Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (7. Senat) - 7 A 10485/13


Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 8. Mai 2013 – 4 K 563/12.KO – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist bezüglich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

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Der am ... Februar 1983 geborene Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, begehrt seine Einbürgerung.

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Im November 1996 reiste er zu seinem für ihn allein sorgeberechtigten Vater in die Bundesrepublik Deutschland ein. Vom 16. September 1997 bis zum 9. März 2007 war er durchgehend im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis. Auf seinen Verlängerungsantrag vom 1. März 2007 hin wurde ihm am 21. Januar 2009 eine Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG erteilt.

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Am 10. Juni 2010 beantragte der Kläger seine Einbürgerung. Die daraufhin vom Beklagten beim Bundesamt für Justiz eingeholte Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 16. November 2010 enthielt die Eintragung, dass gegen den Kläger mit rechtskräftig gewordenem Strafbefehl des Amtsgerichts Bingen am Rhein vom 27. März 2007 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10,00 € festgesetzt worden ist.

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Darüber hinaus erlangte der Beklagte – nach eigenen Angaben aus der den Kläger betreffenden Ausländerakte – Kenntnis davon, dass dieser durch rechtskräftig gewordenes Urteil des Amtsgerichts Bingen am Rhein vom 28. November 2002 (Az.: 3541 Js 12059/02 jug 7 Ls) wegen Bedrohung in Tateinheit mit dem Führen einer Schusswaffe entgegen § 39 WaffG bei öffentlichen Veranstaltungen und wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer – zur Bewährung ausgesetzten – Jugendstrafe von zehn Monaten verurteilt worden war.

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Mit Bescheid vom 11. April 2011 lehnte der Beklagte den Einbürgerungsantrag des Klägers ab, da er zu verschiedenen Geld- und Freiheitsstrafen verurteilt worden sei. Nach Auskunft des Bundesamtes für Justiz trete die Tilgungsreife bei weiterer Straffreiheit erst am 27. März 2017 ein. Vorher sei eine Einbürgerung nicht möglich.

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Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 28. April 2011 Widerspruch, mit dem er im Wesentlichen geltend machte, die letzte Verurteilung liege mehr als vier Jahre zurück und sei nur ganz gering gewesen. Der schwerwiegendste Fall sei im Jahr 2002 gewesen. Er sei damals aber im jungen Alter von 19 Jahren gewesen. Jetzt sei er Vater und in einem gesetzten Alter.

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Der Kreisrechtsausschuss des Beklagten stellte Ermittlungen zum Stand zweier den Kläger betreffender, zwischenzeitlich indes eingestellter staatsanwaltlicher Ermittlungsverfahren an und zog die Akte des Verfahrens 3541 Js 12059/02 jug 7 Ls bei. Daraus ergab sich, dass das Amtsgerichts Bingen am Rhein durch Beschluss vom 10. August 2005 den Strafmakel gemäß § 100 JGG als beseitigt erklärt hatte.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2012 wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wies er unter anderem darauf hin, dass das Begehren des Klägers nur auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung gerichtet sein könne, da er noch türkischer Staatsangehöriger sei, dass diesem Begehren aber die Verurteilung zu einer Jugendstrafe trotz Beseitigung des Strafmakels der Verurteilung zu der Jugendstrafe nach § 100 JGG entgegenstehe. Zwar dürfe sie gemäß § 41 Abs. 3 BZRG den Einbürgerungsbehörden nicht mehr übermittelt werden. Ein Verwertungsverbot bestehe gemäß § 51 Abs. 1 BZRG aber nur dann, wenn die Eintragung getilgt worden oder zu tilgen sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Deshalb könne das Begehren des Klägers auch nicht auf § 8 StAG gestützt werden.

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Der Kläger hat am 21. Juni 2012 Klage erhoben, mit der er sein Begehren unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens weiterverfolgt hat.

