Beschluss vom Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken (1. Strafsenat) - 1 Ws 365/08 (Vollz), 1 Ws 365/08
Tenor
1. Die Rechtsbeschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der Kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 16. Oktober 2008 wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unbegründet verworfen.
2. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 4.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
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Das Landgericht Frankenthal (Pfalz) hat im Sicherungsverfahren durch Urteil vom 16. Dezember 1999 - 5220 Js 16446/99 - die Unterbringung des jetzt 57-jährigen Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Verurteilte im Zustand der Schuldunfähigkeit aufgrund einer paranoiden Psychose (wahnhafte Störung) mit einer Weinflasche auf seine schlafende Ehefrau eingeschlagen und versucht sie mit einem Kopfkissen zu ersticken. Danach hatte er mit einer weiteren Weinflasche auf seine im Bett liegende Tochter eingeschlagen. In beiden Fällen zerbrach die Flasche, beide Opfer erlitten u.a. Schnittwunden im Gesicht. Das erkennende Gericht hat die Taten als gefährliche Körperverletzung gewertet und dabei zugrunde gelegt, dass ein freiwilliger Rücktritt von versuchten Tötungsdelikten nicht ausgeschlossen werden konnte.
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Die Maßregel wird seit dem 16. Dezember 1999 im Klinikum ... vollzogen, wo der Verurteilte bereits seit 27. Oktober 1999 nach § 126 a StPO einstweilen untergebracht war.
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In der Zeit von Ende Dezember 1999 bis Ende Februar 2000 (2 Monate) wurde die Erkrankung des Verurteilten mit einem atypischen Neuroleptikum (Zyprexa, 5 mg pro Tag) behandelt. Eine weitere Einnahme des Medikaments lehnte der Verurteilte mit der Begründung ab, dass durch die Behandlung seine Zunge und seine Lippen trocken seien und er unter verstärktem Speichelfluss leide. Nach dem er Anfang März 2000 für einige Tage erneut bereit war ein atypisches Neuroleptikum zu sich zu nehmen, lehnte er dies anschließend ab.
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Im Rahmen der jährlichen Überprüfung der Fortdauer der Unterbringung des Verurteilten in einem psychiatrischen Krankenhaus stellte die beauftragte externe Sachverständige Prof. Dr. N... im Jahr 2005 u.a. fest, dass die für die Anlasstat ursächliche paranoide Psychose fortbestehe, wobei auch weitere Personen, insbesondere Mitpatienten, in das Wahnsystem einbezogen würden. Die einzige Chance, den psychischen Zustand des Verurteilten zu verbessern, sehe sie in einer medikamentösen Behandlung mit Neuroleptika.
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Wegen des unverändert fortbestehenden und behandlungsbedürftigen Krankheitsbildes richtete das Amtsgericht Landau in der Pfalz, Zweigstelle Bad Bergzabern, als Vormundschaftsgericht für den Verurteilten mit Beschluss vom 9. Februar 2006 eine Betreuung für den Bereich Gesundheitsfürsorge ein. Der für den Verurteilten bestellte Betreuer beantragte am 9. Mai 2006 beim Amtsgericht Landau in der Pfalz eine Genehmigung für eine medikamentöse Behandlung mit Neuroleptika. Das Amtsgericht Landau in der Pfalz genehmigte mit Beschluss vom 18. Mai 2006 eine entsprechende Behandlung. Hiergegen legte der Verurteilte Beschwerde ein und das Landgericht Landau in der Pfalz hob mit Beschluss vom 9. August 2006 die angefochtene Entscheidung auf. Zur Begründung führte das Landgericht Landau in der Pfalz aus, dass die medikamentöse Behandlung nicht den Eintritt eines schweren und länger dauernden Schadens besorgen ließe. Deswegen wäre eine solche Behandlung nicht genehmigungsbedürftig im Sinne von § 1904 BGB. Daraufhin lehnte das Amtsgericht Landau in der Pfalz mit Beschluss vom 30. Oktober 2006 eine Genehmigung der beantragten Behandlung ab und hob mit weiterem Beschluss vom 30. November 2006 die Betreuung auf.
