfalls nicht, dass die Steuereinrichtung neben der Widerstandsänderung der H-Schmelzschicht keine anderen Vorgänge oder Parameter und insbesondere nicht gleichzeitig den Widerstandswert eines I-Elements erfassen darf.
102(aa)
103Es ist – und war bereits im Prioritätszeitpunkt Ende 1997 – üblich, mehrere Funktionen in einer elektronischen Steuereinrichtung zusammenzufassen und sie auf diese Weise zu befähigen, mehrere Parameter (gleichzeitig) zu erfassen und mehrere verschiedene Prozesse in der Vorrichtung zu steuern und/oder zu regeln. Schon deswegen sieht der Durchschnittsfachmann, bei dem es sich um einen Diplomingenieur mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluss der Elektrotechnik und mit Berufserfahrung bei der Entwicklung von Regel- und Steuerschaltungen für Heizdecken u. ä. handelt (BPatG, Urteil vom 17.02.2016, Az. 6 Ni 2/14 (EP)) keinen Anlass zu der Annahme, dass die patentgemäße Steuereinrichtung zwingend auf das Erfassen einer Änderung des Widerstands der H-Schmelzschicht beschränkt sein müsste.
104Vielmehr erkennt der Fachmann, dass eine Erfassung anderer Parameter nur und erst dann aus dem Schutzbereich des Klagepatents herausführt, wenn – wie das Landgericht bereits zutreffend dargelegt hat – dies der Funktion der Steuereinrichtung zuwiderläuft, bei erhöhten Temperaturen eine Änderung des H-Widerstandes zu erkennen und dies zum Anlass für eine Änderung der Stromversorgung zu nehmen, um eine Zerstörung der H-Schmelzschicht zu verhindern. Davon ausgehend darf eine patentgemäße Steuereinrichtung grundsätzlich daneben ein I- Steuersystem beinhalten, das die Temperatur der Heizdecke im Normalbetrieb präzise regelt. Ebenso wenig steht es einer Verwirklichung der Merkmalsgruppe 2.4 entgegen, wenn die Widerstandswerte der H- und I-Elemente einen gemeinsamen Eingangs(spannungs)wert für die Steuereinrichtung generieren. Dies könnte zwar grundsätzlich deshalb problematisch sein, weil dieser (Spannungs-) Wert dem Einfluss und der unterschiedlichen Wirkung beider Widerstandselemente ausgesetzt ist. Solange indes gewährleistet ist, dass die Steuereinrichtung aufgrund ihrer konkreten Ausgestaltung gleichwohl in der Lage ist, anhand des erfassten (Spannungs-) Wertes eine Änderung des H-Widerstandes zu erkennen und daraufhin die Stromversorgung patentgemäß zu ändern, wird der Schutzbereich des Klagepatents nicht verlassen.
105(bb)
106Die Beschreibung in der Klagepatentschrift enthält keine Ausführungen, aus denen der Fachmann ein engeres Verständnis herleitet. Vielmehr stützt sie die dargestellte weite Auslegung.
107Zum einen heißt es in der allgemeinen Beschreibung, dass die elektronische Steuerung eine positive Widerstandscharakteristik (I) der zweiten Leitereinrichtung, die als Sensorleiter fungiert, zur Regelung der Stromversorgung der Heizleitereinrichtung verwenden kann (S. 4 Abs. 4 der Übersetzung). Da in diesem Zusammenhang von einer anderen elektronischen Steuereinrichtung als derjenigen, die in Merkmalsgruppe 2.4 gelehrt wird, nicht die Rede ist, versteht der Fachmann die Darstellung so, dass es auch vom Schutzbereich des Klagepatents umfasst ist, wenn diese Steuereinrichtung sowohl eine Widerstandsänderung der H-Schmelzschicht als auch des I-Sensorleiters erfasst.
108Zum anderen wird im ersten Ausführungsbeispiel ein elektronischer Steuerkreis mit einem Impulsgenerator 68, 68A, 68B beschrieben, der mit Hilfe eines Gleichrichters 28 einerseits die Stromversorgung in der normalen Betriebsart regelt (S. 7 Abs. 4 der Übersetzung) und andererseits auf eine Änderung des Widerstands der H-Schmelzschicht reagiert, indem die Torschaltung 68 deaktiviert, der Gleichrichter 28 geschlossen, die Spannung zum Heizelement abgebrochen und das Schmelzen vermieden wird (S. 8 Abs. 4 der Übersetzung). Der Fachmann entnimmt dieser Darstellung, dass Impulsgenerator und Gleichrichter eine patentgemäße Steuereinrichtung darstellen, die nicht nur im Falle einer Überhitzung, sondern auch im Normalbetrieb zum Einsatz kommt und somit zwangsläufig auch andere Parameter als die Änderung des Widerstands der Schmelzschicht erfasst. Die Klagepatentschrift erläutert dazu näher, dass der Impulsgenerator über ein variables Zeichen-Pausen-Verhältnis verfügt, dessen Ein- und Aus-Zeiten über Widerstände 70, 72 und 74, 76 mit dem Nulldurchgang der Netzspannungswellenform synchronisiert sind (S. 7 unten, S. 8 oben der Übersetzung). Die Ein- und Auszeiten und ihre Synchronisation mit dem Nulldurchgang sind weitere Parameter, die dazu dienen, dass im Normalbetrieb keine Überhitzung durch Schmelzen eintritt (S. 7 Abs. 4, S. 8 Abs. 1 der Übersetzung).
109Demgegenüber können die Beklagten aus dem Satz in der Beschreibung zum zweiten Ausführungsbeispiel „Beachten, dass die I- und H-Detektoren 40X, 30X aus Sicherheitsgründen elektronisch vollkommen separat sind und ein Ausfall des einen den anderen nicht beeinflusst“ (S. 12 Abs. 2 der Übersetzung) nichts zu ihren Gunsten herleiten. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass – wie die Klagepatentschrift ausdrücklich hervorhebt – es sich dabei nur um eine zweckmäßigere Ausgestaltung der Erfindung (vgl. S. 9 Abs. 2 der Übersetzung), mithin ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel handelt, welches sich dadurch auszeichnet, dass es mit einem kontinuierlichen Überhitzungsschutzsystem, einem Präzisionstemperaturregelsystem und einem Schmelzsystem über insgesamt drei Steuersysteme verfügt (S. 10 unten der Übersetzung), die nach der Beschreibung auf den Seiten 11 und 12 der Übersetzung gestuft zum Einsatz kommen und einen dreifachen Überhitzungsschutz bieten (vgl. auch S. 13 Abs. 2 der Übersetzung). Während die Präzisionstemperaturregelung mit dem I-System die Temperatur der Decke exakt regelt (S. 11 Absätze 3 und 4 der Übersetzung), kommt das H-System zum Einsatz, wenn dieses System ausfällt oder ein vom I-System nicht erfassbarer, örtlich begrenzter Überhitzungspunkt an der Heizdecke auftritt (S. 11 Abs. 4 der Übersetzung). Fallen sowohl I- und H-System aus, greift das thermische Schmelzsystem ein. Jedes der drei Systeme bietet in diesem bevorzugten Ausführungsbeispiel einen eigenständigen und damit zusätzlichen Überhitzungsschutz. Um dies zu erreichen, ist es aus Sicherheitsgründen notwendig, die I-Sensoreinheit von der H-Schicht elektronisch vollständig zu trennen, weil andernfalls der Ausfall eines Systems unmittelbar den Ausfall des anderen nach sich ziehen könnte und dann entgegen dem Ziel der bevorzugten Ausführung kein zusätzlicher Überhitzungsschutz vorhanden wäre. Wird eine dreifache Sicherung angestrebt, ist es somit zweckmäßig, wenn jede Sicherung vollständig separat ist.