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Mit Urteil vom 8. März 2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Einbürgerungszusicherung, weil er am 28. November 2002 zu einer – zur Bewährung ausgesetzten – Jugendstrafe von zehn Monaten und am 27. März 2007 zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt worden sei und weil diese Verurteilungen noch nicht gemäß § 51 BZRG getilgt, aber im Sinne von § 12a StAG beachtlich seien. Zwar sei der Strafmakel der gegen ihn verhängten Jugendstrafe als beseitigt erklärt worden, doch bestehe deshalb gemäß § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG nach der Rechtsprechung insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts nur ein Mitteilungs-, aber kein Verwertungsverbot. Der gegenteiligen Auffassung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes sei nicht zu folgen. Ein Verwertungsverbot bestehe auch nicht etwa wegen einer rechtswidrigen Erhebung oder Verwendung von Informationen; die Verfahrensweise der Einbürgerungs- und der Ausländerbehörde des Beklagten stehe – auch nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes – im Einklang mit §§ 24 Abs. 2 und § 26 Satz 1 VwVfG sowie mit § 32 Abs. 1 und 2 StAG. Letztlich berühre zwar die Verwertung der gegen den Kläger verhängten Jugendstrafe das durch Art. 2 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht in Form des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, doch sei dies zum Schutz der Gesellschaft vor Straftätern gerechtfertigt.

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Gegen das ihm am 25. März 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. April 2013 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und diese am 15. Mai 2013 begründet. Im Wesentlichen macht er geltend: Im vorliegenden Fall bestehe aufgrund der Besonderheit des Jugendstrafrechts infolge der Beseitigung des Strafmakels ein Verwertungsverbot. Deshalb hätte das Urteil vom 28. November 2002 bereits nach der Entmakelung aus der Ausländerakte entfernt werden müssen. Aus diesem Grund stelle sich die Informationserhebung des Beklagten als rechtswidrig dar und stehe nicht im Einklang mit § 32 Abs. 1 BZRG. Mithin dürfe die entmakelte, aber noch nicht tilgungsreife Jugendstrafe nicht verwertet werden, zumal dies zu einer völligen Aushöhlung von § 41 Abs. 3 BZRG führen würde.

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Der Kläger beantragt,

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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 8. März 2013 den Bescheid des Beklagten vom 11. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 22. Mai 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen,

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und verweist zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid seines Kreisrechtsausschusses sowie auf das Urteil des Verwaltungsgerichts.

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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitgegenstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten einschließlich der den Kläger betreffenden Ausländerakte verwiesen, die allesamt Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

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Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 11. April 2012 ist in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 22. Mai 2012 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 38 Abs. 1 VwVfG für den Fall seiner Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit.

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Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG setzt die Einbürgerung eines Ausländers nämlich auch voraus, dass er weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist. Dieses so genannte Unbescholtenheitserfordernis erfüllt der Kläger (zumindest derzeit noch) nicht.

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Zuletzt wurde gegen ihn mit rechtskräftig gewordenem und daher gemäß § 410 Abs. 3 StPO einem Urteil gleichstehendem Strafbefehl des Amtsgerichts Bingen am Rhein vom 27. März 2007 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10,00 € festgesetzt. Zudem hatte ihn das Amtsgericht Bingen am Rhein mit Urteil vom 28. November 2002 wegen Bedrohung in Tateinheit mit dem Führen einer Schusswaffe entgegen § 39 WaffG bei öffentlichen Veranstaltungen und wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer – zur Bewährung ausgesetzten – Jugendstrafe von zehn Monaten verurteilt.

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Diese Verurteilungen sind zunächst nicht gemäß § 12a Abs. 1 Satz 1 StAG unbeachtlich. Nach dieser Vorschrift bleiben bei der Einbürgerung außer Betracht Verurteilungen zu Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen (Nr. 2) und zu Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt und nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden ist (Nr. 3). Insoweit kann dahinstehen, ob es sich bei einer Jugendstrafe um eine Freiheitsstrafe im Sinne des § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG handelt, da der Kläger zu einer Jugendstrafe von zehn und nicht nur drei Monaten verurteilt worden ist. Außerdem sind zu diesen zehn Monaten gemäß § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG zwei weitere Monate wegen der – nur bei isolierter Betrachtung unbeachtlichen – Festsetzung der Geldstrafe von 60 Tagessätzen gegen den Kläger hinzuzurechnen. Mit zwölf Monaten wird die Grenze des § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG überdies um das Vierfache und damit nicht etwa nur "geringfügig" im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG überschritten (vgl. dazu nur BVerwG, Urteil vom 20. März 2012 – 5 C 5.11 – BVerwGE 142, 145 ff.).

