Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 5 S 427/21

Tenor

Die Berufung der Beigeladenen zu 1) gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27. Mai 2020 - 4 K 17363/17 - wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene zu 1) trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) bis 5).

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Berufung der Beigeladenen zu 1) richtet sich gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, mit dem dieses einen Bescheid über die Rücknahme eines Bauvorbescheids für ein Bauvorhaben der Klägerin aufgehoben hat.
Gegenstand des Bauvorhabens ist ein Gebäude mit sechs Wohnungen (und mehreren Garagen) auf dem Grundstück ... in der Gemeinde ... (der Beigeladenen zu 3), Gemarkung ... (im Folgenden: das Baugrundstück). Für das Baugrundstück galt bei Erteilung des Bauvorbescheids kein Bebauungsplan. Es grenzt im Südosten an das Grundstück ... der Beigeladenen zu 1) sowie an das Grundstück ... der Beigeladenen zu 4) und 5) an. Die Beigeladene zu 2) ist Eigentümerin des Grundstücks ... Westlich des Baugrundstücks verläuft die ...straße auf einem in südöstlicher Richtung ansteigenden Gelände. Der hier fast direkt an der Straße geplante Westteil des genehmigten Gebäudes wirkt straßenseitig viergeschossig, hat zwei versetzte Pultdächer und ist zur Straße traufständig ausgerichtet. An der straßenabgewandten Ostseite des Gebäudes liegt das Gelände höher. Dort wirkt das Vorhaben dreigeschossig und ist quer zum traufständig an der Straße geplanten Westteil des Gebäudes ein östlicher Anbau mit einem Pultdach geplant. Dieses Pultdach erreicht an seiner höchsten Stelle - über die Wand hinauskragend - eine Höhe von etwa 10,2 m über der darunterliegenden Geländeoberfläche (nach Ausführung des Vorhabens). Das Dach des Westteils des geplanten Gebäudes überragt – gemessen an der Höhe ü.NN. – das Pultdach des östlichen Anbaus um circa 0,6 m. Es wird seinerseits – gemessen an der Höhenlage ü. NN. – vom First des Wohnhauses der Beigeladenen zu 1) um 1,79 m überragt, was (auch) auf die höhere Lage des Hauses der Beigeladen im dorthin ansteigenden Gelände zurückzuführen ist. Konkret erreicht der Westteil des Vorhabens eine Höhe von 259,49 m ü. NN. Das Wohnhaus der Beigeladenen zu 1) hat nach den leicht divergierenden Angaben der Beteiligten eine Firsthöhe von 261,28 oder 261,34 m ü. NN; ausgehend von der Geländeoberfläche auf dem Grundstück der Beigeladenen zu 1) beträgt seine Firsthöhe 10,2 m.
Die Klägerin beantragte für ihr Vorhaben im September 2016 einen Bauvorbescheid zu der Frage: „Ist die Errichtung eines Wohnhauses wie in den Plänen dargestellt planungsrechtlich zulässig?“. Die Beigeladene zu 3) benachrichtigte die Beigeladenen zu 1), 2), 4) und 5) als Angrenzer vom Vorhaben der Klägerin. Diese erhoben binnen vier Wochen „Widerspruch“ bzw. „Einwendungen“ gegen das Vorhaben. Die Beigeladene zu 1) rügte mit Ausführungen zum Maß der baulichen Nutzung und zur überbaubaren Grundstücksfläche, das Vorhaben füge sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Es verletzte auch den Gebietserhaltungsanspruch, den Eigentümer von Grundstücken in faktischen Baugebieten hätten. Es beeinträchtige das Ortsbild, weil zu seiner Errichtung eine bestimmte Böschung beseitigt würde. Es sei auch zu befürchten, dass die freie Sicht der Beigeladenen zu 1) verbaut werde. Das Vorhaben verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Schon seine Größe sei „eine bodenrechtliche Rücksichtslosigkeit“. Die Beigeladene zu 1) empfinde so, dass vom Vorhaben eine erdrückende Wirkung auf ihr Nachbaranwesen ausgehe, weil schon die Dachgeschosshöhe die hiesigen Einfamilienhäuser deutlich übersteige. Die Rücksichtslosigkeit resultiere auch daraus, dass es hierdurch zu Einsichtsmöglichkeiten in Wohnräume komme, die in bebauten Gebieten unüblich seien. Aus den Planunterlagen werde deutlich, dass die Balkone Einsichtsmöglichkeiten auf die Fenster des Nachbargebäudes der Beigeladenen zu 1), zum Beispiel bis in ihr Schlafzimmer, eröffnen. Im Übrigen sei die Erschließung nicht gesichert und auf bestimmte Verkehrsgefahren hinzuweisen.
Mit Schreiben vom 8. Dezember 2016 erklärte die Beigeladene zu 3) gegenüber dem Landratsamt, das Einvernehmen der Gemeinde werde erteilt.
Unter dem 8. Februar 2017 erteilte das Landratsamt der Klägerin den beantragten Bauvorbescheid. Mit am 9. Februar 2017 zur Post gegebenem Einschreiben gab es ihn den Beigeladenen zu 1), 2), 4) und 5) bekannt.
Die Beigeladene zu 1) erhob (mit am 6. März 2017 beim Landratsamt eingegangenem Schreiben) Widerspruch gegen den Bauvorbescheid. Am 3. November 2017 ging auch ein Widerspruch der Beigeladenen zu 2) beim Landratsamt ein. Dieses legte die Widersprüche dem Regierungspräsidium zur Entscheidung vor. Das Regierungspräsidium bat mit Schreiben vom 20. November 2017 das Landratsamt, „den Bauvorbescheid gemäß § 48 Abs. 1 S. 1, 50 LVwVfG zurückzunehmen“, und zwar unabhängig von der Frage einer subjektiven Rechtsverletzung der Widerspruchsführer. Es sei nach Prüfung der Sach- und Rechtslage und einer Ortsbesichtigung zu dem Ergebnis gekommen, dass der Bauvorbescheid objektiv rechtswidrig erteilt worden sei, weil sich das Vorhaben nicht nach § 34 BauGB einfüge; dies begründete das Regierungspräsidium ausführlich. Der Bauvorbescheid sei hiernach zur „Gewährleistung einer korrekten und an den gleichen Maßstäben ausgerichteten Rechtsanwendung sowie zur Vermeidung eines rechtswidrigen Präzedenzfalles“ aufzuheben. Mit Bescheid vom 24. November 2017 nahm das Landratsamt den Bauvorbescheid vom 8. Februar 2017 rückwirkend zum Zeitpunkt von dessen Bekanntgabe zurück.
