Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (12. Zivilsenat) - 12 Wx 39/14

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes vom 17. März 2014 teilweise abgeändert, soweit darin der Beteiligten zu 2) die Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanz-amtes im Original aufgegeben worden ist. Das Grundbuchamt wird angewiesen, von den in der Zwischenverfügung insoweit geäußerten Bedenken Abstand zu nehmen.

Im Übrigen wird die Grundbuchbeschwerde der Beteiligten zu 2) zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu 2) zu 2/3 zu tragen.

Der Beschwerdewert beträgt 592.000,00 Euro.

Gründe

I.

1

Als Eigentümerin der im Beschlussrubrum näher bezeichneten, verfahrensgegenständlichen Grundstücke ist im Grundbuch von Z. Blatt ... die B. GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) eingetragen.

2

Diese verkaufte mit dem vor dem Notar H. am 07. Januar 2013 zur Urkundenrollen-Nummer 25/13 beurkundeten Grundstückskaufvertrag die Grundflächen neben anderen Liegenschaften an die Beteiligte zu 2) zu einem Gesamtkaufpreis in Höhe von 1.715.392,45 Euro unter Anrechnung auf die übernommenen offenen Forderungen, Grundschuldbelastungen und Verbindlichkeiten der Verkäuferin. Unter Ziffer 6) der notariellen Vertragsurkunde erklärten die Vertragsparteien die Auflassung. Außerdem sah Ziffer 6) vor, dass der Veräußerer die Eigentumsumschreibung im Grundbuch bewilligte und die Erwerberin diese beantragte.

3

Zur Sicherung des Anspruchs des Erwerbers auf Verschaffung des Eigentums an dem Grundbesitz bewilligte der Veräußerer und beantragte der Erwerber überdies die Eintragung einer Auflassungsvormerkung gemäß § 883 BGB im Grundbuch.

4

Ebenfalls unter Ziffer 6) erteilten die Vertragsparteien dem Urkundsnotar Vollzugsvollmacht mit folgender Regelung:

5

„Der Notar ist berechtigt, Anträge aus dieser Urkunde getrennt und eingeschränkt zu stellen und sie in gleicher Weise zurückzunehmen. Die Beteiligten verzichten unwiderruflich auf ihr eigenes Antragsrecht beim Grundbuchamt.“

6

Unter Ziffer 7) der Vertragsurkunde heißt es weiter:

7

„Der Notar wird beauftragt, alle zur Durchführung des Vertrages erforderlichen Genehmigungen bzw. Erklärungen gemäß § 15 GBO einzuholen oder abzugeben. Er wies die Erschienen darauf hin, dass die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erst erfolgen kann, wenn

8
- das Finanzamt D., Grunderwerbssteuerstelle, eine Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt hat,
9
- die Stadt Z. auf ihr Vorkaufsrecht verzichtet hat.“

10

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertragsinhaltes nimmt der Senat auf die Ausfertigung des vor dem Notar H. am 07. Januar 2013 zur Urkundenrollen-Nummer 25/ 2013 beurkundeten Grundstückskaufvertrages mit Auflassung Bezug.

11

Mit Begleitschreiben vom 08. Januar 2013 reichte der Urkundsnotar eine Ausfertigung des Grundstückskaufvertrages mit Auflassung vom 07. Januar 2013 bei dem Grundbuchamt ein und beantragte gemäß § 15 GBO die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu Gunsten der Beteiligten zu 2). Darauf hin nahm das Grundbuchamt am 15. Januar 2013 die Eintragung der Auflassungsvormerkung vor und übersandte zugleich den Vertragsschließenden und dem Notar eine Eintragungsnachricht.

