Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 6 W 39/21

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners (vormals Verfügungskläger) gegen das (Schluss-)Urteil des Landgerichts Mannheim vom 6. Oktober 2021, Az. 14 O 107/20 könnte als unzulässig zu verwerfen sein.

2. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 25. Februar 2022.

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens um die Kosten eines Verfahrens, das auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtet war, die erlassen und zuletzt auf Antrag nach § 927 ZPO aufgehobenen worden ist.
Der ursprüngliche Verfügungskläger (Antragsgegner des Aufhebungsverfahrens) erwirkte eine auf Unterlassung gerichtete einstweilige Verfügung gegen die Verfügungsbeklagte (Antragstellerin des Aufhebungsverfahrens). Die Verfügungsbeklagte reichte einen Antrag nach § 927 ZPO ein, die einstweilige Verfügung mangels Zustellung und damit Vollziehung aufzuheben. Innerhalb der vom Landgericht gesetzten Frist zur Stellungnahme erkannte der Verfügungskläger den gegen ihn geltend gemachten Aufhebungsanspruch an und erklärte den Verzicht auf die Vollstreckung der Unterlassungsverfügung mit Ausnahme des darin enthaltenen Kostenausspruchs. Das Landgericht hob die einstweilige Verfügung durch Anerkenntnisurteil antragsgemäß auf und erlegte darin die Kosten des Aufhebungsverfahrens unter Hinweis auf § 93 ZPO der Verfügungsbeklagten auf. Letzteres ist Gegenstand einer unter gesondertem Aktenzeichen (6 U 23/21) beim Senat geführten Beschwerde der Verfügungsbeklagten.
Mit – hier angefochtener – weiterer Entscheidung („(Schluss-)Urteil“) hat das Landgericht auf Antrag der Verfügungsbeklagten nach § 321 ZPO sein Anerkenntnisurteil dahin ergänzt, dass es die Kosten des Anordnungsverfahrens dem Verfügungskläger auferlegt hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Unterlassungsverfügung sei innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO nicht wirksam vollzogen worden und die Unterlassung der Vollziehung beruhe nicht auf einer Veränderung der Umstände (unter Hinweis auf Senat, Beschluss vom 21. August 1995 - 6 W 27/95, juris).
Dagegen wendet sich die beim Landgericht eingelegte Beschwerde des Verfügungsklägers, mit der er ergänzend beantragt, die Vollziehung des angefochtenen Urteils auszusetzen.
II.
Das Rechtsmittel ist nach vorläufiger Würdigung durch den Senat unzulässig.
1. Das durch einen Rechtsanwalt formulierte Rechtsmittel ist schon aufgrund seiner Bezeichnung (in der Rechtsmittelschrift als „Beschwerde“, in der Begründung der Streitverkündung mit der Rechtsmittelbegründung als „sofortige Beschwerde“) und zudem wegen seiner Einlegung bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird (vgl. § 569 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 ZPO) als sofortige Beschwerde gemäß § 567 ZPO auszulegen. Als solche ist es zwar frist- und formgerecht eingelegt, aber nicht statthaft. Da Gegenstand der Beschwerde keine Entscheidung ist, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), fände die sofortige Beschwerde nur statt, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt wäre (§ 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Dies ist nicht der Fall. Namentlich eine – von der Beschwerde vermutlich angenommene – Zulassung einer sofortigen Beschwerde aufgrund der bestimmte Kostenentscheidungen betreffenden Vorschrift in § 99 Abs. 2 ZPO ist nicht gegeben.
a) Bei der angefochtenen Entscheidung handelt es sich um eine nachträgliche Ergänzung des Anerkenntnisurteils gemäß § 321 ZPO. Sie ist als solche prozessordnungsgemäß als eigenständiges Urteil ergangen, das zum Ersturteil im gleichen Verhältnis steht wie ein Schlussurteil zu einem nach § 301 ZPO vorangegangenen Teilurteil (vgl. Musielak in Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl., § 321 Rn. 12 mwN). Das statthafte Rechtsmittel gegen ein solches Urteil ist nach § 511 Abs. 1 ZPO die Berufung.