24

Bezüglich beider Straftaten besteht auch kein Verwertungsverbot nach § 51 Abs. 1 BZRG. Zufolge dieser Bestimmung dürfen eine Tat und die Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwertet werden, wenn die diesbezügliche Eintragung im Bundeszentralregister getilgt worden oder zu tilgen ist. Die Eintragungen der zwei Verurteilungen des Klägers sind aber noch nicht getilgt worden und sind auch noch nicht zu tilgen; gemäß §§ 46 Abs. 1 Nr. 2 lit. a, 47 Abs. 3 Satz 1 BZRG tritt bezüglich beider Eintragungen Tilgungsreife – weitere Straffreiheit vorausgesetzt – zehn Jahre nach der zweiten Verurteilung und damit erst am 27. März 2017 ein.

25

Die Verurteilung des Klägers zu der auf Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe von zehn Monaten aus dem Jahr 2002 kann seinem Einbürgerungsbegehren auch noch trotz der zwischenzeitlichen Beseitigung des Strafmakels nach § 100 JGG entgegengehalten werden. Die Verurteilung des Klägers ist wegen ihrer Entmakelung nicht etwa "nicht zu berücksichtigen", "unbeachtlich", "nicht mehr einbürgerungshinderlich", "ohne Relevanz" oder "unerheblich" (so aber OVG Saarland, Urteil vom 12. Oktober 2011 – 1 A 246/11 – juris und teilweise AS 40, 238 ff.); die Beseitigung des Strafmakels nach § 97 oder § 100 JGG bei Jugendstrafen steht ihrer Tilgung im Bundeszentralregister nicht gleich (so aber Berlit in GK-StAR, Loseblatt, Stand Juli 2012, § 10 StAG Rn. 302).

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Allerdings sind gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 4 BZRG Verurteilungen, durch die auf Jugendstrafe erkanntworden ist, nicht in ein Führungszeugnis aufzunehmen, wenn der Strafmakel gerichtlich oder im Gnadenweg als beseitigt erklärt und die Beseitigung nicht widerrufen worden ist. Zwar darf von Eintragungen, die in ein Führungszeugnisnichtaufgenommenwerden,gleichwohlgemäߧ41Abs.1BZRG den Gerichten und den in dieser Bestimmung genannten Behörden – zum Teil nur zu bestimmten Zwecken – Kenntnis gegeben werden. Jedoch dürfen gemäß § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG außer den Strafgerichten und Staatsanwaltschaften für ein Strafverfahren gegen den Betroffenen Verurteilungen zu Jugendstrafe, bei denen der Strafmakel als beseitigt erklärt ist, nicht nach § 41 Abs. 1 BZRG mitgeteilt werden. Damit nimmt es der Gesetzgeber hin, dass zumindest im gesetzlich vorgesehenen Regelfall weder die zuständige Behörde noch das zuständige Gericht Kenntnis von einer Verurteilung erlangen, obwohl diese noch nicht getilgt und noch nicht tilgungsreif ist, und dass diese deshalb nicht berücksichtigt wird, obwohl sie hätte berücksichtigt werden müssen. Deswegen lässt sich § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG jedoch kein dem Verwertungsverbot des § 51 BZRG gleichstehendes Berücksichtigungs- oder Beachtensverbot entnehmen.Vielmehr führt die Entmakelung einer Jugendstrafe neben einer Verkürzung der Tilgungsfrist nach § 46 Abs. 1 Nr. 1 lit. f BZRG nur zu einer Einschränkung des Umfangs der Auskunftserteilung nach § 41 Abs. 1 BZRG, hindert aber jedenfalls dann nicht ihre Berücksichtigung, wenn die Behörde oder das Gericht nicht durch Auskunft aus dem Bundeszentralregister, sondern sonst rechtmäßigerweise von dieser Verurteilung Kenntnis erlangt haben (ebenso Sachsenmaier in HTK-StAR, Nr. 4 zu § 10 Abs.1 Satz 1 Nr. 5 StAG [Stand 05/2013]).

