Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 4 S 797/12

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. März 2011 - 8 K 2/11 - geändert. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger den Familienzuschlag der Stufe 2 auch ab 01.11.2008 bis 30.06.2009 für das in seinen Haushalt aufgenommene Kind ...... und auch ab 01.01.2009 bis 30.06.2009 für das in seinen Haushalt aufgenommene Kind ...... zu zahlen, jeweils zzgl. 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 03.01.2011. Der Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 13.12.2010 und dessen Widerspruchsbescheid vom 21.12.2010 werden aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen.

Die Berufung des Beklagten gegen das genannte Urteil wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10% über dem aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrag abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 10% über dem zu vollstreckenden Betrag leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 2 (§ 40 Abs. 2 BBesG) bzw. des kinderbezogenen Teils des Familienzuschlags (§§ 40, 41 Abs. 3 LBesGBW in der seit 01.01.2011 geltenden Fassung).
Der Kläger ist Beamter im Polizeidienst des Beklagten (PHMz, A 9 mit Zulage). Seit dem 30.07.2004 lebt er in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Sein Lebenspartner ist nicht im öffentlichen Dienst tätig.
Unter dem 20.02.2009 reichte der Kläger beim Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (im Folgenden: Landesamt) das ausgefüllte Formular „Erklärung zum Familienzuschlag“ ein. In diesem Formular sind Angaben zum Lebenspartner des Klägers enthalten. Unter 4. „Angaben zur Berücksichtigung von Kindern" sind die ledigen Kinder seines Lebenspartners ... (geb. 06.07.1992) und ... (geb. 17.03.1994) aufgeführt. Zu beiden Kindern wird vermerkt, dass Kindergeld an den Lebenspartner gezahlt werde. Dem Formular waren zwei Presseberichte („Familienzuschlag für Homobeamte“ und „Urteil: Bei Homo-Ehe doch Anspruch auf Familienzuschlag“) zu einem Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart beigefügt. Mit Schreiben des Landesamts vom 20.03.2009 wurde der Kläger unter Bezugnahme auf seine Erklärung vom 20.02.2009 formlos darauf hingewiesen, dass trotz des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart, das im Übrigen noch nicht rechtskräftig sei, ein Familienzuschlag der Stufe 1 nicht gezahlt werden könne, da hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorlägen.
Am 23.11.2010 beantragte der Kläger, ihm für seine Stiefkinder ... und ... den Familienzuschlag der Stufe 2 zu zahlen, und zwar ab November 2008 für ... und ab Januar 2009 für ... Die Tochter ... seines Lebenspartners, die sich noch in Ausbildung befinde, sei am 01.09.2007 und dessen Sohn ... am 01.01.2009 in die gemeinsame Wohnung eingezogen. Sein Lebenspartner erhalte seit November 2008 für seine Tochter ... und seit Januar 2009 für seinen Sohn ... Kindergeld. Ihm, dem Kläger, stehe ein Anspruch auf den Familienzuschlag der Stufe 2 nach § 40 Abs. 2 BBesG i.V.m. § 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu, weil die Beschränkung des Familienzuschlags auf verheiratete Beamte gegen die Richtlinie 2000/78/EG und Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Mit Bescheid vom 13.12.2010 lehnte das Landesamt den Antrag des Klägers auf Zahlung des Familienzuschlags der Stufe 2 ab, dessen Widerspruch wies es mit Widerspruchsbescheid vom 21.12.2010 zurück.
Am 03.01.2011 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben, mit der er die Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 2 ab November 2008 für ... und ab Januar 2009 für ... begehrt hat. Mit Urteil vom 30.03.2011 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, dem Kläger den Familienzuschlag der Stufe 2 (bzw. den kinderbezogenen Teil des Familienzuschlages) ab dem 01.07.2009 für die in seinen Haushalt aufgenommenen Kinder ... und ... zu gewähren zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz ab dem 03.01.2011 auf den zu diesem Zeitpunkt fälligen Betrag und ab dem jeweiligen Monatsersten für die ab dem 01.02.2011 fällig gewordenen bzw. fällig werdenden Beträge. Den Bescheid des Landesamts vom 13.12.2010 und dessen Widerspruchsbescheid vom 21.12.2010 hat es aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, der Kläger, der eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen sei, erfülle die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 40 Abs. 2 BBesG bzw. - für den Zeitraum ab dem 01.01.2011 - § 41 Abs. 3 LBesGBW nicht, weil diese Vorschriften ausdrücklich an das Vorliegen einer Ehe anknüpften. Der Kläger weise aber zu Recht darauf hin, dass der Ausschluss des in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Beamten vom Familienzuschlag eine unmittelbare Diskriminierung nach der Richtlinie 2000/78/EG darstelle. Die Kammer habe mit Urteil vom 30.03.2011 unter Bezugnahme auf die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.10.2010 und den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 07.07.2009 entschieden, dass dem Kläger seit dem 01.07.2009 der Familienzuschlag der Stufe 1 nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG (bzw. § 41 Abs. 1 Nr. 1 LBesGBW) unmittelbar aus der Richtlinie 2000/78/EG zustehe. Sie habe in dieser Entscheidung ausführlich dargelegt, dass es - in Bezug auf den Familienzuschlag der Stufe 1 - seit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 07.07.2009 an einer tragfähigen Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung von verheirateten und in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Personen fehle. Gleiches gelte auch in Bezug auf den im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Familienzuschlag der Stufe 2 bzw. den kinderbezogenen Teil des Familienzuschlags. Auch die unterschiedliche Behandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft in § 40 Abs. 2 BBesG (bzw. § 41 Abs. 3 LBesGBW) i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG könne seit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 07.07.2009 nicht mehr als sachlich gerechtfertigt angesehen werden. Dass der Bundesfinanzhof einen Anspruch auf Kindergeld für in den Haushalt des Berechtigten aufgenommene Kinder des Partners einer eingetragenen Lebenspartnerschaft weiterhin verneine und im Rahmen des § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nur die in den Haushalt aufgenommenen Kinder des Ehegatten berücksichtige, sei für das vorliegende Verfahren unbeachtlich. Unionsrecht gebiete eine Gewährung des Familienzuschlags nach § 40 Abs. 2 BBesG (bzw. § 41 Abs. 3 LBesGBW) allerdings erst ab dem Zeitpunkt des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 07.07.2009, da erst durch diesen Beschluss die normative Vergleichbarkeit hergestellt worden sei. Erst ab diesem Zeitpunkt unterfalle damit die Leistung dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG.
Auf die Anträge des Klägers und des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 12.04.2012 - 4 S 1326/11 - die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. März 2011 - 8 K 2/11 - zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm den Familienzuschlag der Stufe 2 auch ab 01.11.2008 bis 30.06.2009 für das in seinen Haushalt aufgenommene Kind ... und auch ab 01.01.2009 bis 30.06.2009 für das in seinen Hauhalt aufgenommene Kind ... zu zahlen, jeweils zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, und den Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 13.12.2010 und dessen Widerspruchsbescheid vom 21.12.2010 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.
Zur Begründung trägt er vor, soweit sich das Gericht hinsichtlich des Zeitpunkts, ab dem der Gleichstellungsanspruch beim Familienzuschlag der Stufe 1 begründet sei, der Auffassung des Bundesverwaltungsgericht anschließe, verkenne es, dass es nach dem Urteil des EuGH vom 01.04.2008 nicht darauf ankommen dürfe, dass das nationale Verfassungsgericht die Vergleichbarkeit herstelle. Vielmehr sei der Verstoß gegen die Richtlinie 2000/78/EG nach dem Urteil des EuGH vom 01.04.2008 bereits dann gegeben, wenn sich Ehegatten und Lebenspartner in Bezug auf die streitbefangene Leistung in einer vergleichbaren Situation befänden. Im Urteil vom 10.05.2011 bestätige der EuGH die Auffassung, dass die Ungleichbehandlung eingetragener Lebenspartner gegenüber Ehepartnern beim Entgelt gegen die Richtlinie 2000/78/EG verstoße, dies bereits seit dem 03.12.2003. Die dortigen Ausführungen ließen sich in vollem Umfang auf den Familienzuschlag der Stufe 1 und auch auf den vorliegend streitbefangenen Familienzuschlag der Stufe 2 übertragen. Hiervon unabhängig sei festzustellen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu einem Anspruch auf rückwirkende Gleichstellung führen könne.
