Urteil vom Oberlandesgericht Naumburg (2. Zivilsenat) - 2 U 3/13 (Hs), 2 U 3/13

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19. November 2012 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer – 1. Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Halle abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 106.123,72 € nebst Zinsen hierauf in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09. Februar 2011 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte den im „PV-Park J.“ aus 105.452 Modulen erzeugten und in ihr Elektrizitätsnetz eingespeisten Strom während des Förderzeitraums mit 30,10 Cent/Kilowattstunde zu vergüten hat.

3. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 1.737,30 € netto nebst Zinsen hierauf in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Januar 2012 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben die Klägerin zu 44 % und die Beklagte zu 56 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

A.

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten weitere Vergütung für den von ihr im „PV-Park J. “ erzeugten und in das Netz der Beklagten eingespeisten Strom für die Zeit vom 30.12.2009 bis zum 31.12.2010 sowie die Feststellung der Höhe der ihr zustehenden gesetzlichen Einspeisevergütung für die Zukunft.

2

Die Klägerin betreibt in der N. eine ca. 30 Hektar große Fotovoltaik-Freiflächenanlage (künftig: FV-Anlage), den sog. „PV-Park J. “. Die FV-Anlage besteht aus 105.452 aufgeständerten FV-Modulen mit einer Gesamtkapazität von 8.033,33 Kilowatt Peak (kWp), und zwar aus 55.680 Modulen First Solar Serie 2 mit 75 kWp (FS 275) und 49.772 Modulen First Solar Serie 2 mit 77,5 kWp (FS 277). Die Module sind in Blöcken und diese wiederum in Strängen zusammengefasst. Mit den FV-Modulen wird solare Strahlungsenergie in Gleichstrom umgewandelt. Für eine Einspeisung des Stroms in das Verteilernetz der Beklagten bedarf es einer Umwandlung des Gleichstroms in Wechselstrom mittels sog. Wechselrichter und einer Transformation der Spannung in die Mittelspannung.

3

Bis zum Ende des Jahres 2009 installierte die Klägerin 89.176 Module (40.160 Stk. FS 275 und 49.016 Stk. FS 277) ortsfest. Die restlichen Module sowie die fünfzehn für die Gesamtanlage geplanten Wechselrichter wurden erst im Jahre 2010 installiert.

4

Hinsichtlich einer Teilmenge von 50.648 Modulen mit einer Teilkapazität von 47,61 % der Gesamtanlage fand im Zeitraum vom 14.12. bis zum 30.12.2009 eine Überprüfung der Funktionstüchtigkeit statt, wobei jeweils Spannungs-, Strom-, Widerstands- und Temperaturmessungen hinsichtlich der zu einem Strang zusammengefassten Module mit einem Digitalen Multimeter TRMS Hexagon 340 A der Fa. Beha-Amprobe erfolgten. Das Gerät ist serienmäßig mit vier Leuchtdioden ausgestattet, die während der Messungen vom Strom durchflossen und zum Leuchten gebracht werden. Über die Messungen wurden Protokolle angefertigt (vgl. Anlage K 5).

5

Am 30.12.2009 führte die von der Klägerin als Generalunternehmerin mit der Errichtung der Anlage beauftragte Fa. P. AG, vertreten durch ihren Bauleiter O. R., eine Ortsbegehung unter Hinzuziehung des privat beauftragten Sachverständigen G. B. aus Sp. und des Notarassessors T. H., amtlich bestellter Vertreter des Notars D. Br. in C., durch. Dabei wurden stichprobenartig sechsundzwanzig Messungen der elektrischen Stromstärke, der elektrischen Spannung, der Helligkeit und Temperatur von jeweils zwei beliebigen Modulen eines Modulblocks durchgeführt und zu UR Nr. 0029/2010 b des vorgenannten Notars vom 11.01.2010 dokumentiert. Mit Schreiben vom 30.12.2009 zeigte die P. AG gegenüber der Beklagten die Montage und Inbetriebnahme von FV-Modulen mit 84,78 % der Gesamtkapazität der Anlage an.

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Mitarbeiter der Beklagten stellten am 27.01.2010 bei einer Ortsbegehung fest, dass die Anlage wegen fehlender Wechselrichter, fehlender Leitungsverbindungen zwischen den Modulen und den Wechselrichtern und wegen fehlender Transformatoren technisch noch nicht zur Stromeinspeisung in das Netz der Beklagten bereit sei. Mit Fax-Schreiben vom 09.02.2010 bestätigte die Beklagte gegenüber der P. AG den Eingang der Mitteilung über die Teil-Inbetriebnahme und erklärte zugleich, dass sie die Auffassung vertrete, dass zur Herstellung der Betriebsbereitschaft einer Energieerzeugungsanlage auch die Fertigstellung der zur Einspeisung erforderlichen Infrastrukturen gehöre, weshalb eine künftige Vergütung des in der Anlage erzeugten und in das Netz der Beklagten eingespeisten Stroms nach den ab dem 01.01.2010 geltenden Vergütungssätzen erfolgen werde.

