Urteil vom Oberlandesgericht Naumburg (4. Zivilsenat) - 4 U 52/15
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 3. Juli 2015 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn die Beklagten nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.
Gründe
I.
- 1
Die Klägerin begehrt von den Beklagten aus übergegangenem Recht gemäß § 86 Abs. 1 VVG die Zahlung der Zeitwertentschädigung, die sie als Gebäudeversicherer des im Eigentum ihrer Versicherungsnehmerin stehenden Wohnhauses M. Berg 31 in Q. anlässlich eines Brandschadens am 8. Dezember 2011 an diese geleistet hat.
- 2
Die Beklagten zu 2 - 4 sind die Rechtsnachfolger der verstorbenen Beklagten zu 2 - 3, der Eheleute R. . Diese waren Miteigentümer des Wohnhauses M. Berg 30 in Q. . In der Nacht des 08. Dezember 2011 brannte das Haus M. Berg 30 vollständig ab, wobei auch das unmittelbar daran angebaute Haus der Versicherungsnehmerin der Klägerin erheblich beschädigt wurde.
- 3
Der Beklagte zu 1 führte am 8. Dezember 2011 im Auftrag der Eheleute R. am Flachdach ihres Gebäudes M. Berg 30 Heißklebearbeiten durch, wobei er eine neue Schicht Dachpappe auf die bereits alte Schicht aufbrachte und mit einem Brenner aufschweißte. Diese Arbeiten beendete er in der Zeit zwischen 15:15 Uhr und 16:30 Uhr. Die Eheleute R. bemerkten am 08. Dezember 2011 gegen 22:00 Uhr unter der Decke im Bereich des Übergangs vom Ziegel- zum Pappdach, mithin in dem Bereich, in welchem der Beklagte zu 1 zuvor gearbeitet hatte, Flammen, woraufhin sie das Haus verließen und die Feuerwehr alarmierten. Ihr Haus brannte vollständig nieder. Das Haus der Versicherungsnehmerin der Klägerin wurde durch den Brand und die Feuerlöscharbeiten erheblich beschädigt.
- 4
Der Beklagte zu 1 ist kein Dachdeckermeister. Er hat jedoch am 29. Januar 1993 vor dem zuständigen Prüfungsausschuss die Gesellenprüfung im Dachdeckerhandwerk mit Erfolg abgelegt. Darüber hinaus hat er an einem Lehrgang für Abbruch-, Sanierung- oder Instandhaltungsarbeiten (ASI-Arbeiten) an Asbestzementprodukten teilgenommen.
- 5
Das Amtsgericht Magdeburg eröffnete mit Beschluss vom 23. September 2015, Az.: 350 IK 919/15, über das Vermögen des Beklagten zu 1 das Verbraucherinsolvenzverfahren.
- 6
Die Klägerin hat behauptet, dass der Beklagte zu 1, der über keinen Schweißerlaubnisschein nach Maßgabe des § 30 Unfallverhütungsvorschrift (BGV D1) verfüge, aber dennoch Schweißarbeiten an der Dachpappe in Heißklebeverfahren mittels eines flüssiggasbetriebenen Aufschweißbrenners durchgeführt habe, schuldhaft den Brand verursacht habe, weil er das Heißklebeverfahren an der späteren Brandstelle nicht habe ausführen dürfen und er es zudem unterlassen habe, die bearbeitete Dachfläche nach Abschluss der Arbeiten zwei Stunden lang zu kontrollieren.
- 7
Die Eheleute R. hafteten neben dem Beklagten zu 1 in entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB, weil das Übergreifen von Feuer, Ruß und Löschwasser auf das Grundstück ihrer Versicherungsnehmerin das zumutbare Maß einer von einem Nachbarn entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung überstiegen habe. Ihnen sei bekannt gewesen, dass der Beklagte zu 1 als Nichtfachmann am Dach ihres Gebäudes feuergefährliche Schweißarbeiten durchführe.
