Urteil vom Verwaltungsgericht Köln - 7 K 289/20
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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Tatbestand
2Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf der Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung „Krankenschwester“. Die Klägerin ist am 00.00.1964 geboren und erhielt mit Wirkung vom 15.03.1985 die Erlaubnis, Krankenpflege unter der Berufsbezeichnung Krankenschwester auszuüben. Sie arbeitete seit 1989 als Krankenschwester im Klinikum M. GmbH. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 31.12.2019 gekündigt, bereits vier Jahre zuvor hatte der Arbeitgeber sie freigestellt. Seit 2011 kam es zu verschiedenen Vorfällen im Klinikalltag, in welchem die Klägerin ihre religiösen Ansichten sowie den ihr drohenden, baldigen Tod gegenüber ihren Kollegen äußerte. Sie erzählte Kolleginnen von einem drehenden Telefon, welches vom Teufel beeinflusst werde und von Plüschkatzen auf ihrem Bett, in welchen sich der Teufel verstecke.
3In einem Gespräch mit einer Mitarbeiterin des Klinikums am 22.12.2011 teilte die Klägerin mit, sie und ihre Kinder würden ermordet werden.
4Am 16.10.2013 richtete die Klägerin ein Schreiben an ihren Vorgesetzen zu den Abläufen auf der Intensivstation, das sich stark an Bibelversen orientierte. Sie habe Christus gefragt, ob sie den Brief schreiben dürfe und er habe ihr am Morgen geantwortet. Es gebe eine ernste Warnung an ihn.
5In einem Schreiben vom 24.03.2015 erklärte sie gegenüber ihrem Vorgesetzten unter anderem, sein Herr sei der Teufel, der Messias sei jede Sekunde auf der Station und bewahre jeden und würde er seine Hand auch nur 3 Minuten von ihm (dem Vorgesetzen) lassen, wäre er tot. Sie habe Christus um einen Bibelvers für ihn gebeten, aber er habe kein einziges Wort für ihn übrig.
6In einer Stellungnahme vom 31.03.2015 erklärte der Pflegebereichsleiter Herr E. : Frau M1. zeige keine fachlichen Mängel oder unverantwortliches Handeln gegenüber den Patienten. Mitarbeiter beschwerten sich über ihre religiöse Lebensweise, die sie nach außen trage. Gott sage ihr, was sie tun soll. Sie spreche seit drei Jahren davon, dass sie dieses Jahr gewaltsam sterbe werde, was Gott ihr prophezeit habe. Er fühle sich mittlerweile persönlich von Frau M1. verbal bedroht.
7Aufgrund dieses Schreibens fand am 13.04.2015 ein Gespräch zwischen der Klägerin und der Klinikleitung statt. In diesem Gespräch äußerte die Klägerin unter anderem, sie habe alle Urlaubstage auf das Ende des Jahres gelegt, da sie am Ende des Jahres durch ein Gemeindemitglied ihrer ehemaligen Gemeinde umgebracht werde. Sie wolle keinen Nachruf. Sie habe gebetet, dass Christus ihr die richtige Antwort auf das Schreiben gebe und habe dem Gebet folgend das Schreiben gefertigt. Der Messias weiche von keinem, auch nicht von denen hier im Raum.
8Nach diesem Gespräch wurde die Klägerin vom Dienst freigestellt.
9Am 08.05.2015 fand ein weiteres Gespräch mit der Klinikleitung statt, in welchem die Klägerin ihren gewaltsamen Tod vorhersagte.
10Am 29.05.2015 fand eine amtsärztliche Untersuchung durch M2. statt, der angab, sie zeige sich trotz der anstehenden Probleme euphorisch. In Kooperation mit anderen Pflegekräften könne sie ihrer Tätigkeit aber grundsätzlich nachkommen.
11In einem weiteren Gespräch mit der Klägerin und der Klinikleitung am 28.06.2016 teilte die Klägerin mit, die anwesenden Personen würden im Laufe des Jahres 2016 von Christus/ Messias gerichtet und zu sich geholt würden. Christus habe ihr bestätigt, dass Personen, die ihr Unrecht täten, im Laufe des Jahres gerichtet würden.
12Am 12.07.2016 fand ein Gespräch zwischen der Klägerin und dem Diplom-Psychologen Herrn C. statt. Dieser teilte als Ergebnis mit, die Klägerin richte ihr Leben nach dem aus, was der Messias ihr sage oder auftrage. Daher sei nicht auszuschließen, dass sie die Sicherheit der Patienten gefährde. Der Messias habe ihr auch Informationen über Todeszeitpunkt, Ort und Art des Todes von Menschen im Kontext ihrer beruflichen Tätigkeit gegeben. Diese Informationen habe sie auch an die Betroffenen weitergegeben.
