Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (12. Zivilsenat) - 12 Wx 40/16

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. wird der Beschluss des Amtsgerichts Oschersleben vom 28. Juli 2016 aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, dem Antrag der Beteiligten zu 1. und 2. auf Eintragung als Miteigentümer je zur Hälfte des im Grundbuch von N. , Blatt 179 eingetragenen Grundstücks zu entsprechen.

Gründe

I.

1

Als Eigentümer des o. g. Grundstücks ist im Grundbuch der inzwischen verstorbene W. Sch. eingetragen. Dieser wurde laut Erbschein des Amtsgerichts Oschersleben vom 3. Dezember 2015 (Gesch.: Nr.: 7a VI 282/15) von der Beteiligten zu 3. alleine beerbt.

2

Am 5. Oktober 2009 schlossen die Beteiligten in Vollzug eines am 2. Juli 2009 vor dem Landgericht Magdeburg (Gesch.: Nr.: MedAR 101/09; 9 O 732/08) geschlossenen Vergleichs einen Grundstücksüberlassungsvertrag mit Auflassung vor dem ersuchten Einzelrichter des Landgerichts in einem gerichtsinternen Mediationsverfahren. Dabei waren laut Protokoll vom 5. Oktober 2009 die Beteiligte zu 3. und ihr Prozessbevollmächtigter Rechtsanwalt K. sowie der Beteiligte zu 2. anwesend, der erklärte, auch seinen Bruder, den Beteiligten zu 1. zu vertreten. Im Termin am 9. Oktober 2009 erschien der Beteiligte zu 1. vor dem ersuchten Einzelrichter und genehmigte das Vergleichsprotokoll, wobei seine Unterschrift vom Richter beglaubigt wurde.

3

Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 7. August 2014 (Gesch.: Nr.: 9 O 732/08) wurde in dem Rechtsstreit zwischen der Beteiligten zu 3. als Klägerin und den Beteiligten zu 1. und 2. als Beklagten festgestellt, dass der Vergleich vom 2. Juli 2009 wirksam ist. Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 8. März 2016 (Geschäfts-Nr.: 11 O 1152/15) wurde die Klage der Beteiligten zu 1. und 2. gegen die Beteiligte zu 3. auf Bewilligung der Eintragung mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wurde hierzu ausgeführt, dass die Kläger ihr Begehren bereits auf der Grundlage des Vergleichs geltend machen könnten und keines weiteren Vollstreckungstitels bedürften. Dies könne vom Grundbuchamt nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass es an einer öffentlichen Urkunde fehle.

4

Mit Schreiben vom 28. Dezember 2015 beantragten die Beteiligten zu 1. und 2. den Vollzug der Eigentumsänderung im Grundbuch von N. Blatt 179, wie sie sich aus dem seinerzeit als Anlage dem Grundbuchamt vorgelegten Vergleich vom 5. Oktober 2009 ergab. Darauf teilte das Amtsgericht Oschersleben - Grundbuchamt - mit Zwischenverfügung vom 6. Juli 2016 den Beteiligten zu 1. und 2. folgendes mit:

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"Entgegen der bisherigen Auffassung des Grundbuchamts sind nach Ansicht des Grundbuchamts die in dem Protokoll vom 5. Oktober 2009 erfolgten Erklärungen nicht in einem wirksamen "gerichtlichen Vergleich" erfolgt, sondern in einem privatschriftlichen Vergleich, auch wenn dies "vor dem Landgericht" geschehen ist. Auch die erteilte Vollstreckungsklausel auf dem Vergleich ändert hieran nichts. Ein Vergleich vor einer Mediationsstelle ist von seinem Wesen her ein sogenannter "privatschriftlicher Vergleich", auch wenn daraufhin aufgrund dieses Vergleichs sich das eigentliche streitige Prozessverfahren durch Erledigungserklärung seitens der streitigen Parteien erledigt. Selbst wenn dieser Rechtsansicht nicht gefolgt werden könnte, ist der Vergleich als solcher (vor dem Landgericht) unwirksam, weil der Beteiligte I. Sch. als nicht postulationsfähige Partei keine wirksamen Prozesshandlungen vornehmen konnte. Die "Vergleichserklärungen" des I. Sch. sind als Prozesshandlung unwirksam.

6

Des Weiteren ist die Genehmigung des F. Sch. vom 9. Oktober 2009 deswegen nicht wirksam, weil sie nicht von einer zur Beurkundung unter Einhaltung der Grenzen der Amtsbefugnis sachlich befugten Personen erfolgt ist. Wirksam wird der eingangs erwähnte Vergleich (wenn unterstellt werden könnte, dass sich um einen gerichtlichen Vergleich handelt, der die Grundbuchformvorschriften erfüllt, nunmehr dadurch, dass a) die Prozessbevollmächtigten der "Beklagten" - also sie selbst - den Vergleich für I. und F. Sch. noch nachträglich genehmigen, wobei ihre Unterschrift notariell beglaubigt werden muss. Letzteres ist wegen § 29 GBO erforderlich.

7

Im Übrigen fehlt die erforderliche Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes.