- 8
Die Klägerin hat beantragt,
- 9
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
- 10
an sie 97.801,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2012 sowie
- 11
an sie vorgerichtliche Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 2.118,44 € zu zahlen.
- 12
Die Beklagten haben beantragt,
- 13
die Klage abzuweisen.
- 14
Der Beklagte zu 1 hat bestritten, dass er bei Durchführung der Schweißarbeiten auf dem Flachdach Sicherheitsvorschriften missachtet oder sonst fehlerhaft gearbeitet habe. Die vormaligen Beklagten 2 und 3 haben die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen eines verschuldensunabhängigen Ausgleichsanspruchs in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in ihrer Person nicht vorlägen, weil sie keine Störer gewesen seien, sondern sie auf die Sachkenntnis des Beklagten zu 1 hätten vertrauen dürfen und vertraut hätten. Darüber hinaus haben sie die Höhe des Zeitwertschadens bestritten.
- 15
Das Landgericht hat den Beklagten zu 1 nach einer Zeugenvernehmung und Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. M. Ri. vom 6. September 2014 mit Urteil vom 3. Juli 2015 antragsgemäß zur Zahlung von 97.801,29 € nebst Zinsen sowie der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt und die Klage hinsichtlich der Beklagten zu 2 bis 4 abgewiesen.
- 16
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte zu 1 nach den Feststellungen des Sachverständigen den Brand schuldhaft verursacht habe, weil er vor Durchführung der Arbeiten im Heißklebeverfahren die notwendige Entfernung aller brennbaren Bauteile unterlassen habe oder, ohne Entfernen aller brennbaren Bauteile, das Kaltkleberverfahren hätte anwenden müssen. Er hätte nach den Ausführungen des Sachverständigen mit einer einfachen Klopfprobe oder durch Eintreiben eines Nagels in die Wand erkennen können und müssen, dass an der zu bearbeitenden Stelle keine massive Steinwand als Anschlusswand zum Nachbarhaus vorhanden gewesen sei.
- 17
Die Klage gegen die Beklagten zu 2 und 3 sei hingegen unbegründet, weil ein Ausgleichsanspruch nach § 906 BGB ausscheide, wenn dem vom Auftraggeber beauftragten Auftragnehmer eine grobe Fahrlässigkeit bei der Ausführung seiner Arbeiten zur Last falle. Dies liege hier vor, da die berufsgenossenschaftlichen Vorschriften, wonach das Heißklebeverfahren nicht anzuwenden sei, wenn brennbare Materialien in der Nähe seien, keine Bagatellregelungen enthielten, was daran erkennbar sei, dass sogar für einen Dachdeckermeister besondere Belehrungspflichten bestünden. Darüber hinaus wäre es für den Beklagten zu 1 leicht gewesen, das Brandrisiko durch Abklopfen oder Eintreiben eines Nagels zuverlässig einzuschätzen.
- 18
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.
- 19
Sie vertritt die Auffassung, dass die Beklagten zu 2 - 4 als Rechtsnachfolger der Eheleute R. gleichfalls gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB haften, weil der Schaden unabhängig von der Verschuldensform des tätig gewordenen Beklagten zu 1 zumindest mittelbar auf ihren Willen zurückzuführen sei.
- 20
Dem Beklagten zu 1 sei bei der Durchführung der Dachdeckerarbeiten entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nur einfache Fahrlässigkeit anzulasten. Die Beweisaufnahme habe keine Hinweise auf besonders gravierende Verstöße des Beklagten zu 1 im Sinne einer groben Fahrlässigkeit ergeben. Der gerichtlich bestellte Sachverständige habe ihm nur vorgeworfen, den Untergrund des zu bearbeitenden Dachbereichs vorab nicht hinreichend untersucht zu haben. Das Glutnest habe nicht einmal mittels einer Wärmekamera festgestellt werden können und erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung den Brand ausgelöst. Selbst im Falle einer zweistündigen Brandwache nach Beendigung der Arbeiten wäre das Glutnest nicht ins Auge gefallen. Zudem könne von der Gefährlichkeit des Heißklebeverfahrens nicht einfach auf eine grobe Fahrlässigkeit des Handwerkers geschlossen werden.
