Urteil vom Hamburgisches Oberverwaltungsgericht (4. Senat) - 4 Bf 96/16

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund mündlicher Verhandlung vom 3. Februar 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Der Kläger begehrt von der Beklagten, es zu unterlassen, sich aus der rückwirkenden Erhöhung des Familieneigenanteils von Leistungsberechtigten ergebende Rückforderungen mit seinen aktuellen Forderungen gegen die Beklagte, die ihren Rechtsgrund in einem Betreuungsverhältnis zu Dritten haben, zu verrechnen.

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Der Kläger betreibt die Kindertagesstätte Sch., in der im Rahmen des sog. Kita-Gutscheinsystems unter anderem ein 2009 geborenes Kind betreut wird. Mit Bescheid vom 28. Dezember 2010 bewilligte die Beklagte den selbstständig tätigen Eltern dieses Kindes für 2011 Kostenerstattung für dessen Betreuung in einer Krippe, wobei ein Familieneigenanteil in Höhe von zunächst 122,-- Euro monatlich berücksichtigt wurde. Dieser Betrag wurde aufgrund von Neuberechnungen des Einkommens der Eltern noch im Jahr 2011 auf 63,-- Euro bzw. 42,-- Euro herabgesetzt. Für die Betreuung erhielt der Kläger für den Zeitraum bis zum 31. Juli 2011 monatlich insgesamt 891,-- Euro und danach monatlich insgesamt 907,-- Euro. Der Kläger rechnete den Familieneigenanteil gegenüber den Eltern des betreuten Kindes und das restliche Entgelt gegenüber der Beklagten ab.

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Nach Vorlage des Steuerbescheides der Eltern für das Jahr 2011 vom 26. März 2013 setzte die Beklagte mit Bescheid vom 16. Oktober 2013 den Familieneigenanteil für den ursprünglichen Bewilligungszeitraum auf monatlich 428,-- Euro bzw. ab dem 1. August 2011 auf monatlich 307,-- Euro herauf. Die Differenz zwischen dem neu festgesetzten und dem ursprünglich festgesetzten Familieneigenanteil zahlten die Eltern an den Kläger.

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Mit Schreiben vom 28. Oktober 2013 unterrichtete die Beklagte den Kläger über die aktuelle monatliche Anweisung, bei der 3.856,45 Euro als für die Betreuung von L. überzahlter Betrag abgezogen wurden.

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Am 23. Mai 2014 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung hat er unter anderem vorgetragen, die Beklagte verrechne Ansprüche, die aus der rückwirkenden Verminderung des Kostenerstattungsanspruchs des Kindes resultierten, zu Unrecht mit aktuellen Zahlungsansprüchen der Träger von Kindertagesstätten, die mit der die Rückforderung begründenden Betreuungsleistung nichts zu tun hätten. An dieser Verfahrensweise halte sie trotz seines vorprozessualen Vorbringens fest. Sofern im Einzelfall überhöhte Leistungen gewährt worden seien, sei ein Rückforderungsanspruch aus § 50 SGB X gegenüber dem Kind, das auch den Zahlungsanspruch aus § 7 Abs. 1 KibeG habe, der durch Leistung an den Träger der Einrichtung erfüllt werde, geltend zu machen. Angesichts der Regelung des § 50 SGB X sei kein Raum für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch. Die Auslegung des § 21 Abs. 2 KibeG, auf die sich die Beklagte stütze, verletze ihn in seinen Rechten, da er das Risiko des Ausfalls seiner Forderung gegen das betreute Kind trage. § 21 Abs. 2 KibeG diene nur der kurzfristigen und unbürokratischen Korrektur von Überzahlungen infolge von Abrechnungsfehlern. In einem Fall, in dem genau das dem Leistungsberechtigten Bewilligte gezahlt worden sei, handele es sich indes nicht um eine Überzahlung im Sinne des § 21 Abs. 2 KibeG, sondern um eine originär neue Forderung der Beklagten gegen den Belasteten des Rückforderungsbescheides nach § 50 SGB X.

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Der Kläger hat beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, Forderungen aus rückwirkender Neuberechnung von Familieneigenanteilen gegenüber Leistungsberechtigten nach dem KibeG mit seinen Forderungen gegen die Beklagte und/oder mit Zahlungen der Beklagten an ihn, deren Rechtsgrund in einem Verhältnis zu Dritten begründet ist, zu verrechnen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Beklagte hat unter anderem erwidert, Rechtsgrundlage für die zur Verrechnung gestellte Gegenforderung sei der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Sie habe dem Kläger Kosten in nicht geschuldeter Höhe erstattet, da rückwirkend ein höherer Familieneigenanteil festgesetzt worden sei. Der ihr zustehende Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Kläger korrespondiere mit dessen Zahlungsanspruch aus § 7 Abs. 3 KibeG. Die Fallkonstellation sei vergleichbar mit dem zivilrechtlichen Vertrag zugunsten Dritter, wobei der Kläger Dritter sei. Das bereicherungsrechtliche Leistungsverhältnis bestehe, wenn - wie hier - das Forderungsrecht gegen den Versprechenden ausschließlich dem Dritten zustehen solle, nur zwischen dem Versprechenden (Beklagte) und dem Leistungsempfänger (Kläger), gegen den sich dann auch der Bereicherungsanspruch richte. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch werde nicht durch § 50 SGB X verdrängt, da dem Kind keine finanzielle Leistung erbracht worden sei. Konsequenterweise erhielten Träger im Falle einer rückwirkenden Herabsetzung des Familieneigenanteils nachträglich auch eine höhere Kostenerstattung. Die Verrechnungspraxis sei nach § 21 Abs. 2 KibeG rechtmäßig. Die Auslegung des Klägers, wonach diese Vorschrift nur der kurzfristigen und unbürokratischen Korrektur von Fehlern diene, laufe dem sich aus der Gesetzesbegründung ergebenden Sinn und Zweck der Vorschrift, eine reibungslose Leistungsabrechnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu ermöglichen, zuwider. Der Bewilligungsbescheid werde dem Kind erteilt, er setze die Eltern in die Lage, einen privatrechtlichen Betreuungsvertrag mit dem Träger zu schließen, dem sie den vollen Kostenbetrag schuldeten. Sie, die Beklagte, verpflichte sich lediglich, einen Teil der Kosten zu übernehmen und schuldbefreiend an den Kläger zu zahlen. Im Falle einer Überzahlung aufgrund geänderter Einkommensverhältnisse erfolge die Aufhebung auf gleichem Wege gegenüber dem Adressaten des Bewilligungsbescheides und mindere gleichzeitig rückwirkend den von ihr zu leistenden Teil, so dass eine Überzahlung gegenüber dem Träger stattgefunden habe, die mit laufenden Zahlungen an diesen Träger verrechnet werden könne. Im Rahmen der Leistungsabrechnung gegenüber dem Träger erfolge der Hinweis auf den Verrechnungsbetrag, der Träger könne sich sodann im Rahmen des privatrechtlichen Betreuungsvertrages an den Vertragspartner halten, wie dies im zu Grunde liegenden Fall auch geschehen sei. Die Forderung sei durch die Eltern beglichen worden.

