Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (9. Senat) - 9 C 11880/17
Tenor
Der Einstellungsbeschluss des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum (DLR) W... vom 27. September 2016 und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 2. November 2017 werden aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1.) und zu 2.), die diese jeweils selbst tragen.
Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der Klägerin für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Das Verfahren ist gebührenpflichtig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Klägerin wendet sich als Teilnehmerin des vereinfachten Flurbereinigungsverfahren K... gegen die Einstellung des Flurbereinigungsverfahrens.
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Sie ist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts Inhaberin eines landwirtschaftlichen Betriebs mit Sitz in der Gemeinde W..., der Milchviehhaltung, Ackerbau und Grünlandbewirtschaftung auf einer Gesamtfläche von 220 ha betreibt, von denen ca. 5 ha Eigentumsflächen und ca. 15 ha Pachtflächen im Flurbereinigungsgebiet liegen.
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Mit Beschluss vom 25. Mai 1959 ordnete das damalige Ministerium für Landwirtschaft, Weinbau und Forsten als Obere Flurbereinigungsbehörde gemäß § 4 des Flurbereinigungsgesetzes (FlurbG) das Flurbereinigungsverfahren K... an und setzte das Flurbereinigungsgebiet in Teilen der Gemarkung der damals selbständigen Gemeinde K... fest. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die Grundstücke in den einbezogenen Gemarkungsteilen seien im Verhältnis zur Größe der Besitzstände zu klein und lägen in unwirtschaftlich starker Gemengelage; sie seien nicht hinreichend durch Wege erschlossen; auch sei die Einbeziehung der Ortslage K... notwendig, weil die Grenzen dort vielfach unklar seien und auch die Wegeführung in der Ortslage und an deren Rand verbesserungsbedürftig sei.
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Nach der Wahl des Vorstands der Teilnehmergemeinschaft am 9. Juli 1959 wurden in den Jahren 1959/1960 von den Teilnehmern Beitragsvorschüsse in einem heutigen Gesamtwert (einschließlich Anlagerenditen) von ca. 150.000 € erhoben und u. a. eine Bodenschätzung durchgeführt sowie ein Bodenverbesserungsbericht und ein Erläuterungsbericht zum Wege- und Gewässerplan erstellt. Nachdem ein Gutachten des Geologischen Landesamtes vom 15. Februar 1963 ein Bimsverkommen im Flurbereinigungsgebiet ermittelt hatte, wurde das Verfahren vom damaligen Kulturamt M... im Einvernehmen mit dem Ministerium wegen der mit dem Bimsvorkommen verbundenen Schwierigkeiten bei der wertgleichen Abfindung der Teilnehmer ruhend gestellt.
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Nachdem die Bodenschätze bis zum Jahre 2009 weitgehend ausgebeutet worden waren, führte das als Flurbereinigungsbehörde inzwischen zuständige Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum W... (im Folgenden: DLR) am 9. Dezember 2009 eine öffentliche Informationsveranstaltung zur Vorstellung geplanter projektbezogener Untersuchungen und zum möglichen weiteren Vorgehen durch. Da die ursprünglichen Vorstandsmitglieder der Teilnehmergemeinschaft entweder verstorben oder von ihren Ämtern zurückgetreten waren, wurde am 20. Juni 2011 gemäß § 21 FlurbG eine Neuwahl des Vorstandes der Teilnehmergemeinschaft durchgeführt. Es wurden nur solche Kandidatinnen und Kandidaten in den 7-köpfigen Vorstand gewählt, die sich bei der Vorstellung zuvor als Gegner einer Fortführung des Flurbereinigungsverfahrens zu erkennen gegeben hatten. Wahlanfechtungen blieben erfolglos.
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Am 25. Oktober 2015 führte die Teilnehmergemeinschaft eine Abstimmung zur Frage einer Weiterbearbeitung oder Einstellung des Flurbereinigungsverfahrens durch, bei der sich 81 Teilnehmer gegen und 49 Teilnehmer für eine Weiterführung des Flurbereinigungsverfahrens aussprachen.
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Im Rahmen der Anhörung nach §§ 9 Abs. 1 S. 2 i. V. m. 5 Abs. 2 FlurbG erklärte die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz mit Schreiben vom 1. Juni 2016, sie stimme der geplanten Einstellung des Flurbereinigungsverfahrens nicht zu: Das Anwachsen der Zahl der Gegner der Flurbereinigung nach deren Anordnung sei grundsätzlich kein nachträglich eingetretener Umstand i. S. v. § 9 Abs. 1 FlurbG; aus agrarstruktureller Sicht sollte das Verfahren fortgeführt werden, um eine Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft durch Vergrößerung der Flurstücke, Optimierung der Flurstückform sowie der Schlaggröße und der Anbindung der Flurstücke an ein bedarfsgerechtes Wegenetz zu erzielen. Das eine landwirtschaftliche Nutzfläche von ca. 300 ha umfassende Verfahrensgebiet gliedere sich in ca. 4.000 Flurstücke und gehöre ca. 250 Eigentümern. Mehr als die Hälfte der Flurstücke sei nicht über einen katastermäßig erfassten Weg erschlossen. Auch genügten das vorhandene Wegenetz sowie der Ausbauzustand der Wege nicht den heutigen Anforderungen an ein ländliches Wegenetz. Bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung des Ortsbauernvereins am 25. Mai 2016 stimmten von 12 anwesenden Mitgliedern 10 für die Fortführung des Verfahrens.
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Nach Durchführung einer Informationsveranstaltung am 7. Juli 2015 und öffentlicher Bekanntmachung einer Information über die beabsichtigte Einstellung des Flurbereinigungsverfahrens gemäß §§ 9 i. V. m. 5 Abs. 1 FlurbG stellte das DLR mit Einstellungsbeschluss vom 27. September 2016 – öffentlich bekanntgemacht am 7. Oktober 2016 – das Vereinfachte Flurbereinigungsverfahren K... gemäß § 9 Abs. 1 FlurbG ein. Zur Begründung wurde ausgeführt: Über die zurückliegenden Jahrzehnte sei eine nachhaltige agrarstrukturelle Verbesserung im Flurbereinigungsgebiet durch private Maßnahmen (Kauf, Pacht, Tausch) eingetreten, die zu einer wesentlichen Vergrößerung der Bewirtschaftungseinheiten geführt hätten. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in K... sei von ehemals 30 auf drei zurückgegangen; daneben wirtschafteten noch einige Ausmärker in K.... Aufgrund der Betriebs- und Bewirtschaftungsverhältnisse erscheine die langfristige Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen gesichert. Das vorhandene Hauptwirtschaftswegenetz sei ausreichend dimensioniert. Die Wege seien weitestgehend in einem guten Zustand und sorgten für eine ausreichende Erschließung der durch private Maßnahmen geschaffenen Bewirtschaftungsflächen. Die Probleme in der Ortslage seien durch Ausweisung von Neubaugebieten sowie Erschließungs- und Straßenausbaumaßnahmen seitens der Stadt A... weitestgehend gelöst. Neben diesen objektiven Kriterien sei auch zu berücksichtigten, dass unter den Teilnehmern keine Einigkeit über die Durchführung einer Flurbereinigung bestehe; bei der durchgeführten Abstimmung hätten bei einer Wahlbeteiligung von 78 % 62 % der Eigentümer für die Einstellung des Verfahrens gestimmt. Auch aus der Stellungnahme der Landwirtschaftskammer ergäben sich keine zwingend gegen die Verfahrenseinstellung sprechenden Gründe. Die Bildung größerer Bewirtschaftungseinheiten durch Privatmaßnahmen, die Reduzierung der Zahl der Betriebe im Verfahrensgebiet, die vorhandene ausreichende Erschließung der großen Bewirtschaftungseinheiten über ein intaktes Hauptwirtschaftswegenetz, die Lösung von Problemen in der Ortslage und die ablehnende Haltung einer Mehrheit der Grundstückseigentümer seien nachträglich eingetretene Umstände i. S. v. § 9 Abs. 1 FlurbG. Der angestrebte agrarstrukturelle Erfolg der angeordneten Flurbereinigung sei hier auch ohne eigentumsverändernde Bodenordnung eingetreten. Zudem seien im Flurbereinigungsverfahren bisher weder eigentumsbezogene Maßnahmen und Festsetzungen noch Baumaßnahmen oder anderweitige rechtliche Regelungen erfolgt. Außer der getroffenen Regelung zum Verbleib des vorhandenen Restkassenbestandes der Teilnehmergemeinschaft seien keine Regelungen zur Herstellung eines geordneten Zustandes i. S. v. § 9 Abs. 2 FlurbG erforderlich. Schließlich stehe der mögliche agrarstrukturelle Erfolg auch in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zu den entstehenden Ausführungs- und Verfahrenskosten.
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Zur Begründung ihres hiergegen mit Schreiben vom 18. Oktober 2016 erhobenen Widerspruchs hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, entgegen der Ansicht des DLR hätten sich die Umstände, die seinerzeit Anlass für die Flurbereinigung gewesen seien, nicht nachträglich geändert. Aufgrund der weiterhin bestehenden Zersplitterung des Grundbesitzes sei die Fortführung des Verfahrens notwendiger denn je, auch wegen der geänderten Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft. Eine nachhaltige Strukturverbesserung der landwirtschaftlichen Flächen sei trotz privater Maßnahmen der Landwirte nicht eingetreten, vielmehr wirtschafteten einzelne Landwirte auf eigenes Risiko ohne Rechtssicherheit auf Grundstücken verschiedener Eigentümer. Die langfristige Bewirtschaftung von Flächen sei nicht gesichert. Die Lage und der Schnitt der Flurstücke sei weder für die Eigentümer noch für die Bewirtschafter ohne Einschaltung eines Vermessers zu bestimmen. Auch sei ein großer Teil der Grundstücke nicht erschlossen. Wege seien rechtlich nicht gesichert, weil sie teilweise quer durch Grundstücke verliefen mit der Folge, dass das Überfahren durch damit nicht einverstandene Grundstückseigentümer jederzeit untersagt werden könnte. Die vorhandenen Hauptwirtschaftswege stimmten größtenteils nicht mit dem Kataster überein. Auch seien die Wege überwiegend nicht befestigt und bei ungünstiger Witterung mit modernen Maschinen nicht befahrbar. Da am Flurbereinigungsverfahren 420 Eigentümer mit einer Teilfläche von ca. 300 ha, die sich auf ca. 4.000 Grundstücke verteile, beteiligt seien, entfielen auf das einzelne Flurstück durchschnittlich 0,075 ha und auf jeden Teilnehmer 0,7143 ha; dies entspreche nicht den heutigen Anforderungen an die Landwirtschaft. Zudem sei die durchgeführte Abstimmung nicht repräsentativ gewesen, da die für die Einstellung stimmenden Eigentümer nur etwa 30 %, die Befürworter der Fortführung aber ca. 70 % der Fläche repräsentiert hätten. Im Übrigen komme es auf das Ergebnis der Teilnehmerbefragung nicht entscheidend an. Soweit höhere Kosten als die bisher angenommenen 350.000 € entstehen sollten, sei zu berücksichtigen, dass das Kosteninteresse der Beteiligten nicht zu den Voraussetzungen einer Flurbereinigung gehöre; die sich mit der Durchführung der Flurbereinigung ergebenden wirtschaftlichen Vorteile für Eigentümer und Bewirtschafter überstiegen die Ausführungs- und Verfahrenskosten. Der Einstellungsbeschluss sei daher in hohem Maße ermessensfehlerhaft.