- 21
Die Klägerin beantragt,
- 22
das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 3. Juli 2015, Az. 10 O 1082/13, teilweise abzuändern und die Beklagten zu 2 bis 4 als Gesamtschuldner zur Zahlung von 97.801,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2012 sowie zur Zahlung vorgerichtlicher Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 2.118,44 € zu verurteilen.
- 23
Die Beklagten zu 2 bis 4 beantragen,
- 24
die Berufung zurückzuweisen.
- 25
Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
- 26
Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO abgesehen und stattdessen auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien sowie auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils ergänzend Bezug genommen.
II.
- 27
Die gemäß § 511 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch sonst formell zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß den §§ 517, 519, 520 ZPO eingelegte und begründete Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Ihrer Versicherungsnehmerin stehen nach im Ergebnis zutreffender Auffassung des Landgerichts wegen des Brandschadens vom 08. Dezember 2011 keine Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung gemäß den §§ 823 ff. BGB oder ein nach Enteignungsgrundsätzen ausgerichteter Entschädigungsanspruch in Gestalt eines nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB gegen die Beklagten zu 2 - 4 zu, die auf die Klägerin gemäß § 86 Abs. 1 VVG hätten übergehen können.
- 28
1. Ein vom Landgericht nicht geprüfter Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB scheidet aus, da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Eheleute R. den Beklagten zu 1 hinsichtlich der von ihm auszuführenden Dachreparaturarbeiten nicht sorgfältig ausgewählt hätten. Es ist nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass ihnen die fehlende Meisterprüfung des Beklagten zu 1 vor dessen Beauftragung bekannt gewesen ist. Zudem hatte der Beklagte zu 1 unstreitig eine Gesellenprüfung im Dachdeckerhandwerk erfolgreich abgelegt. Zwar ist nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Handwerksordnung (HwO) der selbständige Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks, wozu auch das Dachdeckerhandwerk gehört, als stehendes Gewerbe nur den in der Handwerksrolle eingetragenen natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften gestattet. In die Handwerksrolle wird wiederum gemäß § 7 Abs. 1 a) HwO eingetragen, wer in dem von ihm zu betreibenden oder in einem mit diesem verwandten zulassungspflichtigen Handwerk die Meisterprüfung bestanden hat. § 7b HwO räumt aber auch Personen mit bestandener Gesellenprüfung und einer sechsjährigen Berufsausübung die Ausübungsberechtigung für ein zulassungspflichtiges Handwerk ein. Nach dieser Regelung wird ein Dachdecker mit bestandener Gesellenprüfung und einer bestimmten Berufsausübungsdauer einem Dachdeckermeister auch in fachlicher Hinsicht gleichgestellt. Ob diese Voraussetzungen bei dem Beklagten zu 1 nicht vorgelegen haben und die Eheleute R. davon Kenntnis gehabt haben, hat die Klägerin selbst nicht behauptet.
- 29
Die Rechtsvorgänger der Beklagten zu 2 - 4 haben erstinstanzlich jedenfalls vorgetragen, dass sie den Beklagten zu 1 unter der Voraussetzung, dass dieser als Dachdecker ein Fachmann sei, mit der Beseitigung der Dachschäden beauftragt hätten. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sie mit der Person des Beklagten zu 1 eine fachlich nicht oder nicht ausreichend ausgebildete und geprüfte Person ohne die erforderliche Zuverlässigkeit oder Sachkunde ausgewählt hätten, und ihnen deswegen ein Auswahlverschulden zur Last gelegt werden könnte. Jedenfalls handelt es sich bei dem Beklagten zu 1 nicht um eine ungelernte Privatperson, welche die Rechtsvorgänger der Beklagten zu 2 - 4 mit der Durchführung der risikobehafteten Dachabdeckungsarbeiten im Heißklebeverfahren beauftragt haben.