7

Mit der Klage hat die Klägerin zunächst eine Mehrvergütung für den o.g. Zeitraum i.H.v. 189.370,48 € brutto nebst Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe sowie die Feststellung der künftigen Vergütungspflicht in Höhe von 31,41 Cent/Kilowattstunde (ct/kWh) geltend gemacht und insoweit auf eine Inbetriebnahme von insgesamt 89.716 Modulen bis zum 30.12.2009 abgestellt. Sie hat die Auffassung vertreten, dass eine Inbetriebnahme i.S. von § 20 Abs. 1 S. 1 EEG 2009 eine Installation von Wechselrichtern nicht voraussetze und bereits dadurch nachgewiesen sei, dass alle genannten Module technisch betriebsbereit gewesen seien und am 30.12.2009 zwischen 10:00 Uhr und 15:00 Uhr eine (minimale) Sonneneinstrahlung stattgefunden habe. Zum Nachweis der Inbetriebnahme genüge auch eine stichprobenartige Messung. Wegen der hohen Zahl der Module sei es unzumutbar, von ihr einen Einzelnachweis für die Funktion eines jeden Moduls zu verlangen.

8

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen der widerstreitenden Rechtsauffassungen der Parteien des Rechtsstreits und wegen des Verlaufs des Verfahrens in erster Instanz, nimmt der Senat auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

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Das Landgericht hat die Klage vollständig abgewiesen und diese Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass der Begriff der Inbetriebnahme die Zur-Verfügung-Stellung des erzeugten Stroms in abnehmbarer Form umfasse und daher die betriebsbereite Installation der Wechselrichter vorausgesetzt habe. Auf die Frage der Art und des Umfangs der Nachweisführung komme es danach nicht mehr an.

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Die Klägerin hat gegen das ihr am 03.12.2012 zugestellte Urteil mit einem am 31.12.2012 beim Oberlandesgericht vorab per Fax eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese Berufung innerhalb der am 04.02.2013 (Montag) ablaufenden Berufungsbegründungsfrist auch begründet.

11

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin den Leistungsantrag in reduzierter Höhe; der Berechnung liegt eine (mischkalkulierte) Vergütungshöhe von 30,10 ct/kWh zugrunde (47,61 % zu 31,94 ct./kWh und 52,39 % zu 28,43 ct./kWh). Dabei berücksichtigt sie von der Gesamtanlage nur diejenigen 50.648 Module als bis zum 31.12.2009 in Betrieb genommene Einzelanlagen, die bis zum 30.12.2009 fest montiert und verkabelt und deren Energieerzeugung durch die Messungen mit dem o.g. Digitalen Multimeter erfasst worden sind. Die Klägerin vertieft ihre Rechtsansicht, dass für die Inbetriebnahme einer FV-Anlage i.S. von § 3 Nr. 5 EEG 2009 der Anschluss und die Funktionsbereitschaft eines Wechselrichters nicht erforderlich seien. Die Klägerin hat den Feststellungsantrag bezüglich des künftigen Vergütungssatzes und den Antrag bezüglich der Nebenforderung entsprechend angepasst.

12

Die Klägerin beantragt,

13

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils

14

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 89.179,60 € zzgl. 19 % USt = 106.123,72 € zzgl. Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.02.2011 zu zahlen;

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2. festzustellen, dass die Beklagte den durch den „PV-Park J.“ erzeugten Strom mit 30.10 ct/kWh während des Förderzeitraums nach EEG zu berechnen hat;

16

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere (außergerichtliche, nicht anrechenbare) Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.737,30 € netto zzgl. Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

19

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beruft sich hilfsweise darauf, dass der Nachweis der Inbetriebnahme für jedes einzelne Modul zu führen sei. Hierfür genüge der Anschluss eines Messgeräts nicht, weil damit allenfalls das Anliegen einer elektrischen Spannung, jedoch kein Stromdurchfluss nachweisbar sei.

20

Der Senat hat am 19.06.2013 mündlich zur Sache verhandelt; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls des Senats vom selben Tage Bezug genommen. Im Termin hat die Klägerin klargestellt, dass die Messung mehrerer in Reihe geschalteter Module lediglich ein Indiz für die Inbetriebnahme aller Module darstelle, sich jedoch unter Berücksichtigung weiterer äußerer Umstände der Rückschluss auf die vollständige Funktionsbereitschaft und die Inbetriebsetzung der im Strang angeschlossenen Module rechtfertige.

B.

21

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

22

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Vergütung des in einer Teilmenge von 50.648 Modulen mit einer Teilkapazität von 47,61 % der Gesamtanlage erzeugten und in das Netz der Beklagten eingespeisten Stroms zu den Vergütungssätzen des § 32 Abs. 1 EEG 2009 unter Berücksichtigung einer Inbetriebnahme im Jahre 2009 (§ 20 Abs. 1 S. 1 EEG 2009). Die in der Berufungsinstanz weiter verfolgten, jeweils reduzierten Klageanträge auf Zahlung und Feststellung sind begründet; Gleiches gilt für den auf Zuerkennung einer Nebenforderung gerichteten Antrag zu Ziffer 3).