12

Mit Beschluss vom 16. August 2013 ordnete das Amtsgericht - Insolvenzgericht - die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der Grundstückseigentümerin an und sah zur Sicherung der Masse einen Zustimmungsvorbehalt nach § 21 Abs. 2 Ziffer 2 InsO vor, der auf Ersuchen des Insolvenzgerichts am 11. Oktober 2013 in Abteilung 2 laufende Nummer 3 des Grundbuchs eingetragen wurde. Nachdem das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Eigentümerin mit Beschluss vom 01. Oktober 2013 eröffnet hatte, buchte das Grundbuchamt auf dessen Ersuchen am 14. Oktober 2014 sodann in Abteilung 2 unter laufende Nr. 4 des Grundbuchs den Insolvenzvermerk.

13

Am 17. Februar 2014 sprach der Geschäftsführer der Beteiligten zu 2) bei dem Grundbuchamt persönlich vor und versuchte, die Eigentumsumschreibung im Grundbuch zu erwirken. Mit dem am 10. März 2014 bei dem Grundbuchamt eingegangenen Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 07. März 2014 beantragte die Beteiligte zu 2) bei dem Grundbuchamt - unter Vorlage einer beglaubigten Kopie der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes D. sowie der Vorkaufsverzichtserklärung der Stadt Z. - den Vollzug der unter Ziffer 6) der dem Grundbuchamt bereits vorliegenden Vertragsurkunde beantragten Umschreibung des Eigentums im Grundbuch. Sie ist der Ansicht gewesen, dass die zwischenzeitliche Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Eintragung im Grundbuch nicht hindere. Denn gemäß § 91 Abs. 2 InsO in Verbindung mit § 878 BGB stehe die nachträgliche Verfügungsbeschränkung dem Rechtserwerb nicht entgegen, wenn die Auflassung bereits bindend geworden sei und der Antrag auf Eintragung im Grundbuch bereits gestellt worden sei. Diese Voraussetzungen lägen hier vor, insbesondere hätten die Vertragsschließenden den Eintragungsantrag bereits in der notariellen Urkunde unter Ziffer 6) gestellt. Die Vertragsurkunde sei aber mit dem Begleitschreiben des Notars vom 08. Januar 2013 dem Grundbuchamt am 10. Januar 2013 zugegangen. Damit seien zugleich sämtliche Anträge, die der Grundstückskaufvertrag mit Auflassung enthalten habe, als gestellt zu betrachten. Selbst wenn die notarielle Urkunde, die neben der Auflassung zugleich auch die Eintragungsbewilligung und den Antrag der Vertragsschließenden enthalte, mit vollständigen Inhalt nur aufgrund eines Büroversehens zum Grundbuchamt gelangt sein sollte, müsse es aber in jedem Fall zur Eigentumsumschreibung kommen. Die in der Vertragsurkunde enthaltenen Eigentumsumschreibungsanträge der Vertragsschließenden würden auch stets selbständig neben den Anträgen des Urkundsnotars stehen und müssten deshalb als solche Berücksichtigung finden. Der in der notariellen Urkunde unter Ziffer 6) formulierte Antragsverzicht der Beteiligten sei dagegen unzulässig. Sie haben vorgetragen, dass es auch keinen Grund gegeben habe, den Eintragungsantrag seinerzeit noch nicht anzubringen, denn die Gegenleistungsverpflichtung sei mit Übernahme der Verbindlichkeiten bereits erfüllt gewesen. Dem Verfügungsverbot könne daher nach § 878 BGB für die Eigentumsumschreibung auf die Beteiligte zu 2) keine Relevanz beigemessen werden. Darüber hinaus seien sowohl die Eintragung des Zustimmungsvorbehaltes nach § 21 InsO als auch der Insolvenzvermerk gegenüber der Beteiligten zu 2) unwirksam. Das Grundbuch sei insofern unrichtig, weil die Verfügungsverbote vormerkungswidrig entgegen der Sicherungswirkung des § 883 Abs. 1 BGB im Grundbuch gebucht worden seien. Die Beteiligte zu 1) hat daher die Löschung der Eintragungen in Abteilung 2) laufende Nummern 3 und 4 begehrt, weil diese vormerkungswidrigen Verfügungen ihr gegenüber relativ unwirksam seien.

