Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht (7. Zivilsenat) - 7 U 13/16

Gründe

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Sachverhalt:

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Die Klägerin verlangt restlichen Werklohn für die Erstellung eines Biomethan-Block-Heizkraftwerks (BHKW).

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Am 5. Mai 2010 unterbreitete die Klägerin (ein Fachbetrieb u.a. für Biogasanlagen) der D. & C. GbR ein Angebot (Nr. AK xxxx97) zur Planung eines Biomethan-BHKW (mit Einbindung in den Dampfkreislauf der B-frost GmbH), einer Biogasanlage sowie einer Gewächshausanlage zum Preis von netto 90.000,-- €. Die Gesellschafter der D.& C. GbR sind die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten. Am 28./31. Mai 2010 schloss die Klägerin mit der D. & C. GbR einen Beratervertrag zur Vorbereitung und Planung nur des BHKW mit einer Vergütung von netto pauschal 20.000,-- € sowie zusätzlich bei entsprechender Beauftragung eines Generalunternehmers von 10 % der Nettoauftragssumme.

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Aufgabe des auf dem Grundstück der B-frost W.GmbH in W. zu betreibenden BHKW (Aggretech Typ PG625PG), dessen Aggregatherstellerin die Streithelferin als Rechtnachfolgerin ist, sollte nach den Vorstellungen der Beklagten neben der Stromerzeugung in der Hauptsache die Bereitstellung von Prozesswärme für das Blanchieren von Gemüse im Rahmen entsprechender Produktionsabläufe im Frosterei-Betrieb der Beklagten sein (Leistungsanforderung: 2,5 t/h Erbsen mit einer Mindest-Blanchiertemperatur von 95 °C; Wärmebedarf 390 kW incl. 10 % Reserve). Die entsprechende Leistung sollte ohne eine „Zufeuerung“ durch den bereits auf dem Betrieb vorhandenen Erdgasdampfkessel erzielt werden.

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Mit E-Mail vom 8. Juli 2010 wendete sich die Klägerin an Herrn C. und führte u. a. aus, dass sich die 500 kW-Variante am besten eignen würde. Man hätte – so der Geschäftsführer der Klägerin – dann „an der Anlage noch genug Leistung, um auch die anderen Wärmeverbraucher abdecken zu können“.

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Am 23. Juli 2010 kam es zwischen den Parteien zu einem Vergabegespräch. In diesem wurde u. a. über den am selben Tag geschlossenen Generalunternehmervertrag (im Folgenden: GUV) sowie über die entsprechenden Anlagen des Vertrages gesprochen. Eingeschlossen war u. a. die Wirtschaftlichkeitsberechnung (Anlage 6 des Vertrages). Laut dem von einer Mitarbeiterin der Klägerin angefertigten und unterzeichneten Protokoll sollten die Leistungen und Daten aus der Wirtschaftlichkeitsberechnung „aktuell“ sein. Während der Vertragsverhandlungen wurde die Vergütung für den Generalunternehmervertrag mit pauschal netto 600.000,-- € (inkl. 10% GU Zuschlag aus dem Beratungsvertrag) vereinbart.

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Der noch am selben Tag abgeschlossene GUV sah einen Pauschalpreis ohne Lohn- und Materialgleitung vor und nahm seinerseits Bezug auf das v. g. Verhandlungsprotokoll des Vergabegesprächs. Die als Anlage 6 beigefügte Wirtschaftlichkeitsberechnung sieht unter den BHKW-Daten (Fabrikat: Aggretech AGG0500N) eine elektrische Leistung von 508 kW, einen elektrischen Wirkungsgrad von 39%, einen thermischen Wirkungsgrad von 49,1%, eine thermische Leistung von 639,6 kW und einen erforderlichen Brennstoffeinsatz von 1.302,6 kW vor. Die Wirtschaftlichkeitsberechnung schloss mit einer Rendite vor Steuern von 11,23%. Als Anlage 4 des GUV war ein sog. Fließschema des zu liefernden BHKW (Aggretech Typ P625BG) beigefügt, aus dem für einen Fachmann die thermische Leistung der zu liefernden Anlage mit lediglich insgesamt 540 kW (250 kW Motorwärme Hochtemperaturkreislauf + 290 kW Abgaswärme) ablesbar war. Unstreitig sollte die Anlage ohne Leistungssteigerung durch einen zusätzlichen Ladeluftkreis geliefert werden.

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Die Anlage wurde sodann mit einem Produktdatenblatt von November 2008 ausgeliefert. Dieses Produktdatenblatt des Herstellers sieht eine elektrische Leistung von 500 kW, einen elektrischen Wirkungsgrad von 37%, einen thermischen Wirkungsgrad von 40% und eine thermische Leistung von 540 kW vor. Die Anlage wurde am 10. Dezember 2010 in Betrieb genommen.

