Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 17 K 8650/13
Tenor
Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 22. Oktober 2013 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist die Tochtergesellschaft eines schwedischen Konzerns mit Sitz in der G. und I. I1. und betreibt bundesweit Einzelhandel mit Bekleidung.
3Mit Schreiben vom 21. März 2013 beantragte die Klägerin bei der Behörde für Stadtentwicklung und Umweltschutz der G. und I. I1. den Erlass eines Feststellungsbescheides bezüglich der freiwilligen Rücknahme von Bekleidung in ihren Verkaufsgeschäften.
4Auf den Antrag der Klägerin stellte die Freie und I. I1. durch Bescheid vom 25. März 2013 als für den Geschäftssitz der Klägerin zuständige Behörde gemäß § 26 Abs. 6 KrWG analog fest, dass die Klägerin freiwillig die Rücknahme von Bekleidung in Wahrnehmung ihrer Produktverantwortung nach § 23 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 5 KrWG durchführt (Ziffer 1), durch die Rücknahme die Kreislaufwirtschaft gefördert wird, weil die angenommenen Abfälle einer stofflichen Verwertung zugeführt werden (Ziffer 2) und die umweltverträgliche Verwertung durch die Unternehmen J. :D. AG und T. J1. AG sichergestellt wird (Ziffer 3).
5Auf Grundlage des Feststellungsbescheides vom 25. März 2013 nimmt die Klägerin seither im Rahmen der freiwilligen Aktion „I2. &N. D1. -Engagement“ in ihren Verkaufsgeschäften im gesamten Bundesgebiet getragene Alttextilien ihrer Kunden an und teilt als Gegenleistung einen Einkaufsgutschein aus, der beim nächsten Wareneinkauf eingelöst werden kann. Die zurückgenommenen Alttextilien überlässt die Klägerin ihrem Kooperationspartner, dem Unternehmen J. :D. AG (J. :D2. ), welches zur Unternehmensgruppe des Textilrecyclers T. gehört. Die Alttextilien werden in Sortieranlagen der T. -Gruppe sortiert und der Wiederverwendung bzw. anderweitigen stofflichen Verwertung zugeführt. Die freiwillige Rücknahme der gebrauchten Bekleidung bzw. Altkleidung umfasst auch Erzeugnisse und daraus entstandene Abfälle anderer Hersteller und Vertreiber. Die Rücknahmeaktion ist damit nicht auf Kleidungsstücke beschränkt, die die Kunden bei der Klägerin erworben haben.
6In einem Beschluss des Abfallrechtsausschusses der Bund-/Länder Arbeitsgemeinschaft Abfall (ARA) vom 18./19. Juni 2013 wurde von den anwesenden Vertretern der Landesministerien und des Bundesumweltministeriums mehrheitlich die Auffassung vertreten, dass sich die Produktverantwortung im Sinne des § 23 KrWG im Rahmen der freiwilligen Rücknahme gemäß § 26 KrWG nur auf Erzeugnisse beziehe, die von den jeweiligen Zurücknehmenden selbst hergestellt oder vertrieben werden.
