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| Die Entscheidung ergeht nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 130a VwGO. Die Stellungnahme des Beklagten vom 29.12.2016, mit der er sich zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss geäußert hat, gibt dem Senat, ebenso wie das Vorbringen im Schriftsatz vom 12.01.2017 keine Veranlassung zu einer anderen Verfahrensweise. |
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| Die - vom Senat zugelassene - Berufung des Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Senat hält die Berufung jedoch einstimmig für überwiegend unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 15.03.2013 und dessen Widerspruchsbescheid vom 17.06.2013 aufgehoben. Die Klägerin hat Anspruch darauf, dass das beklagte Land über ihren Antrag auf Einstellung als Kriminal-/Polizeikommissarin in das Beamtenverhältnis auf Probe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut entscheidet. |
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| Die Verpflichtungsklage, in der ein Neubescheidungsbegehren als Minus enthalten ist, ist zulässig. Auch wenn der ursprüngliche Einstellungstermin (01.04.2013) bereits lange verstrichen ist, hat sich das Begehren der Klägerin auf Ernennung zur Kriminal-/Polizeikommissarin und Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe nicht - insgesamt -, sondern, da eine nachträgliche Ernennung ausscheidet, lediglich hinsichtlich des inzwischen abgelaufenen Zeitraums erledigt. Eine Erledigung des Verpflichtungsbegehrens insgesamt könnte, da die Klägerin ihre Bewerbung vom 08.11.2012, die nicht auf ein bestimmtes Einstellungsverfahren oder -datum beschränkt war, aufrecht erhalten hat, demgegenüber nur angenommen werden, wenn sie zur Probebeamtin ernannt worden wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.1984 - 2 C 56.81 -, Juris). Dies ist nicht der Fall. |
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| Die Klage ist auch überwiegend begründet. Der Beklagte hat die gesundheitliche Eignung verneint und die Einstellung der Klägerin als Kriminal-/Polizeikommissarin in das Beamtenverhältnis auf Probe abgelehnt. Diese Ablehnung durch Bescheid vom 15.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.06.2013 war und ist rechtswidrig. Die Klägerin war und ist nach Überzeugung des Senats nicht - wegen einer Krankheit des Blutes oder der blutbildenden Organe bzw. einer Gerinnungsstörung - prognostisch polizeidienstunfähig oder aktuell dauerhaft polizeidienstuntauglich. Hieraus folgt ein Anspruch der Klägerin auf Neubescheidung ihrer Bewerbung. |
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| Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG und § 9 BeamtStG sind Ernennungen nur nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Zur gesundheitlichen Eignung bestimmt § 16 Abs. 2 LBG i.V.m. § 4 Abs. 2 Nr. 3 LVOPol, dass in den Polizeidienst nur eingestellt werden darf, wer polizeidiensttauglich ist (vgl. auch § 43 Abs. 2 LBG). Es obliegt dem Dienstherrn, die körperlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn zu bestimmen. Hierbei steht ihm ein weiter Einschätzungsspielraum zu, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der Ämter der Laufbahn zu orientieren hat. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist. Auf dieser Grundlage muss festgestellt werden, ob ein Bewerber, dessen Leistungsfähigkeit - etwa aufgrund eines chronischen Leidens - gemindert ist, den Anforderungen gewachsen ist, die die Ämter einer Laufbahn für die Dienstausübung stellen. Die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers für das von ihm angestrebte öffentliche Amt bezieht sich nicht nur auf den gegenwärtigen Stand, sondern auch auf die künftige Amtstätigkeit und enthält eine Prognose, die eine konkrete und einzelfallbezogene Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Bewerbers verlangt. Die gesundheitliche Eignung eines im Zeitpunkt der Einstellungsuntersuchung dienstfähigen Beamtenbewerbers kann daher im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe oder eine chronische Erkrankung mit progredientem Verlauf verneint werden. Die Prognose erfasst den Zeitraum bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Es kommt darauf an, ob der Beamtenbewerber voraussichtlich bis zu diesem Zeitpunkt Dienst leisten wird oder wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 - 2 C 12.11 -, Juris). |
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| Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgehend davon, dass der Ausschluss des Zugangs zum Beamtenverhältnis aus gesundheitlichen Gründen ungeachtet der fachlichen Eignung eine Einschränkung der durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Zugangsmöglichkeit darstellt, die einer subjektiven Berufswahlschranke im Anwendungsbereich des Art. 12 Abs. 1 GG entspricht, seine frühere Rechtsprechung teilweise aufgegeben und festgestellt, dass der Dienstherr die gesundheitliche Eignung aktuell dienstfähiger Bewerber nur verneinen darf, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit eintreten wird. Eine entsprechende Prognosebeurteilung setzt eine hinreichende Tatsachenbasis voraus. Die medizinische Diagnose muss Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, die Untersuchungsmethoden erläutern und ihre Hypothesen sowie deren Grundlage offenlegen. Auf dieser Basis hat sie unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG eigenverantwortlich zu beantworten. Diesem steht nach der geänderten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aber insoweit kein Beurteilungsspielraum mehr zu. Vielmehr haben die Verwaltungsgerichte die gesundheitliche Eignung von Beamtenbewerbern zu prüfen, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 - 2 C 12.11 -, Juris, m.w.N.). |