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Dies folgt bereits aus dem eindeutigen Wortlaut beider Bestimmungen. Gemäß § 51 Abs. 1 BZRG dürfen die Tat und die Verurteilung dem Betroffenen nicht mehr vorgehalten und vor allem nicht mehr zu seinem Nachteil "verwertet" werden, wenn die diesbezügliche Eintragung im Bundeszentralregister getilgt oder zu tilgen ist; § 51 BZRG ist ausdrücklich mit "Verwertungsverbot" überschrieben. Demgegen-über dürfen gemäß § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG u.a. Verurteilungen zu Jugendstrafe, bei denen der Strafmakel als beseitigt erklärt ist, nicht nach § 41 Abs. 1 BZRG "mitgeteilt" werden. Diese Regelung stellt überdies systematisch eine Ausnahme zu § 41 Abs. 1 BZRG dar, wonach Eintragungen, die nicht in ein Führungszeugnis aufgenommen werden dürfen, gleichwohl den im Folgenden genannten Gerichten und Behörden – zum Teil nur zu bestimmten Zwecken – "mitgeteilt" werden dürfen; § 41 BZRG ist mit "Umfang der Auskunft" überschrieben.

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Gegen ein aus § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG folgendes, dem Verwertungsverbot des § 51 BZRG gleichstehendes Berücksichtigungs- oder Beachtensverbot spricht ferner der Umstand, dass es sich bei § 51 BZRG um ein absolutes Verwertungsverbot handelt, wohingegen § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG nicht uneingeschränkt gilt. So dürfen gemäß § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG auch Verurteilungen zu Jugendstrafe, deren Strafmakel als beseitigt erklärt wurde, Strafgerichten und Staatsanwaltschaften für ein Strafverfahren gegen den Betroffenen mitgeteilt werden. Daneben gilt das grundsätzliche Verbot der Auskunftserteilung über entmakelte Jugendstrafen nach § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG an sonstige Gerichte und Behörden gemäß § 41 Abs.3 Satz 2 BZRG nicht im Falle einer ganzen Reihe in dieser Vorschrift genannter Straftaten. Zudem dürfen gemäß § 43 BZRG oberste Bundes- oder Landesbehörden Eintragungen, die in ein Führungszeugnis nicht aufgenommen werden, also auch entmakelte Verurteilungen zu Jugendstrafe, einer nachgeordneten oder ihrer Aufsicht unterstehenden Behörde mitteilen, wenn dies zur Vermeidung von Nachteilen für den Bund oder ein Land unerlässlich ist oder wenn andernfalls die Erfüllung öffentlicher Aufgaben erheblich gefährdet oder erschwert würde.

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Hätte der Gesetzgeber mit der Regelung in § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG über das Mitteilungsverbot hinaus wenigstens ein eingeschränktes Verwertungsverbot beabsichtigt, so hätte er ein solches zudem in § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG ausdrücklich anordnen oder dieses gar in § 51 BZRG – etwa als dessen Absatz 2 – aufnehmen können. Dies berücksichtigt das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes in seinem Urteil vom 12. Oktober 2011 – 1 A 246/11 – a.a.O. nicht.