7Vor dem Hintergrund des Beschlusses des Abfallrechtsausschusses der Bund-/Länder Arbeitsgemeinschaft Abfall (ARA) vom 18./19. Juni 2013 erließ die G1. und J. . I1. am 20. Dezember 2013 einen weiteren Bescheid, mit welchem der Bescheid vom 25. März 2013 zum Zwecke der Klarstellung der Reichweite bezüglich der Feststellung einer freiwilligen Rücknahme von Altkleidung neu gefasst wurde. In dem Bescheid vom 20. Dezember 2013 wird gemäß § 26 Abs. 6 KrWG analog festgestellt, dass die Klägerin freiwillig die Rücknahme von gebrauchter Bekleidung in Wahrnehmung ihrer Produktverantwortung nach § 23 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 5 KrWG durchführt (Ziffer 1), die Feststellung gemäß Ziffer 1 auch die freiwillige Rücknahme von Altkleidern aus privaten Haushaltungen anderer Hersteller und Vertreiber umfasst (Ziffer 2) und die Feststellung der freiwilligen Rücknahme gemäß Ziffern 1 und 2 sich ausschließlich auf die angezeigte Rücknahme der Altkleidung in Verkaufsstellen der Klägerin, die im Zusammenhang mit dem Verkaufsgeschäft durchgeführt wird, erstreckt; eine etwaige Ausweitung der Rücknahme und/oder Sammlung von Altkleidern an anderen Stellen, z.B. über Depotcontainer, sowie andere Arten der Sammlung von Abfällen aus privaten Haushalten sind von dieser Feststellung nicht erfasst (Ziffer 3). Weiter wurde festgestellt, dass durch die Rücknahme die Kreislaufwirtschaft gefördert wird, weil die angenommenen Abfälle einer ordnungsgemäßen und schadlosen stofflichen Verwertung zugeführt werden (Ziffer 4) und die umweltverträgliche Verwertung durch das von der Klägerin beauftragte Unternehmen J. :D. AG sichergestellt wird, das zur Unternehmensgruppe des Textilrecyclers T. gehört; ein Wechsel des Entsorgungspartners ist unverzüglich mitzuteilen (Ziffer 5). Ferner wurde angeordnet, dass die Klägerin gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 KrWG ein Register über die Menge der freiwillig zurückgenommenen Altkleider zu führen hat (Ziffer 6).
8Am 8. Mai 2013 stellten Mitarbeiter der Beklagten fest, dass in der Filiale der Klägerin auf der I3.---straße 114 in L. Kleidungsstücke, die nicht von der Klägerin hergestellt bzw. vertrieben worden sind, im Rahmen der freiwilligen Rücknahmeaktion zurückgenommen wurden.
9Daraufhin wurde der Klägerin durch Schreiben der Beklagten vom 13. Mai 2013 mitgeteilt, dass es sich bei der von ihr durchgeführten Rücknahmeaktion um eine gewerbliche Sammlung von Abfällen handele, die gemäß § 18 Abs. 1 KrWG anzeigepflichtig sei. Zugleich wurde die Klägerin aufgefordert, die durchgeführte Sammlung innerhalb von vier Wochen bei der Beklagten anzuzeigen.
10Die Klägerin entgegnete mit Schreiben vom 16. Mai 2013, dass es einer Sammlungsanzeige nicht bedürfe, weil ihr von der G. und J. . I1. am 25. März 2013 ein Feststellungsbescheid gemäß § 26 Abs. 6 KrWG erteilt worden sei, welcher gemäß § 26 Abs. 6 i.V.m. Abs. 4 KrWG für das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gelte.
11Mit Schreiben vom 4. Juni 2013 teilte die Beklagte mit, dass sich der Feststellungsbescheid lediglich auf ein Rücknahmesystem für Altkleidung beziehe, die von der Klägerin selbst hergestellt oder vertrieben wurde. Die gebrauchte Bekleidung anderer Hersteller bzw. Vertreiber dürfe von der Klägerin nicht angenommen werden. Soweit dennoch Alttextilien anderer Hersteller bzw. Vertreiber angenommen würden, handele es sich um eine anzeigepflichtige gewerbliche Sammlung im Sinne von § 18 Abs. 1 KrWG. Die Klägerin wurde erneut aufgefordert, eine gewerbliche Sammlung anzuzeigen. Sofern sie die durchgeführte Sammlung weiterhin nicht anzeige, sei beabsichtigt, die Sammlung mittels Ordnungsverfügung zu untersagen. Für diesen Fall sei das Schreiben der Beklagten als Anhörung im Sinne von § 28 VwVfG NRW zu verstehen.
12Die Klägerin nahm mit Schreiben vom 18. Juni 2013 und 16. August 2013 zur beabsichtigten Untersagung der durchgeführten Sammlung Stellung. Hierzu führte sie im Wesentlichen aus, der Bescheid der G. und J. . I1. vom 25. März 2013 erstrecke sich nicht nur auf die Rücknahme von ihr selbst hergestellter bzw. vertriebener Bekleidung, sondern erlaube auch die Rücknahme von Bekleidung anderer Hersteller und Vertreiber.
13Mit Ordnungsverfügung vom 22. Oktober 2013 untersagte die Beklagte der Klägerin die Sammlung von Bekleidung (AVV-Code: 20 01 10) aus privaten Haushaltungen im gesamten Stadtgebiet L. (Ziffer I. .). Für den Fall, dass die Klägerin der Anordnung unter Ziffer I. . der Ordnungsverfügung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkomme, drohte die Beklagte ihr ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 Euro für jeden Tag der Zuwiderhandlung an (Ziffer II.).
14Die Beklagte stützte die Ordnungsverfügung auf § 62 i.V.m. § 18 Abs. 1 KrWG. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Klägerin betreibe in ihrem Verkaufsgeschäft in L. eine nicht angezeigte gewerbliche Sammlung von Alttextilien. In der Filiale der Klägerin in L. seien am 8. Mai 2013 Alttextilien anderer Hersteller zurückgenommen worden. Der Feststellungsbescheid der G. und J. . I1. vom 25. März 2013 erlaube lediglich die Rücknahme von Alttextilien, welche die Klägerin selbst hergestellt oder vertrieben habe. Damit sei die Klägerin nicht berechtigt, Alttextilien anderer Hersteller bzw. Vertreiber zurückzunehmen. Soweit sie dennoch Alttextilien anderer Hersteller bzw. Vertreiber annehme, handele es sich um eine gewerbliche Sammlung, die gemäß § 18 Abs. 1 KrWG bei der Beklagten anzuzeigen sei. Dieser Anzeigepflicht sei die Klägerin nicht nachgekommen.
15Die Klägerin hat am 12. November 2013 Klage erhoben.
16Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, die Ordnungsverfügung der Beklagten sei rechtswidrig, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen der herangezogenen Ermächtigungsgrundlage nicht erfüllt seien. Bei der von ihr durchgeführten Rücknahme von Alttextilien handele es sich nicht um eine anzeigepflichtige gewerbliche Sammlung im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG, sondern um eine anzeigefreie, freiwillige Rücknahme in Wahrnehmung der Produktverantwortung im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG. Damit habe sie nicht gegen die Anzeigepflicht des § 18 Abs. 1 KrWG verstoßen. Eine freiwillige Rücknahme im Rahmen der Produktverantwortung liege sowohl hinsichtlich der von ihr selbst hergestellten oder vertriebenen Kleidungsstücke, als auch hinsichtlich der Rücknahme solcher Alttextilien vor, die nicht von ihr hergestellt oder vertrieben worden seien. Durch den Feststellungsbescheid der G. und J. . I1. vom 25. März 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20. Dezember 2013 werde für die Beklagte verbindlich festgestellt, dass auch die Rücknahme fremder Produkte den Anforderungen des § 26 Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 KrWG genüge. Demgemäß sei es der Beklagten versagt, die durchgeführte Rücknahme von Alttextilien als gewerbliche Sammlung zu behandeln. Unabhängig von der bundesweiten Bindungswirkung des Feststellungsbescheides handele es sich auch bei der Rücknahme nicht selbst hergestellter oder vertriebener Kleidungsstücke um eine freiwillige Rücknahme in Wahrnehmung der Produktverantwortung. Schließlich sei die Ordnungsverfügung auch ermessensfehlerhaft. Soweit die Ordnungsverfügung auch Alttextilien betreffe, die von ihr selbst hergestellt oder vertrieben wurden, sei sie unverhältnismäßig, weil insoweit auch nach Auffassung der Beklagten keine gewerbliche Sammlung gegeben sei. Daher wäre eine auf die Rücknahme fremder Produkte beschränkte Untersagung ausreichend gewesen. Darüber hinaus habe die Beklagte nicht erwogen, ihr zur Durchsetzung der vermeintlichen Anzeigepflicht mittels Ordnungsverfügung die Erstattung einer Anzeige gemäß § 18 Abs. 1 KrWG aufzugeben, anstatt unmittelbar eine Sammlungsuntersagung zu verfügen.
17Die Klägerin beantragt sinngemäß,
18die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 22. Oktober 2013 aufzuheben.
