Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht (1. Zivilsenat) - 1 U 34/21
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 21.04.2021 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe wird zum Teil als unzulässig verworfen, im Übrigen zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 21.04.2021 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe teilweise abgeändert. Die Klage wird auch abgewiesen, soweit der Kläger die Feststellung des Annahmeverzuges und die Zahlung von 1.324,36 € nebst Zinsen als Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten beantragt hat.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits in der ersten Instanz tragen der Kläger 81 % und die Beklagte 19 %. Von den Kosten der Berufung tragen der Kläger 58 % und die Beklagte 42 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils für die andere Partei vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zur Klärung der Frage zugelassen, ob und ggf. in welcher Höhe einem Käufer eines mit einer unter Täuschung des Kraftfahrt-Bundesamts mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs nach der Verjährung seiner deliktischen Ansprüche ein Anspruch aus § 852 BGB zusteht.
Gründe
I.
- 1
Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz, weil die Motorsteuerung seines PKW manipulierend auf den Stickoxidausstoß einwirkte.
- 2
Der Kläger kaufte am 06.06.2014 einen VW Touran von der X GmbH zu einem Preis von 25.900,00 €. Das Fahrzeug war am 27.03.2014 erstmals zugelassen worden und wies bei der Auslieferung am 19.06.2014 einen Kilometerstand von 10 km auf (Anlage K 1, Bl. 46 d. A.).
- 3
Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten entwickelten und hergestellten Motor EA189 ausgerüstet. Die Motorsteuerung bewirkte bei der Erkennung einer Prüfstandsituation eine erhöhte Abgasrückführung mit der Folge einer geringeren Emission von Stickoxiden, die zur Einhaltung des Grenzwerts führte, während die Abgasrückführungsrate beim normalen Betrieb auf der Straße geringer war.
- 4
Die Beklagte teilte am 22.09.2015 in einer ad-hoc-Mitteilung und einer Presseerklärung mit, dass Millionen Fahrzeuge der Konzernmarken mit einer von dem Kraftfahrt-Bundesamt beanstandeten Software ausgestattet waren. In einer Presserklärung vom 15.10.2015 teilte sie mit, dass die betroffenen Fahrzeuge vom Kraftfahrt-Bundesamt zurückgerufen worden waren. In einer Presseerklärung vom 15.11.2015 stellte sie das zur Entfernung der Abschalteinrichtung entwickelte Update vor. Die Beklagte richtete im Oktober 2015 eine Internetseite ein, auf der Halter durch Eingabe der FIN prüfen konnten, ob ihr Fahrzeug von der Manipulation betroffen war, und machten dies durch Pressemitteilungen bekannt. Die Beklagte unterrichtete noch im Jahr 2015 das Händlernetzwerk über die Manipulation. Über alle diese Umstände wurde umfangreich in allen Medien berichtet. Ab Februar 2016 versandte die Beklagte an die Halter Schreiben, in denen sie darüber informierte, dass ihre Fahrzeuge von der beanstandeten Software betroffen waren.
- 5
Die vom Kraftfahrt-Bundesamt durch Bescheid vom 14.10.2015 angeordnete Änderung der Motorsteuerung ist durchgeführt worden. Mit dem Update wurde ein sog. Thermofenster in die Motorsteuerung integriert. Dieses steuert die Rate der Abgasrückführung abhängig u. a. von der Außentemperatur.
- 6
Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 27.07.2020 (Anlage K 19, AB) auf, Schäden anzuerkennen.
- 7
Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.
- 8
Der Kläger hat behauptet, das Fahrzeug habe aufgrund der Abschalteinrichtung einen Wertverlust von 25 % - 30 % erlitten.
- 9
Die Abgasrückführung funktioniere aufgrund des Thermofensters nur bei Temperaturen zwischen 10 °C und 32 °C bzw. 15 °C und 30 °C und Höhen unter 1.000 m. Die Abschaltung der Abgasrückführung erfolge ungerechtfertigt schnell bei Temperaturen außerhalb des Bereichs, der auf dem Prüfstand vorliege. Die Motorsteuerung erkenne die Prüfsituation aufgrund einer Zykluserkennung, des Lenkwinkels, der Beschleunigung, der Geschwindigkeit und der Temperatur. Die Grenzwerte würden auch nach dem Update nicht eingehalten. Das Update habe ungünstige Folgen für das Fahrzeug, u. a. einen erhöhten Verschleiß des Partikelfilters.
Die Gesamtlaufleistung betrage 500.000 km, mindestens aber 400.000 km.
Aus den Rückrufschreiben sei für die Halter nicht erkennbar gewesen, dass sie als Anspruchsgläubiger infrage gekommen seien.
- 10
Die Beklagte habe durch die Tat den Kaufpreis zzgl. der Nutzungen abzgl. der Händlermarge von üblicherweise 15 % erlangt.
- 11
Der Kläger hat die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 25.900,00 € nebst Zinsen abzgl. einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Übereignung des PKW sowie weiterer 2.025,36 € nebst Zinsen und die Feststellung des Annahmeverzuges begehrt. Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
- 12
Die Beklagte hat behauptet, die Gesamtlaufleistung betrage 200.000 bis 250.000 km.
Der Kläger habe bereits im Jahr 2015 aufgrund der umfangreichen Berichterstattung Kenntnis von der Abschalteinrichtung und allen anspruchsbegründenden Tatsachen gehabt. Spätestens seit 2016 habe er aufgrund des Informationsschreibens Kenntnis gehabt.
- 13
Sie habe durch den Einbau der Abschalteinrichtung eine Ersparnis erlangt, die sich auf ca. 93,00 € belaufe. Der Gewinn je Fahrzeug sei nicht feststellbar, betrage jedoch jedenfalls unter 600,00 €.
- 14
Die Klage ist am 23.11.2020 beim Landgericht eingegangen (Bl. 1 d. A.) und der Beklagten am 09.12.2020 zugestellt worden (Bl. 40 d. A.).
- 15
Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der näheren Einzelheiten gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Beklagte unter Klagabweisung im Übrigen zur Zahlung von 5.002,74 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs verurteilt und den Annahmeverzug festgestellt. Aus den Entscheidungsgründen (Urt. S. 14) ergibt sich, dass es auch den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten von 1.324,36 € zuerkennen wollte.
Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch aus § 826 BGB zu. Die Beklagte habe ihn durch das Inverkehrbringen des Fahrzeugs mit der manipulierten Motorsteuerung sittenwidrig vorsätzlich geschädigt.