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Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 3. Februar 2016 stattgegeben: Rechtsgrundlage sei der allgemeine öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch. Der Beklagten stehe gegenüber dem Kläger kein Rückzahlungsanspruch zu, den sie mit seinen Forderungen verrechnen könne. In den Fällen der rückwirkenden Aufhebung eines Bewilligungsbescheides ergebe sich der Erstattungsanspruch aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Angesichts dieser spezialgesetzlichen Normierung sei ein Rückgriff auf den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch ausgeschlossen. Eine Leistung im Sinne von § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X liege gegenüber dem Kind vor, das nach § 7 Abs. 1 KibeG einen anteiligen Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Beklagten habe, der durch den Gutschein bewilligt und durch Zahlung der Beklagten an den Leistungserbringer erfüllt werde, § 7 Abs. 3 KibeG. Die Zahlung stelle auch eine Leistung an den Träger dar, dem ein eigener Anspruch auf Zahlung der Kostenerstattung nach § 21 Abs. 1 KibeG zustehe. Ein Erstattungsanspruch nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X bestehe trotz der doppelten Leistungsbeziehung indes ausschließlich im Verhältnis zwischen der Beklagten und dem Kind. Dies ergebe sich aus Wertungsgesichtspunkten. So sei bei der Rückabwicklung eines echten Vertrages zugunsten Dritter dann, wenn der Rückerstattungsschuldner nicht allein anhand der Leistung ermittelt werden könne, eine wertende Entscheidung aufgrund der Interessenlage vorzunehmen. Bei Fehlern im Deckungsverhältnis könne grundsätzlich nur beim Versprechensempfänger kondiziert werden. Da das Forderungsrecht auf Zahlung der Kostenerstattung nicht ausschließlich dem Kläger, sondern auch dem Kind zustehe, komme eine Ausnahme von diesem Grundsatz nicht in Betracht. Zudem würde die mit § 21 Abs. 1 KibeG beabsichtigte Besserstellung des Klägers entwertet, wenn damit zugleich ein möglicher Rückerstattungsanspruch der Beklagten verbunden wäre. Die Geltendmachung der Rückforderung greife auch in Rechte des Klägers ein, da es ihm - anders als der Beklagten nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X - nicht möglich wäre, seinerseits eine Rückforderung gegenüber den Eltern des Kindes oder dem Kind durchzusetzen. Aufgrund der auf § 22 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 6 KibeG beruhenden Regelung in § 4 Abs. 3 des Betreuungsvertrages erlösche der vertragliche Anspruch des Klägers gegenüber den Sorgeberechtigten mit der Zahlung durch die Beklagte in entsprechender Höhe. Der Anspruch aus dem Betreuungsvertrag lebe auch durch die spätere Aufhebung des Bewilligungsbescheides gegenüber dem anspruchsberechtigten Kind nicht wieder auf. Sowohl die Sorgeberechtigten als auch das Kind könnten sich gegenüber dem Kläger auf Erfüllung in Höhe der Zahlung durch die Beklagte berufen. Einen nachträglichen Wegfall der Erfüllung kenne die Rechtsordnung nicht. Dem Kläger stehe auch kein Anspruch nach §§ 812 ff. BGB gegen die Sorgeberechtigten zu, weil diese ihre Befreiung von der Verbindlichkeit aus dem Betreuungsvertrag nicht durch eine Leistung des Klägers im bereicherungsrechtlichen Sinne, sondern durch eine Leistung der Beklagten erhalten hätten. Angesichts des Vorrangs der Leistungsbeziehung scheitere auch eine Nichtleistungskondition. Zwar hätte der Kläger sich einen vertraglichen Rückforderungsanspruch durch entsprechende Gestaltung des Betreuungsvertrages verschaffen können, er sei jedoch nicht verpflichtet, im Betreuungsvertrag über die in § 22 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 6 KibeG gesetzlich vorgeschriebenen Inhalte hinausgehende Vereinbarungen zu treffen. Das Ergebnis stehe nicht im Widerspruch zur Gesetzesbegründung des § 21 Abs. 1 KibeG und den §§ 21, 22 des Landesrahmenvertrages. Die in der Gesetzesbegründung angeführte reibungslose Leistungsabrechnung inklusive der Rückabwicklung sei bezogen auf einfache, einen überschaubaren Zeitraum betreffende und rechnerisch leicht nachvollziehbare Konstellationen. Der vorliegende Fall, in dem es nach mehreren Jahren zu einer rückwirkenden Neuberechnung der Familieneigenanteile komme, die eine teilweise Rückabwicklung der bereits über einen längeren oder sogar schon abgeschlossenen Zeitraum gewährten Mittel innerhalb des Dreiecksverhältnisses zwischen dem Kläger, der Beklagten und dem Kind notwendig mache, sei nicht erfasst. Aus dem Zusammenhang von § 21 Abs. 2 Satz 2 KibeG und § 21 Abs. 1 Satz 3 des Landesrahmenvertrages ergebe sich, dass mit der „nächsten Zahlung“ ausschließlich die auf den Monat der Überzahlung folgende Abschlagszahlung gemeint sein könne. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zugelassen.

