Urteil vom Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken - 4 U 534/09 - 162

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 30. September 2009 – 9 O 144/08 – wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Zwangsvollstreckung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 243.266 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin den beklagten Steuerberater wegen behaupteter fehlerhafter Beratung auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Klägerin betrieb bis ins Jahr 2002 als Einzelunternehmerin unter der Firma Omnibusbetrieb U. J. ein Reisebusunternehmen. Seit dem Jahr 1999 stellte die Klägerin mit ihrem Rechtsberater, dem Rechtsanwalt M., Überlegungen an, den Geschäftsbetrieb auf eine GmbH zu verlagern. Hintergrund dieser Überlegungen war die von Rechtsanwalt M. geäußerte Befürchtung, dass ein die Versicherungssumme übersteigender Unfall eines der Busse zur Insolvenz der Klägerin führen könne. Die Überlegungen wurden ab Juni 2001 nach und nach umgesetzt. Rechtsanwalt M. arbeitete den zur Gründung der GmbH erforderlichen Vertrag aus und begleitete sämtliche weiteren Schritte gegenüber dem Notariat. Er stellte seine Dienste für die Ausarbeitung des Gesellschaftsvertrags und die GmbH-Gründungsurkunde am 11.6.2002 in Rechnung (GA I Bl. 26).

Am 28.9.2001 fand ein Gespräch statt, an dem neben Rechtsanwalt M. auch der Beklagte teilnahm. Inhalt und Gegenstand des Gesprächs stehen im Streit.

Die Gründung der J. Busgesellschaft mbH (im Folgenden: GmbH) mit der Klägerin als Alleingesellschafterin erfolgte am 7.12.2001, die Eintragung ins Handelsregister wurde am 4.6.2002 vollzogen. Der Beklagte erstellte die Eröffnungsbilanz der GmbH und fakturierte seine Dienste gegenüber der GmbH am 31.5.2002 (GA I Bl. 28).

Im Laufe des Jahres 2002 wurden wesentliche Teile des Anlagevermögens von der Einzelfirma der Klägerin auf die GmbH übertragen. Dies führte für das Jahr 2002 bilanziell zu einem Ertrag der Klägerin in Höhe von 500.173 EUR. In einem von der ... Steuerberatungs GmbH angefertigten Jahresabschluss des J. Omnibusbetriebs zum 31.12.2002 (Jahresabschluss vom 16.4.2004; GA I Bl. 36 ff.) wurde ein solcher Ertrag nicht ausgewiesen. Gemäß der auf dieser Grundlage von der Steuerberatungsgesellschaft gefertigten Steuererklärung der Klägerin ergaben sich negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmerin in Höhe von 8.296 EUR, weshalb das zuständige Finanzamt D. III mit Bescheid vom 8.10.2004 die Einkommensteuer der Klägerin für das Jahr 2002 mit null Euro festsetzte.

Infolge einer vom Finanzamt vom 20.11.2006 bis 25.4.2007 durchgeführten Betriebsprüfung legte die ... Steuerberatungsgesellschaft eine berichtigte Bilanz für das Jahr 2002 vor, welche einen Veräußerungsgewinn von 500.175,44 EUR auswies. Für die Erstellung dieser berichtigten Bilanz und für die Berichtigung der Umsatzsteuerjahreserklärungen der Jahre 2002 bis 2004 berechnete die Steuerberatungsgesellschaft ein Honorar von insgesamt 3.836,58 EUR. Mit Bescheid des Finanzamts D. III vom 21.1.2008 (GA I Bl. 107 ff.) wurden gegen die Klägerin für das Jahr 2002 nachzuzahlende Einkommensteuer in Höhe von 73.830,86 EUR, Zinsen zur Einkommensteuer in Höhe von 30.813 EUR und Solidaritätszuschlag in Höhe von 7.533,90 EUR festgesetzt. Diesem Bescheid wurden Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb des Einzelunternehmens in Höhe von -84.027 EUR und ein zu versteuernder Veräußerungsgewinn in Höhe von 500.173 EUR zu Grunde gelegt, so dass sich Einkünfte in Höhe von insgesamt 416.146 EUR ergaben.

Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte sei zu dem Gespräch am 28.9.2001 von Rechtsanwalt M. hinzugezogen worden, weil der Beklagte die Übertragung des Unternehmens in die GmbH steuerrechtlich betreuen und die Steuerberatung der Klägerin und der GmbH habe übernehmen sollen. Nach der Gründung der GmbH habe die steuerliche Beratung auf die von Rechtsanwalt M. und dem Beklagten noch zu gründende Gesellschaft ... GmbH übertragen werden sollen. Bis zu der nach damaliger (Fehl-)Einschätzung kurz bevorstehenden Gründung dieser GmbH habe das Büro des Beklagten in S. die steuerliche Beratung übernehmen sollen.

Der Beklagte habe den Rat des Rechtsanwalts M. für sinnvoll gehalten und habe der Klägerin gesagt, sie solle eine GmbH mit einem Mindestkapital von 25.000 EUR gründen. Daraus und aus der Übertragung des Geschäftsbetriebs in die GmbH würden sich keine steuerlichen Nachteile ergeben. Die Übertragung des Anlagevermögens auf die GmbH sei nach den Vorgaben des Beklagten erfolgt, der dazu geraten habe, das Anlagevermögen auf die GmbH zu übertragen.

Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte habe sie fehlerhaft beraten: So hat sie in der Anspruchsbegründung vom 9.6.2008 vorgetragen, sie hätte bei Hinweis auf die steuerlichen Folgen niemals die tatsächlich ausgeführte Konstruktion, sondern entweder eine steuerneutrale Gestaltung gewählt oder alles beim Alten belassen. Mit Schriftsatz vom 7.10.2008 hat die Klägerin dargelegt, dass die Steuerlast vermieden worden wäre, wenn sie ihr Anlagevermögen über eine Sachgründung in eine GmbH übertragen hätte. Dazu wäre das Betriebsvermögen von einem Gutachter zu bewerten gewesen, um auf dieser Grundlage die Sachgründung mit entsprechendem Stammkapital zu vollziehen. Sie hätte im Gegenzug Geschäftsanteile an der GmbH erhalten. Steuerlich hätte diese Vorgehensweise keine Auswirkungen gehabt und wirtschaftlich aus Sicht der Klägerin lediglich zu einem Wechsel des Steuersubjekts geführt. Diesen steuerneutralen Weg einer Sachgründung hätte die Klägerin gewählt, und zwar entweder gleich von Anfang an oder mithilfe einer neuen GmbH, wenn der Beklagte im Jahr 2001 darauf hingewiesen hätte, dass bei der beabsichtigten GmbH eine Sachgründung vorgenommen werden müsse. Hätte der Beklagte spätestens bis Januar 2002 darauf hingewiesen, dass die Ende 2001 gegründete GmbH unbrauchbar sei, so hätte die Klägerin diese GmbH liquidiert oder verkauft und ihr Betriebsvermögen über eine Sachgründung in eine neue GmbH eingebracht.

Die Klägerin hat vorgetragen, aufgrund des pflichtwidrigen Verhaltens sehe sie sich einer Verbindlichkeit in Höhe von 175.326,90 EUR gegenüber, obwohl sie keinen Liquiditätszufluss aus der GmbH erhalten habe. Darüber hinaus seien ihr für die Berichtigung der Bilanz Kosten in Höhe von 3.836,58 EUR entstanden, deren Erstattung die Klägerin begehrt.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen,

a. an die Klägerin 3.836,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

b. die Klägerin von der mit Bescheid des Finanzamts D. III vom 21.1.2008 festgesetzten Forderung in Höhe von 167.793,75 EUR freizustellen;

c. die Klägerin vom Anspruch des Finanzamts D. III auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 0,5 v.H. je Monat aus 136.980 EUR seit dem 24.1.2008 sowie aus 7.533,90 EUR seit dem 1.4.2004 freizustellen;

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen Schaden zu ersetzen, der ihr aus der fehlerhaften Beratung durch den Beklagten im Zuge der Übertragung ihres Anlagevermögens aus ihrem Busbetrieb U. J. auf die J. Busgesellschaft GmbH im Jahr 2002 entstanden ist.

Der Beklagte ist dem entgegengetreten. Der Beklagte hat behauptet, die steuerliche Beratung der Klägerin erst in der Mitte des Jahres 2002 übernommen zu haben. Er vertritt die Auffassung, das von der Klägerin beanstandete Verhalten sei für die geltend gemachten Schäden nicht kausal geworden. Die korrekte Berechnung der Erträge aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens stelle keinen ersatzfähigen Vermögensschaden dar.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfang weiter.

Die Klägerin vertieft zunächst ihren Vortrag, dass der Beklagte nicht lediglich die Rolle eines begleitenden Steuerberaters besessen habe, sondern dass der Beklagte die steuerliche Seite der Umwandlung habe betreuen sollen. Der Beklagte sei als Spezialist für die steuerrechtlichen Fragen beauftragt worden, weshalb ihn nach den getroffenen Vereinbarungen die Verantwortung dafür treffe, dass die Umwandlung zwar mit den haftungsrechtlichen Vorteilen, aber ohne etwaige steuerliche Nachteile erfolgen würde.

Die Pflicht des Beklagten habe seit seiner erstmaligen Einbeziehung am 28.9.2001 darin bestanden, die steuerlichen Folgen der von Rechtsanwalt M. ins Auge gefassten Bargründung zu übersehen. Der Beklagte habe keinerlei Bedenken gegen die beabsichtigte Bargründung geäußert, sondern im Gegenteil auf ausdrückliches Befragen der Klägerin sogar bestätigt, dass sich aus der Übertragung des Betriebes in die GmbH und der gewählten Gestaltung keine steuerlichen Nachteile ergeben würden.

Als Ergebnis der Umwandlungsberatung des Beklagten sei dann eine Verbindlichkeit der Klägerin gegenüber dem Finanzamt in Höhe von zunächst 136.980 EUR zuzüglich Säumniszuschläge entstanden. Diese Steuerschuld wäre nicht entstanden, wenn der Beklagte die Klägerin darauf aufmerksam gemacht hätte, dass die von Rechtsanwalt M. aus haftungsrechtlichen Gründen ins Auge gefasste Bargründung mitsamt der rechtsgeschäftlichen Übertragung des Anlagevermögens der Einzelfirma dazu führen würde, dass eine entsprechende Steuerlast entstehe. Diese Konstruktion hätte die Klägerin nicht verwirklicht, weil sie nicht das geringste Interesse daran besessen habe, sich sehenden Auges in den wirtschaftlichen Ruin zu begeben. Keine einzige der von ihm verantworteten Erklärungen habe die Steuerschuld ausgewiesen, die das Finanzamt später festgesetzt habe. Bei pflichtgemäßer Beratung hätte der Beklagte die Klägerin darüber informieren müssen, dass durch die Aufdeckung der stillen Reserven ein Veräußerungsgewinn zu versteuern sei, der sich nur steuerlich auswirke, ohne dass mit der Verbindlichkeit ein Zufluss an Liquidität korrespondiere.

Sodann habe das Landgericht die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast betreffend die gewählten Handlungsoptionen für den Fall einer vollständigen und richtigen Beratung verkannt. Es könne nicht in Zweifel stehen, dass die Klägerin bei richtiger Beratung durch den Beklagten jedenfalls nicht den tatsächlich eingeschlagenen Weg gewählt hätte. Denn dieser Weg habe geradewegs in den wirtschaftlichen Ruin der Klägerin geführt. Angesichts der objektiv nicht zu verantwortenden Folgen für die Klägerin sei davon auszugehen, dass weder die Klägerin noch der Beklagte einen nachvollziehbaren Grund gehabt hätten, um eine Bargründung, die eine rechtsgeschäftliche Einbringung der Sachwerte erfordert habe, vorzunehmen. Dies sei allein deshalb geschehen, weil weder die Klägerin noch der Beklagte die Folgen der Bargründung überblickt hätten. Es sei davon auszugehen, dass sich die Klägerin bei sachgerechter Beratung entsprechend verhalten und darauf verzichtet hätte, das Anlagevermögen ihres Betriebes rechtsgeschäftlich auf eine mit Barmitteln gegründete GmbH zu übertragen.