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Entgegen den Angaben des Beklagten habe er seinen streitbefangenen Anspruch nicht erst mit Antrag vom 23.11.2011 geltend gemacht, sondern bereits am 23.11.2010. Ohnehin stehe der Begründetheit der Klage nicht der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber dem Dienstherrn entgegen, dies aus mehreren Gründen: Zum einen stütze sich das Bundesverwaltungsgericht in dem vom Beklagten in Bezug genommenen Urteil vom 27.05.2010 maßgeblich auf die vorangegangene Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts, mit der die Rückwirkung ausdrücklich beschränkt worden sei. Eine derartige Beschränkung stehe ausschließlich dem Bundesverfassungsgericht zu und sei in den vorliegend maßgeblichen Entscheidungen vom 07.07.2009 und 21.07.2010 gerade nicht vorgenommen worden. Es komme hinzu, dass ein Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber dem Dienstherrn europarechtlich ohnehin nicht begründbar sei. Zudem wäre es jedenfalls treuwidrig, wenn der Beklagte, der die europarechtlichen Vorgaben nicht fristgerecht umgesetzt habe, sich seinen Beamten gegenüber darauf berufe, diese hätten ihre Ansprüche nicht fristgerecht geltend gemacht. Vorliegend habe der Beklagte in dem von ihm herausgegebenen Antragsformular sogar aktiv darauf hingewirkt, Anträge auf Zahlung des Familienzuschlags der Stufe 2 bzw. des kinderbezogenen Teils des Familienzuschlages für Kinder des eingetragenen Lebenspartners nicht zu stellen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Insoweit verteidigt er das angefochtene Urteil und trägt vor, das einfachgesetzliche deutsche Recht, das bei verschiedenen Eltern-Kind-Regelungen auch weiterhin zwischen Ehen und Lebenspartnerschaften differenziere, verstoße nicht gegen europäisches Recht oder deutsches Verfassungsrecht. Darüber hinaus sei eine im Fortbestehen des bisherigen Kindergeldrechts liegende mögliche Ungleichbehandlung aus nicht diskriminierenden Gründen gerechtfertigt. Die Anbindung an das Kindergeldrecht einschließlich der Rangfolgeregelungen zwischen mehreren Berechtigten sei ein als solches diskriminierungsfreies allgemeines Rechtsprinzip. Zur Wahrung dieses Prinzips werde beispielsweise auch ein Eingriff in das Alimentationsprinzip zugelassen. So könne beispielsweise auch ein sogenannter „Zahlvater“ im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBesG (bzw. § 41 Abs. 1 Nr. 3 LBesGBW) nach § 40 Abs. 3 Satz 1 BBesG (bzw. § 41 Abs. 3 LBesGBW) i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 EStG den kindbezogenen Teil der Bezüge bei Eheschließung der Kindesmutter mit einem anderen Beamten verlieren. Die Ungleichbehandlung zwischen verheirateten Beamten und verbeamteten eingetragenen Lebenspartnern durch § 40 Abs. 2 BBesG (bzw. § 41 Abs. 3 LBesGBW) sei daher durch dieses Rechtsprinzip gerechtfertigt. Denn die Entscheidung über den kindbezogenen Familienzuschlag könne auch in anderen Konstellationen in die Rechte des bisher begünstigten anderen Elternteils eingreifen. Im Übrigen werde an der Rechtsauffassung, dass die Ungleichbehandlung von Beamten in eingetragener Lebenspartnerschaft gegenüber verheirateten Beamten im Bereich der beamtenrechtlichen Alimentation hinsichtlich des Familienzuschlags der Stufe 2 im vorliegenden Fall durch Art. 6 Abs. 1 GG gerechtfertigt sei, - auch in Bezug auf die Zeit nach dem 30.06.2009 - festgehalten. Unabhängig davon dürfte auch der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber dem Dienstherrn anwendbar sein, so dass dem Kläger, dessen Antrag auf die Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 2 für seine „Stiefkinder“ vom 23.11.2011 datiere, aus diesem Grund frühestens ab dem Jahr 2011 ein Anspruch zustehen könne.
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Der Beklagte beantragt weiter,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. März 2011 - 8 K 2/11 - zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
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Er macht geltend, das Urteil sei rechtsfehlerhaft, soweit es der Klage ab dem 01.07.2009 stattgegeben habe. Das Verwaltungsgericht habe die Bindungswirkung der Kindergeldentscheidung gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG hinsichtlich des kindbezogenen Familienzuschlags nach § 40 Abs. 2 BBesG bzw. § 41 Abs. 3 LBesGBW verkannt. Zwar diene Kindergeld nach § 31 Abs. 1 Satz 1 EStG der steuerlichen Freistellung eines Einkommensbetrages in Höhe des Existenzminimums eines Kindes und verfolge damit eine andere Zielrichtung als die Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 2 (bzw. des kinderbezogenen Anteils), da diese die amtsangemessene Alimentation des Beamten sicherstellen solle. Das Gericht verkenne jedoch, dass die Kindergeldentscheidung als Rechtsverweisung für den kindbezogenen Familienzuschlag nach § 40 Abs. 2 BBesG bzw. § 41 Abs. 3 LBesGBW ohne Ausnahme verbindlich sei. Die von der Kindergeldentscheidung unabhängige Prüfung eines Anspruchs auf den kindbezogenen Familienzuschlag sei ihm daher verwehrt. Eine über den Wortlaut „Kinder des Ehegatten“ hinausgehende (richtlinienkonforme) ergänzende Auslegung des § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG scheide vorliegend aus. Der Bundesfinanzhof habe entschieden, dass ein Anspruch auf Kindergeld für in den Haushalt des Berechtigten aufgenommene Kinder des Partners einer eingetragenen Lebenspartnerschaft weiterhin nicht bestehe und im Rahmen des § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nur die in den Haushalt aufgenommene Kinder des Ehegatten berücksichtigungsfähig seien. Nach dieser - ihn bindenden - Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs stehe dem Kläger als eingetragenem Lebenspartner kein Anspruch auf Kindergeld nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und damit nach § 40 Abs. 2 BBesG bzw. § 41 Abs. 3 LBesGBW auch kein Anspruch auf den kindbezogenen Familienzuschlag zu. Diese Ungleichbehandlung sei aufgrund des Abs. 22 der Richtlinie 2000/78/EG auch nicht rechtswidrig, da einzelstaatliche Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen von dieser Richtlinie unberührt blieben.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
19 
Sowohl Art. 3 Abs. 1 GG als auch die Richtlinie 2000/78/EG stellten gegenüber den besoldungsrechtlichen Regelungen und dem von dem Beklagten für sich in Anspruch genommenen Grundsatz der Bindung an die Voraussetzungen des Einkommensteuergesetzes vorrangiges Recht dar.
20 
Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, wegen der sonstigen Einzelheiten auf die einschlägigen Akten des Beklagten und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die Berufungen des Klägers und des Beklagten sind nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufung des Klägers ist begründet, die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hätte der zulässigen Klage auch für den Zeitraum ab November 2008 bzw. Januar 2009 stattgeben müssen. Die Ablehnung der Zahlung des Familienzuschlags der Stufe 2 an den Kläger ist rechtswidrig und verletzt ihn in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch auf Familienzuschlag der Stufe 2 (bzw. auf den kinderbezogenen Teil des Familienzuschlags) ab 01.11.2008 für das in seinen Haushalt aufgenommene Kind ... und ab 01.11.2009 für das in seinen Haushalt aufgenommene Kind ....
22 
Der Anspruch des Klägers folgt allerdings nicht unmittelbar aus § 40 Abs. 2 BBesG in der bis zum 31.08.2006 geltenden Fassung (vgl. § 86 BBesG, im Folgenden a.F.) bzw. - für den Zeitraum ab 01.01.2011 - aus § 41 Abs. 3 Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg - LBesGBW - vom 09.11.2010 (GBl. S. 793). Nach § 40 Abs. 2 BBesG wird der Familienzuschlag der Stufe 2 u.a. Beamten, Richtern und Soldaten der Stufe 1, d.h. insbesondere verheirateten Beamten gewährt, denen Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz oder nach dem Bundeskindergeldgesetz zusteht oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder § 65 EStG oder des § 3 oder § 4 BKKG zustehen würde. Eine dementsprechende Regelung enthält § 41 Abs. 3 LBesGBW, wonach Beamte und Richter, denen Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz oder nach dem Bundeskindergeldgesetz zusteht oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder § 65 EStG oder des § 3 oder § 4 BKKG zustehen würde, den kinderbezogenen Teil des Familienzuschlags für jedes Kind erhalten. Dem Kläger stünde ein Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu, wenn es sich bei den in seinen Haushalt aufgenommenen Kindern ... und ... um Kinder seines „Ehegatten“ handeln würde. Denn dann würde ihm ohne Berücksichtigung des § 64 Abs. 1 EStG, d.h. ohne Berücksichtigung der Tatsache, dass Kindergeld nur einem Berechtigten gezahlt wird, für den hier streitigen Zeitraum ein Anspruch auf Kindergeld zustehen, da das Kind ... das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (§ 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 3 EStG) und das Kind ... das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird (§ 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG). Der Kläger, der eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen ist, erfüllt jedoch die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Regelungen nicht, weil diese ausdrücklich an das Vorliegen einer Ehe (Kinder seines „Ehegatten“) anknüpfen. Mangels einer vom Normgeber nicht beabsichtigten planwidrigen Regelungslücke und nicht zuletzt in Anbetracht des im Besoldungsrecht geltenden Gesetzesvorbehalts (§ 2 Abs. 1 BBesG, § 3 Abs. 1 LBesGBW) kommt auch eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf Lebenspartnerschaften nicht in Betracht.
23 
Der Anspruch des Klägers ergibt sich jedoch aus § 40 Abs. 2 BBesG a.F. bzw. - für den Zeitraum ab 01.01.2011 - aus § 41 Abs. 3 LBesGBW in Verbindung mit Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, 16; im Folgenden: Richtlinie). Nach Art. 1 der Richtlinie ist ihr Zweck die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten. Nach Art. 2 Abs. 1 bedeutet „Gleichbehandlungsgrundsatz“ im Sinne der Richtlinie, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Art. 1 genannten Gründe geben darf, wobei nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie eine unmittelbare Diskriminierung vorliegt, wenn eine Person wegen eines der in Art. 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Ob eine in diesem Sinne vergleichbare Situation gegeben ist, muss mit Blick auf die jeweils konkret in Rede stehende Vorschrift entschieden werden. Dies zu beurteilen, ist Sache des mitgliedstaatlichen Gerichts (EuGH, Urteile vom 01.04.2008 - C-267/06 „Maruko“ -, ZBR 2008, 375 und vom 10.05.2011 - C-147/08 „Römer“ -, EuGRZ 2011, 278; Senatsurteil vom 03.04.2012 - 4 S 1773/09 -, IÖD 2012, 112).