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Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (im Folgenden: ADD) wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 2. November 2017 im Wesentlichen mit folgender Begründung zurück: Da das Flurbereinigungsverfahren viele Jahrzehnte geruht habe, komme seine Wiederaufnahme einer Neuanordnung gleich. Die Voraussetzungen für eine Weiterführung seien daher an den Voraussetzungen für eine Neuanordnung zu messen. Da diese Voraussetzungen hier nicht vorlägen, sei die Einstellung des Flurbereinigungsverfahrens rechtmäßig und geboten gewesen. Bei der Ausübung ihres Einstellungsermessens habe die Flurbereinigungsbehörde zu Recht das in einem Schreiben des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten vom 26. August 2011 eingeführte Bewertungskriterium der breiten Akzeptanz der Grundstückseigentümer beachtet; daran fehle es hier, weil sich 62 % der Abstimmungsteilnehmer gegen eine Fortführung des Verfahrens ausgesprochen hätten. Allerdings sei das Abstimmungsergebnis nur ein Parameter in der Abwägung. Die Einstellung des Flurbereinigungsverfahrens sei hier insbesondere aus objektiven Gründen recht- und zweckmäßig: So habe das DLR in nicht zu beanstandender Weise bei seiner Ermessensentscheidung berücksichtigt, dass eine Flurbereinigung erhebliche Ausführungskosten verursache, die nur zu einem geringen Teil durch die Beiträge der Teilnehmer, im Wesentlichen aber durch öffentliche Zuschüsse gedeckt werden müssten, wozu noch die Verwaltungskosten für den Personal- und Sachaufwand der Flurbereinigungsbehörde kämen. Die Agrarstruktur im Verfahrensgebiet sei für eine zeitgemäße Bewirtschaftung ausreichend. Sie habe sich seit der Anordnung des Flurbereinigungsverfahrens erheblich verbessert. Zwar bestehe das Verfahrensgebiet aus einer Vielzahl von Kleinstparzellen, die jedoch im Rahmen des Strukturwandels und aufgrund privatrechtlicher Regelungen (insbesondere Grundstückskauf, Zupachtung und Pachttausch) zu größeren und erschlossenen Einheiten zusammengewachsen seien. Zwar sei anlässlich der Widerspruchsverhandlung und Ortsbesichtigung festgestellt worden, dass ein einzelner Teilnehmer (der Beigeladene zu 2.) die in seinem Eigentum stehenden Kleinstparzellen „ausgepfählt“ und hierdurch die gewachsenen Strukturen zerstört habe. Der sich hieraus ergebende agrarstrukturelle Mangel sei jedoch von diesem Teilnehmer willkürlich – entgegen seiner Pflicht aus Art. 14 Abs. 2 GG – herbeigeführt worden. Es sei nicht Aufgabe der Flurbereinigungsbehörden, die aufgrund eines solchen Verhaltens entstandenen agrarstrukturellen Mängel auszugleichen. Unabhängig davon habe sich die agrarstrukturelle Situation im Flurbereinigungsgebiet seit der Anordnung des Verfahrens im Jahre 1959 durch privatrechtliche Regelungen so grundlegend gewandelt, dass eine staatlich geleitete eigentumsregelnde Flurbereinigung nicht mehr notwendig und gegen den Willen der Mehrheit der Grundeigentümer auch nicht zweckmäßig sei.
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Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren unter Wiederholung und Vertiefung ihres Widerspruchsvorbringens weiter und führt insbesondere noch aus:
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Die Erwägungen im Widerspruchsbescheid beruhten auf einer Verkennung der tatsächlichen Gegebenheiten und einer fehlerhaften rechtlichen Bewertung. Mit dem Hinweis auf – vermeintlich – willkürliches und unsoziales Verhalten eines einzelnen Grundstückseigentümers, des Beigeladenen zu 2.), habe sich die Behörde bei ihrer Ermessensausübung von sachfremden Gesichtspunkten leiten lassen: Das Verhalten des Beigeladenen zu 2.), im Zuge einer von ihm angestrebten Neuverpachtung seiner im Flurbereinigungsgebiet gelegen ca. 12 ha Fläche, die sich auf ca. 200 Einzelgrundstücke verteile, die Grenzen dieser Grundstücke in der Örtlichkeit abpflocken zu lassen, um die Lage den neuen Pächtern nachweisen zu können, sei weder willkürlich noch unsozial. Als Eigentümer sei er berechtigt, über die Verpachtung und Auswahl der Pächter frei zu entscheiden; hierbei sei er den Pächtern gegenüber zur Überlassung der Pachtgrundstücke in einem zur vertragsgemäßen Nutzung geeigneten Zustand verpflichtet. Dabei habe sich herausgestellt, dass die Grenzen seiner Flurstücke nicht mit den aus der Bewirtschaftung in der Örtlichkeit sich ergebenden (vermeintlichen) Grundstücksgrenzen übereinstimmten. Dies habe sich auch bei der Verpachtung von Grundstücken anderer Eigentümer ergeben, insbesondere bei der Neuverpachtung der (insgesamt ca. 104 ha umfassenden) Flächen nach Aufgabe des Betriebs des Landwirts C. Schon wegen dieses Ermessensfehlgebrauchs sei die Entscheidung aufzuheben.
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Die Auffassung des Beklagten, die Wiederaufnahme eines ruhenden Flurbereinigungsverfahrens komme einer Neuanordnung gleich und an die Weiterführung seien hohe rechtliche Anforderungen zu stellen, finde im FlurbG keine Stütze. Die Voraussetzungen einer Einstellung des Verfahrens seien in § 9 FlurbG abschließend geregelt. Die bloße Änderung einer rechtlichen Beurteilung ohne veränderte äußere Umstände bei ansonsten gleichbleibender Sach- und Rechtslage sei kein nachträglich eingetretener Umstand i. S. v. § 9 FlurbG. Umstände faktischer Art, die eine Fortführung der Flurbereinigung nicht zweckmäßig erscheinen ließen, seien hier nicht nachträglich eingetreten: Entgegen der Auffassung des Beklagten habe sich die Agrarstruktur im Verfahrensgebiet weder erheblich verbessert noch sei sie für eine zeitgemäße Bewirtschaftung ausreichend; vielmehr bestünden die für die Anordnung des Verfahrens maßgeblichen agrarstrukturellen Mängel unverändert fort, wie sich schon aus der Übersichtskarte des DLR zur Vorstandssitzung der Teilnehmergemeinschaft vom 17. Oktober 2012 ohne weiteres ergebe. Mit einer durchschnittlichen Größe von 750 qm und auch vom Zuschnitt her entsprächen die im Flurbereinigungsgebiet gelegenen Grundstücke weiterhin nicht den wirtschaftlichen Anforderungen, denen sich landwirtschaftliche Betriebe heute stellen müssten. Ergänzend verweist die Klägerin insoweit im Einzelnen auf die Verhältnisse bei den von ihr bewirtschafteten Schlägen. Aufgrund der Zersplitterung des Grundbesitzes werde auch die Beantragung der GAP-Prämien erheblich erschwert, weil es zu Doppelbelegungen und Prämienkürzungen komme. Die Einschätzung des Beklagten, die agrarstrukturelle Situation im Flurbereinigungsgebiet habe sich grundlegend gewandelt, sei vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Zwar treffe es zu, dass die Bewirtschafter vor Ort immer wieder versucht hätten, sich halbwegs mit den Verhältnissen zu arrangieren, indem sie zum Teil Flächen bewirtschafteten, die sie nicht gepachtet hätten oder für Flächen Pacht zahlten, die sie nicht bewirtschafteten. Die daraus resultierenden Probleme hätten sich exemplarisch bei der Aufgabe des Betriebs des Landwirts C und der Neuverpachtung der Flächen u. a. durch den Beigeladenen zu 2.), aber auch bei der Verpachtung durch andere Eigentümer gezeigt. Im Übrigen sei die - zutreffende – Feststellung des Beklagten, dass sich die Zahl der aktiven Landwirte reduziert habe, nicht maßgeblich, sondern allein die Eigentumsverhältnisse der innerhalb des Flurbereinigungsgebiets gelegenen Grundstücke und der Zweck der Flurbereinigung, deren Bewirtschaftung auf Dauer zu ermöglichen.
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Auch die Feststellung des Beklagten, die Erschließung der Bewirtschaftungsblöcke sei gegeben, sei angesichts der dazu im Verfahren getroffenen und dokumentierten tatsächlichen Feststellungen nicht nachvollziehbar. Diesen sei vielmehr zu entnehmen, dass der größte Teil der Flurstücke nicht oder unzureichend erschlossen sei.
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Dass die Fortführung des Flurbereinigungsverfahrens bei den Grundstückseigentümern keine „breite Akzeptanz“ finde, sei schon deshalb kein nachträglich eingetretener Umstand i. S. v. § 9 FlurbG, weil nicht mehr feststellbar sei, ob die Mehrheit der Grundstückseigentümer sich seinerzeit für die Anordnung der Flurbereinigung ausgesprochen habe. Unabhängig davon sei die persönlich motivierte Einstellung der Grundstückseigentümer für oder gegen die Flurbereinigung ebenso wenig wie politische Einflussnahmen ein nachträglich eintretender Umstand faktischer Art i. S. v. § 9 Abs. 1 FlurbG.
