Urteil vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (2. Senat) - 2 K 19/14

Tatbestand

1

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen den sachlichen Teilplan "Windenergienutzung in der Planungsregion (...)".

2

Mit Antrag vom 12./20.09.2011 beantragte die UKA Umweltgerechte Kraftanlagen Standortentwicklung GmbH (im Folgenden: UKA) bei dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld die Erteilung einer Genehmigung nach § 4 BImSchG, hilfsweise eines Vorbescheides nach § 9 BImSchG, für die Errichtung und den Betrieb von 18 Windenergieanlagen in den Gemarkungen M., R., H., Z. und S. südlich des Ortsteils H. der Stadt Südliches Anhalt, den sog. Windpark H.. 15 der Standorte liegen auf dem Gebiet der Stadt Südliches Anhalt, die übrigen 3 Standorte liegen auf dem Gebiet der Stadt Zörbig. In östlicher Richtung befindet sich in ca. 3 km Entfernung der Windpark "Thurland" mit einem Bestand von 31 Windenergieanlagen. In südöstlicher Richtung befindet sich in ca. 4,2 km Entfernung der Windpark "Löberitz Nordost". Der Standort des geplanten Windparks liegt im Geltungsbereich des angegriffenen sachlichen Teilplans, jedoch außerhalb der festgelegten Vorranggebiete für die Nutzung der Windenergie mit der Wirkung von Eignungsgebieten. Errichtung und Betrieb der Windenergieanlagen wurden der UKA von den jeweiligen Grundstückseigentümern durch Nutzungsverträge gestattet. Mit Projektübernahmevertrag vom 02.04.2012 übernahm die Antragstellerin das "Windenergievorhaben Projekt H." von der UKA.

3

Am 11.04.2012 erhob die UKA beim Verwaltungsgericht Klage auf Verpflichtung des Landkreises Anhalt-Bitterfeld zur Erteilung der beantragten Genehmigung. Mit Bescheid vom 16.04.2012 lehnte dieser den Antrag der UKA vom 12./20.09.2011 ab. Hiergegen legte diese mit Schreiben vom 15.05.2012 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 22.11.2012 zurückgewiesen wurde. Mit Beschluss vom 19.03.2014 – 4 A 65/12 HAL – setzte das Verwaltungsgericht das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Senats in den Normenkontrollverfahren 2 K 109/13 und 2 K 19/14 aus.

4

Bereits am 23.10.2009 hatte die Antragsgegnerin beschlossen, den sachlichen Teilplan "Windenergienutzung in der Planungsregion (...)" aufzustellen. In der Bekanntmachung der Auslegung des 1. Entwurfs vom 18.02.2011 hieß es:

5

"Jedermann kann seine Anregungen und Bedenken bis zum Ende der Äußerungsfrist am 20. Mai 2011 an die Postanschrift

6

Regionale Planungsgemeinschaft (...)
Geschäftsstelle
06359 Köthen (Anhalt)
sowie per E-mail an die elektronische Postadresse: anhalt-bitterfeld-wittenberg@gmx.de

7

schriftlich übermitteln oder zur Niederschrift zu den o.g. Sprechzeiten vorbringen.

8

Es werden nur die Stellungnahmen berücksichtigt, die im Original mit rechtsverbindlicher Unterschrift vorliegen. Nach dem Ende der Äußerungsfrist eingehende Stellungnahmen können keine Berücksichtigung finden."

9

Mit Schreiben vom 16.05.2011 nahm die UKA zu dem Entwurf Stellung. Sie trug vor, der Windpark H. sei 305 ha groß und als Alternative 16 in die Alternativenprüfung zu Thurland eingestellt worden. Es sei eine geringe bis mittlere Konfliktbelastung festgestellt worden. Gleichwohl sei die Fläche nicht für die Windkraftnutzung ausgewiesen worden. Die Nichtberücksichtigung sei im Wesentlichen wegen der Nähe zu anderen Windeignungsgebieten (Thurland, Löberitz Nordost, Zörbig) erfolgt. Dies sei fehlerhaft, denn bei diesen Gebieten sei wegen der technischen Vorbelastung eine Ausnahme von dem Abstandskriterium 5 km zwischen Windparks zugelassen worden. Dies müsse auch für H. gelten. Jedenfalls sei die Herausnahme der gesamten Alternative 16 fehlerhaft, denn auch nach Anwendung des Abstandskriteriums verbleibe eine Fläche von mehr als 20 ha. Sie habe mit fast allen Eigentümern Nutzungsverträge im Vertrauen darauf abgeschlossen, dass die Fläche bei der Ausweisung der Eignungsgebiete mehr gewürdigt werde.

10

Am 25.08.2011 entschied die Regionalversammlung der Antragsgegnerin auf der Grundlage der Vorlage 05/2011 sowie einer Anlage mit Abwägungsvorschlägen vom 01.08.2011 über die vorgebrachten Anregungen und Bedenken. Der von der Antragstellerin gewünschte Windpark H. wurde als Alternative 16 in die Betrachtung einbezogen, jedoch nicht als Vorrang-/Eignungsgebiet ausgewiesen. Der Windpark H. halte den erforderlichen Mindestabstand von 5 km zu zwei anderen Windparks nicht ein. Zwar werde der 5 km-Abstand auch von anderen Windparks in der Umgebung von H. nach Abwägung unterschritten (Thurland – Löberitz Nordost – Zörbig). Diese Flächen seien jedoch – anders als der Standort H. – bereits mit Windenergieanlagen bebaut. Insoweit solle den Betreibern ein Repowering ermöglicht werden. Aufgrund der enormen Weitsichtwirkung im flachen Köthener Ackerland werde von der Ausweisung einer weiteren Konzentrationszone für Windenergieanlagen abgesehen. Zudem verlaufe der Freihaltekorridor für den Neubau der B 6n durch die Fläche des geplanten Windparks. Diesem Ziel der Landesplanung werde der Vorrang eingeräumt, um die Durchführung des Neubaus nicht zu gefährden. Das private Interesse der Antragstellerin sei gering, da diese im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den 1. Entwurf noch keinen Genehmigungsantrag gestellt habe.

11

Nachdem die oberste Landesplanungsbehörde die Genehmigung des 1. Entwurfs versagt hatte, wurde ein 2. Entwurf öffentlich ausgelegt. In der Bekanntmachung der Auslegung vom 05.06.2012 hieß es:

12

"Jedermann kann seine Anregungen und Bedenken bis zum Ende der Äußerungsfrist am 31. August 2012 an die Postanschrift

13

Regionale Planungsgemeinschaft (...)
Geschäftsstelle
06359 Köthen (Anhalt)
sowie per E-mail an die elektronische Postadresse: anhalt-bitterfeld-wittenberg@gmx.de

14

schriftlich übermitteln oder zur Niederschrift zu den o.g. Sprechzeiten vorbringen.

15

Es werden nur die Stellungnahmen berücksichtigt, die im Original mit rechtsverbindlicher Unterschrift vorliegen. Nach dem Ende der Äußerungsfrist eingehende Stellungnahmen können keine Berücksichtigung finden."

16

Die Antragstellerin nahm mit Schreiben vom 20.08.2012 auch zu dem 2. Entwurf Stellung. Aus umweltfachlicher Sicht stünden der Ausweisung des Windparks H. mit einer geringen bis mittleren Konfliktintensität keine schwerwiegenden Bedenken entgegen. Selbst bei Beachtung eines Mindestabstandes von 5 km zu benachbarten Windparks ergebe sich eine weitaus größere Fläche als 20 ha. Auch sei die Unterschreitung des Orientierungswertes von 5 km Abstand zwischen Windparks möglich und gängige Praxis. Die Sichtbarkeit von Windenergieanlagen allein könne kein Kriterium für den Ausschluss eines Vorrang-/Eignungsgebietes sein, da es in der Natur der Sache liege, dass Windenergieanlagen im Außenbereich sichtbar würden, zumal, wenn es sich um eine besonders flache Landschaft handele. Ein Schutz der landschaftlichen Schönheit sei nicht erforderlich, da es sich bei dem Gebiet um H. um eine ästhetisch geringwertige Ackerfläche handele. Zudem müsse der Gesichtspunkt der technischen Vorbelastung zu Gunsten des Standortes H. berücksichtigt werden. Das Gebiet werde durch die in Planfeststellung befindliche Bundesstraße 6n sowie Trassen für Gas (Bestand und Planung) und Rohölleitungen (Bestand) durchschnitten. Der Neubau der B 6n werde von ihr berücksichtigt. Hierzu seien Gespräche mit der Flurbereinigungsbehörde sowie mit der Straßenbauverwaltung des Landes Sachsen-Anhalt geführt worden. Keines der Ausschluss- und Abstandskriterien stehe einer Ausweisung des Windparks H. als Vorrang-/Eignungsgebiet entgegen, auch nicht das Kriterium "Abstand zwischen Windparks". Das Kriterium "technische Infrastruktur" führe sogar zu einer besonderen Eignung der Fläche. Zudem habe sie inzwischen eine Genehmigung beantragt. Zwar sei der Antrag abgelehnt worden, sie habe aber gegen den Ablehnungsbescheid Widerspruch erhoben und beim Verwaltungsgericht ein Klageverfahren anhängig gemacht. Sie halte an ihrer Planungs- und Realisierungsabsicht fest. Die Vielzahl der im Rahmen der öffentlichen Beteiligung zum 1. Entwurf abgegebenen positiven privaten Stellungnahmen dokumentierten eindrucksvoll die Akzeptanz der Öffentlichkeit gegenüber einer Ausweisung des Gebietes H. als Vorrang-/Eignungsgebiet.

17

Am 26.10.2012 entscheid die Regionalversammlung der Antragsgegnerin auf der Grundlage der Vorlage 13/2012 sowie einer Anlage mit Abwägungsvorschlägen vom 26.10.2012 über die zum 2. Entwurf vorgebrachten Anregungen und Bedenken. Die Stellungnahme der Antragstellerin entspreche weitgehend ihrer Stellungnahme zum 1. Entwurf. Insoweit habe die Abwägung der vorgebrachten Anregungen und Bedenken am 25.08.2011 stattgefunden. In einem Umkreis von 10 km um den Standort H. existierten bereits 5 Windparks auf einer Fläche von insgesamt 3.141 ha. Davon seien 813 ha im Planentwurf als Vorrang-/Eignungsgebiete ausgewiesen. Die bestehenden Windparks seien mit einer höheren Wichtung in die Abwägung einzustellen. Aufgrund der Konzentration der Windparks im Wirkbereich des von der Antragstellerin geplanten Windparks übernehme das Vorhandensein verschiedener technischer Infrastrukturen keine tragende Rolle im Abwägungsprozess. Die Konzentration der Windparks bzw. Windenergieanlagen um den Standort H. sei entscheidungsrelevant. Die Akzeptanz des Vorhabens könne aus den positiven privaten Stellungnahmen nicht abgeleitet werden, da nur die Bodeneigentümer zum Vorhaben Stellung bezogen hätten.