24 
Der Geltungsbereich der Richtlinie ist eröffnet. Zwar lässt sie nach ihrem 22. Erwägungsgrund einzelstaatliche Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen unberührt; nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) werden die in Ausübung der nationalen Zuständigkeit ergangenen nationalen Vorschriften dadurch jedoch dann nicht dem Geltungsanspruch der Richtlinie 2000/78/EG entzogen, wenn die Leistungen Entgeltcharakter haben (EuGH, Urteile vom 01.04.2008 und vom 10.05.2011, jeweils a.a.O.). Das ist hier der Fall, weil der Familienzuschlag gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 BBesG (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 LBesGBW) Bestandteil der Besoldung und somit Arbeitsentgelt im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.2010 - 2 C 10.09 -, Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 44). Deshalb trifft die Auffassung des Bundesfinanzhofs (Beschluss vom 21.04.2006 - III B 153/05 -, Juris) nicht zu, in der Richtlinie heiße es, dass diese die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen unberührt lasse, und hierzu auch die Gewährung von Kindergeld zähle. Der 22. Erwägungsgrund der Richtlinie kann deren Anwendung nicht in Frage stellen, wenn Bezüge - wie hier - als Arbeitsentgelt einzustufen sind (EuGH, Urteil vom 10.05.2011, a.a.O.).
25 
Der Ausschluss der Lebenspartner im Sinne des Gesetzes über die eingetragene Lebenspartnerschaft von der Gewährung des Familienzuschlags stellt eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie dar. Der Kläger wird als Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gegenüber einem Ehegatten nachteilig behandelt, weil ihm der Familienzuschlag der Stufe 2 bzw. der kinderbezogene Teil des Familienzuschlags (im Folgenden: Familienzuschlag der Stufe 2) nicht gewährt wird, während er als Ehegatte einen solchen beanspruchen könnte. Die nachteilige Behandlung geschieht wegen der sexuellen Ausrichtung des Klägers, denn die eingetragene Lebenspartnerschaft ist Personen gleichen Geschlechts vorbehalten, während die Ehe nur von Personen unterschiedlichen Geschlechts geschlossen werden kann. Die Wahl des Familienstandes entspricht in der Regel der sexuellen Orientierung der Partner (BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.; vgl. hierzu auch BVerfG, Beschlüsse vom 07.07.2009 - 1 BvR 1164/07 -, BVerfGE 124, 199, und vom 21.07.2010 - 1 BvR 611/07 und 1 BvR 2464/07 -, BVerfGE 126, 400). Die unterschiedliche Behandlung der verpartnerten im Vergleich zu verheirateten Beamten stellt eine Diskriminierung dar, weil beide Gruppen sich im Hinblick auf die Zahlung des Familienzuschlags der Stufe 2 in einer vergleichbaren Lage befinden.
26 
Insoweit ist nicht entscheidend, dass - was gerade Ausgangspunkt des Rechtsstreits ist - Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft in Bezug auf den Familienzuschlag der Stufe 2 normativ unterschiedlich ausgestaltet sind. Vielmehr ist maßgeblich, dass sich der Lebenspartner im nationalen Recht hinsichtlich des streitgegenständlichen Familienzuschlags in einer rechtlichen und tatsächlichen Situation befindet, die mit der einer verheirateten Person vergleichbar ist. Die Beurteilung der Vergleichbarkeit hat sich dabei auf die jeweiligen, unter Berücksichtigung des Zwecks und der Voraussetzungen für die Gewährung der fraglichen Leistung relevanten Rechte und Pflichten der Ehegatten und der in einer Lebenspartnerschaft lebenden Personen zu konzentrieren, wie sie im Rahmen der entsprechenden Rechtsinstitute geregelt sind. Nicht vorzunehmen ist hingegen eine Prüfung, ob die eingetragene Lebenspartnerschaft der Ehe im nationalen Recht allgemein und umfassend rechtlich gleichgestellt ist (EuGH, Urteil vom 10.05.2011, a.a.O.; Senatsurteil vom 03.04.2012, a.a.O.).
27 
Eine vergleichbare Lage zwischen Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft und Ehepartnern im Hinblick auf die Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 2 besteht seit dem Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes am 01.08.2001. Das Bundesverfassungsgericht hat im Beschluss vom 19.06.2012 (- 2 BvR 1397/09 -, FamRZ 2012, 472) - bezogen auf den Familienzuschlag der Stufe 1 - unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG ausgeführt:
28 
„In den Grundstrukturen der familienrechtlichen Institute der Ehe und der Lebenspartnerschaft bestehen bereits seit Einführung der Lebenspartnerschaft im Jahr 2001 nur wenige Unterschiede. Insbesondere sind der Grad der rechtlichen Bindung und die gegenseitigen Einstandspflichten bereits seit dem Lebenspartnerschaftsgesetz des Jahres 2001 in Ehe und Lebenspartnerschaft weitgehend angeglichen. So sind die Lebenspartner gemäß § 2 LPartG einander zu Fürsorge und Unterstützung sowie zur gemeinsamen Lebensgestaltung verpflichtet und tragen füreinander Verantwortung. Die Begründung und Aufhebung der eingetragenen Lebenspartnerschaft sowie die persönlichen und vermögensrechtlichen Rechtsbeziehungen und Unterhaltspflichten der Lebenspartner sind bereits seit 2001 in naher Anlehnung an die Ehe geregelt.
29 
Mit dem zum 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15. Dezember 2004 wurde das Recht der eingetragenen Lebenspartnerschaft noch näher an das Eherecht angeglichen und auf die Normen zur Ehe in weitem Umfang (hinsichtlich Güterrecht, Unterhaltsrecht, Scheidungsrecht, Stiefkindadoption, Versorgungsausgleich, Hinterbliebenenversorgung) Bezug genommen (vgl. nur BVerfGE 124, 199 <206 ff.>).
30 
Es fehlt auch an weiteren sachlichen Gründen für die Rechtfertigung der Besserstellung verheirateter Beamter. Sie lassen sich weder den Vorschriften über den Familienzuschlag und den zugehörigen Gesetzesmaterialien noch dem Vortrag der Verfahrensbeteiligten entnehmen.
31 
Tragfähige sachliche Gründe für die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung von verheirateten und in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Beamten ergeben sich nicht aus dem Normzweck des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG. Dem ehegattenbezogenen Teil des Familienzuschlags kommt eine "soziale, nämlich familienbezogene Ausgleichsfunktion" zu (vgl. BVerfGE 71, 39 <62> zum ehebezogenen Teil des Ortszuschlags; BVerwG, Urteil vom 3. November 2005 - 2 C 16/04 -, NVwZ-RR 2006, S. 259; Schinkel/Seifert, in: Fürst, Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht - GKÖD, Bd. 3, Lfg. 1/12, K § 40 Rn. 11), mit der im Interesse der Funktionsfähigkeit des Berufsbeamten- und Richtertums zur Unabhängigkeit auch des verheirateten Bediensteten beigetragen werden soll (so BVerfGE 71, 39 <62>). Soweit § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG verheirateten Beamten einen Anspruch auf Familienzuschlag der Stufe 1 gewährt, soll er faktische Mehrbedarfe verheirateter Beamter vor allem im Vergleich zu ledigen Beamten ausgleichen (vgl. etwa Dawin, in: Kugele, BBesG, 2011, § 40 Rn. 4; Sander, in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht, § 40 BBesG Rn. 3b ).
32 
Dieser Gesetzeszweck kann eine Privilegierung verheirateter Beamter im Verhältnis zu in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Beamten nicht rechtfertigen, weil nichts dafür ersichtlich ist, dass die mit § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG auszugleichenden Mehrbedarfe nicht ebenso bei in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Beamten bestehen.
33 
So sind keine Unterschiede in den Wohnkosten zwischen verheirateten und in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Beamten erkennbar. Auch ein in eingetragener Lebenspartnerschaft lebender Beamter benötigt - wie ein verheirateter Beamter - eine größere Wohnung als ein alleinstehender (oder geschiedener) Beamter. Ebenso sind die Unterhaltspflichten innerhalb von Ehen und eingetragenen Lebenspartnerschaften bereits seit Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes weitgehend identisch geregelt (siehe BVerfGE 124, 199 <228>). Während Eheleute nach § 1360 Satz 1 BGB verpflichtet sind, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten, trifft Lebenspartner dieselbe Unterhaltspflicht gemäß § 5 Satz 1 LPartG. § 5 Satz 2 LPartG erklärt die Vorschriften über Inhalt und Umfang des ehelichen Unterhalts in § 1360 Satz 2, §§ 1360a, 1360b BGB für entsprechend anwendbar. Wie in der Ehe können auch in Lebenspartnerschaften Ausgestaltungen der Gemeinschaftsbeziehung gelebt werden, die bei einem Partner einen erhöhten Unterhaltsbedarf bedingen (vgl. auch BVerfGE 124, 199 <230>).