Der Anspruch sei verjährt. Die Verjährung habe 2016 begonnen, da in diesem Jahr die betroffenen Autobesitzer informiert worden seien. Sie habe damit mit dem Ablauf des 31.12.2019 geendet.
- 16
Dem Kläger stehe ein Anspruch aus § 852 BGB zu. Die Beklagte habe das Fahrzeug über einen Vertragshändler praktisch als Neufahrzeug veräußern lassen. Aufgrund des wirtschaftlichen Zusammenhangs sei die Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung gegeben. Die Vorschrift sei nicht aufgrund der Möglichkeit, sich der Musterfeststellungsklage anzuschließen, teleologisch zu reduzieren. Durch die Einführung der Musterfeststellungsklage hätten die Rechte der Verbraucher gestärkt werden sollen. Die Beklagte habe nicht den Gewinn, sondern den Erlös erlangt. Dieser werde auf 70 % des Kaufpreises geschätzt. Abzüglich des Nutzungsvorteils verblieben 5.002,74 €.
- 17
Die Beklagte sei mit der Annahme des Fahrzeugs in Verzug geraten, weil sie die Frist im Schreiben vom 27.07.2020 habe verstreichen lassen.
- 18
Dem Kläger stehe aus § 826 BGB ein Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten in der Höhe einer Geschäftsgebühr von 1,3 zu. Die Angelegenheit sei nicht schwierig gewesen.
- 19
Gegen dieses Urteil richtet sich die frist- und formgerecht eingelegte und fristgerecht begründete Berufung des Klägers. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, er könne nach der Differenzhypothese auch den kleinen Schadensersatz geltend machen. Er habe das Fahrzeug zu teuer erworben. Die Wertminderung betrage mindestens 25 %. Das Update ändere nichts daran.
Zu ersetzen sei eine Geschäftsgebühr von 2,0. Es hätten sich besondere Rechtsfragen gestellt.
- 20
Der Kläger beantragt,
- 21
das Urteil des Landgericht Itzehoe vom 21.04.2021 (Az. 4 O 171/20) abzuändern und
die Beklagte zu verurteilen, einen in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Schadensersatz in Höhe von mindestens 25 % des Kaufpreises des Fahrzeugs EUR 25.900,00, mindestens somit EUR 6.475,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten;
- 22
die Beklagte zu verurteilen, die Kosten des außergerichtlichen Vorgehens in Höhe von weiteren EUR 701,00 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten;
- 23
festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der genannten Zug-um-Zug-Leistung im Annahmeverzug befindet;
- 24
den Tenor des angefochtenen Urteils im Wege der Berichtigung wie folgt zu ergänzen:
Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten des außergerichtlichen Vorgehens des Klägers in Höhe von 1,324,36 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.12.2020 zu erstatten.
- 25
Die Beklagte beantragt,
- 26
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
- 27
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, soweit die Klage abgewiesen worden ist.
- 28
Die Beklagte wendet sich mit ihrer frist- und formgerecht eingelegten und begründeten Berufung ihrerseits gegen das Urteil. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, § 852 BGB sei nicht anwendbar, weil kein wirtschaftlicher Schaden vorliege, sondern nur ein normativer.
Die Vorschrift sei teleologisch zu reduzieren. Ihr Sinn sei, den Geschädigten vor ungewissen Prozessrisiken zu schützen. Diese hätten nicht vorgelegen, weil der Kläger sich der Musterfeststellungsklage hätte anschließen können.
- 29
Da der Kläger das Fahrzeug als Gebrauchtwagen gekauft habe, fehle die Kausalität der schädigenden Handlung für den Vermögensvorteil. Sie habe durch den von dem Kläger abgeschlossenen Kaufvertrag nichts erlangt. Das Absatzrisiko sei bereits auf den Voreigentümer übergegangen gewesen.
- 30
Jedenfalls die Höhe des Anspruchs sei falsch ermittelt worden. Vermögensvorteil sei nur der Nettogewinn. Der Gewinn durch den Einsatz der Abschalteinrichtung habe 93,00 € betragen. Der Gewinn je Fahrzeug sei nicht feststellbar, liege jedoch jedenfalls unter 600,00 €. Das Landgericht habe die Grundlage seiner Schätzung nicht angegeben. Abzuziehen sei der Aufwand für die Schadensminderung und -beseitigung im Interesse des Geschädigten, nämlich die anteiligen Kosten für den Rückruf und das Update. Die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB sei anwendbar, §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB stünden dem nicht entgegen.
- 31
Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten könne der Kläger nicht ersetzt verlangen, weil das vorgerichtliche Schreiben nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung gedient habe.
Sie sei nicht in Annahmeverzug geraten, weil der Kläger kein wirksames Angebot gemacht habe. Seine Forderung sei überhöht gewesen.
- 32
Die Beklagte beantragt,
- 33
das am 21.04.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Itzehoe, Az. 4 O 171/20 im Umfang der Beschwer der Beklagten abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.
- 34
Der Kläger beantragt,
- 35
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
- 36
Der Kläger verteidigt das Urteil des Landgerichts, soweit die Beklagte verurteilt worden ist. In seiner Berufungserwiderung vom 10.08.2021 - nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist - führt er aus, sein Anspruch sei nicht verjährt. Die Erhebung der Verjährungseinrede erfolge rechtsmissbräuchlich, weil die Beklagte die Geschädigten durch das Bestreiten sittenwidrigen Verhaltens und das Vorspiegeln einer Schadensbehebung durch das Update von einer Klage abgehalten habe. Verjährung sei nicht eingetreten, weil er keine hinreichende Kenntnis über die anspruchsbegründenden Umstände gehabt habe, etwa auch über die Konsequenzen des Updates und etwaige Folgeschäden. In dem Update seien weitere Abschalteinrichtungen enthalten gewesen.
II.
- 37
Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt in der Sache zum größten Teil erfolglos. Die Berufung des Klägers ist zum größten Teil unzulässig, im Übrigen unbegründet.
- 38
1. Die Berufung der Beklagten bleibt größtenteils erfolglos. Dem Kläger steht gegen sie ein Anspruch aus § 852 BGB zu. Danach kann der Geschädigten nach der Verjährung seines Deliktsanspruchs von dem Schädiger die Herausgabe dessen verlangen, was der Schädiger durch die unerlaubte Handlung auf seine Kosten erlangt hat.
- 39
a) Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch aus § 826 BGB zu, weil sie ihn durch das Inverkehrbringen des Fahrzeugs mit der manipulierten Motorsteuerung sittenwidrig vorsätzlich geschädigt hat. Insoweit wird auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, die von keiner Seite angegriffen werden.