- 30
2. Die Beklagten zu 2 - 4 haften auch nicht gemäß § 831 BGB für den eingetretenen Schaden, da der Bauunternehmer bzw. hier der Beklagte zu 1 als Handwerker mangels Weisungsabhängigkeit nicht ihr Verrichtungsgehilfe ist (vgl. Sprau, in: Palandt, BGB, 75. Auflage 2016, § 831 Rdnr. 5 f. m.w.N.).
- 31
3. Der Klägerin steht auch kein auf sie übergegangener verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auf Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe der an ihre Versicherungsnehmerin geleisteten Zeitwertentschädigung zu.
- 32
Die rechtliche Argumentation des Landgerichts, dass die Vorschrift des § 906 BGB ein nicht völlig verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch sei und der Nutzer des störenden Grundstücks bei grober Fahrlässigkeit eines von ihm beauftragten Handwerkers nicht hafte, trifft nur im Ergebnis zu. Im Ansatzpunkt zutreffend ist das Landgericht allerdings davon ausgegangen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB dann in Betracht kommt, wenn von einem Grundstück im Rahmen einer privatwirtschaftlichen Benutzung Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen, sofern der davon betroffene Eigentümer aus besonderen Gründen gehindert war, diese Einwirkungen gemäß § 1004 Abs. 1 BGB rechtzeitig zu unterbinden (z.B. BGH, Urteil vom 11. Juni 1999, Az.: V ZR 377/98, zitiert nach juris). Zu diesen Einwirkungen zählen auch Grobimmissionen wie z. B. übergreifendes Feuer bei einem Gebäudebrand sowie Schäden durch Rauch, Ruß, Brand und Löschwasser (vgl. BGH NJW-RR 2011, 739; BGH, NJW 1995, 714).
- 33
Nach diesen Maßgaben musste die Versicherungsnehmerin der Klägerin als Grundstücksnachbarin die als ortsübliche Benutzung des Grundstücks der Eheleute R. zu wertenden Dachreparaturarbeiten gemäß § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB dulden.
- 34
Die weitere Voraussetzung für einen Anspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB, dass die Eheleute R. als Störer im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB anzusehen sind, ist im Streitfall indes zu verneinen. Die Störereigenschaft folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht allein aus dem Eigentum oder Besitz an dem Grundstück. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr, dass die Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers zurückgeht. Ob dies der Fall ist, kann nur in wertender Betrachtung von Fall zu Fall festgestellt werden, wobei entscheidend ist, ob es jeweils Sachgründe gibt, dem Grundstückseigentümer die Verantwortung für ein Geschehen aufzuerlegen (vgl. BGH, Urteil vom 1. April 2011, Az.: V ZR 193/10, zitiert nach juris). Dies ist wiederum zu bejahen, wenn sich aus der Art der Nutzung des Grundstücks, von dem die Einwirkung ausgeht, eine Sicherungspflicht, mithin eine Pflicht zur Verhinderung möglicher Beeinträchtigungen, ergibt und die konkrete Beeinträchtigung gerade auf die Verletzung dieser Pflicht zurückzuführen ist (BGH a.a.O.).
