Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - A 4 S 120/09

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 3. Mai 2006 - A 4 K 12446/05 - geändert. Nr. 4 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 12.07.2005 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass bei dem Kläger ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Sri Lanka nach § 60 Abs. 2 AufenthG vorliegt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Der Kläger trägt 2/3 und die Beklagte 1/3 der Kosten des - gerichtskostenfreien - Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der am … 1976 geborene Kläger ist srilankischer Staatsangehöriger tamilischer Volkszugehörigkeit. Er reiste am 04.09.1995 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik ein, wo er am 06.09.1995 die Anerkennung als Asylberechtigter beantragte. Bei seinen Anhörungen im September 1995 trug er vor: Er habe in Sri Lanka im Jaffna-Gebiet gelebt. 1993 sei sein älterer Bruder von der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) erschossen worden. Im Dezember 1994 habe er nach Colombo gehen wollen, weil er Angst gehabt habe, von der Tigerbewegung getötet zu werden. In Vavuniya sei er am 01.12.1994 von der Armee festgenommen worden. Wegen vorhandener Verletzungen sei er verdächtigt worden, Tiger-Angehöriger zu sein. Im Rahmen seiner Festnahme sei er auch gefesselt und geschlagen worden. Am 12.12.1994 sei er wieder freigelassen worden. Sein in Vavuniya lebender Onkel habe ihn freigekauft. Dieser habe ihm geraten, das Land zu verlassen. Mit der Tigerbewegung habe er keine Probleme gehabt, aber er sei vor fünf Jahren bei einem Hubschrauberangriff der Armee auf sein Dorf am Arm angeschossen und schwer verletzt worden. Mit Bescheid vom 06.10.1995 lehnte das damalige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt -) den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter ab und stellte zugleich fest, das die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG a.F. sowie Abschiebungshindernisse im Sinne des § 53 AuslG a.F. nicht vorliegen. Auf die hiergegen beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Klage wurde die Beklagte mit (rechtskräftigem) Urteil vom 20.01.1998 (- A 3 K 16180/95 -) unter Aufhebung des Bescheids vom 06.10.1995 verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG a.F. vorliegen. Dem kam das Bundesamt mit Bescheid vom 19.03.1998 nach.
Der Kläger ist in der Bundesrepublik wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten: Er wurde vom Amtsgericht Ludwigsburg am 28.01.1997 (- 8 CS 52 JS 98074/96 1245 VRS -) zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen, am 21.07.1997 (- 8 CS 57 JS 42838/97 1245 VRS -) zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen und am 11.11.1997 (- 8 CS 57 JS 83514/97 1245 VRS -) zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen - jeweils wegen Verstößen gegen das Asylverfahrensgesetz - verurteilt. Eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen erhielt er durch das Amtsgericht Ludwigsburg am 30.12.1997 (- 8 CS 57 JS 92701/97 1245 VRS -) wegen Leistungserschleichung in drei Fällen, Diebstahls und Beihilfe zum versuchten geringwertigen Betrug. Am 23.04.1998 wurde er durch das Amtsgericht Stuttgart (- B 18 CS 104 JS 13988/98 1245 VRS -) wegen Missbrauchs von Ausweispapieren zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen verurteilt. Durch Beschluss des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 20.07.1998 (- 8 CS 57 JS 42838/97 1245 VRS) wurde aus den Entscheidungen des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 21.07.1997 und vom 30.12.1997 eine nachträgliche Gesamtstrafe von 42 Tagessätzen gebildet. Mit Urteil vom 02.11.2000 (- 16 KLS 201 JS 82491/99 3253 VRS -) wurde er vom Landgericht Stuttgart wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in 22 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger war Mitglied einer im Stuttgarter Raum ansässigen Gruppierung srilankischer Staatsangehöriger tamilischer Volkszugehörigkeit, die sich zusammenfand, um eine unbestimmte Anzahl von Personen zumeist tamilischer Volkszugehörigkeit ohne das erforderliche Einreisevisum nach Deutschland und die eingereisten oder andere in Deutschland aufenthaltsberechtigte Personen von Stuttgart aus über den Seeweg - via Frankreich oder Belgien unter Verstoß gegen Einreisebestimmungen - nach Großbritannien zu bringen. Die Ausreisewilligen hatten hierfür erhebliche Geldbeträge zu zahlen. Der Kläger begleitete zusammen mit Mittätern die Personen, die ohne die erforderlichen Einreisepapiere über Frankreich oder Belgien nach Großbritannien gelangen wollten, bis zu den Kanalhäfen nach Belgien oder Frankreich. Sie suchten auf Lkw-Parkplätzen geeignete Speditionslaster, die auf dem Weg nach Großbritannien waren. Sie öffneten die Planen der Lkws, versteckten die Ausreisewilligen auf der Ladefläche und verplombten anschließend die Planen wieder. Der Kläger führte auch eigenverantwortlich zahlreiche Personentransporte unter Verstoß gegen Einreise- und Ausreisebestimmungen durch. Hierfür setzte er zwei Fahrer ein. Auch andere Mitglieder der Gruppe organisierten teilweise selbständig Schleusungsfahrten und halfen sich gegenseitig - etwa mit Fahrern oder Vermittlung von „know how“ - aus. Das gemeinsame Interesse ging dahin, Anlaufstelle für ausreisewillige Personen zu sein, um sämtlichen Mitgliedern der Gruppe eine dauernde Einnahmequelle zu verschaffen. Der Kläger erhielt für jeden ausreisewilligen Erwachsenen, den er nach Belgien oder Frankreich brachte, ca. 1.100,-- DM bzw. erhoffte sich einen Betrag in dieser Höhe. In der Zeit von August 1999 bis Januar 2000 führte der Kläger 22 Fahrten durch, bei denen er zusammen mit einem von ihm bezahlten Fahrer die Schleusungswilligen nach Belgien oder Frankreich brachte. Im Rahmen einer der Fahrten im Zeitraum vom 22.10.1999 bis 24.10.1999 wurde der Kläger von der belgischen Polizei festgenommen und befand sich bis zum 23.11.2000 in belgischer Haft. Im Anschluss hieran setzte er seine Schleusertätigkeit fort, bis er am 23.01.2000 von der deutschen Polizei festgenommen wurde. Der Kläger wurde am 09.04.2003 - bei einer Bewährungszeit von drei Jahren - aus der Haft entlassen. Am 28.02.2005 wurde er vom Amtsgericht Limburg an der Lahn (- 7 JS 4989/05 52CS -) wegen Diebstahls und Unterschlagung geringwertiger Sachen zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt. Daraufhin wurde die Bewährungszeit um ein Jahr bis zum 21.03.2007 verlängert. Am 09.05.2007 verurteilte ihn das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt (- C 3 Cs 34 Js 37383/07 3258 VRs -) wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen. Am 29.01.2008 wurde er vom Amtsgericht Tübingen (- 4 Cs 15 Js 21770/07 960 VRs -) wegen gefährlichen Eingriffen in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit Nötigung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt, die Fahrerlaubnis wurde ihm bis zum 28.07.2008 gesperrt.
Mit bestandskräftiger Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.04.2002 wurde der Kläger aus dem Bundesgebiet ausgewiesen.
Mit Schreiben vom 13.10.2004 gab das Bundesamt dem Kläger Gelegenheit, sich innerhalb eines Monats zum beabsichtigten Widerruf des Anerkennungsbescheids vom 19.03.1998 zu äußern. Es führte zur Begründung an, die Sachlage in Sri Lanka habe sich geändert. Eine Gruppenverfolgung der Tamilen bestehe inzwischen nicht mehr. Unabhängig hiervon stehe der Großraum Colombo als inländische Fluchtalternative zur Verfügung. Auch die in seinem Fall als Grundlage für die Anerkennung als Asylberechtigter durch das Verwaltungsgericht Stuttgart angenommene Festnahme durch srilankische Sicherheitskräfte vor seiner Ausreise führe zu keiner anderen Einschätzung. Mit Schreiben vom 18.10.2004 wandte der Kläger ein, unverändert ließen die Verhältnisse in Sri Lanka eine Rückkehr nicht zu. Weiter habe er nach der Verhaftung am 23.01.2000 in einem „Schleuserverfahren“ „ausgepackt“ und dadurch dazu beigetragen, dass eine Reihe von Schleusern hätten überführt werden können. Sein Vater sei am 26.05.2001 von der LTTE erschossen worden. Die von ihm Verratenen hätten die LTTE mit monatlichen Beiträgen unterstützt. Die Ermordung des Vaters sei eine Reaktion auf sein Verhalten gewesen. Bei einer Rückkehr würde er sicher ebenfalls unbeschadet des stagnierenden Friedensprozesses als Verräter umgebracht werden. Er bedauere seine Straftaten. Eine Wiederholung sei im Übrigen schon dadurch ausgeschlossen, dass er für die einschlägigen Kreise durch seine Zusammenarbeit mit der Polizei „verbrannt“ sei. Das Bundesamt widerrief mit Bescheid vom 12.07.2005 die Anerkennung als Asylberechtigter (Nr. 1) sowie die mit Bescheid vom 19.03.1998 getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 AuslG a.F. vorliegen (Nr. 2). Gleichzeitig stellte es fest, dass weder die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (Nr. 3) noch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen (Nr. 4). In der Begründung heißt es im Wesentlichen: Der Kläger habe bei einer Rückkehr in seine Heimat nicht mehr mit politisch motivierter Verfolgung zu rechnen. Soweit im verpflichtenden Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart festgestellt worden sei, dass er aufgrund der Narben als LTTE-Zugehöriger angesehen werden könne, könne dies nunmehr keine besondere Gefährdung mehr darstellen. Er sei nach eigener Aussage bereits fast zehn Jahre lang nicht mehr in seiner Heimat gewesen, was auch den srilankischen Sicherheitskräften nicht verborgen bleiben dürfte, wenn er jetzt nach Sri Lanka zurückkehren würde. Allein diese lange Abwesenheit aus der Heimat beweise bereits, dass er nicht der LTTE zugehörig sei. Die Einlassung, er habe in einem Schleuserverfahren ausgesagt und deshalb drohe ihm bei einer Rückkehr der Tod, könne nicht nachvollzogen werden. Es sei nicht substantiiert dargetan worden, inwieweit seine Aussagen im Schleuserverfahren in Zusammenhang mit einer potentiellen Gefahr bei einer Rückkehr stünden. Auf Grund seiner tamilischen Volkszugehörigkeit habe er politische Verfolgung nicht mehr zu befürchten. Seit dem 24.12.2001 hielten Regierung und LTTE eine Waffenruhe ein.
