Beschluss vom Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken (5. Zivilsenat) - 5 U 1/18


Tenor

1. Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass der Senat gemäß § 522 Abs. 2 ZPO beabsichtigt, ihre Berufung gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal vom 24.11.2017 durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

2. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme und gegebenenfalls Rücknahme der Berufung bis zum 12.06.2018.

Gründe

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Der Senat beabsichtigt, die Berufung zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 ZPO), der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).

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1. Die Klägerin, die ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt, begehrt eine Anpassung der Dimensionierung der Lüftungs- und Klimaanlage, die die Beklagte im Jahr 2004 in das Fitnessstudio der Klägerin eingebracht hat und seither für die Klägerin auf Grundlage eines Anschlussvertrages sowie eines Wärmelieferungsvertrages entgeltlich betreibt.

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Das Erstgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, etwaige Mängelrechte (§§ 631 Abs.1, 633, 634 Nr.1, 635 BGB oder §§ 631 Abs.1, 633, 634 Nr.4, 280 BGB) seien jedenfalls verjährt. Bei dem Vertragswerk der Parteien, das einem Energie-Contractingvertrag angenähert sei, handele es sich um einen Mischvertrag mit mehreren Ebenen, wobei kein typischer Schwerpunkt auszumachen sei. Die Verpflichtung zur Einbringung der Anlage durch die Beklagte habe werkvertraglichen Charakter, sodass es maßgeblich auf die Verjährungsvorschrift des § 634 a Abs.1 Nr.2 BGB ankomme. Die Verjährungsfrist habe jedenfalls mit der Inbetriebnahme begonnen, da hierin eine Abnahme zu erblicken sei. Auch soweit der Anschlussvertrag unter 2.4 die Verpflichtung zur „Instandhaltung, Wartung, energetische Optimierung und Entstörung“ vorsehe, folge daraus für die Klägerin kein Anspruch auf Abänderung der technischen Anlage in der gewünschten Dimensionierung.

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Hiergegen wendet sich die Klägerin, die vorbringt, bei einem Energie-Contractingvertrag liege die Anlagendimensionierung und die ordnungsgemäße Errichtung im Risiko des Energiedienstleisters. Ein derartiges Vertragswerk werde auch regelmäßig nicht als Werkvertrag, sondern als Kaufvertrag (über Strom, Gas oder Luftleistung) angesehen. Die gelieferte Luft müsse jedes Mal hinsichtlich Temperatur, Feuchtigkeit, Menge und Konsistenz von mittlerer Art und Güte sein. Sofern die Anlage - wie hier - zu klein ausgelegt sei, so sei der Dienstleister während der Laufzeit verpflichtet, ohne Anspruch auf zusätzliche Vergütung die Anlage zu erweitern.

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2. Zu Recht und mit auch gegenüber dem Berufungsvorbringen zutreffender Begründung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Was die Berufung hiergegen erinnert, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Mit dem Erstgericht ist davon auszugehen, dass der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch dem werkvertraglichen Haftungs- und Verjährungsregime unterliegt und im Ergebnis jedenfalls verjährt ist.

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Im Einzelnen:

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a. Zwar handelt es sich vorliegend nicht um einen klassischen Werkvertrag, der auf Planung und Einbau einer Lüftungsanlage durch den Unternehmer für den Besteller gerichtet ist. Vielmehr haben sich Parteien mit dem Anschlussvertrag vom 28.04.2004 (Bl. 6 ff d.A.) und dem Wärmelieferungsvertrag vom selben Tag (10 ff d.A.) für ein Vertragswerk entschieden, das gemeinhin unter dem Begriff „Contracting“ diskutiert wird, bzw. das dieser Vertragsart zumindest angenähert ist. Kennzeichnend hierfür ist, dass die Lüftungs- und Klimaanlage (neben der ebenfalls eingebrachten Heizungsanlage) von der Beklagten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung betrieben wird, wofür die Klägerin ein Entgelt zu entrichten hat. Mit dem Entgelt (Grundentgelt zzgl. Entgelt für Gasbezug zum Betrieb der Heizungsanlage) sind die verbrauchsabhängigen und verbrauchsunabhängigen Kosten (Investitions- und Finanzierungskosten, Amortisation, Reparaturen etc) abgegolten (vgl. Schlosser in: BeckOK, 45.Edition, § 556 c Rn.5). Seinem Wesen nach handelt es sich um einen typengemischten Vertrag, der einerseits Elemente des Kaufvertrages in Gestalt eines Sukzessivlieferungsvertrages, andererseits aber auch werk-, miet- und dienstvertragliche Elemente enthält. Liegt - wie hier - ein typengemischter Vertrag vor, ist in der Regel für jede Leistung bzw. Leistungsstörung die Vorschrift des entsprechenden Vertragstypes heranzuziehen. Enthält das Vertragswerk keine eigenständigen Regelungen, die ihren Voraussetzungen und Rechtsfolgen nach jeweils nur einem der darin enthaltenen Vertragstypen zuzuordnen sind, so bestimmt sich das anzuwendende Recht nach dem Sinn und Zweck der jeweiligen Regelungen und der Interessenlage. Dabei ist es grundsätzlich geboten, die jeweils sachnächsten Vorschriften anzuwenden, soweit sie nicht im Widerspruch zum Gesamtvertrag stehen (vgl. BGH NJW 2002, 1336, nach Juris Rn. 20).

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In Anwendung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, dass der hier geltend gemachte Anspruch auf Änderung der Dimensionierung der Anlage dem Regime des Werkvertragsrechtes (§§ 631 ff BGB) unterfällt. Während sich dem Vertragswerk eine ausdrückliche Regelung über den anwendbaren Vertragstyp nicht entnehmen lässt, gebietet die Interessenlage die Anwendung der werkvertraglichen Normen, §§ 631 ff BGB. Die Verpflichtung zur Planung und Errichtung einer Lüftungs- und Klimaanlage ist werkvertragstypisch, da insoweit ein konkreter Erfolg geschuldet wird. Demgegenüber spielt der Aspekt der Sukzessivlieferung für den Teilbereich der Heizungs- und Lüftungsanlage allenfalls eine untergeordnete Rolle. Die Argumentation der Klagepartei, hier sei im Wege eines Sukzessivlieferungsvertrages „Luft mittlerer Art und Güte“ geschuldet (Bl. 191 d.A.), überzeugt nicht. Nach dem Wärmelieferungsvertrag erfolgt die Vergütung der Lüftungsanlage nicht - auch nicht teilweise - (verbrauchsabhängig) je ausgetauschten Luftmenge. Vielmehr ist das Entgelt im „Grundpreis Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlage“ enthalten, wohingegen nur das (für den Betrieb der Heizungsanlage erforderliche) Gas zusätzlich verbrauchsabhängig vergütet wird. Darüber hinaus ist hervorzuheben, dass die Klägerin der Sache nach gerade nicht geltend macht, die durch die Anlage ins Gebäudeinnere strömende Luft sei mangelhaft. Vielmehr trägt sie vor, aufgrund einer fehlerhaften Dimensionierung erfolge zu wenig Luftaustausch. Der Anspruch auf Beseitigung dieses Planungsmangels richtet sich nach Werkvertragsrecht (so auch Barthel, Haftungsfalle für Contractoren - Die fehlerhafte Dimensionierung der Energieerzeugungsanlage, CuR 2005, 120ff - recherchiert nach Juris).

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Die Anwendung der werkvertraglichen Vorschriften steht auch nicht in einem Widerspruch zum Gesamtvertrag. Soweit die Klagepartei in diesem Zusammenhang anführt, bei Anwendbarkeit des Werkvertragsrechtes müsse die Klägerin die Möglichkeit haben, das Werk mangelfrei zu machen (Bl. 191 d.A.), so greift dieser Einwand nicht durch. Die Argumentation der Klagepartei lässt unberücksichtigt, dass das etwaige „mangelhafte Werk“ die planerische Leistung ist. Eine „wesensverändernde“ Einschränkung der werkvertraglichen Rechte lässt sich dem streitgegenständlichen Vertragswerk insoweit nicht entnehmen. Auch der Einwand, es sei eine Abnahme weder geschuldet noch vorgenommen worden, ist in dieser Allgemeinheit unbeachtlich. Schließlich regelt der Anschlussvertrag unter Ziff. 4 (Vertragsdauer):

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„Die Frist beginnt mit der endgültigen, mängelfreien Inbetriebnahme der Anlage“.

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Bei verständiger Würdigung (§§ 133, 157 BGB) handelt es sich hierbei um eine Regelung, die der Sache nach eine werkvertragliche Abnahme gem. § 640 BGB vorsieht. Bestimmt ist nämlich, dass das Werk von den Parteien als mangelfrei, mithin im Wesentlichen vertragsgerecht angesehen und durch Inbetriebnahme von der Klägerin gebilligt wird. Durch diese Regelung enthält der Vertrag auch eine gewisse Zäsur zwischen dem (werkvertragstypischen) Planungs- und Errichtungsstadium und dem fortlaufenden Betrieb, bei dem kauf-, miet- und gegebenenfalls dienstvertragliche Aspekte stärker in den Vordergrund treten.

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b. In der Konsequenz ist der auf „Höherdimensionierung“ gerichtete Anspruch der Klägerin nach § 634a Abs.1 Nr.2 BGB verjährt. Bezüglich der Ausführungen zum Beginn der Verjährungsfrist (Abnahme durch Inbetriebnahme, § 634a Abs.2 BGB) kann auf die Ausführungen des Erstgerichts verwiesen werden. Auch hat das Landgericht den unspezifischen Vortrag zu Mängelrügen richtigerweise als unsubstantiiert angesehen und eine Verjährungshemmung verneint. Dem Berufungsvorbringen sind insoweit keine erheblichen Einwände zu entnehmen.

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c. Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf Hack, Energiecontracting, 3. Auflage Rn. 15, darauf verweist, dass nach der dortigen Übersicht der Energiedienstleister „Risikoträger“ bezüglich der Frage der Anlagendimensionierung ist, so steht dies alledem nicht entgegen. Der Anspruch wird nicht dem Grunde nach verneint, sondern als verjährt angesehen.

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d. Auch soweit das Erstgericht einen Anspruch aus § 535 Abs.1 Satz 2 BGB in Verbindung mit Ziff.2.4 des Anschlussvertrages verneint hat, ist dem zuzustimmen. Die Verpflichtung der Beklagten zur „Wartung, energetischen Optimierung und Entstörung“ umfasst keine Änderung der Dimensionierung der Anlage. Der insoweit festgelegte Pflichtenkreis dient dazu, den effektiven Betrieb der geplanten und eingebauten Anlage sicherzustellen. Eine Änderung der Dimensionierung der (angeblich zu gering dimensionierten Anlage) würde aber letztlich auf den Austausch der gesamten Lüftungsanlage hinauslaufen, der vertraglich nicht vorgesehen ist.

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