14

Das Grundbuchamt hat das Eintragungsbegehren mit Zwischenverfügung vom 17. März 2014 beanstandet und der Beteiligten zu 2) aufgegeben, binnen einer Frist von sechs Wochen die aufgeführten Hindernisse zu beheben. Insbesondere hat es die Ansicht vertreten, dass zum Vollzug der Eigentumsumschreibung die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes im Original sowie das Negativzeugnis nach § 28 BauGB im Original oder beglaubigter Abschrift vorzulegen sei. Außerdem müsse der Insolvenzverwalter den Übereignungsanspruch aus dem Kaufvertrag erfüllen. Es sei daher die Genehmigungserklärung des Insolvenzverwalters für den Vollzug des Kaufvertrages und dessen Löschungsbewilligung hinsichtlich des Insolvenzvermerks beizubringen.

15

Gegen diese Zwischenverfügung hat die Beteiligte zu 2) unter dem 14. April 2014 Beschwerde eingelegt. Sie greift die Auflage des Grundbuchamtes an, eine Genehmigungserklärung des Insolvenzverwalters für den Kaufvertrag sowie eine Löschungsbewilligung hinsichtlich des Insolvenzvermerkes beibringen zu müssen, und meint hierzu, dass die geforderten Erklärungen des Insolvenzverwalters für die beantragte Eigentumsumschreibung nicht notwendig seien. Außerdem ist sie der Ansicht, dass die Vorlage einer beglaubigten Kopie der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes ausreichen müsse, um den grundbuchrechtlichen Formerfordernissen des § 29 GBO genügen zu können.

16

Das Grundbuchamt hat am 07. Mai 2014 beschlossen, der Grundbuchbeschwerde der Beteiligten zu 2) nicht abzuhelfen und das Rechtsmittel dem Oberlandesgericht zur Entscheidung in der Sache vorzulegen.

II.

17

Die nach § 71 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Grundbuchbeschwerde der Beteiligten zu 2) hat zumindest teilweise insoweit Erfolg, als das Grundbuchamt in der angefochtenen Zwischenverfügung vom 17. März 2014 die Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes im Original gefordert hat. Insoweit ist die Zwischenverfügung aufzuheben und das Grundbuchamt anzuweisen, von den diesbezüglichen Bedenken gegen die Vorlage einer beglaubigten Kopie Abstand zu nehmen. Die weitergehende Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist indessen nicht begründet.

18

1. Soweit das Grundbuchamt die Eintragung auch von der Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes im Original abhängig gemacht hat, besteht dieses von dem Grundbuchamt aufgezeigte Eintragungshindernis indessen nicht.

19

Allerdings darf der Erwerber eines Grundstücks erst in das Grundbuch eingetragen werden, wenn eine Bescheinigung des zuständigen Finanzamts vorgelegt wird, dass der Eintragung steuerliche Bedenken nicht entgegenstehen, § 22 Abs. 1 S. 1 GrEStG. Die nach § 29 Abs. 3 GBO zu erteilende Bescheinigung (vgl. OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 16. Februar 2011 - 20 W 86/11 - Juris) ist, weil es sich nicht um eine zur Eintragung erforderliche Erklärung im Sinne von § 29 Abs. 1 S. 2 GBO handelt, in öffentlicher Form vorzulegen, § 29 Abs. 1 S. 2 GBO. Grundsätzlich können die nach § 29 Abs. 1 S. 2 GBO zum Nachweis erforderlichen öffentlichen Urkunden in Urschrift, Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift vorgelegt werden (KG Rpfleger 1998, 108; KG Berlin MDR 2012, 142).

