Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 1 S 802/15

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. April 2015 - 11 K 1509/15 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 20.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller ist als Journalist für die Tageszeitung "Bild" tätig. Er recherchiert nach seinem Vortrag zu Vorwürfen gegen den Mediziner Prof. Dr. xxx xxx, Sportler mit Dopingmitteln versorgt zu haben.
Am 02.03.2015 gab die xxxkommission xxx xxx mit einer Pressemitteilung bekannt, dass aufgrund der beim Landesarchiv vorhandenen Aktenbestände über ein Ermittlungsverfahren gegen Prof. Dr. xx xxx xxx wegen Betruges, mit denen sich die xxxkommission intensiv beschäftigt habe, sich feststellen lasse, dass Doping vor allem mit anabolen Steroiden im Bund Deutscher Radfahrer zwischen 1975 und ca. 1980 nicht nur in fast flächendeckender Manier auf Veranlassung Prof. Dr. xxx stattgefunden habe. Der xxx berichtete am 09.03.2015 unter Berufung auf Akten der Staatsanwaltschaft, die er habe einsehen können, dass Prof. Dr. xxx xxx zwischen 1978 und 1981 Dopingmittel an den VfB Stuttgart geliefert habe. Die xxx Zeitung aus xxx berichtete am 13.03.2015 ebenfalls unter Berufung auf eingesehene strafrechtliche Ermittlungsakten gegen Prof. Dr. xxx xxx über diese Ermittlungsverfahren.
Der Antragsteller wandte sich am 25.02.2015 an das Landesarchiv wegen Strafakten der Staatsanwaltschaft xxx gegen Prof. Dr. xxx xxx. Dieses teilte ihm am 26.02.2015 mit, dass die vorhandenen Akten noch der gesetzlichen Sperrfrist nach § 6 Abs. 2 Satz 3 LArchG unterlägen und dass ein Antrag auf Verkürzung der Sperrfrist gestellt werden könne. Unter dem 27.02.2015 stellte der Antragsteller beim Landesarchiv unter Berufung auf sein Rechercheinteresse als Journalist einen Antrag auf Verkürzung der Sperrfristen zu den Akten der Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft xxx gegen Prof. Dr. xxx xxx aus den Jahren 1986 und 1995. Mit Schreiben vom 14.03.2015 teilte das Landesarchiv dem Antragsteller mit, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 4 Satz 3 LArchG, dass die Sperrzeitverkürzung zur Wahrnehmung berechtigter Belange, die im überwiegenden Interesse einer anderen Person oder Stelle liegen, unerlässlich sei, nicht vorlägen. Genehmigungsfähig wäre ein begründeter Antrag auf wissenschaftliche Nutzung der Akten.
Am 16.03.2015 beantragte der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung, den Antragsgegner zu verpflichten, ihm Zugang bzw. Einsicht zu den Akten der Verfahren gegen xxx xxx u.a. wegen Betrugs aus dem Jahr 1986, Az. xx xxx xxx und aus dem Jahr 1995, Az. xx xx xxx zu gewähren. Er habe einen Anspruch auf Verkürzung der Sperrfrist, da der Antragsgegner zwei Vertretern der Presse unter Verkürzung der Sperrfristen Zugang zu den Akten gewährt habe. Die Persönlichkeitsrechte von Prof. Dr. xx xxx xxx müssten gegenüber dem Offenbarungsinteresse der Öffentlichkeit zurücktreten. Als Journalist sei er auf umgehende Information angewiesen. Mit einer Entscheidung in der Hauptsache sei wohl erst in einem Jahr oder später zu rechnen. Der Antragsgegner trat dem Antrag entgegen. Eine Ungleichbehandlung des Antragstellers im Verhältnis zu anderen Nutzern liege nicht vor. Alle Anträge auf nichtwissenschaftliche/journalistische Nutzung seien ebenso beschieden worden wie gegenüber dem Antragsteller. Einige der so beschiedenen Antragsteller hätten anschließend genehmigungsfähige Forschungsanträge vorgelegt. Die gewonnenen Forschungsergebnisse und deren Publikationen seien vom Nutzer selbst zu verantworten.
Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der Beschwerde.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die fristgerecht dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO), geben dem Senat keinen Anlass, über den Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abweichend vom Verwaltungsgericht zu entscheiden.
1. Der Senat kann über die Beschwerde entscheiden, ohne Prof. Dr. xxx xxx beizuladen. Ein Fall notwendiger Beiladung liegt nicht vor (a). Von der Möglichkeit einer einfachen Beiladung sieht der Senat ab (b).
a) Die Beiladung ist notwendig nach § 65 Abs. 2 VwGO, wenn die von einem Kläger begehrte Sachentscheidung nicht getroffen werden kann, ohne dass dadurch gleichzeitig unmittelbar Rechte des Beigeladenen gestaltet, bestätigt oder festgestellt, verändert oder aufgehoben werden, mithin wenn die Entscheidung unmittelbar Rechte oder Rechtsbeziehungen Dritter gestalten soll, sie aber ohne deren Beteiligung am Verfahren nicht wirksam gestalten kann. Im Rahmen der Verpflichtungsklage liegen diese Voraussetzungen dann vor, wenn der Kläger den Erlass eines Verwaltungsakts begehrt, der gegen einen Dritten gerichtet sein und diesen belasten soll, ferner dann, wenn der erstrebte Verwaltungsakt zugleich den Kläger begünstigt und den Dritten belastet, wenn also die rechtsgestaltende Wirkung des erstrebten Verwaltungsakts einen Dritten unmittelbar in dessen Rechtsposition betrifft, weil er Adressat des angestrebten Verwaltungsakts sein soll (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.06.2013 - 6 C 21.12 - juris Rn. 10f.; Beschl. v. 29.07.2013 - 4 C 1.13 - juris Rn. 7f.; Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 65 Rn. 110, 135f.; Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 65 Rn. 22; je m.w.N.). Diese Voraussetzungen gelten auch für das einstweilige Rechtsschutzverfahren (vgl. Czybulka, a.a.O., § 65 Rn. 44).