110Daraus lässt sich jedoch nicht schließen, dass H- und I-Systeme nach der allgemeinen technischen Lehre des Klagepatents nicht von einer einzigen elektronischen Steuereinrichtung erfasst werden dürfen. Vielmehr setzt sie einen dreifachen Überhitzungsschutz wie im bevorzugten Ausführungsbeispiel gerade nicht voraus. Aus Sicht des Klagepatents ist es zwar weniger zweckmäßig, eine dreifache Sicherung vorzusehen und zwei von diesen Sicherungen in einer Steuereinrichtung zusammenzufassen, weil etwa bei einem Defekt dieser Steuereinrichtung gleichzeitig beide Sicherungen ausfallen. Der geltend gemachte Hauptanspruch, der nur eine Steuereinrichtung mit einem H-Element sowie ein thermisches Schmelzsystem vorsieht, umfasst allerdings auch eine solche Ausgestaltung.
111Das gilt umso mehr, als der Klagepatentschrift kein Hinweis darauf zu entnehmen ist, dass es nicht möglich wäre, bei einem aus H- und I-Widerstandswerten zusammengesetzten Eingangswert der Steuereinrichtung eine Änderung des H-Widerstandswertes zu detektieren. Insbesondere folgt dies nicht aus dem bereits zitierten, mit „Beachten, dass …“ eingeleiteten Satz, da dieser die Trennung der I- und H-Detektoren nur deswegen empfiehlt, um aus Sicherheitsgründen einen gleichzeitigen Ausfall beider Sicherungen zu vermeiden. Aus der Darstellung ergibt sich hingegen nicht, dass eine elektronische Trennung für die Erfassung einer Änderung des Widerstands der H-Schmelzschicht technisch notwendig wäre. Auch die Beklagten zeigen dies nicht auf und sie behaupten ebenso wenig, dass der Fachmann im Prioritätszeitpunkt auf Grundlage seines allgemeinen Fachwissens davon ausgegangen wäre, eine Steuereinrichtung, die gleichzeitig in der beschriebenen Weise H- und I-Systeme erfasst, sei technisch nicht dazu in der Lage, ihre patentgemäße Funktion auszuüben.
112bb)
113Davon ausgehend erfüllt die angegriffene Ausführungsform die Merkmalsgruppe 2.4. Dies lässt sich anhand des Privatgutachtens E/F vom 03.12.2013 (Anlage K 8, PGA) nebst der ergänzenden Stellungnahme vom 17.02.2015 (Anlage K 13, EPGA) feststellen.
114Nach Maßgabe der obigen Auslegung ist es zunächst als solches irrelevant, dass die Steuerungseinrichtung auf Situationen wie etwa eine Widerstandsänderung der Sensorleitung oder eine Unterbrechung der Verbindung X1-2 ansprechen kann, bei denen sich der Widerstand der Schmelzschicht überhaupt nicht auswirkt, weil eine Erfassung anderer Vorgänge oder Parameter als eine Änderung des Widerstands der Schmelzschicht nicht aus dem Schutzbereich des Klagepatents herausführt.
115Nach den Erläuterungen im Privatgutachten verfügt die angegriffene Ausführungsform – wie auch aus dem oben eingeblendeten Schaltplan der Steuereinrichtung hervorgeht, dessen Richtigkeit die Beklagten nicht in Abrede gestellt haben – mit dem Mikrocontrolleranschluss U1-4 zwar nur über einen Eingang, der elektrisch mit der Heizkordel des Heizkissens verbunden ist. Die an diesem Eingang anliegende Spannung wird vom Mikrocontroller gemessen und kann sich nur entweder durch eine Änderung des Widerstands der Sensorleitung X1-2, X1-4, die ein I-Verhalten aufweist, oder durch eine Änderung des Widerstands der Schmelzschicht zwischen der Heizleitung X1-1, X1-3 und der Sensorleitung X1-2, X1-4, die ein H-Verhalten aufweist, verändern (S. 20 PGA, S. 2 ERG). Diese Feststellungen greifen die Beklagten nicht an. Vielmehr führen sie mit Blick darauf, dass der Widerstand der Sensorleitung mit zunehmender Temperatur ansteigt (vgl. S. 19 PGA) und der Widerstand der Schmelzschicht mit steigender Temperatur sinkt (S. 16, 17 PGA) an, die H- und I-Signale würden einander überlagern, weshalb das Erfassen einer Änderung des H-Widerstandes nicht zuverlässig möglich sei. Dieser Einwand ist indes unerheblich, weil im Privatgutachten konkret aufgezeigt wird, dass die Steuereinheit gleichwohl eine Änderung des Widerstands der H-Schmelzschicht erfasst und auf Grundlage dieses Wertes die Stromzufuhr abschaltet, sobald die Spannung am Punkt U1-4 über einen intern eingestellten Schwellwert steigt:
116Dies ergibt sich zum einen aus der in Ziffer 2.6.2 dargelegten Untersuchung, bei der die I-Sensorleitung ausgeschaltet und anschließend die Temperatur des Heizkissens gemessen wurde. Die in Abbildung 18 dargestellten Messergebnisse (S. 25 PGA) zeigen, dass die Steuereinrichtung in der Lage ist, ausschließlich anhand des Erfassens der Änderung des Widerstands der H-Schmelzschicht die Temperatur des Heizkissens zu regeln (S. 23 PGA). Die Temperatur erhöht sich zwar nach 90 Minuten auf bis zu fast 100° C, eine Überhitzung, die zu einem Schmelzen der Schmelzschicht führt, tritt jedoch nicht ein. Da die Sensorleitung zur Temperaturregelung nicht funktioniert, kann diese Steuerung nur auf einer Erfassung des Widerstands der H-Schmelzschicht beruhen. Die Beklagten bestreiten nicht die Richtigkeit der Messergebnisse, sondern machen lediglich geltend, es handle sich um eine manipulierte Arbeitsweise der Steuereinrichtung und es komme nicht darauf an, was die Steuereinrichtung theoretisch leiste. Dieser Einwand überzeugt indes nicht, da die Klagepatentschrift zum zweiten Ausführungsbeispiel mit der Figur 3 gerade erläutert, dass das H-System unter anderem patentgemäß zum Einsatz kommen kann, wenn ein nach jener bevorzugten Ausführungsform vorgesehenes I-System ausfällt (S. 11 Abs. 3 der Übersetzung). Ein derartiger Ausfall wurde im Privatgutachten bei der Untersuchung unter Ziffer 2.6.2 simuliert, so dass sie einen von der Klagepatentschrift sogar ausdrücklich genannten Anwendungsfall für das H-System betrifft.