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Mit ihrer am 25. Juli 2016 eingegangenen Berufung wendet sich die Beklagte gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts. Sie trägt unter anderem vor, ihr stehe ein eigener Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Kläger aus dem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zu. § 50 SBG X sei nur insoweit eine abschließende spezialgesetzliche Normierung, als Rechtsbeziehungen zwischen öffentlichem Leistungsträger und Leistungsempfänger durch Verwaltungsakt geregelt würden. Der Vorrang des § 50 SGB X könne nicht gelten, wenn parallel zusätzliche, eigenständige Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten eines sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses existierten. Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kita-Träger und ihr bestimmten sich nach dem Kinderbetreuungsgesetz, der Träger habe aus § 21 Abs. 1 KibeG auch einen eigenen Zahlungsanspruch gegen sie, die Beklagte. Die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs lägen gegenüber dem Kläger vor. Aufgrund der rückwirkenden Festsetzung des höheren Familieneigenanteils habe sie den Überzahlungsbetrag an den Kläger ohne Rechtsgrund geleistet, sodass die Voraussetzungen entsprechend § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB gegeben seien. Dabei bezieht sie sich auf die Erwägungen des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 31. März 2016 (III ZR 267/15), wonach der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gleichstufig neben dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch aus § 50 Abs. 1 bzw. § 50 Abs. 2 i.V.m. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3, Abs. 4 SGB X steht. Der Kläger und das Kind seien wegen des eigenen Anspruchs des Klägers aus § 21 Abs. 1 KibeG Gesamtgläubiger im Sinne von § 428 BGB, allerdings sei gesetzlich vorgegeben, an wen der Schuldner - die Beklagte - zu leisten habe. Der Zahlungsanspruch des Leistungserbringers (Kläger) werde durch die öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen ihr, der Beklagten, und dem Leistungsempfänger, dem Kind, überlagert. Mit Aufhebung des Bewilligungsbescheides entfalle im Verhältnis zum Kläger der Rechtsgrund für die Zahlungen. Wenn der Leistungsberechtigte (Kind) keine Geldleistungen vom Sozialleistungsträger (Beklagte) erhalten habe, hingegen der Leistungserbringer (Kläger) sogar mit einem eigenen Zahlungsanspruch gegenüber dem Sozialleistungsträger ausgestattet sei, erschließe sich nicht, weshalb es im Falle einer Leistungsstörung nicht möglich sein solle, die Geldleistung direkt vom Sozialleistungsträger zurückzufordern. Der Kita-Träger habe im Übrigen immer damit zu rechnen, dass sich bei einer Änderung der für die Bewilligung maßgeblichen Umstände für den Kita-Gutschein auch die Höhe der an ihn zu leistenden Kostenerstattung ändere. Insofern stehe ihr, der Beklagten, ein allgemeiner öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegen den Kläger gleichrangig neben dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen das Kind aus § 50 Abs. 1 SGB X zu. Der Kläger habe auch einen Zahlungsanspruch gegen das Kind bzw. dessen Eltern. Mit ihrer Zahlung bediene sie den Anspruch des Klägers aus § 21 Abs. 1 KibeG und erfülle nicht die Schuld aus dem privatrechtlichen Betreuungsvertrag. Ihre Zahlung bringe den Zahlungsanspruch des Klägers aus dem mit den Eltern geschlossenen Betreuungsvertrag nicht endgültig zum Erlöschen. Schließlich sei eine Verrechnung gemäß § 21 Abs. 2 KibeG nicht ausgeschlossen. Aus dem von der Exekutive mit den Trägerverbänden geschlossenen Landesrahmenvertrag könnten keine Indizien für einen gesetzgeberischen Willen entnommen werden. Nach § 21 Abs. 2 KibeG könnten Überzahlungen mit der nächsten Zahlung verrechnet werden.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts vom 3. Februar 2016 (13 K 2659/14) abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung der Beklagten zurückzuweisen

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Zur Begründung trägt er vor, entgegen der Auffassung der Beklagten könne sich die Entscheidung nicht am Urteil des Bundesgerichtshofs vom 31. März 2016 (III ZR 267/15) orientieren, da die rechtliche Ausgangssituation in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall nicht mit der des Streitfalls vergleichbar sei. Anders als in jenem Fall habe die Beklagte keine kumulative Schuldübernahme erklärt. Mit der Zahlung an den Kläger habe sie vielmehr den Anspruch des Kindes auf Kostenerstattung aus § 7 KibeG erfüllt. So sehe § 22 KibeG auch ausdrücklich vor, dass sich der Träger der Kindertageseinrichtung gegenüber dem Leistungsberechtigten verpflichte, die von der Beklagten zu zahlende Kostenerstattung als Teilerfüllung des zwischen ihm und den Sorgeberechtigten zu vereinbarenden Betreuungsentgelts anzunehmen. Damit sei eindeutig eine gesetzliche Tilgungsbestimmung getroffen. Die anderslautende Argumentation der Beklagten gehe fehl. Hilfsweise könne er sich auf Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB und, weil er auf der Grundlage des Bewilligungsbescheides geleistet habe, auf Vertrauensschutz berufen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Sachakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

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Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klage ist zulässig (I.) und begründet (II.).

