Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (1. Senat) - 1 L 52/14

Gründe

1

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Halle - 4. Kammer - vom 24. April 2014 bleibt ohne Erfolg.

2

Die von der Klägerin geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.

3

„Ernstliche Zweifel“ an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen nur dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Da gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO der Zulassungsgrund zudem in der gebotenen Weise darzulegen ist, erfordert dies, dass sich der Zulassungsantrag substantiiert inhaltlich mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt und unter anderem konkret ausgeführt wird, dass die erhobenen Einwände entscheidungserheblich sind (OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa Beschluss vom 3. Januar 2007 - 1 L 245/06 -, juris Rn. 3 m. w. N.). Dabei reicht es nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33).

4

Das Antragsvorbringen begründet im vorbezeichneten Sinne keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses der angefochtenen Entscheidung.

5

Die Antragsbegründungsschrift trägt vor, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von einem handwerksähnlichen Gewerbe ausgegangen, weil das hier in Rede stehende Gewerbe „Estrichleger“ in Anlage B1 (zur HwO) als zulassungsfreies Gewerbe aufgeführt sei, das einen handwerksmäßigen Betrieb erfordere und strengere Anforderungen stelle, als das lediglich einen handwerksähnlichen Betrieb erfordernde handwerksähnliche Gewerbe (Anlage B2).

6

Ernstliche Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils ergeben sich hieraus nicht. Das Verwaltungsgericht hat das Gewerbe „Estrichleger“ nicht als handwerksähnlichen Betrieb eingestuft. Es hat lediglich im Zusammenhang mit der im Ergebnis verneinten Rechtsfrage, ob § 1 Abs. 2 HwO auf die der Eintragungspflicht gemäß § 19 HwO unterliegenden zulassungsfreien und handwerksähnlichen Gewerbe anwendbar sei, zwischen beiden Gewerbearten im Sinne des § 18 Abs. 2 HwO nicht differenziert. Im Weiteren geht das Verwaltungsgericht von einem zulassungsfreien, in handwerksmäßiger Form betriebenen Gewerbe im Sinne der Anlage B1 aus (vgl. S. 6 Abs. 2 der UA) und grenzt dieses zur fabrikmäßigen (industriellen) Betriebsform (und der aus letzterem folgenden Zugehörigkeit zur IHK) ab. Aus welchen Gründen eine Differenzierung zwischen zulassungsfreiem und handwerksähnlichem Gewerbe im Zusammenhang mit der Frage der Anwendbarkeit des § 1 Abs. 2 HwO geboten und entscheidungsrelevant ist, ergibt sich aus dem vorgenannten Antragsvorbringen nicht.

7

Weiter macht die Antragsbegründungsschrift geltend, entgegen der erstinstanzlichen Rechtsauffassung sei § 1 Abs. 2 HwO im Rahmen des § 18 HwO analog anzuwenden. Anderenfalls würden Gewerbebetriebe, die keine für das zulassungspflichtige Handwerk wesentliche Tätigkeit ausübten, nicht der Handwerksordnung unterliegen, wenn diese Tätigkeit nicht zugleich eine solche nach § 18 HwO wäre. Das Regelungswerk wäre damit im Bereich des genehmigungspflichtigen Handwerkes weniger streng als bei zulassungsfreien oder handwerksähnlichen Betrieben. Es könne nicht sein, dass ein Betrieb, der keine wesentlichen Tätigkeiten eines zulassungsfreien Handwerkes ausübe, ein Betrieb des zulassungsfreien Handwerkes sein solle, während ein Gewerbebetrieb der keine wesentlichen Tätigkeiten eines zulassungspflichtigen Handwerkes ausübe, kein Betrieb des zulassungspflichtigen Handwerkes sei.

