Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (3. Senat) - 3 L 216/18
Gründe
I.
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Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung und Rückforderung einer Zuwendung, die im Wege der Anteilsfinanzierung als Projektförderung in Form eines nicht rückzahlbaren Zuschusses zu den Bau- und Baunebenkosten zur Modernisierung und Instandsetzung von vermietetem und vermietbarem Wohnraum gewährt worden ist.
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Der Kläger ist Gesellschafter einer GbR, die durch Vertrag vom 23. Dezember 1998 von den damaligen Gesellschaftern E. und B. zum Zweck des Erwerbes der Wohnanlage E.-B.-Ring in H. als E.-B. GbR errichtet wurde. Später firmierte die Gesellschaft als E.-A. GbR, nachdem der Gesellschafter B. ausgeschieden und der Kläger in die Gesellschaft eingetreten war. Der Kläger ist außerdem - neben seiner Ehefrau - Kommanditist der WuG Wohn- und Gewerbeimmobilien GmbH & Co. A-Stadt KG (im Folgenden WuG) und zugleich alleiniger Gesellschafter der Komplementärin der WuG.
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Mit notariellem Vertrag vom 29. Dezember 1998 erwarb die E.-A. GbR von der M. Wohnbau Genossenschaft eG (im Folgenden M.) die genannte Wohnanlage in Plattenbauweise, bestehend aus neun miteinander verbundenen Mehrfamilienhäusern mit 115 Wohnungen (Wohnfläche insgesamt 6.092 qm). Die in unmittelbarer Nachbarschaft im E.-B.-Ring und G.-L.-Weg gelegene Wohnanlage gleichen Zuschnitts und gleicher Größe erwarb die WuG von der M. zum gleichen Kaufpreis. Es wurde jeweils vereinbart, dass die M. die bereits vor der Veräußerung der Wohnanlagen begonnenen Sanierungsarbeiten vollendet und dies mit einem Teil des jeweiligen Kaufpreises entgolten wird. Die M. hatte seinerzeit vollumfänglich die N. Wohnungsbaugesellschaft mbH (im Folgenden N.) mit den Sanierungsarbeiten beauftragt, diese aber nur teilweise - hinsichtlich des jeweiligen I. Bauabschnitts (Innengewerke) - ausführen und abschließen lassen. Mit notariellen Verträgen vom 21. Juni 2000 nahmen die E.-A. GbR bzw. die WuG und die M. die damals noch ausstehenden Sanierungsarbeiten für den jeweiligen II. Bauabschnitt (Außengewerke) aus dem bisherigen Vertragsumfang heraus. Die Vertragsparteien einigten sich jeweils darauf, dass sich der Kaufpreis für den Erwerb der Wohnanlagen im Umfang des Wertes der bereits von der M. erbrachten Sanierungsarbeiten reduziert. Die wirtschaftliche Übergabe des jeweiligen Kaufgegenstandes sollte als zum 1. Mai 2000 erfolgt gelten.
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Mit Schreiben vom 5. Mai 2000 bot die N. in einem an die Steuerberatungsgesellschaft Wirtschafts-, Treuhandgesellschaft mbH (nachfolgend WTR) des Klägers gerichteten Schreiben an, die Ausführung der noch ausstehenden Sanierungsmaßnahmen des jeweiligen II. Bauabschnitts der Wohnanlagen der E.-A. GbR und der WuG für je 981.000,40 DM brutto (501.577,54 €) an. Auf der Grundlage dieses Angebots wurde die N. von der E.-A. GbR und der WuG mit Werkverträgen vom 12. Oktober 2000 abschnittsweise mit der Durchführung einzelner Gewerke im Umfang von jeweils 400.000,00 DM beauftragt und führte die entsprechenden Arbeiten an den beiden Wohnanlagen durch.
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Mit einem vom Mitgesellschafter E. und dem Kläger unterzeichneten Schreiben vom 25. Juni 2001 beantragte die „E.-B. GbR“ beim Funktionsvorgänger der Beklagten, dem Landesförderinstitut Sachsen-Anhalt (nachfolgend LFI), die Gewährung von Zuwendungen zur Modernisierung und Instandsetzung von vermietetem und vermietbarem Wohnraum in den „Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf – die Soziale Stadt“ sowie weiteren Quartieren und großen Wohngebieten (Modellgebiete „Wohnen 2001“ Richtlinien). In dem Antrag wurden die Gesamtkosten für die geplanten Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen (Baukosten und Baunebenkosten) mit 3.464.500,00 DM (1.771.370,00 €) beziffert. Einzelne Kostenangebote waren nicht beigefügt. Eingereicht wurde eine von der E.-B. GbR und der N. erstellte Leistungsbeschreibung für das Bauvorhaben „B., H./S. hier: E.-B.-Ring, Außengewerke“ mit Stand 25. September 2000. Mit Schreiben vom 12. Oktober 2001, welches von einer Frau R.-K. „im Auftrag“ unterzeichnet war, übersandte die E.-B. GbR dem LFI unter Bezugnahme auf ein an diesem Tag mit dem LFI geführten Telefonat ein Schreiben des Architekten W. vom 25. Juni 2001, welches seinerseits an eine RW Immobilien-Verwaltungs GmbH (nachfolgend RW GmbH) adressiert war. Danach habe die Überprüfung der Kalkulation der Baukosten für das „Bauvorhaben E.-B.-Ring“ ergeben, dass die angesetzten Baukosten üblich und auch auskömmlich seien.
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Mit Bescheid vom 19. Dezember 2001, adressiert an die E-B. GbR, den Mitgesellschafter E. sowie den Kläger, bewilligte das LFI aus dem Wohnungsbauprogramm des Landes Sachsen-Anhalt 2001 gemäß der Modellgebiete „Wohnen 2011“ Richtlinien einen Zuschuss in Höhe von bis zu 1.367.350,00 DM (699.114,95 €) zum Zweck der anteiligen Finanzierung der in der Anlage zum Förderantrag der GbR beschriebenen förderungsfähigen Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen am Objekt E.-B.-Ring in H. Bei der Bewilligung wurde von einer Gesamtsumme zuwendungsfähiger Bau- und Baunebenkosten in Höhe von 3.464.500,00 DM (1.771.370,72 €) ausgegangen. Der Förderantrag und die diesem beigefügte Beschreibung der beabsichtigten Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen wurden zur Grundlage für die Förderung und zum Bestandteil des Bewilligungsbescheides bestimmt (Ziffer V.1. des Bewilligungsbescheides). Als weitere Bestandteile des Bescheides wurden die Vorschriften der Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen (Zweite Berechnungsverordnung, II. BV) in der zum Zeitpunkt der Bewilligung geltenden Fassung, die Modellgebiete „Wohnen 2001“ Richtlinien, der Runderlass zur Organisation und Abwicklung der Wohnungsbauförderung in Sachsen-Anhalt (RdErl. des MWV vom 15. Januar 1997) sowie die Landeshaushaltsordnung (LHO) mit den Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO und die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) in der jeweils geltenden Fassung einbezogen (vgl. Ziffer II. des Bewilligungsbescheides). In Ziffer V.5. des Bewilligungsbescheides wurde unter „Allgemeine Bedingungen“ festgelegt, dass bei der Vergabe von Aufträgen zur Erfüllung des Zuwendungszwecks insbesondere die Bestimmungen der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) sowie die Verdingungsordnung für Leistungen - ausgenommen Bauleistungen - (VOL) zu beachten seien. In Ziffer VII. Buchst. b „Besondere Nebenbestimmungen/Auflagen und Hinweise“ führte der Bewilligungsbescheid unter anderem aus, Voraussetzung für die Bewilligung von Fördermitteln sei, dass der Bauherr die erforderliche Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitze und Gewähr für eine ordnungsgemäße und wirtschaftliche Durchführung des Bauvorhabens bestehe. Außerdem wurde in Ziffer V.6. des Bewilligungsbescheides die Festlegung getroffen, dass sich die Fördermittel anteilig verringerten, wenn die zuwendungsfähigen Gesamtkosten hinter den bei der Bewilligung zugrunde gelegten zurückblieben („auflösende Bedingung“).
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Am 13. November 2002 legte die E.-A. GbR dem LFI die Schlussrechnung für das geförderte, am 30. September 2002 abgeschlossene Projekt vor. Die Rechnung wies die tatsächlich angefallenen Gesamtkosten mit 3.160.083,00 DM (1.615.724,78 €) aus. Beigefügt war ein Schreiben der RW GmbH vom 12. November 2002, unterschrieben von Frau R.-K. als Geschäftsführerin, mit dem gegenüber der E.-A. GbR in Bezug auf das geförderte Bauvorhaben Leistungen in Höhe von insgesamt 1.615.725,00 € abgerechnet wurden. Das als „Zahlungsabrechnung“ bezeichnete Schreiben verwies auf eine ebenfalls für das LFI beigefügte Teilrechnung vom 6. Oktober 2002 sowie eine Schlussrechnung vom 31. Oktober 2002, in denen einzelne Teilleistungen (Wärmedämmfassade und Balkonbrüstungen; Hauseingänge und Müllanlagen; Schließanlagen und Gasthermen; Fußböden in Wohnungen, Gehwege, Parkplätze und Außenanlagen) ohne weitere Aufschlüsselung mit pauschalen Beträgen ausgewiesen waren.
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Mit Schreiben vom 17. April 2003 bat das LFI die GbR und deren Gesellschafter unter Hinweis auf Ziffer V.5. des Bewilligungsbescheides um Übersendung von Ausschreibungsunterlagen betreffend die Vergabe von Aufträgen zur Erfüllung des Zuwendungszwecks und die Vergabe von Lieferungen und Leistungen. Mit Schreiben vom 18. Juni 2003 übersandte der Kläger für die E.-A. GbR Angebotsunterlagen der Firma Dipl.-Ing. G. M. Bauunternehmen GmbH & Co.KG und der Firma I. B. Dipl.-Ing.-Arch. K. B., jeweils vom 10. April 2001, sowie der RW GmbH vom 8. Juni 2001. In allen drei Fällen wurde zur Angebotsabgabe ein identisches Formular verwendet, in dem die einzelnen Gewerke aufgelistet waren, wobei in eine frei gelassene Spalte „Pauschalpreise in DM“ vom jeweils Anbietenden handschriftlich Angebotssummen für die einzelnen Gewerke eingetragen waren. Zur Erläuterung führte der Kläger aus, die „RU Immobilien GmbH“ habe den Zuschlag für die Ausführung der Sanierungsarbeiten erhalten, da sie die günstigste Bieterin gewesen sei. In einer die drei Angebote tabellarisch zusammenfassenden Anlage erschien als Anbieterin die „RU Immob.“. Auf Nachfrage des LFI erläuterte die GbR ihre Vorgehensweise mit Schreiben vom 8. Juli 2003 dahingehend, wegen besonderer Dringlichkeit der erforderlichen Sanierung sei eine freihändige Vergabe erfolgt, der verschiedene Objektbesichtigungen und -begehungen vorausgegangen seien, aufgrund derer sie - die GbR - dann die Preisangebote eingefordert habe.
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Mit Bescheid vom 16. Juli 2003, adressiert an die E.-A. GbR und an deren Gesellschafter, Herrn E. und den Kläger, setzte das LFI den bewilligten Zuschuss auf 621.292,09 € fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Bescheid vom 19. Dezember 2001 sei infolge des Eintritts einer auflösenden Bedingung nach Ziffer 2.1 der ANBest-P, die Bestandteil des Bewilligungsbescheides seien, insoweit unwirksam geworden, als sich nach der Bewilligung die im eingereichten Finanzierungsplan mit 1.771.370,72 € veranschlagten Gesamtausgaben für den Zuwendungszweck ermäßigt hätten. Nach der vorgelegten Schlussrechnung beliefen sich die tatsächlich anzuerkennenden Kosten lediglich auf 1.615.725,00 €. Der Zuschuss betrage dementsprechend nur noch bis zu 621.292,09 €. Im Anschluss daran wurde der Restbetrag des bewilligten Zuschusses ausgezahlt.
