Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (5. Zivilsenat) - 5 Wx 2/17
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Stendal vom 14. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
A.
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Der Beteiligte war seit dem 15. Oktober 2001 als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der betroffenen Gesellschaft im Handelsregister verzeichnet.
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Am 13. Oktober 2015 sprach das Amtsgericht Magdeburg ihn u. a. "der nicht rechtzeitigen Antragstellung eines Insolvenzantrages (Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens) entgegen der Pflicht aus § 15 a Abs. 1 InsO" schuldig und verwarnte ihn unter Vorbehalt der Verurteilung zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 45 Euro. Durch Beschluss vom selben Tage wurde die Bewährungszeit auf ein Jahr festgesetzt. Die Entscheidung ist seit dem 21. Oktober 2015 rechtskräftig. Das hiervon in Kenntnis gesetzte Registergericht teilte der betroffenen Gesellschaft durch Verfügung vom 18. November 2015 – allerdings ohne Erwähnung der Verurteilung – mit, daß der Beteiligte die Eignung für das Amt des Geschäftsführers verloren habe und daß deshalb beabsichtigt sei, ihn von Amts wegen im Handelsregister zu löschen. Die betroffene Gesellschaft erhielt die Gelegenheit, binnen zehn Tagen dazu Stellung zu nehmen. Am 12. Januar 2016 bat der Beteiligte das Registergericht um die Erläuterung der Gründe, aus denen er die Eignung für das Amt des Geschäftsführers verloren haben solle.
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Daraufhin löschte das Registergericht den Beteiligten am 3. Februar 2016 als Geschäftsführer und benachrichtigte ihn am folgenden Tage unter Hinweis auf § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 a GmbHG von der Löschung.
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Mit Schriftsatz vom 18. März 2016 widersprach der Beteiligte der Löschung, weil seiner Ansicht nach die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 a GmbHG nicht erfüllt seien und bat um die Löschung dieser Eintragung. Das Registergericht wies das Gesuch am 17. August 2016 zurück. Gegen diese, ihm am 19. August 2016 zugestellte Entscheidung hat der Beteiligte kein Rechtsmittel eingelegt.
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Am 3. November 2016 stellte das Amtsgericht Magdeburg fest, dass es bei der am 13. Oktober 2015 ausgesprochenen Verwarnung sein Bewenden habe, weil die seinerzeit festgesetzte Bewährungszeit abgelaufen sei, ohne dass sich Gründe für die Verurteilung zur der vorbehaltenen Strafe ergeben hätten.
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Der Beteiligte hat daraufhin am 5. Dezember 2016 erneut gebeten, seine Löschung als Geschäftsführer der betroffenen Gesellschaft wieder zu löschen. Am 14. Dezember 2016 hat das Registergericht auch dieses Gesuch zurückgewiesen, weil die Löschung des Beteiligten wegen der Verurteilung vom 13. Oktober 2015 zu Recht erfolgt sei. Am 27. Dezember 2016 hat der Beteiligte dagegen Beschwerde eingelegt.
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Das Registergericht hat es am 17. Januar 2017 abgelehnt, der Beschwerde abzuhelfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
B.
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Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Stendal vom 14. Dezember 2016 ist zulässig (§§ 10 Abs. 2, 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 63 Abs. 1 und 3, 64 Abs. 1 und 2, 374 Nr. 1, 395 Abs. 3, 393 Abs. 3 FamFG), aber unbegründet.
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Das Registergericht hat die Einleitung eines Verfahrens zur Löschung der am 3. Februar 2016 erfolgten Löschung des Beteiligten als Geschäftsführer der betroffenen Gesellschaft zu Recht abgelehnt, weil die Löschung des Beteiligten nicht unzulässig war (§ 395 Abs. 1 FamFG). Sie erfolgte vielmehr zu Recht, weil der Beteiligte mit dem Eintritt der Rechtskraft seiner Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung sein Amt als Geschäftsführer der betroffenen Gesellschaft verlor (§ 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 a GmbHG).
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Soweit in der Person eines zunächst wirksam bestellten Geschäftsführers einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) nachträglich die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 S. 2 GmbHG eintreten, verliert er ohne weiteres seine Geschäftsführerstellung (BGH NJW 1991, 2566). Das Registergericht hat ihn in diesem Falle von Amts wegen aus dem Handelsregister zu löschen (OLG München NZG 2011, 394). § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 a GmbHG in der seit dem 1. November 2008 geltenden Fassung findet gemäß § 3 Abs. 2 EGGmbHG auch auf Geschäftsführer Anwendung, die vor dem 1. November 2008 be- stellt wurden, sofern die Rechtskraft ihrer Verurteilung – wie hier – erst nach dem 31. Oktober 2008 eintrat.