8

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteilsergebnisses begründet auch dieses Vorbringen nicht. Die letztgenannte Behauptung erschöpft sich in einer schlichten Gegenposition zur Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtes, ohne - wie es erforderlich wäre - diese mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage zu stellen. Auch der Verweis auf mögliche unterschiedliche Rechtsfolgen bei zulassungspflichtigem Handwerk einerseits und zulassungsfreiem Handwerk bzw. handwerksähnlichen Gewerben andererseits macht noch nicht plausibel, dass - was eine analoge Anwendung des § 1 Abs. 2 HwO voraussetzt - der Gesetzgeber den Umstand nicht bedacht und hier eine der Analogie zugängliche planwidrige Lücke gelassen hat, mit anderen Worten der Anwendungsbereich des § 20 HwO wegen eines versehentlichen, mit dem Normzweck unvereinbaren Regelungsversäumnisses des Gesetzgebers unvollständig geblieben ist. Das Vorbringen stellt in diesem Zusammenhang auch nicht die Feststellung des Verwaltungsgerichtes im angefochtenen Urteil schlüssig in Frage, wonach es dem Gesetzgeber mit der Aufnahme der zulassungsfreien und handwerksähnlichen Gewerbe in die Zuständigkeit der Handwerkskammer statt in die der IHK nur darum gegangen sei, eine insgesamt sachnähere Betreuung der Gewerbetreibenden sicher zu stellen. Im Übrigen legt das Antragsvorbringen auch nicht nachvollziehbar dar, dass eine analoge Anwendung des § 1 Abs. 2 HwO auf den klägerischen Betrieb dessen Nichtaufnahme in das Verzeichnis gemäß § 19 HwO bzw. die Rechtswidrigkeit der Mitteilung im Sinne der §§ 20 Satz 1, 11 HwO zur Folge hätte.

9

Weiter führt die Antragsbegründungsschrift aus, das Verwaltungsgericht habe bei der Unterscheidung Industrie- von Handwerksbetrieb das Abgrenzungskriterium vernachlässigt, wonach die Klägerin die industrietypische Arbeitsteilung dadurch verwirkliche, dass eine kaufmännische Unternehmensleitung bestehe und in technischer Hinsicht eine Arbeitsteilung zwischen ingenieurtechnischer Planung und lediglich von Gehilfen wahrgenommener Ausführung bestehe.

10

Dieses Vorbringen legt bereits nicht schlüssig dar, dass es nach der vom Verwaltungsgericht für erforderlich gehaltenen Gesamtbetrachtung der Betriebsweise bzw. -struktur auf dieses Kriterium vorliegend entscheidungserheblich ankommt bzw. aus welchen Gründen es gegenüber den im angefochtenen Urteil angeführten Anzeichen für eine handwerksmäßige Betriebsform als gewichtiger anzusehen ist und sich diesen gegenüber bei der Bewertung durchsetzt. Die vom Verwaltungsgericht für maßgeblich erachteten handwerksmäßigen Fachkenntnisse für eine sachgerechte Ausführung der angebotenen Leistungen, der Aspekt der besonderen Qualitätssicherung, Dichtheitskontrolle, der Einsatz langjährig erfahrener und besonders spezialisierter Fachkräfte werden durch den Verweis auf ein anderes Abgrenzungskriterium nicht schlüssig in Frage gestellt. Entsprechendes gilt für die gerichtliche Feststellung, dass die Anzahl von 37 Facharbeitern gegenüber 2 oder 4 angestellten Ingenieuren deutlich mache, dass der Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit nicht in der Erbringung von Planleistungen, sondern in der Ausführung von Korrosions(schutz)arbeiten bestehe.

11

Auch der Verweis auf die bei der Klägerin fehlende Dominanz des meisterlich befähigten Inhabers, weil es im Bereich des Säurebaus weder eine handwerkliche Berufsausbildung noch einen entsprechenden Meistertitel gebe, zeigt nicht schlüssig auf, dass allein dieser Umstand sich bei der vom Verwaltungsgericht für erforderlich gehaltenen Gesamtbetrachtung des Betriebes entscheidungserheblich durchsetzt und in Konsequenz der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Abgrenzung die Annahme einer industriellen Betriebsform rechtfertigt.