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Dass die Flurbereinigung mit Ausführungs- und Verwaltungskosten verbunden sei, sei bei der Anordnung des Verfahrens bekannt gewesen und könne deshalb ebenfalls keinen nachträglich eingetretenen Umstand i. S. d. § 9 Abs. 1 FlurbG darstellen. Es habe sich im Laufe des Verfahrens auch keineswegs herausgestellt, dass sich die Beitragslast der Teilnehmer so stark erhöhen werde, dass die Flurbereinigung für sie keinen wirtschaftlichen Erfolg mehr mit sich bringen werde. Gehe man weiterhin davon aus, dass die Ausführungskosten zwischen 1.000 €/ha und 1.200 €/ha und die sich damit ergebende Eigenleistung etwa 300 €/ha betragen werde, so lägen die Kosten damit noch im Rahmen des nach dem Schreiben des Ministeriums vom 26. August 2011 reduzierten Förderbetrages für neu anzuordnende Flurbereinigungsverfahren. Die Bereitstellung der Verwaltungskosten für Personal- und Sachaufwand der Behörde sei Sache des Landes. Selbst im Falle einer Neuanordnung sei das Kosteninteresse nicht bei der Anordnung, sondern nur bei der Durchführung des Verfahrens zu berücksichtigen und bilde daher kein Hindernis bei der Entscheidung über dessen Fortführung.
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Selbst wenn man das Vorliegen nachträglich eingetretener Umstände faktischer Art unterstelle, sei der Beschluss über die Einstellung des Verfahrens ermessensfehlerhaft. Der Beklagte habe sich - wie aus den Akten ersichtlich – frühzeitig auf die Einstellung des Verfahrens festgelegt, wenn sich eine Mehrheit gegen die Weiterführung ausspreche, weil er sich an die entsprechende Weisung des Staatssekretärs Dr. Griese aus dessen Schreiben vom 26. August 2011 gebunden gefühlt habe. Dabei sei auch übersehen worden, dass es nach diesem Schreiben maßgeblich nicht nur auf die Mehrheit der Stimmen, sondern auch der Flächen ankomme; die Flächenmehrheit sei hier nicht ermittelt worden und nach ihrer Einschätzung auch nicht gegeben. Zudem sei die Abstimmung vom Vorstand der Teilnehmergemeinschaft massiv beeinflusst worden und möglicherweise nicht ordnungsgemäß abgelaufen, weil entgegen § 21 Abs. 3 Satz 2 FlurbG Bevollmächtigte, die mehrere Teilnehmer vertreten hätten, offenbar mit mehreren Stimmen gezählt worden seien. Zudem habe der Beklagte die Stellungnahmen der Landwirtschaftskammer, des Kreisverbandes, des Bauern- und Winzerverbandes und des Ortsbauernvereins K..., die sich alle gegen die Einstellung des Verfahrens ausgesprochen hätten, nicht hinreichend berücksichtigt. Auch der Agrar-Kontrolldienst habe die unzureichende Abgrenzung und den mit dem Kataster nicht übereinstimmenden Verlauf der Wirtschaftswege in seinem Protokoll vermerkt und die Fortführung der Flurbereinigung gefordert.
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Die Klägerin beantragt,
den Einstellungsbeschluss des DLR vom 27. September 2016 und den Widerspruchsbescheid der ADD vom 2. November 2017 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Er nimmt auf die Ausführungen im Ausgangsbescheid und im Widerspruchsbescheid Bezug und führt ergänzend aus: Der Einstellungsbeschluss sei rechtmäßig und verletze keine Rechte der Klägerin. Nach fast 60 Jahren planerischer Untätigkeit seien ein Vertrauensschutz und ein Anspruch auf Fortführung des Verfahrens nicht mehr gegeben. Für eine Regulierung der Ortslage wäre eine Fortführung des Flurbereinigungsverfahrens nach 60 Jahren sogar rechtmissbräuchlich. Aber auch hinsichtlich der Regulierung der Feldflur sie die Rechtswirkung nach fast 60 Jahren so schwach, dass ein Anspruch auf Fortführung einem Anspruch auf Anordnung gleichkäme; einen solchen Anspruch kenne das FlurbG jedoch nicht. Zwar befinde sich das Kataster der Feldflur unstreitig noch im Zustand des „Urkatasters“; ein „Aufräumen“ des Urkatasters und sonstiger Bücher sei jedoch nicht Zweck einer agrarstrukturell gebotenen Flurbereinigung. Wie der Vorstand der Beigeladenen zu 1.) und die darin vertretenen aktiven Landwirte überzeugend dargelegt hätten, sei der landwirtschaftliche Strukturwandel in K... gut vollzogen worden, weil die Zahl der landwirtschaftlichen Unternehmen erheblich gesunken sei, die Bewirtschaftungsschläge neuzeitliche Größen erreicht hätten und alle Besitzstücke und Schläge erschlossen seien. Dabei hätten sich die ortsansässigen Landwirte und Eigentümer arrangiert mit der Folge, dass die Feldflur ordentlich genutzt worden und der Zustand der landwirtschaftlichen Flächen gut gewesen sei. Erst durch das Verhalten des Beigeladenen zu 2.), der als Nichtlandwirt ca. 12 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche erworben habe, die sich aus 200 Parzellen zusammensetzten, hätten sich die Verhältnisse wieder geändert, weil dieser sein erworbenes Eigentum „ausgepfählt“ und dadurch die vorhandene Agrarstruktur zerschlagen habe. Es sei kein Ermessensfehlgebrauch, wenn die Behörde sich kein von einzelnen Grundeigentümern erwünschtes Handeln aufzwingen lasse. Die Behauptung, es gebe Probleme bei der Beantragung und Kontrolle flächenbezogener Prämienzahlungen, sei unrichtig. Bei der Beantragung zähle die faktische Besitzeinheit, unabhängig davon, ob der Schlag aus einem oder aus 1.000 Flurstücken bestehe.
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Es sei nicht ermessensfehlerhaft, dass das Ergebnis der Abstimmung der Grundeigentümer, Aussagen des Staatssekretärs Dr. Griese und das negative Votum des Vorstands der Beigeladenen zu 1.) Beachtung gefunden und in die Begründung des Einstellungsbeschlusses eingeflossen seien, da es sich nicht um tragende, sondern nur um ergänzende Erwägungen gehandelt habe. Die Einstellung beruhe auf dem FlurbG, das die Behörde ermächtige, ein nicht zweckmäßiges Flurbereinigungsverfahren aufgrund nachträglich eingetretener Umstände einzustellen.
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Die von der Klägerin angenommenen Kosten der Flurbereinigung einschließlich der Ausführungskosten von 1.000 bis 1.200 €/ha seien unrealistisch. In Urkatasterarealen mit Mittelgebirgscharakter sei mit 1.800 bis 2.000 €/ha zu rechnen, so dass sich die Teilnehmer auf Eigenleistungen i. H. v. 500 bis 600 €/ha einstellen müssten. Derzeit könne mit einer Förderung durch das Land nur bis zu einem Höchstsatz von 1.900 €/ha gerechnet werden; da das Land aus der EU-Förderung der Flurbereinigung ausgestiegen sei, müssten sämtliche Zuschüsse aus nationalen Mitteln bereitgestellt werden, mit der Folge, dass sämtliche über der Förderungshöchstgrenze gelegene Ausführungskosten zu 100 % von den Teilnehmern zu tragen seien. Bei Änderungen der für die Teilnehmer sehr relevanten staatlichen Förderung der Ausführungskosten handele es sich grundsätzlich um nachträglich eintretende Umstände i. S. v. § 9 FlurbG. Auch aus der dargestellten Kostenentwicklung folge, dass die Entscheidung über die Einstellung des Flurbereinigungsverfahrens hier einer Entscheidung über eine Neuanordnung gleichkomme.
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Die angefochtene Entscheidung der Flurbereinigungsbehörde sei in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erfolgt. Zwar hätten die Größe und mangelhafte Erschließung der einzelnen Urkatastergrundstücke für eine Fortführung des Verfahrens gesprochen, worauf die Landwirtschaftskammer hingewiesen habe. Gegen die Fortführung habe aber die heutige Struktur der Feldflur (Schlaggrößen und deren Erschließung) gesprochen, wobei diese heutige Struktur der Feldflur durch verständige und verantwortungsbewusste Landwirte durch privatrechtliche Verträge wie Kauf und Tausch sowie Pacht, Pachttausch und Leihe geschaffen worden sei; dabei handele es sich um eine ordentlich gestaltete Feldflur und schützenswerte Agrarstruktur. Hierbei und bei dem Umstand, dass die Ortslage ebenfalls unstreitig keine eigentumsverändernde Bodenordnung mehr benötige, handele es sich um nachträglich eingetretene Umstände, durch die sich die Verhältnisse seit der Anordnung des Verfahrens im Jahre 1959 so erheblich geändert hätten, dass die Flurbereinigungsbehörde das Verfahren habe einstellen dürfen.
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Demgegenüber sei es nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Behörde den „Umtrieben“ des Beigeladenen zu 2.), der als einziger Eigentümer die privatrechtlich geschaffene Agrarstruktur zerschlagen habe, keine Bedeutung beigemessen habe. Dessen Verhalten sei nicht geeignet, die Behörde zu einer anderen Entscheidung zu bewegen.
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Die beiden Beigeladenen stellen keinen Antrag. Der Vorsitzende der Beigeladenen zu 1.) und der Beigeladene zu 2.) haben aus ihrer jeweiligen persönlichen Sicht zum Verfahren Stellung genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die beigezogenen Behördenakten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
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Die Klage ist zulässig.
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Die Klage ist nach Zustellung des Widerspruchsbescheides fristgemäß erhoben worden. Die Klägerin ist insbesondere auch klagebefugt (§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG i.V.m. § 42 Abs. 2 VwGO): Als Teilnehmerin eines angeordneten vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens kann sie geltend machen, durch eine rechtswidrig angeordnete Einstellung des Verfahrens möglicherweise in eigenen Rechten verletzt zu sein, weil ihr durch die Verfahrenseinstellung die Rechtsstellung eines Beteiligten (§ 10 Nr. 1 FlurbG) an einem primär privatnützigen, dem Ausgleich privater Interessen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 13. April 2011 – 9 C 1/10 -, BVerwGE 139, 296 u. juris, Rn. 13 ff.) mit dem Ziel insbesondere der Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft dienenden (§ 1 FlurbG) und damit für sie als Inhaberin eines landwirtschaftlichen Betriebes potentiell vorteilhaften Verfahren genommen wird. Als Teilnehmerin eines Flurbereinigungsverfahrens kann sie sich jedenfalls auf einen ihr zustehenden Anspruch gegen den Beklagten auf fehlerfreies Gebrauchmachen von dem diesem durch § 9 Abs. 1 FlurbG eingeräumten Entscheidungsermessen hinsichtlich der Frage einer Fortführung oder Einstellung des Flurbereinigungsverfahrens berufen.