18

Am 29.11.2012 wurde der sachliche Teilplan "Windenergienutzung in der Planungsregion (...)" von der Regionalversammlung der Antragsgegnerin beschlossen. Der Plan enthält als Ziel der Raumordnung eine Festsetzung von 20 Vorranggebieten für die Nutzung der Windenergie mit der Wirkung von Eignungsgebieten (Nr. 3.1.2), deren rechtsverbindliche Abgrenzung sich aus der kartographischen Darstellung des Plans im Maßstab 1 : 100.000 ergibt (Nr. 3.3). Die Ermittlung der für die Nutzung der Windenergie geeigneten Gebiete wird in Kapitel 4 im Einzelnen beschrieben. Zunächst erfolgte eine Prüfung und Bewertung der Windhöffigkeit der Planungsregion (Nr. 4.2.2). Sodann wurde eine Mindestgröße für Eignungsgebiete von 20 ha festgelegt, die dem Ziel der Konzentration von Windenergieanlagen dient (Nr. 4.2.3). In einem nächsten Schritt wurden die Suchräume ermittelt. Hierbei handelt es sich um die nach Ausschluss der Tabu- und Pufferbereiche verbleibenden potentiell geeigneten Flächen, die mit 319,6 km² einen Flächenanteil von 8,77 % der untersuchten Planungsregion (3.643,6 km²) umfassen (Nr. 4.2.5). Die Antragsgegnerin zog hierbei insgesamt 11 Ausschluss- und Abstandskriterien (Tabukriterien) heran, die in Tabelle 4.2 wie folgt aufgeführt sind:

19

Nr.     

Kriterium

Ausschlussbereich

1       

im Zusammenhang bebaute Ortslage mit
überwiegender Wohnnutzung

Tabu + 1000 m

2       

Einzelhaus / Wohnsiedlung im Außenbereich

Tabu   

3       

Vorranggebiete für Natur und Landschaft, FFH-Gebiete,
EU-SPA-Gebiete, Naturschutzgebiete

Tabu   

4       

Verkehrs- und Sonderlandeplätze

Tabu + Abstand gemäß
luftverkehrsrechtlicher Genehmigung

5       

Militärische Anlagen / Standortübungsplätze

Tabu   

6       

Vorranggebiete für Rohstoffgewinnung
oberflächennaher Rohstoffe

Tabu   

7       

Wald / Vorranggebiete für Forstwirtschaft

Tabu   

8       

Vorranggebiete für Hochwasserschutz /
Überschwemmungsgebiete nach § 96 WG LSA

Tabu   

9       

Vorranggebiete für Landwirtschaft

Tabu   

10    

Vorbehaltsgebiet für Kultur und Denkmalpflege
(Gartenreich Dessau-Wörlitz)

Tabu   

11    

Trinkwasserschutzzonen I und II

Tabu   

20

Die nach Ausschluss der Tabu- und Pufferbereiche verbliebenen Flächen, die sog. Suchräume, wurden nachfolgend einer Einzelfalluntersuchung anhand der in der Begründung aufgeführten Kriterien unterzogen (Nr. 4.2.5). Im Ergebnis wurden 20 Vorranggebiete für die Nutzung der Windenergie mit der Wirkung von Eignungsgebieten ausgewiesen. Hierfür wurden 10,5 % des Suchraums zur Verfügung gestellt. Die Gebiete umfassen 3.365 ha und damit 0,92 % der Planungsregion (Nr. 4.2.9).

21

Der Plan wurde am 23.01.2013 von der obersten Landesplanungsbehörde genehmigt. Am 16., 22. und 23.02.2013 wurde die Genehmigung in den Amtsblättern der Landkreise Wittenberg und Anhalt-Bitterfeld sowie der Stadt Dessau-Roßlau bekanntgemacht.

22

Am 22.02.2014 hat die Antragstellerin das Normenkontrollverfahren eingeleitet.

23

Zur Begründung trägt sie vor, der Normenkontrollantrag sei statthaft, da die in dem sachlichen Teilplan Windenergienutzung enthaltenen Zielfestlegungen mit der Wirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB Rechtsvorschriften im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO und des § 10 AG VwGO LSA seien. Sie sei als obligatorisch nutzungsbefugte Anlagenbetreiberin antragsbefugt. Sie sei möglicherweise in ihrem Recht auf gerechte Abwägung verletzt. Die Aufhebung des sachlichen Teilplans Windenergienutzung bewirke auch eine Verbesserung ihrer Rechtsposition. Es sei nicht ausgeschlossen, dass eine gerichtliche Entscheidung zur Unwirksamkeit des Plans für sie von Nutzen sei.

24

Der Normenkontrollantrag sei auch begründet. Der Plan sei wegen mangelhafter Bekanntmachung sowohl der ersten als auch der zweiten Auslegung verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Der Verfahrensfehler sei auch gemäß §§ 12 Abs. 1 Nr. 1, 10 Abs. 1 ROG beachtlich. Die Bekanntmachung schränke die Möglichkeit zur Abgabe von Stellungnahmen in unzulässiger Weise ein, soweit hiernach nur Stellungnahmen berücksichtigt würden, die "im Original mit rechtsverbindlicher Unterschrift" vorlägen. Hiermit werde eine Stellungnahme in Schriftform verlangt. Dem stehe nicht entgegen, dass auch die Übermittlung von Anregungen und Bedenken per E-Mail zulässig sein soll, denn aus dem Kontext könne nur geschlossen werden, dass ein "Original" eingescannt und per E-Mail versandt werden müsse. Dies schließe eine Stellungnahme in Textform (§ 126b BGB) oder in elektronischer Form (§ 126a BGB) ebenso wie eine Übermittlung per Telefax aus. Das Schriftformerfordernis werde auch nicht durch die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme zur Niederschrift ausgeschlossen, da auch dies im vorliegenden Kontext nur so verstanden werden könne, dass die Niederschrift unterschrieben werden müsse. Aus dem Wortlaut der Bekanntmachung könne der Bürger nur schließen, dass er zwar per E-Mail oder zur Niederschrift Stellungnahmen vorbringen könne, dass aber nur ein "Original mit rechtsverbindlicher Unterschrift" beachtlich sei. Hiermit werde die Zulässigkeit einer Stellungnahme von einer bestimmten Form abhängig gemacht. Eine solche Beschränkung sei unzulässig. Es müsse auch Gelegenheit zur Stellungnahme auch auf elektronischem Wege, z.B. per E-Mail, gegeben werden. § 7 Abs. 4 Satz 2 LPlG LSA räume der Antragsgegnerin nicht die Möglichkeit ein, zulässige Stellungnahmen auf rechtverbindlich unterzeichnete Originale zu beschränken. Die Bekanntmachung sei zudem fehlerhaft, soweit hierin nach dem Ende der Äußerungsfrist eingehende Stellungnahmen von der Berücksichtigung ausgeschlossen würden. Das ROG enthalte keine Vorschriften zur Präklusion. Auch § 7 Abs. 4 Satz 3 LPlG LSA sei keine Präklusion zu entnehmen. Der Wortlaut der Bekanntmachung führe jedoch dazu, dass derjenige, der die angegebene Frist nicht einhalten könne, in unzulässiger Weise von einer Stellungnahme abgehalten werde. Es werde zudem bestritten, dass die Auslegung gemäß § 7 Abs. 4 Satz 3 LPlG LSA in allen Gemeinden ortsüblich, d.h. nach den Vorgaben der gemeindlichen Hauptsatzungen, bekannt gemacht worden sei.

25

Der sachliche Teilplan Windenergie sei auch deshalb unwirksam, weil ihm kein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liege. Der Ermittlung der Potentialflächen liege weder eine Differenzierung in harte und weiche Tabuzonen zugrunde, noch sei eine solche dokumentiert. Diese Differenzierung sei nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch zwingend. Der Planbegründung könne auch nichts dafür entnommen werden, dass die Antragsgegnerin unausgesprochen in der Sache die notwendige Differenzierung vorgenommen habe. Es fehle an der gebotenen Rechtfertigung der weichen Tabuzonen, d.h. deren Bewertung unter Berücksichtigung des der Antragsgegnerin zustehenden und von ihr erkannten Bewertungsspielraums. Die der Potentialflächenermittlung vorangestellten 11 Ausschluss- und Abstandskriterien seien erkennbar nicht danach differenziert worden, ob es sich bei ihnen, insbesondere bei den gewählten Abständen, um rechtliche oder tatsächliche Ausschlussgründe handele oder nicht. Dies treffe auch auf die festgelegte Mindestgröße von 20 ha zu. Der Begriff "Ausschlusskriterium" deute darauf hin, dass die Antragsgegnerin die genannten Kriterien für nicht abwägungsoffen halte. Dies treffe bei einigen Kriterien auch zu, bei denen es sich um harte Tabukriterien handele. Dagegen seien Waldgebiete oder Vorranggebiete für Forstwirtschaft keine Flächen, auf denen die Windenergienutzung von vornherein ausgeschlossen wäre. Zwar könnten Waldgebiete generell von der Windkraftnutzung ausgeschlossen werden. Es müsse aber die Möglichkeit eines Betriebs von Windenergieanlagen im Wald in den Blick genommen und die Tatsache des gewählten Ausschlusskriteriums als "weich" bewusst gemacht werden. Das sei nicht der Fall. Der Begründung des Ausschlusskriteriums "Wald" könne nicht entnommen werden, dass die Antragsgegnerin von einem weichen Ausschlusskriterium ausgegangen sei, da andernfalls die Erörterung des pro und contra nahe gelegen hätte. So spreche für eine Windenergienutzung im Wald die Höhe heutiger Windenergieanlagen mit den Rotorflügelspitzen mehr als 100 m über Grund. Eine Abwägung des Für und Wider finde sich in der Planbegründung jedoch nicht. Wald sei vielmehr als zwingendes Ausschlusskriterium missverstanden worden. Die Antragsgegnerin habe sich nicht hinreichend klargemacht, dass dem Ausschlusskriterium eine eigene Abwägungsentscheidung zugrunde gelegen habe. Gleiches gelte für die Windkraftnutzung in Vorranggebieten für die Landwirtschaft sowie in FFH-Gebieten. Die Antragsgegnerin habe auch nicht erkannt, dass dem Abstandskriterium von 1.000 m zu Siedlungen ("Schutzpuffer") nur teilweise die Wirkung eines harten Tabukriteriums zukomme. Sie habe nicht quantifiziert, inwieweit sie den Mindestabstand als harte und inwieweit sie ihn als weiche Tabuzone ansehe. Problematisch sei auch das Kriterium eines Abstandes von 5.000 m zwischen Windparks als "Orientierungswert", da nicht hinreichend klar sei, auf welcher Stufe des Planungsprozesses diese Erwägung angesiedelt sei. Die dargestellten Fehler im Abwägungsvorgang seien auch erheblich und führten zur Planunwirksamkeit. Sie seien offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen.

26

Die Wegwägung des Windparks H. sei ebenfalls fehlerhaft. Dessen Ausweisung als Vorrang-/Eignungsgebiet sei wegen der "technischen Überprägung und zum Schutz des Landschaftsbildes" abgelehnt worden. Damit habe die Antragsgegnerin ein Kriterium angewendet, welches sie weder bei der Potentialflächenermittlung noch bei den Einzelfallprüfungen herangezogen habe. Im Gegenteil müsse eine technologische Vorbelastung bzw. eine Vorbelastung mit bereits existierenden Windenergieanlagen sowie eine ausgeräumte, reizlose Landschaft eher für als gegen die Windenergienutzung sprechen. Die Argumentation der Antragsgegnerin laufe darauf hinaus, dass die Ausweisung eines Vorrang-/Eignungsgebietes für Windenergie umso weniger in Betracht komme, desto vorbelasteter die Landschaft sei. Dies könne nicht richtig sein. Auch der angeblich gebotene Schutz des Landschaftsbildes komme bei einer ausgeräumten Ackerebene – wie hier – nicht ernstlich in Betracht. Das Kriterium eines Mindestabstandes von 5 km zu anderen Windparkflächen könne die Wegplanung des Windparks H. nicht tragen und werde von der Antragsgegnerin auch nicht ins Feld geführt. Sie stelle stattdessen auf einen Umkreis von 10 km ab, obwohl es nach dem Textteil des Plans nur auf einen Umkreis von 5 km ankomme. Zudem werde der Mindestabstand von 5 km unter Abwägung mit gegenläufigen Belangen bei anderen Windparks unterschritten. Gehe man von dem Schutzzweck des Abstands zwischen Windparks aus, eine massive und großflächige Raumbelastung durch Windenergieanlagen sowie erhebliche Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes, des Erholungswertes der Landschaft und der Gesundheit der betroffenen Wohnbevölkerung sowie eine Barrierewirkung für die Avifauna zu vermeiden, sei die Wegwägung des Windparks H. nicht gerechtfertigt. Es sei auch keine Behinderung des Baus der B 6n zu befürchten. Im Gegenteil seien Vorbelastungskorridore von Infrastrukturtrassen als "Gunstraum" zu berücksichtigen.