- 40
Ob das Landgericht bei der Ermittlung der Höhe des Anspruchs den Wert der Nutzungen zutreffend bemessen hat, ist mangels eines Berufungsangriffs des Klägers unerheblich.
- 41
b) Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass der Anspruch nach § 214 BGB nicht durchsetzbar ist, weil die Verjährungszeit abgelaufen ist und die Beklagte sich auf Verjährung beruft. Die dreijährige Verjährungsfrist (§ 195 BGB) begann nach § 199 Abs. 1 BGB spätestens mit Ablauf des 31.12.2016 und endete mit Ablauf des 31.12.2019. Die Klage ist erst im Jahr 2020 anhängig gemacht worden.
- 42
aa) Die Verjährung beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB, wenn der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt hat. Für die Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände ist die Tatsachenkenntnis ausreichend. Es ist nicht erforderlich, dass der Gläubiger die Tatsachen rechtlich zutreffend bewertet (BGH, Urteil vom 17.12.2020, VI ZR 739/20, Rn. 9 bei juris; BGH NJW 2008, 1729, 1732, Tz. 26). Es ist nicht notwendig, dass der Gläubiger alle Einzelheiten der Anspruchsvoraussetzungen kennt oder sichere Beweismittel in der Hand hat. Es reicht, wenn er aufgrund der ihm bekannten oder erkennbaren Tatsachen eine hinreichend aussichtsreiche, nicht notwendig risikolose Klage erheben kann (BGH, Urteil vom 17.12.2020, VI ZR 739/20, Rn. 8 bei juris; BGH NJW 2008, 2576, 2578, Tz 27). Bezüglich der Person des Schuldners muss dem Gläubiger der Name und die Anschrift bekannt sein (BGH NJW 2012, 1645, 1646, Rn. 16).
- 43
Bei einer unsicheren, zweifelhaften und von divergierenden Meinungsäußerungen und Entscheidungen geprägten Rechtslage oder, wenn die höchstrichterliche Rechtsprechung dem Anspruch entgegensteht, kann eine Klageerhebung ausnahmsweise unzumutbar sein, sodass der Verjährungsbeginn bis zur Klärung hinausgeschoben ist (BGH NJW 2014, 3713, 3716, Rn. 41, 44 ff.). Unzumutbar ist die Klageerhebung noch nicht, wenn eine höchstrichterliche Rechtsprechung fehlt. Ist die Rechtslage aufgrund der in früherer höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze, die auf die fragliche Fallgestaltung übertragbar sind, erkennbar, verspricht die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg (BGH, Urteil vom 17.12.2020, VI ZR 739/20, Rn. 12 ff. bei juris).
- 44
bb) Der Kläger hatte Kenntnis vom Abgasskandal und der Betroffenheit seines Fahrzeugs. Das Landgericht hat die Kenntnis aufgrund des von der Beklagten im Jahr 2016 versandten Informationsschreibens festgestellt.
- 45
Der Kläger greift das nicht an, auch nicht in seiner Berufungserwiderung. Er hat nicht bestritten, das Schreiben erhalten zu haben. Er hat nur die Ansicht vertreten, der Inhalt des Schreibens sei nicht ausreichend gewesen, um die Haftungsvoraussetzungen zu erkennen. Darauf kommt es indes nicht an, weil die richtige rechtliche Bewertung der Umstände nicht Voraussetzung der Kenntnis i. S. d. § 199 Abs. 1 BGB ist.
- 46
Der Kläger hatte spätestens mit dem Schreiben auch Kenntnis von dem Abgasskandal an sich, denn die Information über die festgestellten „Unregelmäßigkeiten“ bei der Emission von Stickoxiden wäre ohne ihn nicht notwendig gewesen. Im Übrigen ist es bei den von der Beklagten dargelegten Aufklärungsmaßnahmen und der Medienberichterstattung darüber (Klageerwiderung vom 06.01.2021, S. 23 ff., Bl. 76 ff. d. A.) nicht vorstellbar, dass der Kläger keine Kenntnis vom Dieselskandal hatte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 29.07.2021, VI ZR 1118/20, Rn. 19 bei juris). Darüber ist nach allgemeiner Kenntnis über einen längeren Zeitraum und an prominenter Stelle in allen Medien berichtet worden, sodass der in Deutschland lebende Kläger dies zwangsläufig zur Kenntnis nehmen musste, auch wenn er nicht regelmäßig Medien nutzen sollte.
- 47
cc) Die Sittenwidrigkeit des Verhaltens der Beklagten folgt daraus, dass sie aufgrund einer strategischen Entscheidung im eigenen Kosten- und Gewinninteresse durch bewusste und gewollte Täuschung des Kraftfahrt-Bundesamtes langjährig und millionenfach Fahrzeuge in Verkehr gebracht hat, deren Motorsteuerung bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Grenzwerte für die Emission von Stickoxiden mittels einer Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand erreicht wurden, wodurch u. a. die Gefahr einer Betriebsuntersagung bestand (BGH, Urteil vom 25.05.2020, VI ZR 252/19, Rn. 16 bei juris). Die Kenntnisse eines Fahrzeugkäufers, der von dem Abgasskandal Kenntnis hatte, reichten aus, um den Schluss auf die die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände zuzulassen (BGH, Urteil vom 17.12.2020, VI ZR 739/20, Rn. 21 f.).
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Durch die Berichterstattung in den Medien war allgemein bekannt, dass die beanstandete Motorsteuerung zu Unregelmäßigkeiten bei den Schadstoffemissionen führte und sie dem Kraftfahrt-Bundesamt verschwiegen worden war. Da über die Wirkung der Motorsteuerung und ihre Verheimlichung berichtet wurde, war deutlich, dass die Programmierung bewusst erfolgt war. Dass eine Kostenreduzierung und Gewinnsteigerung angestrebt wurde, erschloss sich aus der Vorgehensweise, denn die Programmierung der Abschalteinrichtung mit dem Risiko für die Beklagte bei deren Entdeckung wäre nicht verständlich gewesen, wenn es andere, einfachere Möglichkeiten gegeben hätte, die Grenzwerte einzuhalten.
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Ferner wurde durch den vom Kraftfahrt-Bundesamt im Jahr 2015 eingeordneten Rückruf, über den ebenfalls breit berichtet wurde, deutlich, dass die Zulassung der Fahrzeuge infrage stand, da es sonst nicht erforderlich gewesen wäre, durch das geforderte Update die Übereinstimmung der Fahrzeuge mit der Zulassung herbeizuführen.
