Urteil vom Verwaltungsgericht Magdeburg (7. Kammer) - 7 A 614/17

Tatbestand

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Der Kläger ist nach eigenen Angaben Staatsangehöriger Burkina Fasos, vom Volke der Mossi, und begehrt nunmehr nur noch die Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes (Bundesamt) vom 14.07.2017.

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Nach eigenen Angaben reiste der Kläger am 23.10.2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 16.11.2016 die Anerkennung als Asylberechtigter. Ein Abgleich der Fingerabdrücke des Klägers mit der Eurodac-Datenbank ergab Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung Nr. 604/2013 des Europäischen Parlamentes und Rates (Dublin-III-VO). Daher wurde am 22.11.2016 ein Übernahmeersuchen an die französischen Behörden gerichtet, auf das diese mit Schreiben vom 08.12.2016 antworteten und ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages des Klägers erklärten.

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Mit Bescheid vom 13.12.2016 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 AufenthG nicht vorliegen. Die Abschiebung nach Frankreich wurde angeordnet. Daneben wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 9 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Zur Begründung führt das Bundesamt aus, dass Frankreich aufgrund des ausgestellten Visums und der Zustimmung vom 08.12.2016 gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrages des Klägers zuständig sei. Darüber hinaus würden die derzeitigen humanitären Bedingungen in Frankreich nicht zu der Annahme führen, dass bei der Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom EGMR geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt.

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Mit Beschluss des Gerichtes vom 07.02.2017 wurde der gegen diesen Bescheid gerichtete Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der gleichzeitig erhobenen Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO mit der Begründung abgelehnt, dass das Bundesamt für die Prüfung des Asylantrages des Klägers nicht zuständig sei, weil die Bundesrepublik Deutschland nicht verpflichtet sei, das Selbsteintrittsrecht auszuüben. Systemische Mängel an dem Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen im eigentlich zuständigen Mitgliedstaat seien nicht ersichtlich.

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Am 07.03.2017 wurde der Kläger zur Zulässigkeit des Asylantrages durch das Bundesamt persönlich angehört.

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Mit Bescheid vom 14.07.2017 hob das Bundesamt den Bescheid vom 13.12.2016 mit der Begründung auf, dass aufgrund einer geänderten Weisungslage eine Zulässigkeitsbefragung im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 1 - 4 AsylG i.V.m. § 25 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 AsylG durchzuführen gewesen sei. Diese Anhörung sei nun nachgeholt worden. Der Asylantrag des Klägers wurde erneut als unzulässig abgelehnt und festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 AufenthG nicht vorliegen. Die Abschiebung nach Frankreich wurde erneut angeordnet. Daneben wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 9 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Zur Begründung führt das Bundesamt wiederum aus, dass Frankreich aufgrund des ausgestellten Visums und der Zustimmung zur Übernahme des Klägers vom 08.12.2016 gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrages des Klägers zuständig sei. Darüber hinaus würden die derzeitigen humanitären Bedingungen in Frankreich nicht zu der Annahme führen, dass bei der Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom EGMR geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt.

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Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 18.07.2017 Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass das Bundesamt verkannt habe, dass der Kläger nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und des Bundesverwaltungsgerichts politisch verfolgt werde. Entgegen der Auffassung des Bundesamtes sei der Kläger bei dem Überstellungsversuch am 05.07.2017 auch nicht flüchtig gewesen. Die zuständige Ausländerbehörde des Salzlandkreises habe am 27.06.2017 verfügt, dass der Kläger nach Italien abgeschoben werden solle. Da es für Abschiebung des Klägers nach Italien keinerlei Grundlage gegeben habe, habe sich der Kläger deshalb auch nicht am 04.07.2017 ab 21:30 Uhr in das Krankenzimmer der Gemeinschaftsunterkunft begeben und zur Abschiebung bereit gehalten.

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Unter Rücknahme der Klage im Übrigen beantragt der Kläger schriftsätzlich,

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den Bescheid des Bundesamtes vom 14.07.2017 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

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die Klage abzuweisen.