II.
- 29
Die Klage ist auch begründet. Der Einstellungsbeschluss der Flurbereinigungsbehörde vom 27. September 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2017 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
- 30
Denn es liegen bereits die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Einstellung des Flurbereinigungsverfahrens nach § 9 Abs. 1 FlurbG nicht vor (1). Darüber hinaus erweist sich auch die nach § 9 FlurbG vorgesehene Zweckmäßigkeitsentscheidung über die Einstellung als fehlerhaft, weil entscheidungserhebliche Gesichtspunkte nicht angemessen berücksichtigt worden sind (2.).
- 31
Gemäß § 9 Abs. 1 FlurbG kann die (obere) Flurbereinigungsbehörde die Einstellung des Verfahrens anordnen, wenn die Flurbereinigung infolge nachträglich eingetretener Umstände nicht zweckmäßig erscheint. Die Vorschriften des § 4, 2. HS, des § 5 Abs. 1 und 2 und des § 6 Abs. 2 und 3 gelten sinngemäß.
- 32
Die Anforderungen des § 9 Abs. 1 FlurbG sind nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Anordnungsbeschluss nahezu 60 Jahre zurückliegt und die Entscheidung über die Wiederaufnahme des lange Jahre ruhenden Verfahrens nach den Grundsätzen einer Neuanordnung behandelt werden müsste. Denn das Flurbereinigungsgesetz kennt keine Vorschrift über das Unwirksamwerden eines Anordnungsbeschlusses allein durch Zeitablauf. Ob die zwischenzeitlich eingetretenen Änderungen die Beendigung des Verfahrens rechtfertigen, ist daher allein im Rahmen der Anwendung der § 9 FlurbG zu beurteilen.
- 33
Für die gerichtliche Überprüfung der Entscheidung nach § 9 Abs. 1 FlurbG über die Einstellung eines Flurbereinigungsverfahrens gilt dabei nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. August 1983 Folgendes:
- 34
Die gerichtliche Kontrolle der Entscheidung über die Einstellung eines Flurbereinigungsverfahrens ist in zweifacher Hinsicht eingeschränkt, soweit in § 9 Abs. 1 FlurbG der zuständigen Behörde hinsichtlich der Zweckmäßigkeitsprüfung und der damit verknüpften Einschätzung des Erfolgs des Verfahrens ein der gerichtlichen Kontrolle nur eingeschränkt unterliegender Beurteilungsspielraum auf der Tatbestandsseite der Norm und zusätzlich auf der Rechtsfolgenseite ein Ermessen eingeräumt ist; demgegenüber obliegt die Frage, ob die Umstände, die die Flurbereinigungsbehörde veranlasst haben, das Verfahren einzustellen, nachträglich eingetreten sind oder ob sie schon bei der Anordnung der Flurbereinigung vorgelegen haben, als Tat- und Rechtsfrage in vollem Umfang richterlicher Nachprüfung. Der nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbare Beurteilungsspielraum beruht darauf, dass die der Behörde (in § 9 Abs. 1 S. 1 FlurbG ausdrücklich) aufgegebene Zweckmäßigkeitsprüfung und die damit verknüpfte Einschätzung des Erfolgs der angeordneten Flurbereinigung ein Einschätzen und Bewerten komplexer Zusammenhänge einschließlich künftiger Entwicklungen verlangen; diese Beurteilungen sind in erster Linie Aufgabe der Verwaltung und unterliegen gerichtlicher Nachprüfung nur dahin, ob die entscheidungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend erkannt und angemessen berücksichtigt worden sind; entscheidend für die Zuerkennung eines behördlichen Beurteilungsspielraums ist demnach neben dem prognostischen Charakter der Beurteilung die Komplexität der – auch prognostische Elemente enthaltenden – Zweckmäßigkeitsbeurteilung; diese Eigenart der Beurteilung erfordert und rechtfertigt auch unter Berücksichtigung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG die Zurücknahme der gerichtlichen Kontrolldichte (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. August 1983 – 5 C 30/82 -, BVerwGE 67, 341 u. juris, Rn. 18; zuletzt bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 19. März 2010 – 9 B 76/09 -, Buchholz 424.02 § 63 LwAnpG Nr. 6 u. juris, Rn. 3; s. a. Wingerter/Mayr, FlurbG, 10. A. 2018, § 9, Rn. 6).
- 35
1. In Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die Einstellung des vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens K... schon deshalb als rechtswidrig, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einstellung eines Flurbereinigungsverfahrens nach § 9 Abs. 1 FlurbG, deren Vorliegen nach dem zuvor Gesagten gerichtlich voll überprüfbar ist, hier nicht gegeben sind:
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a) In formeller und verfahrensrechtlicher Hinsicht sind allerdings Mängel des Einstellungsbeschlusses weder geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich. Insoweit ist zu beachten, dass die Form- und Verfahrensvorschriften der §§ 4, 2. HS., 5 Abs. 1 und 2 sowie 6 Abs. 2 und 3 gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 FlurbG für den Einstellungsbeschluss „sinngemäß“ gelten. Die Verfahrensanforderungen aus § 5 Abs. 1 (vorherige Information der beteiligten Grundstückseigentümer) und Abs. 2 (Anhörung der landwirtschaftlichen Berufsvertretung u. a.) sind ausweislich der Verfahrensakte erfüllt; dem Begründungserfordernis nach § 4, 2. HS., sowie den Bekanntmachungs- und Auslegungsanforderungen nach § 6 Abs. 2 und 3 FlurbG ist ebenfalls Genüge getan worden. Die Zuständigkeit des DLR als (untere) Flurbereinigungsbehörde anstelle der in § 9 Abs. 1 FlurbG genannten oberen Flurbereinigungsbehörde ergibt sich aus der Landesverordnung zur Übertragung von Befugnissen nach dem FlurbG vom 20. Dezember 1994 (GVBl. S. 485 – BS 7815-2).
- 37
b) Es sind hier jedoch keine „nachträglich eingetretenen Umstände“ i. S. v. § 9 Abs. 1 FlurbG gegeben, deren Vorliegen Voraussetzung für eine Zweckmäßigkeitsentscheidung der Flurbereinigungsbehörde über die Einstellung des Verfahrens ist.
- 38
„Nachträglich eingetretene Umstände“ können nur solche sein, die zeitlich nach der Anordnung des Flurbereinigungsverfahrens (neu) eingetreten sind, insbesondere nicht bereits im Widerspruchsverfahren gegen den Anordnungsbeschluss hätten vorgetragen werden können (vgl. Wingerter/Mayr, a.a.O., Rn. 1, m.w.N.). Zur Einstellung können z. B. neue Gesichtspunkte faktischer Art führen, die – hätten sie bei der Einleitung des Verfahrens bereits vorgelegen – bewirkt hätten, dass das Verfahren nicht eingeleitet worden wäre (vgl. Wingerter/Mayr, a.a.O., Rn. 1, m.w.N.); ob neben Änderungen faktischer Art auch nachträglich eingetretene rechtliche Umstände die Einstellung rechtfertigen können, hat das Bundesverwaltungsgericht bisher offengelassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 2005 – 10 B 76/04 -, Buchholz 424.01 § 9 FlurbG Nr. 3 u. juris, Rn. 6; bejahend Wingerter/Mayr, a.a.O.). Wesentlich ist, dass es als Bezugspunkt entscheidend auf die Beurteilung der seinerzeitigen Gründe für die Anordnung der Flurbereinigung ankommt: Als „nachträglich eingetretene Umstände“ können nur solche maßgebend sein, die – wenn sie schon im Zeitpunkt der Anordnung des Verfahrens vorgelegen hätten – dazu geführt hätten, dass die Flurbereinigung nicht eingeleitet worden wäre (vgl. Wingerter/Mayr, a.a.O., m.w.N.). Es ist also zu fragen, ob entweder hinsichtlich der Gründe, die seinerzeit für die Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens maßgeblich waren, eine nachträgliche Änderung von Umständen eingetreten ist, oder ob gänzlich neue Gründe vorliegen, die im Falle ihres Vorliegens bereits bei Einleitung des Verfahrens dazu geführt hätten, dass das Verfahren nicht eingeleitet worden wäre.
- 39
Für die Einleitung des „Flurbereinigungsverfahrens K...“ im Jahre 1959 waren nach dem Inhalt des Beschlusses der damaligen Oberen Flurbereinigungsbehörde vom 25. Mai 1959 folgende Gründe maßgeblich: „Die Grundstücke in den einbezogenen Gemarkungsteilen sind im Verhältnis zur Größe der Besitzstände zu klein und in unwirtschaftlich starker Gemengelage gelegen“ (1); „Die Grundstücke sind nicht hinreichend durch Wege erschlossen“ (2); „Es besteht die Notwendigkeit der Einbeziehung der Ortslage K... wegen vielfacher Unklarheit der dortigen Grenzen und Verbesserungsbedürftigkeit der Wegeführung in der Ortslage sowie an deren Rand“ (3). Jedenfalls hinsichtlich der Einleitungsgründe zu (1) und (2) ist keine nachträgliche Änderung der Umstände eingetreten, die – hätte sie damals vorgelegen – dazu geführt hätte, kein Flurbereinigungsverfahren einzuleiten.
- 40
(1) Was zunächst den seinerzeitigen Anordnungsgrund angeht, dass die Grundstücke in den einbezogenen Gemarkungsteilen im Verhältnis zur Größe der Besitzstände zu klein und in unwirtschaftlicher Gemengelage gelegen sind, also ein hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse zersplitterter Grundbesitz vorliegt, ist sogar unstreitig, dass jedenfalls in Bezug auf die Eigentumsverhältnisse eine maßgebliche nachträgliche Änderung der Umstände gerade nicht eingetreten ist. Wie z. B. in der Stellungnahme der Landwirtschaftskammer vom 1. Juni 2016 ausgeführt, gliedert sich das eine landwirtschaftliche Nutzfläche von ca. 300 ha umfassende Verfahrensgebiet in ca. 4.000 Flurstücke, die im Eigentum von ca. 250 Eigentümern stehen.