23

I. Die Berufung ist als eine Teilanfechtung des erstinstanzlichen Urteils zulässig. Die Formalien der Berufung sind gewahrt worden. Die Klägerin hat sich auf die Weiterverfolgung der in erster Instanz hilfsweise gestellten Klageanträge, die gegenüber den dortigen Hauptanträgen quantitativ reduziert gewesen sind, beschränkt.

24

II. Die in der Berufungsinstanz weiter verfolgten Klageanträge sind zulässig. Insbesondere besteht für den zu Ziffer 2) der Berufungsbegründung gestellten Feststellungsantrag das nach § 256 ZPO erforderliche Rechtsschutzinteresse. Die begehrte Feststellung ist geeignet, zu einer endgültigen Streitbeilegung zu führen, weil die Beklagte erwarten lässt, dass sie künftige Vergütungen bereits auf der Grundlage eines Feststellungsurteils zahlen wird, wie sie im Termin vor dem Senat bekräftigt hat.

25

III. In materiell-rechtlicher Hinsicht ist auf den vorliegenden Sachverhalt das EEG 2009 in der am 30.06.2010 geltenden Fassung anzuwenden (§ 66 Abs. 1 EEG 2012 i.V.m. § 66 Abs. 4 EEG 2009). Hinsichtlich der Streitfrage nach der Höhe der Vergütungssätze ist nach § 20 Abs. 1 EEG 2009 maßgeblich, ob die Anlage vor dem 01.01.2010 in Betrieb genommen worden ist – dann gilt der Vergütungssatz von 31,94 ct/kWh für die gesamte Förderdauer – oder ob sie nach diesem Stichtag in Betrieb genommen worden ist – dann gelten die in § 20 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 Nr. 8, Abs. 5 EEG 2009 bestimmten Degressionssätze.

26

IV. Die Prozessparteien gehen übereinstimmend und zutreffend davon aus, dass sich der Vergütungssatz für den aus solarer Strahlungsenergie erzeugten und der Beklagten angebotenen Strom für jedes einzelne FV-Modul gesondert bestimmt. Jedes Modul stellt eine eigenständige Anlage i.S. von §§ 3 Nr. 1, 16 Abs. 1, 20 Abs. 1 EEG 2009 dar. Der Begriff der Inbetriebnahme nach §§ 3 Nr. 5, 20 Abs. 1 EEG 2009 bezieht sich auf jede Anlage.

27

V. Die Inbetriebnahme eines FV-Moduls i.S. der §§ 3 Nr. 5, 20 Abs. 1 EEG 2009 setzt nicht die Umwandlung des als Gleichstrom erzeugten Stroms mittels eines Wechselrichters in Wechselstrom voraus.

28

1. Das Landgericht geht zutreffend davon aus, dass der Begriff der Inbetriebnahme im EEG 2009 im Hinblick auf die Streitfrage der Auslegung bedarf. Im Ergebnis folgt der Senat der vom Landgericht vorgenommenen Gesetzesauslegung nicht.

29

2. Der Wortlaut der §§ 3 Nr. 5 und 20 Abs. 1 EEG 2009 lässt einen eindeutigen Rückschluss darauf, ob die Inbetriebnahme eines FV-Moduls den Anschluss eines Wechselrichters erfordert oder nicht, nicht zu.

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a) Nach § 3 Nr. 5 EEG 2009 ist der Begriff der Inbetriebnahme definiert als „die erstmalige Inbetriebsetzung der Anlage nach Herstellung ihrer technischen Betriebsbereitschaft“. Die Begriffsbestimmung enthält nach ihrem insoweit eindeutigen Wortlaut zwei zeitlich aufeinander folgende Elemente (angezeigt durch das Wort „nach“), zunächst die Herstellung der technischen Betriebsbereitschaft der Anlage und sodann die erstmalige Inbetriebsetzung der Anlage (und zwar unabhängig von der Art des eingesetzten Energieträgers).

31

b) Zur Erlangung der technischen Betriebsbereitschaft einer Anlage i.S. von § 3 Nr. 1 EEG 2009, d.h. einer Anlage zur Erzeugung von Elektrizität aus einem erneuerbaren Energieträger, hier aus solarer Strahlungsenergie, ist erforderlich, dass das FV-Modul tatsächlich Strom als ein außerhalb der Anlage nutzbares Produkt erzeugen kann, ohne maßgebliche, für den Anlagenbetrieb schädliche Fehlfunktionen aufzuweisen. Die technische Betriebsbereitschaft einer FV-Anlage liegt vor, wenn die Anlage in technischer Hinsicht in der Lage ist, Sonnenenergie in Strom umzuwandeln. Die Art des Endprodukts „Strom“ ist nicht näher definiert, insbesondere hat der Gesetzgeber nicht etwa zwischen der Erzeugung von Gleichstrom oder Wechselstrom unterschieden. Anhaltspunkte dafür, dass der Begriff der Herstellung der technischen Betriebsbereitschaft der Stromerzeugungsanlage zugleich die technische Fähigkeit zur Einspeisung des Stroms in das Netz umfassen soll, ergeben sich aus dem Wortlaut der Vorschrift nicht.