12

Das Antragsvorbringen, das Verwaltungsgericht habe auf S. 7 Abs. 2 der Urteilsausfertigung Erwägungen, insbesondere zur Frage der Qualitätssicherung und Sicherung von Gefahren für Einzelne und die Allgemeinheit angestellt, die vom Vortrag der Parteien nicht umfasst gewesen seien, macht die Fehlerhaftigkeit dieser Erwägungen und die Entscheidungserheblichkeit dieses Vortrages für die Richtigkeit des Urteilsergebnisses nicht plausibel. Entsprechendes gilt für die Behauptung, dass die Beherrschung der speziellen Anforderungen an Qualitätskontrolle und Gefahrenabwehr weit über die im Estrichlegerhandwerk vorauszusetzenden Kenntnisse und Fertigkeiten hinausgehe und die Aufgaben der Qualitätssicherung von vier bei der Klägerin beschäftigten Ingenieuren, nicht dagegen von gewerblichen Arbeitnehmern, wahrgenommen werde. Inwiefern höhere Kenntnisse und Fähigkeiten, als sie das hier in Rede stehende B1-Gewerbe erfordere, gegen die vom Verwaltungsgericht für maßgeblich erachtete Abgrenzung von handwerksmäßiger zu industrieller Betriebsform spricht, erschließt sich aus dem Antragsvorbringen ebenso wenig wie der Verweis auf die unterschiedliche fachliche Qualifikation von Arbeitnehmern der Klägerin.

13

Mit dem Vorbringen, in der mündlichen Verhandlung sei keine Rede davon gewesen, dass die Klägerin ihren Mitarbeitern ständig eine aufwendige betriebsinterne Weiterbildung vermittle, sowie den Ausführungen dazu, weshalb das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgehe, dass die Klägerin ihr Vorbringen im Nachgang zur mündlichen Verhandlung in ihr günstiger Weise „angepasst habe“ (S. 3 letzter Abs. bis S. 4 der Antragsbegründungsschrift) und zur fehlerhaften Bewertung des Einsatzes von Subunternehmern im Bereich der Estrichherstellung (S. 5 Abs. 2 der Antragsbegründungsschrift), legt die Antragsbegründungsschrift jedenfalls nicht nachvollziehbar dar, inwiefern sich die genannten Umstände entscheidungserheblich auf die Richtigkeit des Urteilsergebnisses auswirken, insbesondere zielführend für die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Abgrenzung von handwerksmäßiger zu industrieller Betriebsform sind. Der Vortrag, die Einweisung, Belehrung und Überwachung gewerblicher Mitarbeiter durch erfahrene Kräfte sowie eine arbeitsteilige Organisation bei einer erhöhten Anzahl von Mitarbeitern sei nicht handwerkstypisch, erschöpft sich in einer bloßen, mangels Substantiierung und Begründung nicht nachvollziehbaren Behauptung.

14

Soweit die Ausführungen auf S. 9 (Abs. 1) der Urteilsausfertigung zur Tätigkeit der Ingenieure als rechtsfehlerhaft bezeichnet werden und die Behauptung aufgestellt wird, aus dem zahlenmäßigen Verhältnis von gewerblichen Arbeitnehmern zu Ingenieuren ergebe sich kein Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit, zudem sei der Vortrag der Parteien nicht berücksichtigt worden, erschöpft sich das Antragsvorbringen in bloßen Gegenvorstellungen, welche mangels hinreichender Substantiierung und Konkretisierung eine Ergebnisunrichtigkeit des angefochtenen Urteils nicht schlüssig darlegen. Dies gilt auch für die weitere schlichte Aneinanderreihung von nicht näher substantiierten Behauptungen, wonach fachliche Planung und Vorbereitung der Arbeiten Ingenieurleistungen seien, die tatsächliche Ausführung angelernten Kräften möglich sei, die insgesamt erbrachten Leistungen der Klägerin von keinem Handwerk erbracht würden, weil es keinen entsprechenden Ausbildungsberuf im Handwerk gebe, sowie zur Arbeitsteilung im klägerischen Betrieb und der fehlerhaften Gewichtung der planerischen Leistungen einerseits und der reinen Ausführung andererseits durch das Verwaltungsgericht. Den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO an die Darlegung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils wird dieses Vorbringen mangels inhaltlicher Substantiierung und Begründung des klägerischen Rechtsstandpunktes nicht gerecht.