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Nachdem sich Leistungsmängel zeigten, kam es im April 2011 zu zwei Besprechungen der Parteien. Am 7. April 2011 schlossen die Parteien eine Nachtragsvereinbarung zum GUV. Hierin übernahm die Klägerin die endgültige Fertigstellung des BHKW bis zum 15. Mai 2011. Am 16. Mai 2011 sollte ein Testlauf erfolgen, ob die zugesicherte thermische Leistung erzielt werde. Der Blancheur sollte ohne den vorhandenen Gaskessel betrieben werden mit einem Referenzwert von 2,5 t Erbsen pro Stunde. Hinsichtlich der noch ausstehenden Vergütung sollten 45.000,-- € erst mit Abschluss der Beratung für die Biogasanlage fällig sein. Ferner übernahm die Klägerin die Verpflichtung, die Auslegung und Planung einer Biogasanlage gemäß Angebot vom 5. Mai 2010 auf eigene Kosten vorzunehmen. Zu Planung und Bau der Biogasanlage durch die Klägerin kam es dann in der Folge allerdings nicht mehr. Vielmehr ließ die Beklagte später sowohl die Gewächshausanlage (2013) als auch die Biogasanlage (2014; elektrische Leistung 549 kW) durch Dritte planen und errichten.

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Bei einer Überprüfung des von der Klägerin errichteten BHKW im September 2011 stellte sich heraus, dass bei der Auslegung der Abgaswärmetauscher ein falsches Motordatenblatt herangezogen worden war. Mit dem eingebauten Aggregat war die angestrebte thermische Leistung nämlich nicht zu erreichen. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 21. Oktober 2011 die aus ihrer Sicht nicht erbrachten Leistungen zusammengestellt hatte, kam es am 25. Oktober 2011 zu einer weiteren Besprechung der Parteien. In diesem Protokoll wurde festgehalten, dass zweifelsfrei feststehe, dass das BHKW in seiner derzeitigen Ausgestaltung und Regelung mangelhaft sei und die vertraglich zugesicherten Eigenschaften nicht erbringen könne. Die Parteien diskutierten in der Besprechung verschiedene Mängelbeseitigungsvarianten.

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Mitte November 2011 kam es zu einem Austausch der Abgaswärmetauscher. Am 30./31. Mai 2012 ließ die Streithelferin einen Testlauf durchführen und ermittelte Werte von 0,377 für den elektrischen Wirkungsgrad (lt. BHKW Steuerung) und 0,42 für den thermischen Wirkungsgrad. Die Summe der Wirkungsgrade (insgesamt 0,79) entsprach damit im Vollbetrieb den im Produktdatenblatt (11/2008) angegebenen Leistungsdaten (elektrischer Wirkungsgrad 0,37; thermischer Wirkungsgrad 0,40; insgesamt 0,77).

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Am 25. Oktober 2012 erteilte die Klägerin die streitgegenständliche Schlussrechnung mit einem Rechnungsvolumen von netto 745.151,43 €. Hierauf hat die Beklagte bereits mindestens 544.750,-- € (nach Vortrag der Beklagten 554.000,--) gezahlt, davon einen Teilbetrag von mindestens 365.000,-- € (nach dem Vortrag der Beklagten 374.250,-- €) als Kaufpreis für die Lieferung des Aggregats direkt an die Streithelferin. Nach Abzug eines von der Klägerin unstreitig gewährten Teilnachlasses von netto 12.177,99 € (vgl. Schlussrechnung) verblieb ein noch offener Rechnungsbetrag von netto 188.223,44 € (= brutto 223.985,89 €.)

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Mit Schreiben vom 26. November 2012 setzte die Beklagte der Klägerin eine Nacherfüllungsfrist bis zum 15. Dezember 2012 und kündigte den Rücktritt vom Vertrag an. Für den Fall, dass die Klägerin nicht bis spätestens 5. Dezember 2012 ihre Bereitschaft zur Nachbesserung bekundete (was unstreitig nicht geschehen ist), erklärte die Beklagte den Rücktritt vom Generalunternehmervertrag. Die Klägerin forderte ihrerseits die Beklagte mit Schreiben vom 5. Dezember 2012 zur Zahlung bis zum 12. Dezember 2012 auf.

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Die Beklagte hat mit Antrag vom 16. Januar 2013 vor dem Landgericht F. ein selbständiges Beweisverfahren angestrengt (Az.: 2 OH xx/13, LG F.). Der bestellte Sachverständige P. erstattete am 28. Januar 2014 sein Gutachten, das er durch eine weitere Stellungnahme vom 3. Februar 2015 ergänzte.

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Die Klägerin hat sich gegenüber der pauschalen Vergütungsabrede im Vergabegespräch auf die Erteilung nachträglicher Zusatzaufträge berufen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schlussrechnung vom 25. Oktober 2012 Bezug genommen (Anlage K8, Titel 6 bis 14). Sie hat behauptet, die Anlage sei mangelfrei hergestellt und könne auch wirtschaftlich betrieben werden. Die Angaben zu den Wirkungsgraden und zur Blanchierleistung seien nicht Vertragsbestandteil geworden, würden ungeachtet dessen aber gleichwohl erreicht. Wenn nicht, läge das lediglich am unzureichenden Wartungszustand der Anlage. Sie habe die Beklagte ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Anlage allein für den Dampf- und Produktionskreislauf beim Blanchieren absolut überdimensioniert sei. Dennoch habe sich die Beklagte für den Bau und die Anbindung entschieden, um Ausbaureserven für die Zukunft zu haben.