27

Die Antragstellerin beantragt,

28

den sachlichen Teilplan "Windenergienutzung in der Planungsregion (...)" vom 29.11.2012 für unwirksam zu erklären.

29

Die Antragsgegnerin beantragt,

30

den Antrag abzulehnen.

31

Sie trägt vor, der Antrag sei unzulässig, da die Antragstellerin nicht antragsbefugt sei. Sie habe keinen Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids oder einer Genehmigung nach dem BImSchG für die Errichtung von Windkraftanlagen in dem "Windpark H." gestellt. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die Antragstellerin Rechtsnachfolgerin der UKA und obligatorisch berechtigt sei, Flächen im Geltungsbereich des angegriffenen Regionalplans mit Windenergieanlagen zu bebauen. Klägerin in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht sei die UKA.

32

Der Antrag sei auch unbegründet. Der Plan sei verfahrensfehlerfrei aufgestellt worden. Sie habe gemäß § 7 Abs. 4 LPlG LSA die Dauer der öffentlichen Auslegung und die Art und Weise der Behandlung der eingegangenen Hinweise zu beschließen. Von dieser Ermächtigung habe sie Gebrauch gemacht und entschieden, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssten, damit eingegangene Stellungnahmen beachtet würden. Die Abgabe von Stellungnahmen per E-Mail oder Fax werde nicht ausgeschlossen. Die Schriftform könne gemäß § 3a Abs. 2 Satz 1 VwVfG durch die elektronische Form ersetzt werden. Die Bekanntmachung müsse nach ihren Vorschriften erfolgen. Die Vorschriften für die ortsübliche Bekanntmachung der Gemeinden seien nicht anzuwenden, denn nach § 7 Abs. 4 LPlG müsse die Bekanntmachung in den Gemeinden, aber nicht von den Gemeinden erfolgen. Anhaltspunkte dafür, dass die Bekanntmachung insoweit fehlerhaft sein könnte, lägen nicht vor. Sie seien auch sonst nicht ersichtlich.

33

Der Plan sei auch materiell fehlerfrei. Der Abwägung liege ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zu Grunde. Sie habe die Suchräume fehlerfrei bestimmt und dabei harte und weiche Tabukriterien fehlerfrei angewandt. Sie habe die Planungskonzeption auf harte Tabukriterien gestützt, die als solche anerkannt seien. Dazu zählten Flächen mit zu geringer Windhöffigkeit, Splittersiedlungen im Außenbereich, Verkehrswege und andere Infrastrukturanlagen, militärische Schutzgebiete, Naturschutzgebiete, Nationalparks und nationale Naturmonumente, Biosphärenreservate, gesetzlich geschützte Biotope, Landschaftsschutzgebiete und Natura-2000-Gebiete. Der Ausschluss von Vorranggebieten für Natur und Landschaft, FFH-Gebieten, EU-SPA-Gebieten und Naturschutzgebieten als harte Tabukriterien sei nicht zu beanstanden. Harte Tabuzonen seien weiterhin die nach tierökologischen Abstandskriterien ermittelten Schutzbereiche sowie diejenigen, die aus immissionsschutzrechtlichen Gründen von Windkraftanlagen freigehalten werden müssten. Hiervon habe sie sich leiten lassen. Die vorgenannten harten Tabuzonen seien in der Begründung auch als Tabubereiche aufgeführt. Für die Flächen, die nicht als harte Tabuzonen der Windkraft unzugänglich seien, habe sie weiche Tabukriterien aufgestellt. Nur für diese habe sie den Vorsorgegrundsatz herangezogen. So seien die im Zusammenhang bebauten Ortslagen mit überwiegender Wohnnutzung als harte Tabuzone dargestellt worden, während um diese Tabuzone herum ein dem Vorsorgegrundsatz geschuldeter Schutzpuffer gezogen worden sei, der einer weichen Tabuzone entspreche. Dieser sei erforderlich, weil ohne diesen Schutzpuffer in diesem Bereich Windkraftanlagen möglich seien. Ebenso verhalte es sich mit bebauten Außenbereichsflächen, die nicht der Windkraftnutzung zur Verfügung stünden. Als harte Tabuzonen in diesem Sinne seien auch diejenigen Flächen berücksichtigt worden, die nach den bindenden Zielen der Landesentwicklungsplanung einer entgegenstehenden Planung nicht offen stünden. Soweit die Zielbindung reiche, müssten in einer regionalplanerischen Abwägung die zielgebundenen Flächen als harte Tabuzonen betrachtet werden. Wald und Vorranggebiete für Forstwirtschaft seien als weiche Tabuzonen angesehen worden. Das ergebe sich aus der Begründung. Diese lasse erkennen, dass es ihre planerische Entscheidung gewesen sei, diese Flächen der Windkraft nicht zur Verfügung zu stellen. Dies sei auch sachgerecht, denn die Windkraftnutzung im Wald sei mit schwerwiegenden Eingriffen verbunden. Dies rechtfertige es angesichts der geringen Waldgrößen in Sachsen-Anhalt, diese Flächen von vornherein der Windkraftnutzung vorzuenthalten. Keinesfalls sei sie davon ausgegangen, diese Flächen stünden aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen der Windkraftnutzung von vornherein nicht zur Verfügung. Der Senat habe bereits mehrfach ihr planerisches Vorgehen überprüft und für rechtmäßig befunden. Sie habe auf dieser Grundlage den Plan aufgestellt und die Flächen ermittelt, die mit Ausschlusswirkung für die übrigen Flächen der Windkraft vorbehalten sein sollen. Auf die Begrifflichkeiten komme es nicht an. Entscheidend sei, dass in der Sache zwischen harten und weichen Tabukriterien unterschieden werde und die nach den Ausschlusskriterien verbleibenden Flächen einer planerischen Abwägung unterzogen würden.

34

Darüber hinaus sei die vom Bundesverwaltungsgericht präferierte Planungsmethodik nicht zwingend. Auch Pläne, die ohne die strenge Unterscheidung zwischen harten und weichen Tabukriterien aufgestellt worden seien, seien abwägungsfehlerfrei. Die Unterscheidung zwischen harten und weichen Tabukriterien sei überholt. Es gebe praktisch keine harten Tabukriterien. Windkraftanlagen könnten grundsätzlich überall aufgestellt und betrieben werden. Probleme könnten mit Betriebszeitbeschränkungen, Betriebsregelungen oder Höhenbegrenzungen bewältigt werden. Es blieben nur ganz wenige Flächen übrig, die nicht mit Windkraftanlagen bestellt werden könnten. Dies Flächen mögen als harte Tabuzonen bezeichnet werden können, seien aber von so geringem Ausmaß, dass eine eigene Kategorie entbehrlich sei. Die verfehlte Begrifflichkeit und Planungsmethodik werde auch an der strengen Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg deutlich, welches eine nicht überzeugende Aufzählung der harten Tabukriterien versucht habe. Fragen der Windhöffigkeit spielten keine Rolle mehr, da Windkraftanlagen derart große Bauhöhen erreichten, dass ausreichend Wind die Rotorblatter erreiche. Verkehrswege und Infrastruktureinrichtungen seien schlicht bauliche Nutzungen, die jegliche andere Nutzung ausschlössen. Die verschiedenen Natur- und Landschaftsschutzflächen seien ebenfalls keine harten Tabuzonen, da für diese Flächen Ausnahmen und Befreiungen möglich seien. Es sei eine Frage des Einzelfalls, ob diese Flächen mit Windkraftanlagen bebaubar seien. Im Artenschutz spielten Betriebszeitbeschränkungen und Befreiungen eine große Rolle. Auch Splittersiedlungen seien der Nutzung durch Windkraftanlagen zugänglich. Entscheidend seien die immissionsschutzrechtlichen Möglichkeiten vor Ort und Fragen der Rücksichtnahmeverpflichtung. Mit Hilfe von Betriebszeitbeschränkungen seien auch in diesen Gebieten jedenfalls kleinere Windkraftanlagen zulässig. Die Rechtsprechung habe die Schwierigkeit bei der Bestimmung harter Tabuzonen erkannt und gefordert, hiervon restriktiv Gebrauch zu machen. Soweit diese Schwierigkeiten in der Abwägung berücksichtigt würden, bleibe von der vom Bundesverwaltungsgericht geforderten Methodik der Abwägung nichts übrig. Bundesrecht schließe nicht aus, dass auch eine andere Planungsmethodik verwendet werde, um ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept aufzustellen. Entscheidend sei, ob im Ergebnis der Windkraft in ausreichendem Maße Raum verschafft werde. Dies sei bundesrechtlich auf verschiedene Weise nachprüfbar.

35

Sie habe auf der Grundlage ihres Planungskonzepts der Windkraft in substantieller Weise Raum geschaffen. Nach Ausschluss der harten und weichen Tabukriterien verbleibe eine Fläche von 8,77 % des untersuchten Raumes, die für die Windkraft zur Verfügung stehen könnte. Nach der Einzelallprüfung, die rechtlich nicht zu beanstanden sei, würden 10,5 % des Suchraumes der Windkraftnutzung zur Verfügung gestellt. Dies entspreche 0,92 % der Planungsregion. Damit sei ein Wert erreicht, der indiziere, dass der Windkraftnutzung in substantieller Weise Raum geschaffen worden sei. In der Rechtsprechung seien Flächenanteile von 0,5 % bzw. 0,58 % als ausreichend erachtet worden.

36

Sie habe sich abwägungsfehlerfrei mit dem Windpark H., der Alternative 16, auseinandergesetzt. Deren Ausweisung als Vorrangfläche stehe zunächst entgegen, dass die B 6n durch dieses Gebiet verlaufen werde. Zudem würde es bei Festlegung auch dieses Gebietes zu einer technischen Überprägung kommen. Auch sei das Landschaftsbild zu schützen. Zu berücksichtigen sei, dass die Windparks Thurland und Löberitz Nordost im Zeitpunkt der Planaufstellung bereits mit Windenergieanlagen bebaut gewesen seien, so dass die Flächen mit einer höheren Durchschlagskraft in die Abwägung eingingen als bisher noch nicht bebaute oder von der Gemeinde noch nicht überplante Flächen. Sie habe entschieden, dass wegen des geringen Abstandes zu den umliegenden Vorranggebieten auf den Standort H. zu verzichten sei. Durch den Windpark H. würde eine unverträgliche Dichte an wegen der ausgeräumten Flächen weithin sichtbaren Windparks entstehen. Die Einwände der Antragstellerin verfingen nicht. Die von ihr angeführten Beispiele für dicht stehende Windparks wichen von der Situation am Standort H. erheblich ab. Die Nähe des Vorranggebietes Flugplatz Zerbst zu dem Vorranggebiet Windpark Straguth sei gerechtfertigt, weil auf dem Flugplatz Zerbst der Windenergienutzung eine Fläche zur Verfügung gestellt werden könne, die dem planerischen Ansatz – planvolle Konzentration mit geringen Auswirkungen auf Natur- und Landschaftsraum – entspreche.

