Urteil vom Oberlandesgericht Hamm - 30 U 12/20
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 03.12.2019 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bochum – 1 O 251/19 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 13.896,00 € festgesetzt.
1
Gründe
2I.
3Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines durch die Klägerin erklärten Widerrufs betreffend einen Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung für ein Kraftfahrzeug.
4Unter dem 20.03.2018 schlossen die Parteien unter Einbeziehung der „PrivatLeasing-Bedingungen“ der Beklagten einen Finanzierungsleasingvertrag mit Kilometerabrechnung über den Gebrauchtwagen B #0 R 0.0 ### ab. Vereinbart wurde die Zahlung von 36 monatlichen Leasingraten i.H.v. jeweils 579,00 € (= insgesamt 20.844,00 €) durch die Klägerin. Dieser wurde eine „Widerrufsinformation“ sowie die Unterlage „Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite“ ausgehändigt.
5Die Beklagte erwarb das Leasingfahrzeug bei der Verkäuferin, der O GmbH in T, und stellte es der Klägerin zur Nutzung zur Verfügung.
6Die Klägerin zahlte von März 2018 bis Februar 2019 12 monatliche Raten i.H.v. jeweils 579,00 €, mithin insgesamt 6.948,00 €.
7Mit Schreiben vom 04.02.2019 erklärte die Klägerin den Widerruf ihrer auf den Abschluss des Leasingvertrages gerichteten Willenserklärung. Sie forderte die Beklagte zur Rückzahlung geleisteter Raten bis zum 18.02.2019 auf. Die Klägerin begründete ihre Widerrufserklärung damit, dass sie nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden sei.
8Die Beklagte wies mit Schreiben vom 26.02.2019 jegliche Ansprüche der Klägerin zurück. Ein Widerrufsrecht zu Gunsten der Klägerin bestehe nicht mehr.
9Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.03.2020 forderte die Klägerin die Beklagte erneut zur Rückzahlung der geleisteten Leasingraten auf und setzte diesbezüglich eine Frist von 7 Tagen ab Rückgabe des Fahrzeuges. Darüber hinaus bot sie die Rückgabe des geleasten Fahrzeuges unter Fristsetzung zur Rücknahme von 2 Wochen an. Schließlich erklärte sie die Aufrechnung des Rückzahlungsanspruchs für geleistete Zinszahlungen mit dem Nutzungsersatzanspruch für den geleisteten Kapitaldienst in selbiger Höhe.
10Die Klägerin hat daraufhin mit Einreichung der Klageschrift vom 31.05.2019 Klage erhoben, die der Beklagten am 31.07.2019 zugestellt worden ist.
11Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, aufgrund des von ihr erklärten Widerrufs sei der Leasingvertrag rückabzuwickeln.
12Es bestehe ein gesetzliches Widerrufsrecht nach §§ 506, 495, 355 BGB. Auf Leasingverträge mit Kilometerabrechnung sei § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB entsprechend anwendbar.
13Das ihr zustehende Widerrufsrecht habe sie auch mit Schreiben vom 04.02.2019 noch ausüben können. Denn die Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft gewesen, mit der Folge, dass die 14-tägige Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe.
14Ein Wertersatzanspruch stehe der Beklagten nicht zu, jedenfalls sei eine Berechnung lediglich auf Grundlage der gefahrenen Kilometer vorzunehmen.
15Die Klägerin hat beantragt,
161) festzustellen, dass aufgrund des wirksam erfolgten Widerrufs vom 04.02.2019 die Beklagte aus dem Leasingvertrag vom 20.03.2018 mit der Vertragsnummer #000050 keine Rechte – insbesondere keinen Anspruch auf Zahlung der Leasingraten (mehr) – herleiten kann,
17und im Wege der innerprozessualen Bedingung, für den Fall, dass der Klageantrag zu 1) zulässig und begründet ist:
182) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 6.948,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB ab dem 01.03.2019 binnen sieben Tagen nach Übergabe des Fahrzeugs B #0 R 0.0 ###, Fahrgestellnummer #######00##000009, zu zahlen;
193) festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Entgegennahme des Fahrzeugs aus dem Antrag zu 2) in Annahmeverzug befindet;
204) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 1.171,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.
21Die Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Die Beklagte hat die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Bochum gerügt.
24Des Weiteren hat sie die Auffassung vertreten, der Feststellungsantrag sei wegen des Vorrangs der Leistungsklage unzulässig. Die Klägerin sei in der Lage, einen bezifferten Zahlungsantrag zu stellen. Zudem fehle das Rechtsschutzinteresse, da weder vorgetragen noch erkennbar sei, welchen Nutzen der Feststellungsantrag im Falle eines Obsiegens mit dem Zahlungsantrag habe.