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Aufgrund dieser Gegebenheiten sah sich die Klinik nunmehr veranlasst, dem Verurteilten mit Schreiben vom 28. September 2006 (Bl. 9 d.A.) mitzuteilen, dass sie ihm auf der Grundlage von § 6 Abs. 1 MVollzG Rheinland-Pfalz auch gegen seinen Willen Medikamente - geeignete Neuroleptika - zur Besserung seines psychischen Zustandes verabreichen wollen. Dies sei angesichts fehlender Krankheitseinsicht die einzige Möglichkeit, um eine Besserung des psychischen Zustandes zu erreichen.
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Gegen diese angekündigte Zwangsbehandlung hat der Verurteilte mit Schreiben seines Verteidigers vom 19. Oktober 2006 (Bl. 1 d.A.) Beschwerde eingelegt. Darin wird u.a. damit ausgeführt, dass eine Zwangsmedikation nicht von § 6 MVollzG Rheinland-Pfalz gedeckt sei, eine Behandlung mit Neuroleptika zu einer Lebens- oder erheblichen Gesundheitsgefahr für den Verurteilten führe und daher zu unterlassen sei.
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Die Strafvollstreckungskammer hat den Verurteilten sowie den Maßregelvollzugsleiter, Chefarzt Dr. med. N..., am 8. März 2007 mündlich angehört (Bl. 41 d.A.). In der Anhörung teilte der Verurteilte mit, dass sein Verteidiger wegen nicht bezahlten Honorarvorschusses nicht zu dem Anhörungstermin erscheinen werde.
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Durch den angefochtenen Beschluss vom 16. Oktober 2008 hat die Kammer den Antrag des Verurteilten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass eine medikamentöse Therapie mittels atypischer Neuroleptika gegen dessen Willen und unter Anwendung unmittelbaren Zwangs für einen Zeitraum von 6 Monaten zulässig ist. Die vorgesehene Zwangsbehandlung dürfe auf der Grundlage von § 6 Abs. 1 MVollzG durchgeführt werden. Diese Bestimmung verstoße nach Maßgabe verfassungskonformer Auslegung auch nicht gegen Art. 2 GG. Die Notwendigkeit einer Zwangsbehandlung sei in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der behandelnden Fachärzte und der Stellungnahme der externen Sachverständigen Prof. Dr. N... zu bejahen. Danach drohe bei dem Verurteilten ohne die angekündigte Behandlung eine fortschreitende Chronifizierung seiner psychischen Erkrankung mit Resistenz gegen medikamentöse Beeinflussung, was auf eine dauerhafte Verwahrung im Maßregelvollzug hinauslaufe. Dagegen lasse sich mit der vorgesehenen Verabreichung sog. atypischer Neuroleptika mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Besserung der Anlasserkrankung erwarten, wenngleich das Ausmaß der Besserung gegenwärtig noch nicht bestimmt werden könne; erhebliche Nebenwirkungen seien angesichts regelmäßig vorzunehmender Kontrollen nicht zu befürchten.
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Die Zwangsbehandlung sei auch nicht wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unzulässig. Als „ultima ratio“ sei sie vielmehr das einzige und letzte Mittel, um die Anlasserkrankung positiv zu beeinflussen und eine Resozialisierung des Verurteilten zu ermöglichen. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit sei die Behandlung aber auf zunächst 6 Monate zu begrenzen. Danach sei eine neue Entschließung unter Berücksichtigung des sich bis dahin zeigenden Verlaufs erforderlich, möglicherweise auch unter Zuziehung eines externen Sachverständigen. Auch eine solche neue Entschließung müsse sodann dokumentiert und dem Verurteilten bekanntgegeben werden.
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Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Verurteilten vom 19. November 2008, die mit der Verletzung sachlichen und förmlichen Rechts begründet wird.
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Es wird gerügt, dass dem Verurteilten kein Pflichtverteidiger gemäß § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO beigeordnet worden sei.