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Die Klägerin hat nach teilweiser Rücknahme der Klage in Höhe von 11.900,-- € wegen eines Rechenfehlers (ursprünglich waren entsprechend der Schlussrechnung 235.885,89 € eingeklagt) beantragt, die Beklagte Zur Zahlung von 223.985,09 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen RA-Kosten von 1.353,80 € zu verurteilen.

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Die Beklagte hat sich auf den Pauschalfestpreis in Höhe von netto 600.000,-- € berufen. Zusatzaufträge seien nicht erteilt worden. Die Klägerin habe weder Mehrkosten angezeigt noch Nachtragsangebote vorgelegt. Es seien auch keine außervertraglichen Zusatzleistungen erbracht worden. Die Zahlungsverpflichtung sei bereits erfüllt, weil ein Betrag in Höhe von 45.000,-- € erst nach Abschluss der Beratung für eine Biogasanlage fällig und diese Beratungsleistung noch nicht erbracht worden sei. Zudem sei der Vertragsrücktritt vom 26. November 2012 berechtigt gewesen, da der elektrische Wirkungsgrad nach dem Sachverständigengutachten P. nicht erreicht werde und die Anlage im Ergebnis nicht wirtschaftlich betrieben werden könne.

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Das Landgericht hat die Akten aus dem selbständigen Beweisverfahren beigezogen und eine ergänzende mündliche Anhörung des Sachverständigen durchgeführt.

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Mit dem angefochtenen Urteil vom 17. Dezember 2015 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es könne dahinstehen, ob der Klägerin für Zusatzleistungen überhaupt ein Werklohnanspruch zustehe, da dieser Anspruch jedenfalls durch den berechtigten Rücktritt der Beklagten vom Generalunternehmervertrag untergegangen sei, denn der Werkvertrag sei nunmehr in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden. Die Angaben aus der Wirtschaftlichkeitsberechnung zu den Wirkungsgraden seien Vertragsbestandteil gewesen, ebenso die nachvertraglich zugesicherte Blanchierleistung von 2,5 t Erbsen pro Stunde im Frosterei-Betrieb. Dass die Anlage nicht wirtschaftlich zu betreiben sei, folge aus dem eingeholten Sachverständigengutachten. Dass die Klägerin die Beklagte vor Vertragsschluss auf entsprechende Bedenken hingewiesen habe, sei weder substantiiert vorgetragen noch unter Beweis gestellt worden.

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Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass Angaben zu den Wirkungsgraden und zur Blanchierleistung nicht Vertragsbestandteil geworden seien. Die bloße Erörterung der Anlagen zum Vertrag führe nicht dazu, dass diese rechtlich auch Vertragsbestandteil geworden seien. Dies schon aus dem Grunde, da zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch unklar gewesen sei, wie die durch das BHKW produzierte Wärme komplett abgenommen werden sollte. Denn zusätzlich seien noch eine Biogasanlage und eine Gewächshausanlage geplant gewesen. Zudem könne die Anlage ja gar nicht auf eine Jahresauslastung von 8.322 Stunden kommen, da sie nur zur Erntezeit überhaupt betrieben werde. Zudem folge aus dem SV-Gutachten P. nicht, dass die Wirkungsgrade nicht erreicht würden, denn hierfür müsse auch der Wartungs- und Gesamtzustand der Anlage berücksichtigt werden. Hierzu hätte der Sachverständige weitere Untersuchungen vornehmen müssen, die unterblieben seien. Soweit Nachtragsangebote nicht vorgelegt worden seien, könne hieraus das Bestehen des Anspruchs der Klägerin nicht infrage gestellt werden, denn hierbei handele es sich nicht um eine echte Anspruchsvoraussetzung. Wesentlich sei, dass mit der Rechnung Leistungen abgerechnet worden seien, die nicht bereits von der Pauschale abgegolten seien. Die in den Titeln 6-14 aufgeführten Leistungen aus der Schlussrechnung seien als echte Zusatzleistungen zu qualifizieren. Eine Rendite von 3% (statt errechneter 11,23%) für das errichtete BHKW hätte als lohnendes Investment für die Beklagte ausgereicht, um gleichwohl die Zustimmung zu dem Bau zu erteilen.

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Die Beklagte und ihre mit Schriftsatz vom 3. Februar 2017 im Berufungsrechtszug beigetretene Streithelferin verteidigen das angefochtene Urteil.

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Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen P..

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Aus den Gründen:

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Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Beklagte ist aufgrund der von der Klägerin zu verantwortenden falschen Leistungsdaten des gelieferten und eingebauten BHKW vor Vertragsschluss falsch über die zu erwartende Rendite der BHKW-Investition informiert worden. Ausweislich der Wirtschaftlichkeitsberechnung, die Bestandteil des GUV vom 23. Juli 2010 war (Anlage 6), sollte die Rendite 11,23% betragen. Bei richtiger Beratung wäre jedoch nur eine Rendite von maximal 3,07% bzw. (unter Berücksichtigung eines erforderlichen Zuschlags von ca. 10% zum Brenngasverbrauch in Höhe von ca. 87.000,-- € pro Jahr) auch gar keine positive Rendite aus dem Investment erzielt worden. Die Beklagte ist deshalb zu Recht am 26. November 2012 von dem Generalunternehmervertrag (GUV) zurückgetreten, so dass weitere Zahlungsansprüche nicht mehr bestehen.