An der hiernach erforderlichen Adressatenstellung von Prof. Dr. xxx xxx xxx fehlte es selbst im Falle des Erlasses der begehrten einstweiligen Anordnung. Dieser könnte in einem solchen Falle zwar in seinen Rechten betroffen sein, wenn Zugang zu Informationen gewährt werden soll, die sein allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG betreffen; diese Betroffenheit kann jedoch mangels unmittelbarer Gestaltung der Rechte von Prof. Dr. xxx xxx allenfalls eine einfache Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO rechtfertigen (ebenso BVerwG, Urt. v. 27.11.2014 - 7 C 18.12 - juris Rn. 13, zur Beiladung einer Aktiengesellschaft im Verfahren über die Akteneinsicht in Unterlagen der BaFin zu dieser Aktiengesellschaft; a.A. noch BVerwG, Urt. v. 28.10.1999 - 7 C 32.98 - BVerwGE 110, 17, juris Rn. 12, zur Beiladung eines Chemieunternehmens im Verfahren über Akteneinsicht in Unterlagen eines Regierungspräsidiums zu diesem Unternehmen).
10 
b) Gemäß § 65 Abs. 1 VwGO kann das Gericht, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. Dafür reicht die Möglichkeit aus, dass der Inhalt der Entscheidung auf rechtliche Interessen des Beizuladenden einwirken kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.09.1981 - 8 C 1.81 u.a. - BVerwGE 64, 67, m.w.N.; Beschl. v. 04.03.2008 - 9 A 74.07 - juris Rn. 2; Bier, a.a.O., § 65 Rn. 12).
11 
Die Beiladung steht im Falle des § 65 Abs. 1 VwGO im Ermessen des Gerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.01.1971 - VII C 42.70 - BVerwGE 37, 116; Urt. v. 01.10.1980 - VII C 38.75 - NJW 1982, 299; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 65 Rn. 13). In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kann die Verfahrensbeschleunigung es rechtfertigen, den Kreis der Beteiligten auf das prozessual erforderliche Maß zu beschränken (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 06.02.1997 - 8 S 29/97 - NVwZ-RR 1998, 611; Bier, a.a.O., § 65 Rn. 29).
12 
Die rechtlichen Interessen von Prof Dr. xxx xxx dürften durch die Entscheidung i.S.v. § 65 Abs. 1 VwGO berührt werden. Denn die begehrte Einsichtnahme in gegen diesen geführte strafrechtliche Ermittlungsverfahren ist geeignet, sein allgemeines Persönlichkeitsrecht zu betreffen. Der Senat macht jedoch von seinem Ermessen dahin Gebrauch, von einer Beiladung abzusehen. Eine Beiladung würde den Abschluss des vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes erheblich verzögern, insbesondere da nach den in den Akten befindlichen Presseberichten Prof. Dr. xxx xxx in Südafrika wohnt und seine dortige Anschrift zumindest den Akten nicht zu entnehmen ist. Das Verwaltungsgericht hat zudem im angefochtenen Beschluss darauf hingewiesen, dass angedacht sei, Prof. Dr. xxx xxx im Hauptsacheverfahren beizuladen.
13 
2. Die Beschwerde ist nicht begründet, da der Antragsteller keinen Anspruch auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung hat. Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht sind (a). Hier fehlt es an der Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch (b - g) und Anordnungsgrund (h).
14 
a) Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO, sog. Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Verhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern, oder aus anderen Gründen nötig erscheint (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, sog. Regelungsanordnung). Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist, dass sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch vorliegen. Deren tatsächliche Voraussetzungen müssen zwar nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehen, aber hinreichend wahrscheinlich („glaubhaft“) sein (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO)
15 
Ein Anordnungsgrund besteht, wenn eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, weil ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren aus besonderen Gründen nicht zumutbar ist. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn der Antragsteller in der Hauptsache bei summarischer Prüfung voraussichtlich Erfolg haben wird.
16 
Welche Anforderungen an die Erfolgsaussichten zu stellen sind, hängt maßgeblich von der Schwere der dem Antragsteller drohenden Nachteile und ihrer Irreversibilität, aber auch davon ab, inwieweit durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung die Hauptsache vorweggenommen wird. Wird durch die begehrte Maßnahme die Entscheidung in der Hauptsache insgesamt endgültig und irreversibel vorweggenommen, kann die einstweilige Anordnung nur erlassen werden, wenn ein Anordnungsanspruch mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegt und für den Fall, dass die einstweilige Anordnung nicht ergeht, dem Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile entstünden. Dieser besonders strenge Maßstab ist hingegen abzumildern, wenn die begehrte Rechtsposition nur für den Zeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung eingeräumt werden soll, weil sie faktisch nicht mehr rückgängig zu machen ist, während über diesen Zeitpunkt hinaus keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden und die Rechtsstellung insoweit nur vorläufig gewährt wird. In diesem Fall können schon überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache genügen und die befürchteten wesentlichen Nachteile müssen nicht als schlechterdings unzumutbar eingestuft werden. Ist eine überwiegende Erfolgsaussicht hingegen nicht feststellbar, kann eine Regelungsanordnung nur ergehen, wenn dem Betroffenen andernfalls schwere und irreversible Nachteile, insbesondere existentielle Gefahren für Leben und Gesundheit drohen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.08.1999 - 2 VR 1.99 - BVerwGE 109, 258, 262; Beschl. v. 10.02.2011 - 7 VR 6.11 - juris Rn. 6; Senat, Beschl. v. 12.10.2007 - 1 S 2132/07 - ESVGH 58, 99, juris Rn. 4; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 20.09.1994 - 9 S 687/94 - DVBl. 1995, 160; Beschl. v. 20.12.2013 - 10 S 1644/13 - VBlBW 2014, 231; Beschl. v. 05.02.2015 - 10 S 2471/14 - DVBl. 2015, 579; je m.w.N.).