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In der Sache selbst sei zu beanstanden, dass entgegen der Auffassung der Klinik die Behandlung mit atypischen Neuroleptika gefährlich und damit auch nicht von § 6 MVollzG gedeckt sei. Die geplanten Maßnahme sei unverhältnismäßig und Verstoße gegen Art. 2 GG und Art. 3 EMRK. Ferner sei zu beanstanden, dass die Klinik nicht mitgeteilt habe, welches Medikament sie zur Behandlung verwenden will.
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Das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung von Rheinland-Pfalz hat mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2009 beantragt, die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
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Hierzu hat der Verurteilte mit Schreiben seines Anwaltes vom 15. Januar 2009 Stellung genommen.
II.
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1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die Formalien der Einlegung und Begründung (§§ 118, 138 Abs. 3 StVollzG) sind eingehalten.
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Insbesondere ist die vom Rechtsanwalt des Verurteilten erstellte und unterschriebene Rechtsbeschwerde vom 19. November 2008 innerhalb der nach Zustellung der Entscheidung in Gang gesetzten Monatsfrist beim Landgericht Landau in der Pfalz eingegangen (§ 118 Abs. 1 StVollzG). Der Beschluss des Landgerichts Landau in der Pfalz wurde dem Rechtsanwalt des Verurteilten am 20. Oktober 2008 zugestellt (Bl. 65 d.A.). Die Rechtsbeschwerde vom 19. November 2008 ging am selben Tag beim Landgericht Landau in der Pfalz ein.
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Das Rechtsmittel ist auch zulässig im Sinne von § 116 Abs. 1 StVollzG, denn es ist geboten, die Nachprüfung der gerichtlichen Entscheidung der Strafvollstreckungskammer zur Fortbildung des Rechts zu ermöglichen. Obergerichtliche Entscheidungen zur Zulässigkeit einer Zwangsbehandlung nach § 6 Abs. 1 MVollzG Rheinland-Pfalz liegen bisher, soweit ersichtlich, nicht vor. Auch die bisher bekannt gewordenen höchst- und obergerichtlichen Entscheidungen zu ähnlichen Regelungen anderer Bundesländer (BVerfG NStZ-RR 2007, 92; VerfGH Bayern NJW 1992, 1520 zu Art. 13 UBG Bayern; s.a. LG Heidelberg, Beschluss vom 20.4.2004, 7 StVK 79/04 – juris, zu § 8 UBG Baden-Württemberg; LG Stendal, Beschluss vom 10.7.2003, 504 StVK 39/03 – juris, zu § 9 MVollzG Sachsen-Anhalt) ergeben keine hinreichenden Leitsätze zur Beurteilung der sich im vorliegenden Fall stellenden Rechtsfragen.
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2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
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a) Der Entscheidung des Landgerichts Landau in der Pfalz kann nicht entgegen gehalten werden, dass für den Verurteilten kein Pflichtverteidiger nach § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO bestellt wurde. Eine solche Maßnahme ist im Verfahren nach dem StVollzG nicht vorgesehen; gemäß der ausdrücklichen Regelung durch § 120 Abs. 2 StVollzG; §§ 109 ff. ZPO besteht ausschließlich die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe (KG bei Bungert NStZ 1994, 382; OLG Bremen NStZ 1982, 84; Schwind/Böhm/ Jehle/Schuler, StVollzG 4. Aufl. § 115 Rn. 8; Callies/Müller-Dietz, StVollzG 11. Aufl. § 120 Rn. 2). Der anwaltliche vertretene Verurteilte hat hier aber weder die Prozesskostenhilfe noch die Beiordnung eines Pflichtverteidigers beantragt.
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b) Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen, die vom Senat in den wesentlichen Grundzügen geteilt werden, hat die Strafvollstreckungskammer die vom Klinikum ... angekündigte Zwangsbehandlung (Behandlung mit geeigneten Neuroleptika) für zulässig erachtet und den Antrag des Verurteilten - sein als Beschwerde formuliertes Schreiben vom 19. Oktober 2006 war als Antrag auf Unterlassen der geplanten Zwangsmedikation auszulegen - daher zurückgewiesen. Die mit der Rechtsbeschwerde behaupteten Rechtsverletzungen (§ 116 Abs. 2 StVollzG) liegen nicht vor.