37

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin und die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

38

I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

39

Der Antrag ist statthaft. Die Festsetzung von Vorranggebieten für die Nutzung der Windenergie mit der Wirkung von Eignungsgebieten als Ziel der Raumordnung unter Nr. 3.1.2 des sachlichen Teilplans "Windenergienutzung in der Planungsregion (...)" ist nach ihrem materiell-rechtlichen Gehalt eine Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO sowie des § 10 AG VwGO LSA und damit ein zulässige Gegenstand eines Normenkontrollantrags. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts handelt es sich bei den in einem Regionalplan enthaltenen Zielen der Raumordnung um Rechtsvorschriften im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, selbst wenn der Landesgesetzgeber für den Regionalplan – wie hier – keine Rechtssatzform vorgibt (BVerwG, Urt. v. 20.11.2003 – BVerwG 4 CN 6.03 –, juris RdNr. 23 ff.). Dies gilt insbesondere dann, wenn der Regionalplan – wie hier – Vorranggebiete für die Nutzung der Windenergie mit der Wirkung von Eignungsgebiete als Ziel der Raumordnung ausweist und damit gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 ROG i.V.m. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB raumbedeutsame Windenergieanlagen an anderer Stelle ausschließt (vgl. Urt. d. Senats v. 30.07.2009 – 2 K 141/08 –, juris RdNr. 12; HessVGH, Urt. v. 17.03.2011 – 4 C 883/10.N –, juris RdNr. 25; ThürOVG, Urt. v. 08.04.2014 – 1 N 676/12 –, juris RdNr. 47).

40

Dem steht nicht entgegen, dass die Darstellung von Konzentrationszonen für Windenergieanlagen in einem Flächennutzungsplan nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht Gegenstand einer statthaften Normenkontrolle gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO analog sein kann, sondern nur die in diesen Darstellungen zum Ausdruck kommende Entscheidung der Gemeinde, die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB an Standorten außerhalb der ausgewiesenen Flächen eintreten zu lassen (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 – BVerwG 4 CN 1.12 –, juris RdNr. 10). Diese Rechtsprechung ist auf Normenkontrollverfahren gegen die Festsetzung von Vorranggebieten für die Nutzung der Windenergie mit der Wirkung von Eignungsgebieten als Ziel der Raumordnung in einem Regionalplan nicht übertragbar. Mit dieser Festsetzung treten – anders als mit der Darstellung von Positivflächen in einem Flächennutzungsplan – gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 ROG automatisch die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ein (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 – BVerwG 4 CN 1.12 –, a.a.O. RdNr. 16). Soweit in der Rechtsprechung zum Teil auch bei Normenkontrollverfahren gegen Regionalpläne (allein) die mit den Festlegungen zur Windenergie beabsichtige Herbeiführung der Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB als statthafter Gegenstand einer Normenkontrolle angesehen wird (vgl. NdsOVG, Urt. v. 14.05.2014 – 12 KN 244/12 –, juris RdNr. 96), folgt der Senat dem daher nicht.

41

Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Antrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Bei einem Normenkontrollantrag gegen die Festsetzung von Vorranggebieten für die Nutzung der Windenergie mit der Wirkung von Eignungsgebieten als Ziel der Raumordnung in einem Regionalplan ist die Antragsbefugnis zu bejahen, wenn der Antragsteller die ernsthafte Absicht darlegt, in dem von der Zielfestlegung betroffenen Gebiet eine Genehmigung für Windenergieanlagen beantragen zu wollen. Die Möglichkeit einer Rechtsverletzung ist gegeben, wenn der Antragsteller Windenergieanlagen errichten will und die hierfür erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung an der mit dem Normenkontrollantrag angegriffenen Zielfestlegung scheitern könnte (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.11.2006 – BVerwG 4 BN 18.06 –, juris RdNr. 11; Urt. d. Senats v. 30.07.2009 – 2 K 142/07 –, juris RdNr. 18 und Urt. v. 30.07.2009 – 2 K 141/08 –, a.a.O. RdNr. 13; HessVGH, Urt. v. 17.03.2011 – 4 C 883/10.N –, a.a.O. RdNr. 26). Zum Kreis der insoweit nachteilig Betroffenen gehören neben Eigentümern von Grundstücken innerhalb des Plangebiets u.a. die dinglich und die obligatorisch hinsichtlich dieser Grundstücks Nutzungsberechtigten (NdsOVG, Urt. v. 28.08.2013 – 12 KN 146/12 –, juris RdNr. 22). Für die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis bedarf es darüber hinaus weder einer dinglichen Absicherung der Nutzungsvereinbarung noch der förmlichen Einleitung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens (OVG MV, Urt. v. 19.06.2013 – 4 K 27/10 –, juris RdNr. 63). Hiernach ist die Antragstellerin antragsbefugt. Sie beabsichtigt, auf mehreren Grundstücken im Plangebiet, die außerhalb der festgelegten Vorranggebiete für die Nutzung der Windenergie mit der Wirkung von Eignungsgebieten liegen, Windenergieanlagen zu errichten und zu betreiben. Dies ergibt sich aus dem Eintritt der Antragstellerin als Klägerin in das ursprünglich von der UKA eingeleitete Verfahren 4 A 65/12 HAL vor dem Verwaltungsgericht. Die Berechtigung zur Nutzung der betreffenden Grundstücke ergibt sich aus den in der Anlage 1 zum Projektübernahmevertrag vom 02.04.2012 aufgeführten Nutzungsverträgen, die von der Antragstellerin gemäß § 1 des Projektübernahmevertrages übernommen wurden.

42

Die Antragsfrist ist gewahrt. Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist der Antrag innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift zu stellen. Maßgeblich ist hier gemäß § 11 Abs. 1 ROG die Bekanntmachung der Genehmigung, die am 16., 22. und 23.02.2013 in den Amtsblättern der Landkreise Wittenberg und Anhalt-Bitterfeld sowie der Stadt Dessau-Roßlau erfolgte. Die Antragsfrist begann damit gemäß §§ 57 Abs. 2 VwGO, 222 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB am 24.02.2013 zu laufen und lief gemäß § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 23.02.2014 ab. Der am 22.02.2014 beim erkennenden Gericht eingegangene Antrag wahrt diese Frist.

43

Die Antragstellerin ist mit ihrem Vorbringen auch nicht gemäß § 47 Abs. 2a VwGO präkludiert. Die Vorschrift ist auf Regionalpläne nicht anwendbar (Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 47 RdNr. 75a; offengelassen von NdsOVG, Urt. v. 12.12.2012 – 12 KN 311/10 –, juris RdNr. 16).

44

II. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Der am 29.11.2012 beschlossene und am 23.01.2013 genehmigte sachliche Teilplan "Windenergienutzung in der Planungsregion (...)" ist unwirksam.

45

1. Es liegt eine gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 ROG zur Ungültigkeit des Plans führende Verletzung von Verfahrensvorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung vor. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 ROG ist bei der Auslegung des Entwurfs eines Raumordnungsplans – hierunter fällt gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ROG auch ein Regionalplan – Ort und Dauer der Auslegung mindestens eine Woche vorher öffentlich bekannt zu machen; dabei ist unter Angabe einer Frist, die zumindest der Auslegungsfrist entspricht, darauf hinzuweisen, dass Stellungnahmen abgegeben werden können. Gemäß § 7 Abs. 4 Satz 3 LPlG LSA ist, soweit eine öffentliche Auslegung des Entwurfs eines Regionalen Entwicklungsplans erfolgt, diese in den Gemeinden ortsüblich bekanntzumachen mit dem Hinweis, dass Anregungen und Bedenken innerhalb der vorgegebenen Frist vorgebracht werden können.

46

a) Der in den Bekanntmachungen vom 18.02.2012 und 05.06.2012 enthaltene Zusatz, es würden nur die Stellungnahmen berücksichtigt, die "im Original mit rechtsverbindlicher Unterschrift" vorliegen, stellt einen Verstoß gegen die Vorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung dar. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB hat die Bekanntmachung der Auslegung des Entwurfs eines Bauleitplans eine Anstoßfunktion. Sie hat daher in einer Weise zu erfolgen, welche geeignet ist, dem an der beabsichtigten Planung interessierten Bürger sein Interesse an Information und Beteiligung durch Anregung und Bedenken bewusst zu machen und dadurch eine gemeindliche Öffentlichkeit herzustellen (BVerwG, Urt. v. 06.07.1984 – BVerwG 4 C 22.80 –, juris RdNr. 15). Die öffentliche Bekanntmachung darf grundsätzlich keine Zusätze oder Einschränkungen enthalten, die geeignet sein könnten, auch nur einzelne an der Bauleitplanung interessierte Bürger von der Erhebung von Stellungnahen abzuhalten (BVerwG, Beschl. v. 11.04.1978 – BVerwG 4 B 37.78 –, juris RdNr. 2; Beschl. v. 28.01.1997 – BVerwG 4 NB 39.96 –, juris RdNr. 6; Beschl. v. 27.05.2013 – BVerwG 4 BN 28.13 –, juris RdNr. 7; vgl. auch BayVGH, Urt. v. 10.07.1995 – 14 N 94.1158 –, juris RdNr. 38; Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 3 RdNr. 14; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: August 2013, § 3 RdNr. 47a). Dies gilt auch für die Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 10 Abs. 1 ROG (vgl. OVG SH, Urt. v. 20.01.2015 – 1 KN 6/13 –, juris RdNr. 53). Insbesondere aus dem Hinweis auf die Form des Vorbringens von Stellungnahmen dürfen keine unzulässigen Hindernisse für das Vorbringen hervorgehen (Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O. § 3 RdNr. 47a). Eine bestimmte Form der Stellungnahme sieht das Gesetz nicht vor. Eine solche lässt sich auch nicht aus § 7 Abs. 4 Satz 2 LPlG LSA herleiten, wonach die Regionalversammlung die Art und Weise der Behandlung der eingegangenen Hinweise beschließt. Stellungnahmen können schriftlich, elektronisch, mündlich oder zur Niederschrift abgegeben werden (Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 3 RdNr. 18; vgl. auch Runkel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, 2010, § 10 RdNr. 18 und 34). Der in einer Bekanntmachung der Auslegung enthaltene Hinweis, Anregungen und Bedenken könnten "schriftlich oder zur Niederschrift" vorgetragen werden, ist gleichwohl zulässig. Wegen der Notwendigkeit, die vorgetragenen Argumente schriftlich niederzulegen, muss auf die Möglichkeit, Argumente auch mündlich vortragen zu können, nicht ausdrücklich hingewiesen werden (BVerwG, Beschl. v. 28.01.1997 – 4 NB 39.96 –, a.a.O. RdNr. 9). Ebenfalls nicht zu beanstanden ist der Hinweis, dass Anregungen und Bedenken "in der Stadtverwaltung" vorgebracht werden können, da hiermit bei dem unbefangenen Leser nicht der Eindruck erweckt wird, er müsse dort persönlich erscheinen. Das Gesetz schreibt keinen Hinweis dahingehend vor, dass Anregungen und Bedenken "schriftlich und mündlich" vorgebracht werden können, sondern sieht das als selbstverständlich an (BayVGH, Urt. v. 10.07.1995 – 14 N 94.1158 –, a.a.O. RdNr. 38).

47

Anders liegt es bei dem hier maßgeblichen Hinweis, es würden nur die Stellungnahmen berücksichtigt, die "im Original mit rechtsverbindlicher Unterschrift" vorliegen. Mit diesem Hinweis wird der – unzutreffende – Eindruck erweckt, Stellungnahmen im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 3 ROG bzw. § 7 Abs. 4 Satz 3 LPlG LSA könnten nur in dieser Form vorgebracht werden. Dieser Hinweis kann geeignet sein, diejenigen, die sich nicht schriftlich, sondern auf andere Weise, etwa auf elektronischem Wege (per E-Mail), äußern wollen, von einer Stellungnahme abzuhalten. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie auf Grund des genannten Zusatzes in der Bekanntmachung eine solche Stellungnahme – irriger Weise – für unbeachtlich halten und deshalb gänzlich von einer Äußerung absehen.