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1.) Zahlungsansprüche auf Pauschalfestpreis (600 T€ netto) aus GUV vom 23.7.2010

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Der Senat hat die Parteien im Termin am 21. Februar 2017 darauf hingewiesen, dass der GUV vom 23. Juli 2010 gemäß §§ 133,157 BGB als kombinierter Beratungsvertrag/ Werkvertrag auszulegen ist. Die Parteien haben damit einen gemischten Vertrag als sog. Typenkombinationsvertrag geschlossen (vgl. Jauernig/Stadler, 16. Aufl. 2015, BGB §§ 311 Rn. 28-33). Denn die von der Klägerin geschuldete Gesamtleistung setzt sich hier aus mehreren Hauptleistungen zusammen, die verschiedenen Vertragstypen angehören.

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Eine vertraglich geschuldete Hauptleistung folgt dem Werkvertragsrecht (§§ 631 ff BGB) und besteht in der Herstellung des BHKW. Es handelt es sich dabei nicht um einen Werklieferungsvertrag gemäß § 651 BGB, weil die Beklagte das BHKW (Aggretech, Typ P625BG) direkt bei dem Hersteller (Streithelferin) bestellt und geliefert bekommen hat. Unstreitig ist der Kaufpreis für das Aggregat i. H. v. mindestens netto 365.000,-- € auch direkt an den Hersteller überwiesen worden. Hier schuldete die Klägerin einen über die bloße technische Herstellung der Maschine hinausgehenden Gesamterfolg (nämlich insbesondere deren Einbindung in den bestehenden Blanchierprozess). Diese Leistungen bildeten den Schwerpunkt des Vertrags, so dass insoweit Werkvertragsrecht zur Anwendung kommt (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 2013, 213). Aus dem GUV-Vertrag vom 23. Juli 2010 ist mithin zunächst ein Werklohnanspruch § 631 Abs. 1 BGB in Höhe von netto pauschal 600.000,-- € entstanden. Die Klägerin hat ihre erbrachten Hauptleistungen aus dem GUV (Titel 1-5 der Schlussrechnung v. 25. Oktober 2012) wie folgt abgerechnet:

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 Titel 1-5

 545.517,-- € (netto)

        

 zzgl. 10% GU-Zuschlag

  55.451,70 € (netto)

        

 ./. Nachlass i. H. v. 1,634297%:

  9.968,70 € (netto)

        

 = gesamt:

 600.000,-- € (netto)

 (= brutto 714.000,-- €)

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Darüber hinaus haben die Parteien aber auch einen Beratungsvertrag geschlossen (§ 241 BGB). Denn aufgrund der unstreitig von der Klägerin vorgegebenen Leistungsdaten des BKHW ergibt sich aus der Wirtschaftlichkeitsberechnung (die als Anlage 6 dem GUV beigefügt war) eine Pflicht der Klägerin, die Beklagte fachgerecht über die Investitionen in das „BHKW B.-frost W.“ zu beraten. Für den Kaufvertrag ist anerkannt, dass die Beratung dann zur selbstständigen Hauptpflicht des Verkäufers wird, wenn er im Rahmen eingehender Vertragsverhandlungen und auf Befragen des Käufers einen ausdrücklichen Rat erteilt. Dem steht der Fall gleich, dass der Verkäufer als Ergebnis intensiver Vertragsverhandlung ein Berechnungsbeispiel über Kosten und finanzielle Vorteile des Erwerbs vorlegt, das der Förderung der Vermittlung des Geschäfts dienen soll (vgl. BGH, NJW 2013, 1451, 1453, m. w. N.). Gleiches gilt - wie hier - bei einem Werkvertrag.

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Die Wirtschaftlichkeitsberechnung war als Anlage 6 dem GUV vom 23. Juli 2010 beigefügt. Sie sah unter Berücksichtigung der BHKW Leistungsdaten eine Rendite in Höhe von 11,3% vor. Damit sind auch die Beratungsleistungen der Klägerin aus dem vorherigen Beratungsvertrag mit den Geschäftsführern der Beklagten vom 28./31. Mai 2010 in den GUV vom 23. Juli 2010 eingeflossen. Dafür spricht bereits die Höhe des vereinbarten Entgelts (pauschal 600.000,-- € netto incl. vereinbartes Beratungshonorar von 20 T€ und incl. 10% GU Zuschlag; vgl. Protokoll v. 26.7.2010). Für die vertragliche Verbindlichkeit der Angaben aus der Wirtschaftlichkeitsberechnung spricht ferner, dass der GUV ausdrücklich auf das Verhandlungsprotokoll vom selben Tag und auf die Wirtschaftlichkeitsberechnung Bezug nimmt. Es entspricht auch der Auslegung des Vertrags gem. §§ 133,157 BGB nach dem Empfängerhorizont, dass die Wirtschaftlichkeit einer solchen Investition bei einem Unternehmen in der Größenordnung der Beklagten von entscheidender Bedeutung ist. So hat der Geschäftsführer der Beklagten im Rahmen seiner Anhörung im Termin am 21. Februar 2017 angegeben, dass für sein gewerbliches Unternehmen schon mindestens eine Rendite von 5% erzielt werden müsse, damit sich die Investition lohne.