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Mit Schreiben vom 27. Juli 2006 teilte das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen Hannover der Beklagten als Funktionsnachfolgerin des LFI mit, dass gegen Herrn E. als Gesellschafter der E.-A. Grundstücksgemeinschaft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Subventionsbetruges eingeleitet worden sei. Bisherige Ermittlungen hätten ergeben, dass die Aufwendungen der tatsächlich tätigen Baufirmen wesentlich geringer gewesen seien als die von der GbR in Bezug auf die Sanierungsmaßnahmen am Objekt E.-B.-Ring in H geltend gemachten Kosten. Durch die Zwischenschaltung der Firmen RW Immobilien-Verwaltungs GmbH und RU Immobilien GmbH seien die Sanierungsaufwendungen „künstlich“ erhöht worden. Der genaue Umfang des Subventionsbetruges könne derzeit betragsmäßig noch nicht benannt werden.
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Mit Schreiben vom 7. Mai 2009 übersandte die Staatsanwaltschaft Hannover der Beklagten in dem gegen Herrn E. und - zwischenzeitlich auch - gegen den Kläger geführten Ermittlungsverfahren einen Bericht über das wesentliche Ergebnis der bisherigen Ermittlungen.
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Mit Schreiben vom 7. August 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie beabsichtige, den Bewilligungsbescheid vom 19. Dezember 2001 aufgrund der ihr durch die Staatsanwaltschaft bekannt gegebenen Sachverhalte zurückzunehmen bzw. zu widerrufen und die ausgezahlten Mittel nebst Zinsen zurückzufordern. Die strafrechtlichen Ermittlungen hätten u.a. ergeben, dass für das geförderte Vorhaben nur durch die Zwischenschaltung mehrerer Unternehmen, für die eine Rechtfertigung nicht ersichtlich sei, ein Mehraufwand in Höhe von 1.071.610,00 € entstanden sei. Der Wert der geleisteten Arbeiten betrage lediglich 565.718,00 € und nicht, wie abgerechnet, 1.615.725,00 €.
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Die Staatsanwaltschaft Hannover übersandte der Beklagten mit Schreiben vom 17. Mai 2010 auf deren Nachfrage mit Schreiben 7. Mai 2010 eine Ablichtung der Anklageschrift vom 20. Oktober 2009, mit der u. a. gegen den Kläger beim Landgericht Hildesheim Anklage wegen Subventionsbetrugs erhoben worden war. In der Folgezeit erkundigte die Beklagte sich mehrfach schriftlich oder telefonisch beim Landgericht Hildesheim nach dem Stand des Strafverfahrens, zuletzt mit Schreiben vom 21. Februar 2013.
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Unter dem 28. Februar 2013 übersandte das Landgericht Hildesheim der Beklagten eine Abschrift des am 19. Dezember 2012 verkündeten Urteils (Az. 15 KLs 5524 Ja 109591/06), mit dem der Kläger wegen Subventionsbetruges in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 4 Monaten verurteilt wurde.
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Zur Begründung führte das Landgericht aus, der Kläger habe anders als in den Vorjahren, als noch keine Fördermittel beantragt worden seien, nicht direkt die Subunternehmer bzw. den Generalübernehmer N. beauftragt, sondern Verträge mit den von ihm im Hintergrund gesteuerten Firmen RU GmbH und RW GmbH abgeschlossen und dadurch die Baukosten, die Bemessungsgrundlage für das Förderprogramm „Wohnen 2001“ gewesen seien, „künstlich“ erhöht, um höhere als ihm tatsächlich zustehende Fördermittel zu erlangen. Er habe am 9. November 2001 für die GbR mit seiner damaligen Angestellten R.-K., die Geschäftsführerin der RW GmbH gewesen sei, einen Bauleistungsvertrag über umfangreiche Sanierungsarbeiten an der Wohnanlage E.-B.-Ring in H. mit einer Bruttoauftragssumme von 3.464.500,00 DM (1.771.370,00 €) geschlossen. Gleichermaßen sei der Kläger bereits mit einem Vertrag vom 22. Oktober 2001 für die WuG in Bezug auf die in unmittelbarer Nachbarschaft gelegene Wohnanlage E.-B.-Ring und G.-L.-Weg verfahren. Einzelpreise für die verschiedenen Gewerke hätten die Verträge nicht enthalten. Die RW GmbH habe selbst keinerlei Arbeiten ausgeführt. Neben der eingesetzten Geschäftsführerin R.-K. habe die Firma keine Beschäftigten gehabt.
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Die RW GmbH habe ihrerseits nicht direkt die bereits auf der Baustelle des Vorhabens tätigen Unternehmer beauftragt, sondern über den gesamten von ihr gegenüber der GbR und der WuG geschuldeten Leitungsumfang einen weiteren Bauleistungsvertrag mit der RU GmbH abgeschlossen, der überwiegend gleichlautend mit den zwischen ihr und der GbR sowie der WuG geschlossenen Bauleistungsverträgen gewesen sei. Die Vertragsurkunde sei für beide Seiten von Frau R. unterzeichnet und trage das Datum „23.10.2001“, datiere somit noch vor dem zwischen der GbR und der RW GmbH geschlossenen Bauleistungsvertrag. Es sei eine Bruttoauftragssumme in Höhe von lediglich 2.320.000,00 € vereinbart worden, die beide Bauvorhaben umfasst habe. Auf dem Papier habe es beide Vorhaben gemeinsam betrachtet allein dadurch eine Erhöhung der Baukosten um insgesamt 1.222.740,00 € gegeben (2 x 1.771.370,00 € = 3.542.740,00 € abzüglich 2.320.000,00 €), für welche die RW GmbH keine Gegenleistung erbracht habe. Tatsächlich habe die RU GmbH der RW GmbH am 6. August 2003 lediglich 1.878.204,00 € in Rechnung gestellt, so dass sich allein durch diese Zwischenschaltung ein Mehraufwand von 1.353.246,00 € für beide Vorhaben zusammen (2 x 1.615.725,00 € = 3.231.450,00 € - Gesamtbetrag der Schlussrechnungen RW GmbH gegenüber der GbR und der WuG - abzüglich 1.878.204,00 €) ergeben habe.
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Die RU GmbH habe die ihr obliegenden Bauleistungen ebenfalls nicht selbst erbracht, sondern diverse Subunternehmer beauftragt, insbesondere die von Anfang an auf den Baustellen tätige N., wofür sie insgesamt 1.389.584,71 € aufgewendet habe. Durch deren Zwischenschaltung sei mithin aus Sicht der RW GmbH ein weiterer Mehraufwand in Höhe von 488.620,00 € (insgesamt für die beiden Bauvorhaben) entstanden (1.878.204,00 € - 1.389.584,71 €). Sowohl die RW GmbH als auch die RU GmbH seien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unter derselben Adresse in Hannover ansässig gewesen wie die GbR und die WuG sowie die Steuerberatungsgesellschaft des Klägers, die WTR. Bei unmittelbarer Beauftragung der die Bauarbeiten tatsächlich ausführenden Subunternehmer wären der GbR lediglich Baukosten in Höhe von 610.650,00 € entstanden, was der Kläger gewusst habe. Der Kläger habe das Angebot der N. und damit die „echten“ Preise für die noch ausstehenden Sanierungsarbeiten an den Außengewerken gekannt. Es habe keine wirtschaftliche Notwendigkeit bestanden, mit der RW GmbH eine erheblich teurere Firma einzuschalten. Die RW GmbH und die RU GmbH seien keine Unternehmen, die außerhalb des Wirkungskreises des Klägers in der Baubranche tätig und auch überlebensfähig seien. Frau R. sei als Assistentin des Klägers und nicht als Generalübernehmerin im Baugewerbe anzusehen. Dies folge aus ihrem persönlichen beruflichen Werdegang und ihrer finanziellen Situation im Zeitpunkt der Bauarbeiten. Sie sei gelernte Steuerfachgehilfin und jahrelang Angestellte des Klägers gewesen. Sie habe als Geschäftsführerin dieser beiden Firmen zur Tatzeit vom Kläger monatlich 2.000,00 € als Darlehen für ein beabsichtigtes, dann aber nicht ernsthaft betriebenes Studium bezogen und allein daraus ihren Lebensunterhalt bestritten. Die Tätigkeit von Frau R. habe in der Begleitung des Klägers bei wichtigen Terminen wie der Bauabnahme einzelner Gewerke und dem Führen des Schriftverkehrs bestanden, um nach außen hin wie eine Unternehmerin aufzutreten. Nach Aussage des Bauleiters der N. habe Frau R. immer im Schatten des Klägers gestanden und auf dessen Entscheidungen gewartet. Sie habe nichts alleine entschieden, auch wenn sie später auch allein auf der Baustelle anzutreffen gewesen sei. Selbst für den GbR-Mitgesellschafter E. sei es überraschend erschienen, dass Frau R. plötzlich als Bauunternehmerin aufgetreten sei. Für ihn sei sie die Assistentin („Bürotante“) des Klägers gewesen.
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Die seitens der RW GmbH der GbR in Rechnung gestellten Leistungen seien auch nicht in vollem Umfang bezahlt worden. Zum Jahresende 2003 sei noch ein Betrag in Höhe von 914.337,44 € offen gewesen, was sich aus den DATEV-Unterlagen der RW GmbH ergebe. Frau R. habe dem GbR-Mitgesellschafter E. mit einer unter dem 12. November 2002 unterzeichneten Zahlungsabrechnung einen Restbetrag in Höhe von 1.054.337,44 € in Rechnung gestellt und dies mit dem Zusatz versehen „Die Bezahlung für vorstehenden Restbetrag haben wir heute dankend erhalten.“ Dies sei jedoch nicht zutreffend. Ein entsprechender Zahlungseingang sei den Buchführungsunterlagen und den Kontounterlagen der RW GmbH nicht zu entnehmen. Herr E. habe über diesen Betrag zwar einen Scheck ausgestellt und Frau R. überreicht. Dieser sei indes im Einverständnis mit Frau R. nicht eingelöst worden, da die Zahlung mit der Auflage verbunden gewesen sei, dass die RW GmbH eine Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 352.368,09 € hinterlege, was Frau R. aber abgelehnt habe.
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Bei den vor der Auftragserteilung an die RW GmbH eingeholten „Vergleichsangeboten“ der Firma Dipl.-Ing. G. M. Bauunternehmen GmbH & Co.KG und der Firma I. B. Dipl.-Ing.-Arch. K. B. handele es sich um Gefälligkeitsangebote für den Kläger, die nur dem Zweck hätten dienen sollen, weitere Angebote über höhere Summen als im Angebot der RW GmbH vorlegen zu können. Die Zeugen M. und B., die jeweils lange Jahre mit dem Kläger bekannt gewesen seien, hätten ausgesagt, an der Ausführung der Bauarbeiten nicht wirklich interessiert gewesen zu sein und sich das Bauobjekt auch nicht vor Ort angesehen zu haben. Die auf den „10.04.2001“ datierten Angebote der beiden genannten Unternehmen stellten Ausdrucke einer Datei dar, die auf dem bei der Durchsuchung der Firmenräume des Klägers aufgefundenen Datensicherungsband enthalten sei. Die Systemeigenschaften wiesen als Erstellungszeitpunkt der Datei den 15. Mai 2003 aus. Erst danach habe der Kläger der Bewilligungsbehörde auf deren Nachfrage die Vergleichsangebote vorgelegt.
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Der Zeuge W., der als Architekt die „Auskömmlichkeit“ der Angebote geprüft habe, habe ebenfalls erklärt, die Objekte nicht besichtigt zu haben. In den Systemeigenschaften einer Datei, die ebenfalls in dem bei der Durchsuchung der Firmenräume des Klägers aufgefundenen Datensicherungsband enthalten sei und deren Ausdruck das Schreiben des Zeugen W. vom 25. Juni 2001 darstelle, sei als Erstellungsdatum der Datei der „09.10.2001“ ausgewiesen. Drei Tage später habe Frau R. der Bewilligungsbehörde das Schreiben des Zeugen W. übersandt.
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Mit Schreiben vom 18. September 2014 übersandte die Staatsanwaltschaft Hannover der Beklagten den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 28. Mai 2014 (Az. 3 StR 206/13), mit dem das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 19. Dezember 2012 auf die Revision des Klägers im Schuldspruch dahingehend abgeändert wurde, dass der Kläger des Subventionsbetrugs und des Subventionsbetrugs in zwei tateinheitlichen Fällen schuldig sei. Das Urteil wurde im gesamten Strafausspruch unter Aufrechterhaltung der zugehörigen Feststellungen aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Hildesheim zurückverwiesen. Zur Begründung führte der BGH aus, die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts trügen die Verurteilung wegen Subventionsbetruges. Lediglich die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Taten bedürfe einer Korrektur.