17 
Dabei sind die grundrechtlichen Positionen des Antragstellers zu berücksichtigen. Droht dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so ist einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen. Je schwerer die sich aus der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes ergebenden Belastungen wiegen, je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtspositionen zurückgestellt werden. Entscheidend ist, dass die Prüfung eingehend genug ist, um den Antragsteller vor erheblichen und unzumutbaren, anders weder abwendbaren noch reparablen Nachteilen effektiv zu schützen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.10.1988 - 2 BvR 745/88 - BVerfGE 79, 69, 74; Beschl. v. 16.05.1995 - 1 BvR 1087/91 - BVerfGE 93, 1, 13 f.).
18 
b) Aus § 6 Abs. 1 LArchG selbst kann sich ein Anordnungsanspruch nicht ergeben. Nach dieser Vorschrift hat jedermann, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, nach Maßgabe der Benutzungsordnung das Recht, das Archivgut nach Ablauf der Sperrfristen zu nutzen, soweit sich aus Rechtsvorschriften oder Vereinbarungen mit derzeitigen oder früheren Eigentümern des Archivguts nichts anderes ergibt.
19 
Die regulären Sperrfristen sind hier noch nicht abgelaufen. Diese sind in § 6 Abs. 2 LArchG geregelt. Danach darf Archivgut nicht vor Ablauf von 30 Jahren seit Entstehung der Unterlagen genutzt werden. Unterlag Archivgut Rechtsvorschriften über Geheimhaltung, darf es frühestens 60 Jahre nach Entstehung der Unterlagen genutzt werden. Bezieht es sich nach seiner Zweckbestimmung - wie hier - auf eine natürliche Person, so darf es frühestens 10 Jahre nach deren Tod genutzt werden; kann der Todestag nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand festgestellt werden, endet die Sperrfrist 90 Jahre nach der Geburt.
20 
c) Ein Anordnungsanspruch folgt entgegen der Auffassung des Antragstellers auch nicht aus § 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 LArchG. Gemäß Absatz 3 gelten die Sperrfristen nach Absatz 2 nicht für solche Unterlagen, die schon bei ihrer Entstehung zur Veröffentlichung bestimmt oder der Öffentlichkeit zugänglich waren.
21 
Nach dem Willen des Gesetzgebers, der im Gesetzestext auch Niederschlag gefunden hat, soll dies insbesondere gelten für Presseverlautbarungen, Presseausschnitte und Redetexte sowie für audiovisuelles Archivgut und im kommunalen Bereich für Protokolle öffentlicher Gemeinderatssitzungen (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung v. 17.07.1986, LT-Drs. 9/3345, abgedruckt bei: Bannasch, Archivrecht in Baden-Württemberg, 1990, S. 101, 111; ebenso Krämer, VBlBW 2005, 43, 46).
22 
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Akten von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren sind bei ihrer Entstehung weder zur Veröffentlichung bestimmt noch der Öffentlichkeit zugänglich. Strafrechtliche Ermittlungsverfahren und die in diesen angelegten Akten dienen der Aufklärung des Straftatverdachts (§ 152 Abs. 2, §§ 160, 168b StPO). Die Akten unterliegen einer nur beschränkten Akteneinsicht durch Strafverteidiger, Verletzte, andere Justizbehörden und Dritte (§§ 147, 406e, 474, 475 StPO). Auf die Tatsache, dass Teile des Ermittlungsverfahrens durch die Berichterstattung von xxx und xxx xxx öffentlich bekannt geworden sind, kommt es entgegen der Auffassung des Antragstellers im Rahmen des § 6 Abs. 3 LArchG nicht an; denn es fehlt insoweit an einer Zugänglichkeit für die Öffentlichkeit im Zeitpunkt der Entstehung.
23 
d) Auch aus § 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 LArchG ergibt sich ein Anordnungsanspruch des Antragstellers nicht. Nach Absatz 4 kann das Landesarchiv Sperrfristen verkürzen, wenn schutzwürdige Belange des Betroffenen nicht entgegenstehen (Absatz 4 Satz 2). Eine Verkürzung der Sperrfrist nach Absatz 2 Satz 3 ist nur zulässig, wenn die Person, auf die sich das Archivgut bezieht, oder im Falle ihres Todes ihr Ehegatte, ihr Lebenspartner, ihre Kinder oder ihre Eltern eingewilligt haben oder wenn die Nutzung zu wissenschaftlichen Zwecken oder zur Wahrnehmung berechtigter Belange, die im überwiegenden Interesse einer anderen Person oder Stelle liegen, unerlässlich ist und durch Anonymisierung oder durch andere Maßnahmen die schutzwürdigen Belange des Betroffenen angemessen berücksichtigt werden (Absatz 4 Satz 3). Bei einer Nutzung zu wissenschaftlichen Zwecken kann von einer Anonymisierung abgesehen werden, wenn das wissenschaftliche Interesse an der Offenbarung wegen der Bedeutung des Forschungsvorhabens die schutzwürdigen Belange des Betroffenen erheblich überwiegt und das Forschungsvorhaben sonst nicht durchgeführt werden könnte (Absatz 4 Satz 4).
24 
Ein Anordnungsanspruch nach dem hier allein in Betracht kommenden § 6 Abs. 4 Satz 3 Fall 3 LArchG besteht nicht. Dessen Voraussetzungen sind nicht glaubhaft gemacht:
25 
aa) Soweit der Antragsteller geltend macht, nach § 6 Abs. 4 Satz 3 Fall 3 LArchG sei eine Verkürzung der Sperrfrist zur Wahrnehmung berechtigter Belange, die in seinem überwiegenden Interesse liegen, unerlässlich und er habe daher nach § 6 Abs. 1 LArchG ein Recht auf Nutzung des Archivguts, dürfte es sich um ein subjektiv-öffentliches Recht handeln, das einen gemäß § 42 Abs. 2, § 123 Abs. 1 VwGO gerichtlich durchsetzbaren Anspruch begründen kann (so wohl auch Krämer, VBlBW 2005, 43, 47). Denn der geltend gemachte berechtigte Belang i.S.v. § 6 Abs. 4 Satz 3 LArchG ist hier mit der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ein subjektiv-öffentliches Recht und § 6 Abs. 1 LArchG begründet ein Nutzungsrecht (vgl. zu Letzterem: Manegold, Archivrecht, Die Archivierungspflicht öffentlicher Stellen und das Archivzugangsrecht des historischen Forschers im Licht der Forschungsfreiheitsverbürgung des Art. 5 Abs. 3 GG, 2002, S. 254f.).