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Soweit die Klägerin meint, die Wirtschaftlichkeitsberechnung könne schon deshalb nicht Vertragsbestandteil geworden sein, da zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch unklar gewesen sei, wie die durch das BHKW produzierte Wärme komplett abgenommen werden sollte, ist dem nicht zu folgen. Denn dieser Vorbehalt hat in den vertraglichen Vereinbarungen keinen Niederschlag gefunden. Es fehlt an einem klaren Hinweis, dass die Rendite aus der Wirtschaftlichkeitsberechnung - wie von der Klägerin behauptet - nur dann zu erreichen sei, wenn neben der Zurverfügungstellung von Prozesswärme für das Blanchieren noch eine weitere Abnahme der Prozesswärme durch andere Verbraucher (z. B. Biogasanlage oder Gewächshaus) erfolgt. Die bloße Erörterung weiterer möglicher Wärmeabnahmen im Vorfeld des Vertragsschlusses ersetzt nicht den ausdrücklichen Hinweis, dass die Wirtschaftlichkeit der Anlage unter dieser Bedingung stehen sollte. Denn jedenfalls bei Abschluss des GUV am 23. Juli 2010 waren weitere Wärmeabnahmen – unstreitig – weder konkret geplant noch beauftragt.

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Außerdem haben die Parteien in der Nachtragsvereinbarung vom 7. April 2011 ausdrücklich die Bezeichnung „zugesichert“ im Zusammenhang mit der thermischen und elektrischen Leistung verwendet. Diese Zusicherung kann sich nur auf die Leistungsdaten des Aggregats in der Wirtschaftlichkeitsberechnung bezogen haben. Zugleich wird durch die Nachtragsvereinbarung deutlich, dass die Planung weiterer Anlagen (Biogasanlage und Gewächshaus) von den Parteien gerade nicht vorausgesetzt war, um die Renditeleistung gemäß Wirtschaftlichkeitsberechnung zu erzielen. Denn die Erreichung der Parameter wollten die Parteien gemäß Ziffer 2) der Nachtragsvereinbarung bereits am 16. Mai 2011 im Zuge eines Testlaufs prüfen, obwohl die Biogasanlage zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal konkret geplant war (vgl. Ziffer 3) und das Gewächshaus gar nicht erwähnt wurde.

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2. Keine Erhöhung des Pauschalfestpreises durch „echte“ Zusatzaufträge

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Der Klägerin steht aus Rechtsgründen kein Werklohnanspruch aus Zusatzleistungen (Titel 6-15 der Schlussrechnung) in Höhe von netto 132.973,44 € zu.

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Gemäß § 5.2 GUV haben die Parteien einen Pauschalfestpreis in Höhe von 600.000,-- € netto ohne Lohn-und Materialgleitung vereinbart. Gemäß Ziffer 7.1 GUV richtet sich die Anordnung von Leistungsänderungen und deren Vergütung nach den Vorschriften der VOB/B.

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An eine solche Änderung des Pauschalpreises sind strenge Anforderungen zu stellen (Ingenstau/Korbion-Keldungs, VOB, 20. Aufl., § 2 Abs. 7 VOB/B Rn. 39 m.w.N.).

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Eine Änderung der Vergütung nach § 2 Abs. 7 VOB/B kommt hier nicht in Betracht, denn die notwendige Äquivalenzstörung liegt nicht vor. Es muss ein objektiv feststellbares Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestehen, das für einen Vertragspartner unerträglich ist und es durfte für ihn nicht vorhersehbar sein. Die Entscheidung hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Allgemein gültige Prozentsätze für das Vorliegen einer Störung der Geschäftsgrundlage lassen sich nicht festlegen. Denn selbst wenn die Summe der Zusatzaufträge die Schwelle von 20% gerade eben erreicht, ist für die Annahme einer Störung der Geschäftsgrundlage keine starre Beurteilung geboten (vgl. BGH, NJW-RR 1996, 401), sondern eine Risikogrenze unter Beurteilung aller Besonderheiten des Falls festzulegen. Ist der Pauschalpreis als Festpreis vereinbart, wird sich der Auftragnehmer kaum auf eine Störung der Geschäftsgrundlage berufen können, es sei denn, die entsprechende Preisvereinbarung ist vom Auftraggeber ersichtlich zur Voraussetzung für die Auftragserteilung gemacht worden oder der Auftraggeber hat sich von der Verantwortlichkeit für die Richtigkeit seiner Angaben in der Leistungsbeschreibung freigezeichnet (Ingenstau/Korbion-Keldungs, a. a. O., § 2 Abs. 7 VOB/B Rn. 40 m. w. N). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Vielmehr hat die Klägerin versucht, nach der ersten Inbetriebnahme der Anlage am 10. Dezember 2010 die übereinstimmend festgestellte Minderleistung der Anlage mit technischen Nachrüstungen zu beheben. Dazu war sie auch verpflichtet, wie sich aus der Zusicherung gem. Nachtragsvereinbarung vom 7. April 2011 ergibt. Auch die Daten der von der Klägerin geltend gemachten „Zusatzaufträge“ (30. November 2010, 22. März 2011 und 5. Mai 2011), die kurz vor der ersten Inbetriebnahme bzw. danach liegen, sprechen dafür, dass die Arbeiten nur zur besseren Nutzung der BHKW-Abwärme vorgenommen wurden und um damit dem Problem der mangelnden Rentierlichkeit der Anlage entgegenzuwirken. Eine Störung der Äquivalenz liegt mithin nicht vor.