25Darüber hinaus sei die Klage auch unbegründet, da der Klägerin kein Widerrufsrecht zustehe. Ein gesetzliches Widerrufsrecht komme im Falle eines Leasingvertrages mit Kilometerabrechnung gemäß §§ 506 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 495 BGB nicht in Betracht. Diese Vorschrift sei weder direkt noch analog anzuwenden. Der Gesetzgeber habe bewusst davon abgesehen, Leasingverträge mit Kilometerabrechnung in § 506 Abs. 1, Abs. 2 BGB mit aufzunehmen.
26Schließlich sei aber auch die Widerrufsfrist bereits abgelaufen, da beklagtenseits eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt worden sei.
27Jedenfalls könne sich die Klägerin auf ein Widerrufsrecht auch deshalb nicht berufen, da der Einwand der Verwirkung bzw. des Rechtsmissbrauchs entgegenstehe.
28Auch ein vertragliches Widerrufsrecht bestehe nicht, jedenfalls wäre dieses nicht fristgerecht ausgeübt worden.
29Hilfsweise hat sie mit einem Anspruch auf Ersatz des Wertverlustes zumindest in Höhe der Leasingraten in voller Höhe gegenüber den mit den Klageanträgen zu 2) und 4) geltend gemachten Zahlungsansprüchen aufgerechnet.
30Hinsichtlich des Vortrags der Parteien im Einzelnen wird auf die erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
31Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
32Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei – hinsichtlich des unbedingt gestellten Antrages – zwar zulässig, aber unbegründet.
33Ein gesetzliches Widerrufsrecht nach §§ 506 Abs. 2, Abs. 1, 495 BGB bestehe nicht. Ein Kilometer-Leasingvertrag stelle keine entgeltliche Finanzierungshilfe i.S.v. § 506 Abs. 2 BGB dar, da die Voraussetzungen nicht erfüllt seien.
34Auch eine analoge Anwendung von § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB scheide aus. Es fehle bereits an einer Vergleichbarkeit der maßgeblichen Umstände, die zu dem Schluss berechtige, der Gesetzgeber habe für den Leasingvertrag ohne Restwertgarantie ebenfalls ein gesetzliches Widerrufsrecht einräumen wollen. Zwar sei auch der Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung auf Vollamortisation gerichtet. Ob der Leasinggeber dieses Ziel erreiche, hänge jedoch zum Teil auch von Faktoren ab, für deren Eintritt der Leasinggeber das Risiko trage. Damit stehe die Vertragsgestaltung dem Mietvertrag deutlich näher als dem Darlehensvertrag.
35Jedenfalls fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke. Denn es bestehe kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber die Frage eines Widerrufsrechtes für die seit vielen Jahren übliche und verbreitete Form des sogenannten Kilometerleasings nicht bedacht hätte. Die Erwägungen in der BT-Drs. 848/08, S. 146 ließen vielmehr darauf schließen, dass der Gesetzgeber bei Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie eine Erstreckung des Widerrufsrechts gerade nur auf Leasingverträge mit Restwertgarantie habe regeln wollen.
36Ob in der Überlassung einer Widerrufsinformation ohne gesetzliches Widerrufsrecht die Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechtes gesehen werden könne, könne dahinstehen. Denn die Frist hierfür wäre jedenfalls nach dem Inhalt der Belehrung 14 Tage nach Vertragsschluss abgelaufen gewesen, so dass der Widerruf verfristet gewesen sei.
37Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 156 ff. d.A.) Bezug genommen.
38Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Klagebegehren – unter Wiederholung und Vertiefung erstinstanzlichen Vorbringens – vollumfänglich weiterverfolgt.
39Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass das Landgericht den Anwendungsbereich von § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB verkannt habe. Der Bundesgerichtshof habe ein Widerrufsrecht für Kilometer-Leasingverträge nach dem früheren Verbraucherkreditgesetz bestätigt. Insoweit wäre zu erwarten gewesen, dass der Gesetzgeber explizit zum Ausdruck gebracht hätte, wenn er Kilometer-Leasingverträge vom Anwendungsbereich nunmehr hätte ausnehmen wollen. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Leasinggeber auch bei Kilometer-Leasingverträgen eine Vollamortisation erhalte.
40Die Klägerin beantragt,
41das Urteil des Landgerichts Bochum vom 03.12.2019, Az.: I-1 O 251/19 aufzuheben und
421) festzustellen, dass aufgrund des wirksam erfolgten Widerrufs vom 04.02.2019 die Beklagte aus dem Leasingvertrag vom 20.03.2018 mit der Vertragsnummer #000050 keine Rechte – insbesondere keinen Anspruch auf Zahlung der Leasingraten (mehr) – herleiten kann.