Gegen den Rücknahmebescheid hat die Klägerin am 21. Dezember 2017 Klage und mit Schreiben vom 22. November 2018 Widerspruch erhoben. Mit Beschlüssen vom 14. Februar und 16. April 2018 hat das Verwaltungsgericht entschieden, die Beigeladenen zu 1) bis 5) nach § 65 Abs. 1 VwGO beizuladen. In der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts hat die Klägerin beantragt, den Rücknahmebescheid vom 24. November 2017 aufzuheben. Der Beklagte und die Beigeladene zu 1) haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 27. Mai 2020 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 24. November 2017 aufgehoben. Die Klage sei zulässig, obwohl über den Widerspruch der Klägerin noch nicht entschieden worden sei. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung habe die Einlegung des Widerspruchs ein Jahr und sechs Monate zurückgelegen. Damit seien bereits deutlich mehr als die nach § 75 Satz 2 VwGO erforderlichen drei Monate abgelaufen. Ob ein zureichender Grund i. S. v. § 75 Satz 1 VwGO dafür vorliege, dass über den Widerspruch noch nicht entschieden worden sei, könne offenbleiben, denn auf die Durchführung des Vorverfahrens könne unabhängig hiervon verzichtet werden, weil aufgrund der Befassung des Regierungspräsidiums mit der Rechtmäßigkeit des Bauvorbescheids feststehe, dass ein möglicher Widerspruch der Klägerin erfolglos bliebe. Deren Klage sei begründet. Der Rücknahmebescheid sei formell rechtmäßig, obwohl die Klägerin vor seinem Erlass nicht gemäß § 28 Abs. 1 LVwVfG angehört worden sei. Allerdings seien die materiellen Voraussetzungen von § 48 Abs. 1 und Abs. 3 LVwVfG für die Rücknahme des Bauvorbescheids nicht erfüllt, weil der Bauvorbescheid zu Recht erteilt worden sei. Dabei komme es nicht darauf an, dass die Beigeladene zu 3) zwischenzeitlich – nach Erteilung des Bauvorbescheids – einen Bebauungsplan beschlossen habe, der nach Angaben ihres Vertreters in der mündlichen Verhandlung bereits am 28. Mai 2020 veröffentlicht werden sollte, denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines aufzuhebenden Verwaltungsakts sei der Zeitpunkt von dessen Erlass. Im Zeitpunkt der Erteilung des Bauvorbescheids sei das Vorhaben der Klägerin nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässig gewesen sei. Das Vorhaben, dessen Erschließung gesichert sei, füge sich gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB nach der Art der baulichen Nutzung, dem Maß der baulichen Nutzung sowie der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Darüber hinaus blieben die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt und das Ortsbild werde nicht beeinträchtigt. Zur „Bestimmung der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien“ sei die beidseitige Bebauung entlang der ... straße zwischen der ...straße und der Straße ...... maßgeblich. Hier sei so gut wie ausschließlich Wohnnutzung vorhanden. Von einem Einfügen sei auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung auszugehen, denn mit dem Anwesen ... sei jedenfalls ein Referenzobjekt in der näheren Umgebung vorhanden, das in seinem gesamten Erscheinungsbild sowie nach den einzelnen Maßfaktoren ein Vorbild für das Vorhaben der Klägerin darstelle. Auf das Verhältnis der Gebäude zur umgebenden Freifläche komme es hier – trotz offener Bauweise – nicht an, weil die Freiflächen der einzelnen Grundstücke in dem für die nähere Umgebung des Bauvorhabens maßgeblichen Bereich von der ...straße aus nicht einsehbar seien. Durch den Umstand, dass einige Häuser trauf- und andere Gebäude giebelständig errichtet seien, lasse sich nach außen wahrnehmbar ein Vergleich der Größe des umbauten Raumes in Bezug auf vorhandene Freiflächen nicht anstellen. Auf die Verläufe der katastermäßigen, in der Örtlichkeit als solche nicht in Erscheinung tretenden Grundstücks- und Parzellengrenzen komme es nicht an. Auch Grund- und Geschossflächenzahl seien vorliegend nicht in den Blick zu nehmen, denn sie hätten vielfach eine untergeordnete oder – wie hier – keinerlei Bedeutung für die Frage des Einfügens, weil sie in der Örtlichkeit nur schwer ablesbar seien und erst errechnet werden müssten. Ergänzend sei anzumerken, dass sich das Haus ... ebenfalls als Referenzobjekt eigne. Aber selbst wenn weder das Anwesen ... noch das Anwesen ... als Referenzobjekte in Betracht kämen, wäre von einem Einfügen des klägerischen Vorhabens nach dem Maß der baulichen Nutzung auszugehen, weil das Vorhaben nicht geeignet sei, bodenrechtlich beachtliche – mit Mitteln der Bauleitplanung bewältigungsbedürftige – Spannungen zu begründen. Das Vorhaben sei auch nicht rücksichtslos. Eine Rücksichtslosigkeit sei weder aus der Anzahl der Wohnungen in einem Gebäude noch allgemein aus der Schaffung oder Erweiterung von Einsichtsmöglichkeiten herzuleiten.
Das Urteil wurde der Beigeladenen zu 1) am 23. Juni 2020 zugestellt.
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Mit Beschluss vom 28. Januar 2021 - 5 S 2235/20 - hat der Senat auf Antrag der Beigeladenen zu 1) die Berufung gegen das Urteil vom 27. Mai 2020 zugelassen. An dessen Richtigkeit bestünden ernstliche Zweifel, soweit das Verwaltungsgericht bei der Frage des Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung keine Feststellungen zur Baudichte in der maßgeblichen näheren Umgebung – insbesondere in Bezug auf die vom Verwaltungsgericht als Referenz herangezogenen Gebäude ... und ... – getroffen habe. Solche Feststellungen zu treffen, sei in verschiedener Weise möglich gewesen. Ferner bestünden unter Würdigung des Antragsvorbringens ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils, soweit das Verwaltungsgericht selbständig entscheidungstragend ausgeführt habe, auch ohne Berücksichtigung der Anwesen ... und ... füge sich das Bauvorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung ein. Das Vorhaben schöpfe die Fläche des Baugrundstücks nahezu vollständig aus, während die Bestandsbebauung auf den in der maßgeblichen näheren Umgebung östlich der ... straße belegenen Grundstücken erhebliche Freiflächen aufweise. Bezogen auf den für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des zurückgenommenen Bauvorbescheids maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses sei daher zu berücksichtigen gewesen, dass künftige Bauvorhaben in der maßgeblichen näheren Umgebung unter Berufung auf das Vorhaben der Klägerin die Grundfläche ebenfalls bis nahezu an die Grenze der vorhandenen Grundstücksfläche erhöhen könnten. Hierdurch würde die vorhandene aufgelockerte Bebauung im Gebiet in Frage gestellt und Unruhe entstehen. Dass die Beigeladene zu 3) die maßgebliche nähere Umgebung nach Erlass des in Rede stehenden Bauvorbescheids des Beklagten überplant habe, sei aufgrund des für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkts nicht entscheidungserheblich.