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Mit Schreiben vom 6. März 2015 hörte die Beklagte den Kläger sowie den weiteren Gesellschafter der E.-A. GbR erneut zu der beabsichtigten Aufhebung des Bewilligungsbescheides an. Sie bezog sich dabei auf ihr Anhörungsschreiben vom 7. August 2009 und verwies darauf, dass der Subventionsbetrug durch den Kläger nun rechtskräftig festgestellt sei.
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Mit sowohl an die E.-A.-GbR als auch an Herrn E. und den Kläger als Gesellschafter adressiertem Bescheid vom 22. Mai 2015 nahm die Beklage den Bewilligungsbescheid vom 19. Dezember 2001 in der Gestalt des Bescheides vom 16. Juli 2003 mit Wirkung für die Vergangenheit zurück und widerrief den Bewilligungsbescheid vom 19. Dezember 2001 in der Gestalt des Bescheides vom 16. Juli 2003 für die Zukunft. Zugleich bestimmte die Beklagte, dass ein Betrag in Höhe von 621.292,09 € zu erstatten sei und die Adressaten des Bescheides hierfür als Gesamtschuldner hafteten. Der zu erstattende Betrag sei vom Zeitpunkt der jeweiligen Auszahlung an zu verzinsen, mit drei Prozent jährlich ab dem 4. April 2002 bis zum 30. November 2005 und mit 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz jährlich für die Zeit ab dem 1. Dezember 2005.
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Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Bewilligungsbescheid sei von Anfang an rechtswidrig, da gegen die zugrunde zu legenden Vorschriften verstoßen worden sei. Danach dürften Zuwendungen nur solchen Empfängern bewilligt werden, bei denen eine ordnungsgemäße Geschäftsführung gesichert erscheine und die in der Lage seien, die Verwendung der Mittel bestimmungsgemäß nachzuweisen. Daran fehle es, wenn der Zuwendungsempfänger nicht in der Lage sei, sich an das geltende Recht zu halten. Unter Berücksichtigung der durch den Beschluss des Bundesgerichtshofs offen gelegten Tatsachen und des rechtskräftig festgestellten Subventionsbetruges stehe nunmehr fest, dass bereits zum Zeitpunkt der Bewilligung keine Gewähr für die wirtschaftliche Durchführung des Bauvorhabens bestanden habe. Es seien somit die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bewilligungsbescheides gegeben. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, da er die Bewilligung der Zuwendung durch Angaben im Antrag erwirkt habe, die unrichtig oder unvollständig gewesen seien. Außerdem sei der Widerruf der Bewilligung für den Fall vorbehalten worden, dass unrichtige Angaben gemacht oder Tatsachen verschwiegen werden, die für die Beurteilung der Förderungswürdigkeit des Vorhabens von Bedeutung waren, oder dass Tatsachen eintreten oder bekannt werden, aus denen sich ergebe, dass die Zuwendungsempfänger nicht mehr leistungsfähig, zuverlässig, kreditwürdig oder zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen in der Lage sind. Auch diese Voraussetzungen seien infolge des strafrechtlich festgestellten Subventionsbetruges gegeben. Der Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Verwendung von Haushaltsmitteln gebiete insbesondere die Aufhebung des Bewilligungsbescheides, wenn wesentliche und unabdingbare Fördervoraussetzungen nicht vorliegen. Es entspreche der Verwaltungspraxis, in gleichgelagerten Fällen den Bewilligungsbescheid zurückzunehmen oder zu widerrufen. Atypische Besonderheiten, die im vorliegenden Fall geeignet sein könnten, eine andere Ermessensentscheidung herbeizuführen, seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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Dessen ungeachtet sei der Bewilligungsbescheid in Anwendung von Ziffer V.6. schon allein wegen des Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam, soweit der Zuschuss über einen Betrag von 282.859,00 € hinausgehe. Es seien lediglich zuwendungsfähige Kosten in Höhe von 565.718,00 € entstanden. Da sich der Zuschuss nach der Förderrichtlinie nach zwei unterschiedlichen Prozentsätzen (30 % und 50 %) errechne, die Zuordnung der tatsächlich zuwendungsfähigen Bauleistungen jedoch anhand der vorliegenden Unterlagen nicht möglich sei, könne nur der hälftige Zuschusssatz zugrunde gelegt werden.
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Am 16. August 2015, einem Sonntag, hat der Kläger bei dem Verwaltungsgericht Halle Klage gegen den ihm am 15. Juli 2015 zugestellten Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 22. Mai 2015 erhoben. Zur Begründung trug er vor, es bestehe keine rechtliche Verpflichtung des geförderten Bauherren, die Arbeit an die unmittelbar Ausführenden selbst zu vergeben. Eine andere Vorgehensweise widerspreche weder dem Subventionszweck noch würden hierdurch die förmlichen Voraussetzungen für eine Subventionsgewährung künstlich geschaffen. Die Annahme des Bundesgerichtshofs, die GbR und die RW GmbH hätten nur zum äußeren Schein einen Vertrag abgeschlossen, werde nicht von Tatsachen getragen. Die GbR und die RW GmbH hätten tatsächlich einen rechtsverbindlichen Generalübernehmervertrag über die Durchführung der geförderten Bauleistungen geschlossen, für dessen Erfüllung die GbR die ihr von der RW GmbH in Rechnung gestellten Beträge auch tatsächlich an die RW GmbH gezahlt habe. Er - der Kläger - habe aus der Beauftragung der RW GmbH keine Rückzahlungen erhalten. Es hätten auch keine gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen zwischen ihm bzw. den Gesellschaften, an denen er beteiligt gewesen sei, und der RW GmbH gegeben.
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Die Strafgerichte hätten den anzuerkennenden wirtschaftlichen Hintergrund der Beauftragung der RW GmbH außer Acht gelassen. Es sei nach dem Erwerb der Wohnanlage gerade nicht damit getan gewesen, nur mit den von der M. bereits beauftragten Subunternehmen, namentlich dem Generalunternehmer N., eigene Bauverträge abzuschließen. Er, der Kläger, habe nicht über die personellen Ressourcen verfügt, ein Bauvorhaben eines solchen Umfangs selbst durchzuführen, und zwar nicht nur die reinen Bauarbeiten, sondern auch die administrativen Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Planung, Genehmigung, Überwachung und Abrechnung des Bauvorhabens. Für die noch ausstehenden Sanierungsarbeiten hätten außerdem zunächst noch öffentlich-rechtliche Genehmigungen eingeholt werden müssen. Deshalb habe er sich entschlossen, die RW GmbH mit diesen Leistungen zu beauftragen. Er habe zu dieser Zeit in Vollzeitbeschäftigung in einem geregelten Arbeitsverhältnis gestanden und in einem 200 km von der Baustelle entfernten Büro gearbeitet. Die Gesellschafterin und Geschäftsführerin der RW GmbH, Frau R.-K. (jetzt G.), habe die beauftragten Bauleistungen - Bauplanung, Bauausschreibung, Angebotsprüfung, Auftragsvergabe, Koordinierung und Überwachung der Bauausführung, Bauabnahmen mit Einschaltung von Gutachtern, Rechnungsprüfung, Rechnungsbezahlung und Überwachung der Gewährleistungsfristen - aus eigenem wirtschaftlichen Antrieb ohne sein Zutun erbracht. Der hierbei erbrachte Zeitaufwand habe in der Zeit der aktiven Bauarbeiten im Jahr 2002 357 Stunden betragen, zuzüglich 456 Stunden für Büro- und Vorbereitungsarbeiten in der Planungsphase im Jahr 2001. Im Jahr 2003 seien monatlich durchschnittlich 50 Arbeitsstunden nach Bauabnahme und Objektübergabe einschließlich der Abwicklung der Mängelbeseitigung angefallen. Die monatliche finanzielle Unterstützung mit 2.000,00 DM sei damit zu erklären, dass Frau R.-K. Einnahmen aus ihrer Geschäftsführertätigkeit erst habe erzielen können, nachdem die betreffenden Unternehmen Überschüsse erwirtschaftet hätten. Dies sei erst dann der Fall gewesen, als die GbR die von der RW GmbH erbrachten und abgerechneten Bauleistungen bezahlt habe. Danach habe er persönlich keine weiteren Zahlungen an Frau R.-K. geleistet.
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Außerdem habe die Einschaltung der RW GmbH der finanziellen Absicherung/Sicherstellung etwaiger Gewährleistungsansprüche gedient. Diesbezüglich sei eine fünfjährige Gewährleistungsvereinbarung mit der RW GmbH getroffen worden. Hierdurch sei die GbR von dem Insolvenzrisiko der einzelnen Handwerksbetriebe und davon befreit worden, diesen bei einer Schlechterfüllung/-leistung etwaige Mängel nachweisen zu müssen. Dieses übernommene Risiko lasse sich jeder Generalübernehmer mit durchschnittlich mehr als 3 % der Bausumme bezahlen.
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Schließlich sei die Jahresfrist für die Rücknahme eines Bescheides nicht gewahrt.
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In der mündlichen Verhandlung am 15. März 2018 hat der Kläger zudem die Einrede der Verjährung erhoben.
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Der Kläger hat beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 2015 aufzuheben.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat ihren Bescheid unter Bezugnahme auf dessen Begründung verteidigt.
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Mit Urteil vom 15. März 2018 hat das Verwaltungsgericht Halle den Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 2015 aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 VwVfG für eine Rücknahme des Bewilligungsbescheides des (Funktions-)Vorgängers der Beklagten lägen nicht vor. Der Bewilligungsbescheid vom 18. Dezember 2001 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16. Juli 2003 sei nicht rechtswidrig gewesen. Die strafrechtliche Bewertung des Landgerichts könne für sich allein nicht zur Begründung der Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides herangezogen werden. Die Unrichtigkeit der strafrechtlichen Verurteilung folge bereits aus der für das Subventionsrecht fehlerhaften rechtlichen Bewertung der Zwischenschaltung eines Generalübernehmers. Auch wenn die Zwischenschaltung des Generalübernehmers höhere Sanierungskosten verursache, sei nicht ohne Weiteres von einem strafrechtlich erheblichen Verhalten auszugehen. Das Landgericht sei bereits insoweit von falschen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen, als es bei subventionierten Baumaßnahmen die Beauftragung eines Generalübernehmers über den Fördermittelempfänger generell als nicht zulässig bewertet habe. Allein die Tatsache, dass die der GbR berechneten Kosten weit höher gelegen hätten als die tatsächlich gegenüber dem Generalübernehmer entstandenen Kosten, begründe für sich genommen keinen Rechtsverstoß gegen subventionsrechtliche Vorgaben. Dem Urteil des Landgerichts sei keine Festlegung dahingehend zu entnehmen, welche Kostensteigerung durch den Generalübernehmer noch als förderschädlich anzusehen sei. Die Baukosten habe das Landgericht unzutreffend zu niedrig ermittelt, indem es vollständig ausgeblendet habe, dass im Rahmen der Sanierung eines Mehrfamilienhauses neben der Beauftragung der Handwerker weitere kostenerhöhende Arbeiten (Entwicklung eines Gesamtkonzeptes, Ausführungsplanung, Erstellen der Leistungsbeschreibungen, Angebotsprüfung und Auftragsvergabe, Baustellenüberwachung, Abschluss von Versicherungen, Abnahme der einzelnen erbrachten Leistungen sowie ggf. Mängelabwicklung, Rechnungsprüfung und -bezahlung) erforderlich seien. Hinzu trete die Risikoübernahme durch den Generalübernehmer. Die GbR habe die Fördermittel in der anzuerkennenden Höhe zweckentsprechend für die geförderte Baumaßnahme verwendet. Aus dem strafgerichtlichen Urteil ergäben sich keine konkreten Tatsachen für „Rückflüsse“ an den Kläger. Außerdem habe das Landgericht sich nicht im Einzelnen mit dem Fördermittelverfahren als solchem befasst. Daher könne die Beklagte nunmehr nicht unbesehen das strafrechtliche Urteil ohne die gebotene eigene tiefgreifend und fundiert begründete Prüfung des entscheidungserheblichen Sachverhalts zugrunde legen.