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Es besteht auch kein Anspruch auf eine gesonderte Zusatzvergütung gemäß § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B. Eine Leistungsänderung aufgrund nachträglicher Anordnungen des Auftraggebers ist nicht nachvollziehbar dargelegt. Bei der Einbindung des BHKW in den Blanchierprozess der B-frost GmbH handelt es sich um eine vereinbarte Leistung auf Basis des ursprünglichen Angebots der Klägerin vom 5. Mai 2010 (……Planung Biomethanol BHKW mit Einbindung in den Dampfkreislauf der B-frost GmbH.). Ein Unternehmer, der sich verpflichtet hat, eine vollständige, funktionstüchtige und den Regeln der Technik entsprechende Anlage zu einem Pauschalpreis zu liefern, muss zur schlüssigen Darlegung eines Anspruchs auf Zusatzvergütung im Einzelnen vortragen, dass die von der vertraglichen Leistungsbeschreibung abweichenden Leistungen, deren zusätzliche Vergütung er verlangt, auf einer durch nachträgliche Änderungswünsche des Auftraggebers verursachten Änderung des Leistungsumfangs nicht auf einer zur Herstellung der geschuldeten funktionsfähigen Anlage notwendigen Optimierung oder Fehlerbehebung beruhen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. Juni 1998, Az. 22 U2 118/97, NJW-RR 1999,1466; Ingenstau/Korbion-Keldungs, a. a. O., § 2 Abs. 7 VOB/B Rn. 32 m. w. N). Dies ist vorliegend nicht nachvollziehbar dargelegt. Soweit die Klägerin nach dem entsprechenden Hinweis des Senats die Behauptung von echten Zusatzaufträgen damit erklärt, dass die Anlage erst später in ein noch zu erstellendes Wärmekonzept eingebunden werden sollte, das aber noch nicht vorlag und die Beklagte deshalb nur vorübergehend die Einbindung in den Blanchierbetrieb und nachträglich auch den Anschluss an andere „Verbraucher“ (z.B. Beheizung des Gebäudes, Speisewasservorerwärmung etc.) beauftragt habe, ist dies bestritten. Die Erstellung eines Wärmekonzepts war nicht Voraussetzung für die von der Klägerin zugesicherte Wirtschaftlichkeit der Anlage im Jahr 2010/2011. Echte Zusatzaufträge der Beklagten sind außerdem nicht nachvollziehbar dargelegt. Gem. § 2 Abs. 6 Ziff.1, Satz 2 VOB/B muss der Auftraggeber den Anspruch auf eine besondere Vergütung vor Ausführung der Leistung ankündigen. Außerdem sind gem. § 2 Abs. 6, Ziff.2 VOB/B möglichst vor Beginn der Ausführung die Kosten der Zusatzaufträge zu vereinbaren. Beides ist hier unstreitig nicht geschehen. Vielmehr hat die Klägerin aufgrund ihrer Zusicherung in der Nachtragsvereinbarung vom 7. April 2011 versucht, die thermische Leistung der Anlage durch weitere Nachrüstungen zu optimieren. Die Leistungen gemäß Titel 6-15 der Schlussrechnung dienten mithin - aus Sicht der Beklagten - lediglich der Optimierung und Fehlerbehebung.

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3.) Keine vollständige Erfüllung gem. § 362 BGB durch Zahlungen der Beklagten

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Soweit die Beklagte behauptet, die geltend gemachten restlichen Werklohnansprüche aus dem GUV vom 23. Juli 2010 seien bereits durch die erbrachten Zahlungen erloschen (§ 362 BGB), ist dies - auch unter Berücksichtigung des fehlenden Zahlungsanspruchs für Zusatzleistungen - nur teilweise der Fall.

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Bis zur Rücktrittserklärung der Beklagten am 26. November 2012 war der mit der Schlussrechnung vom 25. Oktober 2012 geltend gemachte Zahlungsanspruch (600.000,--€ netto = 714.000,-- € brutto) im Sinne von §§ 640,641 BGB fällig. Obwohl der ursprüngliche GUV eine förmliche Abnahme der Leistung vorsah, die hier nicht durchgeführt worden ist, ist dies aufgrund der Nachtragsvereinbarung vom 7. April 2011 unbeachtlich. Dadurch haben die Parteien den ursprünglichen Vertrag nämlich insoweit geändert. Die Nachtragsvereinbarung sieht vor, dass ein Teilbetrag in Höhe von 45.000,-- Euro erst mit Abschluss der Beratung für die Biogas-Anlage fällig werden sollte. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Fälligkeit des Zahlungsanspruch im Übrigen eintreten sollte.