- 41
Aber auch wenn man auf das mit der Auflösung der Eigentumszersplitterung weitergehend verfolgte Ziel, letztlich eine zeitgemäße Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen im Verfahrensgebiet zu erreichen, abstellen wollte, ist eine Änderung der für die Flurbereinigung sprechenden Gründe nicht eingetreten.
- 42
Aus Sicht des Senats erscheint es geboten, eine maßgebliche Änderung der Verhältnisse durch „nachträglich eingetretene Umstände“ auch dann zu bejahen, wenn das Problem der einer zeitgemäßen Bewirtschaftung der Flächen entgegenstehenden Grundbesitzverhältnisse zwischenzeitlich durch anderweitige Gestaltungsmaßnahmen – unterhalb der Schwelle einer eigentumsbezogenen Grundstücksneuordnung – als hinreichend gelöst angesehen werden könnte. Hierfür kommen grundsätzlich auch schuldrechtliche Vereinbarungen – auf der Ebene der Pachtverhältnisse – in Betracht, jedoch nur, sofern sie zu einer klaren, nachweisbaren und dauerhaft rechtssicheren Lösung des Problems der einer zeitgemäßen Bewirtschaftung an sich entgegenstehenden Besitzverhältnisse geführt haben. Es muss namentlich hinreichend gewährleistet sein, dass das vorrangige Ziel jedes Flurbereinigungsverfahrens, zu einer Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktions- und Arbeitsverhältnisse zu gelangen (§ 1 FlurbG), auch ohne Durchführung des (bereits eingeleiteten) Flurbereinigungsverfahrens mindestens annähernd erreicht worden ist. Nach Überzeugung des Senats kann dies vorliegend allerdings keineswegs festgestellt werden:
- 43
Insoweit stellen der Einstellungsbeschluss und der Widerspruchsbescheid maßgeblich darauf ab, dass sich zwar an dem Umstand, dass das Flurbereinigungsgebiet „aus einer Vielzahl von Kleinstparzellen“ bestehe, nichts geändert habe, eine Änderung der agrarstrukturell relevanten Verhältnisse aber dadurch eingetreten sei, dass die landwirtschaftlich bewirtschafteten Flächen „aufgrund privatrechtlicher Regelungen (insbesondere Grundstückskauf, Zupachtung und Pachttausch) zu größeren und geschlossenen Einheiten zusammengewachsen“ seien und zugleich die Zahl der landwirtschaftenden Betriebe in K... stark zurückgegangen sei. Diese eher pauschalen Ausführungen sind nicht geeignet, das Bestehen einer hinreichend klaren, nachweisbaren und insbesondere dauerhaft rechtsicheren Problemlösung allein durch schuldrechtliche Vereinbarungen zu begründen. Das Ziel der Zusammenlegung zersplitterten Grundstückseigentums zu wirtschaftlich geformten Flächen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 FlurbG) erfordert eine dauerhafte rechtliche Sicherung der neu geschaffenen Flureinteilung. Ein privater Austausch von Nutzungsflächen zwischen Teilnehmern (etwa durch sog. Pflugtausch) reicht hierzu in aller Regel nicht aus (vgl. hierzu im Zusammenhang mit einem Anordnungsbeschluss: HessVGH, Urteil vom 14. Dezember 2004 – 23 F 2316/04 -, RzF Nr. 38 zu § 4 FlurbG).
- 44
Die angefochtenen Bescheide setzen sich schon nicht hinreichend mit dem bereits im Widerspruchsverfahren sehr eingehenden Gegenvorbringen der Klägerin auseinander, die näher dargelegt hatte, weshalb nach ihren Erfahrungen und Kenntnissen von einer nachhaltigen Verbesserung der agrarstrukturellen Verhältnisse allein durch privatrechtliche Vereinbarungen und „Arrangements“ zwischen Landwirten gerade keine Rede sein könne. Danach ist die Lage und der Zuschnitt der Flurstücke in der Örtlichkeit mangels Grenzmarkierungen vielfach nicht feststellbar mit der Folge, dass Landwirte häufig Flächen bewirtschaften, die sie nicht gepachtet haben und Pacht für Flächen zahlen, die sie nicht bewirtschaften. Auch deshalb sei es bei der Neuverteilung der Flächen des Landwirts C – ca. 104 ha - nach dessen Betriebsaufgabe zu erheblichen Problemen gekommen, weil sich namentlich die Einholung der für eine Neuverpachtung der Flächen erforderlichen Zustimmung aller betroffenen Eigentümer überaus schwierig gestaltet habe: Wegen der geringen Größe der zahlreichen Einzelgrundstücke habe sich schon die Ermittlung der Eigentümer schwierig gestaltet; soweit Eigentümer ermittelt werden konnten, habe ein Teil seine Zustimmung verweigert; zudem habe sich herausgestellt, dass die Mehrzahl der Grundstücke nicht über eigene Zuwegungen verfügt habe, so dass die Neuverpachtung vielfach an der Verweigerung für die Bewirtschaftung notwendiger Überfahrungsgenehmigungen benachbarter Eigentümer gescheitert sei; ferner sei festgestellt worden, dass die Grenzen der bisherigen Bewirtschaftungsschläge nicht mit den Flurstückgrenzen übereingestimmt habe und in der Örtlichkeit vorhandene Wege teilweise diagonal über die Flurstücke verliefen. Bereits diese von der Klägerin hinreichend substantiiert dargelegten Umstände, deren Bestehen der Beklagte letztlich nicht bestritten hat, belegen, dass von einer hinreichend klaren, nachweisbaren und rechtsicheren Gestaltung der Besitzverhältnisse allein durch schuldrechtliche Vereinbarungen bzw. formlose „Absprachen“ offenkundig nicht die Rede sein kann. Auch die – an das Bestehen dieser Umstände anknüpfenden – erheblichen Bedenken der Landwirtschaftskammer in ihrer Stellungnahme vom 01. Juni 2016 werden in den angefochtenen Bescheiden nur sehr oberflächlich abgehandelt.
- 45
Soweit im Widerspruchsbescheid der Versuch unternommen wird, einen wesentlichen Teil der Verantwortung für die etwa bei der Neuverteilung der Flächen des aufgegebenen Betriebs C entstandenen Probleme dem Beigeladenen zu 2. aufzuerlegen, weil erst durch dessen (als „unsozial“ und „willkürlich“ bezeichnete) Maßnahme, die in seinem Eigentum stehenden Kleinstparzellen „auszupfählen“ und „hierdurch die gewachsenen Strukturen“ zu zerstören, ein „agrarstruktureller Mangel“ entstanden sei, vermag dies nicht zu überzeugen. Vielmehr sind die infolge des – legalen – Verhaltens des Beigeladenen zu 2.), die Größe und Abgrenzung seiner neu erworbenen Grundstücke in der Örtlichkeit zur Erfüllung seiner Pflichten aus den Pachtverträgen kenntlich zu machen, offenbar entstandenen Probleme ein Beleg dafür, dass von einer „nachhaltigen Verbesserung der agrarstrukturellen Verhältnisse“ allein durch die bisherigen privatrechtlichen Vereinbarungen und informellen Absprachen unter den Landwirten bzw. mit den (bisherigen) Eigentümern gerade nicht gesprochen werden kann. Im Übrigen hat der Beigeladene zu 2.) in seiner Stellungnahme im gerichtlichen Verfahren deutlich gemacht, dass auch eine Reihe anderer Grundstückseigentümer, die er namentlich benannt hat, lediglich mündlich geschlossene Pachtverträge gekündigt habe, weil sie mit der Art und Weise der Bewirtschaftung der von ihnen nach Aufgabe des Betriebes C erworbenen Flächen unzufrieden gewesen seien und zudem bloße Absprachen zwischen Landwirten über die Bewirtschaftung von Pachtflächen ohne ihre Mitwirkung als Eigentümer nicht hinzunehmen bereit gewesen seien; auch diesem Befund ist der Beklagte nicht entgegengetreten.
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Letztlich ist die Annahme des Beklagten, eine hinreichende Änderung (i. S einer Verbesserung) der agrarstrukturell relevanten Verhältnisse sei bereits durch privatrechtliche Regelungen zur Bildung größerer Bewirtschaftungseinheiten eingetreten und werde auch ohne Flurbereinigung weiterhin gewährleistet sein, auf die Erwartung gestützt, dass im Falle der Einstellung des Flurbereinigungsverfahrens und damit des dauerhaften Ausbleibens einer eigentumsmäßigen Neuordnung ein gewisser „Zwang“ zur Einigung mit den derzeit die Flächen bewirtschaftenden Landwirten erzeugt wird, dem sich auch die mit den getroffenen Vereinbarungen und informellen Absprachen an sich nicht einverstandenen Grundeigentümer beugen werden. Diese Vorstellungen stehen jedoch weder mit den Zielsetzungen des Flurbereinigungsgesetzes, das zur Erreichung des Ziels einer Verbesserung landwirtschaftlicher Produktions- und Arbeitsverhältnisse vor allem auf eine Neuordnung dem entgegenstehender Eigentumsverhältnisse abzielt, im Einklang, noch tragen sie der durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Eigentumsfreiheit hinreichend Rechnung. Auch aus der Sozialpflichtigkeit des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 2 GG oder gar aus der in Art. 15 GG grundsätzlich vorgesehenen Möglichkeit der Sozialisierung von Grund und Boden durch ein Art und Ausmaß der Entschädigung regelndes Gesetz kann – entgegen der Ansicht des Beklagten - eine derartige „moralische Verpflichtung“ des einzelnen Grundeigentümers, sich den von einer (möglichen) Mehrheit von Eigentümern und Bewirtschaftern gewünschten Regelungen zu unterwerfen, nicht abgeleitet werden.
- 47
(2) Auch was den weiteren Grund für die seinerzeitige Anordnung des Flurbereinigungsverfahrens, die unzureichende Erschließung der Grundstücke durch Wege, angeht, liegen keine nachträglich geänderten Umstände i. S. v. § 9 Abs. 1 FlurbG vor.