b) Aus § 99 ZPO folgt für die vorliegende Entscheidung über die Kosten des Anordnungsverfahrens, also des einstweiligen Verfügungsverfahrens, nichts Anderes.
aa) Zunächst ist festzustellen, dass sich auch insoweit keine Besonderheiten aus dem Umstand ergeben, dass die vorliegend angefochtene Entscheidung über die Kosten des Anordnungsverfahrens gemäß § 321 ZPO in Ergänzung des Urteils ergangen ist, mit dem über die Aufhebung der einstweiligen Verfügung (insoweit als Anerkenntnisurteil) und die Kosten des Aufhebungsverfahrens erkannt worden war. Der Rechtsweg ist nicht anders zu beurteilen, als wenn bereits im ersten (nachträglich ergänzten) Urteil die hier angefochtene Entscheidung über die Kosten des Anordnungsverfahrens enthalten gewesen wäre. Dies gilt selbst in Fällen, in denen dieser Grundsatz zur Unanfechtbarkeit der Ergänzungsentscheidung gemäß § 99 Abs. 1 ZPO führen kann (siehe BGH, NJW 2017, 1038 Rn. 5).
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bb) Die Regelung in § 99 Abs. 1 ZPO ändert nichts daran, dass gegen ein im ersten Rechtszug im Aufhebungsverfahren ergangenes Urteil (auch) allein wegen der Entscheidung über die Kosten des Verfügungsverfahrens Berufung eingelegt werden kann. Dies gilt dann, wenn der Aufhebungsantrag in erster Instanz (zuletzt) allein gegen die Kostenentscheidung des Anordnungsverfahrens gerichtet war (OLG Köln, GRUR 1985, 458, 459; OLG Hamm, WRP 1993, 254, 255; OLG Schleswig, NJW-RR 1995, 896; OLG Saarbrücken, OLGR 2009, 708 [juris Rn. 18]; dahin neigend auch Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 4. Aufl., § 108 Rn. 15; aA OLG Hamburg, GRUR 1979, 190; OLGR 1998, 130 [juris Rn. 9]; KG, Urteil vom 16. August 1988 - 5 U 3231/88, juris Rn. 46; MünchKommUWG/Schlingloff, 2. Aufl., § 12 Rn. 543; Thümmel in Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl., § 927. Rn. 18; Voß in Cepl/Voß, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Aufl., ZPO, § 927 Rn. 22; wohl auch Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. § 12 Rn. 2.59), und ebenso, wenn im Verfahren nach § 927 ZPO sowohl über die Aufhebung der Sachentscheidung als auch über die Änderung der Kostenentscheidung des Anordnungsverfahrens entschieden wurde, gleich ob hinsichtlich der Sachentscheidung durch Teilanerkenntnisurteil, also nur hinsichtlich der Kosten des Anordnungsverfahrens streitig (vgl. OLG Stuttgart, JurBüro 2015, 308 [juris Rn. 4 ff]) oder insgesamt streitig (vgl. OLG Hamm NJW-RR 1990, 1214; OLG Schleswig, SchlHA 2016, 355 [juris Rn. 7]; insoweit aA OLG Köln, GRUR 1985, 458, 459; KG, NJW-RR 1987, 381). Auch der Senat (Urteil vom 27. September 2017 - 6 U 42/17, BeckRS 2017, 151252) hat schon bisher die Berufung als das zulässige Rechtsmittel angesehen, wenn eine nach § 927 ZPO ergangene (streitige) Entscheidung, die sich auf die Aufhebung der Sachentscheidung und auf die Kosten des Anordnungsverfahrens erstreckt, allein im letztgenannten Punkt angefochten wird.