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Der Vergütungsanspruch der Klägerin für die erbrachten Hauptleistungen aus dem GUV (Titel 1-5 der Schlussrechnung) in Höhe von brutto 714.000,-- € (= netto 600.000,-- €) ist nur teilweise durch die bereits unstreitig erbrachten Zahlungen der Beklagten in Höhe von 544.750,-- € (davon Teilbetrag i. H. v. mindestens 365.000,-- € direkt an die Streithelferin) erloschen. Selbst wenn man berücksichtigt, dass der Beklagten auf Grundlage der Nachtragsvereinbarung vom 7. April 2011 noch ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe von 45.000,-- € zustand, läge immer noch keine vollständige Erfüllung vor.

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4. Schadensersatzanspruch der Beklagten gemäß § 280 BGB auf Rückabwicklung des Vertrages

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Ist der Gläubiger durch eine falsche Beratung zum Abschluss eines nachteiligen Vertrage bis veranlasst worden, muss der Schuldner den Gläubiger so stellen, als hätte dieser die nachteilige Dispositionen nicht getroffen (BGH NJW 2013, 450). Ist infolge der Pflichtverletzung ein nachteiliger Vertrag über den Erwerb eines Gegenstandes abgeschlossen worden, richtet sich der Anspruch auf Ersatz des aufgewendeten Betrages und etwaiger Folgeschäden Zug um Zug gegen Übertragung des erworbenen Gegenstandes (BGHZ 115, 213, 221). Wer vertragliche Beratungspflichten verletzt hat ist beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten entstanden wäre; es besteht die Vermutung dass sich der Geschädigte aufklärungsrichtig verhalten hätte (BGH NJW 2012, 2427).

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Hier ist die Beklagte zu Recht mit anwaltlichem Schreiben vom 26. November 2012 von dem GUV zurückgetreten. Zwar hat die Beklagte in diesem Schreiben den Rücktritt nur unter Vorbehalt erklärt (unter der aufschiebende Bedingung, dass die Klägerin die Mängelbeseitigung nicht bis 5.12.2012 zusagt), dies ist jedoch unschädlich. Normalerweise ist die Ausübung von Gestaltungsrechten grundsätzlich bedingungsfeindlich, unbedenklich sind jedoch Bedingungen, die den Erklärungsempfänger nicht in eine ungewisse Lage versetzen. Das trifft insbesondere auf Protestativbedingungen zu, deren Erfüllung vom Willen des Erklärungsempfängers abhängt (Palandt-Ellenberger, BGB, 76. Aufl. vor § 158 Rn. 13 m. w. N.). Das ist hier der Fall.

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Die Klägerin hat ihre Beratungspflichten aus dem GUV schuldhaft verletzt, indem sie für die Beklagte auf Grundlage falscher Leistungsdaten eine Rendite prognostizierte, die mit der Anlage tatsächlich nicht zu erzielen war. Die vertraglich angegebene Rendite (11,23%) ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erzielbar gewesen. Der Sachverständige P. hat in seinem Gutachten vom 5. Juni 2017 ausgeführt, dass auf Grundlage der korrigierten Leistungsdaten für das BKHW (gem. Produktdatenblatt 11/2008) - bei Zugrundelegung der günstigst-möglichen Datenkombination – nur eine Rendite von maximal 3,07% erzielbar sei. Hinzu kommt der Umstand, dass sich unter Berücksichtigung des am Standort W. bei der Ortsbesichtigung am 9. August 2013 festgestellten Brennwerts des gelieferten Erdgases (11,309 kWh/qm; Gasbeschaffenheit der S.H. Netz AG) nur ein Heizwert von lediglich 10,20 kWh/qm errechnet. Der in der Wirtschaftlichkeitsberechnung (Anl. 6 des GUV) zugrunde gelegte Heizwert (11,00 kWh) ist damit zu hoch angesetzt. Deshalb wäre - so der Sachverständige P. - noch ein Zuschlag von ca. 10% zum kalkulierten Brenngasverbrauch (entsprechend ca. 87.000,-- € pro Jahr) zu berücksichtigen. Unter diesen Umständen - so der Sachverständige P. - ist die Erzielung einer positiven Rendite durch das von der Klägerin geplante und errichtete BHKW als unmöglich anzusehen. Über die niedrige bzw. fehlende Rendite hätte die Klägerin die Beklagte vor Vertragsschluss aufklären müssen.