15

Die Zulassung der Berufung rechtfertigt sich auch nicht wegen der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.

16

„Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten“ der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO bestehen dann, wenn die Rechtssache wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder aufgrund der zugrunde liegenden Rechtsmaterie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht größere, also das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht, mithin signifikant vom Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitsachen abweicht (OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschluss vom 6. Juni 2006 - Az.: 1 L 35/06 -, JMBl. LSA 2006, 386 [m. w. N.]). Im Hinblick auf die Darlegungsanforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ist es erforderlich, im Einzelnen darzulegen, hinsichtlich welcher Fragen und aus welchen Gründen aus der Sicht des Rechtsschutzsuchenden die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist (OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]), denn der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO soll eine allgemeine Fehlerkontrolle nur in solchen Fällen ermöglichen, die dazu besonderen Anlass geben (vgl.: BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des 1. Senates vom 23. Juni 2000 - Az.: 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163). Außerdem bedarf es Darlegungen dazu, dass die aufgeworfenen Fragen für den zu entscheidenden Rechtsstreit entscheidungserheblich sind (vgl.: BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des 1. Senates vom 8. März 2001 - Az.: 1 BvR 1653/99 -, NVwZ 2001, 552). Nur wenn sich schon aus dem Begründungsaufwand des erstinstanzlichen Urteiles ergibt, dass eine Sache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht schwierig ist, genügt ein Antragsteller der ihm gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO obliegenden Darlegungslast bereits regelmäßig mit erläuternden Hinweisen auf die einschlägigen Passagen des Urteiles (vgl.: BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des 1. Senates vom 23. Juni 2000, a. a. O.). Soweit der Antragsteller hingegen die Schwierigkeiten des Falles darin erblickt, dass das Gericht auf bestimmte tatsächliche Aspekte nicht eingegangen ist oder notwendige Rechtsfragen nicht oder unzutreffend beantwortet hat, hat er diese Gesichtspunkte in nachvollziehbarer Weise darzustellen und ihren Schwierigkeitsgrad plausibel zu machen (BVerfG, a. a. O.).

17

Den vorstehenden Anforderungen wird das Vorbringen in der Antragsbegründungsschrift zum Vorliegen besonderer tatsächlicher bzw. rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache nicht gerecht. Das Vorbringen, aus den Vortrag zu dem Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergebe sich, dass das Verfahren insbesondere in tatsächlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten aufweise, weil technische Abläufe zu beurteilen und einem Handwerks- und/oder industriellen Betrieb zuzuordnen seien, lässt nicht in der gebotenen Weise erkennen, welche entscheidungserheblichen Fragen tatsächlicher Art hierdurch aufgeworfen werden und aus welchen Gründen sich ihre Klärung besonders schwierig darstellt. Soweit das Verwaltungsgericht einen anderen als den vorgetragenen Fall entschieden, insbesondere den klägerischen Vortrag nicht erfasst haben soll, werden die maßgeblichen Umstände weder nachvollziehbar dargelegt noch ihr Schwierigkeitsgrad plausibel gemacht.

18

Die Zulassung der Berufung rechtfertigt sich schließlich nicht wegen der mit der Antragsbegründungsschrift geltend gemachten Verfahrensfehler im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO.

19

Die Antragsbegründungsschrift sieht einen Verstoß gegen die gerichtliche Sachaufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO darin begründet, dass das Verwaltungsgericht auf S. 8 der Urteilsausfertigung davon ausgehe, dass die Klägerin ihre Argumentation „angepasst“ habe. Wenn das Gericht Beteiligtenvortrag für nicht ausreichend erachte, müsse es den Sachverhalt von Amts wegen weiter erforschen. Zudem habe es die Frage nicht offen lassen dürfen, ob die gewerblichen Tätigkeiten der Klägerin von ungelernten oder angelernten Mitarbeitern erledigt werden könnten und eine Anlernzeit von weniger als drei Monaten hierfür ausreiche.