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Der Beschluss wurde der Beigeladenen zu 1) am 9. Februar 2021 zugestellt.
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Auf Antrag der Beigeladenen zu 1) vom 3. März 2021 hat der Berichterstatter die Frist zur Vorlage der Berufungsbegründung am 4. März bis 9. April 2021 verlängert. Am 9. April 2021 hat die Beigeladene zu 1) die Begründung der Berufung vorgelegt und ausgeführt, das Urteil werde vollumfänglich zur Überprüfung gestellt, weil die Klage vollumfänglich abzuweisen gewesen wäre. Die Klage sei unzulässig, weil die Klägerin sie noch vor ihrem Widerspruch erhoben habe. Auf die Durchführung des Vorverfahrens habe nicht verzichtet werden dürfen. Das Vorverfahren sei auch nicht mit dem Argument entbehrlich gewesen, dass im Widerspruchsverfahren eine andere (günstigere) Entscheidung für die Klägerin nicht zu erwarten gewesen wäre, weil die Widerspruchsbehörde das Landratsamt angewiesen habe, den Bauvorbescheid zurückzunehmen. Zum einen wäre es der Klägerin durchaus möglich gewesen, die Auffassung des Regierungspräsidiums durch ergänzenden Vortrag und beispielsweise die Einreichung von Höhenprofilen (wie im Klageverfahren vorgelegt) zu ändern; hierzu sei ein Widerspruchsverfahren gerade da. Zum anderen diene das Vorverfahren nicht ausschließlich dem Interesse der Klägerin als Bauherrin, sondern auch dem Interesse der beigeladenen Nachbarn. Die Klage sei aber auch deshalb abzuweisen gewesen, weil der Rücknahmebescheid bei seinem Erlass rechtmäßig gewesen sei. Der zurückgenommene Bauvorbescheid für das Vorhaben der Klägerin sei zum Erlasszeitpunkt nämlich rechtswidrig gewesen. Das Vorhaben füge sich nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht in die nähere Umgebung ein und verursache bodenrechtlich beachtliche Spannungen. Die maßgebliche Umgebung sei anders als im angegriffenen Urteil zu bestimmen. Die Bebauung auf der Westseite der ...straße sei nicht zu berücksichtigen. Die Gebäude ... und xx gehörten nicht zur näheren Umgebung. Der Senat habe im Zulassungsbeschluss zutreffend ausgeführt, dass jedenfalls hinsichtlich der Baudichte auf die Umgebung östlich der ... straße abzustellen sei. Aber selbst wenn die Westseite der ...straße hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung zur „näheren Umgebung“ zählte, fügte sich das Vorhaben hier nicht ein. Die Gebäude in der ... und ... schieden aus verschiedenen Gründen als Referenzgebäude aus. Zudem erhöhe beziehungsweise verursache das Vorhaben durch seine „offensichtliche Rahmenüberschreitung“ städtebauliche Spannungen. Insbesondere habe es eine negative Vorbildwirkung. Das Vorhaben beinhalte „ein rücksichtsloses Gebäude“, das den zukünftigen Rahmen für negative Vorbilder erheblich erweiterte. Es werde als Fremdkörper erscheinen. Besonders deutlich würden die bodenrechtlichen Spannungen hinsichtlich der deutlichen Überschreitung der Grundfläche und der nahezu nicht mehr vorhandenen Freiflächen auf dem Baugrundstück. Dass nicht nur eine abstrakte „Gefahr“ städtebaulicher Spannungen bestehe, sondern bereits Störungen eingetreten seien, zeige sich zudem daran, dass infolge der Bauvoranfrage der Klägerin weitere Bauvoranfragen mit Planungen ähnlichen Umfangs eingereicht und infolgedessen eine Veränderungssperre erlassen und ein Bebauungsplan aufgestellt worden seien. Das Vorhaben verletze die Beigeladene zu Ziff. 1) außerdem in ihren subjektiven Rechten. Es verstoße gegen das im Tatbestandsmerkmal des „Einfügens“ im Sinne von § 34 BauGB enthaltene Rücksichtnahmegebot, weil es erdrückende Wirkung für das Grundstück der Beigeladenen zu 1) hätte. Dies ergebe sich daraus, dass es ein singulärer Ausreißer mit Vorbildwirkung wäre und die nähere Umgebung dominierte. Aufgrund des vorhandenen historischen Altbestands sei das Grundstück der Beigeladenen zu 1) bereits von zwei Seiten stark eingekesselt; nach Süden hin betrage der Abstand zum Bestandsgebäude ... nur 1 bis 1,5 m, nach Norden hin gebe es eine 2 bis 3,5 Meter hohe Stützmauer zu angrenzenden Grundstücken in der ...straße mit einem Abstand von 0,8 m bis 1 m. Durch das beabsichtigte Bauvorhaben würde das Grundstück zusätzlich in westlicher Richtung verbaut. Nach den vorliegenden Plänen würden die Abstandsflächen nicht eingehalten. Zudem wäre das Wohngebäude der Beigeladenen zu 1) durch den beabsichtigten Neubau von der ...straße komplett verdeckt und nicht mehr ersichtlich.
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Die Beigeladene zu 1) beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 27. Mai 2020 - 4 K 17363/17 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung der Beigeladenen zu 1) zurückzuweisen.