- 37
Die fehlende Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides folge im Übrigen daraus, dass Grundlage für die Prüfung der Rechtmäßigkeit das von der Bewilligungsbehörde geführte Verwaltungsverfahren sei. Diese habe die Antragsunterlagen, den vorgelegten Schlussverwendungsnachweis und die endgültig festzusetzende Zuwendungshöhe von Amts wegen zu prüfen. Die Bewilligungsbehörde habe nach Vorlage des Verwendungsnachweises am 13. November 2002 festgestellt, dass die bewilligten Mittel zweckentsprechend verwendet worden seien. Die von der GbR vorgelegte Rechnung der Generalübernehmerin weise exakt die geltend gemachte Summe aus. Weitere Unterlagen habe die Bewilligungsbehörde nicht verlangt, sondern mit Bescheid vom 16. Juli 2003 bestätigt, dass das Vorhaben ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Damit fehle es jedenfalls derzeit an dem Nachweis der Rechtswidrigkeit der Bewilligung. Die Behörde trage insoweit die materielle Beweislast.
- 38
Auch die Voraussetzungen für den Widerruf der Bewilligung seien nicht gegeben. Die GbR habe sich an die Vorgaben der Bewilligungsbehörde gehalten. Sie habe von Anfang an offen gelegt, dass sie einen Generalübernehmer beauftragt habe, der sich um die eigentliche Durchführung der Bauarbeiten kümmern werde. Das Bauvorhaben sei planmäßig durchgeführt und vollendet worden. Es seien daher auch keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die GbR nicht leistungsfähig sein könnte. Vom Eintritt einer Unzuverlässigkeit des Klägers sei ebenfalls nicht auszugehen, da das Strafurteil - wie ausgeführt - nicht als Entscheidungsgrundlage heranzuziehen sei. Andere eigene den Widerruf tragende Ermittlungen und Feststellungen habe die Beklagte nicht geführt. Die GbR habe auch die in dem Bewilligungsbescheid bzw. in den ANBest-P gestellten Bedingungen eingehalten. Insbesondere habe sie die Vergabebestimmungen eingehalten. Dies sei im Verwaltungsvorgang unter dem 11. Juli 2013 ausdrücklich vermerkt worden.
- 39
Gegen das ihr am 20. April 2018 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 9. Mai 2018 die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung eingelegt.
- 40
Zur Begründung der Berufung wiederholt die Beklagte im Wesentlichen ihre Ausführungen aus dem erstinstanzlichen Verfahren. Ergänzend trägt sie vor, das Landgericht Hildesheim habe entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht allgemein die Zwischenschaltung eines Generalübernehmers als strafrechtlich relevantes Verhalten beurteilt, sondern die im konkreten Fall gewählte Generalübernehmerkette, für die es keine wirtschaftliche Notwendigkeit gegeben habe. Das strafgerichtliche Urteil verhalte sich auch zu der üblichen Kostenerhöhung durch die Zwischenschaltung eines Generalübernehmers. Es sei festgestellt worden, dass die vor der Fördermittelbeantragung für die GbR tätige N. eine Aufschlagmarge von weniger als 25 % generiert habe. Die Aufschlagsmarge durch die Zwischenschaltung der RW GmbH und der RU GmbH betrage ca. 264 %. Damit sei offenkundig, dass es sich insoweit um eine rechtsmissbräuchlich gebildete Konstruktion handele, bei deren Kenntnis in Anbetracht der evidenten Haushaltswidrigkeit keine Bewilligung von Fördermitteln erfolgt wäre. Entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts habe die GbR die für die Bauausführung tatsächlich gewählte Generalübernehmerkette zum Zeitpunkt des Fördermittelantrags nicht offengelegt. Mit dem Antrag sei der Entwurf einer Leistungsbeschreibung eingereicht worden, in welcher als Vertragspartner der GbR die N. angegeben worden sei. Außerdem habe sich die Bewilligungsbehörde auf die ebenfalls eingereichte Bestätigung des Architekten W. verlassen dürfen. Erst die strafrechtlichen Ermittlungen und die Beweisaufnahme im Strafverfahren hätten ergeben, dass der Architekt das Förderobjekt gar nicht besichtigt habe und seine Erklärung zudem zurückdatiert worden sei. Gleiches gelte in Bezug auf die Angebote der Fa. B. und der Fa. M. Bauunternehmen GmbH & Co.KG, bei denen es sich nach den strafrechtlichen Feststellungen nur um von dem Kläger initiierte Scheinangebote gehandelt habe. Der Bewilligungsbescheid sei letztlich durch arglistige Täuschung erschlichen worden. Zumindest habe die GbR unrichtige und unvollständige Angaben gemacht. Sie habe nicht offengelegt, dass sie die Bauausführung über mehrere Generalübernehmer in Gestalt einer Vertragskette vornehmen werde. Bei Kenntnis dieser Tatsache wäre von der Bewilligungsbehörde zumindest die Unwirtschaftlichkeit der Vertragskonstruktion und damit ein Verstoß gegen den haushalterischen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beanstandet worden. Zudem sei die im Rahmen der Antragstellung vorgelegte Erklärung des Architekten zurückdatiert und damit unrichtig gewesen. Bei Kenntnis der Zurückdatierung wäre die Bewilligung wegen Verstoßes gegen den Grundsatz einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung abgelehnt worden.
- 41
Außer den im streitgegenständlichen Aufhebungsbescheid genannten Rücknahme- und Widerrufsgründen liege zudem ein Auflagenverstoß vor, der sie nach § 49 Abs. 3 Nr. 3 VwVfG (gemeint ist Nr. 2) zum Widerruf des Bewilligungsbescheides berechtige. Die GbR habe gegen die Auflage des Bewilligungsbescheides verstoßen, nach der die Vergabevorschriften einzuhalten seien. Bei Zugrundelegung der strafrechtlichen Feststellungen seien die Bauleistungen nicht entsprechend der Vorschriften der VOB vergeben worden.
- 42
Die Beklagte beantragt,
- 43
das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 15. März 2018 zu ändern und die Klage abzuweisen.
- 44
Der Kläger beantragt,
- 45
die Berufung zurückzuweisen.
- 46
Er tritt der Berufung im Wesentlichen aus den Gründen der Klagebegründung und den Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung entgegen. Ergänzend trägt er vor, das Landgericht Hildesheim habe die RW und die RU GmbH fälschlich nicht als Generalübernehmerinnen anerkannt, obwohl es die geschlossenen Generalübernehmerverträge und die Tatsache, dass beide Unternehmen im Rechtsverkehr als Generalübernehmerinnen aufgetreten seien, nicht angezweifelt habe. Erst der Bundesgerichtshof habe unzutreffend angenommen, dass es sich bei den jeweils geschlossenen Verträgen um Scheingeschäfte gehandelt habe. Dabei werde übersehen, dass es den Vertragspartnern gerade darauf angekommen sei, mit der RU GmbH einen wirksamen Generalübernehmervertrag zu schließen, um die eigene Haftung sowie die Ausfallrisiken von Subunternehmen zu minimieren. Für die zivilrechtliche Wirksamkeit spreche ebenfalls, dass es keine „Rückflüsse“ der Förderbeträge zur GbR oder ihm - dem Kläger - persönlich gegeben habe und der Generalübernehmervertrag zwischen der GbR und der RU GmbH insofern auch ordnungsgemäß erfüllt worden sei.
- 47
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
II.
- 48
1. Der Senat entscheidet über die Berufung der Beklagten gemäß § 130a Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für begründet und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden (§ 130a Satz 2 i. V. m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
- 49
2. Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht Halle hat den Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 2015 zu Unrecht aufgehoben. Die Klage ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
- 50
Der Bescheid, mit dem die Beklagte den Bewilligungsbescheid des LFI vom 19. Dezember 2001 in der durch den Bescheid vom 16. Juli 2003 geänderten Fassung mit Wirkung für die Vergangenheit und für die Zukunft aufgehoben hat, findet seine rechtliche Grundlage in § 48 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG LSA. Danach kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 des § 48 VwVfG ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
- 51
Dem steht nicht entgegen, dass der Bewilligungsbescheid vom 19. Dezember 2001 in der durch den Bescheid vom 16. Juli 2003 geänderten Fassung - wie die Beklagte meint - bereits infolge des Eintritts einer auflösenden Bedingung zu einem Teil unwirksam geworden wäre. In diesem Fall bliebe insoweit kein Raum für eine Aufhebung des Bescheides nach § 48 Abs. 1 VwVfG. Der vorbezeichnete Bescheid ist aber nicht durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung teilweise unwirksam geworden.
- 52
Zwar sollen sich nach Ziffer V.6. Sätze 5 und 6 des Bewilligungsbescheides die Fördermittel anteilig verringern, wenn die zuwendungsfähigen Gesamtkosten hinter den bei der Bewilligung zugrunde gelegten zurückbleiben (auflösende Bedingung), mit der Folge, dass die zu viel gezahlten Fördermittel nebst Zinsen zu erstatten sind. Hierbei handelt es sich indes nicht um eine auflösende Bedingung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG i. V. m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG. Hiernach darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen mit einer Bedingung nur in dem Sinne verbunden werden, dass der Wegfall der Vergünstigung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt. Hierunter fallen nur von der Außenwelt wahrnehmbare Handlungen, Erklärungen oder Geschehnisse, nicht hingegen nur zur Gedankenwelt eines Beteiligten gehörende Vorstellungen. Als Ereignis kommt mithin lediglich ein rein tatsächlicher Vorgang in Betracht, der sinnlich wahrnehmbar und dem Beweise zugänglich ist, ohne dass es für seine Bejahung noch einer rechtlichen Wertung bedürfte. Das Zurückbleiben der zuwendungsfähigen Gesamtkosten hinter dem Förderbetrag oder hinter den veranschlagten Kosten ist jedoch kein Ereignis im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG. Es erschöpft sich nicht in der Feststellung entstandener Gesamtkosten, sondern setzt zusätzlich die rechtliche Wertung voraus, welche dieser Gesamtkosten zuwendungsfähig sind. Hierfür ist gleichgültig, ob diese rechtliche Wertung einfach oder schwierig ist (zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 23. Januar 2019 - 10 C 5.17 -, juris Rn. 21 f. [m. w. N.]; ausführlich Urteil vom 16. Juni 2015 - 10 C 15.14 -, juris Rn. 12 ff.). Gleiches gilt für Ziffer 2.1 i. V. m. 8.2.1 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P, Anlage 2 zu Nr. 5.1 der Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung [VV-LVO] zu § 44 - RdEr. des MF vom 1.2.2001 - 21-04003/2 [MBl. LSA S. 278]), die nach Ziffer II. des Bewilligungsbescheides Grundlage des Bescheides geworden sind und wonach sich die Zuwendung im Sinne einer auflösenden Bedingung ermäßigen soll, wenn sich nach der Bewilligung die in dem Finanzierungsplan veranschlagten Gesamtausgaben für den Zuwendungszweck ermäßigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2015 - 10 C 15.14 -, a. a. O.).
- 53
Da die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 19. Dezember 2001 in der durch den Bescheid vom 16. Juli 2003 geänderten Fassung nach dem insoweit maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont vollumfänglich unabhängig vom Eintritt einer auflösenden Bedingung aufgehoben hat, fehlt es dem streitgegenständlichen Bescheid vom 22. Mai 2015 auch nicht teilweise an einer Regelung über die Aufhebung des Bewilligungsbescheides im Ganzen. Auch sind die Voraussetzungen für die vollumfängliche Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 19. Dezember 2001 in der durch den Bescheid vom 16. Juli 2003 geänderten Fassung gegeben.
- 54
Rechtswidrig ist ein Verwaltungsakt, der durch unrichtige Anwendung bestehender Rechtssätze zustande gekommen ist. Die einer Zuwendungsbewilligung zugrunde liegenden Förderrichtlinien sind keine Rechtsnormen in diesem Sinne. Sie sind verwaltungsinterne Weisungen und dazu bestimmt, für die Verteilung von Fördermitteln Maßstäbe zu setzen. Insoweit regeln sie das Ermessen der letztlich für die Entscheidung über die Gewährung einer Zuwendung zuständigen Stelle. Allein der Verstoß gegen Richtlinien macht hiernach eine Subventionsvergabe nicht rechtswidrig (zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 23. April 2003 - 3 C 25.02 -, juris Rn. 14 f. [m. w. N.]). Vielmehr ist erforderlich, dass darin zugleich ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG liegt, der die Bewilligungsbehörde im Außenverhältnis zum Kreis der (potentiellen) Zuwendungsempfänger verpflichtet, nicht zugunsten oder zulasten eines Zuwendungsbewerbers von den Förderrichtlinien abzuweichen, wenn sie sich sonst an die Richtlinien hält, es sei denn, eine Abweichung ist im Einzelfall aus sachlichen Gründen gerechtfertigt oder gar geboten. Weicht die Bewilligungsbehörde hingegen generell von den Förderrichtlinien ab, so verlieren diese insoweit ihre ermessensbindende Wirkung; ob das Verwaltungshandeln mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar ist, beurteilt sich dann nur nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. April 2012 - 8 C 18.11 -, juris Rn. 32).