34 
Auch soweit die durch § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG auszugleichenden Mehrbedarfe des verheirateten Beamten (bzw. der Beamtin) in seinem (oder ihrem) "typischerweise erhöhten Unterhaltsbedarf" bestehen, wenn sein (oder ihr) Ehegatte "namentlich wegen der Aufgabe der Kindererziehung und hierdurch bedingter Einschränkungen bei der eigenen Erwerbstätigkeit tatsächlich Unterhalt" vom Beamten (der Beamtin) erhält (so BVerfGK 13, 501 <506>; BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 2 C 10/09 -, juris, Rn. 15; Schmidt; in: Plog/Wiedow, BBG, § 40 BBesG Rn. 28 ; a.A. Classen, FPR 2010, S. 200 <202>), ergibt sich hieraus keine Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft. Insoweit sind keine Unterschiede zwischen der Lebenssituation von Ehepartnern und Lebenspartnern zu erkennen (vgl. BVerfGE 124, 199 <229>). Zum einen gibt es nicht in jeder Ehe Kinder. Auch ist nicht jede Ehe auf Kinder ausgerichtet. Zum anderen werden zunehmend auch in Lebenspartnerschaften Kinder großgezogen; auch insoweit sind Ausgestaltungen der Gemeinschaftsbeziehung denkbar und nicht völlig unüblich (vgl. Rupp, Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, 2009, S. 295), in denen der eine der Lebenspartner schwerpunktmäßig die Betreuung der Kinder übernimmt. Darüber hinaus ist die Systematik der Vorschriften über den Familienzuschlag zu berücksichtigen. Danach wird dem finanziellen Mehraufwand, der einem Beamten durch das Großziehen von Kindern entsteht, nicht durch § 40 Abs. 1 BBesG, sondern durch die weiteren Stufen des Familienzuschlags Rechnung getragen. Der Zuschlag nach § 40 Abs. 1 BBesG wird gerade unabhängig davon gewährt, ob aus der Ehe künftig Kinder hervorgehen können oder sollen. Im Übrigen ist die Privilegierung der Ehe bei der Besoldung von Beamten wegen Rücksicht auf einen typischerweise hier in besonderem Maße aus Gründen der Kindererziehung auftretenden Unterhalts- und Versorgungsbedarf auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil etwaige erziehungsbedingte Lücken in der Erwerbsbiographie oder ein sonstiger mit Erziehungsaufgaben zusammenhängender individueller Versorgungsbedarf unabhängig vom Familienstand gezielter berücksichtigt werden können, wie es beispielsweise im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung (veranlasst durch BVerfGE 39, 169 <191 ff.>) bereits erfolgt ist (ebenso BVerfGE 124, 199 <230 f.>).
35 
Eine etwaige, aus den Gesetzgebungsmaterialien nicht erkennbare familienpolitische Intention des Gesetzgebers, mit Hilfe des Familienzuschlags der Stufe 1 einen Anreiz zur Eingehung von Ehen zu bilden, um damit die Zahl der in den "behüteten" Verhältnissen einer Ehe aufwachsenden Kinder zu erhöhen (in diese Richtung wohl Schmidt, in: Plog/Wiedow, a.a.O., § 40 BBesG Rn. 28 f.; Schinkel/Seifert, in: Fürst, a.a.O., K § 40 Rn. 11), vermag die Ungleichbehandlung ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Auch die "behüteten" Verhältnisse in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft können das Aufwachsen von Kindern fördern.“
36 
Danach befinden sich Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft und Ehepartner im Hinblick auf die Zahlung des Familienzuschlags der Stufe 1 auch unionsrechtlich seit dem 01.08.2001 in einer vergleichbaren Lage; insoweit gilt hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Lebensverhältnisse nichts anderes. Erst recht gilt dies für den Familienzuschlag der Stufe 2, der (sogar) an das tatsächliche Vorhandensein von Kindern anknüpft. Danach stellen auch weder Art. 6 Abs. 1 GG noch die vom Beklagten in Anspruch genommene Anbindung an das Kindergeldrecht einschließlich der Rangfolgeregelungen zwischen mehreren Berechtigten - um die es hier auch nicht geht - einen tragfähigen sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft dar.
37 
Der Kläger kann sich auf die Richtlinie auch unmittelbar berufen.
38 
Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH kann sich der Einzelne in allen Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen, wenn dieser die Richtlinie nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt hat. Eine Unionsvorschrift ist unbedingt, wenn sie eine Verpflichtung normiert, die an keine Bedingung geknüpft ist und zu ihrer Durchführung oder Wirksamkeit auch keiner weiteren Maßnahmen der Unionsorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf. Sie ist hinreichend genau, um von einem Einzelnen geltend gemacht und vom Gericht angewandt werden zu können, wenn sie in unzweideutigen Worten eine Verpflichtung festlegt (EuGH, Urteil vom 01.07.2010 - C-194/08 „Gassmayr“ -, EuGRZ 2010, 296 m.w.N.). Eine Richtlinie ist auch dann unmittelbar anwendbar, wenn Umsetzungsmaßnahmen zwar in Kraft getreten sind, diese aber eine vollständige Anwendung der Richtlinie nicht tatsächlich gewährleisten (EuGH, Urteil vom 11.07.2002 - C-62/00 „Marks & Spencer“ -, Slg. 2002, I-6325; Senatsurteil vom 03.04.2012, a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben.
39 
Die Richtlinie ist im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 2 nicht innerhalb der Umsetzungsfrist vollständig in deutsches Recht umgesetzt worden. Nach Art. 288 Abs. 3 AEUV ist die Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Der Mitgliedstaat hat bei der Umsetzung der Richtlinie in rechtstechnischer Hinsicht daher eine gewisse Wahlfreiheit, doch muss er jedenfalls sicherstellen, dass die vollständige und effektive Anwendung der Richtlinie in hinreichend klarer und bestimmter Weise gewährleistet ist. Soweit die Richtlinie Ansprüche des Einzelnen begründen soll, muss insbesondere erreicht werden, dass die Begünstigten in der Lage sind, von ihren Rechten Kenntnis zu erlangen und diese gegebenenfalls vor den nationalen Gerichten geltend zu machen (EuGH, Urteile vom 30.05.1991 - C-361/88 -, Slg. 1991, I-2567 und vom 13.12.2007 - C-418/04 -, Slg. 2007, I-10947). Rechtsvorschriften, die der Richtlinie entgegenstehen, müssen daher aufgehoben oder geändert werden. Andernfalls muss auf andere geeignete Weise und für die von der Richtlinie Begünstigten erkennbar erreicht werden, dass die sich aus der Richtlinie ergebende Rechtslage Bestandteil der Rechtsordnung des Mitgliedstaats wird (BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, und Senatsurteil vom 03.04.2012, jeweils a.a.O.).
40 
Weder mit dem Gesetz zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14.08.2006 (BGBl. I S. 1897) noch mit späteren Änderungen oder Regelungen hat der nationale Gesetzgeber - soweit hier von Bedeutung - die Gleichstellung von verheirateten und verpartnerten Beamten beim Familienzuschlag der Stufe 2 vorgenommen. Insbesondere aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz folgt kein selbständiger Leistungsanspruch dieser Art. Die in ihm vorgesehene Gewährung von Sekundäransprüchen - in Gestalt von Entschädigungs- und Schadensersatzansprüchen - hat nicht zur vollständigen Umsetzung der Richtlinie geführt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.).
41 
Die maßgeblichen Richtlinienvorschriften - insbesondere Art. 1 bis 3 und 16 - sind auch inhaltlich unbedingt und hinreichend genau, so dass sie geeignet sind, unmittelbare Rechtswirkungen zu entfalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.). Aus Art. 16 Buchst. a der Richtlinie ergibt sich die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, alle dem unionsrechtlichen Gebot der Gleichbehandlung zuwider laufenden Rechtsvorschriften aufzuheben oder zu ändern. An dieser Umsetzung fehlte es in Bezug auf den Familienzuschlag der Stufe 2 seit dem Ablauf der Umsetzungsfrist für diese Richtlinie, also ab dem 03.12.2003. Die unvollständige Umsetzung dieser Richtlinie hat zur Folge, dass die hier maßgeblichen Regelungen der Art. 1 bis 3 der Richtlinie für die Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 2 unmittelbar Anwendung finden. Als Folge hiervon sind § 40 Abs. 2 BBesG a.F. bzw. § 41 Abs. 3 LBesGBW insoweit unanwendbar, als diese Vorschriften mit Unionsrecht nicht in Einklang stehen. Der sich aus dem Wortlaut der Vorschriften ergebende Ausschluss des in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Beamten von der Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 2 kann dem Anspruch des Klägers deshalb nicht entgegengesetzt werden. Vielmehr müssen die Vorschriften als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch so angewandt werden, dass sie nicht zu einer Diskriminierung von Beamten führen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben und sich im Übrigen in einer mit Eheleuten vergleichbaren Situation befinden. Dies kann nur dadurch geschehen, dass verpartnerte Beamte so behandelt werden wie verheiratete. Dass dies über die bloße Nichtanwendung eines Teiles des Normtextes hinausgeht und bedeutet, einen vom Normgeber geregelten Anspruch einer von ihm bewusst nicht erfassten Gruppe von Begünstigten zu gewähren, ist nicht zu beanstanden. Denn nur auf diese Weise kann dem Recht, das dem Kläger aus dem Unionsrecht erwächst, die volle Wirksamkeit verschafft werden (EuGH, Urteil vom 21.06.2007 - C-231/96 „Jonkmann u.a.“ -, EuZW 2007, 643 Rn. 41).
42 
Der Kläger kann das Recht auf Gleichbehandlung unionsrechtlich (erst) ab Ablauf der Umsetzungsfrist für diese Richtlinie, also ab dem 03.12.2003 geltend machen. Er muss nicht abwarten, dass der nationale Gesetzgeber diese Bestimmung mit dem Unionsrecht in Einklang bringt (EuGH, Urteil vom 10.05.2011, a.a.O.).