I.

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Die Klage ist als Unterlassungsklage - ein Fall der allgemeinen Leistungsklage - zulässig. Diese Klageart ist zwar nicht ausdrücklich in der VwGO geregelt, wird aber in den §§ 43 Abs. 2, 111, 113 Abs. 3 VwGO vorausgesetzt und ist allgemein anerkannt. Der Kläger begehrt ein schlicht hoheitliches Unterlassen und ist insoweit auch rechtsschutzbedürftig. Entsprechend dem dem Streitfall zu Grunde liegenden Ausgangsfall verrechnet die Beklagte von ihr behauptete Rückzahlungsansprüche gegenüber dem Kläger - wie auch gegenüber anderen Trägern von Kinderbetreuungseinrichtungen - mit diesem zustehenden Kostenerstattungszahlungen. Wie sich aus dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten ergibt, handelt es sich dabei um eine ständige Verwaltungspraxis, an der die Beklagte auch festzuhalten gedenkt. Damit greift sie möglicherweise in Rechte des Klägers ein. Gegen die automatisiert erfolgende Verrechnung könnte sich der Kläger ansonsten nur im jedem Einzelfall mit der Geltendmachung eines ergänzenden Zahlungsanspruchs in Bezug auf die nächste Zahlung zur Wehr setzen. Ihn darauf zu verweisen, erscheint auch im Lichte von Art. 19 Abs. 4 GG nicht geboten.

II.

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Die Klage ist begründet. Anspruchsgrundlage ist in Ermangelung einer spezialgesetzlichen Grundlage der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch, der sich aus den Grundrechten ableitet, die den Grundrechtsträger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art schützen, auch solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln. Infolgedessen kann der Bürger, wenn ihm eine derartige Rechtsverletzung droht, gestützt auf das jeweils berührte Grundrecht Unterlassung verlangen (BVerwG, Urt. v. 21.5.2008, 6 C 13/07, BVerwGE 131, 171, juris Rn. 13). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

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Das von der Beklagten praktizierte streitgegenständliche Verrechnungsverfahren, dessen Unterlassen der Kläger begehrt, ist rechtswidrig und verletzt ihn in seinen Rechten aus § 21 Abs. 1 KibeG und Art 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG, jedenfalls aus Art. 2 Abs. 1 GG.

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Dies ergibt sich bereits daraus, dass keine Rechtsgrundlage ersichtlich ist, die die Beklagte ermächtigen würde, Forderungen aus einer rückwirkenden Neuberechnung von Familieneigenanteilen gegenüber Leistungsberechtigten nach dem Hamburger Kinderbetreuungsgesetz mit Forderungen des Klägers, deren Rechtsgrund in einem Verhältnis zu Dritten begründet ist, zu verrechnen.

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Ein solcher Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus dem Hamburger Kinderbetreuungsgesetz. § 21 Abs. 2 KiBeG sieht zwar eine monatliche Abrechnung zwischen der Beklagten und dem Kläger sowie die Möglichkeit vor, Überzahlungen mit den nächsten Zahlungen zu verrechnen, diese Verrechnungsmöglichkeit begründet jedoch selbst keinen Zahlungsanspruch der Beklagten, sondern setzt einen bestehenden Anspruch voraus.

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Ein solcher Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 50 Abs. 1 SGB X. Nach dieser Vorschrift sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Unabhängig von der Frage, ob die Zahlung der Beklagten im Zusammenhang mit der Kostenerstattung gemäß § 7 Abs. 3 KibeG eine gegenüber dem Kläger erbrachte Leistung in diesem Sinne darstellt, erfolgte sie jedenfalls nicht aufgrund eines aufgehobenen Verwaltungsakts. Der Kläger erhielt die Zahlung nicht aufgrund des Bewilligungsbescheides (Kita-Gutschein), dessen Adressat er nicht ist und der keine ihn unmittelbar begünstigende Regelung trifft. Der Kita-Gutschein bewilligt nur die Kostenerstattung für eine bestimmte Leistungsart der Kinderbetreuung, ohne eine konkrete Einrichtung bzw. einen konkreten Träger zu benennen. Die Rechtsbeziehung zum Träger wird erst durch den Abschluss des Betreuungsvertrages mit den Sorgeberechtigten (§ 22 Abs. 1 KibeG) und den Beginn der Inanspruchnahme bei der Tageseinrichtung (§ 13 Abs. 2 KibeG) begründet. Zwar hat der Kläger aus § 21 Abs. 1 KibeG seinerseits einen Zahlungsanspruch gegenüber der Beklagten, dieser ergibt sich jedoch dem Grunde nach unmittelbar aus dem Gesetz und nicht aus dem Bewilligungsbescheid. Der Bewilligungsbescheid liegt zwar auch dem Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten insoweit zu Grunde, als sich nach ihm wegen der Festsetzung des Familieneigenanteils die Höhe des Zahlungsanspruchs gegenüber der Beklagten richtet, er ist jedoch nicht Rechtsgrund für die Leistung der Beklagten (so in einem vergleichbaren Fall auch LSG München, Urt. v. 21.1.2013, L 7 AS 381/12, NZS 2013, 467, juris Rn. 40; vgl. auch Schütze in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 50 Rn. 18).