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Nach alledem beschränkt sich § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG auch seinem Regelungszweck nach auf eine Einschränkung des Umfangs der Auskunftserteilung nach § 41 Abs. 1 BZRG, hindert aber jedenfalls dann nicht die Berücksichtigung einer entmakelten, aber noch nicht getilgten oder tilgungsreifen Verurteilung zu Jugendstrafe, wenn die Behörde oder das Gericht rechtmäßigerweise von dieser Verurteilung Kenntnis erlangt haben. Von Letzterem ging in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die Ausländerbehörde des Beklagten gemäß § 76 Abs.1 und 4 AuslG1990 i.V.m. Nr. 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 5 der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra) von dem Urteil des Amtsgerichtes Bingen am Rhein vom 28. November 2002 erfahren hatte und gemäß § 32 Abs. 1 StAG der Einbürgerungsbehörde des Beklagten durch die von dieser erbetenen Überlassung der den Kläger betreffenden Ausländerakte die diesbezüglichen personenbezogenen Daten übermittelt hatte, zu Recht jedoch auch das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes in seinem Urteil vom 12. Oktober 2011 – 1 A 246/11 – juris Rn. 58 aus. Dessen Annahme, dass das Auskunftserteilungsverbot des § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG und das Recht des Verurteilten nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 BZRG, sich als unbestraft zu bezeichnen und den der Verurteilung zugrundeliegenden Sachverhalt nicht zu offenbaren, im Verhältnis zu den in § 41 Abs. 1 BZRG genannten Gerichten und Behörden "wertlos" seien, nur weil in einem konkreten Verfahren die rechtmäßig anderweitig erlangte Kenntnis von einer Jugendstrafe berücksichtigt werden darf, trifft indes nicht zu. Das Recht des Verurteilten nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 BZRG gilt überdies nicht nur im Verhältnis zu den in § 41 Abs. 1 BZRG genannten Gerichten und Behörden, sondern ganz allgemein. Eine andere Sichtweise ist schließlich auch nicht etwa in den Fällen geboten, in denen der Strafmakel einer Jugendstrafe – anders als im vorliegenden Fall und im dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 12. Oktober 2011 – 1 A 246/11 – a.a.O. zugrundeliegenden Fall – nach § 97 JGG als beseitigt erklärt worden ist, weil der Jugendrichter die Überzeugung erlangt hat, dass sich ein zu Jugendstrafe verurteilter Jugendlicher durch einwandfreie Führung als rechtschaffener Mensch erwiesen hat. Berücksichtigt in einem solchen Fall eine Behörde oder ein Gericht die rechtmäßig erlangte Kenntnis von dieser Jugendstrafe, so stellt dies schon im Ansatz kein Hinwegsetzen über die Überzeugung des Jugendrichters dar (so aber das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes in seinem Urteil vom12. Oktober 2011 – 1 A 246/11 – juris Rn. 63 und 64).

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Auch nach der – bislang allerdings ausschließlich ausländerrechtlichen – Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht führt die Beseitigung des Strafmakels nach § 100 JGG nicht dazu, dass die Tat und die Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwen- det werden darf, sondern gemäß § 41 Abs. 3 BZRG lediglich zu einer Einschränkung des Umfangs der Auskunftserteilung und gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 1 lit. f BZRG zu einer Verkürzung der Tilgungsfrist (so dessen Beschluss vom 26. Februar 1997 – 1 B 5.97 – Buchholz 402.240 § 45 AuslG 1990 Nr.8 S.14). Ferner hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 17. März 2004 – 1 C 5.03 – NVwZ 2004, 997 das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 12. September 2002 – 13 S 880/00 – EzAR 271 Nr. 37 S. 4 f., in dem unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Februar 1997 eine Jugendstrafe, obwohl deren Strafmakel als beseitigt erklärt worden war, einer Einbürgerung entgegengehalten worden war, insoweit ohne eigene Begründung als rechtmäßig bestätigt. Außerdem hatte das Bundesverwaltungsgericht zur vergleichbaren Bestimmung in § 57 Abs. 1 BZRG a.F., wonach Auskünfte aus dem Erziehungsregister nur bestimmten Behörden und Gerichten erteilt werden durften, entschieden, dass § 57 BZRG a.F. auch im Zusammenhang mit § 59 BZRG a.F. kein grundsätzliches Verwertungsverbot begründe und dass ein solches Verbot nach §§ 49, 55, 58 Abs. 4 BZRG a.F. nur für getilgte und tilgungsreife Eintragungen bestehe, nicht aber für Vorgänge, über die aus dem Register nur beschränkt Auskunft erteilt werde (vgl. dessen Beschluss vom 14. Februar 1984 – 1 B 10.84 – NJW 1984,1315 [1316]). Hieran hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich auch für § 61 Abs. 1 BZRG n.F. festgehalten und ergänzend ausgeführt, die Rechte des Betroffenen würden dadurch nicht verkürzt, da das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG gegenüber der Ausländerbehörde unabhängig davon wirke, auf welche Weise sie die entsprechenden Informationen erhalten habe, und da daneben der Löschungsanspruch nach § 91 Abs. 2 AufenthG hinsichtlich der Daten trete, die von öffentlichen Stellen übermittelt worden seien und für eine anstehende und voraussichtlich auch für eine spätere ausländerrechtliche Maßnahme nicht erheblich werden könnten (vgl. dessen Beschluss vom 23. September 2009 – 1 B 16.09 – InfAuslR 2009, 447).