43 
Der besoldungsrechtliche Gesetzesvorbehalt nach § 2 Abs. 1 BBesG (§ 3 Abs. 1 LBesGBW) steht dem nicht entgegen. Er nimmt nicht teil an den Verfassungsgrundsätzen, die den Anwendungsvorrang des Unionsrechts in Frage stellen könnten (vgl. BVerfG, Urteil vom 30.06.2009 - 2 BvE 2/08 u.a. -, BVerfGE 123, 267, sowie Beschluss vom 06.07.2010 - 2 BvR 2661/06 -, DVBl 2010, 1229; BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.).
44 
Auch die vom Beklagten in Anspruch genommene Bindung an die Kindergeldentscheidung als Rechtsverweisung für den kinderbezogenen Familienzuschlag nach § 40 Abs. 2 BBesG a.F. bzw. § 41 Abs. 3 LBesGBW steht dem Anspruch des Klägers nicht entgegen. Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts ist auch bei der Auslegung des § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu berücksichtigen, soweit diese Vorschrift über § 40 Abs. 2 BBesG a.F. bzw. § 41 Abs. 3 LBesGBW entsprechend anwendbar ist. Diese Pflicht trifft auch den Beklagten (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 10.05.2011, a.a.O.). Er hat dem Kläger daher auch für den Zeitraum ab November 2008 - betreffend ... - und ab Januar 2009 - betreffend ... - den Familienzuschlag der Stufe 2 zu gewähren; die übrigen Anspruchsvoraussetzungen sind zwischen den Beteiligten nicht streitig.
45 
Dem Kläger kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass er seinen Anspruch nicht zeitnah geltend gemacht habe.
46 
Das Bundesverwaltungsgericht hat für Ansprüche auf höhere kinderbezogene Teile der Dienstbezüge nach der Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 24.11.1998 - 2 BvL 26/91 u.a. - (BVerfGE 99, 300) entschieden, dass solche Ansprüche erst ab demjenigen Haushaltsjahr bestünden, in dem der Beamte gegenüber seinem Dienstherrn erstmals geltend gemacht habe, dass er den kinderbezogenen Anteil seiner Alimentation entgegen Art. 33 Abs. 5 GG für unzureichend halte (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.06.2011 - 2 C 40.10 -, Juris, m.w.N.). Zur Begründung hat es ausgeführt, das Erfordernis einer zeitnahen Geltendmachung folge aus dem gegenseitigen Treueverhältnis zwischen dem Beamten und seinem Dienstherrn, nach dem der Beamte Rücksicht auf berechtigte Belange des Dienstherrn nehmen müsse. Da die Alimentation einen gegenwärtigen Bedarf decken solle, könne der Beamte nicht erwarten, Besoldungsleistungen für zurückliegende Haushaltsjahre zu erhalten, solange er sich mit der gesetzlichen Alimentation zufrieden gegeben habe. Die Rügeobliegenheit sei mit geringen inhaltlichen Anforderungen zu erfüllen. Sie solle den Dienstherrn auf haushaltsrelevante Mehrbelastungen aufmerksam machen. Unabhängig davon, dass diese Erwägungen nicht auf den vorliegenden unionsrechtlichen Anspruch des Klägers übertragen werden können (vgl. die folgenden Ausführungen), hat der Kläger seinen Anspruch am 23.11.2010 mit seinem dahingehenden Antrag gegenüber dem Landesamt erhoben. Damit liegt jedenfalls für die Jahre ab 2010 eine zeitnahe Geltendmachung in diesem Sinne vor.
47 
Vor allem aber (und damit auch für den vorhergehenden Zeitraum ab dem 01.11.2008) können diese Erwägungen auf den unionsrechtlichen Anspruch des Klägers nicht übertragen werden. Dies gilt schon deshalb, weil es hier nicht um die Geltendmachung einer Unteralimentierung geht, die der Beamte dem Dienstherrn anzuzeigen hätte
48 
(vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 27.05.2010 - 2 C 33.09 -, NVwZ-RR 2010, 647: „Daher obliegt es dem einzelnen Beamten zu entscheiden, ob er die gesetzlich gewährte Besoldung als ausreichend ansieht oder ob er sie für unzureichend hält, um einen amtsangemessenen Lebenszuschnitt zu ermöglichen. Der Beamte kann nicht erwarten, in den Genuss von Besoldungsleistungen für zurückliegende Haushaltsjahre zu kommen, obwohl er sich mit der gesetzlichen Alimentation zufrieden gegeben und nicht beanstandet hat, sie reiche für eine amtsangemessene Lebensführung nicht aus.“),
49 
sondern um das Vorenthalten eines dem Beamten zustehenden Bezügeteils. Unabhängig davon hat der EuGH im Urteil vom 01.04.2008 (a.a.O.) entschieden, er könne sich mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Störungen, zu denen sein Urteil im Hinblick auf in der Vergangenheit liegende Vorgänge führen könnte, ausnahmsweise dazu veranlasst sehen, die Möglichkeit für die Betroffenen zu beschränken, sich auf die Auslegung zu berufen, die der Gerichtshof einer Bestimmung im Wege der Vorabentscheidung gegeben habe. Eine solche Beschränkung könne nur der Gerichtshof selbst, und zwar in eben dem Urteil aussprechen, das über die erbetene Auslegung entscheide. Eine solche Beschränkung hat der EuGH in seinem Urteil vom 10.05.2011 (a.a.O.) nicht vorgenommen und im Übrigen im Urteil vom 25.07.1991 (- C 208/90 „Emmott“ -, Slg. 1991 S. I-04269) ausgeführt, solange eine Richtlinie nicht ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt worden sei, seien die Einzelnen nicht in die Lage versetzt worden, in vollem Umfang von ihren Rechten Kenntnis zu erlangen. Dieser Zustand der Unsicherheit für die Einzelnen dauere auch nach dem Erlass eines Urteils an, in dem der Gerichtshof die Ansicht vertreten habe, dass der betroffene Mitgliedstaat seinen Verpflichtungen aus der Richtlinie nicht nachgekommen sei, selbst wenn der Gerichtshof festgestellt habe, dass die eine oder andere Bestimmung der Richtlinie hinreichend genau und unbedingt sei, um vor den nationalen Gerichten in Anspruch genommen werden zu können. Nur die ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinie beende diesen Zustand der Unsicherheit, und erst mit dieser Umsetzung werde die Rechtssicherheit geschaffen, die erforderlich sei, um von den Einzelnen verlangen zu können, dass sie ihre Rechte geltend machten. Hieraus folge, dass sich der säumige Mitgliedstaat bis zum Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Umsetzung der Richtlinie nicht auf die Verspätung einer Klage berufen könne, die ein Einzelner zum Schutz der ihm durch die Bestimmungen dieser Richtlinie verliehenen Rechte gegen ihn erhoben habe, und dass eine Klagefrist des nationalen Rechts erst zu diesem Zeitpunkt beginnen könne. Danach kann für den unionsrechtlichen Anspruch des Klägers eine zeitnahe Geltendmachung nicht verlangt werden.
50 
Der Anspruch auf Prozesszinsen ab Eintritt der Rechtshängigkeit ergibt sich aus § 291 BGB in entsprechender Anwendung.
51 
Die - zur Klarstellung beide Instanzen umfassende - Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711, § 709 Satz 2 ZPO.
52 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
53 
Beschluss vom 06. November 2012
54 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG auf 5.079,84 EUR festgesetzt.
55 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
21 
Die Berufungen des Klägers und des Beklagten sind nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufung des Klägers ist begründet, die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hätte der zulässigen Klage auch für den Zeitraum ab November 2008 bzw. Januar 2009 stattgeben müssen. Die Ablehnung der Zahlung des Familienzuschlags der Stufe 2 an den Kläger ist rechtswidrig und verletzt ihn in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch auf Familienzuschlag der Stufe 2 (bzw. auf den kinderbezogenen Teil des Familienzuschlags) ab 01.11.2008 für das in seinen Haushalt aufgenommene Kind ... und ab 01.11.2009 für das in seinen Haushalt aufgenommene Kind ....
22 
Der Anspruch des Klägers folgt allerdings nicht unmittelbar aus § 40 Abs. 2 BBesG in der bis zum 31.08.2006 geltenden Fassung (vgl. § 86 BBesG, im Folgenden a.F.) bzw. - für den Zeitraum ab 01.01.2011 - aus § 41 Abs. 3 Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg - LBesGBW - vom 09.11.2010 (GBl. S. 793). Nach § 40 Abs. 2 BBesG wird der Familienzuschlag der Stufe 2 u.a. Beamten, Richtern und Soldaten der Stufe 1, d.h. insbesondere verheirateten Beamten gewährt, denen Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz oder nach dem Bundeskindergeldgesetz zusteht oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder § 65 EStG oder des § 3 oder § 4 BKKG zustehen würde. Eine dementsprechende Regelung enthält § 41 Abs. 3 LBesGBW, wonach Beamte und Richter, denen Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz oder nach dem Bundeskindergeldgesetz zusteht oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder § 65 EStG oder des § 3 oder § 4 BKKG zustehen würde, den kinderbezogenen Teil des Familienzuschlags für jedes Kind erhalten. Dem Kläger stünde ein Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu, wenn es sich bei den in seinen Haushalt aufgenommenen Kindern ... und ... um Kinder seines „Ehegatten“ handeln würde. Denn dann würde ihm ohne Berücksichtigung des § 64 Abs. 1 EStG, d.h. ohne Berücksichtigung der Tatsache, dass Kindergeld nur einem Berechtigten gezahlt wird, für den hier streitigen Zeitraum ein Anspruch auf Kindergeld zustehen, da das Kind ... das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (§ 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 3 EStG) und das Kind ... das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird (§ 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG). Der Kläger, der eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen ist, erfüllt jedoch die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Regelungen nicht, weil diese ausdrücklich an das Vorliegen einer Ehe (Kinder seines „Ehegatten“) anknüpfen. Mangels einer vom Normgeber nicht beabsichtigten planwidrigen Regelungslücke und nicht zuletzt in Anbetracht des im Besoldungsrecht geltenden Gesetzesvorbehalts (§ 2 Abs. 1 BBesG, § 3 Abs. 1 LBesGBW) kommt auch eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf Lebenspartnerschaften nicht in Betracht.