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Ohne Bedeutung für die Frage der Verjährung ist, ob sich die Beklagte noch nach Ablauf des Jahres 2015 sittenwidrig verhalten hat. Denn für den Verjährungsbeginn entscheidend ist die Kenntnis des Gläubigers, nicht eine Verhaltensänderung des Schuldners.
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Ebenso ist es für den Verjährungsbeginn ohne Bedeutung, dass die Beklagte die Umstände beschönigte, indem sie etwa von einer „Umschaltlogik“ sprach und darauf verwies, dass die Fahrzeuge gefahrlos betrieben werden konnten. Denn es wurde dennoch, insbesondere im Zusammenhang mit der kritischen Berichterstattung, deutlich, dass ein Fehlverhalten vorlag. Der Verjährungsbeginn hängt nicht davon ab, dass der Schuldner sein Fehlverhalten einräumt.
- 52
Es kommt nicht allein auf die Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten vom 22.09.2015 an. Die Erklärungen der Beklagten gegenüber der Öffentlichkeit und die Berichterstattung in den Medien ging nämlich weit darüber hinaus, sodass es unerheblich ist, ob der Kläger zu der Zielgruppe der Ad-hoc-Mitteilung gehörte.
- 53
dd) Es drängte sich auf, dass die Programmierung der Abschalteinrichtung der Beklagten zuzurechnen war. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Lauf der Verjährungszeit nicht erst beginnt, wenn der Gläubiger sichere Kenntnisse erlangt hat und sichere Beweismittel in Händen hat. Ihm ist es bereits dann zuzumuten, eine Klage zu erheben, wenn ein gewisses Risiko verbleibt.
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Es drängte sich von Anfang an auf, dass die Reichweite der Entscheidung, die Motoren mit der verbotenen Abschalteinrichtung in Verkehr zu bringen, dafür sprach, dass hochrangige Mitarbeiter der Beklagten, ggf. sogar Vorstände, die Programmierung zumindest gekannt und gebilligt hatten. Mit diesem Argument und dem Hinweis auf die sekundäre Darlegungslast der Beklagten hinsichtlich der beteiligten Mitarbeiter (BGH, Urteil vom 25.05.2020, VI ZR 252/19, Rn. 35 ff. bei juris) konnte eine Klage mit hinreichender Erfolgsaussicht erhoben werden und sind Klagen erhoben worden, da damit die Kenntnis von Organen der Beklagten - Vorstandsmitglieder und Personen, denen wesensmäßige Funktionen der Gesellschaft zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen waren - nahe lag. Eine genaue Kenntnis der internen Verantwortlichkeit oder die Benennung von an der Entwicklung der Motorsteuerung beteiligten Personen war nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 17.12.2020, VI ZR 739/20, Rn. 23 bei juris).
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Außerdem hätte eine Klage mit hinreichender Erfolgsaussicht auch auf § 831 Abs. 1 BGB gestützt werden können (BGH, Urteil vom 17.12.2020, VI ZR 739/20, Rn. 25 bei juris; BGH, Urteil vom 25.05.2020, VI ZR 252/19, Rn. 43 bei juris). Denn es stand fest, dass der beanstandete Motor im Betrieb der Beklagten entwickelt worden war, sodass Mitarbeiter der Beklagten beteiligt gewesen sein mussten.
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ee) Da es nicht darauf ankommt, ob der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse gezogen hat, ist unerheblich, ob von Verbrauchern der Schluss gezogen werden kann, dass in dem ungewollten Abschluss eines Vertrages ein Schaden liegt. Im Übrigen drängte sich dieser Schaden für jeden betroffenen Eigentümer auf.
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Der Schaden bestand in dem Abschluss eines nicht gewollten Vertrages, da dieser in Kenntnis der Abschalteinrichtung und der Gefahr der Betriebsuntersagung nicht geschlossen worden wäre (BGH, Urteil vom 25.05.2020, VI ZR 252/19, Rn. 44 ff. bei juris). Das war jedem Eigentümer unmittelbar einsichtig. Nicht umsonst fühlte sich eine erhebliche Anzahl von ihnen durch die Beklagte betrogen.
- 58
ff) Es war nicht wegen einer ungewissen Rechtslage unzumutbar, bereits im Jahr 2016 eine Klage zu erheben. Es gab eine hinreichende Anzahl von Entscheidungen über Deliktsansprüche von Verbrauchern, die auf die vorliegende Konstellation übertragen werden konnten. Es war durch die höchstrichterliche Rechtsprechung, die auf den vorliegenden Fall übertragen werden konnte, hinreichend geklärt, nach welchen Kriterien ein Verhalten als sittenwidrig anzusehen ist und wann den Beklagten eine sekundäre Darlegungslast trifft (BGH, Urteil vom 17.12.2020, VI ZR 739/20, Rn. 27 bei juris).
- 59
Ohne Bedeutung ist, dass es noch keine höchstrichterliche Entscheidung über die Schadensersatzansprüche der Fahrzeugkäufer gab. Denn die Verjährung beginnt nicht erst dann, wenn die Rechtsfragen geklärt sind, sondern bereits, wenn eine nicht vollständig risikolose Klage erhoben werden kann.
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Ohne Bedeutung ist ferner, dass ab 2015 divergierende Auffassungen zu der Haftung der Beklagten in der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur vertreten wurden. Denn angesichts der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits aufgestellten Grundsätze wurde dadurch die Rechtslage nicht in einem Maße unsicher, dass eine Klageerhebung unzumutbar gewesen wäre (BGH, Urteil vom 17.12.2020, VI ZR 739/20, Rn. 28 bei juris).
- 61
gg) Ob in der Motorsteuerung nach dem Update weitere Abschalteinrichtungen enthalten sind, kann offen bleiben. Denn dadurch würde kein Anspruch mit einer abweichenden Verjährung entstehen. Der Kläger verlangt den Ausgleich eines Schadens wegen eines ungewollt abgeschlossenen Vertrages. Der Vertrag kann aber nicht durch ein erst später aufgespieltes Update ungewollt geworden sein.
- 62
hh) Die Erhebung der Verjährungseinrede ist nicht rechtsmissbräuchlich. Sie kann rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Schuldner durch sein Verhalten objektiv, auch unabsichtlich, bewirkt, dass rechtzeitig Maßnahmen zur Hemmung der Verjährung ergriffen werden (BGH, Urteil vom 14.11.2013, IX ZR 215/12, Rn. 15 bei juris). Das ist hier nicht der Fall.