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| Nach diesen Grundsätzen ist der streitgegenständliche Bescheid rechtswidrig. Schon der für den Polizeidienst in gleicher Weise geltende Art. 33 Abs. 2 GG spricht dafür, dass die Rechtsprechungsänderung auch für gesundheitliche Eignung von Polizeivollzugsbeamten gilt. Die vom Beklagten für den von ihm weiterhin beanspruchten Beurteilungsspielraum angeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts hatten nicht die Frage der gesundheitlichen Eignung von Beamtenbewerbern zum Gegenstand. Die Frage kann jedoch offenbleiben. |
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| Die Begründung der streitgegenständlichen Entscheidung trägt die Ablehnung der Bewerbung der Klägerin - auch dann - nicht, wenn bei der Beurteilung der gesundheitlichen Eignung von Bewerbern für den Polizeidienst, wie vom Beklagten gefordert, weiterhin der frühere Maßstab anzuwenden ist und dem Dienstherrn weiterhin eine Einschätzungsprärogative zukommt, die nur eingeschränkt überprüfbar ist. Steht dem Dienstherrn eine Beurteilungsermächtigung zu, sind bei der damit eingeschränkten gerichtlichen Prüfung die Begründung der Entscheidung und der Zeitpunkt ihres Erlasses maßgeblich (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.06.1989 - 2 A 3.86 -, Juris). Die in Ausübung der Ermächtigung ergangene Entscheidung ist daraufhin zu prüfen, ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, oder ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.01.2003 - 2 A 1.02 -, Juris). Dabei sind die Grenzen für die einzelnen Ansatzpunkte der verwaltungsgerichtlichen Prüfung angesichts der Vielgestaltigkeit denkbarer Sachverhalte fließend (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.11.1980 - 2 C 38.79 -, Juris). Aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes haben die Tatsachengerichte in jedem Fall die Richtigkeit des entscheidungserheblichen Sachverhalts von Amts wegen unter Berücksichtigung allgemeinverbindlicher Würdigungsgrundsätze, zu denen die gesetzmäßige Beschaffung der Entscheidungsgrundlagen, die allgemeinen Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB), die allgemeinen Erfahrungssätze und die Denkgesetze gehören, zu überprüfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.11.1980 - 2 C 38.79 -, Juris). |
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| Das beklagte Land hat im Bescheid vom 15.03.2013 zunächst lediglich „zur Zeit“ die Möglichkeit der Einstellung verneint und nicht ausgeschlossen, dass Polizeidiensttauglichkeit bei einer erneuten Untersuchung festgestellt werden könnte (vgl. hierzu Vorbemerkung Nr. 2.2.3 PDV 300 (1998)). Im Widerspruchsbescheid vom 19.06.2013 wird darauf abgestellt, dass ein Fehler im Sinne der Nr. 2.2.1 der PDV 300 (1998) vorliegt und hierzu ausgeführt, die Möglichkeit des Eintritts einer dauerhaften Polizeidienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze könne aufgrund des Risikos eines Rezidivs einer Thromboembolie aufgrund einer vorhandenen genetischen Disposition nicht ausgeschlossen werden. Mit diesem Widerspruchsbescheid hat die Ausgangsentscheidung ihre endgültige Gestalt erhalten (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO; vgl. BVerwG, Urteile vom 27.09.1989 - 8 C 88.88 - und vom 25.02.2010 - 2 C 22.09 -, jeweils Juris). Damit ist die prognostische Annahme, dass aufgrund der bei der Klägerin bestehenden heterozygoten Faktor-V-Leiden-Mutation der Eintritt einer dauerhaften Polizeidienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze wegen des Risikos eines Rezidivs einer Thromboembolie nicht ausgeschlossen werden kann, Grundlage der streitgegenständlichen Entscheidung, so dass bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des in der Folge nicht - förmlich - geänderten Bescheids (vgl. auch unten 2. a)) diese Begründung zugrunde zu legen ist. |
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| 1. a) Diese auf der Prognoseentscheidung beruhende Ablehnungsentscheidung ist bei eingeschränkter gerichtlicher Prüfung schon deswegen rechtswidrig, weil die negative Prognose auf einem unzutreffenden Maßstab beruht. Der Beklagte hat die Polizeidienstfähigkeit verneint, weil der Eintritt der dauerhaften Polizeidienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze nicht ausgeschlossen werden könne. Damit wird hier auch der früher von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde gelegte Maßstab verfehlt, nach dem begründete ernsthafte Zweifel an der aktuellen gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers oder an dessen Dienstfähigkeit bis zur Altersgrenze ohne häufige Fehlzeiten die Ablehnung rechtfertigen konnten (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.07.2001 - 2 A 5.00 -, Juris). |
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| Die streitgegenständliche Entscheidung geht zudem auch von einer unrichtigen Tatsachengrundlage aus, weil entgegen der zugrunde gelegten Annahme das Risiko eines Rezidivs einer Thromboembolie bei der Klägerin allein aufgrund der Faktor-V-Mutation nicht bzw. nicht relevant erhöht ist. Die vom Verwaltungsgericht angesprochenen Fragen zur Verwertbarkeit von Ergebnissen genetischer Untersuchungen können dabei offenbleiben. Das zum maßgeblichen anlagebedingten statistischen Risiko vom Senat eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B. bestätigt die Aussagen des vom Verwaltungsgericht angehörten Sachverständigen Prof. Dr. M., wonach das Risiko der Klägerin eine erneute Thrombose zu erleiden, aufgrund der Faktor-V-Leiden-Mutation allenfalls geringfügig erhöht ist. Zu seiner Angabe, dass die Rezidizgefahr um 40% erhöht sei, auf die sich der Beklagte nunmehr stützt, hat Prof. Dr. M. in seiner - auf Nachfrage des Vaters erstellten - ergänzenden Stellungnahme ausgeführt, dass diese Erhöhung des Rezidivrisikos aufgrund der Faktor-V-Leiden-Mutation als irrelevant erachtet werde, da es klinisch letztlich nicht bedeutend sei, ob jemand ein Risiko des Wiederauftretens von 2% (kein Faktor V-Leiden) oder von 3% (heterozygoter Faktor V-Leiden) habe. Der Sachverständige Prof. Dr. B. hat hierzu die Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der Lungenembolie“ (vgl. S2-Leitlinie, Stand: 10.10.2015, S. 16, 84) zitiert, wonach Thrombophilien zwar die Erstmanifestation einer venösen Thromboembolie begünstigen, das Risiko eines Rezidivs in der Regel aber nicht oder nur in geringem Maß erhöhen. |