43Darüber hinaus beantragt sie – hinsichtlich der Anträge zu 2) und zu 3) für den Fall der Zulässigkeit und Begründetheit des Klageantrags zu 1) –,
442) die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag i.H.v. 6.948,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins-satz der EZB ab dem 01.03.2019 binnen sieben Tagen nach Übergabe des Fahrzeugs B #0 R 3.0 TDI, Fahrgestellnummer #######00##000009 zu zahlen;
453) festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Entgegennahme des Fahrzeugs aus dem Antrag zu 2) im Annahmeverzug befindet;
464) die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag i.H.v. 1.171,67 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins-satz der EZB seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.
47Die Beklagte beantragt,
48die Berufung zurückzuweisen.
49Die Beklagte verteidigt – unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens – das angefochtene Urteil.
50Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst überreichter Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlungen vom 14.08.2020 Bezug genommen.
51II.
52Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
53Weder beruht die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (vgl. § 513 ZPO).
541.
55Die Einwendungen der Beklagten gegen die Zulässigkeit des Klageantrags zu 1) greifen nicht durch.
56Soweit sie auch in der Berufungsbegründung die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Bochum rügt, verfängt dies nicht. Denn da das Landgericht Bochum seine örtliche Zuständigkeit angenommen hat, erfolgt von Seiten des Berufungsgerichts keine Überprüfung, § 513 Abs. 2 ZPO.
57Weiterhin besteht im Hinblick auf den Antrag zu 1) ein besonderes Feststellungsinteresse i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO, denn die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird.
58Ein solches Interesse ist in der Regel gegeben, wenn der Beklagte sich eines Anspruchs gegen den Kläger berühmt. Die Rechtsstellung des Klägers ist schutzwürdig betroffen, wenn der Beklagte geltend macht, aus dem bestehenden Rechtsverhältnis könne sich unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch gegen den Kläger ergeben. Insoweit ist ausreichend, wenn der Beklagte die Wirksamkeit des Widerrufs bestreitet und damit das Fortbestehen vertraglicher Erfüllungsansprüche behauptet (vgl. BGH, Urteil vom 16.05.2017 – XI ZR 586/15, NJW 2017, 2340, Rn. 15).
59So liegt der Fall hier. Denn die Beklagte bestreitet gerade den Widerruf und beruft sich auf das Bestehen des Vertragsverhältnisses und der daraus resultierenden Leistungsansprüche.
60Ein Feststellungsinteresse entfällt auch nicht deshalb, weil die Klägerin mit ihrem Hilfsantrag zu Ziff. 2) die Rückzahlung der geleisteten Leasingraten verlangt. Anders als im Falle einer positiven Feststellungsklage wird das wirtschaftliche Interesse der Klägerin durch die Leistungsklage gerichtet auf Rückgewähr erbrachter Leistungen nicht abgedeckt, denn die negative Feststellungsklage geht insoweit darüber hinaus (vgl. BGH, Urteil v 16.05.2017 – XI ZR 586/15, NJW 2017, 2340, Rn. 16).
612.
62Allerdings hat die Berufung der Klägerin in der Sache keinen Erfolg.
63a)
64Das Landgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Feststellung, dass die Beklagte aufgrund des erklärten Widerrufs vom 04.02.2019 aus dem Leasingvertrag vom 20.03.2018 keine Rechte herleiten kann, verneint. Denn vorliegend fehlt es an einem wirksamen Widerruf durch die Klägerin. Dieser stand kein Widerrufsrecht zu.
65aa)
66Ein gesetzliches Widerrufsrecht gemäß §§ 355 Abs. 1 S. 1, 495 Abs. 1, 506 Abs. 1 S. 1 BGB konnte die Klägerin für sich nicht in Anspruch nehmen.
67Denn die Vorschrift des § 506 Abs. 1, Abs. 2 BGB ist auf einen Leasingvertrag, der auf einer Kilometerabrechnung basiert, nicht anwendbar, da es sich hierbei nicht um eine sonstige Finanzierungshilfe i.S.v. § 506 Abs. 1, Abs. 2 BGB handelt.
68(1)
69Eine unmittelbare Anwendung von § 506 Abs. 1, Abs. 2 BGB scheidet aus, weil die Voraussetzungen der § 506 Abs. 2 S. 1 Nrn. 1 bis 3 BGB nicht vorliegen.
70Eine Verpflichtung zum Erwerb des Gegenstandes i.S.v. § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB ist aus dem Leasingvertrag nicht ersichtlich und wird von den Parteien auch nicht vorgetragen. Nach XVI. 5. der „PrivatLeasing-Bedingungen“ der Beklagten ist der Erwerb des Fahrzeugs durch den Leasingnehmer nach Vertragsablauf sogar ausgeschlossen.