48

Hiergegen spricht auch nicht, dass in der Bekanntmachung ausdrücklich erwähnt wird, Anregungen und Bedenken könnten auch per E-Mail "schriftlich" übermittelt werden. Im Kontext der Bekanntmachung, die im Anschluss an den Hinweis auf die Möglichkeit der Übermittlung einer Stellungnahme per E-Mail darauf hinweist, es würden nur Stellungnahmen "im Original mit rechtsverbindlicher Unterschrift" berücksichtigt, die bei einer Stellungnahme per E-Mail nicht gegeben sind, bleibt unklar, ob eine solche Stellungnahme beachtlich ist oder nicht.

49

Das gleiche gilt für den Hinweis, Anregungen und Bedenken könnten auch zur Niederschrift vorgebracht werden. Da auch bei dieser Form der Stellungnahme nicht zwingend ein "Original mit rechtsverbindlicher Unterschrift" erstellt wird, bleibt auch insoweit im Kontext der Bekanntmachung fraglich, ob eine derartige Stellungnahme am Ende überhaupt Berücksichtigung findet. Diese Unklarheit kann geeignet sein, diejenigen, die eine Äußerung zur Niederschrift erwägen, von einer Stellungnahme gänzlich abzuhalten.

50

b) Die Antragstellerin hat die Verletzung der oben dargestellten Verfahrens- und Formvorschriften auch innerhalb der Jahresfrist des § 12 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 ROG mit dem zur Wahrung der Rügefrist per Fax übersandten Schriftsatz vom 22.02.2014, dem der Normenkontrollantrag beigefügt war, hinreichend substantiiert gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht.

51

c) Der Hinweis in den Bekanntmachungen vom 18.02.2012 und 05.06.2012, nach dem Ende der Äußerungsfrist eingehende Stellungnahmen können keine Berücksichtigung finden, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Sowohl in § 10 Abs. 1 Satz 3 ROG als auch in § 7 Abs. 4 Satz 3 LPlG LSA ist eine Frist für die Abgabe einer Stellungnahme vorgesehen. Dies impliziert die Befugnis, nach Ablauf der Frist eingehende Stellungnahmen unberücksichtigt zu lassen. Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 4a Abs. 6 Satz 1 BauGB können Stellungnahmen, die im Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung nicht rechtzeitig abgegeben worden sind, bei der Beschlussfassung über den Raumordnungsplan unberücksichtigt bleiben, sofern die planende Stelle deren Inhalt nicht kannte und nicht hätte kennen müssen und deren Inhalt für die Rechtmäßigkeit des Plans nicht von Bedeutung ist (vgl. Runkel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, a.a.O., § 10 RdNr. 19 und 35 sowie § 7 RdNr. 41 unter Hinweis auf § 7 Abs. 2 ROG).

52

d) Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Auslegung entgegen § 7 Abs. 4 Satz 3 LPlG LSA in den Gemeinden nicht ortsüblich bekanntgemacht wurde, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

53

2. Es liegt zudem ein materiell-rechtlich beachtlicher Fehler im Abwägungsvorgang vor.

54

Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 des Raumordnungsgesetzes (ROG) vom 22.12.2008 (BGBl. I S. 2986) sind bei der Aufstellung der Raumordnungspläne die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen; bei der Festlegung von Zielen der Raumordnung ist abschließend abzuwägen. Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 ROG ist für die Abwägung nach § 7 Abs. 2 die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Raumordnungsplan maßgebend. In dem hiernach maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung vom 29.11.2012 hat die Antragsgegnerin die Anforderungen des Abwägungsgebots des § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG an den Abwägungsvorgang nicht hinreichend beachtet. Es fehlt an einer hinreichenden Differenzierung zwischen harten und weichen Tabuzonen.

55

Eine planerische Entscheidung zur Herbeiführung der Rechtsfolgen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB – hiernach stehen öffentliche Belange u.a. einem Vorhaben zur Nutzung der Windenergie in der Regel entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist – bedarf zu ihrer Wirksamkeit eines schlüssigen gesamträumlichen Planungskonzepts. Um den Anforderungen gerecht zu werden, die an den Abwägungsvorgang zu stellen sind, muss das Konzept nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch die Gründe für die beabsichtigte Freihaltung des übrigen Planungsraums von Windenergieanlagen aufzeigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – BVerwG 4 C 15.01 –, juris RdNr. 36).

56

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vollzieht sich die Ausarbeitung des Planungskonzepts abschnittsweise: In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als "Tabuzonen" zu ermitteln, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in "harte" und "weiche" untergliedern. Der Begriff der harten Tabuzonen dient der Kennzeichnung von Teilen des Planungsraums, die für eine Windenergienutzung, aus welchen Gründen auch immer, nicht in Betracht kommen, mithin für eine Windenergienutzung "schlechthin" ungeeignet sind; mit dem Begriff der weichen Tabuzonen werden Bereiche des Plangebiets erfasst, in denen nach dem Willen des Plangebers aus unterschiedlichen Gründen die Errichtung von Windenergieanlagen "von vornherein" ausgeschlossen werden "soll". Die Potenzialflächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleiben, sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d.h. die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird. Der Plangeber muss sich zur Vermeidung eines Fehlers im Abwägungsvorgang den Unterschied zwischen harten und weichen Tabuzonen bewusst machen und ihn dokumentieren. Das ist dem Umstand geschuldet, dass die beiden Arten der Tabuzonen nicht demselben rechtlichen Regime unterliegen. Bei den harten Tabuzonen handelt es sich um Flächen, auf denen die Windenergienutzung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist. Sie sind einer Abwägung zwischen den Belangen der Windenergienutzung und widerstreitenden Belangen entzogen. Demgegenüber sind weiche Tabuzonen zu den Flächen zu rechnen, die einer Berücksichtigung im Rahmen der Abwägung zugänglich sind. Zwar dürfen sie anhand einheitlicher Kriterien ermittelt und vorab ausgeschieden werden, bevor diejenigen Belange abgewogen werden, die im Einzelfall für und gegen die Nutzung einer Fläche für die Windenergie sprechen. Das ändert aber nichts daran, dass sie der Ebene der Abwägung zuzuordnen sind. Sie sind disponibel, was sich daran zeigt, dass raumplanerische Gesichtspunkte hier nicht von vornherein vorrangig sind und der Plangeber die weichen Tabuzonen einer erneuten Betrachtung und Bewertung unterziehen muss, wenn er als Ergebnis seiner Untersuchung erkennt, dass er für die Windenergienutzung nicht substanziell Raum schafft. Seine Entscheidung für weiche Tabuzonen muss der Plangeber rechtfertigen. Dazu muss er aufzeigen, wie er die eigenen Ausschlussgründe bewertet, d.h. kenntlich machen, dass er – anders als bei harten Tabukriterien – einen Bewertungsspielraum hat, und die Gründe für seine Wertung offen legen (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.2012 – BVerwG 4 CN 1.11 –, juris RdNr. 9 ff.; Urt. v. 11.04.2013 – BVerwG 4 CN 2.12 –, juris RdNr. 5 ff.).

57

a) Diesen Anforderungen an den Abwägungsvorgang hat die Antragsgegnerin bei der Festlegung von Vorranggebieten für die Nutzung der Windenergie mit der Wirkung von Eignungsgebieten als Ziel der Raumordnung in dem sachlichen Teilplan "Windenergienutzung in der Planungsregion (...)" nicht entsprochen. Die Antragsgegnerin hat im Planungsprozess nicht ausdrücklich zwischen harten und weichen Tabuzonen unterschieden. Die Begründung des Plans sowie die Aufstellungsmaterialien lassen auch nicht erkennen, dass die Antragstellerin in der Sache hinreichend zwischen den beiden Tabukriterien unterschieden hat (vgl. hierzu OVG RP, Urt. v. 16.05.2013 – 1 C 11003/12 –, juris RdNr. 32). Zwar kann der Plangeber einen Fehler im Abwägungsvorgang auch dadurch vermeiden, dass er unterstellt, bei der Fläche handele es sich um eine weiche Tabuzone, und den dafür maßgeblichen Kriterien bei der Abwägung den Vorzug vor den Belangen der Windenergienutzung gibt, wenn er unsicher ist, ob eine Fläche zu den harten oder weichen Tabuzonen gehört (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 16.05.2013 – 12 LA 49/12 –, juris RdNr. 23; Urt. v. 14.05.2014 – 12 KN 244/12 – a.a.O. RdNr. 105; Gatz, jurisPR-BVerwG 7/2013 Anm. 6). Die Behandlung einer eigentlich als harte Tabufläche zu qualifizierenden Zone als weiche Tabufläche ist kein beachtlicher Fehler (vgl. OVG NW, Urt. v. 26.09.2013 – 16 A 1296/08 –, juris RdNr. 83). So gesehen und mit diesen Einschränkungen wird dem Plangeber mit der Unterteilung in harte und weiche Tabuzonen nichts Unmögliches abverlangt (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.2012 – BVerwG 4 CN 1.11 –, a.a.O. RdNr. 14). Der hier zu beurteilende Abwägungsvorgang ist jedoch auch unter Berücksichtigung dieser Maßgaben fehlerhaft, denn aus der Begründung der Ausschlusskriterien geht nicht durchgehend mit hinreichender Deutlichkeit hervor, ob die Antragstellerin das jeweilige Ausschlusskriterium der Sache nach als hartes oder weiches Tabukriterien behandelt hat.

58

aa) Zwar entspricht die Begründung des Ausschlusskriteriums 1 (im Zusammenhang bebaute Ortslage mit überwiegender Wohnnutzung einschließlich 1.000 m Pufferzone) noch den Anforderungen. Dieses Ausschlusskriterium enthält sowohl Elemente eines harten als auch eines weichen Tabukriteriums. Soweit die Ortslage selbst sowie der von der Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG geforderte Mindestabstand als Ausschlusskriterium festgesetzt wird, handelt es sich um eine harte Tabuzone. Soweit der Abstand darüber hinaus der Verwirklichung des Vorsorgegrundsatzes dient, ist er dem Spektrum der weichen Tabuzonen zuzurechnen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.04.2013 – BVerwG 4 CN 2.12 –, a.a.O. RdNr. 8; OVG BBg, Urt. v. 24.02.2011 – OVG 2 A 2.09 – juris RdNr. 65; OVG RP, Urt. v. 16.05.2013 – 1 C 11003/12 –, a.a.O. RdNr. 33 ff.; OVG NW, Urt. v. 01.07.2013 – 2 D 46/12.NE –, juris RdNr. 56). Der Plangeber hat grundsätzlich zumindest annähernd zu quantifizieren, welchen Bereich des festgelegten Abstands er als Mindestabstand und damit als harte Tabuzone und welchen Bereich er als Vorsorgeabstand und damit als weiche, also disponible Tabuzone ansieht (NdsOVG, Urt. v. 23.01.2014 – 12 KN 285/12 –, juris RdNr. 20). Diese Anforderungen erfüllt die Begründung des ersten Ausschlusskriteriums zwar nicht, denn im Hinblick auf den Mindestabstand von 1.000 m wird weder ausdrücklich noch der Sache nach zwischen harten und weichen Tabuzonen unterschieden. Insoweit wird ausgeführt (Nr. 4.2.4.1):

59

„Bebaute und unbebaute Innenbereichsflächen mit überwiegender Wohnnutzung sowie bauplanungsrechtlich für überwiegende Wohnnutzung gesicherte Außenbereichsflächen sind als Flächen für die Errichtung von Windenergieanlagen von vornherein auszuscheiden (Tabu).