- 63
Es kann dahinstehen, ob die Beklagte den Eindruck erweckt hat, durch das Update würde der Schaden beseitigt. Denn dabei würde es sich um eine rechtliche Fehlbewertung handeln, die sich auf den Eintritt der Verjährung nicht auswirken würde. Tatsächlich blieb der Schaden durch die Belastung mit der ungewollten Verbindlichkeit trotz des Updates bestehen (BGH, Urteil vom 25.05.2020, VI ZR 252/19, Rn. 58 bei juris), unabhängig davon, wie das Update genau ausgestaltet war. Im Übrigen wurden nach Kenntnis des Senats bereits vor Ablauf der Verjährung erhobene Klagen u. a. darauf gestützt, dass das Update negative Folgen für den Motor habe.
- 65
aa) Der Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs hat einen wirtschaftlichen Schaden erlitten (OLG Oldenburg, Urteil vom 22.04.2021, 14 U 225/20, Rn. 46 bei juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 09.03.2021, 10 U 339/20, Rn. 46 f. bei juris). Daran ändert es nichts, dass der Schaden in Form der Belastung mit einem ungewollten Vertrag aufgrund einer normativen Betrachtung ermittelt wird (a. A. OLG Oldenburg, Beschluss vom 05.01.2021, 2 U 168/20, Beilage § 852, AB B). Denn der so ermittelte Schaden macht sich wirtschaftlich in Form der Belastung mit dem gezahlten Kaufpreis bemerkbar. Darin setzt sich der Schaden durch die Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit fort (BGH, Urteil vom 28.09.2021, VI ZR 29/20, Rn. 24 bei juris).
- 66
bb) Der Anspruch ist nicht aus dem Grund ausgeschlossen, dass der Kläger sich nicht an der Musterfeststellungsklage beteiligt hat. Die Vorschrift des § 852 BGB ist nicht dahin teleologisch zu reduzieren, dass sie nicht eingreift, wenn der Geschädigte den Anspruch hat verjähren lassen, obwohl eine Klage ohne besonderes Prozessrisiko möglich gewesen wäre (OLG Oldenburg, Urteil vom 22.04.2021, 14 U 225/20, Rn. 48 f. bei juris; OLG Koblenz, Urteil vom 31.03.2021, 7 U 1602/20, Rn. 47 ff. bei juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 09.03.2021, 10 U 339/20, Rn. 468 ff. bei juris; GA Artz, Anlage BK 1, S. 15 ff., Bl. 447 ff. d. A.; a. A. OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.01.2021, 19 U 170/20, Rn. 17 bei juris; GA Martinek, S. 27 ff., Beilage § 852, AB B).
- 67
Die teleologische Reduktion der Vorschrift wird damit begründet, dass sie nach dem Willen des Gesetzgebers den Geschädigten begünstigen solle, indem sie ihm eine längere Bedenkfrist einräume, ob er den Anspruch gerichtlich durchsetzen wolle. Dieser Begünstigung bedürfe er nicht, wenn er ohne Prozessrisiko gegen den Schädiger vorgehen könne (GA Martinek, S. 28 f.).
- 68
Richtig ist, dass sich die Gesetzesbegründung auf Konstellationen stützt, in denen der Geschädigte eine längere Bedenkfrist, benötigt, etwa weil der Schädiger derzeit vermögenslos oder der Bestand eines Patents unsicher ist (BT-Drucks. 14/6040, S. 270). Indes ist damit nicht abschließend bestimmt, dass die Vorschrift nur in solchen Fällen eingreifen soll. Denn es werden nur Beispiele genannt, in denen sie von Bedeutung sein kann. Dementsprechend ist eine Anspruchsvoraussetzung im Sinne eines vertretbaren Verjährenlassens des Schadensersatzanspruchs nicht in den Wortlaut des § 852 BGB aufgenommen worden (GA Artz, S. 15 f.). Nach dem Wortlaut ist es vielmehr unerheblich, aus welchem Grund es zu der Verjährung gekommen ist, insbesondere ob der Geschädigte die anspruchsbegründenden Tatsachen kannte oder grob fahrlässig nicht kannte, wie er sie rechtlich bewertete und wie er die Risiken einer gerichtlichen Durchsetzung beurteilte.
- 69
Dass insbesondere die Möglichkeit, sich einer Musterfeststellungsklage anzuschließen, einen Anspruch aus § 852 BGB nicht ausschließen soll, ergibt sich daraus, dass diese Vorschrift bei der Einführung des § 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB unverändert gelassen wurde (OLG Koblenz, Urteil vom 31.03.2021, 7 U 1602/20, Rn. 53 bei juris).
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Die Vorschrift des § 852 BGB bezweckt ferner jedenfalls auch die Abschöpfung eines Vermögensvorteils aufgrund eines Delikts beim Schädiger (BGH, Urteil vom 14.02.1978, X ZR 19/76, Rn. 62 bei juris; BGH, Urteil vom 10.06.1965, VII ZR 198/63, Rn. 66 bei juris). Damit wäre es unvereinbar, den Anspruch davon abhängig zu machen, ob der Geschädigte den Schadensersatzanspruch aufgrund vertretbarer Erwägungen hat verjähren lassen. Es ist nicht begründbar, dass der Schädiger über die Beschränkung des Anspruchs auf das Erlangte hinaus weiter begünstigt werden soll, wenn der Geschädigte den Anspruch in vorwerfbarer Weise hat verjähren lassen.
- 71
Im Übrigen ist nicht trennscharf zu definieren, wann das Verhalten des Geschädigten vorwerfbar sein soll. Es müssten in jedem Fall die Kenntnisse des Geschädigten und seine Motive, den Schadensersatzanspruch nicht gerichtlich geltend zu machen, einer Prüfung unterzogen werden. Ein Maßstab dafür findet sich in der Vorschrift des § 852 BGB nicht.
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Im vorliegenden Fall müsste feststehen, dass der Geschädigte die Anspruchsvoraussetzungen kannte, die zutreffenden rechtlichen Schlüsse daraus zog und wusste, dass er durch die Meldung zur Musterfeststellungsklage die Verjährung hemmen konnte. Zu den letzten beiden Punkten trägt die Beklagte nichts vor.