32

c) Dem Landgericht ist darin zu folgen, dass die erstmalige Inbetriebsetzung der Herstellung der technischen Betriebsbereitschaft der Anlage zeitlich nachfolgt und ein zusätzliches Element enthält. Dieses zusätzliche Element besteht jedoch darin, dass ein Übergang von der passiven Betriebsbereitschaft der Anlage in einen aktiven Betriebszustand stattfindet. Dieser aktive Betriebszustand findet seinen Ausdruck darin, dass durch eine bewusste Entscheidung des Anlagenbetreibers der Stromfluss in der Anlage in Gang gesetzt wird. Der Begriff der Inbetriebsetzung ist nicht geeignet, zwischen einer vorläufigen und einer dauerhaften Betriebsaufnahme zu differenzieren, weshalb davon auszugehen ist, dass beide Formen der Betriebsaufnahme hiervon erfasst werden. Auch für den Begriff der Inbetriebsetzung gilt, dass ihm keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen sind, dass der Strom nicht nur erzeugt, sondern danach auch einspeisebereit zur Verfügung stehen muss.

33

3. Im Rahmen einer gesetzessystematischen Betrachtung spricht – entgegen der Auffassung des Landgerichts – vieles dafür, dass die Einspeisefähigkeit des bei der Inbetriebsetzung tatsächlich erzeugten Stroms in ein Elektrizitätsnetz keine Voraussetzung für die Vollendung der Inbetriebnahme ist.

34

a) Der Begriff der Inbetriebnahme bezieht sich auf das Betreiben einer Anlage i.S. von § 3 Nr. 1 EEG 2009. Eine Anlage i.S. des EEG 2009 ist, soweit es hier von Interesse ist, definiert als eine Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien. Wesentliches Merkmal der FV-Anlage ist damit ihre Funktion als Stromerzeugungseinrichtung aus solarer Strahlungsenergie. Dies korrespondiert mit dem Zweck dieser Begriffsbestimmung, welcher in der Abgrenzung des Anwendungsbereichs des EEG besteht (vgl. Senat, Urteil v. 16.05.2013, 2 U 129/12 „Biogaspark“). Für die Abgrenzung von FV-Anlagen von Anlagen zur Stromerzeugung mit fossilen Energieträgern sind Einrichtungen zur Gewährleistung der Einspeisung in das Elektrizitätsnetz unmittelbar nicht notwendig.

35

b) Gleiches gilt für den Begriff des Anlagenbetreibers in § 3 Nr. 2 EEG 2009. Anlagenbetreiber ist, wer die Anlage zur Energieerzeugung bzw. zur Umwandlung von Solar- in elektrische Energie nutzt. Die Art der Nutzung – etwa ausschließlich zur Einspeisung des erzeugten Stroms in das Netz – ist nicht vorgegeben; erfasst sind vielmehr auch die Nutzung durch Eigenverbrauch, durch den Verbrauch durch Dritte, die unmittelbar an ein Netz des Anlagenbetreibers angeschlossen sind, oder durch Direktvermarktung des Stroms (vgl. nur §§ 16 Abs. 4 i.V.m. 33 Abs. 2 sowie 16 Abs. 5 i.V.m. 17 EEG 2009). Auch wenn in § 3 Nr. 5 EEG 2009 als Akteur der ersten Inbetriebsetzung keine Beschränkung allein auf den Anlagenbetreiber erfolgt, sondern auch andere Personen, z. Bsp. der Installateur, in Betracht kommen, besteht dennoch ein so enger Zusammenhang zwischen dem Inbetriebsetzen der Anlage und dem Anlagenbetreiber als dem Akteur bei dauerhaftem Betreiben, dass hieraus geschlussfolgert werden kann, dass die Nützlichkeit der Stromerzeugung in der FV-Anlage nicht in jedem Falle von der technischen Bereitschaft der Anlage zur Einspeisung des in ihr erzeugten Stroms in ein Netz der allgemeinen Versorgung abhängen muss. Anlagenbetreiber kann mithin auch der Nutzer einer FV-Anlage sein, die nicht über einen Wechselrichter an das Netz angeschlossen ist.

36

c) Die Bestimmung des Inbetriebnahmezeitpunkts ist rechtlich erheblich für die Anwendung der Degressionsvorschriften in § 20 EEG 2009. Dort wird der Begriff der Inbetriebnahme zwar nicht weiter konkretisiert, aber andere Voraussetzungen werden für die Vergütungsabsenkung gerade nicht angeführt. Insbesondere fehlt es – im Unterschied zu § 21 Abs. 1 EEG 2009 oder zu § 16 Abs. 4 EEG 2009 – an der Notwendigkeit des Beginns der Einspeisung des Stroms in das Netz.

37

d) Der Inbetriebnahmezeitpunkt ist nach § 21 Abs. 2 EEG 2009 zugleich maßgeblich für den Beginn der Förderungsdauer. In Satz 3 enthält diese Vorschrift eine Konkretisierung des Inbetriebnahmebegriffs dahin, dass es nicht auf die Anlage insgesamt, sondern allein auf den Generator, d.h. nach § 3 Nr. 4 EEG 2009 auf die technische Einrichtung zur direkten Umwandlung der solaren Strahlungsenergie in Elektrizität ankommt. Zum Generator gehört der Wechselrichter unstreitig nicht.