71Auch die Voraussetzungen von § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB sind nicht erfüllt. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte als Unternehmerin von der Klägerin als Verbraucherin den Erwerb des Leasinggegenstandes verlangen kann.
72Schließlich liegt auch keine entgeltliche Finanzierungshilfe i.S.v. § 506 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB vor. Denn die Parteien haben nicht vereinbart, dass die Klägerin bei Beendigung des Vertrages für einen bestimmten Wert des Gegenstandes einzustehen hat.
73Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs Drs. 16/11643, S. 92 erfasst § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB die Fälle, in denen der Verbraucher eine Restwertgarantie übernimmt. Ein „bestimmter Wert“ ist nach der Gesetzesbegründung ein solcher, der im Vertrag als feste Zahl vereinbart ist.
74Nach dem vorliegenden Leasingvertrag übernimmt die Klägerin als Leasingnehmerin keine Restwertgarantie. Es ist insoweit auch kein bestimmter Wert vereinbart. Vielmehr enthält der Leasingvertrag eine Bestimmung zu monatlichen Leasingraten sowie zu den Mehr- und Minderkilometer-Beträgen. Die Abrechnung erfolgt also auf der Grundlage der gefahrenen Kilometer und nicht anhand einer festen Zahl für den Wert des Gegenstandes.
75Auch die nach XVI. 3. in den Leasing-Bedingungen enthaltene Pflicht zum Minderwertausgleich führt nicht zu einer Anwendung von § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB. Denn auch insoweit liegt kein „bestimmter Wert des Gegenstandes“ vor, der als feste Zahl vereinbart ist. Vielmehr ist bei Vertragsschluss offen, ob und wenn ja, in welcher Höhe ein Ausgleich zum Ende der Vertragslaufzeit vorzunehmen ist.
76Die Annahme einer Finanzierungshilfe i.S.v. § 506 Abs. 1 BGB ohne Vorliegen der Voraussetzungen von § 506 Abs. 2 BGB ist nicht möglich. Denn § 506 Abs. 1 BGB stellt insoweit keinen Auffangtatbestand dar. Aus der Gesetzesbegründung geht die eindeutige Intention des Gesetzgebers hervor, dass es sich bei der Aufzählung in § 506 Abs. 2 BGB um eine abschließende handelt (so auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.10.2012 – 24 U 15/12, NJW-RR 2013, 1069). Hierfür spricht auch der Wortlaut des § 506 Abs. 2 BGB („gelten als entgeltliche Finanzierungshilfe, wenn vereinbart ist, dass“) sowie die alternative Aufzählung.
77(2)
78Auch eine analoge Anwendung von § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB kommt nicht in Betracht. Denn es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke wie auch an einer vergleichbaren Interessenlage.
79Die entsprechende Anwendung einer Vorschrift setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ob eine solche Gesetzeslücke vorliegt, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Gesetz muss also, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, unvollständig sein (vgl. BGH, Urteil vom 28.05.2008 – VIII ZR 126/07, BeckRS 2008, 11430, Rn. 7). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
80(a)
81Der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat zwar in einer Entscheidung vom 02.10.2012 (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.10.2012 – 24 U 15/12, NJW-RR 2013, 1069) eine analoge Anwendung von § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB für Leasingverträge mit Kilometerabrechnung und damit auch das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke bejaht (in diesem Sinne auch Münchener Kommentar/Schürnbrand/Weber, BGB, 8. Auflage (2019), § 506, Rn. 5; Palandt/Weidenkaff, BGB, 79. Auflage (2020), § 506, Rn. 5).
82Zur Begründung hat er insbesondere auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Verbraucherkreditgesetz (vgl. BGH, Urteil vom 24.04.1996 – VIII ZR 150/95, NJW 1996, 2033; BGH, Urteil vom 11.03.1998 – VIII ZR 205/97, NJW 1998, 1637) hingewiesen, wonach Kraftfahrzeugleasingverträge mit Kilometerabrechnung als Finanzierungsleasingverträge i.S.d. § 3 Abs. 2 Nr. 1 VerbrKrG a.F. und damit als Kreditverträge in Form einer sonstigen Finanzierungshilfe i.S.v. § 1 Abs. 2 VerbrKrG a.F. zu qualifizieren seien. Im Hinblick darauf sei es – so das Oberlandesgericht Düsseldorf – zu erwarten gewesen, dass sich der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung mit dieser Rechtsprechung auseinandergesetzt hätte, wenn mit der gesetzlichen Neuregelung eine so weitreichende Rechtsänderung gewollt gewesen wäre. Ferner sei die weitere Einbeziehung der Leasingverträge mit Kilometerabrechnung in das verbraucherschützende Regelwerk auch in der Sache gerechtfertigt. Der Leasinggeber erhalte in diesen Fällen, anders als der Vermieter, durch entsprechende Kalkulation der Leasingraten und die anschließende Verwertung des Fahrzeugs jedenfalls in aller Regel ohne erneutes Verleasen eine Vollamortisation. Dann sei der Leasingnehmer aber auch in gleicher Weise schutzwürdig wie bei Vertragsgestaltungen mit kalkuliertem und beziffertem Restwert.