- 35
Die sich danach stellende Frage, ob einen Grundstückseigentümer bei der Beauftragung eines Handwerkers, an dessen sorgfältiger Auswahl keine Zweifel bestehen, der aber dennoch schuldhaft einen Brandschaden verursacht hat, nach den Wertungskriterien des Nachbarrechts eine Handlungspflicht trifft, er also zurechenbar den störenden Zustand herbeigeführt hat und er deswegen Störer im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB ist, ist im vorliegenden Fall zu verneinen. Die Rechtsvorgänger der Beklagten zu 2 - 4 haben mit der sorgfältigen Auswahl und Beauftragung des Beklagten zu 1 alles ihrerseits Erforderliche getan, um das Risiko eines Brandschadens im Zuge der Dachdeckerarbeiten auszuschließen. Eine darüber hinausgehende Handlungspflicht im Hinblick auf die vom Beklagten zu 1 ausgeführten Abdichtungsarbeiten an ihrem Flachdach bestand nicht, da die Eheleute R. nicht die Pflicht traf, die Dachdeckerarbeiten des als Fachmann tätig werdenden Beklagten zu 1 in irgendeiner Weise zu beaufsichtigen und ihm hinsichtlich der Durchführung der Arbeiten etwa Weisungen zu erteilen, wozu sie im Übrigen im Verhältnis zu dem Beklagten zu 1 auch nicht berechtigt gewesen wären. Dass ihnen insbesondere nicht die Pflicht oblag, dem Beklagten zu 1 die Wahl des von ihm einzusetzenden Klebeverfahrens vorzuschreiben, bedarf keiner näheren Erläuterung.
- 36
Aber auch nach Beendigung der Abdichtungsarbeiten durch den Beklagten zu 1 am Schadentag waren die Eheleute R. nicht verpflichtet zu prüfen, ob sich unterhalb der Dachabdeckung als Folge der Verwendung eines Gasbrenners durch den Beklagten zu 1 etwa ein Glutnest gebildet haben könnte und deswegen die Gefahr eines Brandausbruchs besteht. Eine solche Überprüfung wäre zudem nach den örtlichen Gegebenheiten auch nicht ausführbar gewesen, weil dazu ein Teil der aufgeschweißten Bahnen wieder hätte entfernt werden müssen. Aber auch zu einer regelmäßigen Riechprobe waren die Rechtsvorgänger der Beklagten zu 2 - 4 nicht verpflichtet, zumal es bei Wahrnehmung eines Brandgeruchs zur Verhinderung eines Brandes ohnehin zu spät gewesen wäre.
- 37
Ob nach Auffassung der Beklagten ein nachbarrechtlicher Entschädigungsanspruch in entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB neben der hier fehlenden Störereigenschaft ihrer Rechtsvorgänger auch wegen seines rechtspolitischen Schutzzwecks, dem geschädigten Nachbarn einen Ausgleichsanspruch zuzusprechen, wenn ihm kein Schadensersatzanspruch gegen einen Dritte zur Seite steht oder ein solcher Anspruch wirtschaftlich ohne Substanz ist - hier wegen der Insolvenz des Beklagten zu 1 -, ausscheidet, kann unentschieden bleiben.
III.
- 38
Die Kostenentscheidung zulasten der mit ihrem Rechtsmittel unterliegenden Klägerin folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
- 39
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit dieses und des landgerichtlichen Urteils entspricht den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
- 40
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nicht ersichtlich. Weder hat die allein noch von den Besonderheiten des Einzelfalls geprägte Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, das sich vielmehr bereits grundlegend mit den maßgeblichen Problemen des Falles auseinandergesetzt hat.
- 41
gez. Braun
gez. Scholz
gez. Kühlen
Vorsitzender Richter
am OberlandesgerichtRichter
am OberlandesgerichtRichter
am Oberlandesgericht
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- ZPO § 543 Zulassungsrevision 1x
- BGB § 823 Schadensersatzpflicht 1x
- 350 IK 919/15 1x (nicht zugeordnet)
- 10 O 1082/13 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 519 Berufungsschrift 1x
- BGB § 906 Zuführung unwägbarer Stoffe 11x
- ZPO § 520 Berufungsbegründung 1x
- §§ 823 ff. BGB 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 831 Haftung für den Verrichtungsgehilfen 1x
- ZPO § 540 Inhalt des Berufungsurteils 1x
- BGB § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch 3x
- § 86 Abs. 1 VVG 2x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- V ZR 193/10 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 517 Berufungsfrist 1x
- HwO § 7b 1x
- V ZR 377/98 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- ZPO § 511 Statthaftigkeit der Berufung 1x
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x