117Zum anderen wird unter Ziffer 2.6.3 eine weitere Untersuchung erläutert, bei der zunächst durch Abklemmen der Heizleitung X1-1, X1-3 die ausschließlich durch den Sensorleitungswiderstand I erzeugte Spannung und anschließend die Summe der Spannungen durch Sensorleitungswiderstand I und Schmelzschichtwiderstand H gemessen wurden (S. 27 und Abbildung 20 PGA), um anschließend anhand der Differenz dieser beiden Spannungen die Spannung am Schmelzschichtwiderstand H abzuleiten (Abbildung 21, S. 29 PGA). Die Ergebnisse dieser Messungen zeigen, dass sich der Einfluss der H-Schmelzschicht mit steigender Temperatur erhöht. Die Privatgutachter schließen daraus nachvollziehbar und einleuchtend, dass wegen des größeren Einflusses der H-Schmelzschicht die Spannungserhöhung erkannt und so dem Schmelzen der Schmelzschicht vorgebeugt wird (S. 27/28 PGA). Auch insoweit stellen die Beklagten die gewonnenen Messergebnisse nicht in Frage, sondern greifen die Untersuchung nur insoweit an, als sie anführen, die Heizleitung sei im regulären Betrieb nicht abgeklemmt. Dies überzeugt aber aus dem Grunde nicht, weil es bei dieser Untersuchung nicht darum ging, den Normalbetrieb der angegriffenen Ausführungsform zu simulieren, sondern ihr Zweck bestand darin zu ermitteln, wie groß der jeweilige Einfluss der beiden Widerstände auf die Spannung bei unterschiedlichen Temperaturen ist. Dafür ist das Abklemmen der Heizleitung eine geeignete Untersuchungsmethode.
118Aus den bei den Untersuchungen gewonnenen Ergebnissen folgt, dass die Steuereinrichtung im regulären Betrieb der angegriffenen Ausführungsform bei Überhitzung zuverlässig eine Änderung des Widerstandes der H-Schmelzschicht erfasst, bevor sie schmilzt. Es trifft vor allem nicht zu, dass – wie die Beklagten pauschal behaupten – sich bei steigender Temperatur der Einfluss der Schmelzschicht verringere, weil sich der Widerstand und infolgedessen der Spannungsabfall über der Sensorleitung signifikant erhöhe. Zwar steigen Widerstand und Spannungsabfall der Sensorleitung mit zunehmender Temperatur kontinuierlich an, wie die Abbildungen 14 und 20 sowie die Tabelle auf S. 19 des Privatgutachtens zeigen. Dieser Anstieg führt aber nicht zu einem geringeren Einfluss der Schmelzschicht. Vielmehr belegen die von den Beklagten nicht angegriffenen Untersuchungsergebnisse, die in den Abbildungen 20 und 21 des Privatgutachtens veranschaulicht sind, genau das Gegenteil, indem danach der Spannungsabfall über der Schmelzschicht mit zunehmender Temperatur überproportional ansteigt und sich somit bei Überhitzung der Einfluss der Schmelzschicht auf die Regelung verstärkt. Es kann auch nicht die von den Beklagten angeführte Kon-stellation auftreten, dass sich die Wirkungen des steigenden Widerstands der I-Sensorleitung und des sinkenden Widerstands der H-Schmelzschicht gegenseitig aufheben. Vielmehr kommt es bei steigender Temperatur am Mikrocontrolleranschluss U1-4 infolge sowohl des reduzierten Widerstands der H-Schmelzschicht (S. 4 EPGA) als auch des größeren Widerstands der I-Sensorleitung (S. 27 PGA) zu einem Spannungsabfall, so dass sich – wie die rote Kurve in Abbildung 20 (S. 28 PGA) veranschaulicht – die dort gemessene Spannung aus der Summe der beiden Spannungsänderungen zusammensetzt und sie sich insgesamt erhöht. Dieser am Mikrocontrolleranschluss erfasste Summenwert lässt nun auf eine Änderung des Widerstands der H-Schmelzschicht schließen, weil eine solche Änderung erst ab erhöhten Temperaturen von mehr als 70° C und mit zunehmender Temperatur verstärkt auftritt (vgl. S. 27, 29 PGA). Sie führt zu Abweichungen vom linearen Spannungsverlauf im Normalbetrieb, mithin von der proportional mit der Temperatur steigenden Spannung gemäß dem I-Verhalten der Sensorleitung, und am Mikrocontrolleranschluss U1-4 zu einem überproportionalen Anstieg der Spannung (vgl. S. 3 EPGA). Davon ausgehend ist in der Steuereinrichtung der angegriffenen Ausführungsform feststellbar, dass die Spannung bei einer bestimmten eingestellten Temperatur höher ist als sie es im Normalbetrieb wäre, dies auf einer Änderung des Widerstands der H-Schmelzschicht beruht und somit ein Überhitzungszustand vorliegt. Da diese Feststellung bei jeder überproportionalen Spannungserhöhung getroffen werden kann, selbst wenn diese bloß gering ist, ist diese insbesondere in der Lage, zuverlässig jede Widerstandsänderung vor einem Schmelzen der Schmelzschicht zu erfassen.
119Die Beklagten machen in diesem Zusammenhang weiter vergeblich geltend, dass die H-Schmelzschicht aufgrund von Toleranzen des Kunststoffmaterials von Heizdecke zu Heizdecke unterschiedlich ausfalle, sich dieser Umstand auf die Widerstandswerte und -verläufe auswirke sowie dazu führe, dass der Summenwert am Punkt U1-4 bei jeder Heizdecke verschieden sei und infolgedessen nicht stets zuverlässig eine Änderung des Widerstands der H-Schmelzschicht vor ihrem Schmelzen erfasst werde. Dieses neue, von der Klägerin bestrittene Vorbringen in der Berufungsinstanz ist nicht zu berücksichtigen, weil die Beklagten einen Zulassungsgrund gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht haben. Abgesehen davon gibt es mangels entsprechenden Sachvortrags der Beklagten keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass Unterschiede im Kunststoffmaterial der H-Schmelzschicht, die sich innerhalb von Toleranzen bewegen, einer Erfassung von Widerstandsänderungen entgegenstehen könnten. Die Klagepatentschrift verhält sich nicht über derartige Materialunterschiede, obwohl sie nach dem Vorbringen der Beklagten stets vorhanden sind. Da das Klagepatent ihnen gleichwohl keine Bedeutung beimisst, ist ohne nähere Erläuterungen nicht ersichtlich, weshalb sie bei der angegriffenen Ausführungsform relevant gewesen sein sollten. Dagegen spricht außerdem, dass die Beklagten nichts zu tatsächlich in der Praxis aufgetretenen Defekten vorgetragen haben, obwohl die angegriffene Ausführungsform u. a. über einen Discounter vertrieben wurde, mithin auf Grundlage ihres neuen Vorbringens nahegelegen hätte, dass ihre Heizkissen in einigen Fällen infolge eines Schmelzens der Schmelzschicht zerstört worden wären.
120Einer Verwirklichung der Merkmalsgruppe 2.4 steht auch nicht entgegen, dass – wie die Beklagten weiter geltend machen – je nach mechanischer Belastung eine unterschiedliche Erhitzung an verschiedenen Stellen auftreten kann. Im zweiten Ausführungsbeispiel der Klagepatentschrift heißt es in diesem Zusammenhang, dass das H-System im Gegensatz zum I-System jeden örtlich begrenzten Überhitzungspunkt an irgendeiner Stelle entlang des Elements erfassen kann (vgl. S. 11 unten der Übersetzung). Genau dies beschreibt das Privatgutachten indes auch für die angegriffene Ausführungsform, ohne dass sich die Beklagten damit konkret auseinandersetzen. Demzufolge tritt eine Widerstandsänderung der Schmelzschicht infolge von Überhitzung sogar typischerweise bei einer Teilabdeckung oder einem Knicken des Heizkissens auf. In diesem Fall bleibt der Widerstand der Sensorleitung niedrig, weil er sich über die gesamte Länge der Heizkordel aufbaut, während der Widerstand der Schmelzschicht durch die lokale Erwärmung des abgedeckten Teils oder an der Knickstelle überproportional sinkt (S. 28 PGA). Dies verursacht eine erhebliche Spannungserhöhung am Punkt U1-4, die von der Steuereinrichtung erfasst werden kann. Es ist somit entgegen der Behauptung der Beklagten gerade nicht so, dass sich bei einer lokal begrenzten Überhitzung der Spannungsabfall über der Sensorleitung signifikant erhöht und der Einfluss der H-Schmelzschicht verringert, sondern das Gegenteil ist tatsächlich der Fall.