26 
bb) Gegen die Verfassungsmäßigkeit von § 6 Abs. 4 Satz 3 LArchG bringt der Antragsteller mit der Beschwerde, deren Gründe allein zu prüfen sind, keine ausdrücklichen Einwände vor. Im Hinblick auf die Ausführungen des Antragstellers in der Beschwerdebegründung, dass ihm hier aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ein Recht auf Akteneinsicht zustehe und dass es hochgradig bedenklich sei anzunehmen, dass Persönlichkeitsrechte presserechtlichen Auskunftsansprüchen entgegenstehen könnten, Forschungsanträgen hingegen nicht, weist der Senat darauf hin, dass Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von § 6 Abs. 4 Satz 3 LArchG im Hinblick auf die Pressefreiheit - jedenfalls im Rahmen des vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes - nicht ersichtlich sind:
27 
Die Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantiert in ihrem objektiv-rechtlichen Gehalt die institutionelle Eigenständigkeit der Presse. Der Gesetzgeber ist daher verpflichtet, die Rechtsordnung in einer Weise zu gestalten, die der besonderen verfassungsrechtlichen Bedeutung der Presse gerecht wird und ihr eine funktionsgemäße Betätigung ermöglicht. Hierzu zählt auch die Schaffung von behördlichen Auskunftspflichten. Beim Erlass entsprechender Vorschriften zur Auskunftserteilung - und zur Akteneinsicht - steht dem Gesetzgeber ein weiter Ausgestaltungsspielraum zu. Er kann die aus seiner Sicht der Auskunftserteilung entgegenstehenden privaten und öffentlichen Interessen berücksichtigen und gegenüber dem Auskunftsinteresse der Presse bzw. der Öffentlichkeit in Abwägung bringen. Im Hinblick auf die Gewichtung und Austarierung dieser Interessen unterliegt er deutlich schwächeren verfassungsrechtlichen Direktiven als beim Erlass von Regelungen, mit denen Eingriffe in den abwehrrechtlichen Gewährleistungsgehalt der Pressefreiheit verbunden sind. So ist er im Grundsatz etwa nicht gehindert, bei Vorliegen plausibler Gründe auch solchen Vertraulichkeitsinteressen im Einzelfall Vorrang einzuräumen, die bei abstrakter Betrachtung nicht das verfassungsrechtliche Gewicht aufbringen, das der Pressefreiheit zukommt; ebenso wenig ist er grundsätzlich gehindert, auf der Grundlage typisierender bzw. pauschalierender Interessensgewichtungen und -abwägungen bestimmte behördliche Funktionsbereiche von der Pflicht zur Auskunftserteilung ganz auszunehmen. Entscheidend ist, dass die Auskunftsregelungen insgesamt hinreichend effektiv sind, d.h. der Presse im praktischen Gesamtergebnis eine funktionsgemäße Betätigung sichern (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 27.11.2013 - 6 A 5/13 - NJW 2014, 1126 - juris Rn. 21ff.; Urt. v. 25.03.2015 - 6 C 12.14 - juris Rn. 26ff.).
28 
Hier hat der Gesetzgeber in Wahrnehmung seines weiten Gestaltungsspielraums mit der Regelung in § 6 Abs. 4 Satz 3 LArchG - soweit nicht ein Einverständnis des Betroffenen oder ein Forschungsvorhaben vorliegen - die durch die Sperrfristen geschützten Interessen, insbesondere bei personenbezogenem Archivgut das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, und die berechtigten Belange der Nutzung Begehrenden derart in Ausgleich gebracht, dass eine Sperrzeitverkürzung erfolgt, wenn diese zur Wahrnehmung berechtigter Belange, die im überwiegenden Interesse einer anderen Person oder Stelle liegen, unerlässlich ist.