Die hiergegen am 18.07.2005 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 03.05.2006 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Beklagte habe zu Recht von der zwingenden Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG Gebrauch gemacht. Eine von der Rechtskraft befreiende entscheidungserhebliche Änderung der Sachlage sei im Falle des Klägers gegeben, berücksichtige man die für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit von Verfolgungsmaßnahmen wesentlichen Faktoren, wie die allgemeine und politische Lage und die allgemeine Menschenrechtslage in Sri Lanka. Die frühere Verfolgungsprognose sei darauf gestützt gewesen, dass der Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungsmaßnahmen der LTTE im Norden zu rechnen habe und eine Inhaftierung durch die Sicherheitskräfte im Süden des Landes erlitten hätte. Diese für den Kläger angenommene Gefährdungslage habe sich so nachhaltig verändert, dass auf sie die angenommene Verfolgungsprognose nicht mehr gestützt werden könne. Vielmehr sei er jetzt vor einer derartigen Verfolgung hinreichend sicher.
Mit der vom Senat durch Beschluss vom 15.01.2009 - 4 S 656/06 -antragsgemäß zugelassenen Berufung beantragt der Kläger,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 03. Mai 2006 - A 4 K 12446/05 - zu ändern und den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 12.07.2005 aufzuheben,
hilfsweise,
die Beklagte unter Aufhebung von Nr. 4 des Bescheids vom 12.07.2005 zu verpflichten festzustellen, dass bei ihm ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Sri Lanka nach § 60 Abs. 2 AufenthG,
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hilfsweise nach § 60 Abs. 5 AufenthG,
11 
hilfsweise nach § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegt.
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Zur Begründung trägt er vor: Die Situation in Sri Lanka habe sich weiter drastisch verschlechtert. Im Hinblick auf die aktuelle Verfolgungssituation der tamilischen Minderheit in Sri Lanka liege die Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung, jedenfalls für Untergruppen jüngerer Tamilinnen und Tamilen im Rekrutierungsalter der LTTE sowie der paramilitärischen tamilischen Gruppierungen, mithin im Alter von etwa 15 bis etwa 40 Jahren, vor. Insoweit bestehe zwischen allen Personen und Institutionen, die in letzter Zeit Berichte zur Menschenrechtsituation in Sri Lanka abgegeben hätten, Einigkeit dahingehend, dass von einer drastischen Verschärfung der Verfolgungssituation für Tamilen in Sri Lanka seit dem Amtsantritt des jetzigen Präsidenten gesprochen werden müsse. Die srilankische Regierung verfolge eine allein militärische Strategie und wolle die LTTE „niederwerfen“. Dies habe zu einem Wiederaufflammen des Bürgerkriegs geführt, der bis heute andauere. Im Zuge dieses Bürgerkriegs sei zu konstatieren, dass Angehörige der tamilischen Minderheit einem „Generalverdacht“ unterlägen, die LTTE als separatistische Ziele verfolgende Gruppierung zu unterstützen. Gerade auf Grund des angesprochenen Generalverdachts müsse jedes Mitglied der tamilischen Bevölkerung in Sri Lanka, zumindest Angehörige dieser Ethnie in der vorstehend gebildeten Untergruppe, damit rechnen, willkürlich inhaftiert, misshandelt und gegebenenfalls auch getötet zu werden. Die Zahlen der hiervon Betroffenen - soweit überhaupt feststellbar - seien extrem nach oben geschnellt, so habe die Zahl der Verschwundenen in Sri Lanka im letzten Jahr derart zugenommen, dass Sri Lanka im Weltvergleich einen unrühmlichen Spitzenplatz einnehme. Die nunmehrigen gesetzlichen Bestimmungen - sofern selbst diese noch eingehalten würden - erlaubten es den srilankischen Sicherheitsorganen, Personen praktisch grenzenlos festzuhalten, ohne dass eine effektive gerichtliche Überprüfung möglich sei. Es sei zu konstatieren, dass es offenbar staatlichem Willen entspreche, die Sicherheitskräfte völlig grenzen- und kontrolllos walten zu lassen, ohne dass diese in irgendeiner Art und Weise befürchten müssten, bei menschenrechtswidrigen Übergriffen zur Verantwortung gezogen zu werden. Erst recht gelte dies dann für Angehörige der paramilitärischen Gruppierungen wie etwa der sogenannten Karuna-Gruppe, die im Osten Sri Lankas nach den Ausführungen des Auswärtigen Amts förmlich eine „Schreckensherrschaft“ etabliert hätten. Bei dieser Situation sei die Lage für Angehörige der tamilischen Minderheit vollkommen aussichtslos, es bleibe allein dem Zufall überlassen, ob sie Opfer derartiger Übergriffe würden oder nicht. Die Voraussetzungen für eine Gruppenverfolgung lägen daher vor, dies gelte erst recht für die Gruppe jüngerer Tamilinnen und Tamilen, denen - wie bereits in den 90er Jahren - in besonderem Maße pauschal eine Affinität zur LTTE unterstellt werde und die deshalb erst recht mit asylrelevanten Maßnahmen der vorstehend beschriebenen Art und Weise rechnen müssten. Dies müsse insbesondere dann gelten, wenn ein tamilischer Flüchtling seine Heimat seinerzeit auch individuell unter dem Druck entsprechender Verfolgungsmaßnahmen bzw. der konkreten Gefahr derartiger Verfolgungsmaßnahmen verlassen habe. Er habe - unbestritten und auch im Widerrufsverfahren nicht in Frage gestellt - vorgetragen, dass er Sri Lanka verlassen habe, weil er asylrechtlich erhebliche Übergriffe sowohl von Seiten der srilankischen Sicherheitsbehörden als auch von Seiten der LTTE befürchte. Angesichts der vorstehend skizzierten Situation in Sri Lanka sei davon auszugehen, dass derartige Verfolgungsmaßnahmen weiterhin zumindest überwiegend wahrscheinlich seien, jedenfalls nicht - nur dies könne einen Widerruf rechtfertigen - nach menschlichem Ermessen praktisch ausgeschlossen seien. Soweit die Beklagte auf § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG abstelle, weise sie selbst darauf hin, dass es nach der Verurteilung im Jahr 2005 keinerlei Auffälligkeiten mehr gegeben habe. Strafrechtliche Verfehlungen seien also seitdem über einen Zeitraum von ca. 5 Jahren nicht mehr aufgetreten. Die Wertung der Beklagten, seine Bestrafung habe bei ihm keinen nachhaltigen Eindruck hinterlassen, sei nicht nachvollziehbar.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie führt aus: Es entspreche ihrer grundsätzlichen gegenwärtigen Praxis, Widerrufsbescheide in Verfahren srilankischer Staatsangehöriger tamilischer Herkunft im Hinblick auf die zur Zeit fragliche hinreichende Rückkehrsicherheit aufzuheben. Die Voraussetzungen für das weitere Bestehen der Asylanerkennung bzw. der Feststellung eines Abschiebungsschutzes nach § 51 Abs. 1 AuslG a.F. sei in Bezug auf den Kläger aber gemäß § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG weggefallen. Insoweit verweist die Beklagte auf ihre Ausführungen im Berufungszulassungsverfahren, wonach bei dem Kläger die konkrete Gefahr gegeben sei, dass er im Bundesgebiet weitere schwere Straftaten begehe. Hierfür spreche zunächst die gesamte „kriminelle Karriere“ des Klägers, der bereits vor seiner Asylanerkennung mehrfach straffällig geworden sei und dessen Straftaten sich bis zu der Verurteilung vom 02.11.2000 in ihrer Schwere gesteigert hätten. Die Verurteilung wegen des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in 22 Fällen belege, dass der Kläger in ein kriminelles Netzwerk eingebunden gewesen sei und mit hoher krimineller Energie gehandelt habe. Nach der Aussetzung der zu verbüßenden Restfreiheitsstrafe zur Bewährung habe er sich des Diebstahls und der Unterschlagung schuldig gemacht und dadurch seine rechtsfeindliche Gesinnung gezeigt. Das Wohlverhalten, welches der Kläger seit zwei Jahren augenscheinlich zeige, könne nicht verdecken, dass er fast während seines gesamten bisherigen Aufenthalts in Deutschland eine kriminelle Existenz am Rande der Gesellschaft geführt habe und dass er überwiegend von Gelegenheitsarbeiten und Sozialhilfe gelebt habe. Nach der Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.04.2002 sei die religiös angetraute Ehefrau des Klägers ebenfalls wegen Straftaten aus Deutschland ausgewiesen worden. Anhaltspunkte für eine nachhaltige, positive Veränderung der persönlichen Verhältnisse des Klägers lägen nicht vor. Daher rechtfertige die langdauernde, schwere Straffälligkeit des Klägers die Prognose, dass von ihm weitere Straftaten mittelfristig zu erwarten seien. Straftaten, die so schwerwiegend seien, dass sie zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren geführt hätten, seien typischerweise mit einem hohen Wiederholungsrisiko verbunden. Dieser Einschätzung stehe die Aussetzung eines Strafrests zur Bewährung grundsätzlich nicht entgegen. Im Hinblick auf die bereits solchermaßen gegebene Rechtmäßigkeit der Widerrufsentscheidung komme es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob sich die tatsächliche Verfolgungssituation im Herkunftsland geändert habe. Der Kläger sei zeitnah zur Aussetzung des Strafrests zur Bewährung im Jahr 2004 wiederum straffällig geworden, was zur erneuten Verurteilung im Jahr 2005 und zu einer einjährigen Verlängerung der Bewährungsfrist geführt habe. Allein hierdurch habe der Kläger demonstriert, dass die bis dato erfolgten Verurteilungen im Ergebnis keinen nachhaltigen Eindruck bei ihm hinterlassen hätten. Etwaige Abschiebungshindernisse lägen ebenfalls nicht vor. Hier sei der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anzulegen. Insoweit sei festzustellen, dass die tamilische Bevölkerung zwar allein auf Grund ihrer ethnischen Zugehörigkeit nicht systematisch verfolgt werde, dass aber eine Art Generalverdacht der Sicherheitskräfte gegen sie bestehe, der im Einzelfall bei Vorverfolgung zu einer erneuten Beeinträchtigung der Sicherheit führen könne. Jeder, der der Nähe zur LTTE verdächtigt werde, müsse mit Verhaftung rechnen. Nach aktuellen Erkenntnissen kontrolliere die LTTE gegenwärtig nur noch ein Gebiet in der Größe von ca. 60 Quadratkilometern. Sofern die Rebellen - erwartungsgemäß - deshalb zukünftig einen Guerillakampf führen würden, sei davon auszugehen, dass sich die Sicherheitskräfte dann noch gezielter als bisher auf die Bekämpfung aktiver, die Sicherheit des Landes konkret bedrohender LTTE-Anhänger konzentrieren würden. Der Kläger sei dieser Personengruppe nicht zuzurechnen. Er habe nicht glaubhaft machen können, während seines Aufenthalts im Bundesgebiet den Kampf der LTTE in seinem Heimatland mit persönlichem Einsatz unterstützt bzw. die Ziele der genannten Terrorgruppe in irgendeiner sonstigen Weise gefördert zu haben. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte führe in seinem Urteil vom 17.07.2008 - Application no. 25904/07 - aus, dass für nach Colombo zurückkehrende Tamilen keine generelle Gefahr einer menschenrechtswidrigen Behandlung bestehe. Es bedürfe vielmehr der individuellen Prüfung eines jeden Einzelfalls. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang, dass allein im Großraum der Hauptstadt Colombo mehr als 300.000 Tamilen lebten. Die Internetseite TAMILNET berichte kontinuierlich von angeblichen Kontrollen und Inhaftierungen (angeblich meist junger) Tamilen. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt dieser Aussagen handele es sich allerdings schon nach den weiteren dortigen Behauptungen lediglich um einen Personenkreis von ca. 60 Betroffenen pro Woche, der zudem mehrheitlich nach der Personenkontrolle wieder freigelassen werde. Es liege auf der Hand, dass hierdurch eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Inhaftierung nicht abgeleitet werden könne. Ebenso wenig sei beachtlich wahrscheinlich, dass ausgerechnet der Kläger - bei rein theoretischer Unterstellung einer vorübergehenden Festnahme - gelegentlich einer etwaigen solchen Kontrolle einer rechtswidrigen Behandlung unterzogen würde, die die Feststellung eines Abschiebungshindernisses z.B. gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG rechtfertige.
16 
Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung angehört; hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
17 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts-, die vorgelegten Behörden- sowie die beigezogenen Strafakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten verhandeln und entscheiden; denn auf diese Möglichkeit war in der auch im Übrigen ordnungsgemäßen Ladung hingewiesen worden (§§ 125 Abs. 1, 102 Abs. 2 VwGO).
19 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist zum Teil begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Zwar erweist sich der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 12.07.2005 im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylVfG) als rechtmäßig, soweit die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter sowie die mit Bescheid vom 19.03.1998 getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG a.F. vorliegen, widerrufen worden sind und festgestellt wird, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen (hierzu unter 1.). Der streitgegenständliche Bescheid ist aber rechtswidrig, soweit er unter Nr. 4 feststellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen, denn der Kläger hat - wie hilfsweise begehrt - einen Anspruch auf die Feststellung, dass in seiner Person ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Sri Lanka nach § 60 Abs. 2 AufenthG vorliegt (hierzu unter 2.).
20 
1. Ermächtigungsgrundlage für die Widerrufsentscheidung des Bundesamts ist § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Diese Bestimmung ist verfassungsgemäß (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005 - 1 C 21.04 -, DVBl. 2006, 511).
21 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG sind - vorbehaltlich des Satzes 3 - die Asylanerkennung und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. die bisherige Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (früher: § 51 Abs. 1 AuslG a.F.) vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Das ist hier der Fall.
22 
Die Voraussetzungen sind gemäß § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG weggefallen. Nach dieser Bestimmung findet § 60 Abs. 1 AufenthG keine Anwendung, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG schließt nicht nur den Anspruch gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG aus, sondern auch den Anspruch auf Asylanerkennung nach Art. 16a Abs. 1 GG. Dies ergibt sich bei systematischer Gesetzesauslegung schon aus § 30 Abs. 4 AsylVfG, wonach ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 AufenthG vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.03.1999 - 9 C 31.98 -, BVerwGE 109, 1; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008 - 15 A 620/07.A -, juris, OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 01.12.2006 - 10 A 10887/06 -, juris).
23 
Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG liegen insoweit vor, als der Kläger durch (rechtskräftiges) Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 02.11.2000 wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in 22 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden ist.
24 
Weiter zu prüfen ist, ob der Kläger auch noch zum gegenwärtigen Zeitpunkt als Gefahr für die Allgemeinheit i.S.v. § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG anzusehen ist. Dabei ist spezialpräventiv auf die von dem Ausländer konkret ausgehende Wiederholungs- oder Rückfallgefahr abzustellen. Das bedeutet, dass in Zukunft eine Gefahr für die Allgemeinheit durch neue vergleichbare Straftaten des Ausländers ernsthaft drohen muss, die lediglich entfernte Möglichkeit weiterer Straftaten genügt dagegen nicht. Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten ernsthaft droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung und das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts ebenso wie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zu dem maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt. Dabei ist die der gesetzlichen Regelung zugrunde liegende Wertung zu beachten, dass Straftaten, die so schwerwiegend sind, dass sie zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren geführt haben, typischerweise mit einem hohen Wiederholungsrisiko verknüpft sind. Allein der Umstand, dass der Ausländer die Freiheitsstrafe verbüßt hat, lässt nicht auf einen Wegfall des Wiederholungsrisikos schließen. Denn rechtskräftige Verurteilungen im Sinne des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG führen regelmäßig zur Verbüßung der Freiheitsstrafe, da eine Aussetzung ihrer Vollstreckung zur Bewährung nach § 56 StGB wegen der Strafhöhe von vornherein nicht in Betracht kommt. Würde der bloße mit der Strafverbüßung verbundene Zeitablauf regelmäßig zum Wegfall des Ausschlussgrundes führen, liefe die Vorschrift praktisch weitgehend leer. Dies gilt zumal in Asylverfahren, da es hier gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG im Falle eines Rechtsstreits auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2000 - 9 C 6.00 -, BVerwGE 112, 185 ff. zu der inhaltsgleichen Vorgängerregelung in § 51 Abs. 3 AuslG a.F.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.).
25 
Von diesen Grundsätzen ausgehend ist beim Kläger eine konkrete Wiederholungsgefahr der Begehung neuer vergleichbarer Straftaten zu bejahen.
26 
Insofern spricht gegen den Kläger bereits das typischerweise hohe Wiederholungsrisiko bei Straftaten, die eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren nach sich gezogen haben, zumal im vorliegenden Fall die verhängte Strafe die gesetzliche Mindeststrafe des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG um zwei Jahre übersteigt. Die vom Kläger verwirklichte Straftat gemäß § 92b Abs. 1 AuslG a.F. gehört zu den besonders schweren Formen des Schleusens illegaler Ausländer und ist Ausdruck erheblicher krimineller Energie. Zu Gunsten des Klägers spricht nach dem Strafurteil vom 02.11.2000 im Wesentlichen, dass er schon bei seiner polizeilichen Vernehmung Taten angegeben hat, die sonst nicht bekannt geworden wären, und er auch einen Großteil der Taten in der strafrechtlichen Hauptverhandlung einräumte. Hinzu kommen sein von Reue getragenes Geständnis und der Umstand, dass ihn die erlittene (Untersuchungs-)Haft als Erstverbüßer, der zudem der deutschen Sprache nicht mächtig ist, besonders hart trifft. Zu Lasten des Klägers ist nach den Ausführungen des Strafgerichts dagegen zu berücksichtigen, dass er im Rahmen der Stuttgarter Gruppierung Organisator eigener Schleusungsfahrten war und es sich um eine Vielzahl von Taten handelte, die teilweise innerhalb sehr kurzer Zeiträume begangen wurden. Hierbei wurde vom Strafgericht allerdings auch berücksichtigt, dass mit zunehmender Anzahl der Taten die zu überwindende Hemmschwelle abnahm. Zu Lasten des Klägers wurde weiter berücksichtigt, dass er die in Belgien erlittene Haft als Warnung nicht beachtet und nach seiner Haftentlassung die Schleusertätigkeit fast umgehend wieder aufgenommen hat. Gegen den Kläger spricht nach dem Strafurteil weiterhin die Vorbestrafung, auch wenn es sich hierbei lediglich um Verurteilungen zu Geldstrafen gehandelt hat. Der Kläger hat mit seinem Verhalten gezeigt, dass er bereit ist, gegebenenfalls seinen Lebensunterhalt auch mit schwerwiegenden Verstößen gegen die Rechtsordnung zu bestreiten.