121Des Weiteren führt eine überproportionale Spannungserhöhung zu einer Regulierung der Heizleistung, wie aus den dargelegten Gründen bereits aus der Untersuchung unter Ziffer 2.6.2 und der Abbildung 18 (S. 25 PGA) schlüssig hervorgeht. Der weitere Einwand der Beklagten, die Klägerin lege mit dem Privatgutachten nicht substantiiert dar, dass die Änderung des Widerstands der H-Schmelzschicht erfasst werde, um gezielt die Stromversorgung zum Heizleiter zu ändern und die Zerstörung der Schmelzschicht zu verhindern, trifft schon deshalb nicht zu. Zudem wird eine Verwirklichung des Merkmals 2.4.2 durch die weiteren Ausführungen unter Ziffer 2.6.1 im Privatgutachten untermauert, wonach der Mikrocontroller am Eingang U1-4 nur Zündpulse generiert, wenn die Spannung dort unter einem Schwellwert liegt, mithin bei einer höheren Spannung keine Zündpulse erzeugt werden (S. 21 PGA). Denn dies bedeutet, bei einer geeigneten Einstellung des Schwellwertes hat eine erfasste, vom linearen Verlauf im Normalbetrieb abweichende Spannungserhöhung, die bei Temperaturen von mehr als 70° C überproportional und verstärkt durch den abnehmenden Widerstand der H-Schmelzschicht verursacht wird, zur Folge, dass keine Zündpulse mehr generiert werden. Die Steuereinrichtung schaltet vorübergehend die Stromversorgung ab (S. 27 PGA). Sodann werden erneut Zündpulse erzeugt, mithin wird die Stromversorgung wieder eingeschaltet, wenn die Spannung unter den Schwellwert sinkt (S. 4 EPGA). Dies kann wiederholt geschehen, weil das Abschalten vor Erreichen des eingestellten Schwellwertes erfolgt und so ein Schmelzen der Schmelzschicht vermieden wird. Die Stromversorgung wird also (nur) solange unterbrochen, bis die kritische, sicherheitsrelevante Temperatur wieder unterschritten ist, und auf diese Weise eine irreparable Zerstörung der Heizdecke verhindert.
122Zuletzt überzeugt auch der weitere Einwand der Beklagten nicht, die Steuereinrichtung erfasse keine Widerstandsänderung der Schmelzschicht, weil zwischen ihnen keine unmittelbare Verbindung bestehe, sondern sich die H-Schicht zwischen der Heizleitung und der Sensorleitung befinde, und überdies am von der Stromquelle entfernten Ende des Heizelements der volle Widerstand der Sensorleitung zwischen den H-Schicht und dem Eingang der Steuereinrichtung liege. Zum einen führt es nicht aus dem Schutzbereich heraus, dass die Schmelzschicht nicht unmittelbar mit der Steuereinrichtung verbunden ist, zumal der Aufbau des Heizelements sogar exakt den Vorgaben des Merkmals 2.3.1 entspricht. Da sich gemäß den Merkmalen 2.1.2 und 2.2.1 beide patentgemäße Leitereinrichtungen längs des Heizelements erstrecken, liegt zum anderen bei einer patentgemäßen Vorrichtung ebenfalls am von der Stromquelle entfernten Ende der volle Widerstand einer Leitereinrichtung zwischen der Schmelzschicht und dem Eingang der Steuereinrichtung, weshalb dieser Umstand einer Benutzung des Klagepatents ebenfalls nicht entgegensteht. Abgesehen davon hat das Privatgutachten den Widerstand der Sensorleitung berücksichtigt (Abbildung 15, S. 20 PGA) und gleichwohl aus den bereits angeführten Gründen festgestellt, dass die Steuereinrichtung eine Änderung des H-Widerstandes gezielt mittels einer geeigneten Einstellung erfasst und zum Anlass für eine Änderung der Stromversorgung nimmt.
123Bei dieser Sachlage hätten die Beklagten – was nicht geschehen ist – qualifiziert bestreiten und näher vortragen müssen, dass die angegriffene Ausführungsform anders funktioniert als im Privatgutachten dargelegt. Das gilt umso mehr, als nicht erkennbar ist, welchen anderen Zweck es haben sollte, bei der angegriffenen Ausführungsform eine H-Schmelzschicht vorzusehen, die verstärkten Einfluss auf den Spannungsverlauf bei erhöhten Temperaturen hat, als diese Widerstandsänderung mittels einer Steuereinheit zu erfassen, um anhand des festgestellten Wertes die Stromversorgung zu ändern und eine Überhitzung des Heizkissens zu verhindern. Auch die Beklagten haben eine andere Funktion der H-Schmelzschicht nicht einmal behauptet, geschweige denn näher dargelegt. Ebenso wenig stellen sie in Abrede, dass die Steuerung der angegriffenen Ausführungsform grundsätzlich ein Schmelzen der H-Schmelzschicht verhindert. Indes ist nicht ersichtlich, auf welche andere, nicht patentgemäße Weise dies geschehen soll; dies legen die Beklagten ebenfalls nicht dar. Erklärtermaßen können sie zur Funktion der H-Schmelzschicht in der Schaltung und zu den Verarbeitungsprozessen in der Steuereinrichtung auch keine Angaben machen, weil sie die angegriffene Ausführungsform nicht untersucht haben und ihnen die Programmierung des Mikrocontrollers nicht bekannt sei. Vor diesem Hintergrund ist jedoch erst recht nicht nachvollziehbar, dass sie trotz der Feststellungen und Schlussfolgerungen im Privatgutachten eine Verwirklichung der Merkmalsgruppe 2.4 in Abrede stellen, und ihr Bestreiten somit unerheblich.
124b)
125Die angegriffene Ausführungsform erfüllt ferner die Merkmalsgruppe 2.5, wonach das Heizelement eine Schmelzdetektionsschaltung mit einer Thermosicherung hat, die bei Ausfall der Steuereinrichtung das Schmelzen der Schmelzschicht detektiert und die Stromversorgung zur ersten Leitereinrichtung abbricht.
126aa)
127Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Merkmal keine „thermische“, sondern nur eine „Schmelzdetektionsschaltung mit einer Thermosicherung“ lehrt.