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cc) Die Beklagte hat etwas auf Kosten des Klägers erlangt. Dieses Merkmal erfordert keine unmittelbare Vermögensverschiebung zwischen dem Geschädigten und dem Schädiger. Es ist vielmehr eine wirtschaftliche Betrachtungsweise anzustellen. Es reicht, wenn der Vermögenszuwachs beim Schädiger und die Vermögenseinbuße beim Geschädigten kausal auf die deliktische Handlung zurückzuführen sind (BGH, Urteil vom 14.02.1978, X ZR 19/76, Rn. 62 f. bei juris; BGH, Urteil vom 10.06.1965, VII ZR 198/63, Rn. 66 bei juris; Staudinger/Vieweg, BGB (2015), § 852, Rn. 9; MK-BGB/Wagner, BGB, 8. Aufl., § 852, Rn. 7; Palandt/Sprau, BGB, 80. Aufl., § 852, Rn. 2; GA Martinek, S. 39, 41, 43; GA Artz, S. 31 ff. Bl. 463 ff. d. A.).
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Die Fälle des Vertriebs von Fahrzeugen, die mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet sind, haben die Eigenheit, dass sie in der überwiegenden Anzahl mehraktig sind. Die Beklagte hat zur Erlangung der Typengenehmigung das Kraftfahrt-Bundesamt darüber getäuscht, dass die Fahrzeuge nur aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung die Grenzwerte einhalten. Sie hat die betroffenen Fahrzeuge überwiegend über Händler in Verkehr gebracht. Von diesen erwarben die ebenfalls getäuschten Erstkäufer das Fahrzeug. Der Vermögenszufluss bei der Beklagten trat i. d. R. mit dem Inverkehrbringen ein. Die Schädigung bei dem getäuschten Erwerber trat mit der Eingehung der nicht gewollten Verbindlichkeit ein. Dem folgte der Vermögensabfluss bei der Zahlung des Kaufpreises an den Verkäufer. Beim Kauf eines Gebrauchtwagens erfolgten die Eingehung der ungewollten Verbindlichkeit und der Vermögensabfluss beim Käufer deutlich nach dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs durch die Beklagte.
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Der notwendige Kausalzusammenhang zwischen dem Delikt und dem Vermögensabfluss und -zufluss ist unzweifelhaft bei einer Neuwagenbestellung - auch über einen Händler - gegeben. Der Erwerber geht mit der Bestellung eine ungewollte Verbindlichkeit ein. Die Beklagte bringt das Fahrzeug aufgrund der Bestellung in Verkehr und erhält einen Vermögenszufluss in Form der Kaufpreiszahlung. Der Erwerber erleidet einen Vermögensabfluss, wenn er in Erfüllung der Verbindlichkeit den Kaufpreis zahlt.
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Bei dem Kauf eines Gebrauchtwagens liegt der notwendige Kausalzusammenhang nicht vor (OLG Karlsruhe, Urteil vom 31.03.2021, 13 U 693/20, Rn. 38 bei juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 31.03.2021, 13 U 678/20, Rn. 36 bei juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.02.2021, 22 U 248/20, Rn. 6 ff. bei juris; GA Martinek, S. 65). Die Beklagte hat einen Vermögenszuwachs bereits bei dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs als Neuwagen erzielt. Aufgrund der Mehraktigkeit des Delikts liegt die sittenwidrige Schädigung des Gebrauchtwagenkäufers aber erst darin, dass er in Unkenntnis der unzulässigen Abschalteinrichtung das Fahrzeug erwirbt. Aus diesem Grund haftet die Beklagte auch nicht gegenüber Käufern, die das Fahrzeug erst nach dem Bekanntwerden des Abgasskandals erworben haben (BGH, Urteil vom 30.07.2021, VI ZR 5/20, Rn. 29 ff. bei juris). Durch die Vollendung des Delikts mit dem Abschluss des Kaufvertrages über den Gebrauchtwagen fließt der Beklagten nichts mehr zu.
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Dagegen kann nicht eingewandt werden, dass der Schaden gleichsam in einer Kette von Erwerber zu Erwerber weitergegeben wird (so GA Artz, S. 34 ff., Bl. 466 ff. d. A.). Denn zum einen ändert eine solche Betrachtung nichts daran, dass die Beklagte auch mittelbar aufgrund des Gebrauchtwagenkaufs nichts erwirbt. Der Zufluss des Kaufpreises beim Verkauf als Neuwagen, dem der Abfluss aufseiten des Neuwagenkäufers gegenübersteht, steht in keinem Zusammenhang zu dem späteren Zufluss beim Erstkäufer und Abfluss beim Gebrauchtwagenkäufer. Zum anderen behält der Erst- oder Zwischenerwerber seinen Schadensersatzanspruch auch dann, wenn er das Fahrzeug veräußert (BGH, Urteil vom 20.07.2021, VI ZR 533/20, Rn. 24 ff. bei juris). Der Schaden geht also nicht auf den Erwerber über, sondern verbleibt bei dem Veräußerer. Die Beklagten kann aber die Herausgabe des Erlangten nur einmal schulden, nicht gegenüber jedem Erwerber des Fahrzeugs in einer Kette.
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Das Fahrzeug des Klägers ist von einem Vertragshändler der Beklagten praktisch als Neuwagen an den Kläger veräußert worden. Es ist zwar gut zwei Monate vor dem Kauf erstmals zugelassen worden. Die Veräußerung erfolgte aber mit einem Kilometerstand von 10 km. Eine Nutzung des Fahrzeugs nach der Erstzulassung fand also nicht statt. Diese kann nur den Zweck gehabt haben, den Kaufpreis zu rabattieren. Solche im Absatzinteresse erfolgten Maßnahmen nehmen einem Fahrzeug nicht seine Eigenschaft als Neufahrzeug (BGH, Urteil vom 12.01.2005, VII ZR 109/04, Rn. 13 bei juris).
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Solche Fälle sind bei der Feststellung, ob etwas erlangt worden ist, wie ein Neuwagenverkauf zu behandeln (so für Vorführwagen GA Martinek, S. 69). Erhält die Beklagte den Kaufpreis erst nach der Weiterveräußerung an einen Kunden, ist ohnehin kein Unterschied vorhanden.