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Sie hält die Klage für zulässig. Über den Widerspruch der Klägerin gegen den Rücknahmebescheid sei ohne zureichenden Grund nicht in angemessener Frist entschieden worden. Zudem sei die Durchführung des Vorverfahrens entbehrlich, weil das Landratsamt auf ausdrückliche Weisung der Widerspruchsbehörde gehandelt habe. Es habe die Ausführungen und Einschätzungen des Regierungspräsidiums aus dessen Weisung vom 20. November 2017 wortgleich übernommen und wiedergegeben. Angesichts des gerichtsbekannten Verhaltens des Regierungspräsidiums, das schon mehrfach derartige Aufforderungen gegenüber der hier handelnden unteren Baurechtsbehörde dahingehend formuliert habe, erteilte Baugenehmigungen wieder aufzuheben, sei nicht zu erwarten (gewesen), dass die Widerspruchsbehörde vorliegend eine andere Entscheidung treffen würde. Damit wäre ein Bestehen auf die Durchführung des Vorverfahrens eine bloße Formalie und deswegen entbehrlich. Zudem habe sich der Beklagte – trotz ausdrücklichen Hinweises in der Klagebegründung vom 16. August 2018 zur Frage der Zulässigkeit – nicht geäußert und auch in der mündlichen Verhandlung rügelos auf das Klageverfahren eingelassen. Das Verwaltungsgericht habe den Rücknahmebescheid vom 24. November 2017 auch in der Sache zu Recht aufgehoben, denn er sei rechtswidrig, weil der Bauvorbescheid vom 8. Februar 2017 rechtmäßig gewesen sei. Insoweit verweise die Klägerin auf das angegriffene Urteil und ihren erstinstanzlichen Vortrag. Darüber hinaus sei die mit der Berufung geltend gemachte Art und Weise der Bestimmung der näheren Umgebung nicht korrekt. Entgegen der Ansicht der Berufung sei die maßgebliche nähere Umgebung im Ergebnis auch nicht noch enger zu fassen als vom Verwaltungsgericht ausgeführt, sondern weiter. In der maßgeblichen näheren Umgebung gebe es auch Grundstücke, die eine vergleichbar hohe Baudichte aufweisen, wie das Baugrundstück mit dem Vorhaben der Klägerin. Entgegen der Auffassung der Berufung verursache die von der Klägerin geplante Bebauung mit einem Sechsfamilienhaus im Übrigen keine städtebaulichen Spannungen. Bei dem betreffenden Abschnitt der ... ...straße handele es sich nicht um eine ruhige Wohnstraße, sondern um einen unmittelbar neben dem Ortskern mit dem Rathaus, dem Marktplatz und den dort angesiedelten Banken und Ladengeschäften gelegenen Bereich mit vielen öffentlichen Parkplätzen und einem dementsprechenden Park-Suchverkehr von Rathausbesuchern und Kunden der Ortsmitte. Dieser Abschnitt der ... straße werde in hohem Maße von Fußgängern und Radfahrern aus den Wohngebieten in Richtung Ortsmitte und umgekehrt frequentiert.
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Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt, verteidigt aber das angegriffene Urteil, verweist auf dessen Entscheidungsgründe und führt ergänzend aus, dass sich das Vorhaben auch nach der Baudichte (dem Verhältnis der Fläche der jeweils vorhandenen Baukörper zur umgebenden Freifläche) in die Umgebungsbebauung einfüge. Dies sei bereits im Jahr 2017 bei Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens im Rahmen einer vom Kreisbaumeister durchgeführten Ortsbesichtigung festgestellt worden. Es sei zu berücksichtigen, dass sich auf dem Grundstück ... (auf der gegenüberliegenden Straßenseite) eine vergleichbare Bebauung befinde, die eine zumindest gleiche Baudichte wie das Vorhaben der Klägerin aufweise. Ein Nicht-Einfügen nach der Baudichte führe im vorliegenden Fall auch nicht dazu, dass das Vorhaben das in § 34 BauGB verankerte Rücksichtnahmegebot verletze. Gegen welche nachbarschützenden Vorschriften das Vorhaben verstoße, sei nicht ersichtlich.
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Die Beigeladenen zu 2) und zu 3) stellten ebenfalls keinen Antrag.
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Die Beigeladenen zu 4) und 5) haben sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.
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In der mündlichen Verhandlung hat der Senat das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Die Beteiligten haben ihr Vorbringen ergänzt und vertieft. Die Beigeladenen zu 1) und 3) haben hierzu ausgeführt, der Widerspruch der Klägerin sei für die Zulässigkeit ihrer Klage nicht entbehrlich gewesen, weil das Widerspruchsverfahren für weiteren Vortrag der Beteiligten, zur Nachholung der Anhörung der Klägerin und damit auch zu einer Selbstkorrektur der Verwaltung hätte genutzt werden können. Die Beigeladene zu 1) hat außerdem ausgeführt, dass es für die Begründetheit ihrer Berufung allein auf die objektive Rechtswidrigkeit des Vorhabens der Klägerin ankomme und nicht auf eine subjektive Rechtsverletzung, wie einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot. Anders als wenn sie selbst eine Nachbarklage erhebe, habe sie es als Beigeladene nämlich nicht in der Hand, ob sie sich der Rechtskraft eines Urteils aussetze. Außer den Nachbarn gebe es zudem niemanden, der das Einfügen im Sinne von § 34 BauGB durchsetzen könne. Zudem sei die Rechtsprechung zum Rücksichtnahmegebot zu eng. Insbesondere, so die Beigeladenen zu 1) und zu 3), spreche auch ein deutliches, objektiv gegen § 34 BauGB verstoßendes „Nicht-Einfügen“ für das Vorliegen eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot. Denn das Rücksichtnahmegebot erfordere eine wechselseitige Rücksichtnahme und je rechtswidriger ein Vorhaben sei, desto schutzwürdiger seien die Belange betroffener Nachbarn beziehungsweise desto weniger Gewicht hätten die Interessen des Bauherrn. Das Vorhaben der Klägerin überschreite die Grenze des objektiv Zulässigen weit und deutlich. Demgegenüber hat die Klägerin in der Verhandlung ihre Auffassung bekräftigt, dass es eine reine Förmelei gewesen wäre, zunächst (die Klage für erledigt zu erklären und) auf eine Entscheidung im Widerspruchsverfahren zu warten und danach (erneut) Klage zu erheben, zumal das Regierungspräsidium einen Ortstermin durchgeführt habe, bei dem auch die Klägerin anwesend gewesen sei. Der Standpunkt der Beigeladenen zu 1), wonach es in der hiesigen Verfahrenskonstellation nur auf die objektive Rechtslage und nicht auf eine Verletzung ihrer subjektiven Rechte ankomme, sei unzutreffend, weil Nachbarn sich gegenüber einem Bauvorhaben nur auf eigene subjektive Rechte berufen könnten und die mit der Berufung vertretene Auffassung zu einer „Aufrüstung“ der Beigeladenen zu 1) im Berufungsverfahren führte. Im Übrigen habe das Regierungspräsidium seine Bitte um Rücknahme des Bauvorbescheids zu Recht nicht auf eine Verletzung von Nachbarrechten gestützt. Etwaige Verstöße gegen nachbarschützende Vorgaben von §§ 5 bis 7 LBO seien nicht Gegenstand des planungsrechtlichen Bauvorbescheids für das Vorhaben der Klägerin. Das Rücksichtnahmegebot sei nicht verletzt. Die Beigeladene zu 1) werde nicht „eingemauert“. Insofern sei auf die Bestandsbebauung abzustellen. Das geplante Gebäude sei genauso hoch wie das Bestandsgebäude auf dem Baugrundstück und nicht höher als das Haus der Beigeladenen zu 1). Deren Situation werde zudem auch durch deren eigene Scheune bedingt. Das Vorhaben wahre auch einen Abstand zur Grenze und außerdem mehr Abstand zum Haus der Beigeladenen zu 1) als dieses zur .... Das von der Beigeladenen zu 1) in der Verhandlung geltend gemachte Problem der Auffindbarkeit ihres Anwesens belaste Hinterliegergrundstücke per se und begründe jedenfalls nicht die Rücksichtslosigkeit des Vorhabens der Klägerin. Hierzu hat die Beklagte in der Verhandlung des Senats ergänzend ausgeführt, bei der Auffindbarkeit gehe es planungsrechtlich um die Erschließung des Grundstücks. Für die Erschließung genüge eine Situation, wie sie bei einer Realisierung des klägerischen Vorhabens bestünde; diese Situation sei üblich. Im Übrigen komme es für den Erfolg der Berufung auf eine subjektive Rechtsverletzung an.