27 
Der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe - Auswärtige Strafvollstreckungskammer Pforzheim - vom 07.03.2003 (- StVK 137/03 -), mit dem die weitere Vollstreckung der Reststrafe aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 02.11.2000 zur Bewährung ausgesetzt worden ist, steht der Annahme einer Wiederholungsgefahr ebenso wenig entgegen wie der Beschluss vom 16.06.2005, mit dem die Bewährungszeit des Klägers um ein Jahr auf insgesamt vier Jahre (bis 21.03.2007) verlängert worden ist. Die im Zusammenhang mit der Aussetzung der Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung gemäß § 57 Abs. 1 StGB zu treffende Entscheidung der Strafgerichte bindet weder die für die Anwendung des § 60 Abs. 8 AufenthG zuständigen Behörden noch die Verwaltungsgerichte (vgl. BVerwG, Urteile vom 31.03.1998 - 1 C 28.97 -, NVwZ 1998, 740, und vom 16.11.2000 - 9 C 6.00 -, NVwZ 2001, 442; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.) Das Bundesamt bzw. das dessen Entscheidungen überprüfende Verwaltungsgericht haben vielmehr eine eigenständige Prognose bezüglich des Bestehens einer Wiederholungsgefahr zu treffen. Dies gilt schon deshalb, weil der anzulegende Prognosemaßstab in beiden Fällen ein anderer ist (vgl. zu § 57 Abs. 1 StGB: BVerwG, Urteil vom 16.11.2000, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.). Bei der strafgerichtlichen Entscheidung über die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung stehen naturgemäß Resozialisierungsgesichtspunkte im Vordergrund (auch wenn gemäß der seit 1998 geltenden Fassung des § 57 Abs. 1 Nr. 2 StGB das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit besonders zu berücksichtigen ist). Eine günstige Sozialprognose in dem Sinn, dass verantwortet werden kann, den Verurteilten in Freiheit zu erproben, setzt keine weitgehende Gewissheit des Erfolgs der Bewährungsaussetzung voraus, sondern kann auch bei Bestehen eines gewissen Restrisikos getroffen werden (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 26.02.1999 - 2 WS 14/99 -, StraFO 1999,175). Dabei kann das Strafgericht zu einer günstigen Sozialprognose auch unter Heranziehung der Erwägung gelangen, dass der von der Vollstreckung ausgesetzte Strafrest einen nachhaltigen Druck auf den Verurteilten ausüben wird, sich in der Bewährungszeit straffrei zu verhalten (vgl. BGH, Beschluss vom 15.01.1990 - 1 StE 3/81 StB 39/89 -, EzSt StGB § 57 Nr. 1). Demgegenüber haben Ausländerbehörde und Verwaltungsgericht ausschließlich ordnungsbehördliche Überlegungen anzustellen, in deren Mittelpunkt der Schutz der Gesellschaft vor weiteren Straftaten des Ausländers steht. Sie sind, da Resozialisierungsgesichtspunkte bzw. den obigen Überlegungen vergleichbare Vorgaben des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle spielen, bei der Einschätzung des Maßes der Wiederholungsgefahr nicht gehalten, ein gleich großes Restrisiko in Kauf zu nehmen wie die Strafgerichte. Ihre Prognose orientiert sich daher im Regelfall an strengeren Kriterien. Unabhängig davon verlangt die ausländerrechtlich erforderliche Prognose - im Gegensatz zu der der Strafgerichte im Rahmen des § 57 Abs. 1 Nr. 2 StGB - eine über die Bewährungsdauer hinausgehende längerfristige Gefahrenprognose (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2000, a.a.O.). Das bedeutet, dass auch die Frage prognostisch zu beantworten ist, ob der Ausländer sich nach Ablauf der Bewährungszeit, d. h. wenn der Druck der bei Bewährungsversagen drohenden Verbüßung der Reststrafe weggefallen ist, voraussichtlich straffrei verhalten wird. Schließlich können Umstände, die den Strafgerichten nicht bekannt gewesen oder von ihnen nicht beachtet worden sind, ebenso wie eine andere Würdigung des feststehenden Sachverhalts zu einer abweichenden Prognoseentscheidung führen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2000, a.a.O.). Die Entscheidungen der Strafgerichte gemäß § 57 Abs. 1 StGB haben nach alledem lediglich die Bedeutung eines - regelmäßig allerdings gewichtigen - Indizes (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.).
28 
Hiervon ausgehend rechtfertigt der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 07.03.2003 nicht die Annahme, dass von dem Kläger auch längerfristig keine Gefahr für die Allgemeinheit i.S.v. § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG mehr ausgeht. Das Gericht war davon überzeugt, dass die lange Dauer der Untersuchungs- und der anschließenden Vollstreckungshaft ausreichend Eindruck auf den Kläger gemacht habe, sich künftig straffrei zu führen. Die nachfolgenden - wenn auch nur mit Geldstrafen geahndeten - drei Straftaten zeigen jedoch, dass diese Annahme verfehlt war. Der Kläger hat die erste Straftat nach der Verurteilung vom 02.11.2000 am 14.11.2004 und damit noch innerhalb seiner Bewährungszeit begangen. Der Diebstahl einer geringwertigen Sache erfolgte unter Ausnutzung seines damaligen Arbeitsverhältnisses als Reinigungskraft und führte zur Verhängung einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen durch Strafbefehl des Amtsgerichts Limburg an der Lahn vom 28.02.2005. Daraufhin wurde die Bewährungszeit des Klägers um ein Jahr verlängert. Der Kläger hat sich mit diesem straffälligen Verhalten dem Risiko eines Widerrufs der Aussetzung der Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe aus der Verurteilung vom 02.11.2000 ausgesetzt. Der Druck der Bewährungszeit und die damit drohende (weitere) Strafhaft haben ihn nicht von der Begehung einer Straftat abgehalten. Darüber hinaus hat er durch den Diebstahl im Rahmen seiner damaligen Beschäftigung auch arbeitsrechtliche Konsequenzen in Kauf genommen. Das Landgericht konnte bei seiner Prognose auch das Verhalten des Klägers nach der (verlängerten) Bewährungszeit nicht berücksichtigen. Dieser hat unmittelbar, nachdem mit Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 10.04.2007 die zur Bewährung ausgesetzte Restfreiheitsstrafe erlassen worden war, am 14.04.2007 einen weiteren Diebstahl begangen, der mit Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom 09.05.2007 mit einer Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen geahndet wurde. Hinzu kamen die am 15.10.2007 verwirklichten gefährlichen Eingriffe in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Gefährdung des Straßenverkehrs und Nötigung gemäß §§ 315b Abs. 1 Nr. 2 und 3, 315c Abs. 1 Nr. 2b, 240 Abs. 1, 52, 69, 69a StGB, die zu einer vom Amtsgericht Tübingen mit Strafbefehl vom 29.01.2008 verhängten Geldstrafe von 50 Tagessätzen führten. Damit hat der Kläger Straftaten innerhalb seiner Bewährungszeit, unmittelbar danach und auch im zeitlichen Abstand dazu verwirklicht. Die verbüßte Haftstrafe - selbst teilweise der Bewährungsdruck - hat ihn nicht von der Verwirklichung weiterer Straftaten abgehalten und damit erkennbar nicht ausreichend Eindruck auf ihn gemacht, sich künftig straffrei zu führen, wovon das Landgericht Karlsruhe bei der Aussetzung der Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung ausgegangen ist.
29 
Zwar hat sich mit der Geburt seines Sohnes im Juli 2008 die familiäre Situation des Klägers geändert. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass den Kläger das Zusammenleben mit seiner religiös angetrauten Ehefrau und deren leiblicher Tochter bislang nicht davon abgehalten hat, weitere Straftaten zu begehen, zumal es sich bei seiner Ehefrau um eine mitangeklagte Mittäterin des mit Strafurteil vom 02.11.2000 geahndeten gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in 22 Fällen handelt. Auch wenn er seit der Verurteilung vom 02.11.2000 keine Straftaten von vergleichbarem Gewicht mehr verwirklicht hat, kann unter Berücksichtigung sämtlicher für und gegen den Kläger sprechenden Umstände derzeit eine positive längerfristige Prognose dahingehend, dass er keine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, (noch) nicht gestellt werden.
30 
Ob das Bundesamt den Widerruf unverzüglich im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ausgesprochen hat, ist nicht entscheidungserheblich. Die Pflicht zum unverzüglichen Widerruf dient ausschließlich öffentlichen Interessen. Ein etwaiger Verstoß hiergegen verletzt keine Rechte des betroffenen Ausländers (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005, a.a.O.).
31 
§ 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG steht der Widerrufsentscheidung des Bundesamts nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist von einem Widerruf abzusehen, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt (oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte). Dadurch soll der Sondersituation solcher Personen Rechnung getragen werden, die ein besonders schweres, nachhaltig wirkendes Flüchtlingsschicksal erlitten haben und denen es deshalb selbst lange Zeit danach - auch ungeachtet etwaiger veränderter Verhältnisse - nicht zumutbar ist, in den früheren Verfolgerstaat zurückzukehren (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 05.11.2007 - A 6 S 1097/05 -, juris). Eine derartiges Verfolgungsschicksal hat der Kläger nach dem seinem Asylbegehren stattgebenden Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20.01.1998 nicht erlitten. Er hat sich auf derartige Gründe auch im Übrigen nicht berufen.
32 
§ 73 Abs. 2a AsylVfG steht der Widerrufsentscheidung des Bundesamts ebenfalls nicht entgegen.