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Zur Frage der hinreichenden Erschließung der Grundstücke durch Wege finden sich im Einstellungsbeschluss nur wenige pauschale Aussagen, die nicht konkret auf die Erschließung der einzelnen Grundstücke, sondern auf die Dimensionierung des „vorhandenen Hauptwirtschaftswegenetzes“ und den (aus Sicht der Behörde „weitestgehend guten“) Zustand der Wege abstellen. Hieraus wird der Schluss gezogen, es sei für eine „ausreichende Erschließung der durch die privaten Maßnahmen geschaffenen Bewirtschaftungsflächen“ gesorgt. Damit verfolgt das DLR als Flurbereinigungsbehörde von vornherein einen anderen Ansatz als die seinerzeitige obere Flurbereinigungsbehörde, indem es – in Anknüpfung an ihre Annahme, dass bereits durch privatrechtliche Vereinbarungen für eine zeitgemäße Bewirtschaftung hinreichend große und auch sonst geeignete Bewirtschaftungseinheiten geschaffen wurden – auf die wegemäßige Erschließung dieser Bewirtschaftungseinheiten und nicht der Eigentumsflächen abstellt. Infolgedessen fehlt jede nähere Auseinandersetzung mit der konkreten Feststellung in der Stellungnahme der Landwirtschaftskammer, „mehr als die Hälfte der Flurstücke“ sei nicht über einen katastermäßig erfassten Weg erschlossen. Der Widerspruchsbescheid verhält sich überhaupt nicht zu diesem Thema und setzt sich insbesondere nicht mit dem diesbezüglichen, ausführlichen Widerspruchsvorbringen der Klägerin auseinander, wonach ein Großteil der landwirtschaftlichen Grundstücke – wie aus den Karten erkennbar – nicht erschlossen sei, schon die vorhandenen Hauptwirtschaftswege mit dem Kataster nicht übereinstimmten und die Grundstücke überwiegend nur über Fremdparzellen zu erreichen seien, vorhandene Wege zudem überwiegend nicht befestigt und mit modernen Maschinen bei schlechter Witterung nicht befahrbar seien.
- 49
Als „nachträglich eingetretene Umstände“ i. S. v. § 9 Abs. 1 FlurbG, die im Falle ihres Vorliegens dazu geführt hätten, kein Flurbereinigungsverfahren einzuleiten, könnten die Erwägungen des Beklagten nur Anerkennung finden, wenn die von der oberen Flurbereinigungsbehörde seinerzeit konstatierte und vom Beklagten letztlich nicht in Frage gestellte mangelnde wegemäßige Erschließung der Eigentumsflächen durch eine hinreichende wegemäßige Erschließung der durch private Regelungen geschaffenen Bewirtschaftungseinheiten weitgehend kompensiert würde. Davon kann aber bereits aufgrund der oben unter (1) festgestellten oder jedenfalls unbestrittenen Umstände nicht gesprochen werden: Fehlt es bereits an einer hinreichend klaren, nachhaltigen und rechtsicheren Bestimmung der Grenzen der durch private Vereinbarungen geschaffenen Bewirtschaftungseinheiten, so kann auch deren nachhaltige rechtssichere Erschließung – und damit mittelbar auch der dazu zählenden einzelnen Eigentumsflächen – durch katastermäßig erfasste (Haupterschließungs-)Wege nicht festgestellt werden.
- 50
(3) Lediglich in Bezug auf den weiteren Grund für die seinerzeitige Anordnung der Flurbereinigung, wonach die Notwendigkeit der Einbeziehung der Ortslage K... wegen vielfacher Unklarheit der dortigen Grenzen und Verbesserungsbedürftigkeit der Wegeführung in der Ortslage sowie an deren Rand bestehe, kann davon ausgegangen werden, dass eine maßgebliche „nachträgliche Änderung von Umständen“ i. S. v. § 9 Abs. 1 FlurbG eingetreten ist: Zwischen den Beteiligten ist sogar unstreitig, dass – wie im Einstellungsbeschluss formuliert – die Problemstellungen in der Ortslage „durch die Ausweisung von Neubaugebieten, die Umsetzung des Erschließungsauftrags und umfangreichen Straßenausbau im Zuge der Dorfinnenentwicklung ... durch kommunale Maßnahmen der Stadt A... weitestgehend gelöst“ worden sind. Der Wegfall lediglich eines der Gründe, die für die Einleitung der Flurbereinigungsverfahrens maßgeblich waren, durch nachträglich veränderte Umstände kann jedoch – da sich die Änderung von vornherein nur auf einen Teilbereich des Flurbereinigungsgebiets (die einbezogenen Teile der Ortslage K...) bezieht - schon im Ansatz nicht die vollständige Einstellung des Flurbereinigungsverfahrens rechtfertigen, sondern nur die Verkleinerung des Flurbereinigungsgebiets durch Herausnahme der Ortslage K..., so wie dies vom DLR ursprünglich am 17. Oktober 2012 auch vorgeschlagen worden war.
- 51
(4) Sind danach in Bezug auf die seinerzeit für die Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens maßgeblichen Anordnungsgründe jedenfalls keine solchen nachträglich eingetretenen Umstände ersichtlich, die die vollständige Einstellung des Verfahrens - und nicht lediglich die Verkleinerung des Flurbereinigungsgebiets - begründen können, so fehlt es darüber hinaus aber auch an unabhängig davon neu eingetretenen Umständen, die im Falle ihres Vorliegens bewirkt hätten, dass das Verfahren nicht eingeleitet wird.
- 52
Dies gilt namentlich hinsichtlich der im Einstellungsbeschluss bzw. im Widerspruchsbescheid zur Begründung der Verfahrenseinstellung angeführten weiteren Gesichtspunkte: Weder die aus Sicht des Beklagten fehlende „breite Akzeptanz“ auf Seiten der Grundstückseigentümer für eine Weiterführung des Verfahrens (a), noch zu erwartende „erhebliche Ausführungskosten“ der Flurbereinigung (b) können hier als „nachträglich eingetretene Umstände“ i. S. v. § 9 Abs. 1 FlurbG Anerkennung finden:
- 53
(a) Was zunächst die Frage der (fehlenden) „breiten Akzeptanz“ für die Weiterführung des Flurbereinigungsverfahrens angeht, muss auch im Rahmen des § 9 Abs. 1 FlurbG Berücksichtigung finden, dass für die Anordnung der Flurbereinigung die Akzeptanz des Verfahrens durch eine Mehrheit der Grundstückseigentümer kein maßgebliches Kriterium ist. Zwar kann die Flurbereinigungsbehörde gemäß § 4 FlurbG die Flurbereinigung nur anordnen, wenn sie eine Flurbereinigung für erforderlich und das Interesse der Beteiligten für gegeben hält. Darunter ist jedoch kein subjektives, ggf. in einer Abstimmung mehrheitlich zum Ausdruck gebrachtes Interesse zu verstehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist vielmehr darauf abzustellen, ob das objektive Interesse an einer Verbesserung der Agrarstruktur und der Arbeitsbedingungen der Betriebe für die überwiegende Fläche des Gesamtgebietes vorliegt; maßgebend ist nicht die subjektive Meinung einzelner, sondern das wohlverstandene Interesse der Beteiligten; eine numerische Abstimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich; selbst gegen den Willen der überwiegenden Anzahl der Teilnehmer – nach der Grundfläche gerechnet – kann die Flurbereinigung zulässig sein, wenn sich die Durchführung bei Anlegung eines objektiven Maßstabes als im wohlverstandenen Interesse der Teilnehmer liegend und damit als sachgerecht erweist; auf die gegenteilige subjektive Beurteilung auch einer größeren Anzahl von Teilnehmern über die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Flurbereinigung kann es danach nicht ankommen; die Anordnung der Flurbereinigung bedarf deshalb keiner Zustimmung der Beteiligten, weil sie auch ohne Zustimmung der Grundeigentümer im wohlverstandenen objektiven Interesse der Beteiligten liegen kann (vgl. zum Ganzen die Zusammenfassung der st. Rspr. des BVerwG bei Wingerter/Mayr, a.a.O., § 4, Rn. 5, m.w.N.). Hierauf stellt letztlich auch das im Verfahren mehrfach zitierte Rundschreiben des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten vom 26. August 2011 ab, das für den Fall der Anordnung der Flurbereinigung ergangen ist. Darin heißt es zwar, dass auf „eine möglichst breite Akzeptanz bei den Grundstückseigentümern“ ein besonderer Wert gelegt werde, dass dies aber nur neben den gesetzlich vorgegebenen und durch die Rechtsprechung entwickelten Kriterien geschehe und ein Verfahren auch bei geringer Akzeptanz angeordnet werden könne, was bedeutet, dass die Durchführung des Flurbereinigungsverfahrens mithin nicht von einer Mehrheit nach Stimmen und Fläche abhängig ist.
- 54
Für die Frage des Vorliegens „nachträglich eingetretener Umstände“ i. S. v. § 9 Abs. 1 FlurbG als Voraussetzung für die Einstellung eines Flurbereinigungsverfahrens kann insoweit nichts grundsätzlich Abweichendes gelten: Auch insoweit kommt es darauf an, ob die Einstellung des Flurbereinigungsverfahrens im – nach objektiven Kriterien zu bestimmenden – „wohl verstandenen“ Interesse der Beteiligten liegt; ob sich eine Mehrheit (vorliegend wohl ohnehin nur nach „Köpfen“ und nicht nach Flächen) der Beteiligten bei einer Abstimmung gegen eine Weiterführung des Verfahrens ausgesprochen hat, kann demgegenüber nicht allein ausschlaggebend sein. Dies gilt erst recht, wenn – wie vorliegend oben bereits festgestellt – hinsichtlich der im Hinblick auf die allgemeinen Ziele der Flurbereinigung nach § 1 FlurbG maßgeblichen Gründe für die Anordnung des Verfahrens gerade keine wesentliche Änderung von Umständen gegeben ist.
- 55
Etwas Anderes mag dann gelten, wenn etwa ein Beschluss einer Gemeindevertretung vorliegt, demzufolge diese die mit der Flurbereinigung bezweckten Maßnahmen – z. B. des Gewässerausbaus – außerhalb des Flurbereinigungsverfahrens selbst vornehmen will (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 2005 – 10 B 76/04 –, Buchholz 424.01 § 9 FlurbG Nr. 3 und juris, Rn. 7). Doch liegt ein solcher Sonderfall hier ersichtlich nicht vor.
- 56
(b) Schließlich kann vorliegend auch nicht überzeugend begründet werden, dass wegen der Höhe der zu erwartenden Ausführungskosten des Flurbereinigungsverfahrens nachträglich veränderte Umstände i. S. v. § 9 Abs. 1 FlurbG eingetreten sind.