23 
Der Anspruch des Klägers ergibt sich jedoch aus § 40 Abs. 2 BBesG a.F. bzw. - für den Zeitraum ab 01.01.2011 - aus § 41 Abs. 3 LBesGBW in Verbindung mit Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, 16; im Folgenden: Richtlinie). Nach Art. 1 der Richtlinie ist ihr Zweck die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten. Nach Art. 2 Abs. 1 bedeutet „Gleichbehandlungsgrundsatz“ im Sinne der Richtlinie, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Art. 1 genannten Gründe geben darf, wobei nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie eine unmittelbare Diskriminierung vorliegt, wenn eine Person wegen eines der in Art. 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Ob eine in diesem Sinne vergleichbare Situation gegeben ist, muss mit Blick auf die jeweils konkret in Rede stehende Vorschrift entschieden werden. Dies zu beurteilen, ist Sache des mitgliedstaatlichen Gerichts (EuGH, Urteile vom 01.04.2008 - C-267/06 „Maruko“ -, ZBR 2008, 375 und vom 10.05.2011 - C-147/08 „Römer“ -, EuGRZ 2011, 278; Senatsurteil vom 03.04.2012 - 4 S 1773/09 -, IÖD 2012, 112).
24 
Der Geltungsbereich der Richtlinie ist eröffnet. Zwar lässt sie nach ihrem 22. Erwägungsgrund einzelstaatliche Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen unberührt; nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) werden die in Ausübung der nationalen Zuständigkeit ergangenen nationalen Vorschriften dadurch jedoch dann nicht dem Geltungsanspruch der Richtlinie 2000/78/EG entzogen, wenn die Leistungen Entgeltcharakter haben (EuGH, Urteile vom 01.04.2008 und vom 10.05.2011, jeweils a.a.O.). Das ist hier der Fall, weil der Familienzuschlag gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 BBesG (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 LBesGBW) Bestandteil der Besoldung und somit Arbeitsentgelt im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.2010 - 2 C 10.09 -, Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 44). Deshalb trifft die Auffassung des Bundesfinanzhofs (Beschluss vom 21.04.2006 - III B 153/05 -, Juris) nicht zu, in der Richtlinie heiße es, dass diese die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen unberührt lasse, und hierzu auch die Gewährung von Kindergeld zähle. Der 22. Erwägungsgrund der Richtlinie kann deren Anwendung nicht in Frage stellen, wenn Bezüge - wie hier - als Arbeitsentgelt einzustufen sind (EuGH, Urteil vom 10.05.2011, a.a.O.).
25 
Der Ausschluss der Lebenspartner im Sinne des Gesetzes über die eingetragene Lebenspartnerschaft von der Gewährung des Familienzuschlags stellt eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie dar. Der Kläger wird als Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gegenüber einem Ehegatten nachteilig behandelt, weil ihm der Familienzuschlag der Stufe 2 bzw. der kinderbezogene Teil des Familienzuschlags (im Folgenden: Familienzuschlag der Stufe 2) nicht gewährt wird, während er als Ehegatte einen solchen beanspruchen könnte. Die nachteilige Behandlung geschieht wegen der sexuellen Ausrichtung des Klägers, denn die eingetragene Lebenspartnerschaft ist Personen gleichen Geschlechts vorbehalten, während die Ehe nur von Personen unterschiedlichen Geschlechts geschlossen werden kann. Die Wahl des Familienstandes entspricht in der Regel der sexuellen Orientierung der Partner (BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.; vgl. hierzu auch BVerfG, Beschlüsse vom 07.07.2009 - 1 BvR 1164/07 -, BVerfGE 124, 199, und vom 21.07.2010 - 1 BvR 611/07 und 1 BvR 2464/07 -, BVerfGE 126, 400). Die unterschiedliche Behandlung der verpartnerten im Vergleich zu verheirateten Beamten stellt eine Diskriminierung dar, weil beide Gruppen sich im Hinblick auf die Zahlung des Familienzuschlags der Stufe 2 in einer vergleichbaren Lage befinden.
26 
Insoweit ist nicht entscheidend, dass - was gerade Ausgangspunkt des Rechtsstreits ist - Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft in Bezug auf den Familienzuschlag der Stufe 2 normativ unterschiedlich ausgestaltet sind. Vielmehr ist maßgeblich, dass sich der Lebenspartner im nationalen Recht hinsichtlich des streitgegenständlichen Familienzuschlags in einer rechtlichen und tatsächlichen Situation befindet, die mit der einer verheirateten Person vergleichbar ist. Die Beurteilung der Vergleichbarkeit hat sich dabei auf die jeweiligen, unter Berücksichtigung des Zwecks und der Voraussetzungen für die Gewährung der fraglichen Leistung relevanten Rechte und Pflichten der Ehegatten und der in einer Lebenspartnerschaft lebenden Personen zu konzentrieren, wie sie im Rahmen der entsprechenden Rechtsinstitute geregelt sind. Nicht vorzunehmen ist hingegen eine Prüfung, ob die eingetragene Lebenspartnerschaft der Ehe im nationalen Recht allgemein und umfassend rechtlich gleichgestellt ist (EuGH, Urteil vom 10.05.2011, a.a.O.; Senatsurteil vom 03.04.2012, a.a.O.).
27 
Eine vergleichbare Lage zwischen Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft und Ehepartnern im Hinblick auf die Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 2 besteht seit dem Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes am 01.08.2001. Das Bundesverfassungsgericht hat im Beschluss vom 19.06.2012 (- 2 BvR 1397/09 -, FamRZ 2012, 472) - bezogen auf den Familienzuschlag der Stufe 1 - unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG ausgeführt:
28 
„In den Grundstrukturen der familienrechtlichen Institute der Ehe und der Lebenspartnerschaft bestehen bereits seit Einführung der Lebenspartnerschaft im Jahr 2001 nur wenige Unterschiede. Insbesondere sind der Grad der rechtlichen Bindung und die gegenseitigen Einstandspflichten bereits seit dem Lebenspartnerschaftsgesetz des Jahres 2001 in Ehe und Lebenspartnerschaft weitgehend angeglichen. So sind die Lebenspartner gemäß § 2 LPartG einander zu Fürsorge und Unterstützung sowie zur gemeinsamen Lebensgestaltung verpflichtet und tragen füreinander Verantwortung. Die Begründung und Aufhebung der eingetragenen Lebenspartnerschaft sowie die persönlichen und vermögensrechtlichen Rechtsbeziehungen und Unterhaltspflichten der Lebenspartner sind bereits seit 2001 in naher Anlehnung an die Ehe geregelt.
29 
Mit dem zum 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15. Dezember 2004 wurde das Recht der eingetragenen Lebenspartnerschaft noch näher an das Eherecht angeglichen und auf die Normen zur Ehe in weitem Umfang (hinsichtlich Güterrecht, Unterhaltsrecht, Scheidungsrecht, Stiefkindadoption, Versorgungsausgleich, Hinterbliebenenversorgung) Bezug genommen (vgl. nur BVerfGE 124, 199 <206 ff.>).
30 
Es fehlt auch an weiteren sachlichen Gründen für die Rechtfertigung der Besserstellung verheirateter Beamter. Sie lassen sich weder den Vorschriften über den Familienzuschlag und den zugehörigen Gesetzesmaterialien noch dem Vortrag der Verfahrensbeteiligten entnehmen.
31 
Tragfähige sachliche Gründe für die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung von verheirateten und in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Beamten ergeben sich nicht aus dem Normzweck des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG. Dem ehegattenbezogenen Teil des Familienzuschlags kommt eine "soziale, nämlich familienbezogene Ausgleichsfunktion" zu (vgl. BVerfGE 71, 39 <62> zum ehebezogenen Teil des Ortszuschlags; BVerwG, Urteil vom 3. November 2005 - 2 C 16/04 -, NVwZ-RR 2006, S. 259; Schinkel/Seifert, in: Fürst, Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht - GKÖD, Bd. 3, Lfg. 1/12, K § 40 Rn. 11), mit der im Interesse der Funktionsfähigkeit des Berufsbeamten- und Richtertums zur Unabhängigkeit auch des verheirateten Bediensteten beigetragen werden soll (so BVerfGE 71, 39 <62>). Soweit § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG verheirateten Beamten einen Anspruch auf Familienzuschlag der Stufe 1 gewährt, soll er faktische Mehrbedarfe verheirateter Beamter vor allem im Vergleich zu ledigen Beamten ausgleichen (vgl. etwa Dawin, in: Kugele, BBesG, 2011, § 40 Rn. 4; Sander, in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht, § 40 BBesG Rn. 3b ).