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Insoweit ist der Anwendungsbereich der Regelung in § 99 ZPO nicht betroffen, die insbesondere in Absatz 1 bestimmt, dass eine Kostenentscheidung grundsätzlich nicht isoliert zum Gegenstand eines Rechtsmittelverfahrens, etwa einer Berufung gegen das sie enthaltende Urteil, gemacht werden darf. Die auf Antrag nach § 927 ZPO im Aufhebungsverfahren ergangene Entscheidung über die Kosten des Anordnungsverfahrens ist im Rahmen des Rechtsmittels gegen das im Aufhebungsverfahren ergangene Urteil keine Kostenentscheidung, wie § 99 ZPO sie meint. Denn die Regelung in § 99 Abs. 1 ZPO soll verhindern, dass das Gericht im Rahmen einer isolierten Anfechtung der Kostenentscheidung (als Nebenentscheidung) erneut die Hauptsache beurteilen muss, obwohl diese nicht mehr zur Entscheidung gestellt ist (vgl. dazu BGH, MDR 2020, 1272 Rn. 10). Sie wäre nur dann anwendbar, wenn das Rechtsmittel sich gegen die Entscheidung über die Kosten des Streits richten würde, der die Hauptsache des Verfahrens bildet, in dem die Entscheidung ergangen ist. Das ist hier aber nicht der Fall. Die Entscheidung über die Kosten des Anordnungsverfahren ist für das vorliegende Aufhebungsverfahren vielmehr als einer der Gegenstände der Hauptsache, also nicht als Kostenpunkt im Sinn von § 99 Abs. 1 ZPO anzusehen. Sie ist nämlich im Rahmen der Entscheidung nach § 927 ZPO nicht die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens, vielmehr eine Entscheidung über die Kosten eines anderen Verfahren, nämlich des Anordnungsverfahrens (vgl. OLG Schleswig, NJW-RR 1995, 896; SchlHA 2016, 355 [juris Rn. 7]; OLG Hamm NJW 1990, 1214; siehe auch OLG Stuttgart, JurBüro 2015, 308 [juris Rn. 7]). In solchen Fällen wird in der Aufhebungsentscheidung die Kostenentscheidung der Anordnungsentscheidung auf Antrag des Antragstellers der Aufhebungsentscheidung (Verfügungsbeklagten) geändert (vgl. BGHZ 122, 172 [juris Rn. 25, 27] - Verfügungskosten; OLG Oldenburg, OLGR 2004, 133 [juris Rn. 7 ff]; OLG Stuttgart, JurBüro 2015, 308 [juris Rn. 4]; Ahrens, Wettbewerbsprozess, 9. Aufl., Kap. 62 Rn. 44; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 13. Aufl., Kap. G Rn. 265). Der Angriff auf die Kosten des Anordnungsverfahrens ist von der Kostentragung in Bezug auf das Aufhebungsverfahren zu unterscheiden (siehe OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2021, 400 f; Ahrens, aaO Kap. 62 Rn. 44), die sich nach dem Obsiegen und Unterliegen mit dem Aufhebungsbegehren nicht zuletzt auch hinsichtlich der Kosten des Anordnungsverfahrens als Teil der Hauptsache richten kann (siehe LG Stuttgart, MMR 2014, 536, 538). Dies entspricht der verfahrensmäßigen Ausgestaltung des Aufhebungsverfahrens, bei dem es sich um ein von dem Anordnungsverfahren unabhängiges selbständiges Verfahren handelt (vgl. nur Senat, GRUR-RR 2014, 362, 370 mwN; siehe auch OLG Karlsruhe, OLGR 1998, 262 [juris Rn. 15]).
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Insoweit ist die – mitunter anzutreffende (vgl. etwa OLG Karlsruhe, OLGR 1998, 262; OLG Köln, Urteil vom 4. März 2016 - 19 U 190/12, juris Rn. 16; MünchKommZPO/Drescher, 6. Aufl., § 927 Rn. 17) – verkürzende Formulierung missverständlich, im Fall der einschlägigen Ausnahmen von dem Grundsatz, dass die Kostenentscheidung des Anordnungsverfahrens vom Verfahren nach § 927 ZPO unberührt bleibt, sei eine „einheitliche, auch die Kosten des Anordnungsverfahrens umfassende Kostenentscheidung“ zu treffen.
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Soweit der Senat (WRP 1996, 120, 121) in einem Fall, in dem gerade auch die im Rahmen eines Anerkenntnisurteils ergangene Entscheidung über die Kosten des Aufhebungsverfahrens angefochten war, insgesamt eine sofortige Beschwerde nach § 99 Abs. 2 ZPO für zulässig erachtet hat, ergibt sich daraus nichts Anderes.