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Die vorstehenden Maßstäbe zugrunde gelegt erweist sich der Bewilligungsbescheid vom 19. Dezember 2001 in der durch den Bescheid vom 16. Juli 2003 geänderten Fassung als rechtswidrig.
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Dabei ergibt sich die Rechtswidrigkeit der Gewährung des Zuschusses nicht aus der unrichtigen Anwendung gesetzlicher Bestimmungen.
- 57
Nach § 1 des Subventionsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 9. Oktober 1992 (SubvG-LSA, GVBl. LSA S. 724) i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 1 des (Bundes-)Sub-ventionsgesetzes (SubvG) vom 29. Juli 1976 (BGBl. I S. 2034, 2037) ist die Bewilligung oder Gewährung einer Subvention oder eines Subventionsvorteils ausgeschlossen, wenn im Zusammenhang mit einer beantragten Subvention ein Rechtsgeschäft oder eine Handlung unter Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten vorgenommen wird. Hierin liegt - unabhängig von der Bedeutung der Norm für ein Strafverfahren - ein zwingendes Gewährungs- und Bewilligungsverbot. Das Vorliegen der Voraussetzungen führt zu einer ablehnenden Entscheidung beziehungsweise hätte zu einer solchen führen müssen, bei der die Behörde keinen Ermessenspielraum hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1996 - 11 C 5.95 -, juris Rn. 9). Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 SubvG liegt ein Missbrauch vor, wenn jemand eine den gegebenen Tatsachen und Verhältnissen unangemessene Gestaltungsmöglichkeit benutzt, um eine Subvention oder einen Subventionsvorteil für sich oder einen anderen in Anspruch zu nehmen oder zu nutzen, obwohl dies dem Subventionszweck widerspricht. Dies ist nach § 4 Abs. 2 Satz 3 SubvG namentlich dann anzunehmen, wenn die förmlichen Voraussetzungen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils in einer dem Subventionszweck widersprechenden Weise künstlich geschaffen werden. Derartiges kann im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden.
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Nach Ziffer 1.1 der Modellgebiete „Wohnen 2001“ Richtlinien gewährt das Land Sachsen-Anhalt Zuwendungen für die Modernisierung und Instandsetzung von vermietetem oder vermietbarem Wohnraum in industriell gefertigten Wohngebäuden in bestimmten Stadteilen/Wohngebieten nach dem Investitionsförderungsgesetz Aufbau Ost (InvFördG/Ost) vom 23. Juni 1993 (BGBl. I S. 944), zuletzt geändert durch Art. 2 des Eisenbahnkreuzungsgesetzes vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2858). Nach § 3 Nr. 2 InvFördG/Ost in der genannten Fassung zählen zu den durch Finanzhilfen zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft und zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums geförderten strukturverbessernden Investitionen unter anderem Maßnahmen zur Förderung des Wohnungsbaus, insbesondere zur Modernisierung und Instandsetzung. Die dem Kläger von der Beklagten anknüpfend an dessen strafrechtliche Verurteilung wegen Subventionsbetrugs angelastete Zwischenschaltung mehrerer Gesellschaften bei der Durchführung der Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, die Gegenstand des mit dem Bewilligungsbescheid geförderten Projektes waren, widersprach für sich betrachtet weder dem vorstehend beschriebenen Subventionszweck noch wurden hierdurch die förmlichen Voraussetzungen für eine Subventionsgewährung künstlich geschaffen (offen gelassen, aber in diese Richtung tendierend: BGH, S. 10 der Abschrift des Beschlusses vom 28. Mai 2014). Die GbR, für welche der Kläger und der damalige (Mit-)Gesellschafter mit Schreiben vom 25. Juli 2001 die Gewährung von Zuwendungen nach den Modellgebiete „Wohnen 2001“ Richtlinien beantragt haben, hat die Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen an der Wohnanlage E.-B.-Ring in H., die Gegenstand der Förderung gewesen sind, tatsächlich durchgeführt. Der Subventionszweck - Förderung des Wohnungsbaus, insbesondere zur Modernisierung und Instandsetzung - wurde damit erreicht.
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Das dem Kläger im Strafverfahren zur Last gelegte Verhalten - künstliche Erhöhung der Baukosten als Bemessungsgrundlage für die Fördermittelzuwendung durch Zwischenschaltung weiterer Unternehmen - betrifft auch nicht die förmlichen Zuwendungsvoraussetzungen. Förmliche Zuwendungsvoraussetzungen zeichnen sich dadurch aus, dass bei ihnen regelmäßig ohne eine inhaltlich wertende Betrachtung beantwortet werden kann, ob sie vorliegen oder nicht. Dies ist bei den in Ziffer 4 der Modellgebiete „Wohnen 2001“ Richtlinien genannten Kriterien der Fall, welche die Eigentümerstellung des Antragstellers, den Ausschluss der Förderung bei einem vorzeitigen Maßnahmebeginn, das Verbot wiederholter Förderungsgewährung, die Beteiligung der betreffenden Kommune, in deren Gebiet das Vorhaben realisiert werden soll, die Notwendigkeit der Vorlage einer Vermietungsprognose, das mit dem Vorhaben verbundene Mindestinvestitionsvolumen sowie den Ausschluss einer Förderung von Maßnahmen im öffentlichen Raum betreffen. Ob die in einem Antrag auf Gewährung einer Zuwendung angegebenen Baukosten zuwendungsfähig sind, betrifft dagegen die Höhe der Zuwendung, also nicht das „Ob“, sondern vielmehr das „Wie“ der Zuwendungsgewährung. Dies richtet sich im Einzelnen nach Ziffer 5.2 der Modellgebiete „Wohnen 2001“ Richtlinien. Danach sind zuwendungsfähige Ausgaben nur die unmittelbar durch die Modernisierung und Instandsetzung entstandenen Bau- und Baunebenkosten bis zu der dort genannten Höhe, wobei Grundlage der Kostenberechnung die §§ 5, 7 und 8 der Zweiten Berechnungsverordnung (Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz - II. BV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Oktober 1990 (BGBl. I S. 2178) in der zum Zeitpunkt der Bewilligung geltenden Fassung sind. Nach § 7 Abs. 1 II. BV in der maßgeblichen Fassung vom 12. Oktober 1990 dürfen Baukosten nur angesetzt werden, soweit sie tatsächlich entstehen oder mit ihrem Entstehen sicher gerechnet werden kann und soweit sie bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände, bei wirtschaftlicher Bauausführung und bei ordentlicher Geschäftsführung gerechtfertigt sind (Satz 1). Kosten entstehen tatsächlich in der Höhe, in der der Bauherr eine Vergütung für Bauleistungen zu entrichten hat (Satz 2). Gemäß § 8 Abs. 1 II. BV in der hier maßgeblichen Fassung vom 13. September 2001 (BGBl. I S. 2376) gilt dies auch in Bezug auf die Baunebenkosten, d. h. die Ansätze für die Kosten der Architekten, Ingenieure und anderer Sonderfachleute, die Kosten der Verwaltungsleistungen bei Vorbereitung und Durchführung des Bauvorhabens und die damit zusammenhängenden Nebenkosten. Ob nach diesen Bestimmungen Baukosten und Baunebenkosten zuwendungsfähig sind, bedarf erkennbar einer wertenden Betrachtung. Es handelt sich dementsprechend nicht um förmliche Zulassungsvoraussetzungen.
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Die (vollumfängliche) Rechtswidrigkeit der Zuwendungsgewährung folgt auch nicht aus § 1 SubvG LSA i. V. m. § 4 Abs. 1 SubvG. Danach sind Scheingeschäfte und Scheinhandlungen für die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung und Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils unerheblich (Satz 1). Wird durch ein Scheingeschäft oder eine Scheinhandlung ein anderer Sachverhalt verdeckt, so ist der verdeckte Sachverhalt für die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen der Subvention oder des Subventionsvorteils maßgebend (Satz 2). Selbst wenn man das dem Kläger angelastete Verhalten als Scheingeschäft im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 SubVG ansieht (so der BGH in dem gegen den Kläger geführten Strafverfahren, vgl. S. 10 f. der Abschrift des Beschlusses vom 28. Mai 2014, Az. 3 StR 206/13), steht dies unabhängig von der strafrechtlichen Einordnung eines Scheingeschäfts nicht zwingend der Gewährung einer Subvention entgegen. Anders als § 4 Abs. 2 SubvG schließt § 4 Abs. 1 SubvG die Bewilligung oder Gewährung einer Subvention nicht gänzlich aus. Vielmehr wird lediglich bestimmt, dass es für die Bewilligung und Gewährung usw. auf den verdeckten Sachverhalt ankommt. Auf der Grundlage dieses der Wirklichkeit entsprechenden Sachverhalts kann demnach eine Subvention gewährt werden, wenn und soweit bei diesem Sachverhalt die förmlichen Voraussetzungen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils vorliegen und dies dem Subventionszweck entspricht. Andernfalls hätte der Gesetzgeber wie in § 4 Abs. 2 SubvG eine klare Regelung dahingehend getroffen, dass die Subventionsgewährung bei Vorliegen eines Scheingeschäfts gänzlich ausgeschlossen ist. Hiervon ausgehend stand die Regelung des § 4 Abs. 1 SubvG jedenfalls nicht einer zumindest teilweisen Zuwendungsbewilligung unter Ausklammerung der dem Kläger angelasteten künstlichen Baukostenerhöhung entgegen.
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Eine vollumfängliche Rechtswidrigkeit der Zuwendungsgewährung lässt sich schließlich nicht mit einer Unvereinbarkeit mit § 33 Abs. 1 des im Zeitpunkt des Bewilligungsbescheides noch geltenden Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WobauG) in der Bekanntmachung der Neufassung vom 19. August 1994 (BGBl. I S. 2137), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1149), begründen. Danach ist Voraussetzung für die Bewilligung öffentlicher Mittel auf Antrag eines Bauherrn, der Eigentümer eines geeigneten Baugrundstücks ist oder nachweist, dass der Erwerb eines derartigen Grundstücks gesichert ist oder durch die Gewährung der öffentlichen Mittel gesichert wird, unter anderem die Zuverlässigkeit des Bauherrn und dass Gewähr für eine ordnungsmäßige und wirtschaftliche Durchführung des Bauvorhabens besteht. Allerdings handelt es sich bei der in Rede stehenden Zuwendung nach Ziffer 1.1. der Modellgebiete „Wohnen 2001“ Richtlinien um eine Zuwendung nach dem InvFördG/Ost und nicht nach dem II. WobauG. Eine gleichzeitige Förderung nach dem II. WobauG käme auch nicht in Betracht, da das InvFördG/Ost eine solche Doppelförderung ausschließt (vgl. § 4 Abs. 1 InvFördG/Ost). Dementsprechend enthält der Bewilligungsbescheid vom 19. Dezember 2001 am Ende von Ziffer I. auch den Hinweis, dass es sich bei dem Zuschuss nicht um öffentliche Mittel im Sinne des § 6 Abs. 1 II. WobauG handelt.
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Jedoch stellt sich die Bewilligung der in Rede stehenden Zuwendung als gleichheitswidriger Verstoß gegen die zugrunde gelegten Verwaltungsvorschriften dar.