60

Von einem 1.000 m Schutzpuffer werden bebaute und unbebaute Innenbereichsflächen mit überwiegender Wohnnutzung und mit Bebauungsplan gesicherte Wohnbauflächen in im Zusammenhang bebauten Ortslagen umgeben.

61

Als Wohnbebauung innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile gelten die Wohnbebauungen im Sinne von § 34 BauGB. Dabei ist ein Ortsteil ein Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Die organische Siedlungsstruktur erfordert nicht, dass es sich um eine nach Art und Zweckbestimmung einheitliche Bebauung handeln muss. Auch eine unterschiedliche, unter Umständen sogar eine in ihrer Art und Zweckbestimmung gegensätzliche Bebauung kann einen Ortsteil bilden …

62

Der gewählte Abstand dient dem vorsorglichen Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärmimmissionen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG) und gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Durch die Einhaltung des Abstandes zu raumbedeutsamen Windenergieanlagen sollen insbesondere von ihnen ausgehende Gesundheitsschäden durch die kontinuierlich über Jahre auftretenden akustischen (hörbare Schallwellen, Infraschall, Hochfrequenz) und optischen (Rotorblattbewegung, Lichtreflexe, Schattenwurf, Befeuerung) Beeinträchtigungen verhindert werden. Mit dem Kriterium wird das Allgemeinwohlgebot, Verhältnismäßigkeitsgebot und das Gebot zur nachbarschaftlichen Rücksichtnahme berücksichtigt und der Tatsache Rechnung getragen, dass bereits geringe akustische und optische Beeinträchtigungen der Bewohner zu einer spürbaren Belastung führen können. Die Planung von Eignungsgebieten für die Nutzung der Windenergie ist ein Instrument der Vorsorge, indem potenziell schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden. Als wirksamstes planerisches Mittel zur Bewältigung des Konfliktes zwischen störenden und schutzbedürftigen Nutzungen steht … die räumliche Trennung der unverträglichen Nutzungen durch die Herstellung ausreichender Abstände zur Verfügung (vgl. § 50 BImSchG). Die Festlegung eines Abstandes von 1.000 m ist durch die technische Entwicklung mit ständig steigender Bauhöhe von Windenergieanlagen gerechtfertigt. Neben dem Vorsorgegedanken bezüglich Immissions- und Gesundheitsschutz dient das Abstandskriterium dem Schutz des Ortsbildes und dessen Silhouette vor einer unmittelbaren technischen Überprägung.“

63

Diese Begründung lässt jedoch erkennen, dass die Flächen der im Zusammenhang bebauten Ortslagen mit überwiegender Wohnnutzung von vornherein auszuscheiden, also als hartes Tabukriterium zu behandeln sind. Das ist rechtlich zutreffend. Darüber hinaus geht aus der Begründung hervor, dass der Schutzpuffer von 1.000 m jedenfalls auch dem Vorsorgegrundsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG Rechnung tragen soll. Hiermit behandelt die Antragsgegnerin den gesamten Abstand von 1.000 m – unter Vermeidung der Abgrenzung von Schutz- und Vorsorgegrundsatz – als weiche, ihrer planerischen Disposition unterliegende Tabuzone. Dies wird in der Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 09.10.2015 (Anlage AG 1) bestätigt und ist rechtlich – auch in der Sache – nicht zu beanstanden.

64

bb) Die Begründung des Ausschlusskriteriums 3 (Vorranggebiete für Natur und Landschaft, FFH-Gebiete, EU-SPA-Gebiete, Naturschutzgebiete) genügt den Anforderungen jedoch nicht.

65

Vorranggebiete für Natur und Landschaft im Sinne des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 ROG wurden sowohl in Z 119 des Landesentwicklungsplans 2010 des Landes Sachsen-Anhalt (LEP) (GVBl. 2011, S. 161) als auch in Nr. 5.3.1.4 des Regionalen Entwicklungsplans für die Planungsregion (...) vom 07.10.2005 (REP) festgelegt. Die Nutzung der Windenergie ist auf diesen Flächen nicht von vornherein ausgeschlossen. Zudem kann gemäß § 6 Abs. 2 ROG unter bestimmten Voraussetzungen von Zielen der Raumordnung abgewichen werden. Die Festlegung derartiger Vorranggebiete kann daher nicht wegen der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG als hartes Tabukriterium behandelt werden. Gleichwohl hat die Antragsgegnerin die Vorranggebiete für Natur und Landschaft als harte Tabuzonen behandelt. Insoweit heißt es in der Begründung (Nr. 4.2.4.3):

66

"Vorranggebiete für Natur und Landschaft sind gemäß § 4 Abs. 1 ROG beachtliche Ziele der Raumordnung. Die Errichtung von raumbedeutsamen Windenergieanlagen in Konzentrationszonen innerhalb von Vorranggebieten für Natur und Landschaft ist mit den vorrangigen Funktionen, Nutzungen und Zielen der Raumordnung nicht vereinbar und wird ausgeschlossen."

67

Die Formulierung, die Errichtung von raumbedeutsamen Windenergieanlagen innerhalb von Vorranggebieten für Natur und Landschaft sei mit den vorrangigen Funktionen, Nutzungen und Zielen der Raumordnung "nicht vereinbar", spricht dafür, dass die Antragsgegnerin die Festsetzung dieser Vorranggebiete als absolutes rechtliches Hindernis und damit als hartes Tabukriterium verstanden hat. Dies entspricht den Angaben in der Antragserwiderung vom 10.04.2014 und der Stellungnahme vom 09.10.2015 (Anlage AG 1), der Ausschluss von Vorranggebieten für Natur und Landschaft sei im Sinne einer harten Tabuzone erfolgt. Der nachfolgende Zusatz in der Begründung, die Errichtung von raumbedeutsamen Windenergieanlagen "wird ausgeschlossen", lässt nicht hinreichend erkennen, dass die Antragsgegnerin insoweit ihr Planungsermessen ausgeübt und die Flächen als weiche Tabuzonen behandelt hat.

68

Die Behandlung des Ausschlusskriteriums "Naturschutzgebiete" ist unklar. Naturschutzgebiete im Sinne des § 23 BNatSchG werden in der Rechtsprechung als harte Tabuzonen angesehen (vgl. OVG NW, Urt. v. 01.07.2013 – 2 D 46/12.NE –, a.a.O. RdNr. 52; NdsOVG, Urt. v. 28.08.2013 – 12 KN 146/12 –, a.a.O. RdNr. 28; Urt. v. 14.05.2014 – 12 KN 244/12 –, a.a.O. RdNr. 103; ThürOVG, Urt. v. 08.04.2014 – 1 N 676/12 –, a.a.O. RdNr. 88). In der Begründung dieses Ausschlusskriteriums durch die Antragsgegnerin heißt es (Nr. 4.2.4.3):

69

"Naturschutzgebiete sind gemäß 23 BNatSchG rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft in ihrer Ganzheit oder in einzelnen Teilen zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Biotopen oder Lebensgemeinschaften bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten, aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder wegen ihrer Seltenheit, besonderen Eigenart oder hervorragenden Schönheit erforderlich ist. Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, sind verboten. Als Tabuzone werden verordnete und im Verfahren einstweilig gesicherte Naturschutzgebiete festgelegt. Derzeit gibt es in der Planungsregion keine einstweilig gesicherten Naturschutzgebiete."

70

Die Formulierung, alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, "sind verboten", spricht dafür, dass auch die Antragstellerin die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen in Naturschutzgebieten von vornherein für rechtlich ausgeschlossen angesehen und Naturschutzgebiete als hartes Tabukriterium behandelt hat. Dies entspricht der Antragserwiderung vom 10.04.2014 und der Stellungnahme vom 09.10.2015 (Anlage AG 1), in der ausgeführt wird, Naturschutzgebiete seien als harte Tabuzonen behandelt worden. Die nachfolgende Formulierung in der Begründung, Naturschutzgebiete "werden" als Tabuzone "festgelegt", spricht indessen eher für die Ausübung von Planungsermessen, also für eine Behandlung als weiche Tabuzone. Auch in der Antragserwiderung heißt es in Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg, Naturschutzflächen seien "keine harten Tabuzonen". Damit widerspricht sich die Antragsgegnerin selbst. Eine eindeutige Feststellung, ob sie Naturschutzgebiete als harte oder weiche Tabuzonen behandelt hat, ist damit nicht möglich.

71

Auch im Hinblick auf das Ausschlusskriterium "Natura-2000-Gebiete" (FFH-Gebiete, EU-SPA-Gebiete) bestehen Unklarheiten, ob die Antragstellerin von einer harten oder weichen Tabuzone ausgegangen ist. Natura-2000-Gebiete werden in der Rechtsprechung nicht generell, sondern nur nach näherer Befassung mit der konkreten Situation als (harte) Tabuzone anerkannt, wenn die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen im Sinne des § 34 Abs. 2 BNatSchG führen kann (vgl. OVG BBg, Urt. v. 24.02.2011 – OVG 2 A 2.09 –, a.a.O. RdNr. 63; OVG RP, Urt. v. 16.05.2013 – 1 C 11003/12 –, a.a.O. RdNr. 43 ff.; OVG NW, Urt. v. 01.07.2013 – 2 D 46/12.NE –, a.a.O. RdNr. 52; offen gelassen von NdsOVG, Urt. v. 23.01.2014 – 12 KN 285/12 –, a.a.O. RdNr. 19). In der Planbegründung heißt es insoweit (Nr. 4.2.4.3):

72

"Das Europäische Netz „NATURA 2000“ wird von Gebieten gemeinschaftlicher Bedeutung gemäß der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie gebildet. Soweit diese Gebiete erheblich beeinträchtigt werden können, sind gem. § 7 Abs. 6 ROG die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit oder Durchführung von derartigen Eingriffen sowie die Einholung der Stellungnahme der Kommission anzuwenden (Prüfung nach FFH-Richtlinie).

73

Einer Verträglichkeitsprüfung sind Inhalte eines Raumordnungsplanes zu unterziehen, bei denen die Möglichkeit besteht, dass sie die Erhaltungsziele beeinträchtigen können. Diese Voraussetzung ist bei der Festlegung von Eignungsgebieten für die Nutzung der Windenergie gegeben. Mit der Anwendung des Ausschlussbereiches „NATURA-2000-Gebiete“ werden mögliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele durch den Bau von Windenergieanlagen in diesen Gebieten vorsorglich ausgeschlossen."

74

Die in dieser Begründung enthaltene Formulierung, mit der Anwendung des Ausschlussbereiches "NATURA-2000-Gebiete" würden mögliche Beeinträchtigungen "vorsorglich" ausgeschlossen, weist auf eine Behandlung als weiches Tabukriterium hin. Dies stimmt mit der Antragserwiderung überein, in der die Benennung der Natura-2000-Gebiete als harte Tabuzonen als nicht überzeugend bezeichnet wird. Dem widerspricht jedoch die Aussage in der Antragserwiderung und in der Stellungnahme vom 09.10.2015 (Anlage AG 1), die FFH- und EU-SPA-Gebiete seien als harte Tabuzonen behandelt worden. Vor diesem Hintergrund ist nicht eindeutig zu klären, ob die Antragsgegnerin die Natura-2000-Gebiete – in der Sache – als harte oder weiche Tabuzonen behandelt hat.