13Am 10.02.2017 fand ein Gespräch zwischen der Klägerin und der Klinikleitung statt. In diesem wurde der Klägerin mitgeteilt, sie werde eine Aufgabe ohne Patientenkontakt erhalten. Sie solle sich in der LVR-Klinik in M3. einer weiteren Begutachtung unterziehen. Die Klägerin erklärte unter anderem, Maßstab für ihr Handeln sei die Bibel und erklärte gegenüber einem Anwesenden, Christus sage, er werde Unruhe zu Hause kriegen.
14Vom 17.03.2017 bis zum 27.03.2017 war die Klägerin stationär in der LVR-Klinik M3. . Ihr wurde die Diagnose schizoaffektive Störung, gegenwärtig manisch, wahnhafte Störung, gestellt. Es bestünden Wahrnehmungsstörungen, sie erhalte Eingebungen durch den Messias. Der Gedankengang sei teilweise sprunghaft, teilweise zerfahren gewesen. Es wurde ein ausgeprägter systematischer Wahn mit religiösen Inhalten und Verdacht auf akustische Halluzinationen im Sinne von dialogisierenden Stimmen festgestellt. Die Klägerin habe geäußert, ihr sei bewusst, dass sie 2017 umgebracht werde. Sie stehe mit Christus in Kontakt und merke, wie ein Gefühl in ihr aufkomme, wenn sie entsprechende Absätze in der Bibel lese. Sie erhalte von Gott Tages- und Wochenaufträge.
15Am 05.02.2018 fand ein weiteres Gespräch mit der Klinikleitung unter Beteiligung der Klägerin statt. In diesem Gespräch teilte die Klägerin mit, dass sie auf einen Anruf des Auswärtigen Amtes warte und sich dann zuerst der Flüchtlingsbetreuung widmen müsse, da Christus ihr diese Aufgabe übertragen habe. Sie töte nicht und man habe sie missverstanden. Sie wisse, dass Herr P. vor ihr sterbe, Christus habe ihr gesagt, dass die, die gegen sie angingen, sterben würden.
16In einem Gespräch mit einer Mitarbeiterin des Medizinischen Dienstes M. erklärte die Klägerin, Gott kommuniziere mit ihr durch Bibelverse. Alle, die ihre Meinung nicht teilten, seien vom Teufel geleitet.
17Eine amtsärztliche Untersuchung fand am 06.06.2018 statt. Da die Klägerin nicht mitwirkte, erfolgte am 30.10.2018 eine zweite amtsärztliche Begutachtung. Der Amtsarzt empfahl die Einholung eines fachpsychiatrischen Zusatzgutachtens.
18Am 06.12.2018 fand ein weiteres Gespräch zwischen dem Klinikum M. und der Klägerin statt. In diesem Gespräch zitierte sie Bibelverse und erklärte, Christus richte darüber, wenn man sie so behandle. Diese Worte kämen nicht von ihr selbst, sondern von Christus. Christus werde an Herr P. arbeiten, bis er sich beugen werde.
19Daraufhin wurde ein fachpsychiatrisches Zusatzgutachten vom 30.03.2019 durch das Gesundheitsamt M. eingeholt zur Frage, ob die Klägerin die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit in Zukunft erbringen könne. Der Gutachter Q. B. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in der LVR Klinik M3. , führte aus: In dem Gespräch habe die Klägerin mitgeteilt, Christus habe ihr vieles mitgeteilt, sodass sie prophezeien könne. Sie spüre, während sie lese, dass Christus etwas mitteilen wolle. Die Stimme Christus höre sie nicht, nur im Traum habe sie ihn öfters gehört. Sein Bild sei auch schon mal auf ihrem Computer erschienen. Sie werde niemanden schaden, Christus lege ihr die Worte in den Mund, sie sei nicht dabei, wenn dies geschehe. Es sei nicht von ihr abhängig, ob etwas geschehe. Der Gutachter erklärte, sie leide an einer schizoaffektiven Psychose. Das inhaltliche Denken sei durchsetzt von religiösen Inhalten, die wahnhafte Qualität hätten. Wahrnehmungsstörungen im Sinne von Stimmenhören könnten nicht ausgeschlossen werden. Der Grundaffekt mute parathym an. Sie sei nicht krankheitseinsichtig und behandlungswillig. Das Abstraktionsvermögen der Betroffenen sei durch die Psychose deutlich beeinträchtigt. Da sie erklärt habe, dass Gott durch sie spreche und den Lauf der Dinge bestimme, bestehe die Befürchtung, dass sie ohne eigene Intention Schaden anrichte. Es bleibe nach der ausführlichen Dokumentation und dem Gespräch unklar, inwiefern sie ihren Willen, anderen keinen Schaden zuzufügen, jederzeit frei bilden könne.