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Die Einwendungen des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes in seinem Urteil vom 12. Oktober 2011 – 1 A 246/11 – juris Rn. 69 bis 74 gegen diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts rechtfertigen kein anderes Ergebnis.

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So trifft es zunächst nicht zu, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 1997 – 1 B 5.97 – a.a.O. die Beseitigung des Strafmakels einer Verurteilung zu einer Jugendstrafe nach § 100 JGG nur deswegen als einer Ausweisung nicht entgegenstehend erachtet habe, weil es nach seiner damaligen Rechtsprechung zur Beurteilung von deren Rechtmäßigkeit auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abgestellt habe, die jedoch vor der Beseitigung des Strafmakels ergangen sei. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, es sei nicht – wie indes erforderlich – dargelegt worden, "dass und warum eine Prüfung der Ausweisung und der Androhung der Abschiebung nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts zu einer anderen Entscheidung geführt hätte. Namentlich führt die Beseitigung des Strafmakels nach § 100 JGG nicht dazu, dass die Tat und die Verurteilung den Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwendet werden dürfte. Diese Entscheidung führt lediglich zu einer Einschränkung des Umfangs der Auskunftserteilung" (kursive Hervorhebung durch den Senat).

34

Ferner haben das Bundesverwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg nicht etwa "übersehen, dass das Bundeszentralregistergesetz … gewährleisten will, dass – ausschließlich – die Staatsanwaltschaften und Strafgerichte im Fall eines neuen Ermittlungs- beziehungsweise Strafverfahrens gegen den Betroffenen gemäß § 41 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. BZRG über die entmakelte, aber noch nicht getilgte Jugendstrafe unterrichtet werden" und dass "dieses spezielle Ziel … nach den geltenden Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes nur dadurch erreicht werden" kann, "dass die entmakelte Jugendstrafe nicht getilgt wird". Oben wurde indes bereits aufgezeigt, dass bezüglich des Auskunftserteilungsverbots des § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG weitere Einschränkungen bestehen und dass ein eingeschränktes Verwertungsverbot, hätte der Gesetzgeber ein solches beabsichtigt, unschwer in § 41 Abs. 3 Satz 1 oder in § 51 BZRG hätte ausdrücklich geregelt werden können.Zudem wird im Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 12. Oktober 2011 – 1 A 246/11 – a.a.O. der eindeutige Wortlaut von § 41 Abs. 3 Satz 1 und § 51 Abs. 1 BZRG letztlich nicht beachtet.

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Richtig ist im Zusammenhang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 61 BZRG zwar der Hinweis des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes darauf, dass es im Staatsangehörigkeitsgesetz keine § 91 Abs. 2 AufenthG entsprechende Löschungsvorschrift gibt. Jedoch wirkt sich diese Bestimmung mittelbar auch im Einbürgerungsverfahren aus, da die Einbürgerungsbehörde im Falle einer Löschung nach § 91 Abs. 2 AufenthG über die Beiziehung der den Einbürgerungsbewerber betreffenden Ausländerakte keine Kenntnis mehr von einer Verurteilung erhält. Ferner trifft es zwar zu, dass die Voraussetzungen eines Löschungsanspruchs nach § 91 Abs. 2 AufenthG selten erfüllt sein werden. Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes übergeht insoweit aber den Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht vorrangig auf die Schutzwirkung des § 51 Abs.1 BZRG abgestellt hat.