22 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Gerichtsakten des erstinstanzlichen Verfahrens (4 K 17363/17), des Berufungszulassungsverfahrens (5 S 2235/20) und des Berufungsverfahrens sowie auf die dem Senat vorgelegten Behördenakten des Landratsamts Karlsruhe und des Regierungspräsidiums Karlsruhe verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Berufung der Beigeladenen zu 1) hat keinen Erfolg.
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A. Die Berufung ist zulässig.
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Sie steht der Beigeladenen gemäß § 124 Abs. 1 VwGO zu, weil der Senat sie durch Beschluss vom 27. Mai 2020 zugelassen hat.
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Die Beigeladene zu 1) hat die Berufung auch in der gemäß § 124a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO zu wahrenden Form begründet. Dabei hat sie zwar die nach § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO geltende Begründungsfrist versäumt. Diese Frist war auch nicht gemäß § 124a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 3 VwGO vom Senatsvorsitzenden verlängert worden. Der Berichterstatter, der sie verlängert hat, konnte sie nicht verlängern, weil er nicht in Vertretung des Vorsitzenden gehandelt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.2001 - 8 C 17.01 - juris Rn. 34-36). Der Beigeladenen zu 1) ist vor diesem Hintergrund aber nach § 60 Abs. 1, Abs. 2 Satz 4 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil sie die gesetzliche Begründungsfrist ohne Verschulden versäumt hat. Einen Beteiligten, der eine gesetzliche Frist versäumt, trifft hierfür kein Verschulden, wenn es sich um eine grundsätzlich verlängerbare Frist handelt, der Beteiligte ihre Verlängerung beantragt und sich an eine daraufhin noch vor Fristablauf vom Berichterstatter verfügte Fristverlängerung gehalten hat. Ein solcher Fall liegt hier vor, denn die Beigeladene zu 1) hat die gemäß § 124a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 3 VwGO verlängerbare Begründungsfrist rechtzeitig, nämlich gemäß § 124a Abs. 6 Satz 3 i. V. m. Abs. 3 Satz 3 VwGO noch vor Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist (9. März 2021) am 3. März 2021 beantragt, der Berichterstatter hat die Frist daraufhin vor ihrem Ablauf, nämlich am 4. März 2021 bis 9. April 2021 verlängert, und die Beigeladene zu 1) hat sich an diese Fristverlängerung gehalten, indem sie die Berufungsbegründung am 9. April 2021 vorgelegt hat. § 60 Abs. 3 VwGO steht der Wiedereinsetzung ebenfalls nicht entgegen. Gemäß § 60 Abs. 3 VwGO ist ein Wiedereinsetzungsantrag nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist unzulässig, wenn er nicht vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war. Einem Fall höherer Gewalt steht es aber gleich, wenn die Ursache des verspäteten Antrags in der Sphäre des Gerichts liegt (BVerwG, Urteil vom 25.4.2012 - 8 C 18/11 - juris Rn. 20 m. w. N.), wie hier. Gemäß § 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO kann der Senat die Wiedereinsetzung im Übrigen auch ohne Antrag gewähren.
27 
Die Beigeladene zu 1) ist auch beschwerdeberechtigt. Die Beschwerdeberechtigung eines Beigeladenen erfordert eine materielle Beschwer. Diese liegt vor, wenn die mit der Stellung als Beteiligter verknüpfte Bindung an ein rechtskräftiges Urteil (§ 121 Nr. 1, § 63 Nr. 3 VwGO) für ihn von sachlicher Bedeutung ist, der Beigeladene also geltend machen kann, aufgrund der Bindungswirkung des angefochtenen Urteils möglicherweise präjudiziell und unmittelbar in eigenen Rechten beeinträchtigt zu werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.8.2016 - 9 B 54.15 - juris Rn. 6 m. w. N.). Die Beigeladene zu 1) ist in diesem Sinne beschwert, denn die Bindungswirkung des angegriffenen Urteils ist für sie sachlich von Bedeutung, weil sie geltend machen kann, dass das streitgegenständliche Vorhaben möglicherweise gegen das Rücksichtnahmegebot verstößt, auf dessen Wahrung sie als Nachbarin grundsätzlich ein Recht hat.
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B. Die Berufung der Beigeladenen zu 1) ist aber in der Sache nicht begründet.
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I. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den streitgegenständlichen Rücknahmebescheid zu Recht für zulässig erachtet. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin erst Klage und danach einen Widerspruch gegen die Rücknahme des Vorbescheids erhoben hat, über den noch nicht entschieden wurde.