83(b)
84Demgegenüber ist in der neueren Rechtsprechung überwiegend die Auffassung vertreten worden, der Gesetzgeber habe Leasingverträge mit Kilometerabrechnung bewusst nicht als sonstige Finanzierungshilfen i.S.v. § 506 Abs. 1, Abs. 2 BGB qualifizieren wollen (vgl. OLG München, Urteil vom 18.06.2020 – 32 U 7119/19, BeckRS 2020, 13248, Rn. 21 ff.; OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 03.06.2020 – 17 U 813/19, BeckRS 2020, 16135, Rn. 19 ff.; OLG München, Beschluss vom 30.03.2020 – 32 U 5462/19, BeckRS 2020, 5137, Rn. 15 ff.; OLG Brandenburg, Beschluss vom 11.02.2020 – 1 U 73/19; OLG Stuttgart, Urteil vom 29.10.2019 – 6 U 338/18, NJW-RR 2020, 299, Rn. 17 ff.).
85(c)
86Letzterer Auffassung schließt sich der Senat an.
87Aus der Tatsache, dass die Gesetzesbegründung Leasingverträge mit Kilometerabrechnung nicht erwähnt und auch nicht auf die angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der entsprechenden Anwendung der Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes für Finanzierungsleasingverträge auf Leasingverträge mit Kilometerabrechnung eingeht, folgt nicht, dass diese Verträge ebenfalls vom Regelungszweck des § 506 Abs. 1, Abs. 2 BGB umfasst sein sollten (so aber OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.10.2012 – 24 U 15/12, NJW-RR 2013, 1069).
88Vielmehr spricht alles dafür, dass der Gesetzgeber die Leasingverträge mit Kilometerabrechnung bewusst nicht dem Anwendungsbereich des § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB unterworfen hat.
89Es ist zum einen schon fernliegend, dass ihm die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs oder die Existenz von Leasingverträgen mit Kilometerabrechnung unbekannt waren und deshalb keine Auseinandersetzung hiermit erfolgt ist (vgl. OLG München, Beschluss vom 30.03.2020 – 32 U 5462/19, BeckRS 2020, 5137, Rn. 24).
90Zum anderen handelt es sich bei § 506 BGB um eine Neuregelung, die auf einer von den vorherigen Regelungen abweichenden Regelungsabsicht beruht, wie aus der Gesetzesbegründung deutlich hervorgeht (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 29.10.2019 – 6 U 338/18, NJW-RR 2020, 299, Rn. 37). Den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs lag demgegenüber eine andere, nicht vergleichbare gesetzliche Regelung zugrunde.
91Der Bundesgerichtshof ist in seinen Entscheidungen aus den Jahren 1996 und 1998 davon ausgegangen, dass das Verbraucherkreditgesetz Voll- und Teilamortisationsverträge erfasst. Es mache keinen Unterschied, auf welche Weise die Amortisation herbeigeführt werde, ob also durch Zahlung von Leasingraten oder teils durch Leasingraten, teils über den Ausgleich des kalkulierten Restwerts des Leasingobjekts. Eine vollständige Entlastung des Leasingnehmers vom Restwertrisiko liege auch in den Fällen des Leasingvertrages mit Kilometerabrechnung nicht vor. Denn dieser sei vertraglich verpflichtet, den Minderwert des Fahrzeugs auszugleichen. Dem Leasinggeber verbleibe lediglich das – gering zu veranschlagende – Risiko der Marktgängigkeit des Fahrzeugs bei Vertragsablauf und der richtigen internen Kalkulation des Restwerts. Erziele der Leasinggeber bei Kilometerabrechnungsverträgen durch die Veräußerung des Fahrzeugs einen Gewinn, müsse er zudem daran den Leasingnehmer anders als bei Teilamortisationsverträgen nicht beteiligen. Da eine „Amortisationslücke“ für den Leasinggeber bei Kilometerabrechnungsverträgen der vorliegenden Art nicht zu erwarten sei, seien sie als Finanzierungsleasing im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 1 VerbrKrG zu behandeln (vgl. BGH, Urteil vom 24.04.1996 – VIII ZR 150/95, NJW 1996, 2033, 2034f.; BGH, Urteil vom 11.03.1998 – VIII ZR 205/97, NJW 1998, 1637).