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| Da die angegriffene Entscheidung allein durch das wechselnde Prozessvorbringen des Beklagten keine Änderung erfahren hat (vgl. dazu unten 2. a)) und nicht auf das nun von der Beklagten maßgeblich in die Argumentation miteinbezogene allgemeine Rezidivrisiko nach stattgehabter Thrombose abstellt, kann dieses im Fall der eingeschränkten Prüfung von vorneherein nicht berücksichtigt werden. |
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| b) Die Prognoseentscheidung ist bei Zugrundelegung des neuen Maßstabs und bei vollständiger gerichtlicher Prüfung unter Einbeziehung des Vorbringens des Beklagten im gerichtlichen Verfahren ebenfalls nicht haltbar. Das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B. enthält zunächst keine Anhaltspunkte dafür, dass es überwiegend wahrscheinlich sein könnte, dass die Klägerin vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze aufgrund der Faktor-V-Leiden-Mutation erneut Thrombosen erleiden und daraufhin polizeidienstunfähig werden wird. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den vorzeitigen Eintritt von Dienstunfähigkeit ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der bereits erlittenen Thrombose. Auch insoweit stimmen die Aussagen beider Sachverständigen, die sich auf entsprechende Studien berufen, überein. Der Sachverständige Prof. Dr. B. kommt zu dem Ergebnis, dass die Wahrscheinlichkeit, dass innerhalb der nächsten 36 bis 41 Jahre bei der Klägerin erneut Thrombosen auftreten, nicht überwiegt (GA S. 6f., 8). Entgegen der Darstellung des Beklagten können diese eindeutigen Aussagen nicht aufgrund der weiteren - für diesen Fall als nicht mehr erforderlich erachteten - Fragestellung angestellten Überlegungen zur Anzahl von Rezidiven dahingehend missverstanden werden, dass zumindest mit einer weiteren Thrombose gerechnet werden müsste. Dass die Risikoeinschätzungen der Sachverständigen nicht dem derzeitigen medizinischen Erkenntnisstand entsprächen, hat der Beklagte nicht geltend gemacht, hierfür ist auch nichts ersichtlich. Ist aber bereits das Auftreten einer erneuten Thrombose nicht überwiegend wahrscheinlich, kann aus dem anlagebedingten (bereits stattgehabte Thrombose und Faktor-V-Leiden-Mutation) Thromboserezidivrisiko der Klägerin keine die Polizeidienstfähigkeit ausschließende Prognose abgeleitet werden. Schließlich kann auch von der Annahme ausgehend, dass die Klägerin im genannten Zeitraum eine erneute Thrombose erleidet, nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. B. nicht die Aussage gemacht werden, dass eine solche mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine langfristige oder die dauerhafte Polizeidienstunfähigkeit der Klägerin zur Folge haben würde. Vielmehr kommt es insoweit Art und Umfang der auftretenden Rezidivthrombose und damit auf nicht prognostizierbare Umstände an. Auch im Übrigen ergeben sich aus dem Vorbringen des Beklagten keine konkreten, entscheidungserheblichen Fragen, die an den Sachverständigen noch zu stellen wären. |
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| Richtig ist, dass sich die statistischen Risikoeinschätzungen ausschließlich auf das anlagebedingte Risiko beziehen und insofern davon ausgehen, dass weitere, insbesondere die für das erste Auftreten einer Thrombose maßgebliche Risikofaktoren vermieden werden. Wie hoch das Risiko der Klägerin unter Einbeziehung dieser Risiken ist, innerhalb der nächsten 36 bis 41 Jahre weitere und ggf. wie viele Thrombosen zu erleiden, ist aber keine medizinische Fragestellung, sondern hängt wesentlich davon ab, wie oft entsprechende Trigger auftreten. Insoweit geht der Senat mit dem Verwaltungsgericht, das die Klägerin persönlich angehört hat, davon aus, dass diese, nachdem sie bereits eine Thrombose erlitten hat, im Rahmen ihrer Lebensführung darauf achten wird, das Risiko für das erneute Auftreten einer Thrombose so gering wie möglich zu halten. Dieser Einschätzung hat der Beklagte nichts Substantiiertes entgegengesetzt. Damit käme es für die Risikoeinschätzung entscheidend auf die Häufigkeit an, in der innerhalb der nächsten 36 bis 41 Jahre im Leben der Klägerin unvermeidbare Situationen mit den maßgeblichen Triggern auftreten werden. Der Beklagte verweist hier auf besondere Einsatzbedingungen (vgl. unten 2. a) cc)). Aus dem Vortrag zu - lediglich - nicht auszuschließenden Ausnahmesituationen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass bei der Klägerin eine erneute Thrombose mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auftreten und die Dienstunfähigkeit der Klägerin zur Folge haben wird (vgl. oben). Damit kommt es nicht mehr darauf an, dass das angenommene Risiko hier zudem dadurch beschränkt sein dürfte, dass Beamte des gehobenen Dienstes nach den Aussagen der Polizeioberräte W. und R. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 31.07.2014 nur zu einem geringen Prozentsatz von 7% bis 10% in Einsatzeinheiten verwendet werden und höchstens für die Dauer von einem Jahr bzw. drei Jahren. |
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| Ergänzend weist der Senat daraufhin, dass weitere Untersuchungen der Klägerin in Bezug auf die stattgehabte Thrombose, die die behandelnden Fachärzte und auch die Polizeiärzte anhand der vorliegenden Laborbefunde nicht für angezeigt gehalten haben - auch bei einer vollständigen gerichtlichen Prüfung der gesundheitlichen Eignung - im Rahmen der gerichtlichen Sachverhaltserklärung - hier nicht vorzunehmen sind, da diese der Ausforschung dienen würden. |