20

Im Anschluss an eine Entscheidung des Landgerichts Berlin (Beschluss vom 9. April 2002 - 86 T 129/02 - NotBZ 2002, 383) wird im Schrifttum nunmehr überwiegend vertreten, die Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung in beglaubigter Ablichtung sei zur Überwindung der Grundbuchsperre des § 22 GrEstG (hierzu Böhringer, Rpfleger 2000, 99) ausreichend (vgl. Hertel, in: Meikel, GBO, 10. Aufl., § 29, Rdn. 144; Demharter, GBO, 29. Aufl., Rdn. 50 zu § 20 GBO; Hügel, in Beck’schen online-Kommentar, GBO, 2. Aufl., Rdn. 79 zu „§ 20 GBO; Viskorf, in: Boruttau, GrEStG, 17. Aufl., § 22, Rdn. 49; Pahlke/Franz, GrEStG, 4. Aufl., § 22, Rdn. 7).

21

Nach der Gegenansicht soll die Vorlage einer beglaubigten Abschrift nicht genügen. An ihren Besitz seien nämlich Rechtsfolgen geknüpft, weil sie im Fall des Widerrufs oder der Aufhebung an das Finanzamt zurückzugeben sei, vgl. § 133 AO (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rdn. 151). Es erscheint zweifelhaft, ob dieser Ansicht so allgemein zu folgen ist, denn der Inhaber der Unbedenklichkeitsbescheinigung ist auch bei deren Widerruf oder Rücknahme nicht ohne weiteres zur Rückgabe verpflichtet. Vielmehr bedarf es hierzu einer im Ermessen des Finanzamts stehenden Aufforderung, § 133 S. 1 AO (zur geringen praktischen Bedeutung der Vorschrift: Pahlke, in: Pahlke/König, AO, 2. Aufl., § 133, Rdn. 1; Werth, in: Kühn/von Wedelstedt, AO, 19. Aufl., § 133, Rdn. 1). Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage von der Beendigung des Amts als Vormund, Betreuer oder Insolvenzverwalter. Diese sind von Gesetzes wegen zur Rückgabe der Bestellungsurkunden verpflichtet, vgl. §§ 1893 Abs. 2 S. 1, 1908i Abs. 1 S. 1 BGB, 56 Abs. 2 S. 2 InsO (ebenso der Bevollmächtigte, § 175 BGB). Letztlich kann dies vorliegend aber dahinstehen. Denn es ist zumindest anerkannt, dass die Vorlage einer beglaubigten Legitimationsurkunde dann ausreichend ist, wenn ein Notar bescheinigt, dass ihm die Urschrift oder Ausfertigung zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgelegen hat (vgl. KG Berlin MDR 2012,142; Demharter, GBO, 29. Aufl., Rdn. 50 zu § 20 GBO). Die Vorlage einer beglaubigten Kopie der Unbedenklichkeitsbescheinigung verbunden mit einer entsprechenden Erklärung des Notars H., dass ihm das Original bei Beglaubigung vorgelegen habe, würde danach aber als Nachweis genügen können.

22

2. Allerdings hat das Grundbuchamt mit seiner Zwischenverfügung vom 17. März 2014 die Beteiligte zu 2) zu Recht zur Vorlage einer Genehmigung des Insolvenzverwalters zu der Eigentumsumschreibung sowie einer Löschungsbewilligung im Hinblick auf den Insolvenzvermerk aufgefordert.

23

a) Die Eigentumsumschreibung auf die Beteiligte zu 2) setzt die Einigungsberechtigung als Ausfluss der sachenrechtlichen Verfügungsbefugnis der Grundstücksverkäuferin als verlierenden Teil voraus, die grundsätzlich noch im Zeitpunkt der Eintragung vorliegen muss (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 14. März 2005, 20 W 312/04, NotBZ 2007, 26; OLG Frankfurt ZInsO 2006, 269; Demharter, GBO, 29. Aufl., Rdn. 40 zu § 20 GBO), was das Grundbuchamt auch zu überprüfen hat.