38

e) Der Senat folgt dem Landgericht schließlich nicht darin, dass sich aus dem systematischen Zusammenhang von § 3 Nr. 5 EEG 2009 und § 16 Abs. 4 EEG 2009 ein Anhaltspunkt für die Notwendigkeit des Anschlusses eines Wechselrichters an die FV-Anlage zur Herstellung der technischen Betriebsbereitschaft der Anlage bzw. zu deren Inbetriebsetzen ergäbe. Die Vorschrift des § 16 EEG 2009 regelt allgemeine Voraussetzungen für den Vergütungsanspruch. Darin wird eine Andienungspflicht des Anlagenbetreibers als Gegenleistung zur Verpflichtung des Netzbetreibers zur Zahlung der gesetzlichen Mehrvergütung begründet (vgl. Senat, Urteil v. 13.12.2012, 2 U 51/12 „Andienungspflicht“). Für die Begründung der Vergütungspflicht des Netzbetreibers ist jedoch nach § 21 Abs. 1 EEG 2009 neben der bloßen Erzeugung von elektrischer Energie zusätzlich entweder die Einspeisung in das Netz oder der Eigenverbrauch i.S. der beiden Alternativen von § 33 Abs. 2 EEG 2009 erforderlich. Mit anderen Worten: Die Begründung der Vergütungspflicht setzt regelmäßig die Realisierung des Netzanschlusses einschließlich der Herstellung der Einspeisefähigkeit des Stroms voraus. Der Umstand, dass in den vorgenannten Vorschriften neben der Inbetriebnahme die Vornahme der Stromeinspeisung ausdrücklich aufgeführt ist, spricht eher dagegen, dass die Fähigkeit zur Stromeinspeisung auch schon obligatorischer Bestandteil der Inbetriebnahme sein soll.

39

4. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die historische Auslegung nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führt.

40

a) Zwar enthielten die Vorgängerregelungen zu § 3 Nr. 1 EEG 2009, insbesondere § 3 Abs. 2 EEG 2004, noch eine ausdrückliche Regelung dazu, dass der Wechselrichter nicht notwendiger Bestandteil einer FV-Anlage sei (Satz 2 Halbs. 2: „… nicht für den Betrieb technisch erforderlich sind insbesondere Wechselrichter …“), was den Schluss zuließe, dass sein Anschluss auch für die Inbetriebnahme der Anlage nach altem Recht nicht notwendig sei. Der Wegfall dieser Textpassage in der Legaldefinition der „Anlage“ lässt sich aber sowohl als eine bewusste abweichende Bestimmung und als ein Übergang zur späteren ausdrücklichen anderweitigen Regelung in § 3 Nr. 5 EEG 2012 („… die technische Betriebsbereitschaft setzt voraus, dass die Anlage … dauerhaft mit dem für die Erzeugung von Wechselstrom erforderlichen Zubehör installiert wurde …“) interpretieren als auch als eine bloße Verkürzung des Normtextes, die wegen der von ihr ausgehenden Fehlanreize erst im Jahre 2012 in ihr Gegenteil verkehrt worden sei.

41

b) Betrachtet man den in den Gesetzgebungsmaterialien zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers, so ergibt sich ebenfalls ein ambivalentes Bild. Zwar heißt es in der Gesetzesbegründung zu § 3 Nr. 5 EEG 2009 (BT-Drs. 16/8148) ausdrücklich, dass der Zeitpunkt maßgeblich sei, „… an dem erstmalig Strom zur Einspeisung in das Netz aufgrund der technischen Bereitschaft des Generators zur Einspeisung in das Netz angeboten …“ werde (S. 39). Diese Formulierung lehnt sich an die in den Vorentwürfen zu § 3 Abs. 4 EEG 2004 verwandten, aber nie Gesetz gewordenen Formulierungen an (vgl. Salje, EEG, 5. Aufl. 2009, § 3 Rn. 150). Das Abstellen auf das Anbieten der Netzeinspeisung, welches für die Notwendigkeit der Installation eines Wechselrichters zur Herstellung der „Angebotsbereitschaft“ spräche, steht jedoch im Widerspruch zum Gesetzeswortlaut in § 21 Abs. 1 EEG 2009, der erst für den Beginn der Vergütungspflicht ausdrücklich die Einspeisung o.ä. voraussetzt, und zu der Intension des Gesetzgebers bei der Legaldefinition des Anlage-Begriffs, wonach zu dem „weiten“ Anlagebegriff nicht „… Infrastruktureinrichtungen wie Wechselrichter …“ zählten, „… da diese Einrichtungen nicht der Stromerzeugung dienen“ (S. 38).

42

c) Aus der Gesetzesbegründung zu § 3 Nr. 5 EEG 2009 ist eindeutig nur zu entnehmen, dass der Gesetzgeber den Inbetriebnahmezeitpunkt unabhängig von der tatsächlichen Einspeisung des Stroms in das Netz und damit vor allem unabhängig von jeder Mitwirkung des Netzbetreibers, vor allem bei der Fertigstellung des Netzanschlusses der Anlage, definieren wollte. Für die Streitfrage ist die Gesetzesgenese letztlich nicht ergiebig.