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| 2. Die Ablehnung der Einstellung der Klägerin lässt sich auch nicht darauf stützen, dass die Klägerin wegen „Krankheiten des Blutes, der blutbildenden Organe“ bzw. „Blutgerinnungsstörungen“ bereits dauerhaft polizeidienstuntauglich ist. |
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| a) Wenn man insoweit zunächst wiederum von einer entsprechenden behördlichen Einschätzungsprärogative ausgeht, kann im vorliegenden Fall die Polizeidienstuntauglichkeit die Entscheidung schon deshalb nicht stützen, weil das beklagte Land seine Entscheidung - wie dargelegt - nicht mit einer bereits bestehenden Polizeidienstunfähigkeit begründet hat. Im Ausgangsbescheid hat es die Feststellung der Polizeidienstfähigkeit bei erneuten Untersuchung noch für möglich erachtet. Mit dem maßgeblichen Widerspruchsbescheid wurde die Entscheidung darauf gestützt, dass die Möglichkeit des - künftigen - Eintritts einer dauerhaften Polizeidienstunfähigkeit wegen des Risikos eines Rezidivs einer Thromboembolie aufgrund einer vorhandenen genetischen Disposition nicht ausgeschlossen werden könne. Diese Ausführungen setzen die aktuelle Polizeidiensttauglichkeit voraus und schließen damit die Annahme aus, dass das beklagte Land in Ausübung einer - unterstellten - Beurteilungsermächtigung - auch - von einer im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung bereits eingetretenen dauerhaften Polizeidienstuntauglichkeit ausgegangen ist. So ist auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Prognoseentscheidung - wie die hier vorliegende - nur im Falle aktuell bestehender Dienstfähigkeit zu treffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 - 2 C 12.11 -, Juris). Schließlich ist der streitgegenständliche Bescheid auch nachfolgend weder förmlich geändert noch ersetzt worden. |
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| Mit Schriftsatz vom 20.02.2014 hat der Beklagte sich zwar nach dem richterlichen Hinweis vom 04.02.2014 auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 - 2 C 12.11 -, Juris) von der negativen Prognose in der Begründung des Widerspruchsbescheids distanziert und dargelegt, es gehe darum, dass die Polizeidienstfähigkeit zum vorgesehenen Einstellungszeitpunkt nicht gegeben gewesen sei. Ein Bewerber sei als polizeiuntauglich zu beurteilen, wenn ein oder mehrere Fehler festgestellt würden, die in der Anlage 1 der PDV 300 (1998; jetzt 1.1 der PDV 300 (2012)) unter den dortigen Fehler-Nummern aufgeführt seien. Dies sei hier der Fall. Für ein erheblich erhöhtes Risiko der Klägerin, nicht nur in Bezug auf eine vorzeitige Dienstunfähigkeit, sondern auch auf eine konkrete gesundheitliche Schädigung durch die besonderen Belastungen des Polizeivollzugsdienstes sprächen neben den dienstlichen Anforderungen insbesondere beim geschlossenen Einsatz auch die erforderliche Therapie mit blutverdünnenden Mitteln. Auch wenn man zugunsten des Beklagten annimmt, dass, obwohl § 114 Satz 2 VwGO nicht unmittelbar einschlägig ist, die Gründe für eine aufgrund eines Einschätzungsspielraums getroffene Entscheidung ebenfalls noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzt werden können, sind diese Erwägungen nicht als Änderung des Bescheids einzubeziehen. Zunächst wird mit diesen die Ablehnung der Einstellung auf einen anderen - mit dem ursprünglich angegebenen im Widerspruch stehenden - Grund, nämlich auf eine bereits vorliegende dauerhafte Polizeidienstunfähigkeit gestützt, und nicht lediglich die ursprüngliche Begründung ergänzt, was jedenfalls im Hinblick auf den - sich aus der hier insoweit unterstellten Beurteilungsermächtigung ergebenden - maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung nicht zulässig ist. Im Übrigen entsprechen die Ausführungen im Schriftsatz vom 20.02.2014 auch nicht den vom Bundesverwaltungsgericht zu § 114 Satz 2 VwGO aufgestellten Anforderungen an die Änderung der Begründung eines Verwaltungsakts im gerichtlichen Verfahren. In seiner Entscheidung vom 13.12.2011 (- 1 C 14.10 -, Juris) hat das Bundesverwaltungsgericht hierzu ausgeführt, dass der Betroffene durch die Änderung der Begründung des Verwaltungsakts im gerichtlichen Verfahren nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt werden dürfe. Daraus folge, dass die Behörde klar und eindeutig zu erkennen geben müsse, mit welcher "neuen" Begründung die behördliche Entscheidung letztlich aufrechterhalten bleibe, da nur dann der Betroffene wirksam seine Rechte verfolgen und die Gerichte die Rechtmäßigkeit der Verfügung überprüfen könnten. Insbesondere müsse sie im gerichtlichen Verfahren erkennbar trennen zwischen neuen Begründungselementen, die den Inhalt ihrer Entscheidung beträfen, und Ausführungen, mit denen sie lediglich als Prozesspartei ihre Entscheidung verteidige. Dem wird der Schriftsatz vom 20.02.2014 nicht gerecht. Das Regierungspräsidium hat die Begründung der angegriffenen Verfügung nicht geändert und nicht deutlich gemacht, dass sie diese nun auf eine aktuelle Polizeidienstuntauglichkeit stützen will. Es hat dabei insbesondere nicht eindeutig zu erkennen gegeben, mit welchem Text sie die Verfügung ergänzen will und welche ursprüngliche Passage dafür ggf. entfallen sollte. Auch die einleitende Wendung, letztlich gehe es nicht um die Prognosestellung, sondern um die Polizeidiensttauglichkeit zum Zeitpunkt der Einstellung, spricht gegen eine inhaltliche Änderung des Bescheids und für eine bloße Rechtsverteidigung. Bestätigt wird dies im Übrigen dadurch, dass das beklagte Land im Antrag auf Zulassung der Berufung, auf den es in der Berufungsbegründung Bezug genommen hat, nun wiederum die Anwendbarkeit des neuen Prognosemaßstabs des Bundesverwaltungsgerichts auf Sonderlaufbahnen insgesamt in Frage stellt und damit weiterhin die Prognoseentscheidung verteidigt, die, wie dargelegt, denknotwendig aktuelle Diensttauglichkeit voraussetzt. |