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Sie tritt der Klage unter Bezugnahme auf die Begründung des Bescheides des Bundesamtes vom 14.07.2017 entgegen und führt zur weiteren Begründung aus, die Überstellungsfrist sei noch nicht abgelaufen. Die sechsmonatige Überstellungsfrist nach Frankreich habe mit der Entscheidung des Gerichts unter dem Az. 7 B 21/17 MD am 26.01.2017 zu laufen begonnen. Gegen den zwischenzeitlich neu erlassenen Bescheid vom 14.07.2017 sei am 18.07.2017 Klage erhoben und ein Eilantrag gestellt worden, mithin vor Ablauf der Überstellungsfrist. Mit dem Eilantrag sei der Ablauf der Überstellungsfrist erneut gehemmt gewesen. Die Rechtsgrundlage für die Aufhebung des Bescheides vom 13.12.2016 ergebe sich aus § 48 VwVfG, da dieser rechtswidrig gewesen sei. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17.01.2017 (2 BvR 2013/16) sei das persönliche Gespräch gemäß Art. 5 Abs. 1 Dublin-III-VO obligatorisch und für die Rechtmäßigkeit des Bescheides zwingend erforderlich. Erfolge kein persönliches Gespräch vor Erlass des Bescheides, so sei dieser Bescheid rechtswidrig. Danach sei der Bescheid aufzuheben und in der Sache nach der Durchführung des persönlichen Gesprächs neu zu entscheiden gewesen. Mit dem erneuten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO sei die Beklagte gehindert gewesen, im Zuge der noch bestehenden Überstellungsfrist eine Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat zu veranlassen. Durch die Stattgabe des Eilrechtsschutzantrages sei die Überstellungsfrist weiter gehemmt.

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Dem gleichzeitig mit der Klage gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das Gericht mit Beschluss vom 06.10.2017 (Az. 7 B 613/17 MD) mit der Begründung stattgegeben, in dem für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt sei die Beklagte wegen des Ablaufs der Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 S. 1 Dublin-III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig geworden.

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Mit Schriftsätzen vom 03.05.2018 und 16.05.2018 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

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Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidung des Gerichts.

Entscheidungsgründe

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Das Verfahren wird nach § 92 Abs. 3 S. 1 VwGO eingestellt, soweit der Kläger sein ursprüngliches Begehren gerichtet auf die Verpflichtung der Beklagten zur Anerkennung als Asylberechtigter, hilfsweise zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, weiter hilfsweise zur Zuerkennung subsidiären Schutzes, äußerst hilfsweise zur Feststellung von nationalen Abschiebungshindernissen sowie zur Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots auf null Monate, zurückgenommen hat.

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Die im Übrigen noch anhängige Klage, über die im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat Erfolg.

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Die Aufhebung des Bescheides vom 13.12.2016 und die erneute Ablehnung des Asylantrages des Klägers als unzulässig mit Bescheid des Bundesamtes vom 14.07.2017 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Das Bundesamt hat den Bescheid vom 13.12.2016 in rechtlich zu beanstandender Weise aufgehoben, weil es für dieses Vorgehen an der nach Art. 20 Abs. 3 GG erforderlichen rechtlichen Grundlage fehlt. Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes stellt das Gegenteil zum Erlass eines Verwaltungsaktes (sog. actus contrarius) dar. Für diesen actus contrarius gelten deshalb dieselben Anforderungen an die formelle und materielle Rechtmäßigkeit wie für den Verwaltungsakt selbst (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.03.1992 - 4 CB 2.91 - zitiert nach juris). Bei der Ablehnung eines Asylantrages als unzulässig nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG, dem Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylG, der Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, und der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbot es auf 9 Monate ab dem Tag der Abschiebung gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG handelt es sich um einen Akt der Eingriffsverwaltung, der nach dem Vorbehalt des Gesetzes aus Art. 20 Abs. 3 GG grundsätzlich einer gesetzlichen Grundlage bedarf (zum Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage bei einem Akt der Eingriffsverwaltung: Thüringer OVG, Urteil vom 16.12.2009 - 3 KO 343/07 - zitiert nach juris, unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 29.11.1985 - 8 C 105/83 - BVerwGE 72, 265-269). Somit bedarf auch die Aufhebung dieser Entscheidungen einer gesetzlichen Grundlage.

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Die Dublin-III-VO verhält sich nicht zu den rechtlichen Folgen im Falle eines unterbliebenen persönlichen Gesprächs nach Art. 5 Abs. 1 Dublin-III-VO. Eine Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebung eines Bescheides, in dem das persönliche Gespräch vor Erlass des Bescheides nicht durchgeführt wurde, kann der Dublin-III-VO somit nicht entnommen werden.

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Die Rechtsgrundlage für die Aufhebung des Bescheides vom 13.12.2016 ergibt sich nicht aus § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG. Grundsätzlich kann die Vorschrift des § 48 VwVfG auch Anwendung finden, wenn es sich um eine Fallgestaltung des sog. indirekten Vollzugs von Unionsrecht handelt. Danach sind die Verfahrensmodalitäten, die den Schutz aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, im Rahmen der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten von diesen unter Beachtung des Äquivalenz- und des Effektivitätsprinzip selbst zu regeln, sofern spezielle gemeinschaftsrechtliche Regelungen fehlen (vgl. zu § 46 VwVfG: BVerwG, Urteil vom 29.10.2008 - 6 C 38/07 - zitiert nach juris). Da sich die Dublin-III-VO nicht zur Aufhebung eines Bescheides verhält, ist die nationale Regelung des § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG heranzuziehen. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Voraussetzung für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes ist demnach, dass dieser rechtswidrig ist. Maßgeblich ist die objektive Rechtswidrigkeit, die vorliegt, wenn der Verwaltungsakt gegen Gesetze oder sonstiges Recht verstößt. Es kommt somit nicht auf die Verletzung subjektiver Rechte an. Die Rechtswidrigkeit kann sich dabei nicht nur auf materielle Fehler erstrecken, sondern unter Umständen auch auf formelle Fehler. Das Bundesamt stützte seine Entscheidung über die Aufhebung des Bescheides vom 13.12.2016 damit, dass nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17.01.2017 (2 BvR 2013/16) das persönliche Gespräch gemäß Art. 5 Abs. 1 Dublin-III-VO obligatorisch und für die Rechtmäßigkeit des Bescheides zwingend erforderlich sei. Erfolge kein persönliches Gespräch vor Erlass des Bescheides so sei dieser Bescheid rechtswidrig. Das Bundesamt führt somit einen formellen Fehler als Grund für die Rechtswidrigkeit an. Zwar hat das Gericht bereits Zweifel daran, dass sich dieser Schluss aus der zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ziehen lässt. Vielmehr führt das Bundesverfassungsgericht aus, dass unionsrechtlich nach den den Drittschutz von Bestimmungen der Dublin-III-VO stärkenden Entscheidungen des EuGH vom 07.06.2016 manches dafür spreche, dass das erstmals in der Dublin-III-VO eingeführte obligatorische persönliche Gespräch mit dem Asylbewerber für die Frage der Rechtmäßigkeit des Bescheides beachtlich sei. Für das Bundesverfassungsgericht stelle sich daher eine (zumindest) ungeklärte unionsrechtliche Rechtsfrage, bei der im Hauptsacheverfahren eine Vorlage an den EuGH naheliege. Die Kammer braucht jedoch diese Frage weder selber beantworten, noch an den EuGH vorlegen. Denn auch wenn man zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass die Nichtdurchführung des obligatorischen persönlichen Gesprächs nach Art. 5 Abs. 1 Dublin-III-VO zur Rechtswidrigkeit des Bescheides führen würde, so liegen dennoch hier die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG nicht vor. Der rechtmäßigen Rücknahme eines Verwaltungsaktes wegen eines formellen Fehlers steht nämlich entgegen, dass die Rechtswidrigkeit entfällt, wenn der Verfahrensfehler geheilt wird. Denn die Heilung eines Verfahrensfehlers bewirkt, dass der Verwaltungsakt in dem Umfange, in dem der Fehler behoben ist, rechtmäßig wird und insoweit nicht mehr der Aufhebung nach § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG unterliegt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.06.1987 - 13 B 826/87 - NVwZ 1988, 740). Gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird. Nach Absatz 2 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens Handlungen nach Absatz 1 nachgeholt werden. Von dem Anwendungsbereich des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG ist nicht nur die Anhörung nach § 28 VwVfG umfasst, sondern auch die nach entsprechenden Vorschriften gebotene Anhörung (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 45, Rn. 24, 19. Auflage, 2018), und somit auch das obligatorische persönliche Gespräch nach Art. 5 Abs. 1 Dublin-III-VO. Sinn und Zweck sowohl der Anhörung nach § 28 VwVfG als auch des obligatorischen persönlichen Gesprächs nach Art. 5 Abs. 1 Dublin-III-VO ist nämlich dem Betroffenen im Verfahren rechtliches Gehör zu gewährleisten. Das Versäumnis einer Anhörung eines Beteiligten führt auch nicht zur Nichtigkeit des Verwaltungsaktes nach § 44 Abs. 1 und 2 VwVfG. Mit der Durchführung des obligatorischen persönlichen Gesprächs am 07.03.2017 wurde die bis dahin unterbliebene Anhörung des Klägers nachgeholt. Die Nachholung war auch noch rechtzeitig i.S.v. § 45 Abs. 2 VwVfG, da im Zeitpunkt des Gespräches das Hauptsacheverfahren gegen den Bescheid des Bundsamtes vom 13.12.2016 noch beim Verwaltungsgericht anhängig war. Dieses wurde erst durch Beschluss des Gerichts vom 28.07.2018 eingestellt. Damit war der Verfahrensfehler, welcher dem Bescheid vom 13.12.2016 unterlag, geheilt. Dieser Bescheid wurde mit der Nachholung der Anhörung jedenfalls insoweit rechtmäßig und bedurfte deshalb nicht mehr der Aufhebung durch Bescheid des Bundesamtes vom 14.07.2018.