- 57
Wie von der Klägerin zutreffend angemerkt, sind die voraussichtlichen Kosten eines Flurbereinigungsverfahrens grundsätzlich kein Gesichtspunkt, der für die Anordnung des Verfahrens eine Rolle spielt, sondern erst bei dessen Durchführung zu berücksichtigen ist; sie bilden deshalb in der Regel auch kein Hindernis für die Entscheidung über die Fortführung des Verfahrens (so das Senatsurteil vom 04.01.2004 – 9 C 10679/04.OVG -, n.v.). Folglich kann es sich bei den heute gegenüber dem Jahr der Einleitung des Verfahrens (1959) voraussichtlich deutlich höheren Ausführungskosten grundsätzlich auch nicht um „nachträglich eingetretene Umstände“ i. S. v. § 9 Abs. 1 FlurbG handeln, die – wären sei im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens bekannt gewesen – bewirkt hätten, dass das Verfahren nicht eingeleitet worden wäre.
- 58
Etwas Anderes gilt nur dann, wenn zu erwarten ist, dass sich die Beitragslast der Teilnehmer so stark erhöht, dass die Flurbereinigung keinen wirtschaftlichen Erfolg mehr verspricht; im Hinblick auf das Erfordernis der Privatnützigkeit des Verfahrens haben die einzelnen Teilnehmer in diesem Falle einen Rechtsanspruch auf Einstellung des Verfahrens (vgl. Wingerter/Mayr, a.a.O., § 9, Rn. 2, m.w.N.).
- 59
Vorliegend ist jedoch nicht ersichtlich, dass die zu erwartende Beitragslast der Teilnehmer eine Größenordnung erreichen wird, die außer Verhältnis zum wirtschaftlichen Erfolg des Flurbereinigungsverfahrens stünde. Soweit im Einstellungsbeschluss ausgeführt wird, der „mögliche agrarstrukturelle Erfolg“ stehe „in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis zu den entstehenden Ausführungs- und Verfahrenskosten“, weshalb „insbesondere aus Gründen der sparsamen und wirtschaftlichen Verwendung öffentlicher Mittel die Fortführung des Verfahrens nicht geboten“ sei, ist dies dort nicht näher begründet und insbesondere nicht durch Zahlenangaben untermauert worden. Die vom DLR zuletzt am 17. Juli 2015 vorgenommene Schätzung der voraussichtlichen Ausführungskosten und der daraus resultierenden voraussichtlichen Höhe der Teilnehmerbeiträge vermag eine solche Schlussfolgerung gerade nicht zu rechtfertigen: Danach ist mit Ausführungskosten i. H. v. ca. 350.000 € (ca. 1.200 €/ha) zu rechnen, was unter Berücksichtigung eines Zuschusssatzes von 70 % zu Teilnehmerbeiträgen in einer Gesamthöhe von rund 105.000 € bzw. ca. 360 €/ha führen würde (vgl. die Kostenübersicht bei der Präsentation des DLR in der Teilnehmerversammlung vom 17. Juli 2015, Bl. 123 R der Gerichtsakte). Mit ca. 1.200 €/ha lägen die Ausführungskosten je Hektar noch deutlich unter der Förderungsobergrenze von 2.000 €/ha, die in der Verwaltungsvorschrift „Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung“ (VV-ILE) des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau vom 8. Dezember 2004 (MinBl. 2005 S. 74, 2009, S. 302), zuletzt geändert durch VV vom 28. Juni 2006 (MinBl. S. 146), bestimmt ist; sie überstiegen damit auch noch nicht die im Rundschreiben des Ministeriums vom 26. August 2011 auf 1.200 €/ha herabgesetzte Obergrenze der Förderung, so dass die Abschätzung der Höhe der Teilnehmerbeiträge (nach Abzug der Förderung) auf ca. 360 €/ha hinreichend fundiert erscheint. Dass bei dieser vergleichsweise niedrig erscheinenden Höhe der Teilnehmerbeiträge die Belastung der Teilnehmer außer Verhältnis zum zu erwartenden wirtschaftlichen Erfolg des Flurbereinigungsverfahrens stehen könnte, ist nicht ersichtlich.
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Soweit der Beklagte im gerichtlichen Verfahren erstmals vorgetragen hat, die – vom DLR ermittelten und dem Widerspruchsbescheid noch zugrunde gelegten – Kosten der Flurbereinigung von ca. 1.200 €/ha seien unrealistisch, tatsächlich müsse „in Urkatasterarealen mit Mittelgebirgscharakter“ mit Kosten von 1.800 bis 2.000 €/ha und damit mit Eigenleistungen der Teilnehmer von 500 bis 600 €/ha gerechnet worden, ist dies – trotz entsprechender Beanstandung durch die Klägerin – nicht näher begründet und nachvollziehbar belegt worden; insbesondere fehlt es an einer konkreten alternativen Kostenschätzung zu der vom DLR im Verfahren zeitnah am 17. Juli 2015 gefertigten Aufstellung, die sodann dem voraussichtlichen wirtschaftlichen Erfolg der Flurbereinigung, namentlich der infolge der Neuordnung des Gebiets zu erwartenden Wertsteigerung der Grundstücke, gegenüberzustellen gewesen wäre. Doch selbst bei Zugrundelegung von Teilnehmerbeiträgen in einer Höhe von 500 bis 600 €/ha ist für den Senat nicht erkennbar, dass eine solche Belastung der Teilnehmer bereits außer Verhältnis zu dem grundsätzlich zu erwartenden wirtschaftlichen Erfolg der Flurbereinigung stünde.
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2. Unabhängig davon, dass es bereits an der - gerichtlich voll nachprüfbaren – Voraussetzung des Vorliegens „nachträglich eingetretener Umstände“ i. S. v. § 9 Abs. 1 FlurbG fehlt, weist auch die – gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare - Entscheidung des Beklagten über die Zweckmäßigkeit der Einstellung des Flurbereinigungsverfahrens erhebliche Defizite auf, die auch für sich gesehen die Rechtswidrigkeit des Einstellungsbeschlusses begründen.
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Wie bereits ausgeführt, unterliegt die der Behörde nach § 9 Abs. 1 FlurbG aufgegebene Zweckmäßigkeitsprüfung und damit verknüpfte Einschätzung des Erfolgs der angeordneten Flurbereinigung der gerichtlichen Nachprüfung nur dahin, ob die entscheidungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend erkannt und angemessen berücksichtigt worden sind oder ob die getroffene Entscheidung etwa auf Erwägungen beruht, die mit der gesetzlichen Regelung nicht in Einklang stehen (vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 11. August 1983, a.a.O., Rn. 18).
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Der Beklagte hat indessen bei seiner Entscheidung über die Zweckmäßigkeit der Einstellung des Verfahrens in mehrfacher Hinsicht entscheidungserhebliche Gesichtspunkte nicht zutreffend erkannt oder jedenfalls nicht angemessen berücksichtigt:
- 64
Dies betrifft zunächst die Grundlagen der Einschätzung des Beklagten, die Fortführung des Flurbereinigungsverfahrens sei deshalb nicht geboten, weil die für seine Anordnung maßgeblichen agrarstrukturellen Probleme infolge der Zersplitterung des Grundbesitzes bereits anderweitig – durch private Maßnahmen – gelöst worden seien. Wie sich bereits aus den Feststellungen des Senats unter 1. ergibt, ist die Erwägung, es sei bereits aufgrund privater Maßnahmen („insbesondere Grundstückskauf, Zupachtung und Pachttausch“) eine nachhaltige Verbesserung der agrarstrukturellen Verhältnisse eingetreten, die eine eigentumsverändernde landwirtschaftliche Bodenordnung gleichsam „überflüssig“ mache, nicht hinreichend auf entsprechende Ermittlungen und Bewertungen der Flurbereinigungsbehörde gestützt worden. Eine nähere Analyse der Bewirtschaftungsverhältnisse auf den Grundstücken im Gebiet ist den Verfahrensakten nicht zu entnehmen. Demgegenüber räumt die Behörde selbst ein, dass die extreme Zersplitterung der Eigentumsverhältnisse in Kleinstparzellen, die wesentlicher Anlass für die Einleitung des Verfahrens war, seit 1959 im Wesentlichen unverändert fortbesteht; vor diesem Hintergrund hätte es aber einer genaueren Analyse bedurft, ob und inwieweit diese eine zeitgemäße Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen an sich behindernden Verhältnisse allein durch schuldrechtliche Vereinbarungen so stark kompensiert werden, dass eine nachhaltige Bewirtschaftung von zusammenhängenden Flächen auch bei Eigentümer- oder Pächterwechsel ohne eigentumsverändernde Bodenordnung hinreichend gesichert erscheint. Mit dem Vorbringen der Klägerin im Widerspruchsverfahren, die durchaus nachvollziehbar dargelegt hat, dass es trotz der zwischenzeitlich zwischen Landwirten und Eigentümern sowie zwischen Pächtern getroffenen Vereinbarungen und informellen „Arrangements“ zu erheblichen Unzuträglichkeiten bei der Bewirtschaftung sowie auch zu erheblichen Problemen bei der Beantragung landwirtschaftlicher Subventionen kommt (z. B. Doppelbeantragungen für dieselbe Fläche), setzen sich die angefochtenen Bescheide nicht weiter auseinander. Auch auf die in die gleiche Richtung zielenden Bedenken der (fachkundigen) Landwirtschaftskammer wurde nur oberflächlich eingegangen. Im Klageverfahren hat die Klägerin ihr Vorbringen am Beispiel der Verhältnisse an den von ihr gepachteten Schlägen nochmals substantiiert, ohne dass der Beklagte dies in seiner Klageerwiderung zum Anlass genommen hätte, seine Zweckmäßigkeitserwägungen diesbezüglich zu ergänzen (§ 114 S. 2 VwGO analog).