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cc) Eine Rechtsmittelsperre nach § 99 Abs. 1 ZPO hinsichtlich der Kosten des Anordnungsverfahrens wäre daher allenfalls unter dem Gesichtspunkt des Verhältnisses der Gegenstände des Aufhebungsbegehrens zueinander zu erwägen, dessen Angriff gegen die Kostenentscheidung des Anordnungsverfahrens die Kosten zur daneben gegebenenfalls angreifbaren Hauptsache des Anordnungsverfahrens betrifft. Insoweit greift indes § 99 Abs. 1 ZPO nicht ein, weil es sich bei dem Antrag nach § 927 ZPO um kein Rechtsmittel handelt (vgl. nur BeckOK-ZPO/Jaspersen, Stand Dez. 2021, § 99 Rn. 9).
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Allerdings wird in dem Fall, dass auf einen von § 99 Abs. 1 ZPO nicht verhinderten (mithin zulässigen) isolierten Rechtsbehelf über eine Änderung einer Kostenentscheidung entschieden wird, angenommen, dass in der Entscheidung über diesen Rechtsbehelf eine nach § 99 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nicht, sondern allenfalls nach § 99 Abs. 2 ZPO rechtsmittelfähige Nebenentscheidung vorliegt (vgl. Jaspersen, aaO Rn. 9 mwN). Dies wird etwa für den Fall einer Entscheidung über eine Gegenvorstellung gegen eine mit der Hauptsacheentscheidung ergangene Kostenentscheidung (vgl. BGH, NJW-RR 2015, 1405) oder eine Entscheidung über einen auf die Kosten beschränkten Einspruch (OLG Brandenburg, NJW-RR 2000, 1668; OLG Naumburg, OLGR 2004, 395; OLG Stuttgart, JurBüro 1981, 1894) angenommen. In solchen Fällen handelt es sich aber um eine innerhalb desselben Verfahrens ergangene Entscheidung zum Kostenpunkt. Diese Beurteilung ist auf den vorliegenden Fall nicht zu übertragen, in dem in einem gesonderten, vom Anordnungsverfahren zu trennenden Aufhebungsverfahren über die Aufhebung der einstweiligen Verfügung und die Entscheidung über die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens gestritten wird. Da der Aufhebungsantrag nach § 927 ZPO auf veränderte Umstände gestützt ist und somit keine Überprüfung der Richtigkeit der ursprünglichen Anordnungsentscheidung fordert, nötigt seine Beschränkung auf die Kosten des Anordnungsverfahrens auch weder das Ausgangs- noch das Rechtsmittelgericht dazu, die Anordnungsentscheidung im Rahmen der Entscheidung über die Änderung der Kostenentscheidung des Anordnungsverfahrens nachzuprüfen. Vielmehr kann der Antragsteller des Aufhebungsverfahrens auch noch im Rahmen eines Rechtsmittels darüber disponieren, ob er sein auf veränderte Umstände gestütztes Aufhebungsbegehren auf beide oder nur auf einen der in Betracht kommenden Gegenstände (die Anordnung in der Sache und die Kostenentscheidung des Anordnungsverfahrens) erstreckt. Unerheblich ist, dass sich die Erfolgsaussichten eines Aufhebungsantrags in beiden Punkten gegebenenfalls nach denselben Umständen richten würden und insoweit im Ergebnis bei beschränkter Anfechtung der Entscheidung über den Aufhebungsantrag Widersprüche zum in Rechtskraft erwachsenden nicht angefochtenen Teil der Entscheidung drohen. Wie auch sonst kommt es für die Zulässigkeit einer beschränkten Berufung nicht darauf an, ob über den beschränkt angefochtenen Teil der Entscheidung ein Teilurteil nach § 301 Abs. 1 ZPO hätte ergehen können (siehe dazu BGH, NJW 2007, 1466 Rn. 8; MünchKommZPO/Rimmelspacher, 6. Aufl., § 520 Rn. 31).