33 
Schließlich bedarf es keiner Entscheidung, ob die Jahresfrist nach §§ 49 Abs. 2 Satz 2, 48 Abs. 4 VwVfG bei Widerrufsentscheidungen gemäß § 73 Abs. 1 AsylVfG zu beachten ist. Die Jahresfrist wäre hier eingehalten. Ihr Lauf beginnt frühestens nach einer Anhörung des Ausländers mit einer angemessenen Frist zur Stellungnahme (vgl. BVerwG, Urteile vom 01.11.2005, a.a.O., und vom 08.05.2003 - 1 C 15.02 -, BVerwGE 118, 174). Der Widerrufsbescheid erging am 12.07.2005, nachdem das Bundesamt dem Kläger durch Schreiben vom 13.10.2004 Gelegenheit zur Stellungnahme binnen eines Monats gegeben hatte.
34 
Ist der Widerruf nach dem Vorstehenden bereits gemäß § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG wegen der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers vom 02.11.2000 und der von diesem nach wie vor ausgehenden Gefahr für die Allgemeinheit gerechtfertigt, so kommt es für dessen Rechtmäßigkeit nicht entscheidungserheblich darauf an, ob sich die tatsächliche Verfolgungssituation des Klägers in Sri Lanka geändert hat, wovon das Bundesamt noch im Bescheid vom 12.07.2005 ausgegangen ist.
35 
Erweist sich somit der angefochtene Widerruf als rechtmäßig, so ist des Weiteren nicht zu beanstanden, dass die Beklagte im Zusammenhang damit festgestellt hat, dass auch die Voraussetzungen des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen. Die Ermächtigungsgrundlage hierfür ergibt sich aus einer Rechtsanalogie zu den §§ 24 Abs. 2, 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, 32, 39 Abs. 2 sowie 73 Abs. 1 bis 3 AsylVfG. Im Hinblick darauf, dass § 60 AufenthG die früheren §§ 51 Abs. 1, 53 AuslG a.F. ersetzt, gilt nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes nichts anderes (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.). Im Übrigen hat die Feststellung ohnehin keinen selbständigen Regelungscharakter. Denn das Nichtvorliegen der genannten Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerruf ist Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des ausgesprochenen Widerrufs (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 20.03.2007 - 1 C 38.06 -, Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 27) und (bereits) in diesem Zusammenhang geprüft worden.
36 
2. Die Klage hat Erfolg, soweit der Kläger - hilfsweise - unter Aufhebung von Nr. 4 des Bescheids des Bundesamts vom 12.07.2005 die Verpflichtung der Beklagten begehrt festzustellen, dass bei ihm ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Sri Lanka nach § 60 Abs. 2 AufenthG vorliegt.
37 
Die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG wird durch § 60 Abs. 8 AufenthG nicht ausgeschlossen (vgl. zu § 53 AuslG: BVerfG, Beschluss vom 20.12.1989 - 2 BvR 958/86 - BVerfGE 81, 142; BVerwG, Urteil vom 30.03.1999 - 9 C 31.98 -, BVerwGE 109, 1).
38 
Nach § 60 Abs. 2 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für diesen Ausländer die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. § 60 Abs. 2 AufenthG erfasst nicht nur ver-folgungsunabhängige, sondern auch verfolgungstypische Gefahren, die in den Anwendungsbereich des Art. 16a GG und des § 60 Abs. 1 AufenthG fallen.
39 
Erheblich sind die in § 60 Abs. 2 AufenthG benannten Gefahren bzw. Repressalien grundsätzlich nur dann, wenn sie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Allerdings gilt - was die Beklagte verkennt - gemäß § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 304 S. 12, - Qualifikationsrichtlinie -) im Fall bereits erlittener Schädigung eine Beweiserleichterung. Danach ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Die Voraussetzungen von Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie liegen in der Person des Klägers vor.
40 
Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts Stuttgart im Urteil vom 20.01.1998 war der Kläger, der aufgrund vorhandener Narben wegen Verdachts der LTTE-Zugehörigkeit in Sri Lanka durch die Armee festgehalten und misshandelt worden war, von politischer Verfolgung unmittelbar bedroht. Er hat damit Sri Lanka auch nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie als Vorverfolgter verlassen (vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, Urteil vom 20.03.2007 - 1 C 21.06 -, BVerwGE 128, 199). Es sprechen keine stichhaltigen Gründe dagegen, dass der Kläger bei einer Rückkehr derzeit erneut von einem sonstigen ernsthaften Schaden im Sinne des § 60 Abs. 2 AufenthG bedroht wird. Vielmehr ergibt sich aus dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 07.04.2009, dass sich die Situation für Tamilen in Sri Lanka in den letzten Monaten weiter verschärft hat. Danach gibt es für eine systematische Verfolgung bestimmter Personen oder Personengruppen allein wegen ihrer Rasse, Nationalität, Religion oder politischer Überzeugung seit der Aufkündigung des Waffenstillstandabkommens zwischen der Regierung und der LTTE im Januar 2008 immer mehr Anzeichen. Es kommt zu staatlichen repressiven Maßnahmen in unterschiedlichen Bereichen. Davon sind fast ausschließlich Tamilen betroffen, da sie unter dem Generalverdacht stehen, die LTTE zu unterstützen. Tamilen werden nicht allein aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit systematisch verfolgt, müssen aber - durch ihre tamilische Sprache und die entsprechenden Einträge in Ausweiskarten für die Sicherheitskräfte leicht identifizierbar - jederzeit mit staatlichen Repressionen rechnen. Die ständigen Razzien, PKW-Kontrollen und Verhaftungen bei Vorliegen schon geringster Verdachtsmomente richten sich vor allem gegen Tamilen. Durch die im Dezember 2006 verfügte Wiederaufnahme des mit dem Waffenstillstandsabkommen 2002 ausgesetzten Sicherheitsgesetzes „Prevention of Terrorism Act“ von 1979 ist die richterliche Kontrolle solcher Verfolgungen kaum mehr gewährleistet. Wer verhaftet wird, muss mit längerer Inhaftierung rechnen, ohne dass es zu weiteren Verfahrensschritten oder gar einer Anklageerhebung kommen muss. Jeder, der in den Augen der Sicherheitskräfte der Nähe der LTTE verdächtig ist, muss damit rechnen, verhaftet zu werden. Ein Anfangsverdacht, der LTTE nahe zu stehen, trifft Rückkehrer, die aus den nördlichen oder östlichen Landesteilen stammen und sich nun erstmals in Colombo oder dem Süden niederlassen. Ebenso steht unter Verdacht, wer bereits früher als Anhänger der LTTE auffällig geworden war. Der Kläger, der nicht nur bereits unter LTTE-Verdacht verhaftet und misshandelt worden ist, sondern darüber hinaus aus dem Norden stammt und weiterhin Narben aufweist, muss nach alledem konkret mit einer Verhaftung rechnen. Dass es bei derartigen Verhaftungen auch (erneut) zu Misshandlungen und damit einer zumindest erniedrigenden Behandlung im Sinne von § 60 Abs. 2 AufenthG kommen kann, ergibt sich ebenfalls aus dem genannten Lagebericht. Danach hat der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen, Manfred Novak, nach seinem Sri-Lanka-Besuch im Herbst 2007 festgestellt, dass Folter als gängige Praxis im Rahmen der Terrorismusbekämpfung angewendet wird. Weiter sind dem Auswärtigen Amt im Frühjahr 2007 Fälle bekannt geworden, in denen im Jahr 2005 nach Sri Lanka zurückgeschobene Tamilen von LTTE und Sicherheitskräften gefoltert worden sind.
41 
Nach der maßgeblichen Erkenntnislage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist danach festzustellen, dass sich die allgemeine politische Lage in Sri Lanka in Bezug auf die Einhaltung der Menschenrechte und insbesondere in Bezug auf das Risiko von Tamilen, wegen des Verdachts der Unterstützung der LTTE verfolgt zu werden, im Vergleich zum Jahr 1998 nicht verbessert, sondern eher verschlechtert hat. Auch in der Person des Klägers haben sich keine Änderungen ergeben, die es als zumutbar erscheinen ließen, ihn auf den Schutz seines Heimatstaates zu verweisen. Die Beklagte hat keine stichhaltigen Gründe aufgezeigt, aus denen sich ergeben könnte, dass der vorverfolgt ausgereiste Kläger bei einer Rückkehr nicht (erneut) von einem sonstigen ernsthaften Schaden im Sinne des § 60 Abs. 2 AufenthG bedroht wird. Derartige stichhaltige Gründe ergeben sich zunächst nicht aus dem Vortrag der Beklagten, dass die LTTE gegenwärtig nur noch ein Gebiet in der Größe von ca. 60 Quadratkilometern kontrolliere, und deren Vermutung, sofern die Rebellen - erwartungsgemäß - deshalb zukünftig einen Guerillakampf führen würden, sei davon auszugehen, dass sich die Sicherheitskräfte dann noch gezielter als bisher auf die Bekämpfung aktiver, die Sicherheit des Landes konkret bedrohender LTTE-Angehöriger konzentrieren würden; der Kläger sei dieser Personengruppe nicht zuzurechnen. Dem stehen die Ausführungen im aktuellen Lagebericht vom 07.04.2009 entgegen, wonach es innerhalb Sri Lankas keine Gebiete mehr gibt, in denen die beschriebenen Verfolgungshandlungen nicht ausgeübt werden, auch wenn die Intensität der Bedrohung sich in den einzelnen Landesteilen unterscheidet. Nach der sogenannten „Befreiung“ des von der LTTE infiltrierten Gebiets im Osten durch die Regierung bleibt die Lage dort nach wie vor angespannt. Im Norden herrscht weiter offener Krieg, dessen Ende möglich, aber nicht abzusehen ist. Im Übrigen beruht die von der Beklagten vermutete künftige Entwicklung des Verfolgungsrisikos des Klägers allein auf Spekulation, was zur Feststellung stichhaltiger (Gegen-)Gründe im Sinne von Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie nicht ausreicht. Auch soweit die Beklagte ausführt, für nach Colombo zurückkehrende Tamilen bestehe keine generelle Gefahr einer menschenunwürdigen Behandlung, allein im Großraum der Hauptstadt Colombo lebten mehr als 300.000 Tamilen und Kontrollen und Inhaftierungen beträfen lediglich einen Personenkreis von ca. 60 Betroffenen pro Woche, die zudem mehrheitlich nach der Personenkontrolle wieder freigelassen würden, erschüttert sie damit nicht den sich gemäß Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie aus der Vorverfolgung des Klägers ergebenden Hinweis, dass dieser bei einer Rückkehr nach Sri Lanka tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden (im Sinne des § 60 Abs. 2 AufenthG) zu erleiden.