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Zur Erledigung dieser Beanstandung wird gemäß § 18 GBO eine Frist von sechs Wochen bestimmt."

9

Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beteiligten zu 1. und 2. vom 26. Juli 2016 wurde die geforderte Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes dem Grundbuchamt vorgelegt.

10

Unter dem 28. Juli 2016 hat das Grundbuchamt den Antrag vom 28. Dezember 2015 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass ein Vergleich vor einer Mediationsstelle von seinem Wesen her ein sogenannter "privatschriftlicher Vergleich" sei und als solcher die Voraussetzungen des § 925 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht erfülle. Selbst die Feststellung, dass der Mediationsrichter Güterichter nach § 278 Abs. 5 ZPO sei, ändere hieran nichts, weil dem sogenannten "Güterichter" keine Entscheidungsbefugnis über den anhängigen Rechtsstreit zustehe, dieser somit nicht das Gericht i. S. d. § 925 Abs. 1 Satz 3 BGB sei.

11

Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligten zu 1. und 2. Beschwerde eingelegt und beantragt, ihrem Grundbuchberichtigungsantrag zu entsprechen. Zur Begründung haben sie ausgeführt, dass der Eigentumsübergang durch öffentliche Urkunde im Wege eines vor dem Landgericht Magdeburg geschlossenen Vergleichs nachgewiesen sei, dessen Wirksamkeit im Nachgang nochmals rechtskräftig bestätigt wurde. Zudem habe das Landgericht durch ein weiteres Urteil rechtskräftig festgestellt, dass eine Klage auf Eintragung der Antragsteller als Eigentümer unzulässig sei, weil mit dem geschlossenen Vergleich bereits eine wirksame öffentliche Urkunde in vollstreckbarer Ausfertigung vorliege, die die Eigentumsübertragung der Antragsteller rechtfertige.

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Mit Verfügung vom 14. Oktober 2016 hat das Grundbuchamt der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

13

Die Beschwerde zulässig (§§ 71 ff. GBO) und auch begründet. Denn der beantragten Eintragung steht weder das von dem Grundbuchamt angeführte noch ein sonstiges Hindernis entgegen.

14

Die Beteiligten zu 1. und 2. sind antragsberechtigt (§ 13 GBO), weil die Eintragung als Miteigentümer des Grundstücks je zur Hälfte zu ihren Gunsten erfolgen soll.

15

Bei Auflassung eines Grundstücks hat das Grundbuchamt nach § 20 GBO zu prüfen, ob die erforderliche Einigung der Beteiligten erklärt und in der grundbuchmäßigen Form des § 29 GBO so nachgewiesen wurde, wie sie sachlich-rechtlich erforderlich ist, um die Rechtsänderung herbeizuführen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

16

Nach § 925 Abs. 1 Satz 1 BGB muss die Auflassung bei gleichzeitiger Anwesenheit der Beteiligten vor einer zuständigen Stelle erklärt werden. Zuständig zur Entgegennahme der Auflassung sind die Notare (§ 925 Abs. 1 Satz 2 BGB). Daneben kann die Auflassung aber auch in einem gerichtlichen Vergleich erklärt werden (§ 925 Abs. 1 Satz 3 BGB). Dabei ist weder die Erklärung durch einen Vertreter noch durch einen Nichtberechtigten ausgeschlossen (z. B. Demharter, Rdn. 20 zu § 20 GBO m. w. N.). Mangelnde Vertretungsmacht sowie mangelnde Verfügungsbefugnis bei Auflassung durch einen Nichtberechtigten können durch Genehmigung rückwirkend geheilt werden (§§ 177, 184 Abs. 1, 185 Abs. 2 BGB).

17

Bei der im Mediationsverfahren protokollierten Vereinbarung handelt es sich um einen gerichtlichen Vergleich. Der Mediationsrichter war als ersuchter Richter im Sinne von § 278 Abs. 5 ZPO berechtigt, diesen zu protokollieren (§§ 159 Abs. 2, 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO), der zudem - wie inzwischen rechtskräftig festgestellt wurde - auch wirksam ist. Dabei ist unschädlich, dass die Auflassung nicht schon im Vergleich am 2. Juli 2009, sondern in einem gesonderten Termin am 5. Oktober 2009 erklärt wurde. Denn es genügt, dass die Auflassung - wie hier - Teil einer vor dem Gericht geschlossenen, das Verfahren beendenden Vereinbarung ist und mit dieser sachlich zusammenhängt (z. B. Demharter, Rdn. 16 zu § 20 GBO). Es ist auch nicht erheblich, dass die Beteiligten zu 1. und 2. in dem Termin am 5. Oktober 2009 nicht anwaltlich vertreten waren. Denn im Verfahren vor dem ersuchten Richter nach § 278 Abs. 5 ZPO besteht kein Anwaltszwang (§ 78 Abs. 3 ZPO). Eine etwaige mangelnde Vertretungsmacht des Beteiligten zu 2. für den Beteiligten zu 1. ist spätestens mit dessen Genehmigung am 9. Oktober 2009 geheilt worden.

III.

18

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

19

gez. Trojan             gez. Dr. Fichtner             gez. Krogull


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