43

5. Die teleologische Auslegung spricht dafür, dass die Höhe des Vergütungssatzes allein vom Zeitpunkt der Fertigstellung der Anlage zur Stromerzeugung und ihrem erstmaligen Betreiben zur Stromproduktion abhängen soll und nicht von der Erfüllung aller Voraussetzungen für den Beginn der Vergütungspflicht, insbesondere vom Beginn der Stromeinspeisung, oder von der Aufnahme des dauerhaften Betriebs der Stromerzeugungsanlage.

44

a) Für die Auslegung nach dem Sinn und Zweck einer Einzelvorschrift ist nicht auf eigene Zweckmäßigkeitserwägungen des Gerichts abzustellen, sondern der besondere Zweck der Norm ist aus den Erwägungen des Gesetzgebers selbst, u.U. auch aus dem Zusammenhang der weiteren Rechtssätze, abzuleiten.

45

b) Der Gesetzgeber hat die Regelung des § 20 Abs. 1 EEG 2009 in seiner Gesetzesbegründung damit gerechtfertigt, dass die Absenkung der Vergütung „… unter Berücksichtigung des technologischen Fortschritts und wegen der erwarteten Kostensenkung … baujahreinheitlich …“ erfolge (vgl. BT-Drs. 16/8148, S. 51). Auch wenn der vom Gesetzgeber verwendete Begriff des Baujahrs der Anlage mit dem Normtext selbst (Herstellung der technischen Betriebsbereitschaft und erstmaliges Inbetriebsetzen) nur bedingt in Übereinstimmung zu bringen ist, wird aus dieser Erwägung doch deutlich, dass die Degression der Vergütungssätze eine Reaktion auf die erwarteten künftigen herstellungs- und vertriebsseitigen Kostensenkungspotenziale bei der Errichtung der Anlagen sein soll. Diese Potenziale sah der Gesetzgeber insbesondere bei den für die Stromerzeugung betriebsnotwendigen Anlagenteilen, also hier bei den FV-Modulen selbst. Zwischen den Prozessparteien ist auch unstreitig, dass die Beschaffung des FV-Moduls der überwiegende Kostenfaktor der für die Herstellung der Betriebsbereitschaft zur Stromerzeugung notwendigen Investitionen darstellt und daneben die Beschaffung und Installation von weiteren Einrichtungen wie dem Wechselrichter eine wirtschaftlich und finanziell eher untergeordnete Bedeutung erlangen.

46

c) Für eine alsbaldige Netzeinspeisung bietet die Regelung zum Beginn der Vergütungspflicht des Netzbetreibers in § 21 Abs. 1 EEG 2009 einen hinreichenden Anreiz, weil sie bewirkt, dass ohne Stromeinspeisung bzw. Eigenverbrauch der festgelegte Förderzeitraum verstreicht, ohne dass der Anlagenbetreiber die gesetzliche Mehrvergütung tatsächlich erhält und hieraus seine Investition refinanzieren sowie eine Rendite erwirtschaften kann.

47

6. Im Rahmen einer Gesamtabwägung aller Auslegungsaspekte hat der Senat weiter berücksichtigt, dass es der vom Gesetzgeber mit dem EEG 2009 allgemein und mit §§ 16, 20 f. EEG 2009 insbesondere verfolgten Zielstellung, Anreize für Investitionen in Anlagen zur Stromerzeugung unter Verwendung erneuerbarer Energieträger zu schaffen, zuwider liefe, eine Gesetzesauslegung vorzunehmen, mit der zusätzliche Voraussetzungen für die Sicherung bestimmter Vergütungssätze begründet werden, die im Gesetzeswortlaut selbst keinen Anhaltspunkt finden. Der Umstand, dass die Inbetriebnahme nach § 3 Nr. 5 EEG 2009 neben der objektiven Voraussetzung der Herstellung der technischen Betriebsbereitschaft auch den subjektiven Entschluss einer Person, regelmäßig des Anlagenbetreibers, (und natürlich dessen Umsetzung) erfordert, die Anlage in einen aktiven Betriebszustand zu versetzen, also den Betrieb – zumindest kurzzeitig – aufzunehmen, soll dem Anlagenbetreiber eine für den Beginn des Förderungszeitraums maßgebliche Wahlentscheidung ermöglichen (vgl. Salje, a.a.O., § 3 Rn. 160). Diese Wahlmöglichkeit sollte im Interesse der Rechtssicherheit nicht nachträglich durch ungeschriebene weitere Voraussetzungen entwertet werden.

48

VI. Die Klägerin hat nachgewiesen, dass sie vor dem 01.01.2010 insgesamt 50.648 Modulen mit einer Teilkapazität von 47,61 % der Gesamtanlage in Betrieb genommen hatte.