42 
Offen bleiben kann die vom Bundesverwaltungsgericht dem Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften mit Beschluss vom 07.02.2008 - 10 C 33.07 - (juris) vorgelegte Frage, ob Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie einen inneren Zusammenhang zwischen einer erlittenen oder unmittelbar drohenden Verfolgung und dem Sachverhalt, der bei einer Rückkehr erneut zu einer Verfolgung führen könnte, voraussetzt, denn dieser Zusammenhang ist vorliegend gegeben. Die Vorverfolgung, die den Kläger zur Ausreise aus Sri Lanka veranlasst hat, unterscheidet sich nicht von der ihm derzeit bei einer Rückkehr drohenden Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 2 AufenthG.
43 
Über die weiteren Hilfsanträge braucht der Senat nicht zu entscheiden, da sie nur für den Fall gestellt sind, dass der (erste) Hilfsantrag auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG keinen Erfolg hat.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und § 83b AsylVfG, wobei der Senat von einem „Wert“ des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG von etwa 1/3 ausgeht (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 9.5.1998 - 9 C 5.98 -, AuAS 1998, 224).
45 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
18 
Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten verhandeln und entscheiden; denn auf diese Möglichkeit war in der auch im Übrigen ordnungsgemäßen Ladung hingewiesen worden (§§ 125 Abs. 1, 102 Abs. 2 VwGO).
19 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist zum Teil begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Zwar erweist sich der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 12.07.2005 im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylVfG) als rechtmäßig, soweit die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter sowie die mit Bescheid vom 19.03.1998 getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG a.F. vorliegen, widerrufen worden sind und festgestellt wird, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen (hierzu unter 1.). Der streitgegenständliche Bescheid ist aber rechtswidrig, soweit er unter Nr. 4 feststellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen, denn der Kläger hat - wie hilfsweise begehrt - einen Anspruch auf die Feststellung, dass in seiner Person ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Sri Lanka nach § 60 Abs. 2 AufenthG vorliegt (hierzu unter 2.).
20 
1. Ermächtigungsgrundlage für die Widerrufsentscheidung des Bundesamts ist § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Diese Bestimmung ist verfassungsgemäß (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005 - 1 C 21.04 -, DVBl. 2006, 511).
21 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG sind - vorbehaltlich des Satzes 3 - die Asylanerkennung und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. die bisherige Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (früher: § 51 Abs. 1 AuslG a.F.) vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Das ist hier der Fall.
22 
Die Voraussetzungen sind gemäß § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG weggefallen. Nach dieser Bestimmung findet § 60 Abs. 1 AufenthG keine Anwendung, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG schließt nicht nur den Anspruch gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG aus, sondern auch den Anspruch auf Asylanerkennung nach Art. 16a Abs. 1 GG. Dies ergibt sich bei systematischer Gesetzesauslegung schon aus § 30 Abs. 4 AsylVfG, wonach ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 AufenthG vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.03.1999 - 9 C 31.98 -, BVerwGE 109, 1; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008 - 15 A 620/07.A -, juris, OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 01.12.2006 - 10 A 10887/06 -, juris).
23 
Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG liegen insoweit vor, als der Kläger durch (rechtskräftiges) Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 02.11.2000 wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in 22 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden ist.
24 
Weiter zu prüfen ist, ob der Kläger auch noch zum gegenwärtigen Zeitpunkt als Gefahr für die Allgemeinheit i.S.v. § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG anzusehen ist. Dabei ist spezialpräventiv auf die von dem Ausländer konkret ausgehende Wiederholungs- oder Rückfallgefahr abzustellen. Das bedeutet, dass in Zukunft eine Gefahr für die Allgemeinheit durch neue vergleichbare Straftaten des Ausländers ernsthaft drohen muss, die lediglich entfernte Möglichkeit weiterer Straftaten genügt dagegen nicht. Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten ernsthaft droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung und das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts ebenso wie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zu dem maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt. Dabei ist die der gesetzlichen Regelung zugrunde liegende Wertung zu beachten, dass Straftaten, die so schwerwiegend sind, dass sie zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren geführt haben, typischerweise mit einem hohen Wiederholungsrisiko verknüpft sind. Allein der Umstand, dass der Ausländer die Freiheitsstrafe verbüßt hat, lässt nicht auf einen Wegfall des Wiederholungsrisikos schließen. Denn rechtskräftige Verurteilungen im Sinne des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG führen regelmäßig zur Verbüßung der Freiheitsstrafe, da eine Aussetzung ihrer Vollstreckung zur Bewährung nach § 56 StGB wegen der Strafhöhe von vornherein nicht in Betracht kommt. Würde der bloße mit der Strafverbüßung verbundene Zeitablauf regelmäßig zum Wegfall des Ausschlussgrundes führen, liefe die Vorschrift praktisch weitgehend leer. Dies gilt zumal in Asylverfahren, da es hier gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG im Falle eines Rechtsstreits auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2000 - 9 C 6.00 -, BVerwGE 112, 185 ff. zu der inhaltsgleichen Vorgängerregelung in § 51 Abs. 3 AuslG a.F.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.).
25 
Von diesen Grundsätzen ausgehend ist beim Kläger eine konkrete Wiederholungsgefahr der Begehung neuer vergleichbarer Straftaten zu bejahen.
26 
Insofern spricht gegen den Kläger bereits das typischerweise hohe Wiederholungsrisiko bei Straftaten, die eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren nach sich gezogen haben, zumal im vorliegenden Fall die verhängte Strafe die gesetzliche Mindeststrafe des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG um zwei Jahre übersteigt. Die vom Kläger verwirklichte Straftat gemäß § 92b Abs. 1 AuslG a.F. gehört zu den besonders schweren Formen des Schleusens illegaler Ausländer und ist Ausdruck erheblicher krimineller Energie. Zu Gunsten des Klägers spricht nach dem Strafurteil vom 02.11.2000 im Wesentlichen, dass er schon bei seiner polizeilichen Vernehmung Taten angegeben hat, die sonst nicht bekannt geworden wären, und er auch einen Großteil der Taten in der strafrechtlichen Hauptverhandlung einräumte. Hinzu kommen sein von Reue getragenes Geständnis und der Umstand, dass ihn die erlittene (Untersuchungs-)Haft als Erstverbüßer, der zudem der deutschen Sprache nicht mächtig ist, besonders hart trifft. Zu Lasten des Klägers ist nach den Ausführungen des Strafgerichts dagegen zu berücksichtigen, dass er im Rahmen der Stuttgarter Gruppierung Organisator eigener Schleusungsfahrten war und es sich um eine Vielzahl von Taten handelte, die teilweise innerhalb sehr kurzer Zeiträume begangen wurden. Hierbei wurde vom Strafgericht allerdings auch berücksichtigt, dass mit zunehmender Anzahl der Taten die zu überwindende Hemmschwelle abnahm. Zu Lasten des Klägers wurde weiter berücksichtigt, dass er die in Belgien erlittene Haft als Warnung nicht beachtet und nach seiner Haftentlassung die Schleusertätigkeit fast umgehend wieder aufgenommen hat. Gegen den Kläger spricht nach dem Strafurteil weiterhin die Vorbestrafung, auch wenn es sich hierbei lediglich um Verurteilungen zu Geldstrafen gehandelt hat. Der Kläger hat mit seinem Verhalten gezeigt, dass er bereit ist, gegebenenfalls seinen Lebensunterhalt auch mit schwerwiegenden Verstößen gegen die Rechtsordnung zu bestreiten.