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Eine Klage wird nicht dadurch unzulässig, dass der Kläger erst nach Klageerhebung einen Widerspruch erhebt, der für die Zulässigkeit der Klage entbehrlich ist, und über den noch nicht entschieden wurde. Der Widerspruch der Klägerin ist für die Zulässigkeit ihrer Klage entbehrlich. Gemäß § 68 Abs. 1 VwGO sind zwar vor Erhebung der Anfechtungsklage die Recht- und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen, falls – wie hier – kein Fall vorliegt, in dem es nach § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO ausnahmsweise keines Vorverfahrens bedarf. Ein Widerspruchsverfahren ist über den Wortlaut von § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO hinaus aber auch dann entbehrlich, wenn seine Ziele vor Klageerhebung auf andere Weise erreicht wurden oder nicht mehr erreichbar sind. Die Entbehrlichkeit des Widerspruchsverfahrens in diesen Fällen stellt eine gesetzlich nicht ausdrücklich geregelte Ausnahme dar, die sich aus Sinn und Zweck von §§ 68 f. VwGO ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 23.12 - juris Rn. 35). Im hier zu entscheidenden Fall waren die Ziele des Widerspruchsverfahrens schon vor der Klageerhebung nicht mehr erreichbar.
31 
Zu den Zielen des Widerspruchsverfahrens gehört es, im öffentlichen Interesse eine Selbstkontrolle der Verwaltung durch die Widerspruchsbehörde zu ermöglichen. Das Widerspruchsverfahren soll außerdem zu einem möglichst effektiven individuellen Rechtsschutz beitragen; für den Rechtsuchenden soll eine gegenüber der gerichtlichen Kontrolle zeitlich vorgelagerte und gegebenenfalls erweiterte Rechtsschutzmöglichkeit eröffnet werden, was insbesondere etwa bei der Kontrolle von Ermessensentscheidungen zum Beispiel im Hinblick auf die im Widerspruchsverfahren für die Widerspruchsbehörde gegebene Möglichkeit einer Prüfung auch der Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts von Bedeutung sein kann. Schließlich soll das Vorverfahren im öffentlichen Interesse die Gerichte entlasten und damit Ressourcen schonen helfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.9.2010 - 8 C 21.09 - juris Rn. 30). Diese Zwecke kann es nicht mehr erreichen, wenn feststeht, dass der Widerspruch unabhängig von der Begründung keinen Erfolg hätte. Dabei kommt es vor allem auf den Inhalt der vorgerichtlichen Erklärungen des Beklagten an. Ergibt deren Gesamtwürdigung, dass sich der Beklagte endgültig darauf festgelegt hat, das Rechtsschutzbegehren abzulehnen, ist ein Widerspruchsverfahren sinnlos. Eine derartige Festlegung setzt voraus, dass der Beklagte zu erkennen gegeben hat, er habe sich seine Auffassung gebildet und gedenke, daran auf jeden Fall festzuhalten. Hat der Betroffene daraufhin Klage erhoben, kann der Beklagte im Klageverfahren nicht dadurch die Durchführung des Widerspruchsverfahrens erreichen, dass er auf dessen Fehlen verweist und sich gar nicht oder nur hilfsweise zur Sache einlässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 23.12 - juris Rn. 36 f.). So verhält es sich auch hier. Das beklagte Land gab schon vor Klageerhebung zu erkennen, sich über die Rücknahme des Vorbescheids für das klägerische Vorhaben abschließend eine Meinung gebildet zu haben. Dies kam darin zum Ausdruck, dass das Regierungspräsidium aufgrund der Vorlage der Widersprüche gegen den Bauvorbescheid vom 8. Februar 2017 das Landratsamt mit ausführlicher Begründung bat, den Bauvorbescheid zurückzunehmen, weil es nach Prüfung der Sach- und Rechtslage und einer Ortsbesichtigung zu dem Ergebnis gekommen sei, dass sich das Vorhaben nicht nach § 34 BauGB einfüge, der Bauvorbescheid insoweit rechtswidrig und zur Gewährleistung einer korrekten und an gleichen Maßstäben ausgerichteten Rechtsanwendung sowie zur Vermeidung eines rechtswidrigen Präzedenzfalls aufzuheben sei. Es war nicht zu erwarten, dass der Beklagte seine so begründete Meinung wegen eines Widerspruchs der Klägerin noch einmal ändern könnte. Daraus, dass die Klägerin vor Erlass des Rücknahmebescheids nicht formell angehört wurde und dies im Widerspruchsverfahren hätte nachgeholt werden können, folgt nichts anderes, zumal die Klägerin schon im Ortstermin des Regierungspräsidiums vertreten war. Erst recht ist nicht erkennbar, dass weiterer Vortrag der anderen Beteiligten im Widerspruchsverfahren die Ansicht des beklagten Landes hätte ändern können. Dies gilt insbesondere für weiteren Vortrag der Beigeladenen zu 1), die ein Interesse daran hatte, dass das Regierungspräsidium seine Auffassung beibehält.
32 
II. Die Berufung der Beigeladenen zu 1) hat auch nicht deshalb Erfolg, weil das Verwaltungsgericht die Klage zu Unrecht für begründet erachtet hat.
33 
Gibt ein Gericht der Anfechtungsklage eines Bauherrn gegen die Rücknahme (einer Baugenehmigung oder) eines positiven Bauvorbescheids statt, ist die dagegen gerichtete Berufung eines nach § 65 Abs. 1 VwGO beigeladenen Nachbarn nicht schon dann begründet, wenn das angegriffene Urteil objektiv rechtswidrig ist, sondern nur dann, wenn es den Beigeladenen in seinen Rechten verletzt (vgl. BVerwG, Urteile vom 23.8.1974 - IV C 29.73 - juris Rn. 27-30 und vom 15.2.1990 - 4 C 39.86 - juris Rn. 15; Senatsurteil vom 8.6.2017 - 5 S 2030/16 - juris Rn. 26 f.