49

1. Die Prozessparteien gehen übereinstimmend und zutreffend davon aus, dass die Klägerin als Anlagenbetreiberin den Nachweis über den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der FV-Module zu führen hat, weil sie sich hierauf zur Begründung der Höhe des gerichtlich geltend gemachten Vergütungssatzes beruft und weil die Inbetriebnahme regelmäßig, so auch hier, ohne Mitwirkung des Netzbetreibers, hier der Beklagten, erfolgt.

50

2. Beim Vorliegen mehrerer Solarmodule, wie hier, ist der Nachweis über die Inbetriebnahme hinsichtlich jedes einzelnen Moduls zu führen, weil jedes Modul eine eigenständige Anlage darstellt. Ob der Nachweis geführt worden ist, hat originär der Netzbetreiber und – im Streitfall – das Tatgericht unter Berücksichtigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu befinden. Es ist sachgerecht, die für das Gericht geltenden Beweisregeln des § 286 ZPO entsprechend anzuwenden für die Feststellungen des Netzbetreibers, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Netzbetreiber für eine Anerkennung des Nachweises auf eine verlässliche Entscheidungsgrundlage und deren nachvollziehbare Dokumentation angewiesen ist, um die hieraus resultierenden Vergütungszahlungen anschließend auch im bundesweiten Belastungsausgleich erfolgreich geltend machen zu können.

51

3. Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin den Nachweis geführt, dass vor dem 01.01.2010 ein Teil der FV-Anlagen des „PV-Parks J.“ in Betrieb genommen worden sind.

52

a) Entscheidendes Beweisanzeichen für die erfolgreiche Inbetriebnahme von insgesamt 50.648 FV-Modulen ist die in der Zeit vom 14.12. bis 30.12.2009 durchgeführte Überprüfung der Funktionstüchtigkeit dieser Module durch Stringmessungen der A. Energietechnik GmbH. Im vorliegenden Fall kann offen bleiben, ob der Beweiswert solcher Messung generell den Grad einer widerleglichen Vermutung begründet (so Clearingstelle EEG, Hinweis vom 25.06.2010, 2010/1Rn. 138); hier ist diese Schlussfolgerung gerechtfertigt.

53

aa) Die Klägerin hat die Messprotokolle dieser Überprüfungen durch eine Drittfirma vorgelegt. Daraus ergibt sich, dass in den meisten Feldern jeweils zehn FV-Module mit Stringkabeln verbunden und der von ihnen erzeugte Strom durch Messung der elektrischen Spannung geprüft wurde. In den Feldern F (Strang 22 bis 41), G (Strang 25 bis 30) und J (Strang 23 bis 25) wurden jeweils lediglich acht oder zehn FV-Module verbunden. Diese Vorgehensweise hatte den Vorteil, dass die Messungen jeweils eine überschaubar geringe Zahl von Modulen erfassten, bei denen die Kontrolle der jeweiligen Leitungsanschlüsse und –verbindungen durch fachkundiges Personal erfolgte und die Messergebnisse unmittelbar mit dem erwarteten Ertrag verglichen werden konnten. Für die Richtigkeit der Messprotokolle spricht, dass für jede Messung auch der Prüfer dokumentiert und für einzelne Stränge keine Messergebnisse erfasst wurden, d.h. dass auch erkennbar war, welche FV-Module noch nicht in Betrieb genommen werden konnten.

54

bb) Zwar ist selbst bei genauer Kenntnis der Strom-Spannungs-Kennlinien der eingesetzten FV-Module wegen der Abhängigkeit von Witterungsbedingungen, vom Einfallwinkel der Sonnenstrahlen, einer ggf. eingesetzten Kühlung der Anlagen etc. eine rechnerisch exakte Vorhersage der zu erwartenden Werte nicht möglich, aber gerade auch der Vergleich der Ergebnisse zeitlich paralleler Messungen mehrerer gleich großer Blöcke unter identischen Bedingungen ließ Rückschlüsse darauf zu, ob alle zehn im Strang angeschlossenen FV-Module Strom erzeugten oder nicht. Hätten sich in dem in Betrieb gesetzten Strang defekte FV-Module befunden, so wäre die im Strang erzeugte Spannung gegenüber der in anderen Strängen erzeugten Spannung abgefallen; dies wäre aus den Messprotokollen ersichtlich gewesen. Solche Differenzen sind jedoch im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Die Aussagekraft der vorgenommenen Stringmessungen für die Inbetriebsetzung jedes einzelnen einbezogenen FV-Moduls ist jedenfalls höher als die Aussagekraft einer Stromeinspeisung aus dem Gesamtkraftwerk in das Stromnetz, bei der Rückschlüsse auf das einzelne FV-Modul nahezu unmöglich sind, soweit beim Einspeisevorgang nicht die elektrische Spitzenleistung aller FV-Module erreicht wird.

55

cc) Die zwischen den Prozessparteien streitige Frage, ob der Messvorgang einer Stringmessung zugleich den Nachweis dafür liefert, dass Strom als nutzbares Endprodukt außerhalb der FV-Module zur Verfügung stand, ist hier im Hinblick auf die konkret eingesetzten Messinstrumente zu bejahen. Das eingesetzte Gerät ist mit vier Leuchtdioden bestückt, durch die während der Messung infolge der im Strang erzeugten Spannung ein Strom fließt und – als sichtbares Zeichen des Stromdurchflusses – die Dioden zum Leuchten bringt, so dass sogar ein (wenn auch geringer) Eigenverbrauch des erzeugten Stroms außerhalb der FV-Module erfolgt.