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Der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe - Auswärtige Strafvollstreckungskammer Pforzheim - vom 07.03.2003 (- StVK 137/03 -), mit dem die weitere Vollstreckung der Reststrafe aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 02.11.2000 zur Bewährung ausgesetzt worden ist, steht der Annahme einer Wiederholungsgefahr ebenso wenig entgegen wie der Beschluss vom 16.06.2005, mit dem die Bewährungszeit des Klägers um ein Jahr auf insgesamt vier Jahre (bis 21.03.2007) verlängert worden ist. Die im Zusammenhang mit der Aussetzung der Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung gemäß § 57 Abs. 1 StGB zu treffende Entscheidung der Strafgerichte bindet weder die für die Anwendung des § 60 Abs. 8 AufenthG zuständigen Behörden noch die Verwaltungsgerichte (vgl. BVerwG, Urteile vom 31.03.1998 - 1 C 28.97 -, NVwZ 1998, 740, und vom 16.11.2000 - 9 C 6.00 -, NVwZ 2001, 442; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.) Das Bundesamt bzw. das dessen Entscheidungen überprüfende Verwaltungsgericht haben vielmehr eine eigenständige Prognose bezüglich des Bestehens einer Wiederholungsgefahr zu treffen. Dies gilt schon deshalb, weil der anzulegende Prognosemaßstab in beiden Fällen ein anderer ist (vgl. zu § 57 Abs. 1 StGB: BVerwG, Urteil vom 16.11.2000, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.). Bei der strafgerichtlichen Entscheidung über die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung stehen naturgemäß Resozialisierungsgesichtspunkte im Vordergrund (auch wenn gemäß der seit 1998 geltenden Fassung des § 57 Abs. 1 Nr. 2 StGB das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit besonders zu berücksichtigen ist). Eine günstige Sozialprognose in dem Sinn, dass verantwortet werden kann, den Verurteilten in Freiheit zu erproben, setzt keine weitgehende Gewissheit des Erfolgs der Bewährungsaussetzung voraus, sondern kann auch bei Bestehen eines gewissen Restrisikos getroffen werden (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 26.02.1999 - 2 WS 14/99 -, StraFO 1999,175). Dabei kann das Strafgericht zu einer günstigen Sozialprognose auch unter Heranziehung der Erwägung gelangen, dass der von der Vollstreckung ausgesetzte Strafrest einen nachhaltigen Druck auf den Verurteilten ausüben wird, sich in der Bewährungszeit straffrei zu verhalten (vgl. BGH, Beschluss vom 15.01.1990 - 1 StE 3/81 StB 39/89 -, EzSt StGB § 57 Nr. 1). Demgegenüber haben Ausländerbehörde und Verwaltungsgericht ausschließlich ordnungsbehördliche Überlegungen anzustellen, in deren Mittelpunkt der Schutz der Gesellschaft vor weiteren Straftaten des Ausländers steht. Sie sind, da Resozialisierungsgesichtspunkte bzw. den obigen Überlegungen vergleichbare Vorgaben des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle spielen, bei der Einschätzung des Maßes der Wiederholungsgefahr nicht gehalten, ein gleich großes Restrisiko in Kauf zu nehmen wie die Strafgerichte. Ihre Prognose orientiert sich daher im Regelfall an strengeren Kriterien. Unabhängig davon verlangt die ausländerrechtlich erforderliche Prognose - im Gegensatz zu der der Strafgerichte im Rahmen des § 57 Abs. 1 Nr. 2 StGB - eine über die Bewährungsdauer hinausgehende längerfristige Gefahrenprognose (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2000, a.a.O.). Das bedeutet, dass auch die Frage prognostisch zu beantworten ist, ob der Ausländer sich nach Ablauf der Bewährungszeit, d. h. wenn der Druck der bei Bewährungsversagen drohenden Verbüßung der Reststrafe weggefallen ist, voraussichtlich straffrei verhalten wird. Schließlich können Umstände, die den Strafgerichten nicht bekannt gewesen oder von ihnen nicht beachtet worden sind, ebenso wie eine andere Würdigung des feststehenden Sachverhalts zu einer abweichenden Prognoseentscheidung führen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2000, a.a.O.). Die Entscheidungen der Strafgerichte gemäß § 57 Abs. 1 StGB haben nach alledem lediglich die Bedeutung eines - regelmäßig allerdings gewichtigen - Indizes (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.).
28 
Hiervon ausgehend rechtfertigt der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 07.03.2003 nicht die Annahme, dass von dem Kläger auch längerfristig keine Gefahr für die Allgemeinheit i.S.v. § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG mehr ausgeht. Das Gericht war davon überzeugt, dass die lange Dauer der Untersuchungs- und der anschließenden Vollstreckungshaft ausreichend Eindruck auf den Kläger gemacht habe, sich künftig straffrei zu führen. Die nachfolgenden - wenn auch nur mit Geldstrafen geahndeten - drei Straftaten zeigen jedoch, dass diese Annahme verfehlt war. Der Kläger hat die erste Straftat nach der Verurteilung vom 02.11.2000 am 14.11.2004 und damit noch innerhalb seiner Bewährungszeit begangen. Der Diebstahl einer geringwertigen Sache erfolgte unter Ausnutzung seines damaligen Arbeitsverhältnisses als Reinigungskraft und führte zur Verhängung einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen durch Strafbefehl des Amtsgerichts Limburg an der Lahn vom 28.02.2005. Daraufhin wurde die Bewährungszeit des Klägers um ein Jahr verlängert. Der Kläger hat sich mit diesem straffälligen Verhalten dem Risiko eines Widerrufs der Aussetzung der Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe aus der Verurteilung vom 02.11.2000 ausgesetzt. Der Druck der Bewährungszeit und die damit drohende (weitere) Strafhaft haben ihn nicht von der Begehung einer Straftat abgehalten. Darüber hinaus hat er durch den Diebstahl im Rahmen seiner damaligen Beschäftigung auch arbeitsrechtliche Konsequenzen in Kauf genommen. Das Landgericht konnte bei seiner Prognose auch das Verhalten des Klägers nach der (verlängerten) Bewährungszeit nicht berücksichtigen. Dieser hat unmittelbar, nachdem mit Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 10.04.2007 die zur Bewährung ausgesetzte Restfreiheitsstrafe erlassen worden war, am 14.04.2007 einen weiteren Diebstahl begangen, der mit Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom 09.05.2007 mit einer Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen geahndet wurde. Hinzu kamen die am 15.10.2007 verwirklichten gefährlichen Eingriffe in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Gefährdung des Straßenverkehrs und Nötigung gemäß §§ 315b Abs. 1 Nr. 2 und 3, 315c Abs. 1 Nr. 2b, 240 Abs. 1, 52, 69, 69a StGB, die zu einer vom Amtsgericht Tübingen mit Strafbefehl vom 29.01.2008 verhängten Geldstrafe von 50 Tagessätzen führten. Damit hat der Kläger Straftaten innerhalb seiner Bewährungszeit, unmittelbar danach und auch im zeitlichen Abstand dazu verwirklicht. Die verbüßte Haftstrafe - selbst teilweise der Bewährungsdruck - hat ihn nicht von der Verwirklichung weiterer Straftaten abgehalten und damit erkennbar nicht ausreichend Eindruck auf ihn gemacht, sich künftig straffrei zu führen, wovon das Landgericht Karlsruhe bei der Aussetzung der Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung ausgegangen ist.
29 
Zwar hat sich mit der Geburt seines Sohnes im Juli 2008 die familiäre Situation des Klägers geändert. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass den Kläger das Zusammenleben mit seiner religiös angetrauten Ehefrau und deren leiblicher Tochter bislang nicht davon abgehalten hat, weitere Straftaten zu begehen, zumal es sich bei seiner Ehefrau um eine mitangeklagte Mittäterin des mit Strafurteil vom 02.11.2000 geahndeten gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in 22 Fällen handelt. Auch wenn er seit der Verurteilung vom 02.11.2000 keine Straftaten von vergleichbarem Gewicht mehr verwirklicht hat, kann unter Berücksichtigung sämtlicher für und gegen den Kläger sprechenden Umstände derzeit eine positive längerfristige Prognose dahingehend, dass er keine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, (noch) nicht gestellt werden.
30 
Ob das Bundesamt den Widerruf unverzüglich im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ausgesprochen hat, ist nicht entscheidungserheblich. Die Pflicht zum unverzüglichen Widerruf dient ausschließlich öffentlichen Interessen. Ein etwaiger Verstoß hiergegen verletzt keine Rechte des betroffenen Ausländers (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005, a.a.O.).
31 
§ 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG steht der Widerrufsentscheidung des Bundesamts nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist von einem Widerruf abzusehen, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt (oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte). Dadurch soll der Sondersituation solcher Personen Rechnung getragen werden, die ein besonders schweres, nachhaltig wirkendes Flüchtlingsschicksal erlitten haben und denen es deshalb selbst lange Zeit danach - auch ungeachtet etwaiger veränderter Verhältnisse - nicht zumutbar ist, in den früheren Verfolgerstaat zurückzukehren (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 05.11.2007 - A 6 S 1097/05 -, juris). Eine derartiges Verfolgungsschicksal hat der Kläger nach dem seinem Asylbegehren stattgebenden Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20.01.1998 nicht erlitten. Er hat sich auf derartige Gründe auch im Übrigen nicht berufen.
32 
§ 73 Abs. 2a AsylVfG steht der Widerrufsentscheidung des Bundesamts ebenfalls nicht entgegen.
33 
Schließlich bedarf es keiner Entscheidung, ob die Jahresfrist nach §§ 49 Abs. 2 Satz 2, 48 Abs. 4 VwVfG bei Widerrufsentscheidungen gemäß § 73 Abs. 1 AsylVfG zu beachten ist. Die Jahresfrist wäre hier eingehalten. Ihr Lauf beginnt frühestens nach einer Anhörung des Ausländers mit einer angemessenen Frist zur Stellungnahme (vgl. BVerwG, Urteile vom 01.11.2005, a.a.O., und vom 08.05.2003 - 1 C 15.02 -, BVerwGE 118, 174). Der Widerrufsbescheid erging am 12.07.2005, nachdem das Bundesamt dem Kläger durch Schreiben vom 13.10.2004 Gelegenheit zur Stellungnahme binnen eines Monats gegeben hatte.
34 
Ist der Widerruf nach dem Vorstehenden bereits gemäß § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG wegen der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers vom 02.11.2000 und der von diesem nach wie vor ausgehenden Gefahr für die Allgemeinheit gerechtfertigt, so kommt es für dessen Rechtmäßigkeit nicht entscheidungserheblich darauf an, ob sich die tatsächliche Verfolgungssituation des Klägers in Sri Lanka geändert hat, wovon das Bundesamt noch im Bescheid vom 12.07.2005 ausgegangen ist.
35 
Erweist sich somit der angefochtene Widerruf als rechtmäßig, so ist des Weiteren nicht zu beanstanden, dass die Beklagte im Zusammenhang damit festgestellt hat, dass auch die Voraussetzungen des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen. Die Ermächtigungsgrundlage hierfür ergibt sich aus einer Rechtsanalogie zu den §§ 24 Abs. 2, 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, 32, 39 Abs. 2 sowie 73 Abs. 1 bis 3 AsylVfG. Im Hinblick darauf, dass § 60 AufenthG die früheren §§ 51 Abs. 1, 53 AuslG a.F. ersetzt, gilt nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes nichts anderes (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.). Im Übrigen hat die Feststellung ohnehin keinen selbständigen Regelungscharakter. Denn das Nichtvorliegen der genannten Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerruf ist Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des ausgesprochenen Widerrufs (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 20.03.2007 - 1 C 38.06 -, Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 27) und (bereits) in diesem Zusammenhang geprüft worden.