24

Ihre Verfügungsbefugnis hat die Verkäuferin allerdings bereits mit Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO mit Zustimmungsvorbehalt nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO durch Beschluss und mit Wirkung vom 16. August 2013 verloren, da der Zustimmungsvorbehalt nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO in seiner Wirkung dem allgemeinen Verfügungsverbot weitgehend gleichsteht (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 14. März 2005, 20 W 312/04, NotBZ 2007, 26 zitiert nach juris; OLG Frankfurt ZInsO 2006, 269). Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss des Insolvenzgerichts vom 01. Oktober 2013 war der Verkäuferin die Verfügungsbefugnis gemäß § 81 Abs. 1 InsO endgültig entzogen worden.

25

b) Entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 2) kommt ihr als Erwerberin auch nicht der Schutz des § 91 Abs. 2 InsO in Verbindung mit § 878 BGB zu Gute.

26

Zwar haben die Vertragschließenden die Auflassung nach §§ 873, 925 BGB in notariell beurkundeter Form erklärt. Aufgrund der öffentlichen Beurkundung ist die Auflassung damit bindend geworden (§ 873 Abs. 2 BGB).

27

Die weitere Voraussetzung des § 878 BGB liegt hier jedoch nicht vor. Das Eigentum könnte nämlich nur dann noch mit Wirkung gegenüber dem Insolvenzverwalter auf die Beteiligte zu 2) übergehen, wenn zur bindenden Auflassung auch noch der Eintragungsantrag beim Grundbuchamt hinzugetreten wäre (§ 878 BGB, 91 Abs. 2 InsO). Ein solcher ist hier jedoch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden.

28

In der notariellen Vertragsurkunde selbst war zwar unter Ziffer 6) auch ein Eintragungsantrag der Vertragsschließenden beurkundet, eine Ausfertigung des notariellen Grundstückskaufvertrages nebst Auflassung ist mit Begleitschreiben des Urkundsnotars vom 08. Januar 2013 überdies zum Grundbuchamt gelangt. Der Notar hatte sich dabei allerdings nicht nur als Bote zur Übermittlung der bereits beurkundeten Anträge betätigt, sondern dem Grundbuchamt die Urkunde ausdrücklich nur im Hinblick auf seinen nach § 15 GBO gestellten Antrag übersandt, eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 2) einzutragen. Auf die weiteren in der Urkunde selbst enthaltenen Anträge hat er indessen keinen Bezug genommen, zumal für die weiteren Anträge auch noch die erforderlichen Unterlagen (Negativattest der Stadt Z. gemäß § 28 BauGB und Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes Z. ) fehlten. Der Notar hat dementsprechend hier den einen Antrag auf Eintragung der Auflassungsvormerkung vorgezogen und zum Gegenstand seines Eintragungsersuchens nach § 15 GBO gemacht und damit zu erkennen gegeben, dass er die Urkunde nur zu diesem einen Zweck dem Grundbuchamt vorgelegt hat (vgl. OLG Köln KTS 1968, 245). Das Grundbuchamt hat den Vollzugsantrag auch nur in diesem beschränkten Umfang verstanden und so wie beantragt auch abgearbeitet: Die Auflassungsvormerkung hat es eingetragen und dem Urkundsnotar sowie den Vertragsschließenden entsprechende Eintragungsnachricht am 15. Januar 2013 erteilt. Für das Grundbuchamt bestand insoweit auch kein Anlass, neben der beantragten Eintragung der Auflassungsvormerkung auch noch den in der Urkunde enthaltenen Antrag auf Eigentumsumschreibung als zeitgleich gestellt zu betrachten, zumal die weiteren unter Ziffer 7 der notariellen Vertragsurkunde aufgeführten Voraussetzungen für den Vollzug des Grundstückskaufvertrages ersichtlich noch nicht vorgelegen haben, da der Notar seinem Begleitschreiben weder die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes noch die Verzichtserklärung der Stadt Z. hinsichtlich deren Vorkaufsrechts beigefügt hatte. Der Urkundsnotar hätte es zweifellos auch als Formalismus bewertet, wenn er hier wegen der anderen „Anträge“ in der Urkunde eine befristete Zwischenverfügung wegen des offensichtlichen Fehlens der erforderlichen weiteren Unterlagen erhalten hätte, die mit zusätzlichen Kosten verbunden wäre (vgl. ebenso: OLG Köln KTS 1968, 245, 249).