128Der Zusatz „thermische“ ist nicht Inhalt des Klagepatentanspruchs 1 in der maßgeblichen Fassung nach rechtskräftigem Abschluss des Nichtigkeitsverfahrens. Dies folgt daraus, dass er in der vom Bundespatentgericht aufrechterhaltenen Fassung nicht enthalten ist und der Bundesgerichtshof die Berufung dagegen uneingeschränkt zurückgewiesen hat, mithin keine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils im Nichtigkeitsverfahren erfolgt ist. Das zusätzliche Merkmal „thermische“ war überdies nur Gegenstand des Hilfsantrags 1a (Ia), zu dem das Bundespatentgericht ausgeführt hat, das Klagepatent sei in dieser Fassung nicht rechtsbeständig. Dem Urteil des Bundesgerichtshofs lassen sich keine davon abweichenden Ausführungen entnehmen. Es weist zwar in der Merkmalsgliederung kursiv gedruckt das Merkmal „thermische“ auf, in der Begründung ist ansonsten aber an keiner Stelle von einer „thermischen“ Schmelzdetektionsschaltung die Rede, geschweige denn finden sich Erläuterungen dazu.
129bb)
130Unter einer Schmelzdetektionsschaltung mit einer Thermosicherung versteht das Klagepatent eine Schaltung, die bei Erreichen einer vorbestimmten Temperatur das Schmelzen der Schmelzschicht erkennt und daraufhin die Stromversorgung abbricht. Sie wird erst dann aktiv, wenn die Steuereinrichtung gemäß Merkmalsgruppe 2.4 ausfällt, wobei diese zwingend vorgegebene Reihenfolge auf den Fall einer Änderung des Widerstands der Schmelzschicht beschränkt ist. Die Merkmalsgruppe 2.5 verlangt nicht, dass die Schmelzdetektionsschaltung ausschließlich bei einem Schmelzen der Schmelzschicht auslöst, sondern sie kann auch in anderen Fällen aktiv werden. Eine patentgemäße Thermosicherung liegt auch vor, wenn sie die kritische Temperatur nur mittelbar infolge eines durch das Schmelzen verursachten Überstroms und eine dadurch ausgelöste Erwärmung von thermisch mit ihr gekoppelten Elementen in der Stromführung detektiert. Nicht erforderlich ist, dass die Schmelzdetektionsschaltung das Schmelzen der Schmelzschicht vor einem Kurzschluss zwischen den Leitern erkennt.
131(1)
132Die Schaltung hat – was zu Recht zwischen den Parteien nicht im Streit steht – über die rein philologische Bedeutung des Begriffs „Schmelzdetektionsschaltung“ hinaus nach dem ausdrücklichen Anspruchswortlaut die Funktion, bei einem erfassten Schmelzen der Schmelzschicht (Merkmal 2.5.1) in der Weise zu reagieren, dass sie für ein Abbrechen der Stromversorgung zur ersten Leitereinrichtung sorgt (Merkmal 2.5.2). Das Schmelzen der Schmelzschicht beruht auf einer andauernden Überhitzung des Heizelements und führt – wie in der Darstellung des Stands der Technik beschrieben – dazu, dass die Heizdecke unbrauchbar wird. In einem solchen Fall schaltet die Schmelzdetektionsschaltung die Stromversorgung aus Sicherheitsgründen endgültig und unumkehrbar ab (vgl. S. 8 Abs. 4, S. 12 Abs. 3 der Übersetzung).
133(2)
134Diese Schmelzdetektionsschaltung greift nach der Lehre des Klagepatents im Falle einer Änderung des Widerstands der Schmelzschicht stets nur und erst ein, wenn die Steuereinrichtung gemäß Merkmalsgruppe 2.4 ausfällt.
135Bei der Schmelzdetektionsschaltung handelt es sich um eine zusätzliche, für sich gesehen vorbekannte Sicherung, die nach dem ausdrücklichen Anspruchswortlaut in Merkmal 2.5 nur zur Anwendung kommt, wenn die vorrangige Steuereinrichtung nicht funktioniert. Die patentgemäße Vorrichtung sieht mit dieser Steuereinrichtung bereits einen Schutz vor Überhitzung vor, der schon vor dem Schmelzen der Schmelzschicht anspricht. Reagiert die Steuereinrichtung nicht auf eine Änderung des Widerstands der Schmelzschicht und schaltet sie daher die Stromversorgung nicht ab, so kommt es zu einer andauernden Überhitzung der Heizleiter mit der Folge, dass die Schmelzschicht schmilzt. Dieses Schmelzen der Schmelzschicht wird von der Schmelzdetektions-schaltung erkannt, die dies zum Anlass nimmt, die Stromversorgung zum Heizleiter abzubrechen. Da dies dazu führt, dass die Heizdecke unwiderruflich zerstört wird, soll die Schmelzdetektionsschaltung stets erst und nur dann aktiv werden, wenn die Steuereinrichtung ausfällt. Zwischen der Steuereinrichtung und der Schmelzdetektionsschaltung besteht somit eine vorgegebene Rangfolge, in der diese Schutzmechanismen im Falle einer Überhitzung des Heizelements eingreifen (so bereits BGH, Urteil vom 28.08.2018 – X ZR 72/16).
136Diese zwingende Reihenfolge ist allerdings auf eine Änderung des Widerstands der Schmelzschicht beschränkt. Für andere Vorgänge, die zu einer irreparablen Beschädigung des Heizelementes führen können, bevor eine derartige Widerstandsänderung eintritt und von der Steuereinrichtung erfasst werden könnte, wie etwa eine Zerstörung von anderen Schaltungselementen infolge eines Kurzschlusses, gilt sie hingegen nicht. Dies entnimmt der Fachmann bereits daraus, dass die Steuereinrichtung gemäß Merkmal 2.4 lediglich auf das Erfassen einer Änderung des Widerstands der Schmelzschicht eingestellt sein muss und es somit patentgemäß nicht erforderlich ist, dass sie auch andere potentiell das Heizelement zerstörende Vorgänge feststellen kann. Infolgedessen kann in diesen anderen Fällen aber im Verhältnis zur Schmelzdetektionsschaltung gemäß Merkmalsgruppe 2.5 auch keine vorgegebene Reihenfolge bestehen. Die Beschreibung in der Klagepatentschrift bestätigt diese Einschätzung, indem sie sich ebenfalls allein über ein Erfassen von Änderungen des Widerstands der Schmelzschicht verhält, soweit es die beiden patentgemäßen Überhitzungsschutzsysteme und ihr Verhältnis zueinander schildert (vgl. S. 8 Abs. 4, S. 12 Abs. 1-3 der Übersetzung). Wie der Fachmann erkennt, ist der technische Grund für diese Beschränkung, dass die Steuereinrichtung in anderen Fällen die Stromversorgung ohnehin nicht mehr im patentgemäßen Sinne „ändern“ könnte. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang, zwischen einem Kurzschluss infolge eines Schmelzens der Schmelzschicht, die zu einer Berührung zwischen den beiden Leitereinrichtungen führt (vgl. S. 1 Abs. 5, S. 7 Abs. 1-2 der Übersetzung), und einem Kurzschluss aus anderen Gründen, etwa einer Beschädigung von anderen Schaltungselementen, zu unterscheiden. Kommt es beispielsweise zu einem Kurzschluss, weil ein Thyristor „durchschlägt”, so entsteht ein Überstrom, dem durch eine Regulierung der Stromversorgung nicht entgegengewirkt werden könnte, weil die Beschädigung des Thyristors, die Ursache des Kurzschlusses ist, dadurch nicht beseitigt wird. Ist eine patentgemäße Steuerung in einer solchen Konstellation zwecklos, gibt es aber auch keinen Grund, warum die Schmelzdetektionsschaltung nicht unmittelbar aktiviert werden sollte.