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c) Der vom Verurteilten gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 109 StVollzG) ist ausnahmsweise zulässig als sog. vorbeugende Unterlassungsklage. Eine solche kommt in Betracht, wenn sich der Antragsteller gegen ein ihm drohendes Verhalten der Vollzugsbehörde wendet, das keine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten im Sinne von § 109 Abs. 1 StVollzG und somit keinen „Verwaltungsakt“, sondern einen bloßen „Realakt“ darstellt (Callies/Müller-Dietz, StVollzG 11. Aufl. § 109 Rn. 6). Ein solcher Fall liegt hier vor. Nach § 6 Abs. 1 MVollzG setzt die Zwangsbehandlung den Erlass eines entsprechenden Bescheides gerade nicht voraus, sondern knüpft ihre tatsächliche Durchführung allein an das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen. Dementsprechend ist das Schreiben vom 28. September 2006 auch nicht dahin auszulegen, dass die Klinik einen Verwaltungsakt im Sinne von § 109 Abs. 1 StVollzG erlassen wollte; hierdurch sollte vielmehr dem Verurteilten ermöglicht werden, vor Beginn einer Zwangsbehandlung in wirksamer Weise Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (vgl. auch Volckart/Grünebaum, Maßregelvollzug 6. Aufl. D.1.3.3.5).
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Dieser Beurteilung des vom Verurteilten gestellten Antrags steht auch der Beschluss des OLG Hamburg vom 23.3.1979 (Vollz (Ws) 7/79; ZfStrVo SH 1979, 99 – Ls.) nicht entgegen. Soweit dort die Zulässigkeit eines vorbeugenden Unterlassungsantrags verneint wird, bezieht sich dies lediglich auf drohende künftige Maßnahmen der Vollzugsbehörde (§ 109 StVollzG; dort betreffend Überwachung des Schriftwechsels, § 29 StVollzG). Einer Vorlage an den Bundesgerichtshof (§ 121 Abs. 2 GVG) bedarf es daher nicht.
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d) Die rechtlichen Grundlagen einer Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug des Landes Rheinland-Pfalz werden in der angefochtenen Entscheidung zutreffend dargelegt. Der Senat schließt sich dem im Ergebnis und in den wesentlichen Erwägungen der Begründung an. Im Einzelnen gilt danach Folgendes:
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da) Die Zulässigkeit der Zwangsbehandlung ergibt sich nicht bereits aus der gegen den Verurteilten angeordneten Unterbringung nach § 63 StGB und der allgemeinen Vollzugsvorschrift des § 136 StVollzG. Als Rechtsgrundlage kommen vielmehr die in § 138 Abs. 1 S. 1 StVollzG genannten landesgesetzlichen Vorschriften in Betracht (BVerfG DVBl. 2008, 38, juris Rn. 26; KG NStZ-RR 2008, 92, 93; 1997, 351, 352).
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db) Für Rheinland-Pfalz werden Behandlungen und Untersuchungen im Maßregelvollzug durch § 6 Abs. 1 S. 2 MVollzG grundsätzlich auch ohne Einwilligung des untergebrachten Patienten gestattet. Voraussetzung ist einerseits, dass diese Maßnahmen zur Erreichung des Vollzugsziels dienen. Andererseits wird für Behandlungen und Untersuchungen, die mit einem wesentlichen gesundheitlichen Risiko oder mit einer Gefahr für das Leben des Patienten verbunden sind, grundsätzlich die Einwilligung des Untergebrachten oder dessen gesetzlichen Vertreters erforderlich (§ 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 MVollzG).