20

Eine Aufklärungsrüge wird mit diesem Vorbringen nicht schlüssig dargetan. Die Antragsbegründungsschrift legt bereits nicht in der gebotenen Weise dar, dass es nach der für eine Aufklärungsrüge maßgeblichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtes auf die genannten Tatsachen entscheidungserheblich ankommt, welche Beweismittel dem Gericht zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zur Verfügung gestanden hätten und welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte.

21

Auch das Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe es entgegen den Ausführungen auf S. 9 der Urteilsausfertigung hinsichtlich der Arbeitsabläufe nicht damit sein Bewenden lassen dürfen, dass sich hinreichende Erkenntnisse über die eigentlichen Betriebsabläufe nicht gewinnen liesen, legt eine mangelnde Sachaufklärung nicht schlüssig dar. Eine entsprechende Feststellung hat das Verwaltungsgericht in dieser Allgemeinheit nicht getroffen, vielmehr bezieht sich der angeführte Passus lediglich auf die (fehlende) Aussagekraft des Standortes des Betriebsgeländes auf dem Grundstück der A-Stadt-Werke.

22

Der Vortrag, die Arbeitsabläufe der Klägerin seien in der Verhandlung von einem ihrer Mitarbeiter und dem Geschäftsführer geschildert worden und bei weiterer Sachverhaltserforschung hätte sich eine deutliche Arbeitsteilung zwischen der Planungstätigkeit ihrer Ingenieure und der bloßen Ausführung einfacher Arbeiten durch die gewerblichen Mitarbeiter ergeben, macht weder plausibel, welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten, noch dass es auf die behauptete Arbeitsteilung nach der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des Gerichtes entscheidungserheblich ankam.

23

Soweit die Aufklärungsrüge mit der fehlenden Sachkunde des Gerichtes in technischen Fragen, insbesondere auf dem Gebiet des Estrichlegens, begründet und die Einholung weiterer Erkundigungen bis hin zur Beauftragung eines Sachverständigen für nötig erachtet wird, stellt die Aufklärungsrüge jedenfalls kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen von Beweisanträgen zu kompensieren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Dezember 2015 - 2 B 40.14 -, juris; OVG LSA, Beschluss vom 12. Mai 2015 - 1 L 58/15 -, juris). So liegt der Fall hier. Die Klägerin war erstinstanzlich durch eine nach § 67 Abs. 1 VwGO postulationsfähige Person sachkundig vertreten. Von der Möglichkeit, einen förmlichen Beweisantrag im Sinne des § 86 Abs. 2 VwGO zu stellen, hat sie keinen Gebrauch gemacht. Vielmehr hat sie anwaltlich vertreten im Termin vom 13. März 2014 auf (weitere) mündliche Verhandlung verzichtet und im weiteren schriftlichen Verfahren ebenfalls keinen Beweisantrag gestellt, so dass auf sich beruhen kann, ob ein solcher ausnahmsweise entsprechend einem in mündlicher Verhandlung gestellten Beweisantrag zu behandeln gewesen wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. September 2011 - 9 B 48.11 u. a. -, juris, Rdnr. 10 m. w. N.). Die Antragsbegründungsschrift legt auch nicht substantiiert dar, weshalb sich dem Verwaltungsgericht aus seiner maßgeblichen materiell-rechtlichen Sicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung in der aufgezeigten Richtung hätte aufdrängen müssen.