29

Die zeitgleiche Anbringung der Eintragungsgesuche, nämlich Auflassungsvormerkung einerseits und Eigentumsumschreibung andererseits, hätte überdies wenig Sinn gemacht. Die Beteiligte zu 2) kann in der Regel nicht gleichzeitig die Eintragung der Auflassungsvormerkung und der Eigentumsumschreibung zu ihren Gunsten betreiben (vgl. OLG Frankfurt NotBZ 2007, 26). Denn es würde einer Auflassungsvormerkung nicht mehr bedürfen, wenn der Erwerber im Grundbuch zeitgleich als Eigentümer eingetragen wird. Dementsprechend haben die Vertragsschließenden in der Urkunde auch schon vorsorglich die Löschung der Vormerkung nach Vollzug der Auflassung bewilligt und beantragt. Darüber hinaus könnte der Antrag auch nicht bloß als rein vorsorglich oder als später möglich gestellt betrachtet werden, weil ein Antrag stets auf alsbaldige Eintragung gerichtet sein muss, eine bloß prophylaktisch gestellter Antrag ist dagegen unzulässig (vgl. Böttcher in Meikel, GBO, 10. Aufl., Rdn. 21 zu § 13 GBO). Dass aufgrund des am 10. Januar 2013 bei dem Grundbuchamt eingegangenen notariellen Eintragungsersuchens zunächst nur allein die Auflassungsvormerkung einzutragen war, war für alle Verfahrensbeteiligten vielmehr erkennbar. Nach Zugang der Eintragungsnachricht des Grundbuchamtes vom 15. Januar 2013 haben sie dessen Verfahren dementsprechend auch nicht weiter beanstandet. Hätten sie den Antrag vom 08. Januar 2013, Eingang bei dem Grundbuchamt am 10. Januar 2013, dagegen anders, nämlich inhaltlich weitergehend verstanden, dann hätte es nahe gelegen, dass sie nach Eingang der Eintragungsnachricht das Grundbuchamt um sofortigen Vollzug der Eigentumsumschreibung ersucht hätten.

30

Nach alledem ist davon auszugehen, dass der Eintragungsantrag noch nicht gestellt ist, wenn er zwar in der von dem Notar dem Grundbuchamt vorgelegten Urkunde enthalten ist, der Notar aber in seinem Begleitschreiben nur auf einen anderen, ebenfalls in der Urkunde enthaltenen Antrag mit der Bitte um Eintragung Bezug nimmt (vgl. OLG Köln KTS 1968, 245, 249; OLG Hamm Rpfleger 1973, 305; Gursky in Staudinger, BGB, Bearbeitung 2012, Rdn. 42 zu § 878 BGB; Vieweg in jurisPK-BGB, 6. Aufl., Bearbeitung 2012, Rdn.19 zu § 878 BGB).