56

b) Für die erfolgreiche Inbetriebnahme der 50.648 FV-Module, für welche positive Stringmessergebnisse für eine Inbetriebsetzung vor dem 01.01.2010 vorliegen, spricht weiter, dass die erneute stichprobenartige Überprüfung einzelner FV-Module aus den Modulblöcken am 30.12.2009 ausweislich der notariell beurkundeten Prüfung durch den Sachverständigen G. B. nicht zur Entdeckung defekter FV-Module führte.

57

c) Schließlich begann die Klägerin im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der erstmaligen Inbetriebsetzung auch mit der Einspeisung des in diesen FV-Modulen erzeugten Stroms in das Netz der Beklagten. Anhaltspunkte dafür, dass zwischen der Überprüfung der Funktionstüchtigkeit der FV-Module in der Zeit vom 14.12. bis 30.12.2009 und der Aufnahme der Stromeinspeisung hinsichtlich der 50.468 FV-Module andere Installationen durchgeführt worden wären als diejenigen, die der Herstellung der Einspeisefähigkeit des erzeugten Stroms dienten, liegen nicht vor und werden von der Beklagten auch nicht geltend gemacht. Insbesondere hat die Beklagte nicht etwa substantiiert vorgetragen, dass die in den Messprotokollen konkret benannten FV-Module z.Zt. ihrer Ortsbegehung nicht installiert gewesen seien.

58

VII. Danach war der – in der Berufungsinstanz beschränkten – Klage stattzugeben.

59

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung weiterer Vergütung für den im Zeitraum vom 30.12.2009 bis zum 31.12.2010 in das Netz der Beklagten eingespeisten Strom nach §§ 16 Abs. 1, 18 Abs. 1, 20 Abs. 1 und 32 Abs. 1 EEG 2009 i.V.m. § 66 Abs. 4 EEG 2009 und § 66 Abs. 1 EEG 2012 in Höhe von 106.123,72 €. Die Klägerin hat die Berechnung des Anspruchs in ihrer Berufungsbegründung (dort S. 2) im Einzelnen dargelegt; dem ist die Beklagte in rechnerischer Hinsicht nicht entgegen getreten.

60

2. Der von der Klägerin in der Berufungsinstanz verfolgte Feststellungsantrag ist nach dem Vorausgeführten begründet. Aus der Mischkalkulation (vgl. dazu Schleswig-Holstein. OLG, Urteil v. 22.03.2012, 16 U 107/11 – REE 2012, 86, in juris Tz. 16, 28 m.w.N.) der Vergütungssätze für die einzelnen FV-Module, d.h. eines Vergütungssatzes von 31,94 ct/kWh für 47,61 % der installierten Leistung des „PV-Parks J. “ und eines Vergütungssatzes von 28,43 ct/kWh für 52,39 % der installierten Leistung dieses Kraftwerks (in der Ausgestaltung der Endausbaustufe im Jahre 2010) ergibt sich ein durchschnittlicher Vergütungssatz von 30,10 ct/kWh des jeweils eingespeisten Stroms für die Förderungsdauer.

61

3. Die geltend gemachten Nebenforderungen sind dem Grunde und der Höhe nach gerechtfertigt.

62

a) Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen auf die Hauptforderung lt. Antrag zu Ziffer 1) ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 2 BGB; die Beklagte hat die freiwillige Leistung am 09.02.2011 endgültig verweigert.

63

b) Der Anspruch auf anteilige Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten beruht auf §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 249 Abs. 1 BGB; die Klägerin durfte die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Durchsetzung ihrer Ansprüche für erforderlich erachten. Die Höhe der erstattungsfähigen Anwaltskosten ist beschränkt auf diejenigen Aufwendungen, die fiktiv bei Beauftragung mit der Durchsetzung der letztlich erfolgreichen Ansprüche entstanden wären. Gegen die Berechnung der Klägerin sind Einwendungen nicht erhoben worden.

64

c) Der Anspruch auf Verzinsung der vorgenannten Nebenforderung ergibt sich aus §§ 286, 288 Abs. 2 und 291 ZPO. Die Klageschrift ist der Beklagten am 27.01.2012 zugestellt worden.

C.

65

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht hinsichtlich des Verfahrens in erster Instanz auf § 92 Abs. 1 ZPO – die Klägerin obsiegt lediglich mit den von ihr gestellten Hilfsanträgen – und hinsichtlich des Berufungsverfahrens auf § 91 Abs. 1 ZPO.

66

Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 26 Nr. 8 EGZPO i.V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 sowie 543, 544 Abs. 1 S. 1 ZPO.

67

Die Revision war nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache zumindest hinsichtlich der Auslegung des Begriffs der Inbetriebnahme nach § 3 Nr. 5 EEG 2009 eine grundsätzliche Bedeutung hat.


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