24

Der mit der Antragsbegründungsschrift gerügte Verstoß gegen die richterliche Hinweispflicht im Sinne des § 86 Abs. 3 VwGO liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits mit Beschluss vom 6. Juli 2001 (- 4 B 50.01 -, juris) festgestellt, dass es nicht Bestandteil der richterlichen Hinweispflicht ist, darauf hinzuwirken, das ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt und alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhaltes wesentlichen Erklärungen abgegeben werden. Ein Beteiligter hat keinen Anspruch darauf, vom Gericht zu seinem Prozessziel geleitet zu werden. Durch § 86 Abs. 3 VwGO soll verhindert werden, dass die Durchsetzung von Rechten an der Unerfahrenheit, Unbeholfenheit oder mangelnden Rechtskenntnis eines Beteiligten scheitert. Hinweise sind vor allem dann geboten, wenn ein Beteiligter erkennbar von falschen Tatsachen ausgeht und es deshalb unterlässt, das vorzutragen, was für seine Rechtsverfolgung notwendig wäre. Die Pflicht, die § 86 Abs. 3 VwGO begründet, darf indes nicht mit Rechtsberatung verwechselt werden. Das gilt insbesondere dann, wenn ein Beteiligter anwaltlich vertreten wird. Das Gericht darf grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Rechtsanwalt mit der Sach- und Rechtslage hinreichend vertraut ist.

25

Die nicht näher begründete Behauptung, die angefochtene Entscheidung stelle sich als Überraschungsentscheidung dar, ist bereits nicht schlüssig dargelegt. Sie lässt sich jedenfalls nicht aus dem behaupteten Verstoß gegen die richterliche Hinweispflicht und den wiederholten Ausführungen dazu, was eine, nach Auffassung der Klägerin, „ordnungsgemäße Sachverhaltsermittlung“ durch das Gericht ergeben hätte, ableiten. Mit der Behauptung, das Verwaltungsgericht habe eine Überraschungsentscheidung getroffen wird eine Versagung rechtlichen Gehörs gerügt, die allerdings erst dann in Betracht kommt, wenn ein Verfahrensbeteiligter bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt nicht zu erkennen vermag, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Dass das Verwaltungsgericht vorliegend Anforderungen an den Sachvortrag gestellt hat, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte, legt die Antragsbegründungsschrift nicht dar.

26

Die in der Antragsbegründungsschrift ferner erhobene Rüge, das Verfahren sei nicht im Sinne des § 138 Ziff. 1 VwGO vom gesetzlichen Richter verhandelt und entschieden worden greift nicht durch.

27

Der Übertragungsbeschluss gemäß § 6 VwGO wurde von der Kammer am 13. Januar 2014 gefasst und ist aktenkundig (vgl. Bl. 33 der GA), sodass ein beachtlicher Verstoß gegen die Gewährleistung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), welcher eine willkürliche oder manipulativ fehlerhafte Auslegung oder Anwendung des einfachen Rechtes voraussetzt, nicht gegeben ist. Ein etwaiger Bekanntgabemangel ist hierfür nicht ausreichend (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Oktober 2001 - 8 B 104.01 -, juris; OVG LSA, Beschluss vom 3. Februar 2010 - 1 L 95/09 -, juris).

28

Im Hinblick auf die Einfügung des Originalbeschlusses (und seiner Paginierung) in die Gerichtsakte, sowie der auf der Rückseite des Kammerbeschlusses verfügten und notierten Wiedervorlagefrist, besteht für den Senat auch kein Anlass, die willentliche und wissentliche Hingabe des Übertragungsbeschlusses zur Geschäftsstelle und seinen dortigen Eingang in Zweifel zu ziehen.

29

Der Übertragungsbeschluss bestimmt die Berichterstatterin zur Einzelrichterin. Eine namentliche Bestimmung der Person der Einzelrichterin oder des Einzelrichters ist nicht geboten (vgl. OVG Rheinland Pfalz, Beschluss vom 2. Februar 2011 - 10 A 11452/10 -, juris, m. w. N.; Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 3. Aufl., § 6 VwGO Rdnr. 13). Wer durch den Übertragungsbeschluss vom 13. Januar 2014 zum Einzelrichter bestimmt wurde, ergibt sich danach aus dem kammerinternen Geschäftsverteilungsplan. Dass die Vorsitzende der 4. Kammer im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidungsfindung nicht Berichterstatterin und damit zuständige Einzelrichterin gewesen sein könnte, legt die Antragsbegründungsschrift nicht in der für eine Besetzungsrüge gebotenen Weise dar, noch besteht für den Senat Anlass, dies in Zweifel zu ziehen.