20Am 24.05.2019 erklärte die Ärztin des Medizinischen Dienstes M. , dass die Klägerin aufgrund ihrer schweren psychiatrischen Erkrankung nicht in der Lage sei, ihre arbeitsvertraglich geschuldeten Pflichten zu erbringen. Die Einschätzung beruhe auf dem zwischenzeitlich eingegangen fachpsychiatrischen Zusatzgutachten. Solange die Klägerin eine Behandlung ablehne, sei keine Verbesserung zu erwarten und eine erneute Beurteilung nicht zielführend.
21Mit Schreiben vom 31.07.2019 wandte sich die Stadt M. an den Beklagten (S. -C1. L. , Gesundheitsamt) und regte die Prüfung des Widerrufs der Berufserlaubnis an.
22Unter dem 29.11.2019 hörte der Beklagte die Klägerin zum Widerruf der Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung Krankenschwester an. Zur Begründung führte er aus: Im Rahmen der amtsärztlichen Begutachtung im Mai 2019 sowie einer psychiatrischen Begutachtung im März 2019 seien medizinisch fundierte Feststellungen getroffen worden, dass sie den beruflichen Anforderungen an eine Krankenschwester aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr entspreche. In beiden Gutachten sei festgestellt worden, dass ihre Erkrankung derart schwerwiegend sei, dass eine weitere Berufsausübung als Krankenschwester zum Schutz der Allgemeinheit bzw. zum Schutz der Patienten mit dem derzeitigen Erkrankungsbild nicht vereinbar sei.
23Mit Schreiben vom 07.12.2019 nahm die Klägerin Stellung und führte im Kern aus: Sie habe keine Erkrankung, ihre Erkrankung sei ihr Glaube an Christus. Der Gutachter, der sie für arbeitsunfähig hingestellt hat, sei befangen gewesen. Er habe ihr gesagt, er lade sie für vormittags ein, weil er nicht wisse, wie sie reagiere und er im Notfall Kollegen zur Seite haben wolle. Als sie ihm gesagt habe, dass sie niemanden körperlich angreifen werde, habe er gesagt: wenn sie mich angreifen, schlage ich sie. Eine Oberärztin, mit der sie gesprochen habe, habe ihr erklärt, von ihr gehe keine Fremd- und Eigengefährdung aus. Der Personalchef wolle sie für verrückt erklären. Sie habe von Dezember 2011 bis April 2015 gewissenhaft gearbeitet und kein Patient sei zu Schaden gekommen. Sie sei seit Januar 2011 gläubig und werde als Christin gejagt.
24Mit Bescheid vom 27.12.2019 widerrief der Beklagte die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung Krankenschwester (Ziffer 1), forderte die Klägerin zur Rückgabe des Originals der Erlaubnis auf (Ziffer 2), drohte für den Fall der Nichtrückgabe ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 Euro an (Ziffer 3) und ordnete die sofortige Vollziehung der Verfügung an (Ziffer 4). Zur Begründung führte sie aus: Es seien Tatsachen bekannt geworden, die Bedenken an ihrer gesundheitlichen Eignung zur Ausübung des Berufes begründeten. Im Rahmen einer amtsärztlichen Begutachtung sowie einer psychiatrischen Begutachtung im März 2019 seien medizinisch fundierte Feststellungen getroffen worden, wonach sie den beruflichen Anforderungen an eine Krankenschwester aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr entspreche. Es sei festgestellt worden, dass ihre Erkrankung derart schwerwiegend sei, dass eine weitere Berufsausübung zum Schutz der Allgemeinheit bzw. zum Schutz der Patienten mit dem derzeitigen Erkrankungsbild nicht vereinbar sei. Ohne den Widerruf sei das öffentliche Interesse gefährdet. Dies bestehe darin, die Allgemeinheit im Gesundheitswesen vor Risiken zu schützen, die mit der Ausübung eines Heilberufes durch unzuverlässige Berufsangehörige verbunden seien. Das eingeräumte Ermessen sei ausgeübt worden. Denn der aus der fehlenden gesundheitlichen Eignung für den Krankenschwesterberuf herrührenden möglichen Gefährdung des Wohls der Patienten könne nur wirksam durch Widerruf der Erlaubnis begegnet werden. Dies stelle zwar eine Beeinträchtigung ihres Rechts auf Berufsfreiheit dar, sei aber zum Schutz einer ordnungsgemäßen Gesundheitsversorgung der Bevölkerung und speziell potentieller Patienten gerechtfertigt. Weniger einschneidende Maßnahmen seien nicht ersichtlich. Der Widerruf der Erlaubnis sei auch verhältnismäßig. Auch wenn ihr Arbeitsvertrag beendet sei, könne sie ansonsten anderweitig als Krankenschwester tätig werden. Dies sei jedoch zu vermeiden. Außerdem habe sie nach Wiederherstellung ihrer gesundheitlichen Eignung einen Anspruch auf Wiedererteilung der Erlaubnis.