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Ein Rückforderungsanspruch aus § 50 Abs. 1 SGB X besteht mithin lediglich gegenüber dem Adressaten des Kita-Gutscheins, dem nach dem Kinderbetreuungsgesetz leistungsberechtigten Kind (vertreten durch die Sorgeberechtigten). Für die Leistung maßgebliche Verwaltungsakte waren in dem dem Streitfall zu Grunde liegenden Ausgangsfall die Kita-Gutscheine aus dem Jahre 2011. Der Änderungsbescheid vom 16. Oktober 2013, mit dem der Familieneigenanteil heraufgesetzt wurde, stellt einen Rücknahmebescheid mit Wirkung für die Vergangenheit im Sinne von § 45 SGB X dar (teilweise Rücknahme). Dem Kind hat die Beklagte durch die Zahlung an den Kläger auch eine Leistung im Sinne des § 50 Abs. 1 SGB X erbracht, indem sie damit - wie noch auszuführen sein wird - dessen Sozialleistungsanspruch aus § 24 SGB VIII i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 1 KibeG erfüllt hat (vgl. zum Leistungsbegriff BVerwG, Urt. v. 10.7.2013, 5 C 24/12, BVerwGE 147, 170, juris Rn. 22). Gesetzliche Folge ist dann - unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Rücknahme (Schütze in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 50 Rn. 18) - der Erstattungsanspruch gemäß § 50 Abs. 1 SGB X.

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Weiter hat die Beklagte keinen Anspruch aus § 50 Abs. 2 SGB X. Danach sind Leistungen zu erstatten, die ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, §§ 45 und 48 gelten entsprechend. Der Kläger hat von der Beklagten eine Zahlung erhalten, mit der sein Anspruch aus § 21 Abs. 1 KibeG erfüllt worden ist und deren Rechtsgrund - wie dargelegt - kein Verwaltungsakt ist. Bei dieser Zahlung handelte es sich indes nicht um eine Leistung im Sinne von § 50 Abs. 2 SGB X. Der Begriff der Leistung im Sinne des § 50 Abs. 2 SGB X meint Sozialleistungen, die einem Berechtigten nach dem SGB erbracht worden sind, wobei die Rückabwicklungsbefugnis nach § 50 SGB X als Kehrseite eines sozialrechtlichen Leistungsverhältnisses anzusehen ist. Ein derartiges sozialrechtliches Leistungsverhältnis besteht hier nur zwischen der Beklagten und dem Kind, da nur diesem ein Anspruch aus dem SGB - hier auf Förderung in einer Tageseinrichtung nach § 24 SGB VIII - zusteht. So geht auch das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass Leistungen im Sinne von § 50 SGB X alle Vermögensverschiebungen sind, die ein Leistungsträger in Wahrnehmung seiner öffentlich-rechtlichen Verwaltungsaufgaben nach dem Sozialgesetzbuch einem Bürger erbracht hat, letztlich muss es sich danach um Sozialleistungen handeln (Urt. v. 11.7.2013, 5 C 24/12, BVerwGE 147, 170, juris Rn. 22; siehe auch Schütze in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 50 Rn. 5, 6)

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Schließlich ergibt sich ein Anspruch der Beklagten gegenüber dem Kläger nicht aus dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch. Der im öffentlichen Recht auch ohne ausdrückliche Normierung seit langem zumindest gewohnheitsrechtlich anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch leitet sich aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ab. Er setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind und verschafft in weitgehender Analogie zu den §§ 812 ff. BGB ein Recht auf Herausgabe des Erlangten. Beruht die Vermögensverschiebung auf einer Leistung ist allerdings der Vorrang der Leistungsbeziehung zu beachten.

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Ein Rückgriff auf den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch ist im Streitfall - da dessen Anwendungsbereich nicht eröffnet ist - nicht bereits wegen eines vorrangigen spezialgesetzlichen Anspruchs gegenüber dem Kläger aus § 50 SGB X ausgeschlossen (vgl. LSG München, Urt. v. 21.1.2013, L 7 AS 381/12, NZS 2013, 467, juris Rn. 56).

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Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch scheitert aber daran, dass keine auf diesem Wege rückabzuwickelnde Leistungsbeziehung zwischen der Beklagten und dem Kläger besteht. Mit der Zahlung an den Kläger hat die Beklagte diesem keine Leistung im Sinne von § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Satz 2 BGB erbracht, wobei unter einer Leistung jede bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens zu verstehen ist (Sprau in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 76. Aufl. 2017, § 812 Rn. 14). Für die erforderliche Zweckgerichtetheit kommt es in erster Linie auf die der Zuwendung gegebene Zweckbestimmung, also darauf an, welchen Zweck die Beteiligten nach ihrem zum Ausdruck kommenden Willen verfolgt haben (BGH, Urt. v. 16.5.2013, IX ZR 204/11, NJW 2013, 2519, 2520, juris Rn. 11). Durch die Zweckgerichtetheit wird die Bezogenheit auf ein Kausalverhältnis deutlich, in dem mit der Leistung die geschuldete Erfüllung einer Verbindlichkeit bewirkt werden soll. Der Zweck der Leistung ist nach objektiven Kriterien aus der Sicht des Zahlungsempfängers zu beurteilen (BSG, Urt. v. 3.4.2014, B 2 U 21/12 R, BSGE, 115, 247, juris Rn. 23). Die von der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung formulierte Annahme, sie habe im Sinne einer Tilgungsbestimmung lediglich auf ihre eigene Schuld aus § 21 Abs. 1 KibeG, nicht jedoch auf den Anspruch des Kindes aus § 7 Abs. 1 KibeG bzw. die Schuld der Sorgeberechtigten aus dem Betreuungsvertrag gezahlt, überzeugt nicht. Die Leistungsbestimmung ist eine nach §§ 133, 157 BGB auslegungsfähige und - sofern Streit über deren Inhalt besteht - auslegungsbedürftige rechtsgeschäftsähnliche Handlung (Sprau in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 76. Aufl. 2017, § 812 Rn. 14). Die jedenfalls vom Kinderbetreuungsgesetz vorgegebene Zweckbestimmung lässt sich bereits aus §§ 7 Abs. 1 und 22 Abs. 1 Nr. 6 KibeG ersehen. Nach § 7 Abs. 1 KibeG steht dem Kind ein von der Beklagten zu erfüllender Kostenerstattungsanspruch zu und in § 22 Abs. 1 Nr. 6 KibeG wird vorgegeben, dass der zwischen der Tageseinrichtung und den Sorgeberechtigten zu schließende Betreuungsvertrag eine Bestimmung enthalten muss, wonach der Träger die von der Freien und Hansestadt Hamburg an ihn gezahlte Kostenerstattung als Teilerfüllung des zwischen dem Träger und den Sorgeberechtigten zu vereinbarenden Betreuungsentgelts annimmt. Schon daraus wird ersichtlich, dass im Streitfall mit der Zahlung an den Kläger nach der gesetzgeberischen Wertung dessen Zahlungsanspruch gegenüber den Sorgeberechtigten aus dem Betreuungsvertrag erfüllt werden soll. Da die Zahlung der Beklagten an den Kläger in erster Linie dazu dient, den Anspruch des Kindes auf Kostenerstattung aus § 7 Abs. 1 KibeG zu erfüllen und die direkte Zahlung an den Kläger letztlich - unbeschadet dessen Anspruchs aus § 21 Abs. 1 KibeG - nur eine Frage des Zahlungsweges ist, kann die Auslegung unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes nur ergeben, dass der von der Beklagten verfolgte Leistungszweck maßgeblich in der Erfüllung des sozialrechtlichen Anspruchs des Kindes liegt.