29 
Mit dem Merkmal der Unerlässlichkeit hat der Gesetzgeber - wie in § 5 Abs. 5 Satz 3 BArchG - den Belangen der Betroffenen bewusst ein besonderes Gewicht beigemessen. In der Gesetzesbegründung ist hierzu ausgeführt: „Die Frist darf nur verkürzt werden, wenn die betroffene Person oder die Hinterbliebenen zugestimmt haben oder wenn die Nutzung zu wissenschaftlichen Zwecken oder zur Behebung einer bestehenden Beweisnot unerlässlich ist, das heißt die verfolgten Ziele auf andere Weise nicht erreicht werden können. Bei dieser Ermessensentscheidung sind im Einzelfall der Schutz der Persönlichkeitsrechte auf der einen Seite und die grundgesetzliche Privilegierung der Wissenschaft oder sonstige Interessen an der Nutzung auf der anderen Seite gegeneinander abzuwägen.“ (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung v. 17.07.1986, a.a.O., S. 111f.). Ein Anhaltspunkt dafür, dass ein berechtigter Belang im Sinne von § 6 Abs. 4 Satz 3 Fall 3 LArchG nur die Behebung einer Beweisnot sein könnte, findet sich im Gesetzeswortlaut nicht. Man wird die Gesetzesbegründung daher dahin zu verstehen haben, dass es sich um die Anführung eines typischen Beispielfalles handelt und dass ein vergleichbar gewichtiges Interesse ebenfalls ein berechtigter Belang in diesem Sinn sein kann. Auch der Bundesgesetzgeber hat in der Parallelvorschrift des § 5 Abs. 5 Satz 3 BArchG mit dem Begriff der Unerlässlichkeit bewusst ein Tatbestandsmerkmal normiert, das einen besonderen Schutz der von einer Nutzung von Archivgut Betroffenen gewährleisten soll. Während im Regierungsentwurf für ein Bundesarchivgesetz lediglich vorgesehen war, dass die Schutzfrist nur verkürzt werden dürfe, wenn die Benutzung zur Wahrnehmung berechtigter persönlicher Belange erfolge und u.a. schutzwürdige Belange Dritter nicht entgegenstünden (vgl. § 5 Abs. 4 Sätze 1, 2, Abs. 5 Nr. 2 des Entwurf eines Gesetzes über die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes [Bundesarchivgesetz - BArchG] v. 19.06.1987, BT-Drs. 11/498, S. 5), hat der Innenausschuss des Bundestages in den Entwurf das Merkmal der Unerlässlichkeit eingefügt, das dann Gesetz wurde. Damit war ausdrücklich bezweckt, die Schutzrechte der Betroffenen zu stärken (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses v. 19.11.1987, BT-Drs. 11/1215, S. 7, 12). Für § 5 Abs. 5 Satz 3 BArchG wird daher angenommen, dass ein überwiegendes berechtigtes Interesse vorliege, wenn existentielle berufliche oder persönliche Belange ohne die Benutzung der einschlägigen Archivalien verletzt würden oder unzumutbare Belastungen einträten. Das auch in solchen Fällen erforderliche öffentliche Interesse sei in der Regel gegeben, wenn die personenbezogenen Angaben zu berechtigten Beweiszwecken benötigt würden (vgl. Becker/Oldenhage, BArchG, 2006, § 5 Rn. 77).
30 
Die Prüfung des § 6 Abs. 4 Satz 3 Fall 3 LArchG verlangt mithin eine Abwägung des Interesses an der Nutzung des Archivguts mit den Schutzrechten der von einer Nutzung des Archivguts Betroffenen. Eine Sperrzeitverkürzung nach dieser Vorschrift setzt voraus, dass das Nutzungsinteresse das Schutzinteresse im Einzelfall überwiegt. Das Überwiegen des Nutzungsinteresses reicht allein für eine Sperrzeitverkürzung jedoch nicht aus. Wenn das Nutzungsinteresse überwiegt, muss für eine rechtmäßige Sperrzeitverkürzung als Weiteres hinzukommen, dass diese zur Wahrnehmung des Nutzungsinteresses unerlässlich ist. Damit ist mehr als bloße Erforderlichkeit vorausgesetzt. Unerlässlichkeit in diesem Sinne liegt nur vor, wenn die Nutzung des Archivguts für die Verwirklichung eines besonders gewichtigen Belangs - vergleichbar der Behebung einer bestehenden Beweisnot - unabdingbar, in jeder Hinsicht unverzichtbar ist.
31 
Dieses Erfordernis der Unerlässlichkeit dürfte verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sein.Ein genereller Vorrang des journalistischen Offenbarungsinteresses vor anderen, bei abstrakter Betrachtung verfassungsrechtlich möglicherweise weniger gewichtigen Interessen lässt sich aus der Pressefreiheit nicht herleiten. Der Gesetzgeber ist durch die Pressefreiheit nicht gehindert, Vertraulichkeitsinteressen im Einzelfall den Vorrang einzuräumen. Entscheidend ist - wie bereits ausgeführt -, dass die Auskunfts- und Zugangsregelungen insgesamt hinreichend effektiv sind. Die Zugangsregelungen und Begrenzungsvorschriften des Bundesarchivgesetzes werden nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts den Funktionsbedürfnissen der Presse hinreichend gerecht. Die im Gesetz vorgesehenen Ausnahmen von den Schutzfristen sowie die Möglichkeiten zur Verkürzung der Schutzfristen lassen genügend Spielraum, um der Bedeutung der Pressefreiheit Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.06.2013 - 7 A 15.10 - NVwZ 2013, 1285, juris Rn. 27, unter Hinweis auf BVerfG, Kammerbeschl. v. 28.08.2000 - 1 BvR 1307/91 - NJW 2001, 503).
32 
Für die im Wesentlichen gleichlautenden Vorschriften des Landesarchivgesetzes dürfte dies auch anzunehmen sein. Die Prüfung, ob i.S.v. § 6 Abs. 4 Satz 3 LArchG die Einsichtnahme zur Wahrnehmung berechtigter Belange erfolgt, die im überwiegenden Interesse einer anderen Person oder Stelle liegen, erfordert - auch nach der Gesetzesbegründung (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung v. 17.07.1986, a.a.O., S. 112) - eine Abwägung der Persönlichkeitsrechte und der Interessen an der Nutzung durch Dritte, zu denen auch die Presse zählt, im Einzelfall. Einen generellen, abwägungsfesten Vorrang der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen - der im Allgemeinen nicht von vornherein die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers überschreitet (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.03.2015, a.a.O. Rn. 31) - sieht § 6 Abs. 4 Satz 3 LArchG nicht vor. Für eine verfassungswidrige Verkürzung der Pressefreiheit im Rahmen von § 6 Abs. 4 Satz 3 LArchG vermag der Senat daher keine ausreichenden Anhaltspunkte zu erkennen.