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| Unabhängig davon überzeugen die ergänzenden Ausführungen des Beklagten vom 20.02.2014 schließlich auch in der Sache nicht. Bei eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle ist festzustellen, dass der Beklagte auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Begründung die Polizeidienstuntauglichkeit der Klägerin zu Unrecht aus dem polizeiärztlich festgestellten Fehler-Nr. 2.2.1 der Anlage 1 der PDV 300 (1998; jetzt Nr. 2.1.3 der Anlage 1.1 der PDV 300 (2012)) abgeleitet hat. Zur Feststellung der Polizeidiensttauglichkeit wird in der PDV 300 (1998) unter den Nummern 2.3.2 bis 2.3.4 ausgeführt, dass ein Bewerber als „polizeidiensttauglich" zu beurteilen ist, wenn er nach dem Ergebnis der ärztlichen Untersuchung körperlich, geistig und seelisch gesund und belastbar erscheint oder nur einzelne Fehler aufweist, die seine Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit nicht einschränken. Ein Bewerber ist als „polizeidienstuntauglich" zu beurteilen, wenn ein oder mehrere Fehler festgestellt werden, die in der Anlage 1 unter einer Fehlernummer aufgeführt sind. Liegen bei einem Bewerber mehrere Normabweichungen vor, ist unter Berücksichtigung der Vorgeschichte und des Alters zu prüfen, ob aus der Kombination dieser Normabweichungen auf herabgesetzte Leistungsfähigkeit oder erhöhte Krankheitsanfälligkeit geschlossen werden muss. Die Dienstvorschrift PDV 300 (1998) stellt damit gesundheitliche und körperliche Eignungsvoraussetzungen zur Erfüllung - nicht konkret benannter und nicht zugeordneter - körperlicher Anforderungen auf (OVG für das Land Nordrh.-Westf., Beschluss vom 12.11.2013 - 6 B 1226/13 -, Juris), indem sie die Polizeivollzugsdiensttauglichkeit ausschließende „Fehler“ aufführt. Auch wenn diese auf (ärztlichen) Erfahrungssätzen beruhen, die auf der Grundlage besonderer Sachkunde gewonnen wurden und die spezifischen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes berücksichtigen, handelt es sich lediglich um - negative - gesundheitliche und körperliche Voraussetzungen. Konkrete Angaben dazu, welchen jeweiligen Anforderungen des Polizeidienstes ein Bewerber bei Vorliegen des jeweiligen „Fehlers“ typischerweise nicht - mehr - gerecht wird, fehlen. Zudem bezeichnen die aufgelisteten Fehlernummern sowohl Gesundheitsbeeinträchtigungen und körperliche Zustände, bei deren Vorliegen von aktueller Dienstunfähigkeit ausgegangen werden kann, als auch solche, bei denen lediglich begründete Zweifel bestehen. Eindeutige differenzierende Erläuterungen dahingehend, welche der gelisteten Einschränkungen (ggf. unter welchen Umständen) die dauerhafte Polizeidienstunfähigkeit betreffen und bei welchen lediglich - aufgrund des nicht mehr gültigen Prognosemaßstabs - prognostisch ein vorzeitiges Eintreten nicht auszuschließen ist, fehlen ebenfalls. Damit ist aber die Aussagekraft der Feststellung eines „Fehlers“ für die Annahme der Polizeidienstuntauglichkeit in einem konkreten Fall beschränkt. Dies gilt im besonderen Maße, wenn der „Fehler“ selbst lediglich mit einem Sammelbegriff für unterschiedliche und unterschiedlich ausgeprägte Erkrankungen ohne Eingrenzung und Differenzierung bezeichnet wird. Bei der Anwendung und Auslegung solcher Fehler-Nummern kann auch im Lichte des gleichen Anspruchs auf den Zugang zu öffentlichen Ämter gemäß Art. 33 Abs. 2 GG die typisierende Annahme der Polizeidienstuntauglichkeit nur greifen, wenn die konkrete Erkrankung diese rechtfertigen kann. |
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| aa) Die polizeiärztliche Feststellung des Vorliegens der Fehler-Nr. 2.2.1 der Anlage 1 der PDV 300 (1998) wegen der Rezidivgefahr einer Thrombose aufgrund einer heterozygoten Form der Faktor-V-Leiden-Mutation (eine durch einen funktionellen Test im Plasma nachweisbare APC-Resistenz) rechtfertigt die Annahme der dauernden Polizeidienstuntauglichkeit nicht. Die vom Verwaltungsgericht angesprochenen Fragen zur Verwertbarkeit von Ergebnissen genetischer Untersuchungen können dabei auch insoweit offenbleiben. Bei „Krankheiten des Blutes, der blutbildenden Organe“ bzw. „Blutgerinnungsstörungen“ (die erst in der seit dem 01.09.2013 zugrunde zu legenden PDV 300 (2012) ausdrücklich genannt werden) handelt es sich um Ober- bzw. Sammelbegriffe, die unterschiedlichste Formen und Ausprägungen von Krankheiten und Störungen (Normabweichungen) umfassen. Die hierunter fallende heterozygote Faktor-V-Leiden-Mutation stellt keinen grundsätzlich behandlungsbedürftigen Gerinnungsdefekt dar. Es handelt sich um eine in Europa häufige genetische Variation (vgl. S2-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der Lungenembolie, Stand: 10.10.2015, S. 14), die bei 2 bis 15 Prozent der Bevölkerung vorliegt. Als Ursache für die Häufigkeit der Mutation wird z.T. ein Selektionsvorteil in der Evolution vermutet, weil die mit der Mutation verbundene Hyperkoagulabilität ein Schutz vor Blutverlusten war. Als denkbare Ursache wird auch das Fehlen eines Selektionsnachteils diskutiert, da die Mutation nicht mit einer erhöhten Mortalität verbunden ist (vgl. APC-Resistenz : Klinische Bedeutung, Pathophysiologie und Diagnostik, Dt. Ärztebl. 1998, 95 <38>). Dieser Gerinnungsdefekt unterscheidet sich wesentlich von anderen unter den Begriff der Blutgerinnungsstörung fallenden Störungen, insbesondere von der Hämophilie, die die Lebenserwartung noch zu Beginn des letzten Jahrhunderts extrem verkürzt hat. Hinzu kommt, dass auch der Gerinnungsdefekt selbst in unterschiedlichen Ausprägungen in Erscheinung tritt. So rechtfertigt das Vorliegen der heterzygoten Form alleine keine dauerhafte oder verlängerte (Erhaltungs-)Therapie durch Antikoagulation, während diese bei der homozygoten Form angezeigt ist (vgl. S2-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der Lungenembolie, Stand: 10.10.2015, S. 16). |