31

Ob etwas anderes zu gelten hätte, nämlich alle Anträge als gestellt anzusehen sein würden, wenn die Beteiligten persönlich oder aber der Notar nur in ersichtlicher Botentätigkeit die Urkunde eingereicht hätten, kann hier dahin gestellt bleiben. Letztlich dürften aber auch in diesem Fall Zweifel angebracht sein, weil aus der Urkunde selbst eindeutig hervorging, dass ein Teil der Anträge zu dieser Zeit noch gar nicht hätten erledigt werden können. Hier kommt hinzu, dass die Vertragschließenden unter Ziffer 6) der notariellen Urkunde unwiderruflich auf ein eigenes Antragsrecht beim Grundbuchamt ausdrücklich verzichtet und allein den Notar bevollmächtigt haben, Anträge aus der Urkunde getrennt und eingeschränkt zu stellen und zurückzunehmen. Danach sollte ausschließlich der Notar H. für den Vollzug des Grundstückskaufvertrages Sorge tragen und war allein befugt, Anträge beim Grundbuchamt zu stellen. Bei Einreichung der Vertragsurkunde verbunden mit dem Antrag des Notars auf Eintragung der Auflassungsvormerkung am 10. Januar 2013 ist auch nichts dafür ersichtlich gewesen, dass die von der Vollmachtsvermutung des § 15 GBO gedeckte Erklärung des Notars durch entgegenstehende Willensäußerungen der Beteiligten entkräftet sein könnte. Entsprechende Anhaltspunkte sind hier nicht erkennbar. Das Bayerische Oberste Landgericht hatte in einem Beschluss vom 20. Januar 1977 (Geschäftsnummer BReg 2 Z 34/76, Rpfleger 1977, 134) zwar seinerzeit aufgrund der besonderen Umstände des dort zur Entscheidung stehenden Falls einmal angenommen, dass der gegenständlich beschränkte Antrag des Notars den Antrag der Beteiligten in der Vertragsurkunde nicht verdrängen würde. Dies hatte das BayOblG aber in dem damaligen Fall damit begründet, dass die Beteiligten persönlich die Vertragsurkunde nebst sämtlicher zum Vollzug des Kaufvertrages erforderlichen Urkunden beim Grundbuchamt eingereicht hatten. Insbesondere hatte eine Beteiligte selbst auch schon die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts unmittelbar vorgelegt, der es aber für eine bloße Eintragung der Auflassungsvormerkung nicht bedurft hätte. Diese besonderen Umstände, die das BayObLG zu einer abweichenden Beurteilung veranlasst haben, liegen hier indessen gerade nicht vor. Vielmehr lagen weder das Negativattest der Stadt Z. noch die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes D. vor, und die Vertragsschließenden haben sich überdies ausdrücklich auf eine Antragsstellung ausschließlich durch den Notar unter Ausschluss des eigenen Antragsrechts verständigt.

32

Danach aber ist für die Anwendung des § 91 Abs. 2 InsO in Verbindung mit § 878 BGB kein Raum.

33

c) Der Umstand, dass bereits zeitlich vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Auflassungsvormerkung zugunsten des Beteiligten zu 2) im Grundbuch gebucht war, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Zwar ist der vormerkungsgesicherte Anspruch nach § 106 InsO insolvenzfest, wenn die Vormerkung - wie hier - nach § 883 BGB eingetragen ist (vgl. BGH NJW 2002, 213; OLG Frankfurt ZInsO 2006, 269; Morvilius in Meikel, GBO, Rdn.28, Einl. C). Bei dem gemäß § 106 InsO mit Vormerkung gesicherten Recht handelt es sich um die Verstärkung des schuldrechtlichen Anspruchs, um eine Sache aus der Ist-Masse als nicht zur Soll-Masse gehörend herauszulösen, also um Aussonderung (vgl. BGH ZIP 2008, 1028). Der vormerkungsberechtigte Gläubiger ist nicht auf eine Insolvenzforderung beschränkt, sondern kann aufgrund der Sicherungswirkung des § 106 InsO trotz Insolvenz des verpflichteten Schuldners Erfüllung vom Insolvenzverwalter verlangen (§ 106 InsO). Dieser muss den gesicherten Anspruch, sofern er auf Erfüllung geht, aus der Insolvenzmasse - ohne Wahlrecht nach §§ 103 InsO - befriedigen (§ 106 InsO; vgl. Ott/Vuia in Münchener Kommentar zur InsO, 3. Aufl., Rdn. 18zu § 106 InsO; Schöner/Stöber, GBO, 15. Aufl., Rdn. 1533). Dies bewirkt hier allerdings nicht, dass die Umschreibung des Grundstückseigentümers im Grundbuch ohne Mitwirkung des Insolvenzverwalters vollzogen werden könnte. Es muss vielmehr eine entsprechende Bewilligungserklärung des Insolvenzverwalters beigebracht werden, der seit Insolvenzeröffnung für Rechnung der Insolvenzmasse alle für die Herbeiführung der geschuldeten Rechtsänderung erforderlichen Rechtshandlungen vornehmen muss (vgl. OLG Frankfurt ZInsO 2006, 269; Ott/Vuia in Münchener Kommentar, InsO, 3. Aufl., Rdn. 18 zu § 106 InsO).