32 
Dieser Gesetzeszweck kann eine Privilegierung verheirateter Beamter im Verhältnis zu in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Beamten nicht rechtfertigen, weil nichts dafür ersichtlich ist, dass die mit § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG auszugleichenden Mehrbedarfe nicht ebenso bei in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Beamten bestehen.
33 
So sind keine Unterschiede in den Wohnkosten zwischen verheirateten und in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Beamten erkennbar. Auch ein in eingetragener Lebenspartnerschaft lebender Beamter benötigt - wie ein verheirateter Beamter - eine größere Wohnung als ein alleinstehender (oder geschiedener) Beamter. Ebenso sind die Unterhaltspflichten innerhalb von Ehen und eingetragenen Lebenspartnerschaften bereits seit Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes weitgehend identisch geregelt (siehe BVerfGE 124, 199 <228>). Während Eheleute nach § 1360 Satz 1 BGB verpflichtet sind, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten, trifft Lebenspartner dieselbe Unterhaltspflicht gemäß § 5 Satz 1 LPartG. § 5 Satz 2 LPartG erklärt die Vorschriften über Inhalt und Umfang des ehelichen Unterhalts in § 1360 Satz 2, §§ 1360a, 1360b BGB für entsprechend anwendbar. Wie in der Ehe können auch in Lebenspartnerschaften Ausgestaltungen der Gemeinschaftsbeziehung gelebt werden, die bei einem Partner einen erhöhten Unterhaltsbedarf bedingen (vgl. auch BVerfGE 124, 199 <230>).
34 
Auch soweit die durch § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG auszugleichenden Mehrbedarfe des verheirateten Beamten (bzw. der Beamtin) in seinem (oder ihrem) "typischerweise erhöhten Unterhaltsbedarf" bestehen, wenn sein (oder ihr) Ehegatte "namentlich wegen der Aufgabe der Kindererziehung und hierdurch bedingter Einschränkungen bei der eigenen Erwerbstätigkeit tatsächlich Unterhalt" vom Beamten (der Beamtin) erhält (so BVerfGK 13, 501 <506>; BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 2 C 10/09 -, juris, Rn. 15; Schmidt; in: Plog/Wiedow, BBG, § 40 BBesG Rn. 28 ; a.A. Classen, FPR 2010, S. 200 <202>), ergibt sich hieraus keine Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft. Insoweit sind keine Unterschiede zwischen der Lebenssituation von Ehepartnern und Lebenspartnern zu erkennen (vgl. BVerfGE 124, 199 <229>). Zum einen gibt es nicht in jeder Ehe Kinder. Auch ist nicht jede Ehe auf Kinder ausgerichtet. Zum anderen werden zunehmend auch in Lebenspartnerschaften Kinder großgezogen; auch insoweit sind Ausgestaltungen der Gemeinschaftsbeziehung denkbar und nicht völlig unüblich (vgl. Rupp, Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, 2009, S. 295), in denen der eine der Lebenspartner schwerpunktmäßig die Betreuung der Kinder übernimmt. Darüber hinaus ist die Systematik der Vorschriften über den Familienzuschlag zu berücksichtigen. Danach wird dem finanziellen Mehraufwand, der einem Beamten durch das Großziehen von Kindern entsteht, nicht durch § 40 Abs. 1 BBesG, sondern durch die weiteren Stufen des Familienzuschlags Rechnung getragen. Der Zuschlag nach § 40 Abs. 1 BBesG wird gerade unabhängig davon gewährt, ob aus der Ehe künftig Kinder hervorgehen können oder sollen. Im Übrigen ist die Privilegierung der Ehe bei der Besoldung von Beamten wegen Rücksicht auf einen typischerweise hier in besonderem Maße aus Gründen der Kindererziehung auftretenden Unterhalts- und Versorgungsbedarf auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil etwaige erziehungsbedingte Lücken in der Erwerbsbiographie oder ein sonstiger mit Erziehungsaufgaben zusammenhängender individueller Versorgungsbedarf unabhängig vom Familienstand gezielter berücksichtigt werden können, wie es beispielsweise im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung (veranlasst durch BVerfGE 39, 169 <191 ff.>) bereits erfolgt ist (ebenso BVerfGE 124, 199 <230 f.>).
35 
Eine etwaige, aus den Gesetzgebungsmaterialien nicht erkennbare familienpolitische Intention des Gesetzgebers, mit Hilfe des Familienzuschlags der Stufe 1 einen Anreiz zur Eingehung von Ehen zu bilden, um damit die Zahl der in den "behüteten" Verhältnissen einer Ehe aufwachsenden Kinder zu erhöhen (in diese Richtung wohl Schmidt, in: Plog/Wiedow, a.a.O., § 40 BBesG Rn. 28 f.; Schinkel/Seifert, in: Fürst, a.a.O., K § 40 Rn. 11), vermag die Ungleichbehandlung ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Auch die "behüteten" Verhältnisse in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft können das Aufwachsen von Kindern fördern.“
36 
Danach befinden sich Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft und Ehepartner im Hinblick auf die Zahlung des Familienzuschlags der Stufe 1 auch unionsrechtlich seit dem 01.08.2001 in einer vergleichbaren Lage; insoweit gilt hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Lebensverhältnisse nichts anderes. Erst recht gilt dies für den Familienzuschlag der Stufe 2, der (sogar) an das tatsächliche Vorhandensein von Kindern anknüpft. Danach stellen auch weder Art. 6 Abs. 1 GG noch die vom Beklagten in Anspruch genommene Anbindung an das Kindergeldrecht einschließlich der Rangfolgeregelungen zwischen mehreren Berechtigten - um die es hier auch nicht geht - einen tragfähigen sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft dar.
37 
Der Kläger kann sich auf die Richtlinie auch unmittelbar berufen.
38 
Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH kann sich der Einzelne in allen Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen, wenn dieser die Richtlinie nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt hat. Eine Unionsvorschrift ist unbedingt, wenn sie eine Verpflichtung normiert, die an keine Bedingung geknüpft ist und zu ihrer Durchführung oder Wirksamkeit auch keiner weiteren Maßnahmen der Unionsorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf. Sie ist hinreichend genau, um von einem Einzelnen geltend gemacht und vom Gericht angewandt werden zu können, wenn sie in unzweideutigen Worten eine Verpflichtung festlegt (EuGH, Urteil vom 01.07.2010 - C-194/08 „Gassmayr“ -, EuGRZ 2010, 296 m.w.N.). Eine Richtlinie ist auch dann unmittelbar anwendbar, wenn Umsetzungsmaßnahmen zwar in Kraft getreten sind, diese aber eine vollständige Anwendung der Richtlinie nicht tatsächlich gewährleisten (EuGH, Urteil vom 11.07.2002 - C-62/00 „Marks & Spencer“ -, Slg. 2002, I-6325; Senatsurteil vom 03.04.2012, a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben.
39 
Die Richtlinie ist im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 2 nicht innerhalb der Umsetzungsfrist vollständig in deutsches Recht umgesetzt worden. Nach Art. 288 Abs. 3 AEUV ist die Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Der Mitgliedstaat hat bei der Umsetzung der Richtlinie in rechtstechnischer Hinsicht daher eine gewisse Wahlfreiheit, doch muss er jedenfalls sicherstellen, dass die vollständige und effektive Anwendung der Richtlinie in hinreichend klarer und bestimmter Weise gewährleistet ist. Soweit die Richtlinie Ansprüche des Einzelnen begründen soll, muss insbesondere erreicht werden, dass die Begünstigten in der Lage sind, von ihren Rechten Kenntnis zu erlangen und diese gegebenenfalls vor den nationalen Gerichten geltend zu machen (EuGH, Urteile vom 30.05.1991 - C-361/88 -, Slg. 1991, I-2567 und vom 13.12.2007 - C-418/04 -, Slg. 2007, I-10947). Rechtsvorschriften, die der Richtlinie entgegenstehen, müssen daher aufgehoben oder geändert werden. Andernfalls muss auf andere geeignete Weise und für die von der Richtlinie Begünstigten erkennbar erreicht werden, dass die sich aus der Richtlinie ergebende Rechtslage Bestandteil der Rechtsordnung des Mitgliedstaats wird (BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, und Senatsurteil vom 03.04.2012, jeweils a.a.O.).
40 
Weder mit dem Gesetz zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14.08.2006 (BGBl. I S. 1897) noch mit späteren Änderungen oder Regelungen hat der nationale Gesetzgeber - soweit hier von Bedeutung - die Gleichstellung von verheirateten und verpartnerten Beamten beim Familienzuschlag der Stufe 2 vorgenommen. Insbesondere aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz folgt kein selbständiger Leistungsanspruch dieser Art. Die in ihm vorgesehene Gewährung von Sekundäransprüchen - in Gestalt von Entschädigungs- und Schadensersatzansprüchen - hat nicht zur vollständigen Umsetzung der Richtlinie geführt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.).