36 
2. Die Klage hat Erfolg, soweit der Kläger - hilfsweise - unter Aufhebung von Nr. 4 des Bescheids des Bundesamts vom 12.07.2005 die Verpflichtung der Beklagten begehrt festzustellen, dass bei ihm ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Sri Lanka nach § 60 Abs. 2 AufenthG vorliegt.
37 
Die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG wird durch § 60 Abs. 8 AufenthG nicht ausgeschlossen (vgl. zu § 53 AuslG: BVerfG, Beschluss vom 20.12.1989 - 2 BvR 958/86 - BVerfGE 81, 142; BVerwG, Urteil vom 30.03.1999 - 9 C 31.98 -, BVerwGE 109, 1).
38 
Nach § 60 Abs. 2 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für diesen Ausländer die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. § 60 Abs. 2 AufenthG erfasst nicht nur ver-folgungsunabhängige, sondern auch verfolgungstypische Gefahren, die in den Anwendungsbereich des Art. 16a GG und des § 60 Abs. 1 AufenthG fallen.
39 
Erheblich sind die in § 60 Abs. 2 AufenthG benannten Gefahren bzw. Repressalien grundsätzlich nur dann, wenn sie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Allerdings gilt - was die Beklagte verkennt - gemäß § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 304 S. 12, - Qualifikationsrichtlinie -) im Fall bereits erlittener Schädigung eine Beweiserleichterung. Danach ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Die Voraussetzungen von Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie liegen in der Person des Klägers vor.
40 
Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts Stuttgart im Urteil vom 20.01.1998 war der Kläger, der aufgrund vorhandener Narben wegen Verdachts der LTTE-Zugehörigkeit in Sri Lanka durch die Armee festgehalten und misshandelt worden war, von politischer Verfolgung unmittelbar bedroht. Er hat damit Sri Lanka auch nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie als Vorverfolgter verlassen (vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, Urteil vom 20.03.2007 - 1 C 21.06 -, BVerwGE 128, 199). Es sprechen keine stichhaltigen Gründe dagegen, dass der Kläger bei einer Rückkehr derzeit erneut von einem sonstigen ernsthaften Schaden im Sinne des § 60 Abs. 2 AufenthG bedroht wird. Vielmehr ergibt sich aus dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 07.04.2009, dass sich die Situation für Tamilen in Sri Lanka in den letzten Monaten weiter verschärft hat. Danach gibt es für eine systematische Verfolgung bestimmter Personen oder Personengruppen allein wegen ihrer Rasse, Nationalität, Religion oder politischer Überzeugung seit der Aufkündigung des Waffenstillstandabkommens zwischen der Regierung und der LTTE im Januar 2008 immer mehr Anzeichen. Es kommt zu staatlichen repressiven Maßnahmen in unterschiedlichen Bereichen. Davon sind fast ausschließlich Tamilen betroffen, da sie unter dem Generalverdacht stehen, die LTTE zu unterstützen. Tamilen werden nicht allein aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit systematisch verfolgt, müssen aber - durch ihre tamilische Sprache und die entsprechenden Einträge in Ausweiskarten für die Sicherheitskräfte leicht identifizierbar - jederzeit mit staatlichen Repressionen rechnen. Die ständigen Razzien, PKW-Kontrollen und Verhaftungen bei Vorliegen schon geringster Verdachtsmomente richten sich vor allem gegen Tamilen. Durch die im Dezember 2006 verfügte Wiederaufnahme des mit dem Waffenstillstandsabkommen 2002 ausgesetzten Sicherheitsgesetzes „Prevention of Terrorism Act“ von 1979 ist die richterliche Kontrolle solcher Verfolgungen kaum mehr gewährleistet. Wer verhaftet wird, muss mit längerer Inhaftierung rechnen, ohne dass es zu weiteren Verfahrensschritten oder gar einer Anklageerhebung kommen muss. Jeder, der in den Augen der Sicherheitskräfte der Nähe der LTTE verdächtig ist, muss damit rechnen, verhaftet zu werden. Ein Anfangsverdacht, der LTTE nahe zu stehen, trifft Rückkehrer, die aus den nördlichen oder östlichen Landesteilen stammen und sich nun erstmals in Colombo oder dem Süden niederlassen. Ebenso steht unter Verdacht, wer bereits früher als Anhänger der LTTE auffällig geworden war. Der Kläger, der nicht nur bereits unter LTTE-Verdacht verhaftet und misshandelt worden ist, sondern darüber hinaus aus dem Norden stammt und weiterhin Narben aufweist, muss nach alledem konkret mit einer Verhaftung rechnen. Dass es bei derartigen Verhaftungen auch (erneut) zu Misshandlungen und damit einer zumindest erniedrigenden Behandlung im Sinne von § 60 Abs. 2 AufenthG kommen kann, ergibt sich ebenfalls aus dem genannten Lagebericht. Danach hat der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen, Manfred Novak, nach seinem Sri-Lanka-Besuch im Herbst 2007 festgestellt, dass Folter als gängige Praxis im Rahmen der Terrorismusbekämpfung angewendet wird. Weiter sind dem Auswärtigen Amt im Frühjahr 2007 Fälle bekannt geworden, in denen im Jahr 2005 nach Sri Lanka zurückgeschobene Tamilen von LTTE und Sicherheitskräften gefoltert worden sind.
41 
Nach der maßgeblichen Erkenntnislage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist danach festzustellen, dass sich die allgemeine politische Lage in Sri Lanka in Bezug auf die Einhaltung der Menschenrechte und insbesondere in Bezug auf das Risiko von Tamilen, wegen des Verdachts der Unterstützung der LTTE verfolgt zu werden, im Vergleich zum Jahr 1998 nicht verbessert, sondern eher verschlechtert hat. Auch in der Person des Klägers haben sich keine Änderungen ergeben, die es als zumutbar erscheinen ließen, ihn auf den Schutz seines Heimatstaates zu verweisen. Die Beklagte hat keine stichhaltigen Gründe aufgezeigt, aus denen sich ergeben könnte, dass der vorverfolgt ausgereiste Kläger bei einer Rückkehr nicht (erneut) von einem sonstigen ernsthaften Schaden im Sinne des § 60 Abs. 2 AufenthG bedroht wird. Derartige stichhaltige Gründe ergeben sich zunächst nicht aus dem Vortrag der Beklagten, dass die LTTE gegenwärtig nur noch ein Gebiet in der Größe von ca. 60 Quadratkilometern kontrolliere, und deren Vermutung, sofern die Rebellen - erwartungsgemäß - deshalb zukünftig einen Guerillakampf führen würden, sei davon auszugehen, dass sich die Sicherheitskräfte dann noch gezielter als bisher auf die Bekämpfung aktiver, die Sicherheit des Landes konkret bedrohender LTTE-Angehöriger konzentrieren würden; der Kläger sei dieser Personengruppe nicht zuzurechnen. Dem stehen die Ausführungen im aktuellen Lagebericht vom 07.04.2009 entgegen, wonach es innerhalb Sri Lankas keine Gebiete mehr gibt, in denen die beschriebenen Verfolgungshandlungen nicht ausgeübt werden, auch wenn die Intensität der Bedrohung sich in den einzelnen Landesteilen unterscheidet. Nach der sogenannten „Befreiung“ des von der LTTE infiltrierten Gebiets im Osten durch die Regierung bleibt die Lage dort nach wie vor angespannt. Im Norden herrscht weiter offener Krieg, dessen Ende möglich, aber nicht abzusehen ist. Im Übrigen beruht die von der Beklagten vermutete künftige Entwicklung des Verfolgungsrisikos des Klägers allein auf Spekulation, was zur Feststellung stichhaltiger (Gegen-)Gründe im Sinne von Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie nicht ausreicht. Auch soweit die Beklagte ausführt, für nach Colombo zurückkehrende Tamilen bestehe keine generelle Gefahr einer menschenunwürdigen Behandlung, allein im Großraum der Hauptstadt Colombo lebten mehr als 300.000 Tamilen und Kontrollen und Inhaftierungen beträfen lediglich einen Personenkreis von ca. 60 Betroffenen pro Woche, die zudem mehrheitlich nach der Personenkontrolle wieder freigelassen würden, erschüttert sie damit nicht den sich gemäß Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie aus der Vorverfolgung des Klägers ergebenden Hinweis, dass dieser bei einer Rückkehr nach Sri Lanka tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden (im Sinne des § 60 Abs. 2 AufenthG) zu erleiden.
42 
Offen bleiben kann die vom Bundesverwaltungsgericht dem Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften mit Beschluss vom 07.02.2008 - 10 C 33.07 - (juris) vorgelegte Frage, ob Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie einen inneren Zusammenhang zwischen einer erlittenen oder unmittelbar drohenden Verfolgung und dem Sachverhalt, der bei einer Rückkehr erneut zu einer Verfolgung führen könnte, voraussetzt, denn dieser Zusammenhang ist vorliegend gegeben. Die Vorverfolgung, die den Kläger zur Ausreise aus Sri Lanka veranlasst hat, unterscheidet sich nicht von der ihm derzeit bei einer Rückkehr drohenden Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 2 AufenthG.
43 
Über die weiteren Hilfsanträge braucht der Senat nicht zu entscheiden, da sie nur für den Fall gestellt sind, dass der (erste) Hilfsantrag auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG keinen Erfolg hat.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und § 83b AsylVfG, wobei der Senat von einem „Wert“ des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG von etwa 1/3 ausgeht (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 9.5.1998 - 9 C 5.98 -, AuAS 1998, 224).
45 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

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