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Die Bewilligung der Zuwendung stand nicht im Einklang mit Ziffer 5.2 der Modellgebiete „Wohnen 2001“ Richtlinien. Das LFI ist bei Erlass des Bescheides vom 19. Dezember 2001 unzutreffend von zuwendungsfähigen Aufwendungen in Höhe von 1.771.370,72 € und im Änderungsbescheid vom 16. Juli 2003 in Höhe von 1.615.725,00 € ausgegangen. Bei den im Antrag der E.-B. GbR vom 25. Juni 2001 mit 1.771.370,00 € angegebenen Gesamtkosten für die geplanten Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen handelt es sich jedenfalls in Bezug auf die Kosten, die durch die Zwischenschaltung der RW GmbH und der RU GmbH entstanden sein sollen, nicht um zuwendungsfähige Ausgaben i. S. d. §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 II. BV, an welche Ziffer 5.2 der Modellgebiete „Wohnen 2001“ Richtlinien hinsichtlich der Frage der Zuwendungsfähigkeit anknüpft. Diese Kosten sind schon gar nicht entstanden. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 II. BV, der gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 II. BV auf Baunebenkosten Anwendung findet, entstehen Kosten tatsächlich in der Höhe, in der der Bauherr eine Vergütung für Bauleistungen zu entrichten hat. Der am 9. November 2001 vom Kläger für die GbR mit der RW GmbH geschlossene Bauleistungsvertrag mit einer Bruttoauftragssumme in Höhe von 1.771.370,00 € ist aber gemäß § 117 Abs. 1 BGB nichtig. Nach dieser Norm ist eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, aber mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben wird, nichtig. So verhält es sich mit dem vorgenannten Bauleistungsvertrag, mit der Folge, dass ein Rechtsanspruch der RW GmbH gegen die GbR bzw. deren persönlich haftenden Gesellschafter - hier den Kläger - auf eine Vergütung für die dort genannten Leistungen nicht gegeben ist. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 19. Dezember 2012 (Az. 15 KLs 5524 Ja 109591/06), durch das der Kläger wegen Subventionsbetrugs verurteilt worden ist.
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Danach hat der Kläger für die GbR den Vertrag mit der RW GmbH in Absprache mit deren alleiniger Geschäftsführerin R.-K., die auch einzige Beschäftigte der RW GmbH war, geschlossen, um die Baukosten, die Bemessungsgrundlage für das hier in Rede stehende Förderprogramm gewesen seien, künstlich zu erhöhen und dadurch höhere Fördermittel zu erhalten, als ihm tatsächlich zugestanden hätte. Die RW GmbH hat selbst keinerlei Arbeiten ausgeführt, sondern über den gesamten der GbR geschuldeten Leistungsumfang einen weiteren Bauleistungsvertrag mit der RU GmbH geschlossen, der überwiegend gleichlautend mit dem zwischen ihr und der GbR geschlossenen Vertrag gewesen ist. Die RU GmbH hat die Bauleistungen ebenfalls nicht selbst erbracht, sondern diverse Subunternehmen beauftragt. Dass die zwischengeschalteten Unternehmen keine Leistungen erbringen sollen, entsprach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien (so auch der BGH in dem gegen den Kläger geführten Strafverfahren, vgl. S. 11 der Abschrift des Beschlusses vom 28. Mai 2014, Az. 3 StR 206/13). Die Verträge wurden auf Seiten der RW GmbH und der RU GmbH jeweils von Frau R.-K. unterzeichnet, die im Zeitpunkt der Vertragsschlüsse auch alleinige Geschäftsführerin der RU GmbH war. Sowohl die RW GmbH als auch die RU GmbH hatten zum Zeitpunkt der Vertragsschlüsse ihren Sitz unter derselben Anschrift wie die GbR und die WTR, die Steuerberatungsgesellschaft des Klägers. Tatsächlich wurden die RW GmbH und die RU GmbH im Hintergrund vom Kläger gesteuert und waren ansonsten nicht in der Baubranche tätig. Frau R.-K. hat aus ihrer Tätigkeit für die genannten Firmen keine Einkünfte bezogen, sondern ihren Lebensunterhalt vielmehr mittels monatlicher Unterstützungszahlungen des Klägers in Höhe von 2.000,00 € bestritten. Sie ist ausgebildete Steuerfachgehilfin und war viele Jahre Angestellte in der Steuerberatungsgesellschaft des Klägers. Ihre Tätigkeit während der Bauausführung bestand im Wesentlichen darin, den Kläger bei wichtigen Terminen wie der Bauabnahme einzelner Gewerke zu begleiten. Außerdem hat sie den Schriftverkehr für die RW GmbH und die RU GmbH geführt, um nach außen hin wie eine Unternehmerin aufzutreten und dadurch die Zwischenschaltung dieser beiden Firmen plausibel zu machen. Der im strafgerichtlichen Verfahren als Zeuge vernommene Bauleiter der Firma N. hat erklärt, Frau R.-K. habe immer im Schatten des Klägers gestanden und auf dessen Entscheidungen gewartet. Allein habe sie nichts entschieden, selbst wenn sie später auch allein auf der Baustelle erschienen sei. Selbst der Mitgesellschafter der GbR E. hat bekundet, für ihn sei Frau R.-K. die Assistentin („Bürotante“) des Klägers gewesen und er sei überrascht gewesen, dass diese plötzlich als Bauunternehmerin aufgetreten sei. Die genannten Umstände lassen nur den Schluss darauf zu, dass der Kläger im Zusammenwirken mit Frau R.-K. zum Schein die RW GmbH und die RU GmbH in die Bauausführung zwischengeschaltet hat, um die Baukosten „auf dem Papier“ zu erhöhen, ohne dass von den beiden Unternehmen tatsächlich selbständig, d. h. unabhängig und außerhalb des Wirkungsbereichs des Klägers, Leistungen für die GbR erbracht worden sind, für die zivilrechtlich ein Vergütungsanspruch hätte entstehen können.
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Dass es sich bei der Zwischenschaltung der RW GmbH und RU GmbH um ein vom Kläger initiiertes und im Zusammenwirken mit Frau R.-K. errichtetes Scheinkonstrukt gehandelt hat, ergibt sich auch aus den zeitlichen Abläufen bei der Auftragsgestaltung und bei der Durchführung der geförderten Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen. So hat die GbR am 12. Oktober 2000 die N., die zuvor von der Voreigentümerin der Wohnanlage den Auftrag der vollumfänglichen Sanierung der Wohnanlage erhalten und die Sanierungsarbeiten am ersten Bauabschnitt (Innengewerke) auch schon vollendet hatte, mit der abschnittsweisen Durchführung einzelner Gewerke des zweiten Bauabschnitts (Außengewerke) im Umfang von 400.000,00 DM beauftragt. Dem lag ein Angebot der N. vom 5. Mai 2000 zugrunde, welches sich auf die Sanierungsmaßnahmen bezog, die zum Zeitpunkt der zwischen der GbR und der Voreigentümerin vereinbarten wirtschaftlichen Übergabe der Wohnanlage noch ausstanden. Die N. hatte die Durchführung dieser Maßnahmen in dem an die Steuerberatungsgesellschaft des Klägers, die WTR, adressierten Schreiben vom 5. Mai 2000 für eine Gesamtsumme in Höhe von 981.000,40 DM (501.577,54 €) brutto angeboten. Hiervon ausgehend ist nicht nachvollziehbar, dass im Zuwendungsantrag der GbR vom 25. Juni 2001 die voraussichtlichen Gesamtkosten für die noch nicht umgesetzten geplanten Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen mit 1.771.370,00 € angegeben worden sind. Selbst wenn das Angebot der N. einzelne Gewerke nicht enthalten haben sollte, wofür es indes keine Anhaltspunkte gibt, erklärt sich die in dem Antrag enthaltene erheblich höhere Gesamtkostenbetrag nicht mit anderen Umständen als mit der von vornherein beabsichtigten Zwischenschaltung eines oder mehrerer Generalübernehmer zum Zweck der künstlichen Baukostenerhöhung.
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Der Kläger versucht dies damit zu begründen, die Beauftragung der RW GmbH sei notwendig gewesen, da er nicht über die personellen Ressourcen verfügt habe, ein Bauvorhaben dieses Umfangs selbst durchzuführen. Dies überzeugt nicht. Wenn der Kläger nicht selbst die Ressourcen besessen haben sollte, das Bauvorhaben zu betreuen, erschließt sich nicht, wieso er dann der Auffassung gewesen sein will, die RW GmbH sei hierzu in der Lage. Es ist schon höchst zweifelhaft, ob die ihm bekannte alleinige Geschäftsführerin der RW GmbH überhaupt über die für die Betreuung eines solchen Vorhabens erforderliche Fachkunde verfügt hat. Frau R.-K. war ausgebildete Steuerfachgehilfin, hatte formal ein Studium aufgenommen, dieses aber nie ernsthaft betrieben geschweige denn abgeschlossen. Überdies war sie die einzige Beschäftigte der RW GmbH. Dies zusammengenommen ist nicht ansatzweise plausibel, dass und weshalb der Kläger davon ausgegangen sein will, dass das Bauvorhaben bei der RW GmbH „in guten Händen ist“, dort also eigenständige Arbeitsleistungen in einer Quantität und Qualität erbracht werden, die einen erfolgreichen Abschluss des Bauvorhabens fördern und dementsprechend die vereinbarte Auftragssumme rechtfertigen.
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Fehl geht auch der Hinweis des Klägers, für die noch ausstehenden Sanierungsarbeiten hätten zunächst noch öffentlich-rechtliche Genehmigungen eingeholt werden müssen, was einen erheblichen, von ihm nicht leistbaren administrativen Aufwand bedeutet habe. Dieses Vorbringen steht im Widerspruch zu einem bei den Verwaltungsvorgängen befindlichen Schreiben der Hoffmann Grundbesitz und Beteiligungen AG vom 27. Juni 2001, das an die GbR adressiert ist und dem Antrag auf die Gewährung von Zuwendungen beigefügt war (Bl. 420 d. BA). Danach seien für die Modernisierung der Wohnanlage, insbesondere für die Anbringung der Wärmedämmfassade, keine Baugenehmigungen erforderlich, da keine statischen Änderungen am Baukörper vorgenommen würden.
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Auffällig ist zudem, dass der zwischen der RW GmbH und der RU GmbH geschlossene Bauleistungsvertrag, mit dem die von der RW GmbH der GbR geschuldeten Bauleistungen im Auftragsweg an die RU GmbH weitergereicht werden sollten, auf den 23. Oktober 2001 datiert, die RW GmbH jedoch erst mit Vertrag vom 9. November 2001 von der GbR beauftragt worden ist. Weitere Unstimmigkeiten folgen daraus, dass der Kläger mit Schreiben vom 18. Juni 2003 dem LFI die Vergabe des Bauleistungsauftrags an die RW GmbH dahingehend erklärt hat, die „RU GmbH“ habe das günstigste Angebot abgegeben. Dem Schreiben war indes ein Angebot der RW GmbH beigefügt. In einer die drei abgegebenen Angebote zusammenfassenden Tabelle war demgegenüber wieder die „RU GmbH“ als Anbieterin aufgeführt. Der Kläger hat also nicht trennscharf zwischen der RW GmbH und der RU GmbH unterschieden, obwohl alleiniger Vertragspartner der GbR die RW GmbH gewesen sein soll. Auch dies spricht dafür, dass es sich bei der Zwischenschaltung der beiden Firmen lediglich um ein Scheinkonstrukt gehandelt hat.
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Die engen persönlichen Verflechtungen zwischen dem Kläger und der allein für die RW GmbH und RU GmbH tätigen Frau R.-K. werden ferner dadurch dokumentiert, dass Frau R.-K. im Zuwendungsverfahren auch auf Seiten der GbR aufgetreten ist. So hat sie das Schreiben der GbR vom 12. Oktober 2001 „im Auftrag“ unterzeichnet, mit welchem dem LFI ein Schreiben des Architekten W. vom 25. Juni 2001 übersandt worden ist, wonach die kalkulierten Baukosten üblich und auskömmlich seien.
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Nicht zuletzt wird die Annahme einer Scheinkonstruktion dadurch gestützt, dass die GbR die ihr seitens der RW GmbH in Rechnung gestellten Leistungen in einem Umfang von 1.054.337,44 € nicht bezahlt hat. Ein auf einer von der Geschäftsführerin der RW GmbH, Frau R.-K., unter dem 12. November 2002 unterzeichneten Zahlungsabrechnung in dieser Höhe angebrachter Zusatz „Die Bezahlung für vorstehenden Restbetrag haben wir heute dankend erhalten.“ hat sich als nicht zutreffend erwiesen. Ein entsprechender Zahlungseingang war den Buchführungs- und Kontounterlagen der RW GmbH auch nicht zu entnehmen. Soweit der Kläger sowie der Mitgesellschafter E. und Frau R.-K. sich im Strafverfahren auf Vorhalt dahingehend eingelassen haben, über diesen Betrag sei ein Scheck ausgestellt und Frau R.-K. überreicht worden, der allerdings im Einverständnis mit Frau R.-K. nicht eingelöst worden sei, da die Zahlung mit der Auflage verbunden gewesen sei, dass die RW GmbH eine Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 352.368,09 € hinterlegt, was Frau R.-K. aber abgelehnt habe, stellt dies eine Schutzbehauptung dar. Deren Glaubhaftigkeit wird bereits durch den Versuch erheblich in Zweifel gezogen, mittels eines unwahren Zusatzes auf der Zahlungsabrechnung vom 12. November 2002 vorzugeben, der Rechnungsbetrag sei beglichen worden. Überdies ist es schlechterdings nicht vorstellbar, dass ein - wie der Kläger letztlich behauptet - vom Auftraggeber unabhängiges Unternehmen auf die Einlösung eines Schecks in der genannten Höhe verzichtet, obwohl es die abgerechneten Leistungen auftragsgemäß erbracht haben will und die Forderung nach der Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft offenbar als nicht gerechtfertigt ansieht.