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Als Verurteilung im Sinne des § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3a GmbHG ist nicht nur die Verhängung einer Geld- oder Freiheitsstrafe wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung anzusehen. Es genügt vielmehr, dass der Geschäftsführer wegen einer solchen Tat unter Vorbehalt der Verhängung einer Geldstrafe verwarnt wurde (§ 59 Abs. 1 StGB).
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Zum einen unterfällt dem gesetzlichen Begriff der Verurteilung, wie den §§ 3 Nr. 1 und 4 Nr. 3 BZRG zu entnehmen ist, auch die Verwarnung mit Strafvorbehalt. Zum anderen knüpft § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3a GmbHG den Ausschluss vom Amt des Geschäftsführers einer GmbH ohne Rücksicht auf die verhängte Rechtsfolge allein an die mit dem rechtskräftigen Strafurteil festgestellte bewusste Missachtung der Insolvenzantragspflicht. Dass es auf die Rechtsfolge nicht ankommt, zeigt auch der Vergleich mit § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 e GmbHG, der anders als Nr. 3a der Vorschrift die Verhängung einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr voraussetzt. Bestätigt wird diese Auslegung des §§ 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 a GmbHG durch den Vergleich mit § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO a. F. Nach dieser Vorschrift genügte für die Versagung der Restschuldbefreiung bereits die Verwarnung mit Strafvorbehalt wegen einer der dort aufgeführten Taten (BGH NJW 2012, 1215). Durch Art. 1 des Gesetzes vom 15. Juli 2013 (BGBl. I. S. 2379) wurde § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO mit Wirkung vom 1. Juli 2014 dahingehend geändert, dass er nunmehr eine Mindeststrafe voraussetzt. Damit sollte erreicht werden, dass Verurteilungen wegen verhältnismäßig geringfügiger Taten einer Restschuldbefreiung künftig nicht mehr im Wege stehen (BT- Drucks. 14/17.078). Eine entsprechende Änderung des §§ 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 a GmbHG ist indes nicht erfolgt.
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Wenn auch die Urteilsformel keine ausdrückliche Bezeichnung der Tat des Beteiligten als vorsätzlich enthält (§ 260 Abs. 4 S. 1 StPO) ist dem Urteil vom 13. Oktober 2015 schon durch die mehrfache Nennung des § 15a Abs. 4 InsO als Verurteilungsgrundlage unzweifelhaft zu entnehmen, dass der Beteiligte der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung schuldig gesprochen wurde. § 15 Abs. 5 InsO, der auch die fahrlässige Insolvenzverschleppung unter Strafe stellt (§ 15 StGB) hat in dem Urteil hingegen keine Erwähnung gefunden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
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Referenzen
- BZRG § 4 Verurteilungen 1x
- StGB § 15 Vorsätzliches und fahrlässiges Handeln 1x
- FamFG § 64 Einlegung der Beschwerde 1x
- FamFG § 84 Rechtsmittelkosten 1x
- § 3 Abs. 2 EGGmbHG 1x (nicht zugeordnet)
- FamFG § 2 Örtliche Zuständigkeit 1x
- FamFG § 10 Bevollmächtigte 1x
- InsO § 15 Antragsrecht bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit 1x
- GmbHG § 6 Geschäftsführer 10x
- StPO § 260 Urteil 1x
- BZRG § 3 Inhalt des Registers 1x
- StGB § 59 Voraussetzungen der Verwarnung mit Strafvorbehalt 1x
- FamFG § 59 Beschwerdeberechtigte 1x
- InsO § 290 Versagung der Restschuldbefreiung 2x
- FamFG § 395 Löschung unzulässiger Eintragungen 2x
- FamFG § 374 Registersachen 1x
- FamFG § 3 Verweisung bei Unzuständigkeit 1x
- FamFG § 58 Statthaftigkeit der Beschwerde 1x
- FamFG § 393 Löschung einer Firma 1x
- InsO § 15a Antragspflicht bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit 2x
- FamFG § 63 Beschwerdefrist 1x