137In diesem Zusammenhang ist ferner zu berücksichtigen, dass es nicht aus dem Schutzbereich des Klagepatents herausführt, wenn die Schmelzdetektionsschaltung auch in anderen Konstellationen als einem Schmelzen der Schmelzschicht ausgelöst wird, z. B. bei einem Überstrom infolge eines Kurzschlusses aufgrund der Zerstörung von anderen Schaltungselementen. Merkmal 2.5.1 verlangt nicht, dass sie ausschließlich auf ein Schmelzen der Schmelzschicht reagiert. Zum einen ist weder dem Anspruchswortlaut noch der Beschreibung ein Anhaltspunkt für eine solche einschränkende Auslegung zu entnehmen. Zum anderen wird die technische Funktion der Schmelzdetektionsschaltung, bei einer andauernden Überhitzung der Heizdecke aus Sicherheitsgründen die Stromversorgung endgültig abzubrechen, als solche dadurch nicht beeinträchtigt. Sie kann nur im Einzelfall nicht mehr zur praktischen Anwendung gelangen, wenn die Schmelzdetektionsschaltung vor dem Schmelzen der Schmelzschicht aus anderen Gründen anspricht und das Heizelement dadurch irreparabel zerstört wird. Ein Abbruch der Stromversorgung ist dann aber auch nicht mehr erforderlich, weil die Heizdecke bereits unbrauchbar geworden ist. Wesentlich ist nach dem Zweck der Schmelzdetektionsschaltung somit nur, dass sie zuverlässig ein Schmelzen der Schmelzschicht detektiert und daraufhin die Stromversorgung zur ersten Leitereinrichtung abbricht. (Nur) In dieser allein patentgemäßen Konstellation ist weitere Voraussetzung, dass die Steuereinrichtung vorher ausgefallen ist. Wird die Schmelzdetektionsschaltung hingegen aus einem anderen Anlass aktiviert, so gilt diese zwingende Reihenfolge nicht.
138(3)
139Das Merkmal 2.5 lehrt weiter, dass die Detektion des Schmelzens der Schmelzschicht und das Abbrechen der Stromversorgung mittels einer „Thermosicherung“ erfolgen.
140(a)
141Der Anspruchswortlaut erläutert nicht näher, was das Klagepatent unter einer „Thermosicherung“ versteht. Nach dem üblichen Fachverständnis handelt es sich um eine Sicherung, die dazu bestimmt ist, einen Stromkreis bei Erreichen einer vorbestimmten Temperatur zu unterbrechen. Im Unterschied zu einer Überstromsicherung, die den Strom bei einem Anstieg über einen vorbestimmten Stromwert unterbricht, fungiert sie als thermisch bedingte Sicherung, die auf Erwärmung reagiert (vgl. BPatG, Urteil vom 17.02.2016, Az. 6 Ni 2/14 (EP)).
142Nach der Lehre des Klagepatents liegt eine Thermosicherung dabei auch vor, wenn sie infolge einer Temperaturerhöhung auslöst, die durch Überstrom und eine dadurch herbeigeführte Erwärmung von thermisch mit ihr gekoppelten Elementen oder Bauteilen in der Stromführung verursacht wird. Sie fordert weder, dass die Thermosicherung unmittelbar in thermischem Kontakt mit der Schmelzschicht steht noch dass sie sich zu diesem Zweck in deren Nähe befindet. Sollten die Ausführungen des Bundespatentgerichts, wonach Thermosicherungen aufgrund des erforderlichen thermischen Kontakts nahe oder in den zu überwachenden Bauelementen (hier: die Schmelzschicht) angeordnet sein müssen (vgl. S. 31 des Urteils vom 17.02.2016) so zu verstehen sein, dass auch nur in diesem Fall eine patentgemäße Thermosicherung vorliegt, so hat dies zwar als sachkundige Äußerung des mit technischen Richtern besetzten Spruchkörpers erhebliches Gewicht, überzeugt den Senat aber im Ergebnis aus den nachfolgenden Gründen nicht:
143Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass es philologisch mit dem Begriff „Thermosicherung“ vereinbar ist, darunter jede auf eine bestimmte Temperatur reagierende Sicherung zu verstehen, wobei sogar im Falle eines eindeutig entgegenstehenden Anspruchswortlauts eine Auslegung des Patentanspruchs nicht unterbleiben dürfte (BGH, GRUR 2002, 515 – Schneidmesser I, BGH, GRUR 2012, 1124 – Polymerschaum; BGH, GRUR 2015, 875 – Rotorelemente). Denn eine Sicherung, die aufgrund einer Erwärmung eines mit ihr thermisch gekoppelten Bauteils auslöst, reagiert „thermisch“, auch wenn die Temperaturerhöhung ihrerseits durch einen Überstrom verursacht wird. Die Abgrenzung zu einer Überstromsicherung erfolgt somit anhand des Parameters, der das Auslösen der Sicherung bestimmt: Bei einer Thermosicherung ist es die Temperatur, im Falle einer Überstromsicherung der durchfließende Strom. Selbst wenn nach dem üblichen Fachverständnis eine Thermosicherung nur vorliegen sollte, wenn sie in thermischem Kontakt mit dem zu überwachenden Bauelement steht und in oder in seiner Nähe angeordnet ist, führt dies aus den nachfolgenden Gründen nicht zu einer anderen Beurteilung, weil die Klagepatentschrift ihr eigenes Lexikon bildet und die Merkmale daher aus der Patentschrift heraus auszulegen sind (BGH, GRUR 1999, 909 – Spannschraube).
144(b)
145Denn der Fachmann erkennt bei der gebotenen funktionsorientierten Auslegung unter Heranziehung der Beschreibung, dass das Klagepatent das soeben dargelegte weite Verständnis von einer Thermosicherung zugrunde legt.
146Die Klagepatentschrift schildert im zweiten Ausführungsbeispiel mit der Figur 3 eine Schaltung mit einer Sicherung 28X, die nach einem Schmelzen der Schmelzschicht aufgrund einer entsprechend voreingestellten Temperatur „bricht“ und die Stromzufuhr zum Gerät unterbricht. Dies beruht nicht auf einem thermischen Kontakt zwischen Sicherung und Schmelzschicht, sondern darauf, dass infolge des Schmelzens Überstrom („negative Halbwellen“) durch die Sicherung 28X und in ihrer Nähe angeordnete Heizwiderständen 50X, 52X fließt, sich die Widerstände rasch erhitzen und die Sicherung darauf reagiert, weil sie mit den Widerständen in thermischem Kontakt steht (S. 12 Abs. 3 und 4 der Übersetzung). Das Element 28X bezeichnet die Klagepatentschrift dabei ausdrücklich als „thermische Sicherung“ und die Schaltung als „thermisches Schmelzsystem“, obwohl sie ausweislich von Figur 3 nicht in der Nähe der zu überwachenden Schmelzschicht angeordnet ist und die Sicherung nicht auf deren Temperatur, sondern vielmehr auf die Temperatur der Heizwiderstände reagiert, die wiederum durch Überstrom erhitzt worden sind. Nichts anders gilt für das erste Ausführungsbeispiel mit der Figur 1, wo ebenso dargestellt wird, dass ein Überstrom Widerstände 36, 38 erhitzt, die mit der Sicherung 30 „in thermischen Kontakt“ stehen und dies einen Abbruch der Stromversorgung bewirkt (S. 7 Abs. 2 der Übersetzung).