19Die Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, die Ordnungsverfügung sei rechtmäßig. Eine freiwillige Rücknahme von Abfällen im Rahmen der Produktverantwortung könne sich nur auf die Rücknahme selbst hergestellter oder vertriebener Erzeugnisse beziehen. Folglich sei der Klägerin die Rücknahme von Produkten anderer Hersteller und Vertreiber gesetzlich verboten. Da die Klägerin auch nicht von ihr hergestellte oder vertriebene Erzeugnisse zurücknehme, führe sie eine gewerbliche Sammlung von Abfällen durch und habe hierbei gegen die Anzeigepflicht des § 18 Abs. 1 KrWG verstoßen. Die Beklagte sei auch durch den Feststellungsbescheid der G. und J. . I1. vom 25. März 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20. Dezember 2013 nicht an der Untersagung der Sammlung gehindert. Soweit in diesem Bescheid festgestellt werde, dass auch die freiwillige Rücknahme von Altkleidern aus privaten Haushalten anderer Hersteller und Vertreiber erfasst werde, sei dies rechtswidrig und entfalte gegenüber der Beklagten keine Bindungswirkung. Die G1. und J. . I1. habe die Vorschrift des § 26 Abs. 6 KrWG analog angewandt. Bundesweite Bindungswirkung im Sinne einer für die Beklagte verbindlichen Feststellung komme derartigen Feststellungsbescheiden indes nur zu, wenn die Vorschrift des § 26 Abs. 6 KrWG unmittelbar angewandt werde. Die Ordnungsverfügung sei auch frei von Ermessensfehlern. Es sei der Beklagten nicht möglich gewesen, die Einhaltung der Anzeigepflicht gemäß § 18 Abs. 1 KrWG selbstständig mittels Verwaltungsakt anzuordnen. Ferner habe sie die verfügte Sammlungsuntersagung nicht auf die freiwillige Rücknahme solcher Abfälle beschränken können, die nicht von der Klägerin selbst hergestellt oder vertrieben wurden. Die von der Klägerin durchgeführte Rücknahme von Alttextilien sei so konzipiert, dass bei der Rücknahme eine Trennung eigener Produkte von fremden Produkten nicht möglich sei.
22Die Beteiligten haben sich durch Schriftsätze vom 21. April 2015 (Klägerin) und 22. April 2015 (Beklagte) mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe:
25Die Klage, über die der Berichterstatter als Einzelrichter und mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat Erfolg.
26A. Die zulässige Klage ist begründet.
27Die angefochtene Ordnungsverfügung der Beklagten vom 22. Oktober 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
28J. . Die Rechtmäßigkeit der ausgesprochenen Sammlungsuntersagung als Dauerverwaltungsakt ist auf der Grundlage des derzeit geltenden Rechts zu beurteilen,
29vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 32.
30Die Beklagte hat die verfügte Untersagung der Sammlung von Bekleidung aus privaten Haushaltungen in ihrem Stadtgebiet ausdrücklich auf § 62 i.V.m. § 18 Abs. 1 Alt. 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) gestützt.
31§ 62 KrWG kommt – sofern nicht bezogen auf angezeigte gewerbliche Sammlungen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG die spezielle Ermächtigungsgrundlage des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG einschlägig ist – grundsätzlich als Ermächtigungsgrundlage für Anordnungen zur Durchsetzung der Überlassungspflicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG in Betracht, etwa in Gestalt der Untersagung einer gegen die Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG verstoßenden Sammlung,
32vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 3044/11 –, juris Rn. 200; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 3043/11 –, juris Rn. 201.
33Auch wenn eine Sammlung dem Grunde nach als gewerbliche Sammlung im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu qualifizieren ist, kommt § 62 KrWG jedenfalls dann als Ermächtigungsgrundlage für die Untersagung der Sammlung in Betracht, wenn diese ohne vorherige Anzeige nach § 18 Abs. 1 und 2 KrWG durchgeführt wird,
34vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Januar 2014 – 20 B 331/13 –, juris Rn. 4.
35Die speziellere Ermächtigungsgrundlage des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG erlaubt nämlich nach ihrem Wortlaut nur die Untersagung einer angezeigten, nicht aber die Untersagung einer unter Verstoß gegen Rechtsvorschriften nicht angezeigten Sammlung,
36vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Januar 2014 – 10 S 2273/13 –, juris Rn. 8.
37Damit ist § 62 KrWG hier grundsätzlich die einschlägige Ermächtigungsgrundlage. Insoweit kann offenbleiben, ob es sich bei der streitgegenständlichen Rücknahmeaktion um eine gewerbliche Sammlung im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG handelt und insoweit eine Anzeigepflicht nach § 18 Abs. 1 und 2 KrWG besteht. Denn selbst wenn die im Verkaufsgeschäft in L. durchgeführte Rücknahmeaktion als gewerbliche Sammlung qualifiziert würde, wäre sie jedenfalls nicht vor Aufnahme bei der Beklagten angezeigt worden, womit eine Untersagung auf Grundlage von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nicht in Betracht käme.
38II. Die Ordnungsverfügung ist formell rechtmäßig.
391. Von der Zuständigkeit der Beklagten – einer kreisfreien Stadt – als unterer Umweltschutzbehörde, § 38 Landesabfallgesetz NRW (LAbfG) i.V.m. § 1 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU), ist auszugehen.
40Zwar kann vor dem Hintergrund verfassungsrechtlich gebotener Distanz und Unabhängigkeit des Staates die darin geregelte Zuständigkeit der Kreise und kreisfreien Städte problematisch sein, da diese als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach § 5 Abs. 1 LAbfG selbst Abfall sammeln (nur kreisfreie Städte, bei Kreisen ist die Sammlung und Beförderung hingegen grundsätzlich den kreisangehörigen Gemeinden übertragen, § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG) oder zumindest für dessen Verwertung verantwortlich sind (§ 5 Abs. 2 LAbfG) und ggf. zugleich am Anzeigeverfahren betreffend gewerbliche/gemeinnützige Abfallsammlungen beteiligt werden, § 18 Abs. 4 Satz 1 KrWG.
41Ein derartiges „Neutralitätsgebot“ des Staates folgt zumindest aus dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG), und zwar als Teil des Gebotes eines fairen Verfahrens,
42vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, juris Rn. 24.
43Insoweit mag eine vollständige Trennung der Zuständigkeiten (untere Umweltschutzbehörde und öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger) wünschenswert sein, sie bildet aber keine notwendige Voraussetzung für die gebotene Distanz und Unabhängigkeit. Eine Behörde mit Doppelzuständigkeit hat als Teil der öffentlichen Verwaltung in beiden ihr übertragenen Funktionen dem Gemeinwohl zu dienen, ist an Recht und Gesetz gebunden und untersteht exekutiver Aufsicht. Angesichts dessen ist eine neutrale Aufgabenwahrnehmung durch sie jedenfalls dann in einer rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Weise gesichert, wenn behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt ist,
44vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, juris Rn. 24; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Januar 2014 – 20 B 669/13 –, n.v.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 – 17 L 2471/14 –, juris Rn. 22; VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Oktober 2014 ‑ 17 K 2897/13 ‑, juris Rn. 34 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2014 – 17 K 8550/12 –, juris Rn. 58 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 21. März 2013 – 17 L 260/13 –, juris Rn. 17.
45Dabei ist von einer solchen Trennung dann auszugehen, wenn behördenintern unterschiedliche Einheiten und Sachbearbeiter für die Erfüllung der Aufgaben als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger einerseits bzw. untere Umweltschutzbehörde andererseits zuständig sind und zumindest die unmittelbaren Vorgesetzten der Sachbearbeiter nicht personenidentisch sind. Es ist gerichtsbekannt, dass dies bei der Beklagten der Fall ist,
46vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 27. März 2015 – 17 K 529/14 –; VG Düsseldorf, Urteil vom 6. März 2015 – 17 K 8213/13 –; VG Düsseldorf, Urteil vom 5. März 2015 – 17 K 6920/14 –; VG Düsseldorf, Beschluss vom 4. März 2015 – 17 L 2733/14 –; VG Düsseldorf, Urteil vom 24. Februar 2015 – 17 K 4877/13 –; VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 ‑ 17 L 2471/14 –, juris Rn. 24; VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Oktober 2014 – 17 K 2897/13 –, juris Rn. 34 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 19. April 2013 – 17 L 440/13 –, juris Rn. 10 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 21. März 2013 – 17 L 260/13 –, juris Rn. 13 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Mai 2013 – 17 L 585/13 –, juris Rn. 9 ff.
472. Die Klägerin ist mit Schreiben vom 4. Juni 2013 auch ordnungsgemäß im Sinne von § 28 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) angehört worden.
48III. Die Ordnungsverfügung ist jedoch materiell rechtswidrig.
49Die Voraussetzungen des § 62 i.V.m. § 18 Abs. 1 Alt. 2 KrWG sind nicht gegeben.
501. Gemäß § 62 KrWG kann die zuständige Behörde im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen treffen. Nach § 18 Abs. 1 Alt. 2 KrWG sind gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde anzuzeigen.
51Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die vollständige Untersagung der von der Klägerin in ihrem Verkaufsgeschäft in L. durchgeführten freiwilligen Rücknahmeaktion für Alttextilien ist zur Durchsetzung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes nicht erforderlich. Die Klägerin hat zu keinem Zeitpunkt gegen die Anzeigepflicht gemäß § 18 Abs. 1 Alt. 2 KrWG i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG verstoßen, denn zu ihren Gunsten greift die spezielle Ausnahme von der Überlassungspflicht gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG, für die in § 18 Abs. 1 KrWG keine Anzeigepflicht vorgesehen ist. § 18 Abs. 1 KrWG normiert eine Anzeigepflicht ausschließlich für gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KrWG und für gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG, nicht jedoch für die – hier gegebene – freiwillige Rücknahme von Abfällen in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 KrWG im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG.
52Der Klägerin wurde von der zuständigen Behörde der G. und J. . I1. durch Bescheid vom 25. März 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20. Dezember 2013 ein Feststellungsbescheid gemäß § 26 Abs. 6 KrWG erteilt, wonach sie freiwillig die Rücknahme von gebrauchter Bekleidung in Wahrnehmung ihrer Produktverantwortung durchführt. Damit greift zu ihren Gunsten die spezielle Ausnahme von der Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG. Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG besteht die in § 17 Abs. 1 KrWG normierte Überlassungspflicht nicht für Abfälle, die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 KrWG freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Freistellungs- oder Feststellungsbescheid nach § 26 Abs. 3 oder Abs. 6 KrWG erteilt worden ist. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Vorliegend wurde seitens der zuständigen Behörde der G. und J. . I1. durch Feststellungsbescheid vom 25. März 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20. Dezember 2013 gemäß § 26 Abs. 6 KrWG unter anderem ausdrücklich festgestellt, dass die Klägerin freiwillig die Rücknahme von gebrauchter Bekleidung in Wahrnehmung ihrer Produktverantwortung nach § 23 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 5 KrWG durchführt (Ziffer 1 des Feststellungsbescheides), die Feststellung gemäß Ziffer 1 auch die freiwillige Rücknahme von Altkleidung aus privaten Haushaltungen anderer Hersteller und Vertreiber umfasst (Ziffer 2 des Feststellungsbescheides) und die Feststellung der freiwilligen Rücknahme gemäß Ziffern 1 und 2 sich ausschließlich auf die angezeigte Rücknahme der Altkleidung in den Verkaufsstellen der Klägerin, die im Zusammenhang mit dem Verkaufsgeschäft durchgeführt werden, erstreckt (Ziffer 3 des Feststellungsbescheides).
53Sind demnach bezüglich der Rücknahmeaktion der Klägerin die tatbestandlichen Voraussetzungen der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG normierten privilegierten Ausnahme von der Überlassungspflicht erfüllt, findet die Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG keine Anwendung mehr. Denn soweit die Vorschrift des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG einschlägig ist, wird die eine Anzeigepflicht nach § 18 Abs. 1 Alt. 2 KrWG auslösende Vorschrift des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG von der spezielleren Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG verdrängt,
54vgl. BT-Drs. 17/6052, S. 91; Schomerus, in: Versteyl/Mann/Schomerus, Kreislaufwirtschaftsgesetz, 3. Auflage 2012, § 17 Rn. 38; Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, Kreislaufwirtschaftsgesetz, 2014, § 17 Rn. 130.
55Auch wenn die Rücknahmeaktion der Klägerin zugleich die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG erfüllen mag – was vorliegend keiner Entscheidung bedarf –, besteht keine Anzeigepflicht nach § 18 Abs. 1 Alt. 2 KrWG, weil das Regelungsregime der § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, § 18 Abs. 1 und 2 KrWG durch die vorrangige lex specialis des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG gesperrt ist. Der sachliche Anwendungsbereich des § 18 Abs. 1 Alt. 2 KrWG ist damit für die Rücknahmeaktion der Klägerin von vornherein nicht eröffnet.
56Die im Feststellungsbescheid der G. und J. . I1. vom 25. März 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20. Dezember 2013 enthaltenen Feststellungen entfalten gemäß der durch § 26 Abs. 6 Satz 2 KrWG i.V.m. § 26 Abs. 4 KrWG gesetzlich angeordneten Fiktion bundesweite Wirkung und gelten damit auch für die von der Klägerin in ihrer Filiale im Stadtgebiet L. durchgeführte Rücknahmeaktion. Eine beschränkte Geltung im Sinne von § 26 Abs. 4 Satz 1 KrWG wurde weder beantragt noch angeordnet. Die demnach für das gesamte Bundesgebiet geltende Feststellungswirkung umfasst neben der freiwilligen Rücknahme von Alttextilien, welche die Klägerin selbst hergestellt bzw. vertrieben hat, ausdrücklich auch die freiwillige Rücknahme von Altkleidung anderer Hersteller und Vertreiber (Ziffer 2 des Feststellungsbescheides). An diese kraft Gesetzes bundesweit geltenden Feststellungen ist auch die Beklagte gebunden.
57Die Beklagte vermag auch nicht mit dem sinngemäßen Einwand durchzudringen, der Feststellungsbescheid vom 25. März 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20. Dezember 2013 sei insoweit rechtswidrig, als er der Klägerin neben der Rücknahme selbst hergestellter oder vertriebener Alttextilien auch die Rücknahme von Alttextilien anderer Hersteller und Vertreiber gestatte (Ziffer 2 des Feststellungsbescheides), weshalb er von der Beklagten insoweit nicht beachtet werden müsse. Die Ausnahme von der Überlassungspflicht gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG greift nämlich bereits dann ein, wenn – wie hier – ein wirksamer Feststellungsbescheid der zuständigen Behörde gemäß § 26 Abs. 6 KrWG erteilt worden ist. Das Entfallen der Überlassungspflicht gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG hängt hingegen weder davon ab, ob der erteilte Feststellungsbescheid rechtmäßig ist,
58vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 118; Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, Kreislaufwirtschaftsgesetz, 2014, § 17 Rn. 131,
59noch davon, ob dieser bestandskräftig geworden ist. Entscheidend ist allein die Existenz eines wirksamen Feststellungsbescheides. Auf die Rechtmäßigkeit bzw. eine etwaige Rechtswidrigkeit des Bescheides kommt es nicht an. Unerheblich ist folglich auch, ob die ausstellende Behörde die Vorschrift des § 26 Abs. 6 KrWG in direkter oder analoger Anwendung herangezogen hat. Damit entfaltet der Bescheid vom 25. März 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20. Dezember 2013 mit sämtlichen darin getroffenen Feststellungen – insbesondere zur Rücknahme von Altkleidern anderer Hersteller und Vertreiber (Ziffer 2 des Feststellungsbescheides) – so lange seine für das gesamte Bundesgebiet – und damit auch für das Stadtgebiet L. – geltende, privilegierende Wirkung, wie er nicht von der zuständigen Behörde der G. und J. . I1. aufgehoben wird. Denn nach allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen bleibt ein (feststellender) Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (vgl. § 43 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG –). Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit des Feststellungsbescheides und eine daraus ggf. resultierende Unwirksamkeit (vgl. § 43 Abs. 3 VwVfG) sind weder vorgetragen noch ansatzweise ersichtlich.
60Soweit die Beklagte meint, der Feststellungsbescheid der G. und J. . I1. vom 25. März 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20. Dezember 2013 sei rechtswidrig, ist sie gehalten, die gegen diesen Bescheid eröffneten Rechtsbehelfe zu ergreifen und – wie bereits geschehen – Widerspruch einzulegen bzw. Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht zu erheben. Für das hiesige Verfahren ist die Frage der Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheides jedoch nicht entscheidungserheblich.
612. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen, und ohne dass es darauf noch entscheidungserheblich ankommt weist das Gericht ergänzend darauf hin, dass die streitgegenständliche Ordnungsverfügung selbst bei unterstelltem Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig wäre, weil die Beklagte das ihr zustehende Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat.
62a. Die Ordnungsverfügung leidet bereits insoweit an einem Ermessensfehler, als die Rücknahmeaktion der Klägerin im Stadtgebiet L. vollständig und nicht nur teilweise untersagt worden ist. Denn obwohl die Beklagte ausweislich der Begründung der Ordnungsverfügung davon ausgeht, dass der Feststellungsbescheid der G. und J. . I1. die Klägerin im Stadtgebiet L. jedenfalls zur Rücknahme selbst hergestellter bzw. vertriebener Alttextilien berechtigt, hat sie die Rücknahmeaktion dennoch vollständig untersagt, anstatt die Untersagung – entsprechend der von ihr selbst ausdrücklich vertretenen Rechtsauffassung – lediglich auf die Rücknahme von Alttextilien anderer Hersteller oder Vertreiber zu beschränken. Damit ignoriert die verfügte Untersagung ersichtlich die, bezogen auf selbst hergestellte und vertriebene Erzeugnisse auch von der Beklagten ausdrücklich anerkannte, bundesweite Wirkung des Feststellungsbescheides und ist in sich widersprüchlich. Diesen Widerspruch vermochte die Beklagte auch durch ihr nachgeschobenes Vorbringen im gerichtlichen Verfahren nicht aufzulösen. Denn ihr diesbezüglicher Vortrag, eine Trennung der verschiedenen Altkleiderfraktionen sei tatsächlich unmöglich, ist nicht nachvollziehbar. Im Rahmen der von der Klägerin durchgeführten Rücknahmeaktion werden die Alttextilien in verschlossenen Plastiktüten in der jeweiligen Filiale abgegeben. Weshalb es nicht möglich sein soll, diese Plastiktüten zu öffnen und nur solche Alttextilien zurückzunehmen, die erkennbar von der Klägerin hergestellt bzw. vertrieben wurden, erschließt sich dem Gericht nicht und wurde auch von der Beklagten nicht schlüssig dargelegt.
63b. Unabhängig von der ermessensfehlerhaften vollständigen Untersagung der von der Beklagten als gewerbliche Sammlung qualifizierten Rücknahmeaktion ist ergänzend zu bemerken, dass es auch mit Blick auf die Verhältnismäßigkeit der verfügten Sammlungsuntersagung an einer in jeder Hinsicht zutreffenden Ermessensentscheidung fehlen dürfte. Denn selbst wenn zu Gunsten der Beklagten unterstellt wird, bei der von der Klägerin durchgeführten Rücknahmeaktion für Alttextilien handele es sich trotz des existierenden Feststellungsbescheides um eine anzeigepflichtige gewerbliche Sammlung, dürfte sich die Sammlungsuntersagung als unverhältnismäßig erweisen. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,
64vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 476/13 –, juris Rn. 19 ff.,
65dürfte es nämlich in Fällen, in denen eine gewerbliche Sammlung im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG ohne vorhergehende Anzeige gemäß § 18 Abs. 1 und 2 KrWG durchgeführt wird, in der Regel unverhältnismäßig sein, unmittelbar eine auf § 62 i.V.m. § 18 Abs. 1 KrWG gestützte Sammlungsuntersagung auszusprechen. Vielmehr dürfte als milderes Mittel zunächst einmal der Erlass einer auf § 62 KrWG gestützten Ordnungsverfügung in Betracht kommen, mit der dem Sammler die Erstattung einer Anzeige aufgegeben wird, zumal über die Androhung von Zwangsmitteln, insbesondere Zwangsgeld, der gegebenenfalls erforderliche Druck erzeugt werden kann, der Ordnungsverfügung nachzukommen und die durchgeführte Sammlung anzuzeigen.
663. Die Rechtswidrigkeit der auf §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60 und 63 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) beruhenden Zwangsgeldandrohung folgt aus der materiell rechtswidrigen Grundverfügung.
67B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
68Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
69Die Berufung war nicht nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO vorliegt.
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