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dd) Dementsprechend liegt auch kein Fall einer statthaften sofortigen Beschwerde nach § 99 Abs. 2 ZPO vor, von dem die Gerichtsentscheidungen (s.o.; ebenso BeckOK-ZPO/Mayer, Stand Dez. 2021, § 927 Rn. 18) ausgehen, die sich gegen die Statthaftigkeit der Berufung aussprechen. Ist das vorliegende Rechtsmittel schon vom Anwendungsbereich grundsätzlichen Anwendungsbereich der Rechtsmittelsperre nach § 99 Abs. 1 ZPO nicht tangiert, kann die daran anknüpfende Ausnahmevorschrift in § 99 Abs. 2 ZPO kein besonderes Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde begründen. Schon nach dem Wortlaut der letztgenannten Vorschrift gilt das im Übrigen deshalb, weil das Anordnungsbegehren als die Hauptsache, deren zugehörige Kostenentscheidung mit der hier angefochtenen Entscheidung geändert worden ist, gerade nicht durch eine auf Grund eines Anerkenntnisses ausgesprochene Verurteilung erledigt ist. Vielmehr war dem Anordnungsbegehren streitig stattgegeben worden und wurde lediglich der auf die Aufhebung der Anordnung in der Sache gerichtete Antrag anerkannt, was einem Verzicht auf das Anordnungsbegehren entspricht. Für eine analoge Anwendung der genannten Vorschrift ist schon mangels Gesetzeslücke kein Raum. Denn zur Anfechtung der (Sach-) Entscheidung über den Antrag nach § 927 ZPO, (auch) die Kostenentscheidung des Anordnungsverfahrens aufzuheben, ist wie ausgeführt die Berufung eröffnet.
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2. Eine Umdeutung der sofortigen Beschwerde in eine statthafte Berufung kommt im Ergebnis nicht in Betracht.
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Zwar gilt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in entsprechender Anwendung von § 140 BGB auch im Verfahrensrecht der Grundsatz, dass eine fehlerhafte Parteihandlung in einen zulässige, wirksame und vergleichbare umzudeuten ist, wenn deren Voraussetzungen eingehalten sind, die Umdeutung dem mutmaßlichen Parteiwillen entspricht und kein schutzwürdiges Interesse des Gegners entgegensteht (vgl. nur BGH, NJW 2001, 1217, 1218 mwN). Diese Voraussetzungen sind hier aber nicht erfüllt, weil das Rechtsmittel als Berufung nicht zulässig eingelegt wäre. Als die Rechtsmittelschrift erst am 15. November 2021 mit den durch das Landgericht zur Entscheidung über die Beschwerde vorgelegte Akten beim Berufungsgericht (§ 519 Abs. 1 ZPO) eingegangen ist (AS I 128), war die Monatsfrist zur Einlegung der Berufung (§ 517 ZPO) gegen das dem Kläger am 6. Oktober 2021 (AS I 110) zugestellte angefochtene Urteil bereits abgelaufen. Die innerhalb der Berufungsfrist, nämlich am 12. Oktober 2021 (AS I 111) erfolgte Einlegung beim Landgericht genügt zur Wahrung der Berufungsfrist nicht.
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Auch der verfassungsrechtliche Anspruch des Rechtsuchenden auf ein faires Verfahren kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Ohnehin hat das Landgericht das Rechtsmittel im ordentlichen Geschäftsgang ohne Verzögerung dem Oberlandesgericht vorgelegt. Das Landgericht hat nämlich dem Verfügungskläger zunächst Akteneinsicht gewährt, wie dieser es in der ohne Beschwerdebegründung eingereichten Beschwerdeschrift beantragt hatte. Erst am Nachmittag (14.02 Uhr) des 5. November 2021 (Freitag), reichte der Verfügungskläger die Beschwerdebegründung ein (AS I 122), deren Weiterleitung das Landgericht am Donnerstag, dem 11. November 2021, verfügte. Das Landgericht hatte auch keinen Anlass, die Vorlage der Akten nach Rechtsmittel- oder Begründungseingang zur Wahrung der Berufungsfrist zu beschleunigen. Dass das Rechtsmittel nur als Berufung zulässig war und trotz der ausdrücklichen Bezeichnung als Beschwerde für eine etwaige Umdeutung an das Berufungsgericht weitergeleitet werden sollte, lag aus Sicht des Landgerichts keineswegs auf der Hand. Der Verfügungskläger konnte daher nicht darauf vertrauen, dass das Rechtsmittel noch bis zum Tag des Ablaufs der Berufungsfrist (Montag, 8. November 2021) beim Oberlandesgericht eingehen würde.

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