33 
cc) Für das Bestehen eines Anordnungsanspruches nach § 6 Abs. 4 Satz 3 Fall 3 LArchG kann sich der Antragsteller nicht mit Erfolg auf den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG berufen. Der Umstand, dass der Antragsgegner in zwei Fällen Dritten Zugang zu den streitgegenständlichen Akten gewährt hat und dass aufgrund dieser Akteneinsicht der xxx und die xxx xxx xxx über den Inhalt dieser Akten berichteten, kann einen solchen Anspruch nicht begründen. Denn der Antragsgegner hat nach seinem, von dem Antragsteller nicht infrage gestellten Vortrag journalistische Akteneinsichtsanträge abgelehnt und lediglich Forschungsanträgen unter den für diese geltenden Auflagen stattgegeben, die für eine journalistische Akteneinsicht nicht gelten würden. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass der Antragsgegner Akteneinsichtsanträgen, die als Forschungsanträge bezeichnet sind, in dem Wissen stattgegeben hat, dass diese nur zum Schein als Forschungsanträge bezeichnet sind. Der Antragsteller kann aus § 6 Abs. 4 Satz 3 Fall 3 LArchG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG daher keinen Anspruch auf Akteneinsicht ohne beschränkende Auflagen herleiten, da von dem Antragsgegner eine solche Einsicht in die streitgegenständlichen Akten bisher niemandem gewährt wurde.
34 
dd) Nach den dargelegten Maßstäben (s. oben unter bb) besteht ein Anordnungsanspruch nach § 6 Abs. 4 Satz 3 Fall 3 LArchG nicht. Es ist nicht festzustellen, dass die beantragte Sperrzeitverkürzung zur Wahrnehmung berechtigter Belange, die im überwiegenden Interesse einer anderen Person oder Stelle liegen, unerlässlich ist.
35 
Der Antragsteller macht mit seinem Interesse an Recherche zum Dopingsystem in der Bundesrepublik Deutschland in den siebziger bis neunziger Jahren am Beispiel von Prof. Dr. xxx xxx und seiner Helfer sowie zum Zusammenspiel mit der Politik ein Belang von erheblichem Gewicht geltend. Die Möglichkeit der Recherche und gegebenenfalls Berichterstattung zu diesem Themenkomplex hat in einer freiheitlichen Rechtsordnung eine erhebliche Bedeutung. Es handelt sich um Fragen von hohem allgemeinen öffentlichen Interesse. Sie waren, soweit sich das nach den vorliegenden Veröffentlichungen beurteilen lässt, Gegenstand von Strafverfahren. Prof. Dr. xxx xxx dürfte - wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen - eine Person der Zeitgeschichte sein. Zu Gunsten des Antragstellers ist in der Abwägung auch zu berücksichtigen, dass über den Inhalt der Akten, zu denen er Zugang begehrt, bereits durch den xxx und die xxx Zeitung berichtet worden ist. Auch wenn offen ist, ob die Berichterstattung unter Einhaltung der von dem Antragsgegner für Forschungsanträge gemachten Auflagen erfolgte, ist insoweit zu sehen, dass angesichts dieser Berichterstattung zum einen für den Antragsteller sein Interesse an Recherche und gegebenenfalls eigener Berichterstattung umso dringender erscheint und zum anderen eine erhebliche Anzahl von Tatsachen, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Prof. Dr. xxx xxx aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG berühren können, bereits der Öffentlichkeit bekannt sind. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Prof. Dr. xxx xxx aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG hat jedoch weiterhin großes Gewicht. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass in den streitigen Akten keine weiteren Informationen enthalten sind, die für eine etwaige Berichterstattung von Interesse sein könnten. Mit einer Berichterstattung über weitere, bisher noch unbekannte Tatsachen aus dem Persönlichkeitsbereich von Prof. Dr. xxx xxx wäre mithin zu rechnen. Diese müsste er auch als Person der Zeitgeschichte nicht schrankenlos hinnehmen. Der Umstand, dass möglicherweise unter Verstoß gegen von dem Antragsgegner gemachte Auflagen über Prof. Dr. xxx xxx berichtet worden ist, führt nicht dazu, dass seine grundrechtlich gewährleisteten Rechte nunmehr von vornherein schutzlos sind.
36 
Von diesen beiderseitigen Belangen ausgehend, ist nicht erkennbar, dass die beantragte Akteneinsicht unter Sperrzeitverkürzung zur Wahrnehmung eines überwiegenden berechtigten Belangs des Antragstellers unerlässlich ist. Die Akteneinsicht ist nicht zur Verwirklichung eines besonders gewichtigen Belangs unabweisbar. Aus dem in der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG wurzelnden Rechercheinteresse des Antragstellers in einer wichtigen öffentlichen Angelegenheit kann allein die Unerlässlichkeit im dargestellten Sinne nicht folgen. Denn sonst würde jedes solche Rechercheinteresse zur Umkehrung der vom Gesetzgeber in verfassungsgemäßer Weise vorgenommenen Interessenbewertung des § 6 Abs. 4 Satz 3 Fall 3 LArchG führen. Darüber hinausgehende besondere Umstände, dass der Antragsteller für seine Recherche unabdingbar gerade auf die genannten Akten angewiesen ist und daher bei Ablehnung der Akteneinsicht mangels sonstiger Erkenntnisquellen ein gravierender und unzumutbarer Schaden für die Pressefreiheit in einer besonders gewichtigen Angelegenheit entstünde, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
37 
e) Aus § 4 Abs. 1 LPresseG ergibt sich hier ebenfalls kein Anordnungsanspruch. Die Behörden sind nach dieser Vorschrift verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Aus dieser Verpflichtung folgt ein entsprechender Auskunftsanspruch der Vertreter der Presse (vgl. nur Senat, Urt. v. 11.09.2013 - 1 S 509/13 - VBlBW 2014, 260). Der Anspruch nach § 4 LPresseG ist auf die Erteilung von Auskünften gerichtet (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.06.1998 - 10 S 58/97 - VBlBW 1999, 27 - juris Rn. 35; ebenso: OVG Bln.-Bbg., Urt. v. 28.01.2015 - 12 B 21.13 - juris Rn. 23 ). Er umfasst einen Anspruch auf Akteneinsicht nicht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.06.1998, a.a.O.; Groß, Presserecht, 3., Aufl. Rn. 449), zumindest grundsätzlich nicht (vgl. OVG Bln.-Bbg., Urt. v. 28.01.2015, a.a.O.).