75

cc) Das Ausschlusskriterium 6 (Vorranggebiete für Rohstoffgewinnung oberflächennaher Rohstoffe) (Z 136 des LEP; Nr. 5.3.5.6 des REP) wurde von der Antragsgegnerin als hartes Tabukriterium behandelt. Es wird wie folgt begründet (Nr. 4.2.4.6):

76

„Die Vorranggebiete für Rohstoffgewinnung oberflächennaher Rohstoffe sind Ziele der Raumordnung, die gemäß § 4 Abs. 1 ROG beachtlich sind. Es handelt sich um landesplanerische Letztentscheidungen, die nicht durch andere Zielfestlegungen überlagert werden dürfen.“

77

Es ist jedoch fraglich, ob die Festsetzung eines Vorranggebietes im Sinne des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 ROG für Rohstoffgewinnung oberflächennaher Rohstoffe die Nutzung der Windenergie auf diesen Flächen ausschließt und daher im Hinblick auf die Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG als hartes Tabukriterium behandelt werden kann. Es dürfte manches dafür sprechen, dass Vorranggebiete für Rohstoffgewinnung oberflächennaher Rohstoffe erst dann harte Tabuzonen sind, wenn insoweit ein Planfeststellungsbeschluss bzw. eine Abgrabungsgenehmigung vorliegt. Auch kann gemäß § 6 Abs. 2 ROG unter bestimmten Voraussetzungen von Zielen der Raumordnung abgewichen werden. Dies bedarf vorliegend indessen keiner Vertiefung.

78

In ihrer Stellungnahme vom 09.10.2015 (Anlage AG 1) hat die Antragsgegnerin ausgeführt, die Vorranggebiete für Rohstoffgewinnung oberflächennaher Rohstoffe seien als harte Tabukriterien behandelt worden, soweit sie im LEP dargestellt seien, und als weiche Tabukriterien, soweit sie im REP dargestellt seien. Diese Differenzierung geht jedoch aus der Begründung des Plans in keiner Weise hervor.

79

dd) Vorranggebiete für Forstwirtschaft können nur als weiche Tabuzonen behandelt werden, da sie allein durch Nr. 5.3.6 des REP festgelegt wurden und damit auf einer planerischen Entscheidung der Antragsgegnerin beruhen. Diese ist damit planungsrechtlich nicht an diese Festlegungen gebunden, sondern zur Abwägung befugt. Auch kann gemäß § 6 Abs. 2 ROG unter bestimmten Voraussetzungen von Zielen der Raumordnung abgewichen werden. Unklar ist, ob die Antragsgegnerin Vorranggebiete für Forstwirtschaft als harte oder als weiche Tabuzonen behandelt hat. In der Planbegründung heißt es (Nr. 4.2.4.7):

80

"Die regionalplanerische Festlegung von Vorranggebieten für Forstwirtschaft sind als Ziel der Raumordnung gemäß § 4 Abs. 1 ROG zu beachten. Eine Festlegung von Eignungsgebieten für die Nutzung der Windenergie mit Konzentrationswirkung von Windenergieanlagen widerspricht dem Ziel der vorrangigen Nutzung für die Forstwirtschaft."

81

Diese Formulierung spricht für eine Behandlung als hartes Tabukriterium. Dem widerspricht jedoch die Darstellung in der Antragserwiderung vom 10.04.2014 und in der Stellungnahme vom 09.10.2015 (Anlage AG 1), das Kriterium sei als weiche Tabuzone angesehen worden.

82

Ebenfalls unklar ist, ob das Ausschlusskriterium "Wald" als hartes oder weiches Tabukriterium behandelt wurde. Die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen im Wald sind weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen von vornherein ausgeschlossen. Es handelt sich daher um ein weiches Tabukriterium (vgl. OVG BBg, Urt. v. 24.02.2011 – OVG 2 A 2.09 –, a.a.O. RdNr. 69; NdsOVG, Urt. v. 28.08.2013 – 12 KN 146/12 –, a.a.O. RdNr. 28; Urt. v. 23.01.2014 – 12 KN 285/12 –, a.a.O. RdNr. 19; ThürOVG, Urt. v. 08.04.2014 – 1 N 676/12 –, a.a.O. RdNr. 89; OVG NW, Urt. v. 22.09.2015 – 10 D 82/13.NE –, juris RdNr. 48 ff.; a.A. noch BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – BVerwG 4 C 15.01 –, a.a.O. RdNr. 29; OVG NW, Urt. v. 01.07.2013 – 2 D 46/12.NE –, a.a.O. RdNr. 52). In der Planbegründung heißt es hierzu (Nr. 4.2.4.7):

83

"Wald erfüllt neben der wirtschaftlichen weitere besondere Funktionen gemäß Waldfunktionskartierung: Wald mit Lärmschutzfunktion, Restwald in waldarmer Region, das Landschaftsbild prägender Wald, Wald mit Sichtschutz-, Denkmalschutz- und besonderer Erholungsfunktion. Darüber hinaus erfüllt der Waldbestand in der Region eine hohe Anzahl von weiteren besonderen Schutz- und Erholungsfunktionen. Das Land Sachsen-Anhalt hat mit 24 % einen im Bundesdurchschnitt vergleichsweise niedrigen Waldanteil. Der Waldanteil der Planungsregion liegt mit 32 % im Bundesdurchschnitt und bildet einen wichtigen Anteil am gesamten Waldbestand des Landes …

84

Wald leistet einen wichtigen Beitrag für die Anwendung erneuerbarer Energien durch CO2-neutrale Produktion des Rohstoffes Holz und der langfristigen Speicherung des Treibhausgases bei dauerhafter Holzverwendung …

85

Die Windenergienutzung wird im vorhandenen Waldbestand in der Region ausgeschlossen, um u.a. die Bodenversiegelung durch Fundamente und Zuwegungen, Zerschneidung von Waldarealen für Zuwegungen und Störung der Fauna (Avifauna und Fledermäuse) zu vermeiden. Die Waldflächen befinden sich überwiegend in den größten noch unzerschnittenen Räumen der Region und besitzen daher eine große Bedeutung für Flora, Fauna, Biodiversität und Erholung. Diese Bedeutung wird durch die Verordnung von Naturparks und Landschaftsschutzgebieten unterstrichen."

86

Diese Begründung lässt nicht erkennen, ob die Antragstellerin die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen im Wald von vornherein aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für ausgeschlossen hält oder ob insoweit ein "voluntatives Element" im Spiel ist, der Ausschluss also auf der Ausübung von Planungsermessen beruht. Nicht ausschlaggebend sind insoweit die rückblickenden Aussagen in der Antragserwiderung vom 10.04.2014 und der Stellungnahme vom 09.10.2015 (Anlage AG 1), Wald sei als weiche Tabuzone angesehen worden.

87

ee) Die Vorranggebiete für Hochwasserschutz (Z 123 des LEP; Nr. 5.3.3.3 des REP) wurden von der Antragsgegnerin zu Unrecht als harte Tabuzonen behandelt. Insoweit wurde zur Begründung ausgeführt (Nr. 4.2.4.8):

88

„Die landes- und regionalplanerische Festlegung von Vorranggebieten für Hochwasserschutz sind als Ziel der Raumordnung gemäß § 4 Abs. 1 ROG zu beachten. Die Vorranggebiete für Hochwasserschutz sind zum Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung von Neubebauung freizuhalten. Sie sind zugleich in ihrer bedeutendsten Funktion für Natur und Landschaft und als Teil des ökologischen Verbundsystems zu erhalten (LEP-ST Ziel 3.3.3).

89

Die Formulierungen "sind … zu beachten", "sind … freizuhalten" und "sind … zu erhalten" deuten darauf hin, dass die Antragsgegnerin die Vorranggebiete für Hochwasserschutz als harte Tabuzonen behandelt. Das hat sie in ihrer Stellungnahme vom 09.10.2015 (Anlage AG 1) bestätigt. Dies ist jedoch fehlerhaft, da nicht ersichtlich ist, weshalb die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen mit der Funktion oder Nutzung eines Gebietes als Vorranggebiet für Hochwasserschutz ausnahmslos im Sinne des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 ROG nicht zu vereinbaren sein sollen. Auch kann gemäß § 6 Abs. 2 ROG unter bestimmten Voraussetzungen von Zielen der Raumordnung abgewichen werden. Diese Gebiete scheiden daher nicht wegen der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG von vornherein für die Festsetzung eines Vorrang- bzw. Eignungsgebietes für die Windenergie aus.

90

Die Überschwemmungsgebiete nach § 96 WG LSA a.F. (§ 76 WHG; § 99 WG LSA n.F.) wurden von der Antragsgegnerin – zu Recht – als weiche Tabuzonen festgelegt. Insoweit wurde zur Begründung ausgeführt (Nr. 4.2.4.8):

91

"Die nach § 96 WG LSA festgestellten Überschwemmungsgebiete sind gem. § 97 WG LSA in ihrer Funktion als natürliche Rückhalteflächen zu erhalten. Die Gebiete sind vorsorglich von einer Bebauung mit Windenergieanlagen freizuhalten, um Anlagenschäden infolge Hochwassers zu vermeiden und um den größtmöglichen Hochwasserabfluss zu gewährleisten."

92

Zwar deutet die Verwendung der Formulierung "sind … zu erhalten" und "sind … freizuhalten" auf eine Behandlung der Überschwemmungsgebiete als hartes Tabukriterium hin. Die Verwendung des Begriffs "vorsorglich" bringt jedoch hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass die Antragstellerin diesen Ausschlussbereich im Rahmen ihres Planungsermessens festgelegt hat und damit von einer weichen Tabuzone ausgegangen ist. Das hat sie in ihrer Stellungnahme vom 09.10.2015 (Anlage AG 1) bestätigt. Überschwemmungsgebiete sind keine harten, sondern weiche Tabukriterien, da sie wegen der Möglichkeit der Zulassung von Ausnahmen nach § 78 Abs. 3 WHG der Nutzung der Windenergie nicht schlechthin entgegenstehen.

93

ff) Das Ausschlusskriterium 9 (Vorranggebiete für Landwirtschaft) wurde von der Antragstellerin zu Unrecht als hartes Tabukriterium behandelt. Vorranggebiete für Landwirtschaft können nur als weiche Tabuzonen behandelt werden, da sie allein auf den Festlegungen in Nr. 5.3.2 des REP und damit auf einer planerischen Entscheidung der Antragsgegnerin beruhen, so dass diese planungsrechtlich hieran nicht gebunden, sondern zur Abwägung befugt war. Auch kann gemäß § 6 Abs. 2 ROG unter bestimmten Voraussetzungen von Zielen der Raumordnung abgewichen werden. Die Festsetzung einer Fläche als Vorranggebiet für Landwirtschaft steht einer Nutzung durch Windenergieanlagen auch deshalb nicht schlechthin entgegen, weil die von Windenergieanlagen in Anspruch genommenen Flächen regelmäßig als geringfügig anzusehen sind (vgl. ThürOVG, Urt. v. 30.06.2006 – 1 KO 564/01 –, juris RdNr. 33; a.A. für Biogasanlagen HessVGH, Urt. v. 04.07.2013 – 4 C 2300/11.N –, juris RdNr. 36). Vorranggebiete für Landwirtschaft können damit lediglich als weiche Tabuzonen behandelt werden. Auch der Senat ist in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass Vorranggebiete für Landwirtschaft nicht generell, sondern nur aufgrund einer Einzelfallabwägung von Windkraftanlagen freizuhalten sind (vgl. Urt. d. Senats v. 30.07.2009 – 2 K 141/08 –, a.a.O. RdNr. 20; Beschl. v. 09.09.2011 – 2 L 11/10 –, juris RdNr. 16). In der Planbegründung wird das Ausschlusskriterium wie folgt begründet (Nr. 4.2.4.9):

94

"Die regionalplanerische Festlegung von Vorranggebieten für die Landwirtschaft ist als Ziel der Raumordnung gemäß § 4 Abs. 1 ROG zu beachten. Es handelt sich um landesplanerische Letztentscheidungen, die nicht durch andere Zielfestlegungen überlagert werden dürfen. Bei den in der Planungsregion (...) festgelegten Vorranggebieten für die Landwirtschaft handelt es sich um Ackerböden mit hervorragender landwirtschaftlicher Anbaueignung und intensiv genutzte Gemüseanbauflächen.