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| Ausgehend von den Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes dürfte es nicht zweifelhaft sein, dass eine Blutgerinnungsstörung in Form der Hämophilie die Polizeivollzugsdiensttauglichkeit ausschließt, weil sie mit der typischen Verletzungsgefahr nicht vereinbar ist. Entsprechendes dürfte aufgrund der erforderlichen Einnahme von blutverdünnenden Mitteln für die homozygote Faktor-V-Leiden-Mutation gelten. Welche Anforderungen aufgrund von Defekten der Blutgerinnung wie der heterozygoten Faktor-V-Mutation nicht mehr erfüllt werden, ist demgegenüber nicht offensichtlich. Der Beklagte beruft sich insoweit auf besondere Situationen, die in Einzelfällen nicht vermeidbar sind, und nicht auf typische Anforderungen des Dienstes (vgl. unten 2. a) cc)). Es lässt sich nicht feststellen, ob die heterozygote Faktor-V-Mutation überhaupt von den Juristen, Polizeipraktikern und Leitenden Polizeiärzten in der Bund-Länder-Kommission bei der Fehler-Nr. 2.1.3 mitbedacht worden ist und dabei die vom Beklagten genannten Ausnahmekonstellationen ausschlaggebend waren. Damit kann aus der polizeiärztlichen Feststellung eines Fehlers der Nr. 2.2.1 der Anlage 1 der PDV 300 (1998) bzw. der Nummer 2.1.3 der PDV 300 (2012) auch im Falle einer Einschätzungsprärogative des Dienstherrn nicht unmittelbar Polizeidienstuntauglichkeit abgeleitet werden, weil die genannten Fehler zu unbestimmt sind und keine Bezug zu den ihnen zugrunde liegenden dienstlichen Anforderungen erkennen lassen kann. Dem entspricht es, dass auch Dr. W. in der Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 16.06.2014 die Ansicht vertreten hat, dass die Fehler-Nummer 2.1.3 der PDV 300 (2012) immer eine Einzelfallprüfung erfordere. Hierbei ist der Dienstherr aber, wie bereits oben dargelegt, von unrichtigen Tatsachen ausgegangen. Denn die vom Beklagten angenommene Rezidivgefahr allein aufgrund der Faktor-V-Leiden-Mutation stellt keine gesundheitliche Störung dar, die als solche die Annahme der aktuellen Polizeidienstuntauglichkeit der Klägerin rechtfertigen kann, da diese, wie dargelegt, das Risiko eines Rezidivs, auf das hier abzustellen ist, in der Regel nicht oder nur in geringem Maß erhöhen. |
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| bb) Die stattgehabte und vollständig ausgeheilte Thrombose war dagegen - wie dargelegt - nicht Grundlage der angegriffenen Entscheidung. Unabhängig davon stellt sie bereits keine Krankheit oder gesundheitliche Störung dar. Der körperliche Zustand nach einer ausgeheilten Thrombose ohne verbliebene krankhafte Veränderungen kann schon begrifflich nicht unter die Fehler-Nr. 2.2.1 der PDV 300 (1998) subsumiert werden. Vielmehr besteht in Fällen, in denen eine Thrombose ohne äußere Ursache eingetreten ist, lediglich der Verdacht, dass eine entsprechende Erkrankung (bzw. Störung) vorliegt, der eine gezielte Untersuchung erforderlich macht (vgl. Anlage 1 Nr. 2.2 der PDV 300 <1998>). Dies entspricht im Wesentlichen dem Vortrag des beklagten Landes im Antrag auf Zulassung der Berufung, auf den es in der Berufungsbegründung Bezug genommen hat. Dort wird ausdrücklich festgestellt, dass das Verwaltungsgericht auf Seite 18 des angegriffenen Urteils zutreffend davon ausgeht, dass im Falle einer einmal erlittenen Thrombose eine Einzelfallprüfung stattzufinden habe. Hieraus hat der Beklagte abgeleitet, dass damit auch eine umfassende Abklärung möglich sein müsse, da andernfalls das Risiko bestehe, dass Beamtinnen oder Beamte einer Gefahr ausgesetzt würden - beispielsweise bei einer unerkannten homozygoten Form des Faktor-V-Leidens. Wäre nach einer stattgehabten Thrombose eine sorgfältige und umfassende Einzelfallabklärung nicht mehr zulässig, müsse auf eine Änderung der PDV 300 dahin gehend hingewirkt werden, dass Bewerberinnen und Bewerber, die bereits eine Thrombose erlitten hätten, bereits aufgrund dieser Vorerkrankung als polizeidienstuntauglich auszuschließen seien. Damit hat der Dienstherr aber eindeutig zu erkennen gegeben, dass er selbst die Fehler-Nr. 2.2.1 der PDV 300 (1998) nicht dahingehend auslegt, dass schon eine erlittene Thrombose auch nach vollständiger Ausheilung der Polizeidiensttauglichkeit - regelmäßig - entgegensteht. Das dem widersprechende Vorbringen im Schriftsatz vom 29.12.2016 überzeugt damit nicht. Es handelt sich erneut um einen Wechsel der Argumentation und eine Anpassung des Vorbringens - hier im Hinblick auf die mit Verfügung vom 01.12.2016 mitgeteilte Rechtsansicht des Senats. |
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| cc) Soweit der Beklagte nun geltend macht, dass das - im Vergleich zu jungen Frauen ohne jeglichen Risikofaktor - deutlich erhöhte Rezidivrisiko der Klägerin aufgrund einer bereits erlittenen Thrombose mit den Anforderungen des Polizeidienstes nicht vereinbar sei, greift auch diese - dem streitgegenständlichen Bescheid nicht zugrundeliegende - Argumentation nicht durch. Der Beklagte vertritt insoweit zunächst die Ansicht, dass es zu den Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes gehört, über längere Zeiträume (8 bis 10 ggf. 12 Stunden) immobilisiert und - ggf. bei einem witterungs- oder ausrüstungsbedingt erhöhten Flüssigkeitsbedarf - ohne ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu sein. Wie dargelegt, werden solche oder ähnliche Anforderungen in der PDV 300 (1998) nicht aufgestellt. Eine andere allgemeine Anordnung mit entsprechenden Vorgaben wird nicht benannt und ist nicht ersichtlich. Schließlich ergibt sich auch aus dem Vorbringen des Beklagten hierzu nicht, dass es sich insoweit um am typischen Aufgabenbereich der Laufbahn orientierte Anforderungen handelt. Im gerichtlichen Verfahren hat der Beklagte zu den Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst u.a. in seiner Stellungnahme zum medizinischen Sachverständigengutachten von Prof. Dr. B. mit Schriftsatz vom 28.10.2016 ausgeführt, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich eine Polizeivollzugsbeamtin - sei es in einem Einsatz oder bei einer Observationsmaßnahme - über längere Zeit nicht bewegen oder nicht ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen könne und dabei aufgrund der Witterungsverhältnisse und/oder der Körperschutzausrüstung zudem überdurchschnittlich viel Flüssigkeit verliere. Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Bewegungs- oder Flüssigkeitsmangels möge nicht besonders groß sein. Es reiche jedoch aus, wenn derartige Umstände nur einmal ungünstig zusammenträfen und die Folgen könnten gravierend sein. Der Beklagte hat insoweit betont, dass er aus Fürsorgegründen stets bemüht sei, auch in besonderen Einsätzen ausreichende Bewegungsmöglichkeiten und Flüssigkeitszufuhr sicherzustellen. Es könne aber im Einzelfall in besonderen und sich unvorhergesehen entwickelnden Einsatzsituationen dazu kommen, dass dies nicht gewährleistet sei. Soweit der Beklagte schließlich zuletzt mit Schreiben vom 12.01.2017 vorträgt, dass Rahmenbedingungen wie langes Sitzen in Fahrzeugen mit angewinkelten Beinen, verbunden mit verminderter Flüssigkeitsaufnahme im Polizeivollzugsdienst - beispielsweise bei Castor-Einsätzen mit acht- bis zehnstündigen Anfahrtswegen - nicht ungewöhnlich seien, überzeugt das - damit nun auch insoweit inkonsistente - Vorbringen nicht. Das genannte Beispiel bezieht sich gerade nicht auf alltägliche, sondern eher ungewöhnliche Einsatzbedingungen. Auch wird nicht dargelegt, ob und ggf. weshalb im Falle eines planmäßigen, geordneten Ablaufs eines solchen Einsatzes den Beamten keine Möglichkeit für regelmäßige Pausen eingeräumt und keine ausreichende Flüssigkeitszufuhr gewährleistet werden könnte. Dass allgemein übliche oder regelmäßig in Kauf zu nehmende Einsatzsituationen mit einer erhöhten Thrombosegefahr in ähnlicher Weise wie z.B. mit einer erhöhten Verletzungsgefahr oder der Notwenigkeit des körperlichen Einsatzes verbunden sind, kann demnach auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Beklagten aus dem Schriftsatz vom 12.01.2017 nicht angenommen werden. Können in bestimmten - u.a. in den von der Beklagten beschriebenen - Einsatzsituationen, die einen abweichenden Verlauf nehmen, Risikofaktoren für das Auftreten einer tiefen Venenthrombose nicht vermieden werden, besteht für jeden Beamten grundsätzlich die Gefahr, eine Thrombose bzw. ein Rezidiv zu erleiden, wobei das jeweilige individuell unterschiedliche Thrombose- bzw. Rezidivrisiko meist weder dem Beamten noch dem Dienstherrn genau bekannt sein wird. Solchen verbleibenden unvermeidbaren Risiken bei Polizeieinsätzen darf der Dienstherr seine Polizeibeamten im Rahmen seiner Fürsorgepflicht und nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aussetzen. Ob es aus fürsorgerechtlichen Gesichtspunkten, wie der Beklagte meint, zulässig ist, Bewerber abzulehnen, die den typischen Anforderungen ihrer Laufbahn gerecht werden, bedarf hier keiner abschließenden Klärung. Es kann vielmehr offenbleiben, ob und ggf. in welchen Grenzen die gesundheitliche Eignung eines Bewerbers auch an untypischen Anforderungen des Dienstes aufgrund nicht vollständig vermeidbarer Risiken gemessen werden darf und ob dies zumindest die Festsetzung entsprechender untypischer körperlicher und gesundheitlicher Anforderungen mit einer gewissen Allgemeinverbindlichkeit voraussetzen würde. Denn es ist schon nicht feststellbar, dass der Dienstherr den dargestellten Ausnahmesituationen in seiner Einstellungspraxis eine solche Bedeutung beimisst, dass er ein aufgrund einer stattgehabten Thrombose erhöhtes Rezidivrisikos eines Bewerbers für grundsätzlich nicht hinnehmbar hält. Daraus, dass der Beklagte, wie er nun vorträgt auf der Grundlage eines polizeiärztlichen Gutachtens von Dr. Bü. bereits einmal in einer ähnlichen Konstellation eine Bewerbung abgelehnt hat, lässt sich nichts herleiten. Geht man zugunsten des Beklagten von den Angaben von Dr. W. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 16.06.2014 aus, der insoweit erklärt hat, dass eine einmalige Thrombose zur Annahme der Polizeidienstuntauglichkeit nur dann nicht genügt, wenn diese z.B. durch Rauchen oder ein ungünstiges Pillenpräparat erklärbar ist, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn entgegen der vom Beklagten vertretenen Ansicht lässt sich auch die bei der Klägerin im November 2012 aufgetretene Thrombose durch konkrete passagere Risikofaktoren erklären, von denen der wesentliche, nämlich die Einnahme hormoneller Kontrazeptiva, vermeidbar ist und von der Klägerin vermieden wird. Die entsprechenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. B., die mit den Aussagen des im erstinstanzlichen Verfahren angehörten Sachverständigen Prof. Dr. M. übereinstimmen, sind für den Senat überzeugend und schlüssig. Der Sachverständige Prof. Dr. B. hat in seinem Gutachten insbesondere festgestellt, dass sich nach Aktenlage die stattgehabte Thrombose plausibel durch - mehrere - klar identifizierbare und passagere Risikofaktoren erklären lasse, wobei er neben der Immobilisation, den Infekt mit begleitendem Flüssigkeitsmangel sowie die - damalige - Einnahme von einer hormonellen Kontrazeption nennt. Die dagegen erhobenen Einwände des Beklagten, die Klägerin habe die erste Thrombose nach einer vergleichsweise niederschwelligen Belastungssituation (lediglich Kurzstreckenflug mit anschließender Autofahrt bei gleichzeitigem grippalen Infekt) erlitten, überzeugen nicht. Sie konzentrieren sich - entgegen der sachverständigen Beurteilung - nur auf einen Faktor. Dementsprechend folgt bei Zugrundelegung der Ansicht der Beklagten, dass die damalige Immobilisation eher kein relevantes Risiko dargestellt hat, nicht, dass bei der Klägerin eine Thrombose ohne adäquate äußere Ursache aufgetreten wäre. Vielmehr rücken damit als für deren Auftreten wesentliche Faktoren die Umstände des akuten Infekts und insbesondere der - damaligen - Einnahme hormoneller Kontrazeptiva in der Vordergrund, die der Beklagte bei seiner Argumentation überwiegend ausblendet, obwohl auch