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Mit dieser Normierung wollte der Landesgesetzgeber sicherstellen, dass während der Vollziehung einer Maßregel der Besserung und Sicherung, z.B. einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB der Betroffene, nicht nur verwahrt, sondern auch, wenn notwendig gegen seinen Willen, behandelt wird, um einerseits den untergebrachten Patienten wieder zu befähigen, ein in der Gemeinschaft eingegliedertes Leben zu führen, und andererseits die Allgemeinheit vor weiteren rechtswidrigen Taten zu schützen. Die ärztliche Behandlung zur Erreichung dieses Vollzugsziels soll nicht Strafe, sondern die Voraussetzung für die Heilung des untergebrachten Patienten sein (vgl. Landtag Rheinland-Pfalz 10. Wahlperiode Plenarprotokolle S. 4602, 4606).
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dc) Die somit nach dem Wortlaut des Gesetzes ermöglichte Zwangsbehandlung kann auch nicht allgemein und von vornherein als Verstoß gegen das Übermaßverbot und als unverhältnismäßiger Eingriff in die Freiheitsrechte aus Art. 2 GG oder die Menschenwürde des Untergebrachten verworfen werden (KG NStZ-RR 2008, 92, 93; Volckart/Grünebaum a.a.O., D.1.3.3.2); ebenso wenig ist Art. 3 EMRK verletzt. Vielmehr dient die Behandlung dem Ziel der Wiederherstellung der psychischen Gesundheit und damit auch der Beendigung der Unterbringung (VerfGH Bayern NJW 1993, 1520, 1522). Auch das Bundesverfassungsgericht hat die Zulässigkeit von Behandlungsmaßnahmen auf der Grundlage der dem § 6 MVollzG ähnlichen Bestimmung des § 13 UnterbrG Bayern vorausgesetzt (BVerfG NStZ-RR 2007, 92, 93).
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dd) Der Senat teilt aber auch die Auffassung des Strafvollstreckungskammer (Beschluss S. 11, Bl. 61 d.A.), wonach die Zwangsbehandlung auf dieser Grundlage nicht schrankenlos ermöglicht wird, sondern nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beschränken ist (s.a. VerfGH Bayern NJW 1993, 1520, 1522; LG Stendal a.a.O., juris Rn. 37; Volckart/ Grünebaum a.a.O., Rn. D.1.3.3.2). Jede Behandlungsmaßnahme muss also zur Förderung des verfolgten Zweckes geeignet und erforderlich sein und dabei das angemessene und zumutbare Mittel darstellen (Kammeier/Wagner, Maßregelvollzugsrecht Rn. D 142); letzteres wird durch § 6 Abs. 5 S. 1 MVollzG ausdrücklich bestimmt.
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de) Mit der Strafvollstreckungskammer ist der Senat der Auffassung, dass die vorstehend umschriebenen Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit einer Zwangsbehandlung hier erfüllt sind. Die vorgesehene Gabe von Medikamenten – sog. atypischen Neuroleptika – soll die der Unterbringung des Beschwerdeführers zugrunde liegende Anlasserkrankung behandeln und diese möglichst weitgehend lindern und heilen. Sie dient damit, wie es § 6 Abs. 1 S. 2 MVollzG voraussetzt, der Erreichung des in § 136 StVollzG festgelegten Vollzugszieles.
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Nach den auch insoweit fehlerfreien, auf die sachverständigen Äußerungen der behandelnden Fachärzte und der externen Sachverständigen Prof. Dr. N... gestützten Feststellungen im angefochtenen Beschluss ist die vorgesehene Behandlung im Sinne dieser Zielsetzung geeignet und erforderlich. Danach konnte bei dem Verurteilten seit dem Abbruch der 2-monatigen Behandlung mit atypischen Neuroleptika Anfang März 2000 keine Krankheitseinsicht mehr geweckt werden. Für die Mitwirkung an ihm angebotenen Therapien und insbesondere für die Einnahme von Medikamenten konnte er nicht mehr gewonnen werden. Ohne Behandlung ist die sicher fortschreitende chronische Verfestigung der psychischen Erkrankung zu erwarten. In Verbindung mit in zunehmendem Maße auftretenden Hospitalisierungseffekten und einer zunehmenden Resistenz gegen medikamentöse Beeinflussung wird dadurch die Resozialisierung des Verurteilten im Laufe der Zeit immer schwieriger und eine dauerhafte Verwahrung im Maßregelvollzug immer wahrscheinlicher.