38 
Ob der Auskunftsanspruch nach § 4 LPresseG ausnahmsweise auf Akteneinsicht oder Zurverfügungstellung von Kopien gerichtet sein kann (so Ricker, in: Ricker/Weberling, Handbuch des Presserechts, 6. Aufl., 19. Kapitel Rn. 2; Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, 6. Aufl., § 4 LPG Rn. 87, m.w.N.; VG Cottbus, Beschl. v. 06.11.2007 - 1 L 392/07 - AfP 2008, 114, juris Rn. 11), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn der Anspruch nach § 4 LPresseG kann einen solchen Inhalt nur dann haben, wenn dies allein die sachgemäße Form der Auskunftserteilung ist. Davon gehen auch die Befürworter eines solchen Anspruchsinhalts aus (vgl. Ricker, Burkhardt, VG Cottbus, je a.a.O.). Streitgegenständlich ist jedoch nicht ein Auskunftsbegehren nach § 4 LPresseG, bezüglich dessen die Form der Auskunftserteilung streitig ist. Im Einzelnen:
39 
Auf eine bestimmte Form der Auskunftserteilung besteht nach § 4 LPresseG grundsätzlich kein Anspruch. Art und Weise der Auskunftserteilung stehen im Ermessen der Behörde. Die Auskunft ist in pressegeeigneter Form zu erteilen. Die Form muss sachgerecht sein. Ein Anspruch auf Akteneinsicht oder Kopien kann folglich nur bestehen, wenn ausschließlich auf diese Art sachgemäß Auskunft erteilt werden kann (ebenso VG Cottbus, Beschl. v. 19.09.2013 - 1 L 219/13 - juris). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass es sich in der Sache noch um ein Auskunftsverlangen i.S.v. § 4 LPresseG handelt und nicht um ein reines Akteneinsichtsbegehren. Diese Bestimmung verpflichtet die Behörden lediglich dazu, der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Bereits nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung, aber auch ihrem Sinn und Zweck nach setzt der presserechtliche Informationsanspruch die Benennung eines konkreten Sachverhaltes, hinsichtlich dessen bestimmte Informationen gewünscht werden, durch den Vertreter der Presse voraus. Der Informationsanspruch ist damit auf die Beantwortung konkreter Fragen gerichtet (so zu den entsprechenden Parallelvorschriften: VG Düsseldorf, Beschl. v. 29.01.2003 - 1 L 269/03 - juris Rn. 8, unter Hinweis auf OVG NRW, Beschl. v. 23.05.1995 - 5 A 945/92; VG Dresden, Beschl. v. 07.05.2009 - 5 L 42/09 - juris Rn. 74; VG Potsdam, Beschl. v. 30.05.2013 - 9 L 34/13 - juris Rn. 10; VG Cottbus, Beschl. v. 19.09.2013, a.a.O.; Burkhardt, a.a.O., § 4 LPG Rn. 2, 85).
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An einem Auskunftsverlangen in diesem Sinne fehlt es. Denn der Antragsteller begehrt nicht Auskunft zu bestimmten Fragen, sondern allgemein Akteneinsicht in die Akten zweier strafrechtlicher Ermittlungsverfahren. Hierauf hat er nach § 4 Abs. 1 LPresseG keinen Anspruch.
41 
f) Ein Anordnungsanspruch ergibt sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht. Die Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantiert in ihrem objektiv-rechtlichen Gehalt die institutionelle Eigenständigkeit der Presse. Der Gesetzgeber ist daher verpflichtet, die Rechtsordnung in einer Weise zu gestalten, die der besonderen verfassungsrechtlichen Bedeutung der Presse gerecht wird und ihr eine funktionsgemäße Betätigung ermöglicht. Hierzu zählt auch die Schaffung von behördlichen Auskunftspflichten.Beim Erlass entsprechender Auskunftsregeln steht dem Gesetzgeber ein weiter Ausgestaltungsspielraum zu (vgl. ausf. unter d bb).
42 
Bleibt der zuständige Gesetzgeber untätig und regelt keine Auskunftspflichten, muss unmittelbar auf das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG als Rechtsgrundlage für pressespezifische Auskunftspflichten zurückgegriffen werden. Die Anwendung des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs muss jedoch in einer Weise vorgenommen werden, die nicht die Ausgestaltungsprärogative des Gesetzgebers unterläuft, indem sie auf Grundlage von Interessensgewichtungen und -abwägungen erfolgt, die nach der Verfassungsordnung nur der Gesetzgeber vorzunehmen befugt ist. Daher ist der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch auf das Niveau eines "Minimalstandards" zu begrenzen, den auch der Gesetzgeber nicht unterschreiten dürfte. Danach endet das verfassungsunmittelbare Auskunftsrecht von Pressevertretern dort, wo berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen an der Vertraulichkeit von Informationen entgegenstehen, wie sie etwa in den Landespressegesetzen aufgeführt sind (vgl. § 4 Abs. 2 LPresseG). Ein solcher verfassungsunmittelbarer Anspruch umfasst grundsätzlich nicht eine Aktennutzung durch Einsichtnahme in Behördenakten oder einer Kopie von Behördenakten (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.11.2013, a.a.O.).
43 
Aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG kann sich daher kein Anordnungsanspruch ergeben. Zum einen ist die Auskunftspflicht einfachgesetzlich in § 4 LPresseG geregelt, so dass ein verfassungsunmittelbarer Auskunftsanspruch nicht in Betracht kommt. Zum anderen wäre dieser nicht auf Akteneinsicht gerichtet.
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Auch aus der Informationsfreiheit folgt kein verfassungsunmittelbarer Anspruch auf Zugang zu Informationen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.05.2013 - 7 B 43.12 - juris Rn. 13).