92Die Gesetzesbegründung zu § 506 BGB verweist zwar ebenfalls – im Hinblick auf die Verträge mit Restwertgarantie – auf die Vollamortisation des Vertragsgegenstandes. Anknüpfungspunkt in § 506 BGB ist jedoch nicht der Begriff des Finanzierungsleasings, sondern der der entgeltlichen Finanzierungshilfe. Zu differenzieren ist für die Frage ihres Vorliegens dabei, ob es sich bei dem zwischen Verbraucher und Unternehmer geschlossenen Vertrag um eine Finanzierungshilfe oder um einen bloßen Gebrauchsüberlassungsvertrag, insbesondere einen Mietvertrag handelt (BT-Drs. 16/11643, S. 92). Hintergrund hierfür ist die Regelung in Art. 1, Art. 2 Abs. 2 d) der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG, die es umzusetzen galt. Hiernach sollten Verbraucherkreditverträge erfasst werden, nicht hingegen Miet- oder Leasingverträge, bei denen weder in dem Vertrag selbst noch in einem gesonderten Vertrag eine Verpflichtung zum Erwerb des Miet- bzw. Leasinggegenstands vorgesehen ist; von einer solchen Verpflichtung ist auszugehen, wenn der Kreditgeber darüber einseitig entscheidet (vgl. Art. 2 Abs. 1, Abs. 2 d) der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG).
93Auch wenn der deutsche Gesetzgeber mit der Schaffung des § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB über die Regelung in der Richtlinie hinausgegangen ist, hat er dennoch auch die vorgenannte Unterscheidung der Richtlinie zugrunde gelegt. Zur Begründung der Regelung in § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB hat er nämlich angeführt, dass ein Vertrag mit einer Klausel über eine Restwertgarantie sich jedenfalls so deutlich vom Leitbild des Mietvertrags unterscheide, dass seine Besserstellung gegenüber anderen entgeltlichen Finanzierungshilfen nicht gerechtfertigt sei (BT-Drs. 4316/11, S. 92). Wenn er aber nur in solchen Fällen eine hinreichende Vergleichbarkeit zu finanzierten Käufen sah, hat er andere Finanzierungshilfen – auch den Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung – bewusst nicht dem Regelungsbereich des § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB unterworfen.
94Es fehlt überdies für eine analoge Anwendung aber auch an einer vergleichbaren Interessenlage.
95Der Verbraucher soll durch § 506 BGB vor der unüberlegten Bindung an Geschäfte geschützt werden, die seine finanziellen Verhältnisse übersteigen. Durch die Verschaffung der vorübergehend zusätzlichen Kaufkraft wird er in die Lage versetzt, Verträge zu schließen, bei denen es für ihn ansonsten klar ersichtlich wäre, dass sie ihn finanziell erheblich belasten oder sogar überfordern, und er von diesem Geschäft ansonsten Abstand nehmen würde.
96Im Falle eines Leasingvertrages, in dem ein konkret bezifferter Restwert angegeben ist, trägt der Leasingnehmer das Risiko für den zu Vertragsbeginn festgelegten Wert. In solchen Fällen erscheint er daher nicht weniger schutzwürdig als bei einer entgeltlichen Finanzierungshilfe zum Erwerb eines Gegenstandes. Wie hoch die endgültige Zahlungsverpflichtung ist, ist zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht absehbar. Denn der kalkulierte Restwert entspricht nicht ohne weiteres dem voraussichtlichen Zeitwert des Fahrzeugs zum Ende der Vertragszeit, da die Kalkulation auf der Höhe der Leasingraten und eventueller Sonderzahlungen beruht. Darüber hinaus sind die Entwicklungen am Gebrauchtwagenmarkt nicht immer abschätzbar, so dass eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem vereinbarten Restwert und dem tatsächlichen Marktwert bestehen kann. In jedem Fall muss der Leasingnehmer jedoch für den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vereinbarten Restwert des Fahrzeuges einstehen. Es besteht also auch hier die Gefahr, dass der Verbraucher seine finanziellen Möglichkeiten überschätzt und die Folgen der Eingehung des Vertrages unterschätzt (vgl. OLG München, Urteil vom 20.08.2019 – 34 O 2898/19, BeckRS 2020, 5137, Rn. 28 f.)
97Anders verhält sich die Situation bei entgeltlichen Gebrauchsüberlassungsverträgen. In diesen Fällen sind die – in der Regel – monatlichen Belastungen klar ersichtlich (vgl. OLG München, Urteil vom 20.08.2019 – 34 O 2898/19, BeckRS 2020, 5137, Rn. 26 ff.).