Erst in zweiter Linie stelle sich die Frage, ob und was die Klägerin stattdessen getan hätte, um ihr haftungsrechtliches Ziel zu erreichen. Hier begebe sich die Klägerin letztlich in den Bereich der Spekulation. Sie habe in ihrem Prozessvortrag Handlungsoptionen in den Raum gestellt, die alle die Eigenschaft besessen hätten, dass die Klägerin heute nicht zahlungsunfähig wäre. Ansonsten könne sie nicht mehr tun, als aufzuzeigen, dass sie entweder eine steuerneutrale Konstruktion gewählt oder alles so gelassen hätte, wie es gewesen sei. Bei beiden Varianten wäre sie nicht mit der sie nun der treffenden Verbindlichkeit belastet. Ein Verzicht auf die Bargründung hätte ihre Insolvenz vermieden (GA II Bl. 305), während die vorgetragenen Handlungsoptionen jeweils die Eigenschaft besessen hätten, dass die herbeigeführten Folgen vermieden worden wären. Es bestehe – und dies sei für die rechtliche Beurteilung maßgeblich – kein Zweifel daran, dass es Handlungsoptionen gegeben habe, die den nunmehr eingetretenen Schaden vermieden hätten. Es dürfe der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen, dass es mehrere Möglichkeiten gegeben habe, um das nunmehr eingetretene Fiasko zu vermeiden.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 30. September 2009 – 9 O 144/08 – den Beklagten zu verurteilen,

1. an die Klägerin 3.836,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Klägerin von der mit Bescheid des Finanzamts D. III vom 21.1.2008 festgesetzten Forderung in Höhe von 167.793,75 EUR freizustellen;

3. die Klägerin vom Anspruch des Finanzamts D. III auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 0,5 v.H. pro Monat aus 136.980 EUR seit dem 24.1.2008 sowie aus 7.533,90 EUR seit dem 1.4.2004 freizustellen;

4. die Klägerin vom Anspruch des Finanzamts D. III auf Zahlung von Säumniszuschlägen in Höhe von einem Prozent pro Monat aus 178.215,90 EUR seit dem 25. Februar 2008 freizustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung. Der Beklagten sei von Rechtsanwalt M. lediglich im Herbst des Jahres 2001 hinzugezogen worden. In diesem Gespräch sei es nicht um steuerliche Auswirkungen hinsichtlich der Klägerin gegangen. Es seien lediglich formale Erfordernisse im Zusammenhang mit der beabsichtigten Gründung einer GmbH „in groben Zügen“ angesprochen worden, wobei sich dem Beklagten aus dem einzigen Gespräch die gesamte Problematik schwerlich erschlossen habe. Der Beklagte habe nicht den Auftrag besessen, der Klägerin Gestaltungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Dazu seien die Detailkenntnisse vom Umfang des Vermögens der Einzelfirma erforderlich gewesen, die der Beklagte nicht besessen habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 21.12.2009 (GA II Bl. 300 ff.), der Berufungserwiderung vom 1.3.2010 (GA II Bl. 318 ff.) sowie auf die Schriftsätze der Klägervertreter vom 1.10.2010 und der Beklagtenvertreter vom 6.10.2010 verwiesen. Der Senat hat aufgrund Beweisbeschlusses vom 21.9.2010 (GA II Bl. 332) durch Vernehmung der Zeugen Jo. M., S. H. und R. J. Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses Beweisaufnahme und der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll (GA II Bl. 330 ff.) Bezug genommen.

II.

A.

Die Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg, da die angefochtene Entscheidung im Ergebnis weder auf einem Rechtsfehler beruht, noch die gem. § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 ZPO).

1. Klageantrag zu 1)

Mit dem Klageantrag zu 1) erstrebt die Klägerin im Wege des Schadensersatzes Kostenerstattung für die Erstellung der berichtigten Bilanz des Jahres 2002.

a) Es kann dahinstehen, ob die Klägerin die Klage hinsichtlich dieses Klageantrags mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 6.10.2010 zurückgenommen hat. Die Formulierung, es sei richtig, dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Verfolgung der Bilanzierungskosten nicht vorlägen, weshalb die „Beklagte“ (richtig: wohl die Klägerin) den diesbezüglichen Antrag nicht länger verfolge, legt in der Zusammenschau mit der an gleicher Stelle erfolgten Neuformulierung der Berufungsanträge, die den bisherigen Klageantrag zu 1) nicht mehr enthält, einen auf Klagerücknahme gerichteten Erklärungswillen nahe. Da die Klagerücknahme gem. § 269 Abs. 1 ZPO ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung zurückgenommen werden kann, liegen die Voraussetzungen für eine wirksame Klagerücknahme nicht vor. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung mit dem Ziel, dem Beklagten Gelegenheit zu einer Einwilligung zu geben, war nicht angezeigt, da der Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 1) in der Sache kein Erfolg beschieden ist.

b) Eine mögliche Haftung des Beklagten ist auf der Grundlage des reformierten Rechts zu beurteilen, da die Beauftragung zur Errichtung der Bilanz des Jahres 2002 nach dem Klägervortrag nach dem 1.1.2002 (Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB) erfolgt sein muss. Ein vertraglicher Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB steht der Klägerin nicht zu, da der Beklagte nach der unstreitigen Darstellung nicht mit der Erstellung des das Einzelunternehmen betreffenden Jahresabschlusses für das Jahr 2002 mandatiert wurde. Vielmehr wurde der Auftrag zur Erstellung dieser Bilanz der Steuerberatungsgesellschaft erteilt, die auch den Fehler zu vertreten hat. Der Umstand, dass der Beklagte zum fraglichen Zeitpunkt Geschäftsführer dieser Steuerberatungsgesellschaft gewesen sein mochte und er in eigener Person Veranlassung gegeben haben mag, dass in der Bilanz eine Offenlegung des Vermögensabgangs bei der Einzelfirma zunächst nicht erfolgte (GA I Bl. 152), reicht nicht aus, um eine persönliche Haftung des Beklagten zu begründen.

c) Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, die Klägerin könne nach den Rechtsgrundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte vertragliche Schadensersatzansprüche liquidieren, weil der Beklagte seine vertraglichen Pflichten gegenüber der GmbH verletzt habe, überzeugen die Argumente der Klägerin nicht: Um die Haftung des Schuldners nicht unverhältnismäßig auszudehnen, sind an die Einbeziehung von Dritten in die Schutzwirkungen eines Vertrages strenge Anforderungen zu stellen. Die Anerkennung von Drittschutz scheidet regelmäßig aus, wenn der Dritte nicht schutzbedürftig ist. Die Schutzbedürftigkeit fehlt im Regelfall, wenn der Dritte wegen des Sachverhalts, aus dem er einen Anspruch herleitet, einen inhaltsgleichen Schadensersatzanspruch gegen einen anderen hat (BGHZ 133, 168, 173; 129, 136, 169; 70, 327, 330). Diese Einschränkung beansprucht im vorliegenden Fall Geltung: Der Klägerin steht wegen des fehlerhaften Jahresabschlusses für das Jahr 2002 ein gleichwertiger vertraglicher Schadensersatzanspruch gegen die mandatierte Steuerberatungsgesellschaft zu.

Dessen ungeachtet scheitert der Drittschutz auch an der fehlenden Leistungsnähe der Klägerin (zum Kriterium der Leistungsnähe vgl. nur P/W/W/Medicus, BGB, 5. Aufl., vor § 328 Rdnr. 5 ff.; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 328 Rdnr. 16 f.): Die GmbH war für das „Wohl und Wehe“ (vgl. BGHZ 51, 91, 96) ihrer Geschäftsführerin nicht mitverantwortlich, weshalb die Klägerin in die Leistungsnähe des zwischen der GmbH und dem Beklagten abgeschlossenen Vertrages, der die Erstellung der Eröffnungsbilanz zum Gegenstand hatte, nicht einbezogen war.

2. Klageantrag zu 2) – 3):

Mit den Klageanträgen zu 2) und 3) begehrt die Klägerin Freistellung von der Steuerlast, die ihr durch den bestandskräftig gewordenen Steuerbescheid des Finanzamts D. vom 21.1.2008 auferlegt wurde. Die Berufung bleibt ohne Erfolg, da die Klägerin den ihr obliegenden Beweis dafür, dass der Beklagte mit der steuerlichen Prüfung der GmbH-Gründung beauftragt wurde (a) oder auf Nachfrage der Klägerin erklärte, dass der Klägerin aus der Übertragung des Geschäftsbetriebs keine steuerlichen Nachteile drohten (b), nicht erbracht hat. Soweit der Beklagte nach der Behauptung der Klägerin im Laufe des Jahres 2002 an der Umsetzung der GmbH-Gründung mitgewirkt habe und dafür gesorgt habe, dass die Busse in die bar gegründete GmbH übertragen worden seien, kann die Richtigkeit des Klägervortrags dahinstehen: Ein Schadensersatzanspruch scheidet aus, weil der Kläger nicht verpflichtet war, die bereits abgeschlossenen Gesellschaftsverträge auf ihre steuerlichen Auswirkungen hin zu überprüfen (c).

a) Die Klägerin stützt ihren Anspruch zunächst auf die Behauptung, der Beklagte sei ausdrücklich mit der steuerlichen Prüfung der GmbH-Gründung beauftragt worden.

aa) Die Haftung des Beklagten beurteilt sich gem. Art. 229 § 5 EGBGB nach vorreformiertem Recht, da das steuerliche Mandat vor dem 1.1.2002 erteilt worden sein soll; auch die behauptete Fehlberatung soll schon im Jahr 2001 erfolgt sein. Auf der Grundlage des vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes geltenden Rechts könnte der streitgegenständliche Anspruch seine Rechtsgrundlage im Rechtsinstitut der positiven Vertragsverletzung finden, da die Klägerin eine Schlechterfüllung des steuerlichen Mandats behauptet.

bb) Soweit das Landgericht bereits die Schlüssigkeit des Klägervortrags zum Vorliegen einer Pflichtverletzung des Beklagten verneinen will, vermögen die Argumente des Landgerichts nicht zu überzeugen:

aaa) Das Landgericht hat den Sachvortrag zunächst dahingehend ausgelegt, dass der Beklagte nur „begleitender“ Berater gewesen sei, den nicht die Pflicht getroffen habe, den als Spezialisten eingeschalteten Rechtsanwalt zu überwachen. Vielmehr hätte der Beklagte in seiner Funktion als begleitender Steuerberater die Klägerin nur vor solchen Fehlleistungen des Rechtsanwalts warnen müssen, wenn er diese erkannt hätte oder hätte erkennen müssen und zugleich hätte annehmen müssen, dass der Mandant die Gefahr möglicherweise nicht erkenne.

bbb) Dieser Auffassung begegnen durchgreifende Bedenken:

aaaa) Zwar ist das Landgericht von zutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen: So ist es in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass der allgemeine Steuerberater, der damit beauftragt wurde, einen vom Mandanten beauftragten Spezialisten in Steuersachen im Sinne einer Mit- oder Nebenprüfung zu begleiten, nicht überwachen muss. In einem solchen Fall hat der begleitende Steuerberater den Mandanten vor Fehlleistungen des Spezialisten nur zu warnen, wenn er diese zumindest erkennen muss und zugleich annehmen muss, dass der Mandant die Gefahr möglicherweise nicht erkennt (BGH, Urt. v. 19.7.2000 – IX ZR 246/00, NJW 2001, 3477). Das gleiche gilt dann, wenn der Mandant gegenüber dem allgemeinen Steuerberater den Eindruck erweckt, dass der Mandant in einer spezifischen steuerrechtlichen Frage durch einen Spezialisten anderweitig steuerlich beraten werde (BGH, Urt. v. 21.7.2005 – IX ZR 6/02, MDR 2005,1379).

bbbb) Allerdings liegen die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung dieser Rechtsgrundsätze nach dem Klägervortrag nicht vor: Es ist nicht ersichtlich, dass der mit der Ausarbeitung der Verträge beauftragte Rechtsanwalt über Spezialkenntnisse auf dem Gebiet des Steuerrechts verfügte (in den beiden zit. Entscheidungen des Bundesgerichtshofs waren die Spezialisten jeweils Fachanwälte für Steuerrecht). Erst Recht hat die Klägerin nicht vorgetragen, dass der Rechtsanwalt mit der steuerlichen Beratung beauftragt worden sei. Nach dem Vortrag der Klägerin sei vielmehr der Beklagte der Spezialist für die steuerlichen Fragen gewesen. Die Belehrung über steuerliche Fragen sei nicht Aufgabe des Rechtsberaters, sondern des Beklagten gewesen.

Es findet sich im klägerischen Sachvortrag weder ein belastbarer Hinweis für eine gegenständliche Beschränkung des dem Beklagten erteilten steuerlichen Mandats, noch erlaubt der Sachvortrag den Schluss, dass der Beklagte lediglich mit der ergänzenden steuerlichen Begleitprüfung eines bereits anderweitig mandatierten Fachmanns betraut war.

cccc) Demnach muss sich das Pflichtenprogramm an den Rechtsgrundsätzen für eine umfassende Mandatierung eines Steuerberaters orientieren: Der Steuerberater hat den Mandanten im Rahmen seines Mandates umfassend zu beraten und ungefragt über alle bedeutsamen steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten. Er muss seinen Auftraggeber vor Schaden bewahren und ihm den nach den Umständen relativ sichersten und ungefährlichen Weg zu dem erstrebten steuerlichen Ziel aufzeigen (BGHZ 129, 386, 396; BGH, Urt. v. 19.3.2009 – IX ZR 214/07, NJW 2009, 2949; NJW 2001, 3478).

cc) Auch das Entstehen des Schadens ist entgegen der Auffassung des Landgericht nicht zweifelhaft: Aus dem Klägervortrag ergibt sich mit Klarheit, dass die Klägerin den Schadensersatzanspruch aus dem Entstehen der berechtigten Steuerlast herleitet (etwa GA I Bl. 148), die mit Bescheid vom 22.1.2008 (GA I Bl. 107) festgesetzt wurde. Diese Belastung führte zur Minderung des klägerischen Vermögens, da die Steuerlast nicht mit einem Liquiditätszufluss verbunden war. Folglich ist nach der Differenztheorie i. S. des § 249 BGB ein Schaden eingetreten.

dd) Auch soweit das Landgericht die Kausalität der Falschberatung für den entstandenen Schaden in Zweifel zieht, vermag sich der Senat den Argumenten des Landgerichts nicht anzuschließen:

aaa) Die Kausalität einer etwaigen Falschberatung für den geltend gemachten Schaden wäre zum einen dann zu verneinen, wenn sich die Klägerin selbst bei richtiger Beratung über die zu erwartende Steuerlast für die Umsetzung des von Rechtsanwalt M. ausgearbeiteten Konzepts entschieden hätte. Indessen gibt es keinen Anhaltspunkt, der es wahrscheinlich erscheinen ließe, dass die Klägerin zur Vermeidung haftungsrechtlicher Risiken gewissermaßen „um jeden Preis“ bereit gewesen wäre, steuerliche Nachteile in Kauf zu nehmen: Obwohl die Klägerin nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für die Kausalität der fehlerhaften Beratung trägt, verbietet sich auch unter Berücksichtigung des strengen Beweismaßes (§ 286 ZPO) die Annahme, dass sich die Klägerin willentlich einer Steuerschuld ausgesetzt hätte, die ihre finanzielle Leistungsfähigkeit überstiegen hätte. Eine solche Handlungsalternative liegt fern.

bbb) Zum andern wäre die behauptete Falschberatung für den Schadenseintritt dann nicht kausal geworden, wenn sich die Klägerin im Fall der richtigen Beratung für eine andere rechtliche Konstruktion (Übertragung des Anlagevermögens über eine Sachgründung in eine GmbH) entschieden hätte, die ebenfalls nicht steuerneutral hätte realisiert werden können.

Auch ein solches Alternativverhalten der Klägerin liegt fern: Der Sachvortrag der Klägerin ist nicht dahingehend zu würdigen, dass die Klägerin in jedem Falle den in der Beschwerdeschrift aufgezeigten Weg beschritten hätte. Vielmehr hat die Klägerin mit Klarheit und Überzeugung dargelegt, dass sie ihr Handeln zuvörderst danach ausgerichtet hätte, eine ruinöse Steuerschuld zu vermeiden. Sie hätte in Erfüllung dieses Zieles entweder eine steuerneutrale Konstruktion gewählt oder „alles beim Alten gelassen“ hätte. Mithin zeigt die Klägerin mit der von ihr skizzierten Umwandlungslösung nicht eine von ihr zum fraglichen Zeitpunkt konkret ins Auge gefasste Handlungsalternative auf, die dem Zweck diente, den Geschäftsbetrieb unter allen Umständen in eine GmbH umzuwandeln. Stattessen wollte die Klägerin mit ihren Ausführungen lediglich belegen, dass eine steuerneutrale Konstruktion durchaus möglich gewesen wäre.

Sowohl der Beklagte als auch das Landgericht ziehen die Steuerneutralität dieser Konstruktion in Zweifel. Die Richtigkeit der steuerlichen Beurteilung kann dahinstehen: Es ist zu unterstellen, dass die Klägerin zutreffend über die steuerlichen Auswirkungen der Umwandlungslösung beraten worden wäre. Hätte diese Beratung das vom Landgericht dargestellte Ergebnis bestätigt, so hätte die Klägerin auch von der Umsetzung dieser alternativen Gestaltung Abstand genommen und zur Wahrung ihres eigenen Interesses vernünftigerweise „alles beim Alten belassen“.

ee) Im Ergebnis besitzen die Erwägungen zur Kausalität einer etwaigen Fehlberatung für den Ausgang des Rechtsstreits keine Relevanz. Denn die Klägerin hat auf der tatsächlichen Ebene den ihr obliegenden Beweis dafür, dass der Beklagte als Steuerberater explizit damit beauftragt wurde, die steuerlichen Konsequenzen einer Verlagerung des Geschäftsbetriebes in eine GmbH zu prüfen (so der Sachvortrag auf GA I Bl. 145 ff.), nicht erbracht. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vom 21.9.2010 steht eine dahingehende Beauftragung des Beklagten nicht zur Überzeugung des Senats fest:

aaa) So hat der Zeuge M. ausgesagt, dass der Beklagte an dem Gespräch im Jahr 2001 deshalb teilgenommen habe, weil der Beklagte künftig die steuerliche Beratung der erst zu gründenden GmbH und der von der Klägerin geführten Einzelfirma habe übernehmen sollen. Bei Licht besehen diente die Teilnahme des Beklagten an dem vom Zeugen M. organisierten Termin der Kundenakquisition. Ob anlässlich des vom Zeugen bekundeten Gesprächs überhaupt verbindliche Absprachen über eine Mandatierung des Beklagten erfolgten, wird aus der Aussage nicht hinreichend klar. Zumindest findet sich in der Aussage des Zeugen M. kein belastbarer Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte ziel- und zweckgerichtet mit der steuerlichen Bewertung der beabsichtigten GmbH-Gründung beauftragt wurde.

bbb) Die Aussage des Zeugen S. H. ist von einem sehr eingeschränkten Beweiswert: Der Zeuge hat den Beweiswert seiner Aussage gleich zu Beginn geschwächt, indem er – wenig glaubhaft – ausgesagt hat, er könne sich an den im Beweisthema bezeichneten genauen Termin, den 28.9.2001, deshalb noch heute so gut erinnern, weil am 11.9.2001 der Terroranschlag auf das world trade center in New York verübt worden sei. Dies erscheint nicht plausibel: Die weltweite Aufmerksamkeit, die der Terroranschlag in den Medien am 11.9.2001 erregte, mag eine verständliche Ursache dafür sein, weshalb einem Zeugen auch neun Jahre später noch geläufig ist, womit er am 11.9.2001 beschäftigt war, als ihn die Nachricht über den Terroranschlag erreichte. Demgegenüber wird das Erinnerungsvermögen durch ein singuläres, einschneidendes Ereignis nicht soweit geschärft, dass alle in einem nicht unerheblichen Zeitraum danach stattfindende Vorgänge, die keinerlei Bezug zu dem Ereignis aufweisen, dauerhaft in der Erinnerung eines Zeugen haften.

Die eingeschränkte Beweiskraft seiner Aussage ist auch dadurch manifest geworden, dass sich der Zeuge an Details des Treffens nicht hinreichend sicher erinnern konnte. In einem wesentlichen Teil steht die Aussage mit dem unstreitigen Sachvortrag in Widerspruch: Es steht außer Streit, dass der Beklagte im Jahr 2002 auch für die steuerlichen Belange der Einzelfirma der Klägerin tätig wurde. Die berichtigende Einlassung der Klägerin, wonach der Steuerberater, der sie im Jahr 2001 betreut habe, vor dem Gespräch im September 2001 in Rente gegangen sei, ist ein weiteres Indiz für die eingeschränkte Zuverlässigkeit der Zeugenaussage.

Letztlich hat auch der Zeuge S. H. bekundet, dass das Gespräch im Wesentlichen dazu gedient habe, den Beklagten als Person kennenzulernen. Ausdrücklich danach gefragt, ob anlässlich des Gesprächs ein verbindliches steuerliches Mandat erteilt worden sei, antwortete der Zeuge ausweichend, dass er und seine Begleiter damit einverstanden gewesen seien.

ccc) Kein anderes Ergebnis folgt aus der Aussage des Zeugen R. J.: Auch dieser Zeuge hat nicht bestätigt, dass dem Beklagten von der Klägerin ein steuerliches Mandat zur Prüfung der steuerlichen Auswirkungen der beabsichtigten GmbH-Gründung erteilt worden sei. Soweit dieser Zeuge von einer beabsichtigten steuerlichen Betreuung durch den Beklagten berichtet hat, handelt es sich um eine steuerliche Betreuung des laufenden Geschäftsbetriebs der GmbH und der Einzelfirma.

b) Weiterhin ist in Betracht zu ziehen, dass sich der Beklagte unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Verletzung vertraglicher Schutzpflichten im Zusammenhang mit der Anbahnung einer Vertragsbeziehung schadensersatzpflichtig gemacht haben kann, wenn er in der Anbahnung der später erteilten verbindlichen steuerlichen Mandate im Gespräch vom 28.9.2001 fehlerhafte Angaben zu den steuerlichen Auswirkungen der beabsichtigten GmbH-Gründung gemacht hätte.

aa) Eine solche Verletzung von Schutzpflichten hat die Klägerin schlüssig vorgetragen, indem sie behauptet hat, der Beklagte habe in der Besprechung vom 28.9.2001 – ausdrücklich von der Klägerin befragt – zur Antwort gegeben, dass sich aus der Übertragung des Geschäftsbetriebs keine steuerlichen Nachteile ergeben würde (so Schriftsatz des Klägervertreters vom 7.7.2008; GA I Bl. 151). Indessen kann die Klägerin den ihr obliegenden Beweis für einen derartigen Inhalt des Gesprächs auf der tatsächlichen Ebene nicht führen: Keiner der vernommenen Zeugen hat eine derartige Auskunft des Beklagten bestätigt.

bb) Nach der Aussage des Zeugen M. wurde der Beklagte im Gespräch vom 28.9.2001 über die Alternative "Sach- oder Bargründung“ befragt. Darauf habe der Beklagte geantwortet, dass eine Sachgründung mit Kosten für die Bewertung der Fahrzeuge verbunden wäre, weshalb er eine Bargründung vorgeschlagen habe. Dieser Aspekt – der auch in der Aussage des Zeugen J. aufscheint – ist bei isolierter Betrachtung nicht geeignet, eine Verletzung von Schutzpflichten zu begründen. Allerdings ist in Betracht zu ziehen, ob der Beklagte deshalb in Schadensersatz begründender Weise Schutzpflichten gegenüber seiner künftigen Mandantin verletzte, weil er es – dieser Aspekt steht außer Streit – unterließ, eine eingehende steuerliche Überprüfung der Auswirkungen der geplanten GmbH-Gründung vorzuschlagen und die mit der GmbH-Gründung verbundenen steuerlichen Risiken aufzuzeigen. Jedoch liegen nach dem durch die Beweisaufnahme festgestellten Verlauf der Unterredung die tatsächlichen Voraussetzungen für eine so weitgehende Aufklärungspflicht nicht vor:

aaa) Einer anerkannten Fallgruppe der Verletzung vorvertraglicher, leistungsbegleitender Aufklärungspflichten ist gemeinsam, dass sich die Aufklärungspflicht auf einen für den späteren Vertragsschluss maßgeblichen Umstand bezieht. Paradigmatisch sind etwa Aufklärungspflichten zu Risiken hinsichtlich der Verwendung eines zu erwerbenden oder herzustellenden Gegenstandes (BGHZ 87, 92; 17, 131; BGH, Urt. v. 16.2.2000 – XII 279/97, NJW 2000, 1714, 1718; Erman/Kindl, 12. Auflage, § 311 Rdnr. 29; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 311 Rdnr. 40; eingehend: MünchKomm(BGB)/Emmerich, 5. Aufl., § 311 Rdnr. 96 ff.). Diese Kasuistik findet im vorliegenden Rechtsstreit keine Entsprechung:

Die Vertragsanbahnung zielte auf die Erbringung einer Dienstleistung ab. Der Beklagte sollte beginnend mit dem Jahr 2002 die steuerliche Betreuung der zu gründenden GmbH übernehmen. Für die Erbringung dieser Dienstleistung waren die steuerlichen Auswirkungen der GmbH-Gründung auf das Vermögen der Klägerin ohne unmittelbare Relevanz. Das aufzuklärende Risiko betraf nicht die von dem Beklagten ab dem Jahr 2002 übernommene steuerliche Betreuung des laufenden Geschäftsbetriebs, sondern eine Gefahr, welche dem Vermögen der Klägerin aus der unterlassenen, eigenständigen steuerlichen Beratung über die Auswirkungen der GmbH-Gründung drohte. Unter diesem Blickwinkel reichte der aufzuklärende Umstand über den Leistungsgegenstand hinaus, weshalb dem Beklagten in der Vertragsanbahnung jedenfalls kein Verstoß gegen leistungsbegleitende Schutzpflichten vorgeworfen werden kann.

Hinsichtlich der Anerkennung von über den Leistungsgegenstand der anzubahnenden Vertragsbeziehung hinausgehenden Schutzpflichten ist Zurückhaltung geboten.

So werden in Anlehnung an die deliktsrechtliche Verkehrssicherungspflicht auch außerhalb des Leistungsgegenstandes Schutzpflichten auferlegt, wenn sich der künftige Vertragspartner in die Obhut oder den Gefahrenbereich des anderen Teils begibt (MünchKomm(BGB)/Emmerich, aaO, Rdnr. 60, 77 f.; MünchKomm(BGB)/Roth, aaO, § 241 Rdnr. 90). Diese Fallgruppe kann hier nicht herangezogen werden: Die Klägerin beauftragte nicht den Beklagten, sondern den Zeugen M. mit der Ausarbeitung der GmbH-Gründung. Mithin hat sie ihre Vermögensinteressen im Zusammenhang mit der GmbH-Gründung ihrem Rechtsberater und nicht dem Beklagten anvertraut.

Weiterhin entspricht es einem elementaren Gebot von Treu und Glauben, dass miteinander in Sozialkontakt stehende Rechtssubjekte einander nicht sehenden Auges in Gefahren laufen lassen. In Anlehnung an diesen Rechtsgrundsatz kommt eine Aufklärungspflicht dann in Betracht, wenn der Beklagte auf der Hand liegende Anhaltspunkte dafür besaß, dass der Klägerin aus der fehlerhaften Einschätzung eines Sachverhalts ein Schaden drohte, und die Klägerin nach den Geboten der Billigkeit bei wertender Betrachtung eine Aufklärung über die ihr drohenden Risiken erwarten konnte.

bbb) Diese Voraussetzungen liegen im Sachverhalt der vorliegenden Entscheidung nicht vor:

Der Beklagte war zum Zeitpunkt des Gesprächs über die finanzielle und steuerliche Sachlage der Klägerin nicht verlässlich informiert. Dem Beklagten standen weder Vertragsentwürfe, Bewertungsgrundlagen über die zu übernehmenden Busse noch andere, für die steuerliche Beurteilung aussagekräftige Unterlagen zur Verfügung. Die Klägerin wurde noch im Jahr 2001 von einem anderen Steuerberater betreut, weshalb der Beklagte nicht davon ausgehen musste, dass ein steuerliches Beratungsdefizit bestand. Darüber hinaus hatten sich die Klägerin und der Zeuge M. schon längere Zeit vor dem Gespräch mit der Möglichkeit einer GmbH-Gründung befasst, weshalb der Beklagte davon ausgehen durfte, dass die Entscheidung zur GmbH-Gründung auf fundierten Überlegungen beruhte.

Nichts anderes folgt aus dem Umstand, dass der Zeuge M. den Beklagten danach befragte, ob der Beklagte aus steuerlicher Sicht eine Sach- oder eine Bargründung für richtiger halte. Diese Frage betraf ein technisches Detail der beabsichtigten GmbH-Gründung und bezweckte nicht, steuerliche Risiken zu erfragen, die dem Vermögen der Einzelfirma der Klägerin im Zusammenhang mit der dem Beklagten nicht offen gelegten vertraglichen Konstruktion drohten.

Weiterhin erschiene die Auferlegung von Aufklärungspflichten nicht interessengerecht: Das Gespräch sollte in erster Linie einen ersten persönlichen Kontakt zwischen den Parteien herstellen. Es diente nicht dazu, eine steuerliche Beratung hinsichtlich der beabsichtigten GmbH-Gründung zu mandatieren. Vielmehr waren die mit dem Gesprächskontakt anzubahnenden Vertragsbeziehungen darauf gerichtet, ab dem Jahr 2002 nach Gründung der GmbH deren steuerliche Betreuung zu übernehmen. Nach der Schilderung des Zeugen M. wurde die die GmbH-Gründung betreffende Alternative „Bar- oder Sachgründung“ in dem Gesprächstermin eher beiläufig angesprochen: Erst auch eindringliche Nachfrage hat sich der Zeuge daran erinnert, dass diese Frage überhaupt an den Beklagten herangetragen wurde. In einer solchen Situation konnte die Klägerin vernünftigerweise nicht erwarten, dass der Beklagte ohne genaue Kenntnis des steuerrelevanten Sachverhalts eine fundierte Aussage über die steuerlichen Auswirkungen der gewählten Vertragskonstruktion auf das Vermögen der Klägerin machen würde.

In der Zusammenschau hat sich aus Sicht der Klägerin das Risiko verwirklicht, dass sie die mit der GmbH-Gründung verbundenen Risiken nicht sachgerecht erfragte. Eine solche Überprüfung wäre – sofern sie von einem Steuerberater ausgeführt worden wäre – Gegenstand eines eigenständigen, entsprechend zu honorierenden Mandats gewesen. Es erscheint nicht interessengerecht, dieses von der Klägerin selbst übernommene Risiko durch die Anerkennung einer allgemeinen Aufklärungspflicht des in anderem Zusammenhang mandatierten Steuerberaters zu kompensieren.

c) Schließlich hat sich der Beklagte nicht deshalb schadensersatzpflichtig gemacht, weil er – so die Behauptung der Klägerin – an der Umsetzung der GmbH-Gründung mitwirkte und einen Beitrag zum Vollzug der Betriebsübernahme leistete.

Auch hier überzeugt die Sichtweise des Beklagten, wonach er die bereits geschlossenen Verträge als gegeben hinzunehmen hatte. Der Beklagte besaß auch in der Leistungsbegleitung zur übernommenen Steuerberatung, die die laufende Geschäftsbetreuung umfasste, keine vertragliche Pflicht, das umzusetzende Vertragswerk auf steuerliche Risiken zu überprüfen. Ein anderer Schluss wäre allenfalls dann gerechtfertigt, wenn die negativen Folgen für das Vermögen der Klägerin zum Zeitpunkt der Umsetzung der Verträge für den Beklagten in der konkreten Leistungssituation auf der Hand lagen. Davon ist indessen nicht auszugehen:

Die Klägerin wurde im Jahr 2001 von einem anderen Steuerberater betreut. Noch Mitte des Jahres 2002 war der Beklagte nicht im Besitz aller für die steuerliche Betreuung der Einzelfirma der Klägerin erforderlichen Unterlagen, weshalb er das die Klägerin bislang betreuende Steuerberatungsbüro mit Schreiben vom 25.6.2002 (Anlage K 8, GA I Bl. 34) dazu aufforderte, die Buchhaltungsdaten für das Jahr 2001 entsprechend aufzubereiten und zu übergeben. Folglich ist nicht nachgewiesen, dass das erst im Rahmen einer Steuerprüfung manifest gewordene Risiko für den Beklagten bereits in der ersten Jahreshälfte 2002 auf der Hand liegen musste.

3. Klageantrag zu 4).

Soweit der Kläger anstelle des Feststellungsantrags nunmehr Freistellung von Säumniszuschlägen begehrt, bestehen gegen die Zulässigkeit der Klageänderung keine Bedenken, da die geänderte Antragstellung rechtlichen Bedenken gegen die Zulässigkeit des Feststellungsantrags Rechnung trägt. Eine Feststellungsklage ist mangels Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) regelmäßig unzulässig, wenn der Kläger sein Rechtsschutzziel in einem Prozess durch die Erhebung einer Leistungsklage erreichen kann. Allerdings bleibt die Feststellungsklage in der Sache ohne Erfolg, da der Beklage aus den dargelegten Gründen nicht zum Schadensersatz verpflichtet ist.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und weder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Der Streitwert war unter Berücksichtigung von § 40 GKG wie folgt auf 243.266 EUR festzusetzen:

- Klageantrag zu 1)…

...3.836 EUR

- Klageantrag zu 2)…

...167.793 EUR

- Klageantrag zu 3)

        

(Zinsberechnung bis zum 21.12.2010)      

        

Zinsen aus 136.980 EUR...

...15.674 EUR

Zinsen aus 7.533,90 EUR…

...2.587 EUR

- Klageantrag zu 4)...

...53.376 EUR

(Zinsberechnung bis 21.9.2010)

        

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