45 
g) Ein Anordnungsanspruch folgt auch nicht aus Art. 10 EMRK. Die Presse wird durch die in Art. 10 EMRK gewährleistete Freiheit der Meinungsäußerung geschützt. Sie hat eine wesentliche Aufgabe in einer demokratischen Gesellschaft, sie nimmt die Rolle eines „öffentlichen Wachhundes“ ein. Wenn die Presse auch gewisse Grenzen nicht überschreiten darf, insbesondere hinsichtlich des guten Rufs und der Rechte anderer sowie einer geordneten Rechtspflege, ist es doch ihre Aufgabe, Informationen und Ideen über alle Fragen öffentlichen Interesses mitzuteilen (vgl. EGMR, Urt. v. 24.06.2004 - 59320/00 [Caroline von Hannover/Deutschland] - NJW 2004, 2647, Nr. 58; Urt. v. 10.01.2012 - 34702/07 [Standard Verlags GmbH/Österreich Nr. 3] - NJW 2013, 768, Nr. 31; Heer-Reißmann/Dörr/Schüller-Keber, in: Dörr/Krei-le/Cole, Handbuch Medienrecht, 2008, S. 26 f., m.w.N.).
46 
Beschränkungen des Rechts aus Art. 10 EMRK sind nach dessen Absatz 2 zulässig, wenn der Eingriff gesetzlich vorgesehen ist, ein dort genanntes berechtigtes Ziel verfolgt und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist (vgl. EGMR, Urt. v. 10.01.2012, a.a.O., Nr. 24 f.). Bei der Prüfung, ob der umstrittene Eingriff in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist, ist festzustellen, ob er einem dringenden sozialen Bedürfnis entsprach, ob er verhältnismäßig war zu dem verfolgten berechtigten Ziel und ob die von den staatlichen Behörden und Gerichten zu seiner Rechtfertigung vorgebrachten Gründe stichhaltig und ausreichend sind (vgl. EGMR, Urt. v. 10.01.2012, a.a.O., Nr. 30; Urt. v. 17.01.2012 - 3401/07 [Kurier Zeitungsverlag und Druckerei GmbH/Österreich] - NJW 2013, 771, Nr. 42 f.).
47 
Aus Art. 10 EMRK folgt hier mithin kein weitergehender Gewährleistungsgehalt als aus Art. 5 Abs. 1 GG. Auch nach Art. 10 EMRK sind die Grenzen zu beachten, die zum Schutz wesentlicher Interessen des Staates oder der Rechte und Freiheiten anderer gesetzt sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.06.2013, a.a.O., juris Rn. 31). Das gilt auch, soweit der Antragsteller geltend macht, nach der neueren Rechtsprechung des EGMR folge aus Art. 10 Abs. 1 EMRK ein Auskunftsanspruch der Presse. Denn auch insoweit geht der EGMR ausdrücklich davon aus, dass eine Einschränkung der in Art. 10 Abs. 1 EMRK verbürgten Meinungsfreiheit nach nationalem Recht zulässig ist (vgl. EGMR, Urt. v. 25.06.2013 - 48135/06 [Jugendinitiative für Menschenrechte/Serbien] - Nr. 25). Der Antragsteller hat weder erstinstanzlich noch mit der Beschwerde dargelegt, dass die Bestimmungen in § 6 LArchG und § 4 LPresseG mit Art. 10 EMRK unvereinbar sind. Dafür ist auch nichts ersichtlich.
48 
h) Zudem fehlt es an einem Anordnungsgrund.
49 
Begehrt ein Journalist Auskunft über länger zurückliegende Vorgänge, dürfen ein gesteigertes öffentliches Interesse und ein starker Gegenwartsbezug der Berichterstattung nicht deshalb verneint werden, weil die Berichterstattung nicht auf unaufschiebbare Berichte wie die Aufdeckung von schweren Rechtsbrüchen staatlicher Entscheidungen zielt und sie im Übrigen auch später möglich bleibt. Denn dies ist angesichts der Fähigkeit der Presse, selbst Themen zu setzen, immer denkbar. Vielmehr kann die Presse ihre Kontroll- und Vermittlungsfunktion nur wahrnehmen, wenn an den Eilrechtsschutz in Auskunftsverfahren auch hinsichtlich der Aktualität einer Berichterstattung keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Für ein solches Auskunftsverlangen muss ein Journalist jedoch hinreichend deutlich machen, warum seiner Anfrage, die sich auf länger zurückliegende Vorgänge bezieht, nun eine solche Eile zukommt, dass hierüber nur im Wege einstweiligen Rechtsschutzes, zumal unter einer Vorwegnahme der Hauptsache, entschieden werden kann. Zwar können auch zurückliegende Vorgänge unter veränderten Umständen plötzlich eine Relevanz bekommen, die eine Eilbedürftigkeit begründet. Es obliegt dem Journalisten, näher dazu vorzutragen, warum er für die jetzige Berichterstattungsabsicht sogleich Einsicht in diese Dokumente benötigt und warum diese Berichterstattung ohne diese Dokumente in nicht hinzunehmender Weise erschwert wird. Dafür genügt es nicht, lediglich darauf zu verweisen, dass aktuell über das betreffende Thema berichtet wird und eine solche Berichterstattung im öffentlichen Interesse liegt. Es ist ihm zuzumuten, näher darzulegen, warum er gerade die angefragten Dokumente für eine effektive Presseberichterstattung sofort benötigt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.09.2014 - 1 BvR 23/14 - NJW 2014, 3711 - juris Rn. 30f.).
50 
Hiervon ausgehend, ist ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Der Antragsteller hat zwar u.a. vorgetragen, dass ein Interesse der Öffentlichkeit möglicherweise nicht mehr bestünde, nachdem ihm nach einem Hauptsacheverfahren Akteneinsicht gewährt worden wäre, und dass gerade aufgrund der derzeit stattfindenden Berichterstattung ein aktueller Bezug zum Zeitgeschehen besteht. Eine nähere Darlegung, warum er gerade die angefragten Dokumente für eine effektive Presseberichterstattung sofort benötigt, fehlt jedoch.
51 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
52 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht bei seiner Streitwertfestsetzung auf 20.000,-- EUR ein berufsbedingtes Interesse des Antragstellers angenommen; hiergegen haben die Beteiligten keine Einwendungen erhoben.
53 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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