95

Die erforderlichen Zuwegungen und Standorte der Windenergieanlagen stellen bei der landwirtschaftlichen Bearbeitung der Flächen Manövrierhindernisse dar, die zu einer wirtschaftlichen Beeinträchtigung führen. Durch Flächenversiegelung (z.B. mit Beton) werden die Bodenbeschaffenheiten sowie die Bodenfunktionen unwiederbringlich verändert bzw. beeinträchtigt (u. a. wird die Grundwasserneubildungsrate vermindert). Für den Bau der derzeitig marktgängigen Windenergieanlage mit 2 MW Leistung werden bis 1.800 m² Fundamentfläche der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen. 1,5 % einer Windparkfläche werden für die Fundamente benötigt. Zuwegungen und Fundamente eines durchschnittlichen Windparks in der Planungsregion umfassen 4 % der Windparkfläche … Flächenzerschneidung und Veränderung der Bodenbeschaffenheit tragen zu einer Veränderung/Verschlechterung der ackerbaulichen Anbaueignung und Ertragsfähigkeit bei. Hinzu kommt entlang von Wegen und an Fundamenten ein erhöhter Unkrautbesatz. Dieser Unkrautbesatz stellt u. a. eine Konkurrenz für Kulturpanzen in Bezug auf Licht-, Wasser- und Nährstoffversorgung dar. Ein Rückgang der Erträge durch Unkraut wurde v. a. bei Feldgemüse nachgewiesen … Ebenso kann es zur Saatgutverunreinigung durch den Unkrautsamen kommen.“

96

Diese Begründung lässt erkennen, dass die Antragsgegnerin davon ausgegangen ist, die Festsetzung eines Vorranggebietes für Landwirtschaft stehe der Nutzung der Windenergie in diesem Gebiet von vornherein entgegen. Die Begründung enthält keine Anzeichen dafür, dass die Antragsgegnerin insoweit eine Abwägungsentscheidung im Rahmen ihres planerischen Ermessens treffen wollte. Diese Einstufung ist fehlerhaft. Für die in der Stellungnahme vom 09.10.2015 (Anlage AG 1) enthaltene Behauptung, die habe die Vorranggebiete für Landwirtschaft als weiche Tabuzone behandelt, findet sich in der Begründung des Plans kein Anhaltspunkt.

97

gg) Das Ausschlusskriterium 11 (Trinkwasserschutzzonen I und II) wurde von der Antragsgegnerin als weiches Tabukriterium behandelt. Insoweit heißt es zur Begründung (Nr. 4.2.4.11):

98

„In den Trinkwasserschutzzonen I und II, die nach § 48 WG LSA per Verordnung festgelegt werden, wird die Festlegung von Eignungsgebieten für die Nutzung der Windenergie vorsorglich ausgeschlossen, um sie vor Beeinträchtigungen zu schützen, die mit der Errichtung und dem Betrieb von Windenergieanlagen verbunden sind.“

99

Durch die Formulierung "wird … vorsorglich ausgeschlossen" bringt die Antragsgegnerin zum Ausdruck, dass es sich bei dem Ausschluss der Trinkwasserschutzzonen um eine Entscheidung im Rahmen ihres planerischen Ermessens handelt. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Selbst wenn anzunehmen sein sollte, dass Trinkwasserschutzzonen I und II harte Tabuzonen sind, ist die von der Antragsgegnerin vorgenommene "vorsorgliche" Behandlung als weiche Tabuzonen rechtlich nicht zu beanstanden. Anhaltspunkte dafür, dass sie – wie in der Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 09.10.2015 (Anlage AG 1) behauptet – als harte Tabuzone behandelt wurden, finden sich in der Begründung des Plans nicht.

100

Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin auch solche Wasserschutzgebiete (vorsorglich) ausgeschlossen hat, die gemäß § 73 Abs. 8 Satz 1 WG LSA n.F. aufgehoben sind, weil es sich um am 01.04.2011 bestehende Wasserschutzgebiete oder gleichgestellte Gebiete handelt, die nicht aus in § 51 Abs. 1 WHG genannten Gründen erforderlich sind, sind weder vorgetragen noch ersichtlich, zumal nach den Angaben der Antragsgegnerin in ihrer Stellungnahme vom 09.10.2015 (Anlage AG 1) die Überprüfung der Richtigkeit der Planung insoweit durch die Beteiligung der unteren Wasserbehörde als Trägerin öffentlicher Belange abgesichert war.

101

b) Die Planung genügt den an sie zu stellenden Anforderungen auch deshalb nicht, weil sich der Planungsträger den Unterschied zwischen harten und weichen Tabukriterien nicht nur bewusst machen, sondern auch dokumentieren muss. Auch daran fehlt es hier. Eine vollständige und nachvollziehbare Dokumentation dazu, bei welchen Ausschlusskriterien die Antragsgegnerin von einer harten und bei welchen sie von einer weichen Tabuzone ausging, liegt nicht vor. Die Begründung der Tabukriterien ist insoweit – zum Teil – unergiebig. Die nachträglichen Erläuterungen der Antragsgegnerin sind ohne Bedeutung, da sich der Planungsträger die genannte Unterscheidung gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 ROG im Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung bewusst machen und dokumentieren muss. Eine nachträgliche – rückblickende – Unterscheidung reicht nicht aus.

102

c) Der dargestellte Fehler im Abwägungsvorgang ist auch nicht gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 ROG bzw. § 9 Abs. 1 Nr. 3 LPlG LSA unbeachtlich. Mängel im Abwägungsvorgang sind nach diesen Vorschriften nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

103

aa) Der Abwägungsmangel ist offensichtlich. Offensichtlich ist ein Mangel, wenn er auf objektiv feststellbaren Umständen beruht und ohne Ausforschung der Entscheidungsträger über deren Planungsvorstellungen für den Rechtsanwender erkennbar ist (BVerwG, Urt. v. 11.04.2013 – BVerwG 4 CN 2.12 –, a.a.O. RdNr. 9). So liegt es hier. Die bei der Ausarbeitung des Planungskonzepts nicht hinreichend bewusst gemachte und dokumentierte Differenzierung zwischen harten und weichen Tabuzonen ergibt sich aus der Planbegründung und den Aufstellungsvorgängen.

104

bb) Der Abwägungsmangel ist auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist der Mangel, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne ihn die Planung anders ausgefallen wäre, d.h. bei der Regionalplanung mehr und/oder größere Vorrang- und Eignungsgebiete für die Windenergienutzung ausgewiesen worden wären (BVerwG, Urt. v. 11.04.2013 – BVerwG 4 CN 2.12 –, a.a.O.). Das ist hier der Fall. Da sich bei der gebotenen Bewertung zunächst anhand allein der rechtlich und tatsächlich zwingenden Kriterien voraussichtlich gezeigt hätte, dass mehr oder andere Flächen grundsätzlich für die Windenergienutzung in Betracht kommen, besteht die konkrete Möglichkeit, dass die Antragsgegnerin ohne den Fehler andere oder auch mehr Flächen ausgewiesen hätte. Dem kann nicht entgegenhalten werden, dass auch bei Beachtung der geforderten Differenzierung die Abwägung zum gleichen Ergebnis geführt hätte, denn die Abwägung hätte bei fehlerfreiem Vorgehen unter anderen Vorzeichen stattgefunden. Deshalb kann auch ein anderes Abwägungsergebnis nicht ausgeschlossen werden (vgl. ThürOVG, Urt. v. 08.04.2014 – 1 N 676/12 –, a.a.O. RdNr. 105; NdsOVG, Urt. v. 14.05.2014 – 12 KN 244/12 –, a.a.O. RdNr. 110).

105

d) Die Antragstellerin hat die Fehler im Abwägungsvorgang auch innerhalb der Jahresfrist des § 12 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ROG mit dem zur Wahrung der Rügefrist per Fax übersandten Schriftsatz vom 22.02.2014, dem der Normenkontrollantrag beigefügt war, hinreichend substantiiert gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht.

106

3. Es bedarf keiner Vertiefung, ob ein Abwägungsfehler vorliegt, soweit der Windpark H. bei der Festsetzung der Vorrang-/Eignungsgebiete nicht berücksichtigt wurde. Zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten weist der Senat jedoch auf folgendes hin: Die Entscheidung der Antragsgegnerin, den Windpark H. nicht als Vorrang-/Eignungsgebiet für die Nutzung der Windenergie auszuweisen, dürfte rechtlich nicht zu beanstanden sein. Sie dürfte in vertretbarer Wiese darauf abgehoben haben, dass im Wirkbereich der als "Alternative 16" betrachteten Fläche bereits drei Windparks (Thurland – Löberitz Nordost – Zörbig) bestehen, die jedenfalls teilweise auch als Vorrang-/Eignungsgebiet ausgewiesen wurden. Vor diesem Hintergrund dürfte es rechtlich vertretbar sein, von der Ausweisung eines weiteren Windeignungsgebietes am Standort H. abzusehen, um eine übermäßige technische Überprägung des mit einer enormen Weitsicht verbundenen flachen Köthener Ackerlandes zu verhindern. Diese Entscheidung der Antragsgegnerin dürfte auch Sinn und Zweck des unter Nr. 4.2.5.10 niedergelegten Kriteriums "Abstand zwischen Windparks" entsprechen, durch die Konzentration von Windanlagen in räumlich und visuell voneinander getrennten Gebieten die Landschaft vor Überlastung zu schützen. Die Windenergieanlagen sollen in der Landschaft keine Dominanzwirkung ausüben. Diesem Zweck dürfte es entsprechen, zumindest den Raum westlich der BAB 9 zwischen den Windeignungsgebieten Thurland und Löberitz Nordost von weiteren Windenergieanlagen freizuhalten. Es dürfte auch nicht geboten sein, den Bereich des Windparks H. als Vorrang-/Eignungsgebiet auszuweisen, soweit er das Abstandskriterium von 5 km zu anderen Windparks einhält. Entsprechend Nr. 4.2.8 werden die Suchräume außerhalb der 5 km-Puffer um bestehende Windparks im Einzelfall entsprechend der naturräumlichen Lage und Vorbelastung betrachtet. Dies dürfte es zulassen, bei einer erheblichen Vorbelastung der Umgebung einer im Suchraum gelegenen Flächen mit bereits errichteten Windenergieanlagen – wie hier – auch außerhalb der 5 km-Puffer von der Ausweisung weiterer Windparks abzusehen.

107

Die Antragsgegnerin dürfte auch nicht verpflichtet gewesen sein, den Windpark H. anstelle eines anderen Windparks als Vorrang-/Eignungsfläche auszuweisen. Insoweit dürfte die Antragsgegnerin zu Recht berücksichtigt haben, dass die anderen Standorte bereits mit Windenergieanlagen bebaut sind, während es sich bei dem Standort H. um eine noch unbebaute Fläche handelt.

108

Es dürfte auch rechtlich nicht zu beanstanden sein, dass die Antragstellerin dem Gesichtspunkt der technischen Infrastruktur (Nr. 4.2.5.9, S. 33), wonach Vorbelastungskorridore von Infrastrukturtrassen (z.B. Straßen) als "Gunstraum" für die Suche nach geeigneten Standorten für Windenergieanlagen betrachtet werden, hier keine ausschlaggebende Bedeutung zugemessen hat. Auch dem Umstand, dass die Trasse der B 6n durch das Gebiet des Windparks H. verlaufen wird, dürfte keine entscheidende Bedeutung zukommen.

109

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

110

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 709 ZPO.

111

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen