Urteil vom Verwaltungsgericht Köln - 7 K 7598/18
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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T a t b e s t a n d
2Die Klägerin ist am 00.00.1972 in Pawlodar (Kasachstan) geboren. Ihre Eltern sind der am 00.00.1943 geborene Herr H. L. und Frau M. L. , geb. 00.00.1945. Mit Datum vom 20.02.1995 beantragte die Klägerin beim Bundesverwaltungsamt (BVA) gemeinsam mit den Eltern erstmals die Aufnahme nach dem Bundesvertriebenengesetz (BVFG). Sie sei deutsche Volkszugehörige mit deutschem Nationalitätseintrag im Inlandspass. Im Elternhaus habe sie Deutsch wie Russisch gesprochen. Ab dem elften Lebensjahr habe sie von Eltern und Großeltern Deutsch erlernt. Außerdem habe sie schulischen Deutschunterricht gehabt. Die Klägerin unterzog sich am 23.09.1997 in Pawlodar einem Sprachtest. Hierbei verneinte sie die Sprachvermittlung innerhalb der Familie. Nach der Bewertung des Sprachtesters war eine Verständigung mit der Klägerin in deutscher Sprache kaum möglich.
3Die Aufnahmeanträge der Eltern lehnte das BVA mit Bescheid vom 19.09.2000 wegen nicht ausreichender deutscher Sprachkenntnisse ab. Den Aufnahmeantrag der Klägerin lehnte das BVA mit weiterem Bescheid vom 19.09.2000, in dem auch der am 00.00.1998 geborene Sohn C. aufgeführt war ab. Die Klägerin erfülle elterlicherseits nicht die Voraussetzung deutscher Abstammung. Den Widerspruch der Klägerin wies die Behörde mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2001 als unbegründet zurück. Die erhobene Klage nahm die Klägerin beim Verwaltungsgericht Minden am 05.05.2003 zurück.
4Mit Antrag vom 05.11.2017 beantragte die Klägerin beim BVA die Aufnahme erneut und gab ihren Sohn als einzubeziehenden Abkömmling an. Sie wiederholte im Wesentlichen die Angaben zum Spracherwerb aus dem Erstantrag und gab an, auf Deutsch fast alles zu verstehen. Ihre Sprachkenntnisse reichten für ein einfaches Gespräch aus. Über ein Sprachzertifikat B 1 verfüge sie nicht. Ihre Eltern seien 2004 bzw. 2007 verstorben.
5Mit Bescheid vom 24.05.2018 wertete das BVA dies als Antrag auf Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens und lehnte den so verstandenen Antrag ab. Die Behörde verwies darauf, dass sich durch das 10. BVFG-Änderungsgesetz die Rechtslage nicht zugunsten der Klägerin geändert habe, weil das Tatbestandsmerkmal der Abstammung von deutschen Volkszugehörigen von der Gesetzesänderung unberührt geblieben sei. Auch ein Wiederaufgreifen im Ermessenswege nach § 51 Abs. 5 VwVfG komme nicht in Betracht. Den hiergegen gerichteten Widerspruch begründete die Klägerin nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2018 wies das BVA ihn als unbegründet zurück. Die Zustellung des Widerspruchsbescheides erfolgte ausweislich des Empfangsbekenntnisses des bevollmächtigten Rechtsanwaltes am 10.10.2018. Mit Schreiben vom 18.10.2018 an das BVA verwies die Klägerin auf die ihrer Auffassung nach bestehende deutsche Abstammung. Infolge falscher Adressierung (I. -C1. -Alle 00, 00000 Hannover) erreichte das Schreiben die Behörde (Außenstelle Osnabrück) erst am 01.11.2018. Mit Schreiben vom 05.11.2018 wies das BVA den seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf die Zustellung am 10.10.2018 und die laufende Klagefrist hin.
6Die Klägerin hat am 13.11.2018 mittels einer Vertreterin in Deutschland (Unterzeichnung „i.A.“) Klage erhoben und das Vorbringen aus dem Schreiben vom 18.10.2018 wiederholt.
7Zum Termin zur mündlichen Verhandlung ist für die Klägerin niemand erschienen.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Klagefrist sei mit dem 12.11.2018 (Montag) abgelaufen. Die am 13.11.2018 eingegangene Klage wahre deshalb die Frist nicht.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des BVA (2 Bände) Bezug genommen.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
13Die Entscheidung ergeht, obwohl für die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist. Die Klägerin ist in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Folge hingewiesen worden, § 102 Abs. 2 VwGO.
14Die Klage ist wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig.
15Gemäß § 74 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO ist die Verpflichtungsklage innerhalb eines Monats nach Zustellung des mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen (§§ 58 Abs. 1, 73 Abs. 3 Satz 1 VwGO) Widerspruchsbescheides zu erheben. Ein Zustellungsnachweis liegt in Gestalt des anwaltlichen Empfangsbekenntnisses des seinerzeitigen Verfahrensbevollmächtigten vom 10.10.2018 vor. Die Klagefrist endete folglich mit Montag, dem 12.11.2018 (§ 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO, §§ 187 Abs.1, 188 Abs. 2 BGB). Die erst am Folgetag bei Gericht eingegangene Klageschrift vom 08.11.2018 vermochte die Frist deshalb nicht zu wahren.
16Es lief auch nicht ausnahmsweise eine einjährige Klagefrist nach § 58 Abs. 2 VwGO. Denn diese findet nur Anwendung, wenn die erforderliche Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder unrichtig erteilt ist. Hierfür finden sich jedoch keine Anhaltspunkte.
17Der Klägerin ist auch nicht von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 4 VwGO zu gewähren. Es ist nicht ansatzweise etwas dafür erkennbar, dass die Fristversäumung unverschuldet war. Ein Verschulden ihres Verfahrensbevollmächtigten wäre ihr zurechenbar. Auf den Einwand der Fristversäumnis der Beklagten im Schriftsatz vom 20.12.2018 hat die Klägerin ebenso wenig reagiert wie auf die gerichtliche Anfrage vom 09.01.2019.
18Die Klage wäre überdies auch unbegründet gewesen. Auf die zutreffende Begründung der Bescheide des BVA wird Bezug genommen.
19Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
20Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO
21Rechtsmittelbelehrung
22Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
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1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
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2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
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3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
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4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
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5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich zu beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
30Statt in Schriftform kann die Einlegung des Antrags auf Zulassung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
31Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
32Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
33Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
34Beschluss
35Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
365.000,00 Euro
37festgesetzt.
38Gründe
39Der festgesetzte Streitwert entspricht dem gesetzlichen Auffangstreitwert (§ 52 Abs. 2 GKG).
40Rechtsmittelbelehrung
41Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Beschwerde bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln eingelegt werden.
42Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
43Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
44Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
45Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
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Referenzen
- VwGO § 58 2x
- VwGO § 73 1x
- BGB § 187 Fristbeginn 1x
- BGB § 188 Fristende 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- VwGO § 167 1x
- VwGO § 55a 1x
- VwVfG § 51 Wiederaufgreifen des Verfahrens 1x
- VwGO § 102 1x
- VwGO § 74 1x
- VwGO § 57 1x
- ZPO § 222 Fristberechnung 1x
- VwGO § 60 1x
- VwGO § 154 1x
- § 52 Abs. 2 GKG 1x (nicht zugeordnet)