30

Soweit ein Übertragungsbeschluss gemäß § 6 VwGO zu seiner Wirksamkeit der formlosen Bekanntgabe bedarf, räumt die Antragsbegründungsschrift ein, dass der Klägerin mit Schreiben des Gerichts vom 29. Januar 2014, bei dem es sich um die Ladung zum Termin am 13. März 2014 gehandelt haben dürfte, mitgeteilt worden sei, dass der Rechtsstreit durch die Kammer auf den Einzelrichter übertragen worden sei. Weshalb dies nicht den Anforderungen an eine formlose Mitteilung im Sinne des § 173 VwGO i. V. m. § 329 Abs. 2 ZPO genügen sollte (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 10. Juli 1996 - 13 L 5910/95 -, juris), zumal die Terminsladung den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis zugestellt wurde, legt die Antragsbegründungsschrift nicht dar und ist auch sonst nicht ersichtlich. Eine formlose Mitteilung bedeutet nicht, dass der Beschluss als solcher übersandt oder übergeben werden muss, da auch eine telefonische Mitteilung oder Erklärung als ausreichend angesehen wird (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl., § 329 Rdnr. 28). Auch hat sich die anwaltlich vertretenen Klägerin rügelos auf die Einzelrichtersitzung am 13. März 2014 eingelassen und Anträge gestellt (worüber auch die den Verfahrensbeteiligten am 20. März 2014 übersandte Sitzungsniederschrift Aufschluss gegeben hat), sodass jedenfalls vor Erlass des streitgegenständlichen Urteiles am 24. April 2014 kein Anlass zu zweifeln bestand, dass das Gericht von einer Einzelrichterübertragung sowie in Bezug auf welches Kammermitglied ausgeht. Ob in der rügelosen Einlassung der anwaltlich vertreten Klägerin im Termin vom 13. März 2014 ein zulässiger Verzicht auf die Bekanntgabe des Übertragungsbeschlusses liegen kann (so BVerwG, Beschluss vom 15. Oktober 2001, a. a. O., unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 11. April 2001 - 8 B 277.00 -) kann auf sich beruhen, da ein unterstellter Bekanntgabemangel jedenfalls nicht die geltend gemachte Besetzungsrüge zu begründen vermag und ein anderer Verfahrensmangel sowie die Möglichkeit des „Beruhens“ des Urteiles hierauf von der Antragsbegründungsschrift nicht schlüssig dargelegt wird.

31

Auch die Rüge der Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens greift nicht durch.

32

Soweit die Antragsbegründungsschrift darauf verweist, dass sich das Grundstück, auf das zum Termin am 13. März 2014 geladen worden sei, im Chemiepark A-Stadt befinde, der der Öffentlichkeit nicht zugänglich sei, wurde ausweislich der Sitzungsniederschrift die grundsätzlich in öffentlicher Sitzung durchzuführende mündliche Verhandlung am 13. März 2014 abgeladen und stattdessen eine nicht öffentliche Sitzung festgesetzt. Der Sache nach handelte es sich dabei um einen Erörterungstermin gemäß § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO, der nicht öffentlich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 1993 - 6 B 33.93 -, juris). Die weiteren Ausführungen zur Öffentlichkeit von Verhandlungen (§ 169 GVG) und der Verweis auf den Revisionsgrund des § 138 Ziff. 5 VwGO liegen neben der Sache, weil das angefochtene Urteil nicht aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, sondern das Gericht ausweislich des Urteilsrubrums unter Hinweis auf den übereinstimmenden Verzicht der Beteiligten auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 101 Abs. 2 VwGO „ohne mündliche Verhandlung am 24. April 2014“ entschieden hat.

33

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

34

Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Zulassungsverfahren und unter Aufhebung der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren zugleich für die erste Instanz beruht auf den §§ 63 Abs. 3, 40, 47, 52 Abs. 2 GKG (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 26. August 2013 - 1 O 92/13 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 20. Oktober 2011 - 4 E 979/11 -, juris).

35

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 124a Abs. 5 Satz 4, 152 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen