Urteil vom Verwaltungsgericht Trier (Disziplinarkammer) - 3 K 370/13.TR

Tenor

Der Beklagte wird aus dem Dienst entfernt.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich derjenigen des behördlichen Disziplinarverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Der Kläger betreibt die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst.

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Der am ... 1965 in ... geborene Beklagte steht als Polizeihauptkommissar im Dienst des klagenden Landes. Er wurde am 3. September 1984 in den Dienst der Polizei bei der Bereitschaftspolizei in ... eingestellt. Seit dem 1. Juni 2008 ist er als Beamter beim Polizeipräsidium ... beschäftigt. Zuletzt wurde er am 18. Mai 2005 zum Polizeihauptkommissar (A 11 Bundesbesoldungsgesetz) befördert.

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Seine letzte Beurteilung am 1. Dezember 2010 schloss mit dem Ergebnis „B“ ab.

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Der Beamte ist seit dem 8. April 1992 verheiratet und hat zwei Kinder.

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Disziplinar- und strafrechtlich ist er bis auf die hier in Rede stehende Verfehlung nicht vorbelastet.

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Mit Schreiben vom 2. Juli 2012 wurde gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren eingeleitet mit dem Vorwurf, er habe kinderpornografische Schriften über die Internettauschbörse G... verbreitet.

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Der Beklagte wurde über seine Rechte belehrt und ihm wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Unter Hinweis auf das bei der Staatsanwaltschaft ... anhängige sachgleiche Strafverfahren (Az.: ...) wurde das Disziplinarverfahren für die Dauer des Strafverfahrens ausgesetzt.

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Mit Verfügung vom 30. Juli 2012 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben und die Einbehaltung von 30 Prozent der Dienstbezüge wurde angeordnet.

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Mit Strafbefehl des Amtsgerichts ... vom 2. November 2012, rechtskräftig seit dem 12. Februar 2013 (Az.: ...), wurde der Beamte wegen des Besitzes und öffentlichen Ausstellens, Anschlagens, Vorführens oder sonst Zugänglichmachens pornografischer Schriften, die sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern zum Gegenstand haben, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

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Mit Verfügung vom 17. Dezember 2012 wurde das Disziplinarverfahren fortgesetzt und dem Beamten wurde auf der Basis des Strafbefehls der Staatsanwaltschaft ... das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen mitgeteilt. Gleichzeitig wurde dem Beamten Gelegenheit gegeben, sich abschließend zu äußern.

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Nach Antrag des Beklagten wurde der Gesamtpersonalrat beim Polizeipräsidium ... um Zustimmung zur Klageerhebung gebeten. Eine Zustimmung erfolgte in der Sitzung am 20. Februar 2013.

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Am 21. März 2013 hat der Kläger die vorliegende Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Dienst erhoben. Dem Beklagten wird vorgehalten, dass im Rahmen einer anlassunabhängigen Recherche des Bundeskriminalamtes am 17. April 2012 die Verbreitung von Kinderpornografie über die Internet-Tauschbörse G... festgestellt worden sei. Über die mitgeloggte IP-Adresse zum Zeitpunkt des Datentransfers sei der Beklagte als Benutzer ermittelt worden. Aufgrund eines Beschlusses des Amtsgerichts ... vom 6. Juni 2012 habe beim Beklagten am 14. Juni 2012 eine Durchsuchung der Wohnung in ... stattgefunden, in deren Verlauf unter anderem ein Notebook Acer Travelmate sichergestellt worden sei. Auf dem privaten Rechner des Beamten sei eine so genannte Filesharing-Software (shareaza) zum Tauschen von Dateien, insbesondere Bildern und Videos, installiert gewesen. Zwischen dem 7. April 2012 und 2. Juni 2012 habe er an 12 Tagen in dem für Upload und Download freigegebenen Ordner insgesamt jeweils mindestens einen kinderpornografischen Film zum Download für eine beliebige Anzahl von Nutzern dieser Tauschbörse freigegeben. Die in der Klageschrift im Einzelnen aufgelisteten Filme zeigten weibliche oder männliche Darsteller, deutlich unter 14 Jahren (Kinder), beim Geschlechts- oder Oralverkehr mit erwachsenen Männern, aber auch bei der Vornahme sexueller Handlungen an sich selbst, an anderen Kindern oder beim Posieren in sexuell aufreizenden Posen. Die Auswertung des Notebooks und der darin befindlichen Datenträger habe ferner ergeben, dass der Beamte 230 verschiedene kinderpornografische Dateien (Filme und Bilder) abgespeichert habe. Durch das Abspeichern der Dateien habe er sich den Besitz verschafft. Die Abbildungen zeigten weibliche und männliche Darsteller, deutlich unter 14 Jahren (Kinder).

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Diese Straftaten wirkten sich besonders schwer auf das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn aus. Durch das Fehlverhalten habe der Beklagte im Kernbereich seiner beamtenrechtlichen Pflichten versagt und dadurch eine Disziplinarmaßnahme verwirkt. Das Dienstvergehen wiege schwer. Der Beamte habe vorsätzlich und in voller Kenntnis seines Unrechts und der möglichen beamtenrechtlichen Folgen gehandelt. Er sei entgegen seiner Einlassung nicht zufällig auf kinderpornografisches Material gestoßen, sondern habe in dem Tauschbörsennetz gezielt nach Dateien mit kinderpornografischen Inhalten gesucht. Dies zeigten insbesondere die von ihm verwendeten Suchbegriffe. Anhand der erstellten Upload- und Download-Statistik der freigegebenen Dateien mit strafbaren Inhalten ergebe sich eine Laufzeit der Netzwerkverbindungen des Rechnersystems des Beklagten vom 7. April 2012 bis zum 14. Juni 2012 (Tag der Durchsuchung) von 46 Tagen, 9 Stunden, 42 Minuten und 50 Sekunden. Sein Verhalten stelle eine schwerwiegende Verletzung seiner Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten dar. Der sexuelle Missbrauch von Kindern sei in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich. Besonders fatal wirke sich vorliegend aus, dass es sich bei dem Beklagten um einen Polizeibeamten handle, zu dessen Kernpflichten es gehöre, Straftaten zu verhindern und aufzuklären, sowie zur Wahrung der Rechtsordnung beizutragen. Das Verhalten des Beklagten sei nicht nur strafbar, sondern auch sittenwidrig, hochgradig sozial schädlich und besonders verwerflich.

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Eine mildere Bewertung des von ihm begangenen Dienstvergehens sei auch unter Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbildes nicht möglich. Nach Einschätzung seiner Vorgesetzten handle es sich beim Beklagten um einen motivierten Beamten, dessen Leistungen in der Vergangenheit zur vollsten Zufriedenheit erbracht worden seien. Aufgrund seiner technischen Fähigkeiten als ehemaliger Hubschrauberpilot und seiner überdurchschnittlichen EDV-Kenntnisse gelte er als engagierter Mitarbeiter. Vor dem Hintergrund der nachgewiesenermaßen gezielten Suche nach kinderpornografischem Material komme diesen Gesichtspunkten jedoch keine entscheidende Bedeutung zu.

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Eine fehlende Schuldhaftigkeit oder sonstige mildernde Umstände seien darüber hinaus nicht gegeben. Das im Gesamtzusammenhang gesehene hohe Maß an Pflichtvergessenheit und Missachtung seiner besonderen Stellung als Polizeibeamter habe die irreversible Zerstörung des Vertrauensverhältnisses des Dienstherrn und der Allgemeinheit bewirkt. Eine Weiterverwendung des Beamten würde die Integrität des Beamtentums unzumutbar belasten. Die Entfernung aus dem Dienst sei von daher unausweichlich.

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Der Kläger beantragt,

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den Beamten aus dem Dienst zu entfernen.

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Der Beklagte beantragt

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die Klage abzuweisen.

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Er beruft sich auf besondere Gründe, die das Dienstvergehen in einem milderen Licht erscheinen ließen. Er habe ab dem Zeitpunkt der Durchsuchung freiwillig und ehrlich mit den ermittelnden Beamten zusammengearbeitet und alles getan, um die Sachlage aufzuklären. Er bereue die Tat vollends und habe sein Fehlverhalten uneingeschränkt eingestanden. Darüber hinaus werde er alles tun bzw. habe er bereits alles getan, um dieses Fehlverhalten zu korrigieren. Er habe sich nach der Tat in ärztliche Behandlung begeben und sich einem Klinikaufenthalt in der Zeit vom 5. Dezember 2012 bis 13. Februar 2013 unterzogen. Dort sei eine professionelle Auseinandersetzung mit der Tat sowie eine Aufarbeitung des Sachverhalts erfolgt. Er habe bereits vor der Tat an psychischen Störungen gelitten, welche ihn das Unrecht seiner Tat nicht hätten erkennen lassen. Diese seien gekoppelt gewesen mit einem hohen Stressfaktor, welcher aus dem Verlust seines Traumberufs als Pilot und einer damit verbundenen Reduzierung des eigenen Selbstwertgefühls, der hohen Arbeitsbelastung und den gesteigerten Ansprüchen im Beruf sowie dem parallelen Aufbau einer Praxis für Heilkunde der Ehefrau sowie der Sanierung eines neu erworbenen Jugendstilhauses resultiere. So habe sein Tagesablauf teilweise mehr als 12 Stunden umfasst. Dies habe auch zu einer Steigerung des Alkoholgenusses in der Freizeit geführt, so dass insgesamt die Hemmschwelle bezüglich der Tatbegehung stark vermindert gewesen sei.

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Weiterhin sei zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass die Fileshare-Software „shareaza“ von der Internetseite der renommierten Zeitschrift CHIP heruntergeladen und installiert worden sei. Grund des Downloads sei niemals der gewollte Upload von kinderpornografischen Dateien gewesen. Vielmehr sei es so, dass der Upload der Dateien gänzlich unbemerkt stattgefunden habe. Er habe lediglich bemerkt habe, dass der PC bei der Benutzung immer langsamer geworden sei. An einen Zusammenhang mit dem Filesharing-Programm habe er nicht gedacht und erst recht nicht daran, dass ein solches Filesharing-Programm noch auf dem Rechner installiert gewesen sei. Dies belege auch die Tatsache, dass vom 7. April 2012 bis 2. Juni 2012 in 12 Tagen nur 18 Dateien (vom Programm automatisch) freigegeben worden seien. Hätte er die Dateien bewusst freigegeben, wäre die Freigabezahl sicherlich höher gewesen. Die vorgetragene Verbindungszeit von über 46 Tagen sei auch dem Umstand geschuldet, dass internetfähige Systeme in heutiger Zeit unter Umständen auch im Standby-Modus mit dem Netzwerk verbunden blieben. Außerdem sei der Rechner nicht ausnahmslos von ihm, sondern unter anderem auch von seiner Frau benutzt worden. Während der Benutzung durch die Ehefrau habe sich der PC ebenfalls mit dem Internet verbunden und habe so zum Gesamtresultat von über 46 Tagen Verbindungszeit geführt.

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Bezüglich der von ihm besuchten Internetseiten sei festzustellen, dass die Kenntnis derselben zufällig durch sogenannte „Popups“ und/oder Verlinkungen auf illegalen Internetseiten während des Surfens zum Tatzeitpunkt erfolgt seien. Ebenso sei es leicht möglich, durch einen Schreibfehler bei der Suche auf einer Seite eines Internetsuchanbieters auf Seiten mit kinderpornografischem Inhalt zu gelangen. Die in der Klageschrift aufgelisteten Dateien zeigten zudem in der Tabelle unter laufender Nummer 14 und 15, dass auch generell unverfängliche Suchbegriffe wie „Harry Potter“ auf Seiten bzw. Dateien mit pornografischem Inhalt führten.

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Hinsichtlich der Würdigung der Schwere des Dienstvergehens müsse berücksichtigt werden, dass er weder eine leitende noch eine Internet basierte Funktion im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit innegehabt habe. Auch sei nicht berücksichtigt worden, dass es sich lediglich um ein außerdienstliches Fehlverhalten gehandelt habe.

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Zu seinen Gunsten sei auch zu würdigen, dass er seinen Dienst bisher untadlig geführt und bei der Arbeit stets äußerst motiviert gewesen sei. Lediglich zur Vermeidung des Ansehens des Beamtentums habe er den Einspruch gegen den Strafbefehl im Rahmen des gegen ihn eingeleiteten Strafverfahrens zurückgenommen, um eine öffentliche Verhandlung zu vermeiden. Nur eine mildere Disziplinarmaßnahme werde auch dem Umstand gerecht, dass er sich niemals habe etwas zuschulden kommen lassen und er ein gewissenhafter Beamter sei. Stets habe er Zusatzaufgaben übernommen. Sicherlich seien seine EDV-Kenntnisse überdurchschnittlich gewesen und er habe bei der Bereitschaftspolizei zusätzliche Kenntnisse erworben, die jedoch selbst bei heranwachsenden Schülern und Kindern mittlerweile standardmäßig vorhanden seien. Er habe sich in der Schulung der Mitarbeiter freiwillig engagiert und habe sich zum Lehrgang – Tempus - auf der Landespolizeischule H... freiwillig gemeldet. Dort habe er eingehende Programmkenntnisse erlangt.

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Im Hinblick auf seine lange Dienstzeit und auch seine familiäre sowie finanzielle Situation sei eine Entfernung unverhältnismäßig, da diese seine komplette Existenz zerstören würde.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze sowie auf die Verwaltungs- und Personalakten verwiesen. Diese lagen dem Gericht ebenso wie die Strafakte nebst Sonderband (Az.: ...) vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

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Der Beklagte hat sich eines Dienstvergehens schuldig gemacht, welches unter angemessener Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbildes sowie des Umfangs der von ihm verletzten Pflichten und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit die Entfernung aus dem Dienst erforderlich macht (§§ 11, 3 Nr. 5, 8 Landesdisziplinargesetz - LDG - vom 2. März 1998 [GVBl. S. 29] i.d.F. vom 2. März 2006 [GVBl. S. 56]).

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Das der Disziplinarklage vorangegangene förmliche Disziplinarverfahren leidet an keinem Verfahrensmangel.

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In der Sache steht fest, dass der Beklagte sich eines schweren Dienstvergehens schuldig gemacht hat. Durch den Besitz und das Zugänglichmachen kinderpornografischer Bilder hat er im außerdienstlichen Bereich in disziplinarisch beachtlicher Weise schuldhaft die ihm nach §§ 34 S. 2 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (BeamtStG) obliegende Pflicht, sich innerhalb und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten, verletzt, wozu insbesondere die Pflicht gehört, nicht gegen Strafgesetze zu verstoßen. Zugleich hat der Beklagte gegen seine Pflicht zur Wahrung des Ansehens der Polizei in der Öffentlichkeit (§ 115 Landesbeamtengesetz – LBG -) verstoßen. Dieses Dienstvergehen (§ 47 Abs. 1 BeamtStG) ist mit der Entfernung aus dem Dienst angemessen geahndet.

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Seiner rechtlichen Würdigung legt das erkennende Gericht folgenden Sachverhalt zugrunde:

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Anlässlich einer Durchsuchung beim Beklagten wurde festgestellt, dass dieser auf seinem Privat-PC eine sogenannte Filesharing-Software (shareaza) zum Tauschen von Dateien, insbesondere Bildern und Videos, installiert hatte. Zwischen dem 7. April 2012 und 2. Juni 2012 hatte er hierüber an 12 Tagen in dem für Upload und Download freigegebenen Ordner insgesamt jeweils mindestens einen kinderpornografischen Film zum Download für beliebig viele andere Nutzer dieser Tauschbörse freigegeben. Die Dateinamen der Filme, Download-Beginn sowie Download-Ende ergeben sich im Einzelnen aus der Auflistung im Strafbefehl des Amtsgerichts ... vom 2. November 2012, rechtskräftig seit dem 12. Februar 2013 (Az.: ...). Die Filme zeigen weibliche und männliche Darsteller, deutlich unter 14 Jahren (Kinder) beim Geschlechts- und Oralverkehr mit erwachsenen Männern, aber auch bei der Vornahme sexueller Handlungen an sich selbst, an anderen Kindern oder beim Posieren in sexuell aufreizenden Posen.

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Darüber hinaus war der Beklagte im Besitz von 117 verschiedenen kinderpornografischen Dateien (Filme und Bilder). Die Abbildungen zeigen ebenso weibliche und männliche Darsteller, deutlich unter 14 Jahre (Kinder) beim Geschlechts- und Oralverkehr mit erwachsenen Männern, bei der Vornahme sexueller Handlungen an sich selbst oder an anderen Kindern sowie beim Posieren in eindeutig sexuell aufreizenden Körperpositionen.

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Dieser Sachverhalt steht hinsichtlich des Verbreitens pornografischer Schriften fest aufgrund des rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts ... (Az.: ...) und hinsichtlich des Besitzes ebenso grundsätzlich aufgrund der Feststellungen des vorbezeichneten Strafbefehls, wobei lediglich die Anzahl der vorgehaltenen sozialschädlichen Dateien auf die vorbenannte Zahl zu reduzieren war, wie im Einzelnen noch auszuführen sein wird.

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Grundsätzlich entfalten Feststellungen eines Strafbefehls zwar keine Bindungswirkung nach § 16 Abs. 1 LDG, da dieser kein Urteil ist und daher keine der Bindungswirkung zugänglichen tatsächlichen Feststellungen enthält, weil er nicht auf erwiesenen Tatsachen beruht, sondern in einem summarischen Verfahren lediglich auf den hinreichenden Verdacht solcher Tatsachen gestützt ist (BVerwG, Urteil vom 16. Juni 1992 – 1 D 11/91 -, BVerwGE 93, 255). Allerdings können die Feststellungen des Strafbefehls nach Maßgabe des § 16 Abs. 2 LDG als Feststellungen in einem „anderen gesetzlich geordneten Verfahren“ nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts der Entscheidung ohne erneute Überprüfung zugrunde gelegt werden. Mit einem solchen Verfahren ist unter anderem das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren erfasst, auch soweit es nur zu einem Strafbefehl geführt hat (vgl. Weiss, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, Komm., § 23 BDG, Rdnr. 32, 35). Den in einem rechtskräftigen Strafbefehl getroffenen tatsächlichen Feststellungen kommt im Regelfall eine erhebliche Indizwirkung zu. Dies gilt insbesondere dann, wenn – wie hier – der Beschuldigte auf einen Einspruch gegen die materiell-rechtlichen Feststellungen des Strafbefehls verzichtet hat, mit der Folge, dass der Strafbefehl einem rechtskräftigen Urteil gleichsteht (§ 410 Abs. 3 StPO). Allein die Tatsache des Verzichts auf den Einspruch belegt indiziell die Richtigkeit des im Strafbefehl bezeichneten Sachverhalts (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 3. Juli 2012 – Juris -).

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Hinsichtlich der im Strafbefehl des Amtsgerichts ... aufgelisteten Dateien, die der Beklagte über die Filesharing-Software bezogen und gleichzeitig öffentlich zugänglich gemacht hat, hat der Beklagte zudem im Termin zur mündlichen Verhandlung ausdrücklich eingeräumt, dass er die ihm im Strafverfahren vorgehaltenen Taten begangen hat. Auch den Besitz kinderpornografischer Dateien hat der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung zugestanden, sodass auch diesbezüglich grundsätzlich die Feststellungen des Strafbefehls zugrunde zu legen sind. Soweit der Strafbefehl jedoch den strafbewehrten Besitz auf 230 Bilddateien erstreckt, hat die Inaugenscheinnahme des Datenträgers durch die Kammer lediglich einen Bestand von 128 Dateien ergeben. Hiervon sind 117 (116 Bilder und ein Video) eindeutig als kinderpornografisches Material im Sinne des § 184 b StGB i.V.m. § 176 Abs. 1 StGB zu werten. Es handelt sich bei den dargestellten Verletzten um Kinder unter 14 Jahre, teilweise sogar um Kleinstkinder. Bei 11 Dateien handelt es sich hingegen um solche, auf denen entweder Kinder bzw. Jugendliche über 14 Jahre abgebildet waren oder um reine (straffreie) Posing-Bilder, d.h. ohne eindeutige sexualbezogene Handlungen (§ 184g StGB). Dieser Umstand ist zugunsten des Beklagten im Rahmen der tatrichterlichen Feststellung zugrunde zu legen, ohne dass es einer weitergehenden Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage des Alters der abgebildeten Kinder bedurfte, wie vom Beklagten angeregt.

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Durch die Verwirklichung nicht nur des Straftatbestandes des § 184b Abs. 4 StGB, sondern darüber hinaus auch des § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB hat der Beklagte sich in disziplinarrechtlicher Hinsicht achtungs- und vertrauensunwürdig verhalten (§ 34 S. 3 BeamtStG) und zugleich das Ansehen der Polizei geschädigt (§ 115 LBG).

37

Dabei geht das erkennende Gericht ebenso wie der Strafbefehl von einem vorsätzlichen Verhalten des Beamten aus. Anhaltspunkte für das Vorliegen von Schuldausschlussgründen liegen nicht vor. Im Strafverfahren hat der Beklagte, ohne sich jedoch auf eine Schuldunfähigkeit zu berufen, ärztliche Bescheinigungen vorgelegt, aus denen sich lediglich der Umstand jeweils durchgeführter ärztlicher Behandlungen ergibt. Ausdrücklich erklärte der Beklagte hier, dass er auf seine psychischen Probleme hinweisen, jedoch nicht den § 21 StGB bemühen wolle. Der Umstand solle lediglich colorandi causa aktenkundig gemacht werden. Ohne nähere Begründung oder Vorlage einer dezidierten Diagnose beruft sich der Beklagte im Disziplinarklageverfahren hingegen auf eine mögliche Schuldunfähigkeit und verweist dabei jedoch lediglich auf die bereits im Strafverfahren vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen. Da für das Vorliegen der nunmehr behaupteten Tatsache, er habe die Taten im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen, ebenso wie bereits im Strafverfahren aufgrund des unsubstantiierten Vortrages noch nicht einmal eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, ist die dahingehende Behauptung als bloße Schutzbehauptung und die entsprechende Beweisanregung als Ausforschungsbeweisanregung zu würdigen.

38

Sofern der Beklagte sich im weiteren Verlauf des Disziplinarverfahrens darauf berufen hat, dass sämtliche zur Tatbegehung geführten Handlungen unbewusst erfolgt seien, so ist er hiervon im Termin zur mündlichen Verhandlung insofern abgerückt, als er hier eingeräumt hat, dass er bewusst nach diesen Dateien gesucht bzw. den entsprechenden Suchbegriffen bewusst nachgegangen ist. Dass eine Benutzung von Tauschbörsen bewirkt, dass grundsätzlich jeder Teilnehmer Nutzer und auch zugleich Anbieter ist, muss der Beklagte sich ebenso zurechnen lassen. Dies gilt zumal er aufgrund seiner dienstlichen Tätigkeit über Sonderwissen hinsichtlich des Umgangs mit dem Internet verfügte.

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Die schuldhaften Pflichtverletzungen erfüllen die qualifizierenden Voraussetzungen, die § 47 Abs. 1 BeamtStG an ein beachtliches außerdienstliches Dienstvergehen stellt. Danach ist ein Verhalten außerhalb des Dienstes nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderer Weise geeignet ist, das Vertrauen oder die Achtung in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Zur Relevanz außerdienstlichen Fehlverhaltens hat das Bundesverwaltungsgericht grundlegend in seinen Entscheidungen vom 19. August 2010 – Az.: 2 C 13/10 und 2 C 5/10 – juris - ) ausgeführt, dass ein beachtliches Dienstvergehen in diesem Sinne nur dann vorliegt, wenn die Beeinträchtigung der Achtung und des Vertrauens durch das zur Last gelegte Fehlverhalten sich entweder auf das Amt des Beamten im konkret-funktionellen Sinne (Dienstposten), d.h. auf die Erfüllung der dem Beamten konkret obliegenden Dienstpflichten, oder auf das Ansehen des Berufsbeamtentums als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung bezieht. Ersteres hat das Bundesverwaltungsgericht für den Fall bejaht, dass ein Lehrer außerdienstlich kinderpornografische Schriften besitzt (vgl. BVerwG, Az.: 2 C 5/10, a.a.O.) und verneint für den Fall eines Zollanwärters, der dienstlich mit der „Finanzkontrolle Schwarzarbeiter“ beschäftigt war (BVerwG, Urteil vom 19. August, 2 C 13/10 – Juris -).

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Für den Fall eines Polizeibeamten ist ein derartiger Dienstbezug ebenso zu bejahen. Zu dessen Kernpflichten innerhalb des Dienstes gehören generell das präventive Verhindern von Straftaten, das Aufklären und auch das Verfolgen derselben. Dies gilt im Besonderen im Hinblick auf Straftaten, die den Schutz der körperlichen und geistigen Integrität von minderjährigen Kindern zu dienen bestimmt sind. Allein wer kinderpornografische Schriften besitzt (§ 184 Abs. 4 StGB), trägt durch seine Nachfrage nach solchen Darstellungen zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern (§ 176 a Abs. 2 StGB) und damit zum Verstoß gegen die Menschenwürde und körperliche Unversehrtheit bei. Der sexuelle Missbrauch eines Kindes ist in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich. Er greift in die sittliche Entwicklung eines jungen Menschen ein und gefährdet die harmonische Bildung seiner gesamten Persönlichkeit sowie seine Einordnung in die Gemeinschaft, weil ein Kind wegen seiner fehlenden oder noch nicht hinreichenden Reife intellektuell und gefühlsmäßig das Erlebte in der Regel gar nicht oder nur schwer verarbeiten kann. Zudem degradiert der Täter die sexuell missbrauchten kindlichen Opfer zum bloßen auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung (vgl. BVerwG, a.a.O. mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Dies gilt erst recht für denjenigen, der kinderpornografische Schriften nicht nur besitzt, sondern diese zudem öffentlich zugänglich macht (§ 184 b Abs. 1 Nr. 2 StGB). Der erhöhte Strafrahmen des § 184 b Abs. 1 StGB verdeutlicht das gegenüber dem bloßen Besitz erhöhte Unrecht dieses Verhaltens.

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Vor dem Hintergrund dieses Strafgrundes muss von einem Polizeibeamten, auch wenn er selbst nicht unmittelbar mit der Verfolgung dieses Deliktsbereichs betraut ist, er aber gehalten wäre, bei Kenntniserlangung derartiger Straftaten tätig zu werden, unbedingt erwartet werden können, dass er sich auch außerhalb des Dienstes in dieser Hinsicht gesetzestreu verhält (vgl. Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. Februar 2013, 3 A 11032/12.OVG). Einem Polizeibeamten, der sich im privaten Bereich kinderpornografisches Material verschafft, veröffentlicht und abspeichert, sich mithin an der Nachfrage missbräuchlichen Materials aktiv beteiligt, kann nicht mehr mit dem nötigen Vertrauen in die Bereitschaft begegnet werden, diesen Markt aktiv zu bekämpfen. Angesichts des erheblichen Eingriffs in die Menschenwürde der Kinder muss sich ein Polizeibeamter in dieser Hinsicht absolut rechtstreu verhalten, um seiner besonderen Verantwortung gerecht zu werden (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 2. April 2009, Az.: DL 16 S 3290/08 – juris -). Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen ist es auch unerheblich, ob der Dienstbezug bei einem Lehrer angesichts der diesem zukommenden Erziehungsaufgaben noch „näher“ ist als bei einem Polizeibeamten, was unzweifelhaft der Fall sein dürfte. Jedenfalls verbleibt es für die Personengruppe der Polizeibeamten, die – wie hier als Schutzbeamte konkret mit der Strafverfolgung betraut sind – dabei, dass ein konkreter Dienstbezug ebenso gegeben ist (andere Auffassung: BayVGH, Urteil vom 17. November 2011 – 16 aD 10.2504 – juris -). Der Beklagte hat durch den außerdienstlichen Besitz kinderpornografischer Schriften einen erheblichen Persönlichkeitsmangel indiziert, der Anlass zu Zweifeln an seiner Eignung gibt, dass er dem einem Polizisten obliegenden Strafverfolgungsauftrag jederzeit gerecht wird.

42

Unbeschadet des vorliegenden Dienstbezuges ergibt sich die disziplinarrechtliche Relevanz des außerdienstlichen Verhaltens darüber hinaus auch aus dem Umstand der Verurteilung des Beklagten wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe (BVerwG, Urteil vom 19. August 2010, a.a.O.). Denn auch in diesen Fällen ist die Eignung zur Beeinträchtigung von Achtung und Vertrauen im Hinblick auf das Ansehen des Beamtentums im Sinne des § 47 Abs. 1 BeamtStG gegeben.

43

Das nach den Grundsätzen der Einheit des Dienstvergehens zu würdigende Fehlverhalten des Beklagten kann nur mit der Höchstmaßnahme ausreichend geahndet werden. Nach § 11 Abs. 1 und 2 LDG ist die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Umstände zu bestimmen. Erst aufgrund des Ergebnisses dieser Gesamtwürdigung kann festgestellt werden, ob ein Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist, weil er das erforderliche Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Der Schwere des Dienstvergehens kommt als dem maßgebenden Bemessungskriterium richtungsweisende Bedeutung zu. Bestimmte Fallgruppen von Dienstvergehen können aufgrund der ihnen typischerweise zukommenden Schwere einer bestimmten Disziplinarmaßnahme als Regelmaßnahme zugeordnet werden. Es kommt dann für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme im Einzelfall darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist.

44

Die Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes ist Ausdruck des Schuldprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Davon abgesehen ist das Persönlichkeitsbild für die Bewertung bedeutsam, ob der Beamte trotz des Dienstvergehens weiterhin im Beamtenverhältnis tragbar ist. Lässt sich für eine Fallgruppe wegen der Variationsbreite der Schwere des Fehlverhaltens ein Orientierungsrahmen zwischen einer milderen und einer härteren Disziplinarmaßnahme bilden, sind die Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und dem Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung für die Ausfüllung dieses Rahmens von Bedeutung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 2012, 2 B 28/12, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung – juris -).

45

Für die Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme kommt zunächst dem gesetzlichen Strafrahmen maßgebende Bedeutung zu. Die Orientierung am Strafrahmen gewährleistet eine rationale und gleichmäßige disziplinarrechtliche Bewertung außerdienstlichen Fehlverhaltens. Sowohl die Disziplinarwürdigkeit als auch die Schwere außerdienstlichen Fehlverhaltens hängen zudem maßgebend davon ab, ob ein Bezug zur Dienstausübung des Beamten gegeben ist. Für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornografischer Schriften hat das Bundesverwaltungsgericht aus dem seit 2004 geltenden Strafrahmen des § 184 b Abs. 4 StGB von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die Maßnahmebemessung jedenfalls dann auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist, wenn das Dienstvergehen keinen Bezug zu den dienstlichen Aufgaben des Beamten aufweist. Liegt ein dienstlicher Bezug vor, reicht der Orientierungsrahmen bis zur Entfernung aus dem Dienst. Hat der Beamte nicht nur kinderpornografische Schriften besessen, sondern solche Schriften auch öffentlich zugänglich gemacht, sieht § 184b Abs. 1 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 31. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2149) für dieses Vergehen eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor. Dieser höhere Strafrahmen ist nach den dargelegten Grundsätzen bei der Maßnahmebemessung erschwerend zu berücksichtigen. Der Orientierungsrahmen reicht in diesem Fall nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juni 2012 (a.a.O.) auch ohne konkreten Dienstbezug für die Annahme eines Orientierungsrahmens bis zur Dienstentfernung.

46

Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen bildet die Entfernung aus dem Dienst den hier maßgeblichen Orientierungsrahmen, da sowohl ein Dienstbezug gegeben als auch der erhöhte Strafrahmen des § 184b Abs. 1 StGB zugrunde zu legen ist.

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Der Orientierungsrahmen entbindet das Gericht jedoch nicht, aufgrund einer prognostischen Würdigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Persönlichkeit des Beamten, die Disziplinarmaßnahme zu bestimmen. Erst aufgrund des Ergebnisses dieser Gesamtwürdigung kann festgestellt werden, ob ein Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist (BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 2012, a.a.O.).

48

In die Gesamtabwägung ist dabei vorliegend zunächst die nicht unerhebliche Anzahl der beim Beklagten gefundenen abgespeicherten Dateien und auch der Inhalt des Filmmaterials, der im Termin zur mündlichen Verhandlung seitens des Klägervertreters unbestritten als „hardcore“ bezeichnet wurde, einzustellen. Die gesichteten weiteren Dateien zeigen zudem einen erheblichen sexuellen Missbrauch – teilweise von Kleinstkindern - und sind damit ebenso als besonders verwerflich einzustufen. Gleichfalls belastend wirkt für den Beklagten, dass er allein in dem hier überprüften Zeitraum zwischen dem 7. April 2012 und 2. Juni 2012 wiederholt nach kinderpornografischem Material gesucht und dieses zugleich weiterverbreitet hat, ohne sich zu irgendeinem Zeitpunkt auf das Unrecht seines Verhaltens zu besinnen. In seiner konkreten Funktion als Polizeibeamter hätte von ihm unbedingt erwartet werden können und müssen, dass er sich nach einer einmaligen Augenblickstat - oder Befriedigung seiner Neugier - seiner Pflichten ermahnt und keine weiteren Dateien mehr sucht. Stattdessen suchte er nach dem 7. April 2012 an weiteren 11 Tagen unter eindeutigen Begriffen wie „Russian Kids 8-10 Years Old Fuck in The Car …“ gezielt nach entsprechendem strafbewehrtem Material. Auch das Abspeichern von hiervon unabhängigem kinderpornografischem Bildmaterial zum Zwecke der jederzeitigen Einsichtnahme belegt, dass der Beklagte zumindest im fraglichen Zeitraum als „regelmäßiger Konsument“ kinderpornografischen Materials anzusehen ist. Dies offenbart einen derart erheblichen Charaktermangel, der auch nicht durch die zugunsten des Beklagten sprechenden Umstände aufzuwiegen ist.

49

Die lange unbeanstandete Dienstzeit, die erbrachten dienstlichen Leistungen sowie seine strafrechtliche Unbescholtenheit gehören ohnehin zum Selbstverständnis der den Beamten obliegenden Dienstpflichten. Auch der Umstand, dass der Beklagte sich nach Tataufdeckung in psychologische Behandlung begeben hat und ernsthaft bemüht war und noch ist, sein Fehlverhalten, das er auch erkennbar aufrichtig bereut, aufzuarbeiten, vermag die Schwere des Dienstvergehens und den Umfang der bewirkten Vertrauensbeeinträchtigung gegenüber seinem Dienstherrn und auch der Öffentlichkeit, ebenso nicht aufzuwiegen. Dies gilt selbst für den Fall, dass zugunsten des Beklagten unterstellt wird, dass eine Wiederholungsgefahr derzeit nicht mehr besteht. Von daher war das Gericht auch nicht gehalten, der weitergehenden Beweisanregung des Beklagten zur Klärung dieses Umstandes nachzugehen.

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Soweit der Beklagte sich darüber hinaus darauf beruft, dass er an einer Vorerkrankung gelitten hat und infolgedessen in seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit – zumindest - eingeschränkt gewesen ist, so vermag ihn auch dieser Einwand nicht zu entlasten. Wie bereits zur Frage der Schuldfähigkeit ausgeführt, fehlt es vor dem Hintergrund des dahingehenden unsubstantiierten Vortrages des Beklagten bereits an jeglichen greifbaren Anhaltspunkten hinsichtlich einer möglichen Erkrankung und einer kausalen Beeinflussung seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit durch dieselbe im Tatzeitraum. Ärztliche Unterlagen hierzu wurden im Klageverfahren seitens des Beklagten nicht vorgelegt. Die allein im Strafverfahren eingereichten ärztlichen Bescheinigungen bieten ebenso keine Anhaltspunkte dafür, dass für die vom Beklagten behauptete Tatsache wenigstens nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht. Aus den ärztlichen Bescheinigungen ergibt sich lediglich, dass der Beklagte in der Vergangenheit und auch nach Tatentdeckung ärztliche Behandlungen durchgeführt hat. Diagnosen wurden ebenso wenig dezidiert dargestellt wie eine mögliche kausale Beeinflussung seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt. Angesichts dieser Umstände bedurfte es auch unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes keiner weitergehenden Beweisaufnahme zur Frage einer eingeschränkten Einsichts- und Steuerungsunfähigkeit.

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Sonstige entlastende Milderungsgründe sind weder ersichtlich noch vom Beklagten vorgetragen. Insbesondere der Verweis auf seine brisante finanzielle Situation vermag das Unrecht seiner Tat und die Zerrüttung des Vertrauens seines Dienstherrn nicht in einem milderen Licht erscheinen lassen.

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Zudem bleibt zu berücksichtigen, dass dem Ansehen des Beamtentums durch das Verhalten des Beamten ein irreparabler Schaden entstanden ist. Es ist nicht zu erwarten, dass die Allgemeinheit Verständnis und Vertrauen dafür aufbringt, dass ein Polizeibeamter, der in dem sensiblen Bereich der Herabwürdigung von Kindern und Jugendlichen zum Zwecke der Befriedigung sexueller Begierden selbst gefehlt hat, in Zukunft seinem Strafverfolgungsauftrag gerecht werden wird. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die Kollegen des Beamten, denen schwerlich zuzumuten sein wird, mit einem solchermaßen straffällig gewordenen Polizeibeamten weiterhin vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Das Vertrauen in eine ordnungsgemäße Diensterfüllung muss daher auch in Ansehung der herbeigeführten Ansehensschädigung des Berufsbeamtentums und des Polizeidienstes im Besonderen als endgültig zerstört angesehen werden.

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Damit bleibt abschließend festzustellen, dass dem Dienstherrn eine Weiterbeschäftigung des Beklagten unter den gegebenen Umständen nicht mehr zuzumuten ist.

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Die Entfernung aus dem Dienst verstößt schließlich auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Danach muss die im Einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und zu den von dem Beamten hinzunehmenden Einbußen stehen. Die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst verfolgt Zwecke der Generalprävention, der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des Dienstherrn. Darüber hinaus ist zu sehen, dass die Verhängung der Höchstmaßnahme auf der schuldhaften und das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn endgültig zerstörenden Pflichtverletzung beruht und dem Beamten von daher als vorhersehbare Rechtsfolge zuzurechnen ist.

55

Eine Abweichung von der gesetzlich normierten Dauer der Gewährung des Unterhaltsbeitrages ist vorliegend nicht geboten, da keine Gründe ersichtlich sind, die aus fürsorgerechtlichen Gesichtspunkten im Einzelfall eine abweichende Entscheidung rechtfertigen könnten (§§ 8 Abs. 2, 70 Abs. 2 LDG).

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 99 Abs. 1 LDG. Verfahren nach dem Landesdisziplinargesetz sind gebührenfrei (§ 109 Abs. 1 LDG).

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 21 LDG in Verbindung mit §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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