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Der Senat darf sich seine Überzeugung auch auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen im Strafverfahren bilden. Zwar haben die in strafgerichtlichen Entscheidungen getroffenen Feststellungen, soweit das Gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt, für andere Gerichte und damit auch für die Verwaltungsgerichte keine Bindungswirkung. Allerdings geht von den strafgerichtlichen Feststellungen regelmäßig eine faktische Bindungswirkung dergestalt aus, dass Verwaltungsgerichte im Regelfall nicht gehalten sind, die strafrechtlich relevanten Tatsachen eigenständig festzustellen und zu würdigen, sofern sich dies ob der Besonderheiten des Einzelfalles nicht aufdrängt (BVerwG, Urteil vom 22. März 2017 - 5 C 4.16 -, juris Rn. 26 [m. w. N.]; s. auch Beschluss vom 13. September 1988 - 1 B 22.88 -, juris Rn. 8), etwa weil gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der strafgerichtlichen Tatsachenfeststellung gegeben sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. März 2003 - 3 B 10.03 -, juris Rn. 2; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 20. Dezember 2017 - 1 A 389/16 -, juris Rn. 19 [m. w. N.]). Dies ist vorliegend jedoch entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht der Fall.
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Indem das Verwaltungsgericht ausführt, die Unrichtigkeit der strafrechtlichen Verurteilung folge bereits aus der für das Subventionsrecht fehlerhaften rechtlichen Bewertung der Zwischenschaltung eines Generalübernehmers und es sei nicht ohne Weiteres von einem strafrechtlich erheblichen Verhalten auszugehen, differenziert es schon nicht hinreichend zwischen den vom Landgericht aufgrund einer durchgeführten Beweisaufnahme getroffenen Tatsachenfeststellungen und deren strafrechtlicher Würdigung. Anders als das Verwaltungsgericht meint, ergibt sich die Unrichtigkeit der (tatsächlichen) Feststellungen des Landgerichts auch nicht daraus, dass dieses die Beauftragung eines Generalübernehmers durch den Fördermittelempfänger generell als nicht zulässig bewertet hätte. Eine derartige Aussage hat das Landgericht nicht getroffen. Für das Strafverfahren und für das hier zur Entscheidung vorliegende verwaltungsgerichtliche Verfahren war bzw. ist vielmehr maßgeblich, dass der Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen im Strafverfahren wahrheitswidrig vorgegeben hat, es würden vergütungspflichtige Leistungen durch zwischengeschaltete Generalübernehmer erbracht. Soweit das Verwaltungsgericht im Übrigen beanstandet, das Landgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass im Rahmen der Sanierung eines Mehrfamilienhauses nicht nur die reinen Handwerkerarbeiten, sondern auch umfangreiche Planungs- und Verwaltungsarbeiten Kosten verursachten, wird übersehen, dass insoweit gerade keine Kosten angefallen sind, da es sich bei den in Rede stehenden Verträgen um nichtige Scheingeschäfte gehandelt hat.
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Dass - worauf das Verwaltungsgericht und der Kläger ebenfalls abheben - keine Zahlungsrückflüsse an den Kläger persönlich festgestellt worden sind, veranlasst keine andere rechtliche Bewertung. Insbesondere werden durch diesen Umstand die zahlreichen vom Landgericht Hildesheim festgestellten Tatsachen sowie die weiteren, vorstehend dargestellten Indizien, aus denen sich ergibt, dass die Zwischenschaltung der RW GmbH und der RU GmbH lediglich als ein Scheinkonstrukt anzusehen ist, in ihrer Wirkung nicht erschüttert. Gleiches gilt für die Behauptung des Klägers, die Einschaltung der RW GmbH habe der Minimierung finanzieller Risiken der GbR gedient, die sich aus einer Inanspruchnahme wegen Gewährleistung oder aus dem Ausfall beauftragter Subunternehmer ergeben könnten. Im Übrigen kommt es für die Frage der Rechtswidrigkeit der Zuschussbewilligung nicht darauf an, ob der Kläger hierdurch unmittelbar bevorteilt worden ist. Entscheidend ist vielmehr, dass die der Zuschussgewährung zugrunde gelegten und auf den Angaben u. a. des Klägers beruhenden Gesamtkosten für die Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, für welche die GbR eine Förderung beantragt hat, nicht entstanden sind, weil es sich bei den Bauleistungsverträgen zur Zwischenschaltung der RW GmbH und der RU GmbH - wie dargestellt - um Scheingeschäfte gehandelt hat. Der daraus gezogene Geldvorteil kann auch bei einer anderen Person als dem Kläger entstanden sein.
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Auch das weitere Vorbringen des Klägers lässt keine Zweifel an der Richtigkeit der im Strafverfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen aufkommen. Der Kläger nimmt die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts Hildesheim, in Bezug auf welche der BGH in seinem Beschluss vom 28. Mai 2014 festgestellt hat, diese seien rechtsfehlerfrei getroffen worden, lediglich in Abrede und wendet sich der Sache gegen die strafgerichtliche Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme, ohne sich im Einzelnen mit den, insbesondere aufgrund der Vernehmung mehrerer Zeugen, getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts auseinanderzusetzen und substantiiert darzulegen, woraus sich deren Unrichtigkeit ergeben sollte. Die vom Kläger angezweifelte strafrechtliche Bewertung der festgestellten Tatsachen ist für die Frage der Rechtswidrigkeit der Zuschussbewilligung ohne Belang.
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Anknüpfend an die vorgenannten Umstände stand die Zuwendungsbewilligung auch im Übrigen, d.h. soweit ein Teil der im Antrag der GbR der E.-B. GbR vom 25. Juni 2001 angegebenen Gesamtkosten an sich zuwendungsfähig gewesen ist, da die Wohnanlage der GbR tatsächlich modernisiert und instandgesetzt werden sollte und die mit der unmittelbaren Bauausführung beauftragten Unternehmen auch vergütungspflichtige Leistungen erbracht haben, nicht im Einklang mit den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften. Nach Ziffer 1.2 Satz 1 der Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung (VV-LVO) zu § 44 - RdEr. des MF vom 1.2.2001 – 21-04003/2 (MBl. LSA S. 241 (268) - dürfen Zuwendungen solchen Empfängern bewilligt werden, bei denen eine ordnungsgemäße Geschäftsführung gesichert erscheint und die in der Lage sind, die Verwendung der Mittel bestimmungsgemäß nachzuweisen. Davon ist bei einem Zuwendungsbewerber, der - wie hier der Kläger - bei der Antragstellung willentlich und wissentlich höhere zu erwartende Gesamtkosten für das Projekt vorgibt, für das er eine Förderung begehrt, um eine höhere Zuwendung zu erhalten, unabhängig von einer möglichen Strafbarkeit eines solchen Verhaltens nicht auszugehen. Das Zuwendungsverhältnis ist nach seiner Eigenart dadurch geprägt, dass der Zuwendungsempfänger Steuergelder, die dem haushaltsrechtlichen Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit unterfallen, letztlich für eigene Zwecke verwendet (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. August 2013 - 12 A 1751/12 -, juris Rn. 11). Aus diesem Grund muss dem Zuwendungsempfänger ein die Ausreichung öffentlicher Mittel rechtfertigender Vertrauensvorschuss dahingehend entgegengebracht werden können, dass dieser bereit und in der Lage ist, diese Mittel dem - letztlich stets zumindest auch im öffentlichen Interesse liegenden - Förderzweck entsprechend zu verwenden. Ein solches Grundvertrauen ist gegenüber einem Zuwendungsbewerber, der bei der Antragstellung in planvoller Absicht der Erreichung einer Zuwendungserhöhung vorgibt, die zuwendungsfähigen Aufwendungen seien höher als dies tatsächlich anzunehmen wäre, in keiner Weise angebracht.
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Die Bewilligung der Zuwendung in Widerspruch zu den hierbei grundsätzlich anzuwendenden Verwaltungsvorschriften ist nicht mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar. Es ist weder vorgetragen noch sonst anzunehmen, dass das LFI als damalige Bewilligungsbehörde nach seiner tatsächlichen Verwaltungspraxis künstlich erhöhte Baukosten bzw. Baunebenkosten als zuwendungsfähige Aufwendungen anerkannt oder Zuwendungsbewerbern einen Zuschuss gewährt hat, bei denen eine ordnungsgemäße Geschäftsführung nicht gesichert erscheint und die nicht in der Lage sind, die Verwendung der Mittel bestimmungsgemäß nachzuweisen. Dies ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass das LFI in seinem Bewilligungsbescheid unter Ziffer II. die Vorschriften der II. BV, die Modellgebiete „Wohnen 2001“ Richtlinien sowie die VV-LVO zu § 44 LHO ausdrücklich zu Bestandteilen des Bescheides erhoben hat. Außerdem hat das LFI unter Ziffer III. des Bescheides darauf hingewiesen, dass dieser unter anderem dann zurückgenommen oder widerrufen werden kann, wenn die GbR bzw. deren Gesellschafter oder Rechtsnachfolger gegen die Bestimmungen des Bescheides oder der zugrunde liegenden Richtlinien verstoßen oder Tatsachen eintreten oder bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Zuwendungsempfänger nicht mehr zuverlässig sind. Insoweit bekräftigt der Bescheid letztlich nochmals die Notwendigkeit der Einhaltung der der Förderung zugrunde liegenden Verwaltungsbestimmungen einschließlich der Gewähr einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung. Auch die telefonische Nachfrage des LFI vor der Zuwendungsbewilligung nach Übersendung einer Baukostenkalkulation, auf welche hin Frau R.-K. für die GbR mit Schreiben vom 12. Oktober 2001 das Prüfergebnis des Architekten W. übersandt hat, zeigt den grundsätzlichen Willen der Bewilligungsbehörde, Zuschüsse nur im Einklang mit den einschlägigen Verwaltungsvorschriften zu gewähren.
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Dass das LFI die Zuwendung wie beantragt gewährt hat, steht entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts der Annahme der Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides nicht entgegen. Die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides folgt aus der objektiven Richtlinienwidrigkeit der Zuschussgewährung, die gerade nicht der ständigen Verwaltungspraxis der Bewilligungsbehörde entsprochen hat. Darauf, ob das LFI dies zum Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides hätte erkennen können, z. B. durch eine weitaus kritischere Betrachtung der Antragsunterlagen anstatt sich auf die Einschätzung des Architekten W. zu verlassen, kommt es insoweit nicht an (zur Maßgeblichkeit der objektiven Rechtswidrigkeit vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 48 Rn. 51; Sachs, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 48 Rn. 51; § 44 Rn. 34). In wessen Verantwortungsbereich die Bewilligung der Zuwendung in der von der GbR bzw. deren Gesellschaftern beantragten konkreten Höhe fällt, betrifft nicht die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides, sondern die Frage, inwieweit ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Bewilligungsbescheides besteht bzw. ein behördliches (Mit-)Verschulden bei der Ausübung des Rücknahmeermessens durch die Beklagte zu berücksichtigen ist. Deshalb geht auch der Ansatz des Verwaltungsgerichts fehl, die fehlende Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides damit zu begründen, die Behörde habe von Amts wegen den Sachverhalt zu ermitteln und dementsprechend auch die Antragsunterlagen des Zuwendungsempfängers zu prüfen, wobei der Rechtsvorgänger der Beklagten nach Vorlage des Verwendungsnachweises am 13. November 2002 festgestellt habe, dass die bewilligten Mittel zweckentsprechend verwendet worden seien, ohne weitere Unterlagen von der GbR zu verlangen.