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Die Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 13.12.2016 kann sich auch nicht aus § 49 Abs. 1 VwVfG ergeben. Danach kann ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist. Nach diesen Voraussetzungen ist ein Widerruf nicht zulässig, wenn nach den maßgeblichen Vorschriften des materiellen Rechts die durch den zu widerrufenden Verwaltungsakt getroffene Regelung geboten ist und diese daher, wenn sie noch nicht getroffen wäre, sogleich wieder getroffen werden müsste, weil sonst ein rechtswidriger Zustand eintreten würde (vgl. Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, Rn. 21b, 19. Auflage 2018). Ein solcher Fall liegt hier vor. Regelungen über die Unzulässigkeit des Asylantrages des Klägers nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG, die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 S. 1 AsylG, das Vorliegen nationaler Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG sowie das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG waren nach dem materiellen Recht geboten und musste daher auch wieder getroffen werden. Dies verdeutlicht das Bundesamt auch damit, dass es mit der Aufhebung des Bescheides vom 13.12.2016 sodann spiegelbildlich zum Bescheid vom 13.12.2016 inhaltsgleiche Regelungen mit inhaltsgleicher Begründung erneut trifft. Der Bescheid des Bundesamtes vom 13.12.2016 konnte somit auch nicht nach § 49 Abs. 1 VwVfG widerrufen werden.

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Andere Rechtsgrundlagen, die die Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 13.12.2016 rechtfertigen würden, sind für das Gericht nicht ersichtlich.

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Wegen der fehlenden Ermächtigungsgrundlage war der Bescheid des Bundesamtes vom 14.07.2017 insgesamt aufzuheben, da es somit auch an einer rechtlichen Grundlage für die erneute Ablehnung des Asylantrages des Klägers als unzulässig, die Abschiebungsanordnung nach Frankreich, die Ablehnung von nationalen Abschiebungshindernissen sowie Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbot fehlt.

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Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO und § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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