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Geht man davon aus, dass die Beklagte von dem Händler den Kaufpreis bereits bei der Auslieferung an ihn erhält, so fehlt es zwar streng genommen an einer Kausalität durch die spätere Veräußerung an den Erwerber. Indes ist eine strenge Kausalität nicht erforderlich, um eine mittelbare Vermögensverschiebung zu Lasten des Erwerbers festzustellen. Maßgebend ist, ob der Erwerb des Schädigers im Verhältnis zum Geschädigten unrechtmäßig ist und ob die dadurch entstandene Vermögensvermehrung auf dessen Kosten geht (BGH, Urteil vom 10.06.1965, VII ZR 198/63, Rn. 66 bei juris; Staudinger/Vieweg, BGB (2015), § 852, Rn. 9). Dieser Zusammenhang ist gegeben, denn mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs zum Zweck der Rabattierung des Kaufpreises ist die Erwartung der Beklagten und des Händlers verbunden, dass es alsbald neuwertig an einen Erwerber veräußert werden wird. Nur dadurch rechtfertigt sich die Zahlung des Kaufpreises durch den Händler an die Beklagte. Gleichzeitig ist das Vermögen von Interessenten bereits abstrakt gefährdet. Es steht fest, dass sie einen Schaden erleiden, sobald sie, wie von der Beklagten beabsichtigt, den Kaufvertrag schließen und den Kaufpreis zahlen. Dieser Schaden wird durch das Inverkehrbringen des Fahrzeugs verursacht. Durch den Zweck des Inverkehrbringens, dass das Fahrzeug alsbald weiterveräußert wird, sind die jeweiligen Kaufpreiszahlungen wirtschaftlich eng verbunden. Das rechtfertigt die Annahme, dass der Vermögenszuwachs auf Seiten der Beklagten im Verhältnis zum Geschädigten unrechtmäßig ist und auf dessen Kosten geht.
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dd) Die Beklagte hat den Kaufpreis abzüglich der Händlermarge erlangt, nicht nur den Nettogewinn für das Fahrzeug oder nur den Nettogewinn aufgrund des Einsatzes der unzulässigen Abschalteinrichtung (OLG Oldenburg, Urteil vom 22.04.2021, 14 U 225/20, Rn. 51 ff. bei juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 09.03.2021, 10 U 339/20, Rn. 61 ff. bei juris; GA Artz, S. 19 f., Bl. 451 f. d. A.; a. A. OLG Stuttgart, Urteil vom 10.03.2021, 9 U 902/21, S. 14 f., Beilage § 852, AB B, GA Martinek, S. 60 f.). Dagegen lässt sich nicht einwenden, dass es im Rahmen des § 852 BGB allein um die Gewinnabschöpfung gehe (so GA Martinek, S. 60 f.) oder die Kosten der Herstellung des Fahrzeugs bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung abzuziehen seien (so OLG Stuttgart, Urteil vom 10.03.2021, 9 U 902/21, S. 14 f., Beilage § 852, AB B).
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Dass bei Patentverletzungen der Schaden des Patentinhabers u. a. anhand des vom Verletzer erzielten Gewinns berechnet werden kann (BGH NJW 1962, 1507) und sich nach der Verjährung des Schadensersatzanspruches der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns in dem Anspruch aus § 852 BGB fortsetzen kann (BGH, Urteil vom 26.03.2019, X ZR 109/16, Rn. 15 ff.), ist nicht verallgemeinerungsfähig, sondern beruht auf den Besonderheiten des Patentrechts (OLG Stuttgart, Urteil vom 09.03.2021, 10 U 339/20, Rn. 73 f. bei juris). Die Besonderheit besteht darin, dass der Eingriff in das Recht bereits im Gebrauch des Patents liegt. Der dadurch erlangte Vorteil kann nicht herausgegeben werden, sodass der Schädiger Wertersatz in Form einer Lizenzgebühr schuldet (BGH, Urteil vom 26.03.2019, X ZR 109/16, Rn. 16). Der Verletzte kann aber nach den Regeln des Patentrechts auch den Gewinn abschöpfen, der dem Schädiger nicht verbleiben soll (BGH, Urteil vom 26.03.2019, X ZR 109/16, Rn. 20). Dieses Ziel setzt sich in dem Anspruch aus § 852 BGB fort.
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Bei dem Inverkehrbringen eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs ist eine andere wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten. Der Schadensersatzanspruch aus § 826 bezweckt nicht die Abschöpfung von Gewinn der Beklagten, sondern die Kompensation des Schadens des Erwerbers in der Form der Zahlung des Kaufpreises. Die Beklagte hat unter der Aufwendung von Kosten einen Wert geschaffen, der sich in dem Fahrzeug verkörpert und sich in dem Kaufpreis ausdrückt. Sie erhält für die Hergabe des Fahrzeuges den vom Händler gezahlten Kaufpreis, nicht nur einen Gewinnanteil.
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Die Rechtsfolgen des Anspruchs aus § 852 BGB richten sich nach § 818 ff. BGB. Danach ist es unerheblich, welche Kosten die Beklagte für die Herstellung des Fahrzeugs hatte. Zur Ermittlung der Höhe von Bereicherungsansprüchen wird der Aufwand des Schuldners zur Erlangung des Vermögensvorteils ebenfalls nicht betrachtet, um das Erlangte zu ermitteln. Ein Ausgleich findet bei wechselseitigen Bereicherungsansprüchen dadurch statt, dass die jeweiligen Leistungen rückabzuwickeln und bei Gleichartigkeit zu saldieren sind. Damit korrespondiert, dass der geschädigte Fahrzeugkäufer im Wege der Vorteilsausgleichung auch bei der Geltendmachung des Anspruchs aus § 852 BGB das Fahrzeug an die Beklagte übereignen und herausgeben muss, weil sein Anspruch durch den ursprünglichen Schadensersatzanspruch begrenzt wird. Eine doppelte Begünstigung der Beklagten durch die Anrechnung der Kosten der Herstellung des Fahrzeugs und durch dessen Rückerwerb wäre nicht gerechtfertigt.
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ee) Das Landgericht hat die Höhe des Erlangten nicht fehlerhaft zu Lasten der Beklagten geschätzt. Es hat die Händlermarge mit 30 % angenommen. Das liegt noch über der von dem Beklagten angenommenen Marge von 15 %, der die Beklagte nicht entgegengetreten ist. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist eine Marge von 30 % eher als hoch anzusehen.
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ff) Die Beklagte kann sich nicht auf eine Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB wegen der anteiligen Kosten des Rückrufs und der Entwicklung des Updates berufen. Es kann offenbleiben, ob diese Vorschrift auch bei Bösgläubigkeit des Schuldners anwendbar ist (so GA Martinek, S. 46 ff.), wogegen allerdings Wortlaut und Zweck der § 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB sprechen dürften. Denn die Beklage hat keine Aufwendungen zu Gunsten des Klägers getätigt.