47

Die Klägerin hat in ihrer Wirtschaftlichkeitsberechnung (Anlage 6 GUV) fahrlässig falsche Leistungsdaten für das zu liefernde BHKW (Aggretech Typ P625BG) zugrunde gelegt. Es entlastet die Klägerin im Verhältnis zu der Beklagten nicht, wenn sie behauptet, sie habe die (falschen) Leistungskennzahlen von dem damaligen Handelsvertreter der Firma A., dem Zeugen Z., erhalten und sogar die Wirtschaftlichkeitsberechnung von der Herstellerin überprüfen lassen. Denn die Klägerin war als Fachfirma gehalten, sich über die korrekten Leistungsdaten des zu liefernden BKHW selbst kundig zu machen. Soweit sie bei der Beratung Mitte 2010 nicht über das entsprechende Produktdatenblatt verfügte, hätte sie sich eines besorgen müssen oder jedenfalls die Beklagte bei den Verhandlungen auf die Unsicherheit der Daten hinweisen müssen. Die falschen Leistungsdaten waren für einen Fachmann ferner bereits aus dem Fließschema (Anlage 4 des GUV vom 23.7.2010) erkennbar. Aus diesem Fließschema ergibt sich, dass die zu liefernde Anlage lediglich eine thermische Leistung von insgesamt 540 kW hatte und nicht - wie in der Wirtschaftlichkeitsberechnung zugrunde gelegt - von 639,6 kW. Zudem erhielt die Klägerin das entsprechende Produktdatenblatt spätestens mit der Anlieferung der Anlage im September oder Oktober 2010, also zu einem Zeitpunkt vor dem Einbau des BKHW, der erst am 10. Dezember 2010 seinen vorläufigen Abschluss fand. Unstreitig ist ein entsprechender Hinweis der Klägerin auf die im Beratungsvertrag zugrunde gelegten falschen Leistungsdaten und eine entsprechende Korrektur der Renditeberechnungen aber auch zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgt.

48

Es ist auch nicht bewiesen, dass das Ende 2010 gelieferte Aggregat tatsächlich leistungsfähiger war als in dem entsprechenden Produktdatenblatt (11/2008) angegeben (….. wird weiter ausgeführt).

49

Soweit die Klägerin das Messergebnis des Sachverständigen mit der Behauptung eines schlechten Wartungszustandes der Anlage angreift, ist dies nicht nachvollziehbar. (….. wird weiter ausgeführt).

50

Die Beratungspflichtverletzung ist auch kausal für den Abschluss des GUV gewesen. Bei ordnungsgemäßer Beratung hätte die Beklagte den Vertrag nicht geschlossen. Dafür spricht bereits die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Der Geschäftsführer der Beklagten hat im Rahmen seiner persönlichen Anhörung im Termin am 21. Februar 2017 nachvollziehbar dargelegt, dass er die Investition nur bei einer Renditeerwartung in Höhe von mindestens 5% getätigt hätte. Zu diesem Zeitpunkt wusste der Geschäftsführer der Beklagten noch nicht, in welchem rechtlichen Zusammenhang seine Erklärung einmal relevant sein wird. Bei der Beklagten handelt es sich nicht bloß um einen landwirtschaftlichen Betrieb, sondern um ein mittelständisches Unternehmen im Bereich der Gemüseverarbeitung und Vermarktung. Die von der Beklagten angegebene Renditeerwartung ist plausibel und nachvollziehbar. Sie ist keinesfalls überzogen und entspricht den richterlichen Erfahrungen des Senats aus Schadenersatzprozessen, in denen es um den kalkulierten unternehmerischen Gewinn ging. Mit dem von der Klägerin geplanten und eingebauten BHKW war - unter Zugrundelegung eines realistischen Heizwertes für das gelieferte Brenngas - eine positive Rendite nicht zu erzielen. Selbst wenn man - unter Nichtberücksichtigung des konkreten Heizwerts am Standort - eine maximal positive Rendite von 3,07% unterstellt, hätte die Beklagte den Vertrag auch nicht geschlossen. Denn bei jedem Kapitaleinsatz ist aufgrund des damit verbundenen Risikos stets eine gewisse Renditeerwartung im Geschäftsleben verbunden und üblich. Die Angaben des Geschäftsführers der Beklagten hinsichtlich einer zu erwartenden Mindestrendite von 5% sind glaubhaft und plausibel. Bei richtiger Beratung hätte die Beklagte den GUV mithin nicht geschlossen.

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Rechtsfolge des Beratungsverschuldens der Klägerin ist, dass die Beklagte so zu stellen ist, als hätte sie den Vertrag nicht abgeschlossen. Damit bestehen im Ergebnis keine Vergütungsansprüche der Klägerin mehr. Die Beklagte ist zu Recht von dem Vertrag zurückgetreten.

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5. Ein schadensminderndes Mitverschulden der Beklagten (§ 254 Abs. 2 BGB) erkennt der Senat nicht. Zwar ist das BHKW mit dem richtigen Produktdatenblatt (11/2008) im Herbst 2010 direkt an die Beklagte geliefert worden. Für die Beklagte bestand jedoch keine Veranlassung, die Leistungsdaten aus dem Produktdatenblatt mit den von der Klägerin angegebenen Leistungsdaten aus der Wirtschaftlichkeitsberechnung abzugleichen. Vielmehr durfte die Beklagte hier auf die Beratung durch die klägerische Fachfirma vertrauen.


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