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Dies ergibt sich auch daraus, dass die Grundkonstellation des Streitfalls der eines Vertrages zugunsten Dritter entspricht (§§ 328 ff. BGB). Der von der Beklagten gegenüber dem Kind erlassene Bewilligungsbescheid wirkt - vergleichbar einem Vertrag - insoweit zu Gunsten eines Dritten - hier des Klägers als Kita-Träger -, als diesem als Folge des Bewilligungsbescheides ein gesetzlicher Zahlungsanspruch eröffnet wird. Leistungsbeziehungen bestehen dann im Verhältnis der Beklagten zum Kind (Deckungsverhältnis) sowie im Verhältnis des Kindes zum Kläger (Valutaverhältnis). In einer solchen Konstellation tritt das Abwicklungsverhältnis zwischen dem Versprechenden (hier also der Beklagten) und dem Dritten (Kläger) zurück, auch wenn der Dritte einen eigenen Anspruch gegenüber dem Versprechenden hat. Bei Fehlern im Deckungsverhältnis, also im Verhältnis zwischen Versprechendem (Beklagte) und Versprechensempfänger (Kind), hat die Behörde einen Bereicherungsanspruch nur gegenüber dem Versprechens-empfänger (Sprau in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 76. Aufl. 2017, § 812 Rn. 62).

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Eine Ausnahme von diesem Grundsatz, die etwa in einem Fall in Betracht kommen mag, in dem das Forderungsrecht gegenüber dem Versprechenden ausschließlich dem Dritten zusteht (P. Buck-Heeb in: Erman, BGB, 13. Aufl. 2011, § 812 Rn. 35), liegt nicht vor, da der Kostenerstattungsanspruch nicht nur dem Kläger als Drittem, sondern insbesondere gemäß § 7 Abs. 1 KibeG dem Kind als Versprechensempfänger zusteht, auch wenn es keine Zahlung an sich selbst, sondern nur an den Dritten verlangen kann. Nichts anderes würde sich ergeben, wenn man einen Durchgriff auf den Dritten in Fällen anerkennen würde, in denen das Deckungs- und das Valutaverhältnis unwirksam sind (sog. Durchgriffskondiktion, vgl. insoweit Sprau in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 76. Aufl. 2017, § 812 Rn. 67). Ein solcher Durchgriff würde vorliegend schon deshalb ausscheiden, weil das Valutaverhältnis - also das durch den Betreuungsvertrag bestimmte Verhältnis zwischen dem Kind bzw. dessen Sorgeberechtigten und dem Kläger - vom Mangel des Bewilligungsbescheides nicht betroffen ist.

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Auch das LSG München geht im Übrigen von einem Vorrang der Leistungsabwicklung innerhalb der bestehenden Leistungsbeziehung aus (LSG München, Urt. v. 21.1.2013, L 7 AS 381/12, NZS 2013, 467, juris Rn. 61) und hat in einem Fall, in dem die Übernahme der Mietkosten einem Leistungsberechtigten im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende zustand und die Zahlung direkt an den Vermieter erfolgte, nach Aufhebung des Bewilligungsbescheides einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch auf Rückzahlung gegenüber dem Vermieter verneint. Dem Vermieter stand zwar - anders als im vorliegenden Fall - kein gesetzlicher Zahlungsanspruch, sondern lediglich eine Empfangsberechtigung zu, beide Fälle haben jedoch gemein, dass gefragt wird bzw. gefragt werden muss, in welchem Verhältnis eine rückabzuwickelnde Leistungsbeziehung rechtlich besteht. Vorrangig wäre demnach eine Rückabwicklung bzw. Rückforderung innerhalb der durch Bewilligungsbescheid geregelten Leistungsbeziehung zwischen der Beklagten und dem Kind. In diesem Sinne ist auch einer Entscheidung des OVG Münster (Urt. v. 14.9.2005, 12 A 1005/05, juris Rn. 25, 27), der ein Fall zugrunde lag, in dem einem Pflegedienstleister Pflegekosten für die häusliche Pflege einer Hilfeempfängerin gezahlt wurden, die wegen nicht sachgerechter Erbringung der Pflegeleistungen zurückgefordert werden, die grundsätzliche Wertung zu entnehmen, dass derjenige erstattungspflichtig ist, der Empfänger der Sozialhilfe ist - also nicht der Pflegedienstleister. Empfänger der Sozialhilfe ist danach der sachlich-rechtliche Inhaber der Forderung gegen den Sozialhilfeträger, also grundsätzlich der Hilfesuchende, dem die Leistung zugedacht ist. Der Erstattungsanspruch ist die Kehrseite dieses Leistungsanspruchs.