die behandelnde Ärztin Dr. Wi. schon in ihrer Bescheinigung vom 29.01.2013 dargelegt hat, dass im Hinblick auf die für das damalige Geschehen maßgeblichen Faktoren ein ungünstiges Pillenpräparat der wichtigste Trigger gewesen sei. Hierzu ist bereits festgestellt worden, dass die Klägerin inzwischen auf die Einnahme hormoneller Kontrazeptiva als wesentlichen Faktor des damaligen Geschehens verzichtet. Weiterhin wird die Klägerin im Falle einer akuten Infektionskrankheit schon aufgrund der sich daraus ergebenden Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit nicht an längeren Außeneinsätzen teilnehmen können. Dass die Klägerin vor diesem Hintergrund nicht allein wegen der im Zusammenhang mit der Einnahme von hormonellen Kontrazeptiva stattgehabten Thrombose als dienstuntauglich anzusehen ist, entspricht der von Dr. W. in der Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 16.06.2014 geschilderten Einstellungspraxis des Beklagten, für deren Rechtswidrigkeit der Senat keine Anhaltspunkte sieht. Dafür, dass das Risiko der Klägerin, ein Rezidiv zu erleiden, soweit sie weiterhin auf die Einnahme von hormonellen Kontrazeptiva verzichtet, im Vergleich zu Kolleginnen und Kollegen, die rauchen, hormonelle Kontrazeptiva einnehmen oder ebenfalls bereits eine Thrombose erlitten haben, bei einem solchen Einsatz mehr als nur geringfügig erhöht ist, fehlt es auf der Grundlage der Aussagen der Sachverständigen an jedem Anhaltspunkt. Wie bereits dargelegt, lässt sich eine solche Erhöhung insbesondere nicht mit der vorliegenden heterozygoten Faktor-V-Leiden-Mutation begründen. |
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| b) Geht man von der vollen gerichtlichen Nachprüfbarkeit des Vorliegens aktueller Polizeidienstuntauglichkeit aus, kommt es darauf an, ob die Klägerin im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats objektiv polizeidienstuntauglich ist. Auch dies ist zu verneinen. Anhaltspunkte für eine inzwischen eingetretene Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin, die derzeit eine Ausbildung als Krankenschwester absolviert, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Aus der nun maßgeblichen, seit dem 01.09.2013 anzuwendenden Fassung der PDV 300 (2012) ergibt sich auch keine andere Beurteilung der gesundheitlichen Eignung der Klägerin. Dort werden nun in Merkmalsnummer 2.1.3 neben den „Krankheiten des Blutes, der blutbildenden Organe“ nun „Gerinnungsstörungen" ausdrücklich genannt. Auch hierbei handelt es sich - wie bereits dargelegt (vgl. oben 2. b) aa) (a)) - um einen nicht differenzierten Sammelbegriff. Die stattgehabte Thrombose ist weiterhin nicht aufgeführt. Schließlich fehlt es auch in dieser Fassung der PDV 300 immer noch weitgehend an einer Festlegung der konkreten Anforderungen an die physische und psychische Belastbarkeit. Lediglich eine allgemeine Aussage zu den Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst findet sich nun unter Ziffer 1.2 PDV 300 (2012), wonach die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit der Bewerber insbesondere die Verwendung im Außendienst und (Wechsel-)Schichtdienst, den körperlichen Einsatz gegen Personen, die Anwendung unmittelbaren Zwangs und den Gebrauch von Waffen zulassen muss. |
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| 3. Nachdem die Ablehnung der Einstellung der Klägerin damit rechtswidrig war, hat sie einen Anspruch auf Neubescheidung ihrer Bewerbung. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Klägerin mit der erfolgreichen Absolvierung des Vorbereitungsdienstes für den gehobenen Dienst und durch Bestehen der Laufbahnprüfung die Befähigung für die Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe erworben hat. Es hat weiter dargelegt, der Beklagte habe nicht vorgetragen, dass nicht alle erfolgreichen Absolventen des Vorbereitungsdienstes in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen werden würden, weil zwischen den Absolventen des Vorbereitungsdienstes eine (weitere) Auswahl nach Leistungsgesichtspunkten stattfinden würde. Dies wird vom Beklagten nicht angegriffen, der auch im Übrigen zu erkennen gegeben hat, dass die Entscheidung über die Bewerbung der Klägerin ausschließlich von ihrer gesundheitlichen Eignung für den Polizeivollzugsdienst abhängt. Auch wenn keine Anhaltspunkte für eine Verschlechterung des körperlichen und gesundheitlichen Zustands der Klägerin gegeben sind, steht ihr allerdings derzeit noch kein unmittelbarer Einstellungsanspruch zu, nachdem die polizeiärztliche Untersuchung im Januar 2013 aufgrund der damaligen Marcumarisierung nicht vollständig durchgeführt worden ist. Das beklagte Land ist damit auf der Grundlage des Verpflichtungsantrags zur Neubescheidung unter Ausblendung der Faktor-V-Leiden-Mutation und der stattgehabten Thrombose aus dem Jahr 2012 zu verpflichten. |
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| Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Klägerin ist im vorliegenden Verfahren mit der Abweisung des über die Neubescheidung hinausgehenden Verpflichtungsbegehrens nur zu einem geringen Teil unterlegen, weil derzeit keine Gründe ersichtlich sind, die ihrem Einstellungsanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG bei Beachtung der Rechtsauffassung des Senats entgegenstehen könnten. Es ist daher davon auszugehen, dass sie ohne erneutes gerichtliches Verfahren in das Beamtenverhältnis auf Probe eingestellt werden wird. |
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| Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist. |
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| Beschluss vom 16. Januar 2017 |
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| Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 40, § 47 Abs. 1 und 2, § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG. Dieser Betrag beläuft sich auf (6 x 2.389,98 EUR =) 14.339,88 EUR. |
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