34

d) Zu Recht hat das Grundbuchamt der Beteiligten zu 2) mit der angefochtenen Zwischenverfügung überdies aufgegeben, für die beantragte Löschung des Insolvenzvermerkes eine Löschungsbewilligung des Insolvenzverwalters in grundbuchrechtlicher Form nach §§ 19, 29 GBO beizubringen. Denn das von dem Grundbuchamt insoweit aufgezeigte Eintragungshindernis hat hier bestanden.

35

Die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 GBO liegen nicht vor. Die Beteiligte zu 2) hat den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs in Ansehung des Insolvenzvermerkes nicht in der gebotenen grundbuchmäßigen Form geführt.

36

Entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 2) ist das Grundbuch durch die Buchung des Insolvenzvermerkes nicht unrichtig geworden. Da die Vormerkung noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetragen war, greift zwar zu ihren Gunsten die Sicherungswirkung des § 883 Abs. 2 S. 1 BGB ein, so dass eine vormerkungswidrige Verfügung ihr gegenüber relativ unwirksam wäre. Die Vormerkung hat das Grundbuchamt aber nicht an der Eintragung des Insolvenzvermerks hindern können. Denn die Vormerkung bewirkt keine sog. Grundbuchsperre, das Grundbuchamt darf vielmehr selbst später beantragte Eintragungen nicht mit der Begründung ablehnen, dass diese dem vorgemerkten Anspruch entgegen stünden (vgl. BGH VIZ 2001, 103; OLG Frankfurt FGPrax 2009, 252; Demharter, GBO, 29. Aufl., Rdn. 19 zu § 22 GBO; Schöner/Stöber, 15. Aufl., Rdn.1524).

37

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 81, 84 FamFG.

38

Die Entscheidung über die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 79 Abs. 1 GNotKG in Verbindung mit §§ 61 Abs. 1, Abs. 2, 36 Abs. 1 GNotKG.

39

Für den Geschäftswert einer Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung ist im allgemeinen von Bedeutung, welche Schwierigkeit die Behebung des Hindernisses macht, das Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist. Geht es um die Eintragung eines Eigentümers, kann der Wert des Grundstücks als Beziehungswert herangezogen werden (vgl. OLG Schleswig FGPrax 2005, 105; BayObLG JurBüro 1995, 259; BayObLGZ 1993, 142; Demharter, GBO, 29. Aufl., Rdn. 37 zu § 77 GBO). Der Senat bemisst den Geschäftswert der Beschwerde angesichts der Schwierigkeit der Behebung des Hindernisses dementsprechend hier in Höhe des Verkehrswert des Grundstücks (OLG Schleswig, FGPrax 2005, 105; Demharter, GBO, § 77 Rn. 37: "voller Verkehrswert"), den der Senat nach dem Wert der valutierenden Grundschuld für die Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG, die die Beteiligte zu 2) unter Anrechnung auf den Kaufpreis übernommen hat, geschätzt hat.


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