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Die Annahme eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs gegen den Kläger lässt sich auch nicht mit dem Urteil des BGH vom 31. März 2016 (III ZR 267/15, BGHZ 209, 316, juris) begründen, auf das sich die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung maßgeblich stützt und in dem der BGH ebenfalls in einer Dreiecksbeziehung zu einem direkten bereicherungsrechtlichen Anspruch des Sozialhilfeträgers gegenüber dem Leistungserbringer kommt, der neben dem Erstattungsanspruch aus § 50 SGB X stehen soll (juris Rn. 28). Die rechtliche Bewertung durch den BGH lässt sich auf den Streitfall nicht übertragen, da die Sachverhalte wesentliche, für die rechtliche Beurteilung erhebliche Unterschiede aufweisen, soweit es um die rechtliche Bewertung der Stellung des Klägers einerseits und des Kindes andererseits in Bezug auf den Rückforderungsanspruch der Beklagten geht.

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Die Ausgangssituation im Streitfall unterscheidet sich von der in dem vom BGH entschiedenen Fall bereits insofern, als der BGH aufgrund eines im Bewilligungsbescheid erklärten Schuldbeitritts eine Gesamtschuldnerschaft zwischen dem Sozialhilfeträger (Behörde) und dem Leistungsempfänger (Kind bzw. Sorgeberechtigten) angenommen hat. Eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten und des Kindes in Bezug auf die dem Kläger geschuldete Zahlung des Leistungsentgelts mit der möglichen Folge einer rückabzuwickelnden Leistungsbeziehung zwischen der Beklagten und dem Kläger, besteht im Streitfall indes nicht. Dies gilt ersichtlich für den Familieneigenanteil, den lediglich die Eltern aus dem Betreuungsvertrag schulden. Dies gilt aber auch für den darüber hinausgehenden Teil des Anspruchs des Klägers. Hier sehen der Bewilligungsbescheid sowie das Kinderbetreuungsgesetz keine Konstruktion vor, wonach die Beklagte und das Kind zum Kläger in einem gleichstufigen Schuldverhältnis stehen. Vielmehr ist eine Zahlung (ausschließlich) der Beklagten (§ 7 Abs. 3 KibeG) - ausgestaltet als gesetzlicher Anspruch (§ 21 Abs. 1 KibeG) - auf den Anspruch des Kindes (§ 7 Abs. 1 KibeG) vorgesehen. Diese gesetzliche Konstruktion ist nicht auf einen gesamtschuldnerischen Anspruch ausgelegt. Unerheblich ist, dass in § 4 Abs. 1 Satz 3 des Betreuungsvertrags bestimmt ist, dass die Sorgeberechtigten und das Kind als Gesamtschuldner schulden. Unabhängig davon, in welchem Umfang das Verhältnis von Schuldnern zueinander privatvertraglich geregelt werden kann, ist die Beklagte in diese Regelung jedenfalls nicht einbezogen. Auch die Gesetzesbegründung zu § 21 KibeG führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Darin heißt es, Abs. 1 begründe einen eigenen Anspruch des Trägers auf Zahlung des Erstattungsbetrages neben dem Erstattungsanspruch des Kindes in Form einer Gesamtgläubigerschaft (Bü-Drs. 18/88 vom 20.4.2004, S. 24). Selbst wenn man dies zugrunde legen würde, würde eine Gesamtgläubigerschaft zwischen dem Kläger und dem Kind nicht bedeuten, dass gleichsam in einer Art Umkehrschluss zwischen der - an der angenommenen Gesamtgläubigerschaft gar nicht beteiligten - Beklagten und dem Kind eine Gesamtschuldnerschaft mit der möglichen Folge einer rückabzuwickelnden Leistungsbeziehung zwischen der Beklagten und dem Kläger begründet wäre.

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Aus der Gesamtschuldnerschaft im Grundverhältnis zwischen dem Sozialhilfeträger und dem Leistungsempfänger hat der BGH entwickelt, dass in der Rückforderungssituation eine gesamtschuldnerische Haftung des Leistungsempfängers (hier des Kindes) und des Leistungserbringers (hier des Klägers) besteht. Im Streitfall besteht jedoch, wie dargelegt, gerade keine Gesamtschuldnerschaft im Grundverhältnis. Dies bedeutet für die Rückforderungssituation, dass diese sich nicht ebenfalls an der Rückabwicklung gesamtschuldnerischer Ansprüche orientiert. Wie dargelegt, zeigt der Streitfall vielmehr Parallelen zum echten Vertrag zugunsten Dritter (§§ 328 ff. BGB) auf, sodass es sachgerecht ist, einen Rückforderungsanspruch aus dem öffentlich-rechtlichen Bereicherungsanspruch nur im Deckungsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Kind anzunehmen.