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Die Kosten des Rückrufes und der Entwicklung des Updates standen mit dem Erlangten nicht in Zusammenhang. Sie kamen dem Kläger auch nicht zugute. Denn der Schaden durch die Belastung mit der ungewollten Verbindlichkeit wurde durch das Update nicht beseitigt (BGH, Urteil vom 25.05.2020, VI ZR 252/19, Rn. 58 bei juris). Zudem hat die Beklagte die Aufwendungen nicht im Interesse der Geschädigten getätigt, sondern im Eigeninteresse, um den Auflagen des Kraftfahrt-Bundesamts nachzukommen.
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gg) Mangels eines Berufungsangriffs des Klägers ist unerheblich, ob das Landgericht die Höhe des Zahlbetrages falsch ermittelt hat, indem es den Wert der Nutzung von dem Erlangten abgezogen hat.
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2. Wegen der weiteren Entscheidungen des Landgerichts ist die Berufung der Beklagten erfolgreich.
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a) Die Beklagte ist mit der Annahme des Fahrzeugs nicht in Verzug geraten, weil der Kläger kein geeignetes Angebot gemacht hat.
- 91
Die angebotene Gegenleistung darf nicht von der Zahlung eines Betrages abhängig gemacht werden, der nicht nur unerheblich höher als der geschuldete Betrag ist (BGH, Urteil vom 29.06.2021, VI ZR 130/20, Rn. 16 bei juris). Der Kläger hat jedoch, soweit er die Gegenleistung überhaupt angeboten hat, eine überhöhte Forderung geltend gemacht. Sein Schreiben vom 27.07.2021 (Anlage K 19, AB K) enthielt ein Angebot auf Übereignung und Übergabe des Fahrzeugs noch nicht. Soweit er im Klageantrag die Gegenleistung angeboten und den Abzug eines in das Ermessen des Gerichts gestellten Gebrauchsvorteils berücksichtigt hat, war seine Forderung überhöht, weil er eine zu hohe Gesamtlaufleistung von 500.000 km, mindestens 400.000 km, und eine Berechnung auf der Grundlage eines um einen Wertverlust verminderten Kaufpreises für richtig hält.
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Ob die Beklagte die Erfüllung - und damit die Annahme des Fahrzeugs - verweigert hat, ist unerheblich. Denn auch in dem Fall, in dem der Gläubiger die Annahme der Leistung verweigert, ist nach § 295 BGB zumindest ein wörtliches Angebot der Leistung erforderlich.
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b) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Das Landgericht wollte ihm den Anspruch nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe zusprechen, auch wenn das aus dem Tenor nicht hervorgeht.
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Die vorgerichtliche Tätigkeit der Klägervertreter war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht geeignet. Das Schreiben vom 27.07.2021 (Anlage K 19, AB K) enthielt nur die Forderung nach Anerkennung nicht näher genannter Schadensersatzansprüche. Der Kläger durfte nicht erwarten, dass die Beklagte darauf einging, abgesehen davon, dass bekannt war, dass sie auf außergerichtliche Schreiben nicht reagierte. Zweckgerichtet wäre nach der Verjährung des Schadensersatzanspruchs allein die Geltendmachung des Anspruchs aus § 852 BGB gewesen.
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Da kein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten besteht, kommt auch eine Berichtigung des Urteils nicht in Betracht.
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3. Die Berufung des Klägers ist überwiegend unzulässig, im Übrigen unbegründet.
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a) Die Berufung ist hinsichtlich der Hauptforderung mangels formgerechter Berufungsbegründung unzulässig.
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Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Zur Darlegung der Rechtsverletzung gehört die aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche Gründe er ihnen entgegensetzt. Erforderlich und ausreichend ist die Mitteilung der Umstände, die aus der Sicht des Berufungsklägers den Bestand des angefochtenen Urteils gefährden; die Vorschrift stellt keine besonderen formalen Anforderungen hierfür auf (BGH, Beschluss vom 27.10.2020, VI ZB 81/19, Rn. 7 bei juris). Werden mehre Ansprüche oder ein teilbarer Anspruch geltend gemacht, muss sich die Berufungsbegründung auf alle Ansprüche bzw. Teile des Anspruchs beziehen (BGH, Beschluss vom 29.11.2017, XII ZB 414/17, Rn. 9 bei juris; BGH, Urteil vom 23.06.2015, II ZR 166/14, Rn. 11 bei juris).
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Hinsichtlich der Hauptforderung sind die tragenden Gründe der Entscheidung des Landgerichts, dass der Anspruch aus § 826 BGB verjährt ist, der Gebrauchtvorteil so zu ermitteln ist, dass die verschiedenen Phasen der Nutzung zu gewichten sind, und bei der Ermittlung der Höhe des Anspruchs aus § 852 BGB der Gebrauchsvorteil von dem Erlangten abzuziehen ist. Gegen diese Gründe wendet sich die Berufungsbegründung nicht. Sie will vielmehr die Hauptforderung nunmehr auf die Grundlage eines Wertverlusts stellen. Es muss nicht geklärt werden, welche Anforderungen an eine Berufungsbegründung zu stellen sind, die sich auf eine Änderung des Klageantrags stützt. Jedenfalls hätte der Kläger auch für die Geltendmachung des kleinen Schadensersatzes nach § 826 BGB die Feststellung des Landgerichts, dass der Anspruch verjährt ist, angreifen müssen. Er hätte seinen Antrag sonst auf § 852 BGB stützen müssen.
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Der Annahme der Verjährung tritt der Kläger erst in der Berufungserwiderung vom 10.08.2021 entgegen. Das erfolgte nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist, die mit Zustellung des Urteils am 26.04.2021 (Bl. 240 d. A.) begann und so nach § 520 Abs. 2 S. 1 ZPO am 28.06.2021 (Montag) endete.
- 101
Gegen die Begründung des Urteils wendet sich der Kläger in seiner Berufungsbegründung nur, indem er die ausgeurteilte Höhe des Ersatzes der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten angreift. Dieser Teil des Schadensersatzanspruchs ist jedoch von dem Anspruch in der Hauptsache abtrennbar.
- 102
b) Hinsichtlich der Nebenforderung ist die Berufung unbegründet. Dem Kläger steht, wie oben dargelegt, kein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu.
- 103
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.
- 104
Die Zulassung der Revision erfolgt, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). Es ist ungeklärt, unter welchen Voraussetzungen geschädigten Erwerbern eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs ein Anspruch aus § 852 BGB zustehen kann. Dazu gibt es widersprüchliche Entscheidungen. Der Senat will, wie dargelegt, mit seiner Entscheidung von den Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte abweichen.
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