36

Auch sonst sprechen keine Besonderheiten des Einbürgerungsverfahrens dafür, dass § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG ein relatives Berücksichtigungs- oder Beachtensverbot von Verurteilungen zu Jugendstrafe enthält, deren Strafmakel als beseitigt erklärt wurde. Im Gegenteil: Diesbezüglich ist nämlich zunächst § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG in den Blick zu nehmen. Danach sind im Einbürgerungsverfahren grundsätzlich alle Verurteilungen zu einer Strafe wegen einer rechtswidrigen Tat in dem Sinne "erheblich" bzw. "zu berücksichtigen" und "zu beachten", dass sie einer Einbürgerung entgegenstehen, also einbürgerungshinderlich sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 2012 – 5 C 5.11 – a.a.O. S. 149 Rn. 17). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz enthält zunächst § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 StAG, wonach Verurteilungen unterhalb bestimmter Bagatellgrenzen unbeachtlich sind. Eine weitere Ausnahme von diesem Grundsatz lässt § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG zu, der eine Einzelfallentscheidung ermöglicht, sofern die Verurteilung den durch § 12a Abs. 1 Satz 1 und 2 StAG vorgegebenen Rahmen nur geringfügig überschreitet. Ferner enthält § 51 Abs. 1 BZRG eine dritte Ausnahme vom Grundsatz des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG, da danach eine Tat und die Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwertet werden dürfen, wenn die diesbezügliche Eintragung im Bundeszentralregister getilgt worden oder zu tilgen ist. Angesichts des Grundsatzes des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG liegt die Annahme fern, der Gesetzgeber habe neben dessen ausdrücklichen Einschränkungen durch § 12a Abs. 1 StAG und insbesondere neben dem ausdrücklichen absoluten Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG auch das eingeschränkte Verbot des § 41 Abs. 3 BZRG, das er zudem als bloßes Auskunftserteilungsverbot ausgestaltet hat, im Einbürgerungsverfahren als relatives Verwertungsverbot verstanden wissen wollen für die Fälle, in denen die Einbürgerungsbehörde oder das Verwaltungsgericht trotz des Auskunftserteilungsverbots Kenntnis von einer entmakelten, aber noch nicht getilgten oder tilgungsreifen Verurteilung des Einbürgerungsbewerbers zu einer Jugendstrafe erhalten.

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In diesem Zusammenhang ist ferner Folgendes zu sehen: Da gemäß § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG bei der Einbürgerung "die Verhängung von Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz" außer Betracht bleiben, spricht alles dafür, dass der Gesetzgeber diese Bestimmung um die Wortfolge "sowie Verurteilungen zu Jugendstrafe, deren Strafmakel als beseitigt erklärt wurde" ergänzt hätte, hätte er gewollt, dass auch entmakelte Jugendstrafen im Einbürgerungsverfahren generell außer Betracht bleiben sollen.

38

Gegen einen solchen Willen des Gesetzgebers spricht auch eine Änderung des Einbürgerungsrechts durch das Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950). Bis zum 31. Dezember 2004 galt nämlich § 88 AuslG 1990 als Vorgängervorschrift von § 12a StAG. Nach § 88 Abs. 1 Satz 1 AuslG 1990 blieben bei der Einbürgerung nach § 85 AuslG 1990 außer Betracht die Verhängung von Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz (Nr. 1), Verurteilungen zu Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen (Nr. 2) und Verurteilungen zu Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt und nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden sind (Nr. 3), nach § 88 Abs. 2 AuslG 1990 erhielt ein Ausländer im Falle der Verhängung von Jugendstrafe bis zu einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt ist, eine Einbürgerungszusicherung für den Fall, dass die Strafe nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen wird. Gemäß § 88 Abs. 2 AuslG 1990 stand damit letztlich eine Verurteilung zu Jugendstrafe bis zu einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt und nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden war, wie andere Verurteilungen unterhalb der Bagatellgrenzen unabhängig von ihrer Tilgung oder Tilgungsreife einer Einbürgerung nicht entgegen. Der Gesetzgeber beabsichtigte zunächst, die Regelungen in § 88 Abs. 1 und 2 AuslG 1990 unverändert in § 12a Abs. 2 StAG zu transferieren (vgl. BT-Drucks. 15/420 S. 48). Nachdem aber die CDU/CSU-Fraktion beantragt hatte, im geplanten § 12a Abs. 1 Satz 1 StAG die Bagatellgrenzen in den Nummern 2 und 3 auf 90 Tagessätze bzw. drei Monate Freiheitstrafe zu senken und die Regelung im bisherigen § 88 Abs. 2 AuslG 1990 nicht zu übernehmen, weil diese Privilegierung bei der Verhängung von Jugendstrafe außer Verhältnis zu den neuen Bagatellgrenzen stehen würde (vgl. BT-Drucks. 15/955 S. 42), blieb es auf Empfehlung des Vermittlungsausschusses (vgl. BT-Drucks. 15/3479 S. 15) zwar bei der unveränderten Transferierung von § 88 Abs. 1 AuslG 1990 in § 12a Abs. 1 StAG, entfiel jedoch die Regelung im bisherigen § 88 Abs. 2 AuslG 1990 ersatzlos. Angesichts der damit beabsichtigten uneingeschränkten und einbürgerungshindernden Beachtlichkeit auch von zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafen, bei denen die Strafe nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen wurde, hätte der Gesetzgeber gleichzeitig eine entsprechende Änderung von § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG vorgenommen, enthielte diese Bestimmung nach seinem Willen ein zumindest eingeschränktes Berücksichtigungsverbot, da gemäß § 26a Satz 1 JGG eine Jugendstrafe stets dann erlassen wird, wenn eine Strafaussetzung zur Bewährung nicht widerrufen wurde, und da gemäß § 100 Satz 1 JGG in diesem Fall ohne weitere Prüfung zugleich auch der Strafmakel als beseitigt erklärt wird, sofern der Betreffende nicht zu mehr als zwei Jahren Jugendstrafe verurteilt worden war. Mehr noch: Enthielte nach dem Willen des Gesetzgebers § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG ein – wenn auch eingeschränktes – Berücksichtigungsverbot bezüglich zur Bewährung ausgesetzter Jugendstrafen bis zu zwei Jahren, bei denen die Aussetzung nicht widerrufen und letztlich schon deshalb der Strafmakel gemäß § 100 Satz 1 JGG als beseitigt erklärt wurde, so wäre § 88 Abs. 2 AuslG 1990 daneben überflüssig gewesen, soweit nicht der Verurteilung eine der in § 41 Abs. 3 Satz 2 BZRG genannten Straftaten zugrunde lag.