98Auch bei einem Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung liegt die Risikoverteilung anders als bei einem solchen mit Restwertgarantie. In diesem Fall trägt das Risiko für den Restwert nämlich der Leasinggeber. Der Leasingnehmer geht (nur) eine Verpflichtung über monatliche Zahlungen in bestimmter Höhe ein. Die Belastungen sind für ihn ohne weiteres erkennbar und abschätzbar (vgl. OLG München, Urteil vom 18.06.2020 – 32 U 7119/19, BeckRS 2020, 13248, Rn. 28). Dass der Leasingnehmer gefahrene Mehrkilometer auszugleichen hat, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn die Beträge für gefahrene Mehrkilometer stehen von vornherein fest – so auch vorliegend – und die Höhe der gefahrenen Mehrkilometer ist abhängig vom Willen und der Kontrolle des Leasingnehmers; hierauf hat er also Einfluss (OLG München, Beschluss vom 30.03.2020 – 32 U 5462/19, BeckRS 2020, 5137, Rn. 31; vgl. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 29.10.2019 – 6 U 338/18, Rn. 42).
99Dass er den Pkw zurückgibt und dadurch den darin verkörperten Wert leistet, stellt für den Leasingnehmer kein Risiko dar. Denn das Fahrzeug befindet sich bei ihm und er kann es unproblematisch zurückgeben (vgl. OLG München, München, Beschluss vom 30.03.2020 – 32 U 5462/19, BeckRS 2020, 5137, Rn. 30).
100Die Pflicht zum Ausgleich eines Minderwertes rechtfertigt gleichfalls keine andere Bewertung. Vielmehr bestätigt dies gerade die Nähe zu den – gerade nicht erfassten – Mietverträgen, denn eine solche Pflicht besteht regelmäßig bei Mietverträgen.
101Auch die in der Regel erfolgte Abbedingung der mietrechtlichen Erhaltungspflichten steht dieser Wertung nicht entgegen. Denn insoweit erfolgt eine Kompensation durch die Abtretung der kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche des Leasinggebers gegen den Verkäufer (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 29.10.2019 – 6 U 338/18, Rn. 42).
102bb)
103Der Klägerin kann sich auch nicht auf einen wirksamen Widerruf auf Grundlage eines vertraglichen Widerrufsrechts berufen.
104(1)
105Zwischen den Parteien ist schon kein vertragliches Widerrufsrecht vereinbart worden.
106Für die Frage, ob die Beklagte der Klägerin mit der Erteilung einer Widerrufsrechtsbelehrung ein selbständiges (vertragliches) Widerrufsrecht einräumen oder nur der Verpflichtung zur Belehrung über ein – vermeintliches oder etwaiges – gesetzliches Widerrufsrecht nachkommen wollte, kommt es maßgeblich darauf an, wie ihr Handeln aus der Sicht eines durchschnittlichen Kunden bei der gebotenen objektiven Auslegung zu verstehen ist. Danach wollte die Beklagte vorliegend ersichtlich nur eine vermeintliche gesetzliche Pflicht erfüllen oder rein vorsorglich die Belehrung erteilen, so dass es auf die höchstrichterlich umstrittene Frage der Anwendbarkeit des § 305c BGB (siehe einerseits BGH, Urteil vom 08.11.2018 – III ZR 628/16 – Rn. 17 ff., und andererseits BGH, Beschluss vom 26.03.2019 – XI ZR 372/18 – Rn. 17) nicht ankommt.
107Zwar ist in der ausgehändigten „Widerrufsinformation“ die erste Überschrift „Widerrufsrecht“ nicht um das Wort „gesetzlich“ ergänzt. Und auch in dem darunter folgenden Satz, „Der Leasingnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen.“, ist keine wörtliche Eingrenzung auf ein gesetzliches Widerrufsrecht enthalten.
108Indes wird schon im nachfolgenden Satz für den Beginn der Frist auf die „Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB“ und damit eindeutig auf die gesetzliche Regelung abgestellt.
109Zudem spricht auch die oben auf der Seite befindliche Bezeichnung „Widerrufsinformation“ dafür, dass über die bestehende – und damit gesetzlich vorgegebene – Möglichkeit des Widerrufs und die Bedingungen informiert werden und hierdurch kein eigenständiges, neues Widerrufsrecht begründet werden sollte. Es wird also schon aus den Formulierungen deutlich, dass der Leasinggeber lediglich seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen will.
110Darüber hinaus ist einem verständigen und redlichen Leasingnehmer klar, dass ein Leasinggeber, der Gewinnerzielung bezweckt, kein zusätzliches Widerrufsrecht für den Fall, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Widerrufsrecht nicht vorliegen, einräumen will, sondern sich lediglich an die gesetzlichen Vorgaben halten möchte.
111(2)
112Selbst wenn man aber von einem vertraglichen Widerrufsrecht ausgehen würde, wäre ein Widerruf der am 20.03.2020 von Seiten der Klägerin abgegebenen Willenserklärung wegen Fristablaufs am 04.02.2019 nicht mehr möglich gewesen.