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.7.1997 - 3 S 2556/96 - juris Rn. 29 und Beschluss vom 8.5.2012 - 8 S 217/11 - juris Rn. 17, BVerwG, Urteil vom 16.9.1981 - 8 C 1.81 - juris Rn. 13 sowie BVerwG, Urteil vom 12.3.1987 - 3 C 2.86 - juris Rn. 35). Die Anknüpfung an die subjektive Rechtstellung entspricht einem das Verwaltungsprozessrecht tragenden, in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO niedergelegten und auch für das Rechtsmittelverfahren geltenden verfahrensrechtlichen Grundsatz (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.2.1990 - 4 C 39/86 - juris Rn. 15 und Senatsurteil vom 8.6.2017 - 5 S 2030/16 - juris Rn. 27). Es liefe der in § 66 VwGO normierten, sich aber auch aus der Natur der Sache ergebenden Bewertung zuwider, wenn die Prozessstellung eines (einfachen) Beigeladenen als eines nur Nebenbeteiligten mit Erleichterungen (im Hinblick auf das Erfordernis einer subjektiven Rechtsverletzung) verbunden wäre, die der Kläger als Hauptbeteiligter nicht genießt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.9.1981 - 8 C 1.81 - juris Rn. 13 m. w. N.). Dem steht auch nicht der Einwand der Beigeladenen zu 1) entgegen, dass sie es – anders als bei Erhebung einer eigenen Baunachbarklage – als Beigeladene nicht in der Hand gehabt habe, ob sie sich dem Risiko der Rechtskraft eines für sie ungünstigen Urteils (und einer damit verbundenen Kostenlast) aussetzt. Denn die Erstreckung der Rechtskraft eines Urteils auch auf Beigeladene betrifft nicht nur die hiesige Verfahrenssituation der Beigeladenen zu 1), sondern jeden Fall einer Beiladung – und das Risiko einer Auferlegung von Verfahrenskosten kann ein Beigeladener vermeiden, indem er davon absieht, einen Antrag zu stellen und Rechtsmittel einzulegen (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
34 
Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 27. Mai 2020 verletzt die Beigeladene zu 1) nicht in ihren Rechten. Ein Urteil, das der Anfechtungsklage eines Bauherrn gegen die Rücknahme eines ihm erteilten positiven Bauvorbescheids stattgibt, verletzt beigeladene Nachbarn in deren Rechten, soweit der angefochtene Rücknahmebescheid rechtmäßig ist, weil der durch ihn zurückgenommene Bauvorbescheid Nachbarrechte verletzt. Der im vorliegenden Fall zurückgenommene Bauvorbescheid vom 8. Februar 2017 verletzt die Beigeladene zu 1) nicht in deren Rechten. Bezogen auf den für die Beurteilung des zurückgenommenen Bauvorbescheids maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses (Senatsbeschluss vom 28. Januar 2021 - 5 S 2235/20 - BA S. 7; vgl. Senatsurteil vom 7.11. 2017 - 5 S 1003/16 - juris Rn. 33) folgt eine Verletzung von Rechten der Beigeladenen zu 1) insbesondere nicht aus einem etwaigen Verstoß des Bauvorbescheids vom 8. Februar 2017 gegen § 34 Abs. 1 BauGB.
35 
Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Ein Nachbar, der sich aufgrund von § 34 Abs. 1 BauGB gegen eine Baugenehmigung für ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wendet, kann damit aber nur durchdringen, wenn die Genehmigung gegen das im Tatbestandsmerkmal des „Einfügens“ enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.12.2013 - 4 C 5.12 - juris Rn. 21), denn über das Rücksichtnahmegebot hinaus vermittelt § 34 BauGB insbesondere hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung keinen Drittschutz (vgl. BayVGH, Beschlüsse vom 3.6.2016 - 1 CS 16.747 - juris Rn. 5, 12.2.2019 - 9 CS 18.2305 - juris Rn. 14 und vom 20.5.2020 - 9 ZB 18.2585 - juris Rn. 5; Senatsbeschlüsse vom 3.2.2022 - 5 S 2559/21 - und vom 23.2.2022 - 5 S 3470/21 -; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl., § 34 Rn. 132 f.; Söfker in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Werkstand 143. Lfg., § 34 Rn. 48). Auf das Rücksichtnahmegebot kommt es nicht nur an, wenn für das Vorhaben eine Baugenehmigung erteilt wurde, sondern auch dann, wenn es Gegenstand eines positiven Bauvorbescheids ist, wie hier. Der Bauvorbescheid für das Vorhaben der Klägerin verstößt aber nicht gegen das Rücksichtnahmegebot.
36 
Ein Vorhaben verstößt nur dann gegen das Gebot zur Rücksichtnahme, wenn es die Nutzung eines Nachbargrundstücks unzumutbar beeinträchtigt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 4. Juli 2016 - 15 ZB 14.891 - juris Rn. 8). Welche Anforderungen das Rücksichtnahmegebot im Einzelfall begründet, hängt damit im Wesentlichen von einer Abwägung ab zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Dabei gilt als allgemeine Leitlinie, dass umso mehr Rücksichtnahme verlangt werden kann, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung dessen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt. Umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, umso weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind. Es bedarf also - zusammengefasst - einer Abwägung, die die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, zu berücksichtigen hat (Senatsurteil vom 15.7.2020 - 5 S 2522/18 - juris Rn. 50 m. w. N., Senatsbeschluss vom 23.2.2022 - 5 S 3470/21 -; vgl. BayVGH, Beschluss vom 19.3.2015 - 9 CS 14.2441 - juris Rn. 27, Rieger, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl., § 34 Rn. 48, 63, Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Werkstand 143. Lfg., § 34 Rn. 48a ff., jeweils m. w. N.). Das Vorhaben der Klägerin beeinträchtigt die Nutzung des Grundstücks der Beigeladenen zu 1) nicht unzumutbar in diesem Sinne. Dies gilt insbesondere unter dem Aspekt einer „erdrückenden Wirkung“ des Vorhabens (1.), der vorhabenbedingten Verschattung (2.) und Einsichtsmöglichkeiten (3.), der Behinderung der vom Grundstück der Beigeladenen zu 1) bestehenden freien Aussicht (4.), einer etwaigen evidenten Rechtswidrigkeit des Vorhabens der Klägerin (5.) beziehungsweise der dazu von ihr im Einzelnen vorgetragenen Einwände.