25Am 02.01.2020 hat die Klägerin Klage erhoben und einen Eilantrag gestellt.
26Zur Begründung trägt sie im Kern vor:
27Man entziehe ihr die Qualifikation, weil sie an den unsichtbaren Christus glaube. Das sei Christen-Verfolgung und gegen ihre Religionsfreiheit. Es sei kein Patient zu Schaden gekommen. Der Gutachter Herr B. sei nicht neutral geblieben, sei ihr gegenüber sprachlich sehr aggressiv gewesen, sei ihr ins Wort gefallen und habe sie aus seinem Zimmer gedrängt. Sie sei bereit, auf Kosten des Beklagten stationär in die LVR-Klinik in M3. nur zum Zwecke der Begutachtung zu gehen. Eine Diagnostik oder Therapie wolle sie nicht.
28Die Klägerin beantragt,
29den Bescheid des Beklagten vom 27.12.209 aufzuheben.
30Der Beklagte beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus:
33Die fachpsychiatrische Zusatzbegutachtung bescheinige der Klägerin eine schwere psychische Erkrankung bei gleichzeitig nicht vorhandener Krankheitseinsicht. Die Klägerin sei aus Sicht des Gutachters derzeit nicht in der Lage, ihre arbeitsvertraglichen Pflichten als Krankenschwester zu erbringen. Unklar sei danach, ob sie ihren Willen, anderen keinen Schaden zuzufügen, jederzeit frei bilden könne.
34Mit Beschluss vom 27.01.2020 (Aktenzeichen 7 L 1/20) lehnte das Gericht den Eilantrag ab und folgte im Wesentlichen den Einschätzungen des Gutachtens von Herrn B. , das keine offensichtlichen Mängel aufweise. Die von der Klägerin eingelegte Beschwerde, in welcher sie sich vor allem auf die Verletzung ihrer Religionsfreiheit aus Art. 4 GG berief und erklärte, sie habe keine Drohungen ausgesprochen, sondern Weissagungen, wurde durch Beschluss vom 21.02.2020 durch das OVG Münster verworfen, weil sie keine anwaltliche Vertretung hatte.
35Mit Beschluss 08.04.2022 gab das Gericht dem Beklagten auf, die Klägerin erneut durch einen Amtsarzt begutachten zu lassen.
36In dem Gutachten vom 22.06.2022 führte die Amtsärztin im Kern aus:
37Bei der Klägerin bestehe am ehesten eine wahnhafte Störung. Bei der Exploration seien immer wieder inhaltliche Denkstörungen im Sinne von religiösen Wahninhalten sowie ein gestörtes Ich-Erleben in Form von Fremdbeeinflussungserleben und Gedankeneingebung deutlich geworden. Akustische Halluzinationen ließen sich nicht ausschließen. Sowohl die Einsichts- als auch die Steuerungsfähigkeit seien beeinträchtigt, die Konzentrationsfähigkeit sei herabgesetzt. Die Affektivität zeige sich labil und zeitweise inkontinent. Sie sei deutlich bemüht, sich unbeeinträchtigt und gesund darzustellen im Sinne von Dissimulation. Eine Patientengefährdung sei nicht ausgeschlossen, da unklar bleibe, inwieweit die Klägerin ihren Willen, anderen keinen Schaden zuzufügen, jederzeit frei bilden könne.
38Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und der Gerichtsakte im zugehörigen Eilverfahren 7 L 1/20 und der dortigen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
39Entscheidungsgründe
40Die Klage ist unbegründet.
41Der Bescheid des Beklagten vom 27.12.2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
42Maßgeblicher Zeitpunkt für die Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung, da es sich bei dem Widerruf der Erlaubnis nicht um einen Dauerverwaltungsakt handelt.
43Der Zeitpunkt, auf den bei der verwaltungsgerichtlichen Prüfung der Rechtmäßigkeit für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage abzustellen ist, richtet sich in erster Linie nach dem jeweils einschlägigen materiellen Recht.
44St. Rspr BVerwG, vgl. BVerwG, Urteil vom 04.12.2020 - 3 C 5.20 - juris Rn 10 mwN.
45Bei einer Anfechtungsklage ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgebend. Anderes gilt, wenn das materielle Recht einen anderen Beurteilungszeitpunkt bestimmt.
46Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.12.1998 - 13 A 2711/97 - juris Rn 4 mwN
47Der Grundsatz wird insbesondere durchbrochen, wenn ein Dauerverwaltungsakt angefochten wird. Bei der Beurteilung, ob ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vorliegt, ist zu beachten, dass nicht alle Verwaltungsakte mit dauernden Rechtsfolgen Verwaltungsakte mit verwaltungsrechtlicher Dauerwirkung sind. Bei einem Dauerverwaltungsakt erschöpft sich die Regelungswirkung nicht in einem einmaligen Verbot oder einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage in der Vergangenheit, sondern das angeordnete Verbot verlängert und aktualisiert sich fortlaufend. Anders sind rechtgestaltende Verwaltungsakte in dem Sinne, dass dem Betroffenen eine durch den vorangegangen Hoheitsakt gewährte Rechtsstellung ganz oder teilweise wieder entzogen wird. Diese Entscheidung wirkt zwar mittelbar auch in die Zukunft, ihr Regelungsgehalt ist aber primär auf die mit dem vorangegangenen Hoheitsakt herbeigeführte Gestaltung der Rechtslage bezogen (zB Widerruf der ärztlichen Approbation wegen Unwürdigkeit, Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis; Streichung aus der Architektenliste; Entzug der Fahrerlaubnis; Gewerbeuntersagung). Für letzteres spricht insbesondere, wenn es für die Neuerteilung nach vorheriger Entziehung ein formalisiertes Verfahren gibt. Das rechtfertigt es, den Betroffenen, der sich auf eine Änderung der Sach- oder Rechtslage beruft, auf diese Verfahren zu verweisen.
48Vgl. BVerwG, Urteil vom 04.12.2020 - 3 C 5.20 - juris Rn 13 ff mwN; Beschluss vom 22.07.1982 – 3 B 36.82 – juris Rn 7.
49Danach handelt es sich bei dem Widerruf der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Krankenschwester um einen rechtsgestaltenden Verwaltungsakt. Hierfür spricht maßgeblich, dass bei der Entscheidung über den Widerruf immer eine gewisse Prognoseentscheidung zu treffen ist und es dem Beklagten nicht zuzumuten wäre, diese fortlaufend zu aktualisieren. Hinzu kommt, dass es der Klägerin jederzeit möglich ist, eine Änderung des Gesundheitszustandes durch einen Antrag auf (Wieder-) Erteilung der Erlaubnis geltend zu machen.
50Der unter Ziffer I. des angefochtenen Bescheides angeordnete Widerruf der Erlaubnis, die Berufsbezeichnung „Krankenschwester“ zu führen, findet seine Ermächtigungsgrundlage in § 2 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes über die Berufe in der Krankenpflege in der bei Erlass des Widerrufs geltenden Fassung (KrPflG). Diese Norm entspricht in ihrem Regelungsgehalt der seit dem 01.01.2020 an ihre Stelle getretenen Bestimmung des § 3 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 2 Nr. 3 des Gesetzes zur Reform der Pflegeberufe. Danach kann die Erlaubnis widerrufen werden, wenn nachträglich die gesundheitliche Eignung zur Ausübung des Berufs weggefallen ist.
51Welche gesundheitlichen Anforderungen an den Beruf der Krankenpflege-rin/Krankenschwester zu stellen sind, erschließt sich aus der Zielsetzung des KrPflG. Es dient der Sicherstellung der Qualität im Gesundheitswesen mit dem Ziel, einen hohen Standard in der Krankenversorgung zu erreichen und die Gesundheit der Bevölkerung sicherzustellen. Neben § 2 KrPflG zielt hierauf auch § 3 KrPflG ab, der Ziele der Krankenpflegeausbildung vorgibt und so das Berufsbild der Krankenpflegerin mit ausgestaltet. Damit gehen im Vergleich zum Pflegeverständnis früherer Zeiten erhöhte Anforderungen an die berufliche Tätigkeit einher: der Krankenpflegeberuf zeichnet sich hiernach insbesondere durch ein erhöhtes Maß an Eigenverantwortung aus.
52Vgl. Verwaltungsgericht Arnsberg, Urteile vom 20.12.2006 - 9 K 514/06 - und vom 03.06.2013 - 7 K 1597/12 -.
53Krankenpflegerinnen müssen befähigt sein, nicht nur eigenverantwortlich die Pflege zu planen, zu organisieren, durchzuführen und zu dokumentieren, sondern auch bis zum Eintreffen des Arztes eigenverantwortlich lebenserhaltende Sofortmaßnahmen einzuleiten, ärztlich veranlasste Maßnahmen eigenständig durchzuführen und etwa an Maßnahmen in Krisen- und Katastrophensituationen mitzuwirken. Sie müssen in der Lage sein, auch in Belastungssituationen eigenverantwortlich auf zum Teil kritische bis lebensgefährliche Krankheitsbilder zu reagieren. Dies erfordert die uneingeschränkte Befähigung, auch in kritischen Situationen überlegt und vorausschauend eine ausschließlich am Wohl des Patienten orientierte Entscheidung zu treffen.
54Bei Zugrundelegung der tatsächlichen Erkenntnisse, die dem Gericht vorliegen, war die Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung gesundheitlich nicht geeignet, ihren Beruf auszuüben.