41 
Die maßgeblichen Richtlinienvorschriften - insbesondere Art. 1 bis 3 und 16 - sind auch inhaltlich unbedingt und hinreichend genau, so dass sie geeignet sind, unmittelbare Rechtswirkungen zu entfalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.). Aus Art. 16 Buchst. a der Richtlinie ergibt sich die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, alle dem unionsrechtlichen Gebot der Gleichbehandlung zuwider laufenden Rechtsvorschriften aufzuheben oder zu ändern. An dieser Umsetzung fehlte es in Bezug auf den Familienzuschlag der Stufe 2 seit dem Ablauf der Umsetzungsfrist für diese Richtlinie, also ab dem 03.12.2003. Die unvollständige Umsetzung dieser Richtlinie hat zur Folge, dass die hier maßgeblichen Regelungen der Art. 1 bis 3 der Richtlinie für die Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 2 unmittelbar Anwendung finden. Als Folge hiervon sind § 40 Abs. 2 BBesG a.F. bzw. § 41 Abs. 3 LBesGBW insoweit unanwendbar, als diese Vorschriften mit Unionsrecht nicht in Einklang stehen. Der sich aus dem Wortlaut der Vorschriften ergebende Ausschluss des in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Beamten von der Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 2 kann dem Anspruch des Klägers deshalb nicht entgegengesetzt werden. Vielmehr müssen die Vorschriften als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch so angewandt werden, dass sie nicht zu einer Diskriminierung von Beamten führen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben und sich im Übrigen in einer mit Eheleuten vergleichbaren Situation befinden. Dies kann nur dadurch geschehen, dass verpartnerte Beamte so behandelt werden wie verheiratete. Dass dies über die bloße Nichtanwendung eines Teiles des Normtextes hinausgeht und bedeutet, einen vom Normgeber geregelten Anspruch einer von ihm bewusst nicht erfassten Gruppe von Begünstigten zu gewähren, ist nicht zu beanstanden. Denn nur auf diese Weise kann dem Recht, das dem Kläger aus dem Unionsrecht erwächst, die volle Wirksamkeit verschafft werden (EuGH, Urteil vom 21.06.2007 - C-231/96 „Jonkmann u.a.“ -, EuZW 2007, 643 Rn. 41).
42 
Der Kläger kann das Recht auf Gleichbehandlung unionsrechtlich (erst) ab Ablauf der Umsetzungsfrist für diese Richtlinie, also ab dem 03.12.2003 geltend machen. Er muss nicht abwarten, dass der nationale Gesetzgeber diese Bestimmung mit dem Unionsrecht in Einklang bringt (EuGH, Urteil vom 10.05.2011, a.a.O.).
43 
Der besoldungsrechtliche Gesetzesvorbehalt nach § 2 Abs. 1 BBesG (§ 3 Abs. 1 LBesGBW) steht dem nicht entgegen. Er nimmt nicht teil an den Verfassungsgrundsätzen, die den Anwendungsvorrang des Unionsrechts in Frage stellen könnten (vgl. BVerfG, Urteil vom 30.06.2009 - 2 BvE 2/08 u.a. -, BVerfGE 123, 267, sowie Beschluss vom 06.07.2010 - 2 BvR 2661/06 -, DVBl 2010, 1229; BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.).
44 
Auch die vom Beklagten in Anspruch genommene Bindung an die Kindergeldentscheidung als Rechtsverweisung für den kinderbezogenen Familienzuschlag nach § 40 Abs. 2 BBesG a.F. bzw. § 41 Abs. 3 LBesGBW steht dem Anspruch des Klägers nicht entgegen. Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts ist auch bei der Auslegung des § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu berücksichtigen, soweit diese Vorschrift über § 40 Abs. 2 BBesG a.F. bzw. § 41 Abs. 3 LBesGBW entsprechend anwendbar ist. Diese Pflicht trifft auch den Beklagten (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 10.05.2011, a.a.O.). Er hat dem Kläger daher auch für den Zeitraum ab November 2008 - betreffend ... - und ab Januar 2009 - betreffend ... - den Familienzuschlag der Stufe 2 zu gewähren; die übrigen Anspruchsvoraussetzungen sind zwischen den Beteiligten nicht streitig.
45 
Dem Kläger kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass er seinen Anspruch nicht zeitnah geltend gemacht habe.
46 
Das Bundesverwaltungsgericht hat für Ansprüche auf höhere kinderbezogene Teile der Dienstbezüge nach der Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 24.11.1998 - 2 BvL 26/91 u.a. - (BVerfGE 99, 300) entschieden, dass solche Ansprüche erst ab demjenigen Haushaltsjahr bestünden, in dem der Beamte gegenüber seinem Dienstherrn erstmals geltend gemacht habe, dass er den kinderbezogenen Anteil seiner Alimentation entgegen Art. 33 Abs. 5 GG für unzureichend halte (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.06.2011 - 2 C 40.10 -, Juris, m.w.N.). Zur Begründung hat es ausgeführt, das Erfordernis einer zeitnahen Geltendmachung folge aus dem gegenseitigen Treueverhältnis zwischen dem Beamten und seinem Dienstherrn, nach dem der Beamte Rücksicht auf berechtigte Belange des Dienstherrn nehmen müsse. Da die Alimentation einen gegenwärtigen Bedarf decken solle, könne der Beamte nicht erwarten, Besoldungsleistungen für zurückliegende Haushaltsjahre zu erhalten, solange er sich mit der gesetzlichen Alimentation zufrieden gegeben habe. Die Rügeobliegenheit sei mit geringen inhaltlichen Anforderungen zu erfüllen. Sie solle den Dienstherrn auf haushaltsrelevante Mehrbelastungen aufmerksam machen. Unabhängig davon, dass diese Erwägungen nicht auf den vorliegenden unionsrechtlichen Anspruch des Klägers übertragen werden können (vgl. die folgenden Ausführungen), hat der Kläger seinen Anspruch am 23.11.2010 mit seinem dahingehenden Antrag gegenüber dem Landesamt erhoben. Damit liegt jedenfalls für die Jahre ab 2010 eine zeitnahe Geltendmachung in diesem Sinne vor.
47 
Vor allem aber (und damit auch für den vorhergehenden Zeitraum ab dem 01.11.2008) können diese Erwägungen auf den unionsrechtlichen Anspruch des Klägers nicht übertragen werden. Dies gilt schon deshalb, weil es hier nicht um die Geltendmachung einer Unteralimentierung geht, die der Beamte dem Dienstherrn anzuzeigen hätte
48 
(vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 27.05.2010 - 2 C 33.09 -, NVwZ-RR 2010, 647: „Daher obliegt es dem einzelnen Beamten zu entscheiden, ob er die gesetzlich gewährte Besoldung als ausreichend ansieht oder ob er sie für unzureichend hält, um einen amtsangemessenen Lebenszuschnitt zu ermöglichen. Der Beamte kann nicht erwarten, in den Genuss von Besoldungsleistungen für zurückliegende Haushaltsjahre zu kommen, obwohl er sich mit der gesetzlichen Alimentation zufrieden gegeben und nicht beanstandet hat, sie reiche für eine amtsangemessene Lebensführung nicht aus.“),
49 
sondern um das Vorenthalten eines dem Beamten zustehenden Bezügeteils. Unabhängig davon hat der EuGH im Urteil vom 01.04.2008 (a.a.O.) entschieden, er könne sich mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Störungen, zu denen sein Urteil im Hinblick auf in der Vergangenheit liegende Vorgänge führen könnte, ausnahmsweise dazu veranlasst sehen, die Möglichkeit für die Betroffenen zu beschränken, sich auf die Auslegung zu berufen, die der Gerichtshof einer Bestimmung im Wege der Vorabentscheidung gegeben habe. Eine solche Beschränkung könne nur der Gerichtshof selbst, und zwar in eben dem Urteil aussprechen, das über die erbetene Auslegung entscheide. Eine solche Beschränkung hat der EuGH in seinem Urteil vom 10.05.2011 (a.a.O.) nicht vorgenommen und im Übrigen im Urteil vom 25.07.1991 (- C 208/90 „Emmott“ -, Slg. 1991 S. I-04269) ausgeführt, solange eine Richtlinie nicht ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt worden sei, seien die Einzelnen nicht in die Lage versetzt worden, in vollem Umfang von ihren Rechten Kenntnis zu erlangen. Dieser Zustand der Unsicherheit für die Einzelnen dauere auch nach dem Erlass eines Urteils an, in dem der Gerichtshof die Ansicht vertreten habe, dass der betroffene Mitgliedstaat seinen Verpflichtungen aus der Richtlinie nicht nachgekommen sei, selbst wenn der Gerichtshof festgestellt habe, dass die eine oder andere Bestimmung der Richtlinie hinreichend genau und unbedingt sei, um vor den nationalen Gerichten in Anspruch genommen werden zu können. Nur die ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinie beende diesen Zustand der Unsicherheit, und erst mit dieser Umsetzung werde die Rechtssicherheit geschaffen, die erforderlich sei, um von den Einzelnen verlangen zu können, dass sie ihre Rechte geltend machten. Hieraus folge, dass sich der säumige Mitgliedstaat bis zum Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Umsetzung der Richtlinie nicht auf die Verspätung einer Klage berufen könne, die ein Einzelner zum Schutz der ihm durch die Bestimmungen dieser Richtlinie verliehenen Rechte gegen ihn erhoben habe, und dass eine Klagefrist des nationalen Rechts erst zu diesem Zeitpunkt beginnen könne. Danach kann für den unionsrechtlichen Anspruch des Klägers eine zeitnahe Geltendmachung nicht verlangt werden.
50 
Der Anspruch auf Prozesszinsen ab Eintritt der Rechtshängigkeit ergibt sich aus § 291 BGB in entsprechender Anwendung.
51 
Die - zur Klarstellung beide Instanzen umfassende - Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711, § 709 Satz 2 ZPO.
52 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
53 
Beschluss vom 06. November 2012
54 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG auf 5.079,84 EUR festgesetzt.
55 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

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