39

Der Senat verkennt bei alledem nicht, dass aufgrund der Regelung in § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG zumindest im gesetzlich vorgesehenen Regelfall der Einbürgerungsbehörde und dem Verwaltungsgericht eine Verurteilung zu einer noch nicht getilgten und noch nicht tilgungsreifen Jugendstrafe im Falle ihrer zwischenzeitlichen Entmakelung unbekannt bleibt, obwohl diese gemäß § 10 Abs.1 Satz 1 Nr.5 StAG im Einbürgerungsverfahren berücksichtigt werden müsste, und dass es von eher zufälligen Umständen des Einzelfalles abhängt, ob die Einbürgerungsbehörde und das Verwaltungsgericht trotz des Auskunftserteilungsverbotes des § 41 Abs.3 Satz1 BZRG auf rechtmäßigem Wege gleichwohl Kenntnis von einer solchen Verurteilung erlangen und einem Einbürgerungsbegehren entgegenhalten. Wie indes bereits das Verwaltungsgericht angemerkt hat, obliegt es allein dem Gesetzgeber, die bestehende Rechtslage zu ändern.

40

Die Erfüllung des Unbescholtenheitserfordernisses ist gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG auch Voraussetzung für eine Einbürgerung im Ermessenswege. Umstände, die die Annahme rechtfertigten, dass von der Erfüllung dieses Erfordernisses gemäß § 8 Abs. 2 StAG aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden kann, hat der Kläger nicht geltend gemacht und sind auch sonst nicht ersichtlich. Ist deshalb das Einbürgerungsermessen des Beklagten nicht eröffnet, kommt auch nicht etwa die Verpflichtung des Beklagten auf Neubescheidung des Antrags des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats in Betracht.

41

Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

43

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

44

Die Revision ist zuzulassen, da diesem Urteil das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 12. Oktober 2011 – 1 A 246/11 – a.a.O. und die Kommentierung von Berlit entgegenstehen, da sich – soweit ersichtlich – der für das Staatsangehörigkeitsrecht zuständige Senat des Bundesverwaltungsgerichts mit der Frage, ob § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG über ein Auskunftserteilungsverbot hinaus auch ein zumindest eingeschränktes Berücksichtigungsverbot darstellt, noch nicht befasst hat und da der Rechtssache daher im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO grundsätzliche Bedeutung zukommt.

45

Beschluss

46

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG für das Berufungsverfahren auf 10.000,00 € festgesetzt.

47

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

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