147Der Fachmann entnimmt diesen Ausführungsbeispielen ohne weiteres, dass eine patentgemäße Schmelzdetektionsschaltung beschrieben wird und der Begriff „Thermosicherung“ auch eine derartige Ausgestaltung umfasst. Denn eine Auslegung des Patentanspruchs, die zur Folge hätte, dass keines der in der Patentschrift geschilderten Ausführungsbeispiele vom Gegenstand des Patents erfasst würde, kommt nur in Betracht, wenn andere Auslegungsmöglichkeiten zwingend ausscheiden oder wenn sich aus dem Patentanspruch hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass tatsächlich etwas beansprucht wird, das so weitgehend von der Beschreibung abweicht (BGH, GRUR 2015, 159 – Zugriffsrechte; BGH, GRUR 2015, 875 – Rotorelemente; BGH, GRUR 2015, 972 – Kreuzgestänge).
148Letzteres ist hier nicht der Fall: Vielmehr schließen es weder – wie bereits ausgeführt – der Anspruchswortlaut noch die patentgemäße Funktion der Thermosicherung aus, die in beiden Ausführungsbeispielen beschriebene Ausgestaltung als patentgemäß zu beurteilen. Diese Funktion besteht nach dem ausdrücklichen Anspruchswortlaut darin, ein Schmelzen der Schmelzschicht zu detektieren. Dazu ist die Sicherung indes nicht nur bei einer unmittelbaren thermischen Verbindung mit der Schmelzschicht in der Lage, sondern grundsätzlich ebenso dann, wenn das Schmelzen einen Überstrom verursacht und dieser Überstrom Bauelemente erhitzt, die mit der Sicherung thermisch gekoppelt sind. Wie die Ausführungsbeispiele der Klagepatentschrift zeigen, erfasst die Sicherung hier ebenfalls – wenn auch nur mittelbar – das Schmelzen der Schmelzschicht und erfüllt so in gleicher Weise die ihr im Klagepatentanspruch zugewiesene Funktion. Deswegen besteht aus Sicht des Fachmannes kein technischer Grund, diese Ausgestaltung vom Schutzbereich des Klagepatents auszunehmen. Infolgedessen entnimmt er der Vorgabe in Merkmal 2.5.1, ein Schmelzen der Schmelzschicht zu detektieren, entgegen der Ansicht der Beklagten auch keine Anweisung, die Verschaltung und Anordnung der Thermosicherung so vorzunehmen, dass eine unmittelbare thermische Verbindung zur Schmelzschicht besteht.
149(4)
150Die patentgemäße Schmelzdetektionsschaltung muss zuletzt nicht in der Lage sein, ein Schmelzen der Schmelzschicht vor einem Kurzschluss zwischen den Leitern zu erkennen. Das Klagepatent gibt dies nicht vor, sondern es genügt, wenn sie das Schmelzen erst mittelbar nach einem Kurzschlusses detektiert und dies sodann zum Anlass nimmt, die Stromversorgung abzuschalten.
151Da es sich bei ihr lediglich um eine zusätzliche Sicherung handelt, die nur und erst aktiv wird, wenn das vorrangige Überhitzungsschutzsystem gemäß Merkmalsgruppe 2.4 ausfällt, besteht nach der Lehre des Klagepatents keine zwingende technische Notwendigkeit, dass sie ebenfalls noch vor einem Kurzschluss zwischen beiden Leitern eingreift. Die (Teil-) Aufgabe des Klagepatents, dass vor einer Zerstörung des Heizelements ein Überhitzungszustand festgestellt werden muss, wird bereits durch die patentgemäße Steuereinrichtung gelöst. Einen mehrfachen Überhitzungsschutz vor Zerstörung des Heizelements verlangt das Klagepatent dagegen nicht. Es mag vorteilhaft sein, wenn die Schmelzdetektionsschaltung ein Schmelzen der Schmelzschicht vor einem Kurzschluss zwischen den Leitern erfasst und die Stromversorgung abschaltet. Eine Vorrichtung, die dies nicht leistet, führt aber nicht aus dem Schutzbereich des Klagepatents heraus.
152Die Beschreibung der Klagepatentschrift bestätigt, dass es zumindest auch patentgemäß ist, wenn die Schaltung gemäß dem Merkmal 2.5 erst nach einem Kurzschluss der beiden Leitereinrichtungen ein Schmelzen der Schmelzschicht erfasst. Dies hat das Landgericht zutreffend und überzeugend ausgeführt, weshalb zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen wird. Insbesondere wird dort zu Recht hervorgehoben, dass sich das Klagepatent insoweit nicht vom Stand der Technik abgrenzt, sondern diesen übernimmt, und die Schmelzdetektionsschaltung als zusätzliche Sicherung neben dem „H-Steuersystem“ vorsieht. Dies ergibt sich aus der Beschreibung in der Klagepatentschrift, wonach bei vorbekannten Heizdecken ein Schmelzen der Schmelzschicht entweder zu einer Berührung und damit zu einem Kurzschluss zwischen den beiden Leitern oder zu einem Einwegstrom durch die Leiter führen kann (S. 1 Abs. 5 der Übersetzung). Zudem ist dem Fachmann aus seinem allgemeinen Fachwissen bekannt, dass in einer Schmelzsituation eine Berührung der beiden Leiter möglich ist (vgl. Hinweis des BPatG vom 13.10.2015; Anlage KR 10). Im Einklang damit wird sodann in der Beschreibung zum ersten Ausführungsbeispiel mit der Figur 1 ein Schmelzsystem mit einer Sicherung 30, einem parallelen Widerstandspaar 36, 38, dem äußeren Leiter 24, der Schmelzschicht 34 und dem inneren Leiter 20 dargestellt, das im Prinzip genauso funktioniert wie im Stand der Technik, indem entweder die negativen Halbwellen der Netzspannung die Schaltung passieren und einen Abbruch der Stromversorgung bewirken oder dieser Effekt durch einen Kurzschluss ausgelöst wird (vgl. S. 7 Abs. 2 und 3 der Übersetzung). Ferner heißt es in der Darstellung des zweiten Ausführungsbeispiels mit der Figur 3, dass ein Schmelzen der H-Schicht zu einem Strompfad negativer Halbwellen führe, der unter anderem durch den Sensordraht 16X, den Schmelzbereich und das Heizelement 12X verlaufe, was ein Durchschlagen der thermischen Sicherung zur Folge habe und wodurch die Stromzufuhr zum Gerät unterbrochen werde (vgl. S. 12 Absätze 3 und 4 der Übersetzung). Somit detektiert die Schmelzdetektionsschaltung in beiden Ausführungsbeispielen ein Schmelzen der Schmelzschicht erst aufgrund eines Kurzschlusses oder eines „negativen Einwegstroms“. Die Anknüpfung der Lehre des Klagepatents an den vorbekannten Stand der Technik wird noch zusätzlich dadurch untermauert, dass die in beiden Ausführungsbeispielen beschriebenen Sicherungen ausdrücklich als Standardschmelzsystem charakterisiert (S. 12 Abs. 3 der Übersetzung) bzw. als „konventionelles“ (S. 7 Abs. 2) und „gewöhnliches“ (S. 8, Abs. 3 letzte Zeile unten) Schmelzsystem bezeichnet werden.
153bb)
154Davon ausgehend erfüllt die angegriffene Ausführungsform auch Merkmalsgruppe 2.5.