55Hierfür spricht maßgeblich das psychiatrische Gutachten vom 30.03.2019 des Gutachters B. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in der LVR-Klinik M3. . Dieser gelangt nach einer Untersuchung der Klägerin und Studium der Dokumentation zum Ergebnis, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, der Arbeit als Krankenpflegerin nachzugehen. Sie leide unter einer schweren psychischen Erkrankung in Form der schizoaffektiven Psychose, zu der ihr die Einsicht fehle und deren Behandlung sie ablehne. Das inhaltliche Denken sei durchsetzt von religiösen Inhalten mit wahnhafter Qualität. Akustische Halluzinationen könnten nicht ausgeschlossen werden. Die Klägerin trete durch (Todes-) Prophezeiungen bedrohlich auf und begreife sich als Medium Gottes. Es bestehe die Befürchtung, dass sie ohne eigene Intention Schaden anrichten könne. Unklar bleibe, inwiefern sie ihren Willen, andere nicht zu schädigen, jederzeit frei bilden könne.
56Das Gutachten ist in sich schlüssig und widerspruchsfrei. Der Gutachter hat durch die eigene Untersuchung der Klägerin und die Durchsicht der Dokumente eine ausreichende Tatsachengrundlage geschaffen und gelangt aufgrund dessen nachvollziehbar zu der dargestellten Einschätzung. Die diesbezüglichen Einwände der Klägerin greifen nicht durch. Sie hat geltend gemacht, dass der Gutachter sich nicht neutral verhalten habe, sie aus dem Raum habe drängen wollen und unsachliche Äußerungen („wenn sie mich angreifen, schlage ich sie“) getätigt habe. Für eine Befangenheit des Gutachters oder ein unsachliches Verhalten bestehen indessen keine Anhaltspunkte. Vielmehr gibt der Gutachter das Gespräch mit der Klägerin ausführlich wieder und nimmt dabei insbesondere auch solche Äußerungen auf, die gegen eine Erkrankung sprechen könnten, etwa dass sie angab, die Stimme Christis nicht – außer im Traum – zu hören. Auch trifft er für die Klägerin positive Feststellungen, etwa, dass die Konzentrationsfähigkeit nicht gestört sei. Hinzu kommt, dass die Klägerin keine der Aussage des Gutachters entgegenstehende ärztliche Stellungnahme vorlegen konnte, die die Aussage von Herrn B. in Frage stellen könnte.
57Im Gegenteil sprechen die Übrigen Tatsachenerhebungen dafür, dass die Feststellungen des Gutachters zutreffen. So ist auch den dem Gericht vorliegenden Gesprächsprotokollen mit der Klinikleitung durchgehend die Äußerung religiöser Prophezeiungen zu entnehmen. Auch die Herrn B. vorangegangenen Ärzte, die die Klägerin untersucht haben, gelangten zu derselben Einschätzung ihres gesundheitlichen Zustandes.
58Vor diesem Hintergrund war der in der mündlichen Verhandlung vom 28.06.2022 gestellte Beweisantrag der Klägerin, den Gutachter Herrn B. zu vernehmen, abzulehnen. Ebenso war ihrer Anregung, sie für eine weitere Untersuchung stationär in der LVR Klinik M3. begutachten zu lassen, nicht zu folgen.
59Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Dabei entscheidet das Tatsachengericht über die Art der heranzuziehenden Beweismittel und den Umfang der Beweisaufnahme im Rahmen seiner Pflicht zur Sachverhaltsermittlung von Amts wegen nach Ermessen. Dies gilt auch für die Einholung von Gutachten oder die Ergänzung vorhandener Gutachten oder Arztberichte, selbst dann, wenn eine solche Maßnahme der Sachverhaltsermittlung von einem Beteiligten angeregt worden ist. Liegen bereits Gutachten oder Auskünfte vor, steht es daher im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (vgl. § 98 VwGO, §§ 404 Abs. 1, 412 Abs. 1 ZPO), ob es zusätzliche Auskünfte oder Sachverständigengutachten einholt. Das Gericht kann sich dabei ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht auch auf Gutachten oder gutachterliche Stellungnahmen stützen, die von der zuständigen Behörde im vorausgehenden Verwaltungsverfahren eingeholt worden sind. Das Gericht ist nur verpflichtet, ein weiteres Gutachten einzuholen, wenn sich ihm eine weitere Sachaufklärung aufdrängen musste.