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Abgesehen davon steht die Prüfung der zweckentsprechenden Verwendung des gewährten Zuschusses nicht im Zusammenhang mit der hier in Frage stehenden Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Rechtswidrigkeit Stelkens/Bonk/Sachs, a. a. O., § 48 Rn. 49). Die Prüfung wurde fast ein Jahr nach der Zuschussgewährung durchgeführt und vom LFI zum Anlass genommen, den Bewilligungsbescheid vom 19. Dezember 2001 mit Bescheid vom 16. Juli 2003 aufgrund des angenommenen Eintritts einer auflösenden Bedingung teilweise für unwirksam zu erklären, soweit sich die im eingereichten Finanzierungsplan veranschlagten Gesamtausgaben für den Zuwendungszweck nach der Bewilligung ermäßigt hätten. Es ging mithin um die Frage der Aufrechterhaltung bzw. weiteren Wirksamkeit des ursprünglichen Bewilligungsbescheides aufgrund nachträglich eingetretener Umstände.
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Selbst wenn man mit dem Verwaltungsgericht annähme, das LFI habe mit dem Bescheid vom 16. Juli 2003 bestätigt, dass das in Rede stehende Vorhaben ordnungsgemäß durchgeführt worden sei, änderte dies nichts an der - wie dargestellt allein maßgeblichen - objektiven Rechtswidrigkeit der Zuschussbewilligung.
- 80
Soweit das Verwaltungsgericht darauf abgestellt hat, der Kläger habe die an die GbR adressierte Rechnung der RW GmbH im Rahmen des Verwendungsnachweises vorgelegt und diese weise als Rechnungsbetrag exakt die im Zuwendungsverfahren angegebene Summe aus, greift dies zu kurz. Dies ist nach den tatsächlichen strafgerichtlichen Feststellungen, denen der Senat folgt, gerade notwendiger Teil der Aufrechterhaltung der vom Kläger im Zusammenwirken mit der Alleingeschäftsführerin der RW GmbH und der RU GmbH gewählten Scheinkonstruktion gewesen und dementsprechend für sich gesehen entgegen der Auffassung des Klägers nicht geeignet zu belegen, dass der Kläger für die GbR keine Scheingeschäfte eingegangen ist, um eine künstliche Baukostenerhöhung und damit verbunden eine höhere Zuschussgewährung zu erreichen.
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Die Rücknahme des Bewilligungsbescheides ist auch nicht nach § 48 Abs. 2 VwVfG ausgeschlossen. Nach Satz 1 der Bestimmung darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist nach Satz 2 der Vorschrift in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG kann sich der Begünstigte auf Vertrauen unter anderem dann nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat. Eine arglistige Täuschung im Sinne von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG ist gegeben, wenn der Täuschende weiß und will, dass die Behörde durch insbesondere die Vorspiegelung falscher Tatsachen zum Erlass eines Verwaltungsaktes veranlasst wird, den sie andernfalls nicht oder nicht mit diesem Inhalt erlassen hätte. Ein "Erwirken" im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass die arglistige Täuschung für den Erlass des rechtswidrigen Verwaltungsaktes zumindest objektiv mitursächlich war. Nicht erforderlich ist, dass die sachbearbeitenden Mitarbeiter der Behörde die Rechtswidrigkeit des Bescheids erkannt haben (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 22. März 2017 - 5 C 4.16 -, juris Rn. 25 [m. w. N.]). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Wie bereits ausgeführt hat der Kläger im Zuwendungsverfahren der GbR Scheinverträge über die Zwischenschaltung von ihm letztlich gesteuerter Generalübernehmer geschlossen, um die zuwendungsfähigen Baukosten, die Bemessungsgrundlage für das hier in Rede stehende Förderprogramm gewesen sind, auf dem Papier zu erhöhen und dadurch höhere Fördermittel zu erhalten. Es ist nach dem Gesagten ebenfalls davon auszugehen, dass das LFI den Zuschuss nicht gewährt hätte, wenn die mit der Antragsbearbeitung befassten Mitarbeiter Kenntnis von dem tatsächlichen Sachverhalt besessen hätten.
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Auch im Übrigen ist die Ermessensausübung der Beklagten unter Berücksichtigung der insoweit durch § 114 Satz 1 VwGO begrenzten gerichtlichen Kontrolldichte rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere stellt sich die vollständige Aufhebung des Bewilligungsbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit als ermessensfehlerfrei dar. Nach § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG wird der Verwaltungsakt in einem - hier gegebenen - Fall des Satzes 3 in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Durch diese Norm ist die Ermessensbetätigung der Behörde bereits vorgezeichnet (sog. intendiertes Ermessen). Es bedarf mithin besonderer Gründe, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Liegt ein von dem gesetzlich angenommenen Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, so versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst. In diesem Fall ist auch eine - das Selbstverständliche darstellende - Begründung im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG entbehrlich. Nur für den Fall, dass außergewöhnliche Umstände des Falles, die eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen, erkennbar oder der Behörde bekannt geworden sind, übt diese ihr Ermessen rechtsfehlerhaft aus, wenn sie die betreffenden Umstände nicht erwogen hat (zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 22. März 2017, a. a. O. Rn. 40 [m. w. N.]). Derartige Gründe sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Das Erwirken eines Verwaltungsaktes durch arglistige Täuschung ist eine Fallgestaltung, in der der Wiederherstellung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nach der gesetzgeberischen Konzeption regelmäßig Vorrang vor den Schutzgütern der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einzuräumen ist (BVerwG, Urteil vom 22. März 2017, a. a. O. Rn. 41). Insbesondere wiegt in diesen Fällen die Verantwortung des Bescheidadressaten in aller Regel so schwer, dass selbst bei einem Mitverschulden der Behörde, wie z. B. dem Absehen von einer an sich gebotenen strengeren Prüfung vor der Bewilligung einer Zuwendung, eine andere Entscheidung als die vollumfängliche rückwirkende Aufhebung des Bewilligungsbescheides nur in ganz außergewöhnlichen Einzelfällen in Betracht zu ziehen ist. Derartige Umstände sind hier nicht ansatzweise ersichtlich. Insbesondere ist für die Annahme einer vom Verwaltungsgericht in einem obiter dictum angesprochenen unzulässigen Rechtsausübung der Beklagten kein Raum. Die Aufhebung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes stellt nur in besonderen Einzelfällen, in denen die Behörde für die Rechtswidrigkeit ihres Bescheides in besonders hohem Maße mitverantwortlich ist, eine unzulässige Rechtsausübung dar. Es muss auch unter Berücksichtigung der in § 48 VwVfG bereits vorgenommenen Abwägung von öffentlichen und privaten Interessen mit den Grundsätzen von Treu und Glauben schlechterdings unvereinbar sein, wenn die Behörde den Verwaltungsakt aufheben würde. Insoweit ist eine restriktive Anwendung geboten, da mit der Annahme eines solchen Ausnahmetatbestandes über den ausdrücklichen Wortlaut des § 48 VwVfG hinaus eine Einschränkung der Rücknahme von Verwaltungsakten erreicht wird (Thür. OVG, Urteil vom 27. April 2004 - 2 KO 433/03 -, juris Rn. 50). Dies gilt besonders dann, wenn der Begünstigte - wie hier - den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt hat.
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Entgegen der Auffassung des Klägers ist der streitgegenständliche Aufhebungsbescheid auch nicht wegen Nichtbeachtung der Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG rechtswidrig. Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nach dieser Vorschrift nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nach § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG allerdings nicht im Falle des - wie dargestellt hier gegebenen - § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG. Ein durch arglistige Täuschung des Begünstigten erwirkter Verwaltungsakt ist demnach auch nach Ablauf der Entscheidungsfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG aufhebbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 2017, a. a. O. Rn. 38). Hiervon ausgehend bedarf es im vorliegenden Fall keiner weiteren Erörterung der Frage, ob die Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Aufhebungsbescheides bereits verstrichen war.
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Der Rücknahme des Bewilligungsbescheides steht auch nicht die vom Kläger erhobene Einrede der Verjährung entgegen. Die zeitliche Aufhebbarkeit eines bestandskräftigen Bescheides richtet sich ausschließlich nach § 48 Abs. 4 VwVfG; eine analoge Anwendung der Regelungen über die Verjährung scheidet aus (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. August 2017 - 10 B 14.16 -, juris Rn. 6; Urteil vom 28. Juni 2012 – 2 C 13.11 -, juris Rn. 23 ff.).
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Die mit der Aufhebungsentscheidung der Beklagten verbundene Aufforderung an den Kläger zur Erstattung eines Betrages in Höhe von 621.292,09 € beruht auf § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG LSA i. V. m. § 49a Abs. 1 VwVfG. Danach sind die bereits erbrachten Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt - hier der Bewilligungsbescheid vom 19. Dezember 2001 in der Fassung des Bescheides vom 16. Juli 2003 - mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden ist (Satz 1); die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen (Satz 2). Der Erstattungsanspruch ist auch nicht verjährt. Auf den Erstattungsanspruch nach § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG findet die kenntnisabhängige dreijährige Verjährungsfrist der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB entsprechende Anwendung (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. März 2017 - 10 C 3.16 -, juris Rn. 16 ff.). Für den Beginn der Verjährungsfrist muss der Erstattungsanspruch aber überhaupt erst einmal entstanden sein (vgl. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Dies ist erst der Fall, wenn der Bewilligungsbescheid als Rechtsgrund für den Betrag, dessen Erstattung geltend gemacht wird, seine Wirkung verloren hat, sei es durch Rücknahme, Widerruf oder durch Eintritt einer auflösenden Bedingung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. August 2017 - 10 B 14.16 -, juris Rn. 8; Urteil vom 15. März 2017 - 10 C 1.16 -, juris Rn. 17 f.). Hiervon ausgehend konnte der Lauf der Verjäh-rungsfrist frühestens mit Erlass des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides der Beklagten vom 22. Mai 2015 beginnen. Mit Erlass dieses Bescheides ist die Verjäh-rung des Erstattungsanspruchs bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit des Bescheides gehemmt (vgl. § 53 Abs. 1 VwVfG).
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Die zudem dem Grunde nach mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Geltendmachung der Verzinsung ab dem Zeitpunkt der jeweiligen Auszahlung des ursprünglich gewährten Zuschusses in der nunmehr aufgehobenen Höhe ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie beruht auf § 49a Abs. 3 Satz 1 VwVfG, wonach der zu erstattende Betrag vom Eintritt der Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes an mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszins jährlich zu verzinsen ist.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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5. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.
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6. Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren beruht auf den §§ 40, 43 Abs. 1, 47, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
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Referenzen
- VwGO § 130a 1x
- VwGO § 132 1x
- §§ 40, 43 Abs. 1, 47, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG 4x (nicht zugeordnet)
- Beschluss vom Bundesgerichtshof (3. Strafsenat) - 3 StR 206/13 1x
- VwGO § 125 1x
- VwVfG § 36 Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt 2x
- VwVfG § 48 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes 16x
- VwVfG § 49a Erstattung, Verzinsung 3x
- § 4 Abs. 2 SubvG 2x (nicht zugeordnet)
- VwVfG § 53 Hemmung der Verjährung durch Verwaltungsakt 1x
- VwGO § 154 1x
- § 1 SubvG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 167 1x
- VwGO § 113 1x
- BGB § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen 2x
- BGB § 117 Scheingeschäft 1x
- § 4 Abs. 2 Satz 2 SubvG 1x (nicht zugeordnet)
- § 44 LHO 2x (nicht zugeordnet)
- § 8 Abs. 1 Satz 1 II. BV 1x (nicht zugeordnet)
- 3 StR 206/13 2x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 114 1x
- BGB § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist 1x
- § 4 Abs. 2 Satz 3 SubvG 1x (nicht zugeordnet)
- 12 A 1751/12 1x (nicht zugeordnet)
- VwVfG § 39 Begründung des Verwaltungsaktes 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- VwVfG § 49 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes 1x
- § 4 Abs. 1 Satz 1 SubVG 1x (nicht zugeordnet)
- 5524 Ja 109591/06 2x (nicht zugeordnet)
- § 8 Abs. 1 II. BV 1x (nicht zugeordnet)
- 2 KO 433/03 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- § 7 Abs. 1 Satz 2 II. BV 1x (nicht zugeordnet)
- § 4 Abs. 1 SubvG 3x (nicht zugeordnet)
- 1 A 389/16 1x (nicht zugeordnet)
- § 6 Abs. 1 II. WobauG 1x (nicht zugeordnet)
- § 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 II. BV 1x (nicht zugeordnet)
- § 7 Abs. 1 II. BV 1x (nicht zugeordnet)
- VwVfG § 1 Anwendungsbereich 3x