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Dabei übersieht das Berufungsgericht nicht, dass das Kinderbetreuungsgesetz als Grundkonstruktion davon ausgeht, dass der Jugendhilfeträger den Familieneigenanteil mit den Sorgeberechtigten abrechnet. Die Zahlung der Beklagten gegenüber dem Kläger als Jugendhilfeträger ist durch § 7 Abs. 3 KibeG ausdrücklich auf die Kosten abzüglich des Familieneigenanteils begrenzt. Dies bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass Rückforderungen der Beklagten, die ihre Grundlage in einer Erhöhung des Familieneigenanteils haben, auch in dem Verhältnis zwischen dem Kind und dem Jugendhilfeträger abgewickelt werden müssen. Ein derartiger Schluss findet im Kinderbetreuungsgesetz keine Stütze. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung des Familieneigenanteils ist im Kinderbetreuungsgesetz nicht geregelt, er ergibt sich unmittelbar aus dem Betreuungsvertrag. Ebenso wenig enthält das Kinderbetreuungsgesetz Regelungen über die Rückforderung wegen einer nachträglichen Heraufsetzung des Familieneigenanteils. Diese richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des § 50 SGB X bzw. dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, jedenfalls also nach speziellen Regelungen bzw. Rechtsinstituten außerhalb des Kinderbetreuungsgesetzes und nach den sich insoweit ergebenden Voraussetzungen. Die im Kinderbetreuungsgesetz angelegte Grundkonstruktion bezieht sich insoweit lediglich auf das tragende Grundverhältnis, nicht jedoch auf Rückforderungsfälle. Eine andere Betrachtung legt auch nicht die Gesetzesbegründung zu § 21 KibeG (Bü-Drs. 18/88 vom 20.4.2004, S. 24) nahe. Danach ist Zweck der Regelung die Ermöglichung einer in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht reibungslosen Leistungsabrechnung, in die auch die Abwicklung von Rückzahlungsansprüchen zwischen der für die Auszahlung der Erstattungsbeträge zuständigen Behörde und den Trägern eingeschlossen sein soll. Dass die Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen, wie sie vorliegend streitgegenständlich sind, gegenüber dem Träger der Kindertageseinrichtung - erst recht wenn sie im Verrechnungswege erfolgt - reibungslos möglich und verwaltungsökonomisch sind, liegt auf der Hand. Allerdings kann der mit der Regelung des § 21 KibeG vom Landesgesetzgeber verfolgte Zweck nur Berücksichtigung finden, sofern diese Bestimmung überhaupt anwendbar ist, was vorliegend, wie dargelegt, mangels eines der Beklagten zustehenden Zahlungsanspruchs nicht der Fall ist.

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Zu einer anderen Betrachtung führt auch nicht eine Auslegung von § 21 Abs. 2 KibeG im Lichte des Landesrahmenvertrages „Kinderbetreuung in Tageseinrichtungen“, der als Grundsatzvereinbarung im Sinne von § 18 Abs. 1 KibeG gemäß § 21 Abs. 2 Satz 3 KibeG das Abrechnungsverfahren festlegt. In § 21 Abs. 1 des Landesrahmenvertrages wird das Verrechnungsverfahren dahin näher bestimmt, dass die Beklagte monatlich eine Abschlagszahlung für den folgenden Kalendermonat zahlt, die mit der späteren Abrechnung für diesen Kalendermonat verrechnet wird. Weiter heißt es, dass dann, wenn die Abrechnung für diesen Kalendermonat gegenüber dem vorher für diesen Kalendermonat gezahlten Abschlag eine Überzahlung ergibt, die nächste Abschlagszahlung in Höhe des Überzahlungsbetrages gemindert wird. Danach bezweckt die Verrechnungsmöglichkeit des § 21 Abs. 2 Satz 2 KibeG im Wesentlichen eine reibungslose Leistungsabrechnung für die in der Praxis häufigen Fälle, in denen die Abschlagszahlung und die spätere Abrechnung keine identischen Beträge aufweisen. Dass die Verrechnungsmöglichkeit auch für Fälle bestimmt ist, in denen Forderungen aus rückwirkender Neuberechnung von Familieneigenanteilen geltend gemacht werden sollen, lässt sich weder dem Gesetz noch der Gesetzesbegründung noch dem Landesrahmenvertrag entnehmen. Die Beklagte hat zwar in der mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 2017 nachvollziehbar dargelegt, dass sich die Verrechnungsmöglichkeit nach § 21 Abs. 2 Satz 2 KibeG nach den bei den Beratungen geäußerten Vorstellungen der Parteien des Landesrahmenvertrages - entsprechend der bisherigen Praxis - auch auf die Geltendmachung derartiger Rückforderungen erstrecken sollte, dies ist jedoch unerheblich, da diese Überlegung im Text des Landesrahmenvertrages jedenfalls keinen Niederschlag gefunden hat.

III.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.Vm. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

41

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe gegeben ist.

42

[Hinweis der Dokumentationsstelle: Der Berichtigungsbeschluss wurde in den Tenor eingearbeitet

43

Beschluss vom 31. Mai 2017

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Im Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 11. Mai 2017 wird der Tenor zur vorläufigen Vollstreckbarkeit dahin geändert, dass dieser nunmehr lautet: Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

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Gründe

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Die Berichtigung erfolgt gemäß § 118 VwGO von Amts wegen. Den Beteiligten wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

47

Der ursprüngliche Tenor zur vorläufigen Vollstreckbarkeit war offenbar unrichtig. Nach § 167 VwGO i.V.m. § 711 ZPO steht die Abwendungsbefugnis dem Schuldner - hier also der kostenbelasteten Beklagten - zu, wenn nicht der Gläubiger - hinsichtlich der Kosten also ersichtlich der Kläger - vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. Als Gläubiger ist versehentlich die Beklagte und nicht der Kläger in den Tenor aufgenommen worden. Hierbei handelt es sich um eine einem Schreibfehler ähnliche offenbare Unrichtigkeit.]

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