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Nicht anderes gilt für den weiteren Erwägungsgrund, es bedürfe einer Flurbereinigung auch nicht mehr, um dem – für die seinerzeitige Anordnung des Verfahrens weiter maßgeblichen - Problem einer nicht hinreichenden Erschließung der Eigentumsflächen durch Wege abzuhelfen. Der Beklagte hat auch bei seinen Einschätzungen zur ausreichenden Dimensionierung des Hauptwegenetzes und zum weitestgehend guten Zustand der Wege, „die für eine ausreichende Erschließung der durch private Maßnahmen geschaffenen Bewirtschaftungsflächen sorgen“, entscheidungserhebliche Gesichtspunkte nicht zutreffend erkannt bzw. nicht angemessen berücksichtigt. Wie ebenfalls oben bereits angedeutet, beruhen auch diese Erwägungen zum ausreichenden Wegenetz nicht hinreichend auf konkreten tatsächlichen Feststellungen zu Zustand und Dimensionierung landwirtschaftlicher Wege im Flurbereinigungsgebiet. Auf das von der Klägerin eingehend thematisierte (und auch von der Landwirtschaftskammer bereits angesprochene) Problem einer mangelhaften bzw. vielfach gänzlich fehlenden rechtlichen Sicherung in der Örtlichkeit vorhandener Wege, die oftmals „quer“ über fremdes Eigentum führen, wurde nicht weiter eingegangen. Ferner wird auf den vom DLR bei seiner Präsentation am 17. Juli 2015 vorgestellten Bedarf für die Herstellung von 12 km neuen unbefestigten Wegen sowie für die Erhöhung der Tragfähigkeit bei vorhandenen befestigten Wegen nicht eingegangen (vgl. Power-Point-Präsentation, Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 25. Juni 2018, Bl. 122 R der Gerichtsakte). Im Grunde beruhen die Aussagen in den angefochtenen Bescheiden auf der bereits im Ansatz problematischen Vorgehensweise des Beklagten, auf „durch private Maßnahmen geschaffene Bewirtschaftungseinheiten“ abzustellen, statt nach der hinreichenden Erschließung der einzelnen (Eigentums-)Grundstücke zu fragen. Im Übrigen ergibt sich aus der von der Klägerin vorgelegten Dokumentation, dass es nicht nur einzelnen Grundstücken, sondern sogar ganzen Schlägen als Bewirtschaftungseinheiten an einer rechtlich hinreichend gesicherten, teils sogar an der hinreichenden tatsächlichen Erreichbarkeit für moderne Landmaschinen fehlt. Auch dieser Erwägungsgrund beruht daher auf gravierenden Defiziten bei der Ermittlung und Bewertung von für die Frage der Fortsetzung der Flurbereinigung (vgl. § 39 Abs. 1 FlurbG) entscheidungserheblichen Gesichtspunkten.
- 66
Auch soweit die Zweckmäßigkeitsentscheidung auf den Erwägungsgrund gestützt wurde, dass es keine breite Akzeptanz der Weiterführung des Flurbereinigungsverfahrens bei den Grundstückseigentümern gebe, fehlt es an einer angemessenen Berücksichtigung entscheidungserheblicher Gesichtspunkte.
- 67
Zwar darf die Flurbereinigungsbehörde bei den im Rahmen der Entscheidung über die Einstellung des Verfahrens anzustellenden Zweckmäßigkeitserwägungen auch der Haltung der Teilnehmer zu der Flurbereinigung Bedeutung beimessen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. August 1983, a.a.O., Rn. 21; Wingerter/Mayr, a.a.O., Rn. 1, a. E., m.w.N.). Andererseits kann die lediglich subjektive – gegenteilige – Beurteilung der Teilnehmer über die Notwendigkeit einer Flurbereinigung nicht entscheidend sein, sondern es ist darauf abzustellen, ob die Durchführung eines solchen Verfahrens als im wohlverstandene Interesse der Teilnehmer liegend und insoweit sachgerecht anzusehen ist (vgl. BVerwG, a.a.O., m.w.N.).
- 68
Vorliegend hat die Flurbereinigungsbehörde im Einstellungsbeschluss zwar die fehlende Einigkeit unter den Teilnehmern bzgl. der Durchführung der Flurbereinigung nur „in Ergänzung zu den angeführten objektiven Kriterien“ berücksichtigt und in diesem Zusammenhang auf das Abstimmungsergebnis (62 % dagegen) verwiesen. Auch im Widerspruchsbescheid wird auf das Fehlen einer „breiten Akzeptanz bei den Grundstückseigentümern“ für das Flurbereinigungsverfahren in den Vordergrund gestellt und dabei auf die Bedeutung des „aufgrund des Schreibens des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten vom 26. August 2011 eingeführten Bewertungskriteriums der breiten Akzeptanz der Grundstückseigentümer“ bei der „Ausübung des Einstellungsermessens“ hingewiesen. Dabei wird verkannt, dass es nach der Rechtsprechung des Bundesveraltungsgerichts auch bei der Entscheidung über die Einstellung eines Flurbereinigungsverfahrens maßgeblich nicht auf die rein subjektive Einstellung einer Mehrheit der Teilnehmer ankommen kann, sondern weiter zu fragen ist, ob die Fortführung des Verfahrens nicht doch objektiv geboten, weil im „wohlverstandenen Interesse der Teilnehmer liegend“ anzusehen ist. Der Beklagte hat bei seinen Erwägungen zur „breiten Akzeptanz“ der Fortführung des Verfahrens aber ersichtlich nur formal auf das Abstimmungsergebnis abgestellt; damit beruht ein aus seiner Sicht wesentlicher Entscheidungsgesichtspunkt auf einer rechtlich unzutreffenden Wertung.
- 69
Nichts anderes gilt für die weitere Erwägung des Beklagten, das Flurbereinigungsverfahren werde mit erheblichen Ausführungskosten verbunden sein, die nur zu einem geringen Teil durch Teilnehmerbeiträge, im Wesentlichen aber durch öffentliche Zuschüsse gedeckt werden müssten, was in keinem wirtschaftlich sinnvollem Verhältnis zum möglichen agrarstrukturellen Erfolg des Verfahrens stünde. Insoweit fehlt es an einer hinreichenden Ermittlung für die Entscheidung wesentlicher Gesichtspunkte.
- 70
Nach der Rechtsprechung des BVerwG kann in die im Rahmen der Zweckmäßigkeitsprüfung nach § 9 Abs. 1 S. 1 FlurbG anzustellenden Erwägungen auch die Überlegung einbezogen werden, ob wegen nachträglich eingetretener Umstände die mit der Flurbereinigung verfolgten Ziele ohne Durchführung des Verfahrens auf andere Weise ebenso wirkungsvoll erreicht werden können; dabei ist zu beachten, dass die Durchführung eines Flurbereinigungsverfahrens, auch wenn es mit erheblichen staatlichen Zuschüssen gefördert wird, regelmäßig mit beträchtlichen Kosten verbunden ist, die letztlich gemäß § 19 Abs. 1 FlurbG durch die einzelnen Teilnehmer in Gestalt von Geldbeiträgen aufzubringen sind ( vgl. BVerwG, Urteil vom 11. August 1983, a.a.O., Rn. 22). Erhöht sich die Beitragslast der Teilnehmer so stark, dass die Flurbereinigung keinen wirtschaftlichen Erfolg mehr verspricht, ist das Verfahren nach § 9 einzustellen (so Wingerter/Mayr, a.a.O., Rn. 2, m.w.N.).
- 71
Danach ist es zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass die Behörde im Rahmen der Zweckmäßigkeitsprüfung eine Prognose über die voraussichtlichen Ausführungskosten und die nach Berücksichtigung staatlicher Zuschüsse voraussichtlich verbleibende Höhe der Beitragslast der Teilnehmer erstellt und das Prognoseergebnis in Beziehung zu dem zu erwartenden wirtschaftlichen Erfolg des Verfahrens setzt. Dies erfordert jedoch, dass in die Prognose hinreichend realistische Grunddaten eingestellt werden, dass das Prognoseergebnis nachvollziehbar begründet und ihm eine nachvollziehbare Einschätzung des voraussichtlich zu erwartenden wirtschaftlichen Erfolgs der Flurbereinigung gegenübergestellt wird. Daran mangelt es vorliegend in mehrfacher Hinsicht: Wie oben bereits ausgeführt, vermag die im Flurbereinigungsverfahren vorgenommene Schätzung der Ausführungskosten auf ca. 350.000 € und die daraus abgeleitete Höhe des Kostenbetrages pro Hektar von 1.200 € bzw. des Teilnehmerbeitrags nach Abzug der staatlichen Förderung von ca. 360 €/ha die Einschätzung, die Ausführungskosten stünden voraussichtlich in keinem angemessenen Verhältnis zu dem zu erwartenden wirtschaftlichen Erfolg der Flurbereinigung, keinesfalls zu begründen. Soweit der Beklagte im gerichtlichen Verfahren vorgetragen hat, es sei tatsächlich mit Kosten von 1.800 bis 2.000 €/ha zu rechnen, ist diese abweichende Einschätzung – wie bereits ausgeführt – nicht nachvollziehbar begründet, insbesondere nicht auf eine hinreichend konkrete, von der bisher im Verfahren vorgelegten Berechnung abweichende Abschätzung der Ausführungskosten gestützt worden. Darüber hinaus fehlt es der Prognose des Beklagten im Rahmen der Zweckmäßigkeitserwägungen jedenfalls an einer brauchbaren Abschätzung des voraussichtlichen wirtschaftlichen Erfolgs der Flurbereinigung, die den zuletzt angenommenen Ausführungskosten i. H. v. 1.800 bis 2.000 €/ha nach dem oben Gesagten gegenüberzustellen gewesen wäre.
III.
- 72
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 147 Abs. 1 FlurbG.
- 73
Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten der beiden Beigeladenen aufzuerlegen, da diese keine Anträge gestellt haben und damit selbst kein Kostenrisiko eingegangen sind (§§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).
- 74
Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren erweist sich deshalb als notwendig im Sinne von § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO, weil es der Klägerin aus Sicht einer verständigen Partei angesichts der aufgeworfenen rechtlichen und tatsächlichen Fragen nicht zugemutet werden konnte, das Vorverfahren allein zu betreiben (vgl. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 162, Rn. 13, m.w.N.).
- 76
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
- 77
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 13 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Beschluss
- 78
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 2 GKG).
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Referenzen
- FlurbG § 147 1x
- §§ 52 Abs. 2 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- 5 C 30/82 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 42 1x
- FlurbG § 1 3x
- FlurbG § 39 1x
- 9 B 76/09 1x (nicht zugeordnet)
- FlurbG § 4 2x
- VwGO § 154 2x
- FlurbG § 9 38x
- VwGO § 162 2x
- VwGO § 113 1x
- VwGO § 167 1x
- FlurbG § 6 1x
- §§ 708 ff. ZPO 1x (nicht zugeordnet)
- FlurbG § 138 1x
- FlurbG § 37 1x
- FlurbG § 21 2x
- § 63 LwAnpG 1x (nicht zugeordnet)
- § 3 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- 23 F 2316/04 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 114 1x
- FlurbG § 19 1x
- VwGO § 13 1x
- 9 C 1/10 1x (nicht zugeordnet)
- FlurbG § 10 1x
- 10 B 76/04 2x (nicht zugeordnet)
- Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (9. Senat) - 9 C 10679/04 1x