60Die Weigerung, ein weiteres Gutachten einzuholen oder einen Gutachter zu vernehmen, findet im Prozessrecht deshalb nur dann keine Stütze, wenn die bereits vorhandenen Gutachten nicht geeignet sind, dem Gericht die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen zu vermitteln. Dies ist der Fall, wenn die Gutachten auch für den Nichtsachkundigen erkennbare (grobe) Mängel aufweisen, etwa nicht auf dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft beruhen, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehen, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthalten oder wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht. Die Verpflichtung zur Einholung eines weiteren Gutachtens folgt hingegen nicht schon daraus, dass ein Beteiligter ein vorliegendes Gutachten als Erkenntnisquelle für unzureichend hält.
61Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23.09.2020 – 1 A 2362/18 – juris Rn 35 f. mit Verweis auf die ständige Rechtsprechung des BVerwG, etwa Beschlüsse vom 30. Juni 2010 - 2 B 72.09 -, juris, Rn. 4 f., vom 3. Februar 2010 - 2 B 73.09 -, juris, Rn. 9, vom 1. April 2009 - 2 B 90.08 -, juris, Rn. 10 f., vom 20. Januar 2009 - 2 B 4.08 -, juris, Rn. 28 f. und vom 26. Februar 2008 - 2 B 122.07 -, juris, Rn. 29 f.; aus der ständigen Rechtsprechung des beschließenden Senats vgl. etwa Beschlüsse vom 21. Oktober 2010 - 1 A 3334/08 -, juris, Rn. 25 und vom 21. April 2010 - 1 A 1326/08 -, juris, Rn. 11, sowie Urteil vom 15. September 2005 - 1 A3329/03 -, juris, Rn. 68.
62Derartige Mängel des vorliegenden Gutachtens von Herrn B. vermag das Gericht, wie bereits ausgeführt, nicht zu erkennen.
63Angesichts der übereinstimmenden Erkenntnisse zum Gesundheitszustand der Klägerin sah sich das Gericht auch nicht veranlasst, ihrer Anregung zu einer stationären Untersuchung der Klägerin in der LVR Klinik in M3. zu folgen. Denn es dürfte bereits schwierig sein, aus einer aktuellen Untersuchung Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand der Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung vor dreieinhalb Jahren zu ziehen. Im Übrigen zeigt, ohne dass es auf den aktuellen Zustand ankäme, das schlüssige, amtsärztliche Gutachten vom 22.06.2022, dass der Gesundheitszustand der Klägerin unverändert ist.
64Der von der Klägerin angeregten Vernehmung des Herrn P. war ebenfalls nicht nachzugehen, da es auf die Richtigkeit seiner Aussagen für die Entscheidung nicht ankommt. Seine Aussagen finden sich in den Protokollen der Gespräche, die die Klägerin mit der Klinikleitung geführt hat. Maßgeblich sind jedoch nicht seine Aussagen, sondern die dort getätigten Aussagen der Klägerin. Bei diesen waren mehrere Personen anwesend. Auch in verschiedener personeller Besetzung fanden sich ähnliche Aussagen und Verhaltensweisen der Klägerin in den Gesprächsprotokollen beschrieben. Die Klägerin hat auch nicht geltend gemacht, dass sie die dort beschriebenen Aussagen nicht getätigt habe.
65Die maßgebliche Einschätzung des Gutachters zugrunde gelegt, war die Klägerin nicht mehr in der Lage, ihren Beruf entsprechend den genannten Anforderungen auszuüben. Denn es ergibt sich ein Krankheitsbild, das mit Einschränkungen der Realitätswahrnehmung, Steuerungsfähigkeit und der Willensbildung einhergeht. Zugleich fehlt jede Krankheitseinsicht und Behandlungsbereitschaft. Mit einem beruflichen Umfeld, in welchem die Klägerin innerhalb von Sekunden eigenständig lebenswichtige Entscheidungen verantwortungsbewusst und allein am Wohl der Patienten orientiert treffen muss, sind diese Einschränkungen nicht vereinbar. Dem steht nicht entgegen, dass es bisher noch zu keiner Patientengefährdung gekommen ist. Denn die begründeten Zweifel an er freien Willensbildung der Klägerin lassen sie in einem Maße unberechenbar erscheinen, die ein nicht vertretbares Risiko für die in ihrer Obhut stehenden Patienten begründet.
66Der Beklagte hat das ihm in § 2 Abs. 2 Satz 3 KrPflG eingeräumte Ermessen erkannt und fehlerfrei ausgeübt. Denn der aus der fehlenden gesundheitlichen Eignung der Klägerin für den Krankenschwesterberuf herrührenden möglichen Gefährdung des Wohls der von ihr betreuten Patienten konnte er wirksam nur durch den Widerruf der Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung begegnen. Bei einer Regelung zum Schutz öffentlicher Interessen ist die behördliche Schutzmaßnahme die Regel und ein Absehen davon, für die besondere Gründe vorliegen müssen, die Ausnahme, die nur gerechtfertigt ist, wenn dafür besondere Gründe vorliegen. Solche sind hier nicht ersichtlich.
67Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 01.07.2004 – 13 B 2436/03 –, juris Rn 19 mwN.
68Dabei hat der Beklagte insbesondere auch den durch den Widerruf vorgenommenen Eingriff in die Berufsfreiheit der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz gewürdigt.
69Der Eingriff ist jedoch zum Schutz einer ordnungsgemäßen Gesundheitsversorgung der Bevölkerung und speziell potentieller Patienten - und somit eines überragend wichtigen Gemeinschaftsgutes - vor einem möglichen Tätigwerden der Klägerin im bisherigen Beruf gerechtfertigt.
70Auch sind keine für die Klägerin weniger einschneidende, jedoch gleichermaßen geeignete Maßnahmen der Einschränkung ihrer Berufstätigkeit ersichtlich.
71Der Widerruf der Erlaubnis ist auch vor dem Hintergrund der zwischenzeitlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem bisherigen Arbeitgeber noch verhältnismäßig. Denn sofern der Klägerin weiterhin die Führung der Berufsbezeichnung Krankenschwester erlaubt bliebe, wäre es nicht ausgeschlossen, dass sie anderweitig als Krankenschwester tätig würde. Dies ist jedoch aus den dargelegten Erwägungen zu vermeiden. Zudem hat die Klägerin gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KrPflG nach Wiederherstellung ihrer gesundheitlichen Eignung zur Ausübung ihres bisherigen Berufs einen Anspruch auf Wiedererteilung der Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung, sofern sie die sonstigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 KrPflG erfüllt.
72Die von der Klägerin geltend gemachte Einschränkung ihrer Religionsfreiheit (Art. 4 GG) sieht das Gericht nicht als gegeben an. Die Erlaubnis wird nicht widerrufen, weil die Klägerin von ihrem grundrechtlich geschützten Recht der Religionsausübung Gebrauch macht. Der Widerruf ist erfolgt aufgrund ihrer fehlenden gesundheitlichen Eignung, die im Kontext ihrer religiösen Äußerungen aufgefallen ist.
73Die unter Ziffer II. getroffene Aufforderung zur Herausgabe der Erlaubnisurkunde ist ebenfalls rechtmäßig. Ermächtigungsgrundlage ist § 52 Satz 1 und Satz 2 VwVfG NRW. Danach kann die Behörde eine Urkunde zurückfordern, die aufgrund eines widerrufenen Verwaltungsaktes erteilt worden ist. Das ihm zustehende Ermessen hat der Beklagte erkannt und ermessensfehlerfrei ausgeübt.
74Auch die unter Ziffer III. des Bescheides enthaltene Zwangsgeldandrohung ist rechtmäßig. Sie beruht auf §§ 55 Abs. 1, 57, 60, 61, 63 Abs. 1 bis 3, 5, 6 VwVG NRW. Die dortigen Voraussetzungen sind erfüllt. Insbesondere ist die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes (500,00 Euro) nicht zu beanstanden. Weitere Einwände sind nicht geltend gemacht worden.
75Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
76Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
77Rechtsmittelbelehrung
78Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
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1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
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2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
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3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
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4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
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5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich zu beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
86Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist schriftlich bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
87Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) wird hingewiesen.
88Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
89Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
90Beschluss
91Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
9215.000,00 €
93festgesetzt.
94Gründe
95Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für die Klägerin ist es angemessen, den Streitwert auf den festgesetzten Betrag zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG).
96Rechtsmittelbelehrung
97Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Beschwerde bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln eingelegt werden.
98Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
99Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) wird hingewiesen.
100Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
101Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
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Referenzen
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- § 2 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 KrPflG 1x (nicht zugeordnet)
- § 2 KrPflG 1x (nicht zugeordnet)
- VwVfG § 52 Rückgabe von Urkunden und Sachen 1x
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 113 1x
- 1 A 1326/08 1x (nicht zugeordnet)
- § 52 Abs. 1 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 167 1x
- 7 L 1/20 2x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 412 Neues Gutachten 1x
- § 2 Abs. 2 Satz 3 KrPflG 1x (nicht zugeordnet)
- Urteil vom Verwaltungsgericht Arnsberg - 7 K 1597/12 1x
- §§ 55 Abs. 1, 57, 60, 61, 63 Abs. 1 bis 3, 5, 6 VwVG 8x (nicht zugeordnet)
- 1 A 3334/08 1x (nicht zugeordnet)
- 13 B 2436/03 1x (nicht zugeordnet)
- Urteil vom Verwaltungsgericht Arnsberg - 9 K 514/06 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- § 2 Abs. 1 Satz 1 KrPflG 1x (nicht zugeordnet)
- 13 A 2711/97 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- 1 A 2362/18 1x (nicht zugeordnet)
- § 3 KrPflG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 98 1x
- ZPO § 404 Sachverständigenauswahl 1x