155(1)
156Die Beklagten bestreiten – soweit ihr Sachvortrag zugrunde gelegt werden kann – nicht, dass bei der angegriffenen Ausführungsform im Falle einer Änderung des Widerstands der Schmelzschicht die Thermosicherung THF 115° stets und zwingend erst aktiv wird, wenn die Steuereinrichtung U1-4 ausfällt und in diesem Sinne eine patentgemäße vorgegebene Reihenfolge zwischen den beiden Schutzmechanismen besteht. Ihr neues Vorbringen in der Berufungsinstanz, aufgrund unterschiedlicher Widerstandswerte der H-Schmelzschicht bei jeder Heizdecke sei nicht sichergestellt, dass die Steuerung stets den Strom vor einem Schmelzen der Schmelzschicht abschalte, ist mangels Zulassungsgrund nicht zu berücksichtigen (siehe oben a) bb)).
157Die von den Beklagten beschriebene Konstellation, bei der ein Kurzschluss nahe bei oder an den stromquellenseitigen Anschlüssen X1-1 und X1-2 auftritt (etwa aufgrund einer Beschädigung dieser Schaltungselemente) und die Thermosicherung sofort und direkt beaufschlagt, ohne dass die funktionsfähige Steuereinrichtung ausgelöst hätte, steht einer Patentverletzung nicht entgegen, weil hier keine Änderung des Widerstands der Schmelzschicht stattfindet und das Klagepatent in diesem Falle ein vorheriges Eingreifen der Steuereinrichtung nicht vorschreibt. Vielmehr spricht die Thermosicherung an, bevor eine solche Widerstandsänderung eintritt und erfasst werden könnte. Es handelt sich nicht um einen Fall der Überhitzung des Heizelements, bei der ein Schmelzen der Schmelzschicht droht, sondern um einen davon unabhängigen Kurzschlussfall.
158(2)
159Des Weiteren ist unstreitig, dass die Sicherung THF der angegriffenen Ausführungsform bei einem hohen Stromfluss über die mit ihr thermisch gekoppelten Widerstände R6 und R7 durchschmilzt. Die Beklagten greifen mit der Berufung ferner die Feststellungen im angefochtenen Urteil und im Privatgutachten (S. 30 PGA) nicht an, dass bei einem Schmelzen der Schmelzschicht die beiden elektrischen Leiter (X1-1, X1-3 und X1-2, X1-4) kontaktieren, es dadurch zu einem Kurzschluss kommt und sich infolgedessen der über die beiden Heizwiderstände (R6, R7) fließende Strom stark erhöht mit der Folge, dass sich die Widerstände erwärmen und die Sicherung „THF“ auslösen, die ausweislich des Schaltplans (vgl. Abbildung 6, S. 9 PGA) bei 115° C, mithin in Abhängigkeit von der Temperatur – und nicht vom Stromwert – reagiert. Da dies sodann zu einem Abbruch der Stromversorgung zur ersten Leitereinrichtung des Heizelements führt, handelt es sich um eine patentgemäße Schmelzdetektionsschaltung mit einer Thermosicherung.
160Die Beklagten wenden gegenüber den Ausführungen im Privatgutachten vergeblich ein, dass das Sicherungssystem THF/R6/R7 auch ansprechen könne, wenn – unabhängig von einer Schmelzdetektion und unabhängig von einem vorherigen Ausfall der Steuereinrichtung – der Thyristor T1 „durchschlage“. Dabei handelt es sich zwar um eine grundsätzlich in Betracht kommende Alternativursache für eine Erwärmung der Widerstände R6 und R7 und ein Auslösen der Sicherung THF. Allerdings haben die Privatgutachter diese Alternative bei der untersuchten angegriffenen Ausführungsform ausgeschlossen, indem sie den Thyristor T1 nach dem Versuch geprüft und festgestellt haben, dass dieser funktionsfähig war. Ungeachtet dessen steht es einer Verwirklichung dieses Merkmals nicht entgegen, dass die Thermosicherung auch auslösen kann, wenn die funktionsfähige Steuereinrichtung zuvor keine Änderung des Widerstands der Schmelzschicht registriert hat, wie etwa bei einem „Durchschlagen“ des Thyristors T1 oder eventuell auch bei einem Kurzschluss zwischen den Punkten X1-1 und X1-2. Diese Vorgänge treten unabhängig von einer Änderung des Widerstands der Schmelzschicht auf, weil Ursache keine Überhitzung des Heizelements, sondern z. B. eine Beschädigung von (anderen) Schaltungselementen ist, weshalb die patentgemäß vorgegebene Reihenfolge für die Schutzmechanismen der Merkmalsgruppen 2.4 und 2.5 nicht greift.
161II.
162Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 91a Abs. 1 S. 1 ZPO.
163Soweit die Parteien die Klageanträge auf Unterlassung und auf Rückruf aus den Vertriebswegen übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, haben die Beklagten gemäß § 91a Abs. 1 ZPO die anteilig darauf entfallenden Kosten zu tragen, weil sie aus den unter I. dargelegten Gründen ursprünglich zulässig und begründet waren und Billigkeitserwägungen keine davon abweichende Beurteilung rechtfertigen. Den erstmals in der Berufungsinstanz erhobenen Einwand, ein Rückruf wäre gemäß § 140a Abs. 4 PatG unverhältnismäßig, begründet die Beklagte zu 1) mit dem Ablauf des Klagepatents, der im März 2016 abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung und dem erheblichen Zeitablauf seit Einstellung des Vertriebs der angegriffenen Ausführungsform, und daher ausschließlich mit nach Klageerhebung im Laufe der Berufungsinstanz eingetretenen Umständen, welche somit die ursprüngliche Begründetheit des Rückrufantrages nicht in Frage stellen.
164III.
165Die Anordnung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
166IV.
167Es besteht keine Veranlassung, gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO die Revision zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Der Senat hat das Klagepatent nicht anders ausgelegt als der Bundesgerichtshof im Nichtigkeitsverfahren. Die hiesige Auslegung weicht zwar im Hinblick auf die „Thermosicherung“ gemäß Merkmalsgruppe 2.5 möglicherweise vom rechtskräftigen Urteil des Bundespatentgerichts vom 17.02.2016 (Az. 6 Ni 2/14 (EP)) ab. Der Bundesgerichtshof hat sich jedoch in den Entscheidungsgründen mit der Auslegung dieses Begriffs nicht befasst, weil es darauf nach seiner – vom Bundespatentgericht abweichenden – Lösung für die Frage der Nichtigkeit des Klagepatents nicht ankam.
168V.
169Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 300.000,- Euro festgesetzt.
170X Y Z
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Referenzen
- PatG § 3 1x
- Urteil vom Landgericht Düsseldorf - 4a O 22/14 2x
- ZPO § 543 Zulassungsrevision 1x
- PatG § 140b 1x
- ZPO § 264 Keine Klageänderung 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- PatG § 9 1x
- X ZR 72/16 5x (nicht zugeordnet)
- BGB § 259 Umfang der Rechenschaftspflicht 1x
- ZPO § 263 Klageänderung 1x
- PatG § 139 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- 6 Ni 2/14 4x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 91a Kosten bei Erledigung der Hauptsache 2x
- 21 O 10434/12 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 533 Klageänderung; Aufrechnungserklärung; Widerklage 1x
- BGB § 242 Leistung nach Treu und Glauben 1x
- ZPO § 540 Inhalt des Berufungsurteils 1x
- PatG § 145 7x
- PatG § 140a 1x
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x