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Maßnahmen zur Verbesserung dieses Zustandes, die den Verurteilten weniger beinträchtigen würden als die vorgesehene Verabreichung von Medikamenten, sind nicht ersichtlich. Vielmehr stellt sich die angestrebte Zwangsbehandlung als die einzige Möglichkeit einer günstigen Beeinflussung der Anlasserkrankung dar.
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Unter Abwägung der dem Beschwerdeführer drohenden Nachteile und der mit der angestrebten Zwangsbehandlung verfolgten Zwecke kann diese auch nicht als unangemessen und unzumutbar angesehen werden. Vielmehr sind erhebliche und anhaltende Nebenwirkungen der vorgesehenen Medikamente nach den auch insoweit fehlerfreien Feststellungen der Strafvollstreckungskammer auch mit Rücksicht auf die konkrete körperliche Verfassung des Verurteilten nicht zu erwarten. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der von der Klinik vorgesehenen fortlaufenden Kontrollen. Im Übrigen sprechen auch die gewonnenen Erfahrungen aus der im Jahre 2000 abgebrochenen Behandlung gegen erhebliche Nebenwirkungen. Auch haben sich auf der Grundlage der von der Strafvollstreckungskammer getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Behandlung zu einer Veränderung der Persönlichkeit im Kernbereich führen könnte (vgl. auch KG NStZ-RR 2008, 92, 93), wie sie nach den ausdrücklichen Bestimmungen verschiedener Landesgesetze (etwa Art. 13 Abs. 3 UnterbrG Bayern) einer Zwangsbehandlung entgegen steht. Die vom Beschwerdeführer als Anlagen vorgelegten Veröffentlichungen über Neuroleptika sind nicht geeignet, eine andere Bewertung herbeizuführen. Sie spiegeln lediglich die Bandbreite der allgemeinen Diskussion über die Vor- und Nachteile dieser Medikamente, haben aber keine Aussagekraft für den konkreten Einzelfall.
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df) Der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Landau in der Pfalz kann auch nicht entgegengehalten werden, dass ihr die Art und die Dosierung der zukünftigen Behandlung mit atypischen Neuroleptika nicht zu entnehmen ist. Die konkrete Auswahl des zu verabreichenden Medikaments und dessen Dosierung ist zuerst eine medizinische Frage und daher von den behandelnden Ärzten in eigener Verantwortung zu entscheiden (vgl. KG NStZ-RR 2008, 92, 94; LG Heidelberg Beschluss vom 20. April 2004 - 7 StVK 79/04 -, juris Rn. 15). Ob im konkreten Einzelfall die behandelnden Ärzte ihre Entscheidung nach den derzeitigen Regeln der ärztlichen Kunst treffen werden und der Nutzen einer Behandlung nicht außer Verhältnis zu den damit verbundenen Risiken und Gefahren steht, ist nicht Gegenstand der gegenwärtigen vorbeugenden Unterlassungsklage. Diese betrifft allein die Vorfrage, ob an sich eine zwangsweise Behandlung des Verurteilten mit (geeigneten) atypischen Neuroleptika zulässig ist. Diese Vorfrage hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Landau in der Pfalz mit ihrer Entscheidung - wie ausgeführt - zutreffend beantwortet.
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3. Die von der Strafvollstreckungskammer verfügte vorläufige Beschränkung der Zwangsbehandlung auf einen Zeitraum von 6 Monaten ist nicht Gegenstand der Entscheidung des Senats (§ 119 Abs. 2 StVollzG).
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4. Gemäß § 121 Abs. 4 StVollzG, § 473 Abs. 1 S. 1 StPO hat der Beschwerdeführer auch die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf §§ 60, 52 GKG. Der von der Strafvollstreckungskammer angenommene Wert ist von keiner Seite in Zweifel gezogen worden und erscheint angemessen.
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Referenzen
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