113Dass die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB für den Fristbeginn auch bei einem vertraglichen Widerrufsrecht eingehalten werden müssen und damit im Falle der Nichteinhaltung der Anforderungen die Frist später bzw. gar nicht zu laufen beginnt, ist nicht anzunehmen. Insoweit kann auch die Frage, ob die Anforderungen gemäß § 492 Abs. 2 BGB eingehalten wurden, dahinstehen.
114Wenn ein Unternehmer einem Verbraucher, ohne dazu gesetzlich verpflichtet zu sein, ein Widerrufsrecht eingeräumt hat, bedarf es konkreter Anhaltspunkte in der getroffenen Vereinbarung dafür, dass zwar das Widerrufsrecht als solches von den gesetzlichen Voraussetzungen unabhängig sein, die für die Ausübung des Widerrufsrechts vereinbarte Frist gleichwohl nur dann in Gang gesetzt werden soll, wenn der Unternehmer dem Verbraucher zusätzlich eine Belehrung erteilt hat, die den Anforderungen für ein gesetzliches Widerrufsrecht entspricht (BGH, Urteil vom 06.11.2012 – II ZR 176/12, BeckRS 2012, 24615, Rn. 15ff.). Solche Anhaltspunkte sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Ein verständiger und redlicher Leasingnehmer konnte nicht davon ausgehen, dass der Leasinggeber im Falle eines – ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen – zugebilligten vertraglichen Widerrufsrechts dem Leasingnehmer ein unbefristetes Widerrufsrecht für den Fall, dass die Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt, einräumen will. Allein der Umstand, dass sich die Beklagte bei den Formulierungen in der Widerrufsbelehrung an den Vorgaben des gesetzlichen Widerrufsrechts orientiert hat, genügt nicht für die Annahme, dass die Beklagte nicht bestehende Belehrungspflichten übernehmen und erfüllen wollte (BGH, Urteil vom 06.11.2012 – II ZR 176/12, BeckRS 2012, 24615, Rn. 19; vgl. OLG München, Urteil vom 18.06.2020 – 32 U 7119/19, BeckRS 2020, 13248, Rn. 32; OLG München, Beschluss vom 30.03.2020 – 32 U 5462/19, BeckRS 2020, 5137, Rn. 36).
115b)
116Mangels Hauptforderung besteht kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB.
117c)
118Über die im Wege der unechten Eventualhäufung gestellten Anträge zu 2) und zu 3) war im Hinblick auf die Unbegründetheit des Klageantrags zu 1) nicht mehr zu entscheiden.
119III.
120Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
121Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
122IV.
123Die Revision ist zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO).
124Im Hinblick auf die entgegenstehende Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.10.2012 – 24 U 15/12, NJW-RR 2013, 1069, 1071) zu § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
125Darüber hinaus handelt es sich bei der Frage, ob Leasingverträge mit Kilometerabrechnung als entgeltliche Finanzierungshilfe i.S.v. § 506 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB zu qualifizieren sind, um eine Rechtsfrage, die sich in einer Vielzahl weiterer Fälle stellen kann, wie sich bereits aus weiteren dem Senat vorliegenden Verfahren ergibt.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- ZPO § 543 Zulassungsrevision 1x
- 17 U 813/19 1x (nicht zugeordnet)
- VIII ZR 205/97 2x (nicht zugeordnet)
- 32 U 7119/19 3x (nicht zugeordnet)
- § 1 Abs. 2 VerbrKrG 1x (nicht zugeordnet)
- 34 O 2898/19 2x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts 1x
- BGB § 286 Verzug des Schuldners 1x
- BGB § 495 Widerrufsrecht; Bedenkzeit 4x
- BGB § 355 Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen 2x
- 24 U 15/12 4x (nicht zugeordnet)
- BGB § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung 1x
- 1 U 73/19 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 492 Schriftform, Vertragsinhalt 2x
- 1 O 251/19 1x (nicht zugeordnet)
- VIII ZR 150/95 2x (nicht zugeordnet)
- 6 U 338/18 4x (nicht zugeordnet)
- BGB § 506 Zahlungsaufschub, sonstige Finanzierungshilfe 35x
- 32 U 5462/19 5x (nicht zugeordnet)
- III ZR 628/16 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- ZPO § 256 Feststellungsklage 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- XI ZR 586/15 2x (nicht zugeordnet)
- 1 O 251/19 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 546 Begriff der Rechtsverletzung 1x
- BGB § 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln 1x
- ZPO § 513 Berufungsgründe 1x
- XI ZR 372/18 1x (nicht zugeordnet)
- II ZR 176/12 2x (nicht zugeordnet)
- VIII ZR 126/07 1x (nicht zugeordnet)
- § 3 Abs. 2 Nr. 1 VerbrKrG 2x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x