37 
1. Das Vorhaben hat keine unzumutbare „erdrückende Wirkung“ auf das Grundstück der Beigeladenen zu 1) und dessen Nutzung. Dies gilt auch angesichts ihres Einwands, dass das Vorhaben die Abstandsflächen nicht wahre, und insbesondere auch unter Berücksichtigung ihres Vortrags, dass ihr Grundstück bereits von zwei Seiten stark eingekesselt sei (durch eine Stützmauer im Norden und das Haus ... im Süden), dass ihr Wohnhaus durch den beabsichtigten Neubau von der ...straße komplett verdeckt und nicht mehr zu sehen wäre, und dass die „Dachgeschosshöhe“ des Vorhabens „die hiesigen Einfamilienhäuser deutlich übersteig[e].“
38 
Ein Vorhaben entfaltet eine unzumutbare erdrückende Wirkung nicht schon dann, wenn es die bisherigen Verhältnisse durch eine bauliche Verdichtung ändert, sondern nur, falls von ihm aufgrund der Massivität und Lage einer baulichen Anlage eine qualifizierte handgreifliche Störung auf ein Nachbargrundstück ausgeht (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 19.3.2015 - 1 B 19/15 - juris Rn. 26; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 2.6.2015 - 8 S 1914/14 - juris Rn. 64, Senatsbeschluss vom 9.2.2018 - 5 S 2130/17 -juris Rn. 38). Dies ist nur dann der Fall, wenn das Vorhaben wegen seiner Ausmaße, seiner Baumasse oder seiner massiven Gestaltung dem Nachbargrundstück förmlich „die Luft nimmt“, wenn für betroffene Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ entstünde oder wenn das entstehende Gebäude von seiner Größe her „erdrückend“ und derart übermächtig in Erscheinung träte, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem „herrschenden“ Gebäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen würde (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 2.6.2015 - 8 S 1914/14 - juris Rn. 64 m. w. N., Urteil vom 21.7.2020 - 8 S 702/19 - juris Rn. 36 und Senatsbeschluss vom 25.11.2019 - 5 S 2373/19 - juris Rn. 23). Das von der Klägerin geplante Gebäude nimmt dem Grundstück der Beigeladenen zu 1) hingegen nicht förmlich „die Luft“, erzeugt dort kein Gefühl des „Eingemauertseins“ und tritt auch nicht derart übermächtig in Erscheinung, dass das Grundstück der Beigeladenen zu 1) oder ihre Wohnnutzung als überwiegend vom Vorhaben beherrschte Fläche ohne eigenen Charakter wahrgenommen würden. Hierzu hat sich der Senat vom 3. Juni 2022 anlässlich eines vor Ort eingenommenen Augenscheins überzeugt. Das geplante Gebäude wirkt zwar massiver als die auf dem Baugrundstück vorhandene Bebauung und das Wohngebäude der Beigeladenen zu 1). Dies betrifft aber vor allem seine straßenseitige Gestaltung und gilt deutlich weniger für den Eindruck, den es vom Grundstück der Beigeladenen zu 1) aus erweckt.
39 
Maßgeblich sind insofern vor allem die vom Grundstück der Beigeladenen zu 1) aus wahrnehmbare Gebäudehöhe und -breite, die Lage des geplanten Hauses sowie die Größe der Freifläche in Richtung der Beigeladenen zu 1). Hiernach wird das Grundstück der Beigeladenen zu 1) und deren Wohnnutzung durch das Vorhaben nicht „erdrückt“ und insbesondere auch nicht erheblich mehr „eingemauert“ als durch den bisherigen Bestand baulicher Anlangen im Umfeld. Die (geringe) Größe der neben dem geplanten Haus in Richtung des Grundstücks der Beigeladenen zu 1) bleibenden Freifläche bewirkt dort jedenfalls keine erdrückende Wirkung, zumal sie sich nicht sehr von der Größe der dort bisher vorhandenen Freifläche unterscheidet. Im Gegensatz zum teilweise grenzständigen Bestand auf dem Baugrundstück einerseits und auf dem Grundstück der Beigeladenen zu 1) andererseits tritt das Vorhaben zudem von der Grenze des Grundstücks der Beigeladenen zu 1) etwas zurück. Eine erdrückende Wirkung für deren Grundstück hat es auch nicht durch seine Höhe, denn vergleichsweise hoch wirkt es allenfalls von der tieferliegenden Straße, aber nicht vom Grundstück der Beigeladenen zu 1) aus, zumal es vom First von deren höher gelegenem Wohngebäude noch deutlich – um 1,79 m – überragt wird. Auch in der seitlichen Ausdehnung, mit der das Vorhaben dem Grundstück der Beigeladenen zu 1) gegenüberliegt, unterscheidet es sich jedenfalls nicht erheblich von dessen Bebauung, die sich auf fast die gesamte Nord-Süd-Ausdehnung des Grundstücks der Beigeladenen zu 1) erstreckt. Die Zahl der Geschosse, mit denen das Vorhaben vom Grundstück der Beigeladenen zu 1) aus wahrnehmbar ist, führt ebenfalls nicht zu einer erdrückenden Wirkung.
40 
Dahinstehen kann, ob das Vorhaben die nach §§ 5 ff. LBO zu wahrenden Abstandsflächen wahrt. Die Wahrung der Abstandsflächen ist nicht Gegenstand des streitgegenständlichen Bauvorbescheids, sondern unabhängig davon bauordnungsrechtlich durchzusetzen. Ein Verstoß gegen §§ 5 ff. LBO begründete auch nicht per se zugleich eine planungsrechtlich unzumutbare „erdrückende Wirkung“; jene ist vielmehr eigenständig zu prüfen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 21.7.2020 - 8 S 702/19 - Rn. 35 f.). Im hier zu entscheidenden Fall dürften die nach §§ 5 ff. LBO einzuhaltenden Abstandsflächen zumindest annähernd gewahrt und allenfalls so geringfügig unterschritten sein, dass daraus jedenfalls keine erdrückende Wirkung des Vorhabens abzuleiten ist.
41 
2. Das Vorhaben beeinträchtigt die Nutzung des Grundstücks der Beigeladenen zu 1) auch nicht dadurch unzumutbar, dass es dieses straßenseitig verdeckt und verschattet, wie die Beigeladene zu 1) rügt. Unabhängig davon, dass zweifelhaft ist, ob und inwieweit der Aspekt der Verschattung nicht nur bauordnungsrechtliche, sondern auch bauplanungsrechtliche Relevanz hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 21.7.2020 - 8 S 702/19 - Rn. 36), wäre eine planungsrechtlich unzumutbare Verschattung des Grundstücks der Beigeladenen zu 1) jedenfalls schon aufgrund der Größe und Lage des Vorhabens – nordwestlich vom Wohnhaus der Beigeladenen zu 1) – nicht zu befürchten. Denn mit einer allenfalls geringfügigen zusätzlichen Verschattung wäre in dieser Situation erst in den Abendstunden zu rechnen. Eine solche ist im ohnehin schon eng bebauten innerörtlichen Bereich aber hinzunehmen. Die Verdeckung des Wohnhauses der Beigeladenen zu 1) von der Straße aus ist ebenfalls nicht unzumutbar, zumal das Haus nach Realisierung des Vorhabens noch ähnlich wie bisher sichtbar und - über das Grundstück ...... - auffindbar wäre.
42 
3. Eine unzumutbare Beeinträchtigung der Nutzung des Grundstücks der Beigeladenen zu 1) folgt auch nicht aus etwaigen Einsichtsmöglichkeiten, die das Vorhaben auf das Grundstück oder Wohnräume der Beigeladenen zu 1) schafft.
43 
Das Rücksichtnahmegebot bietet jedenfalls in bebauten innerörtlichen Lagen grundsätzlich keinen Schutz vor etwaigen Einsichtsmöglichkeiten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3.1.1983 - 4 B 224.82 - juris Rn. 5; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25.5.2010 - 2 A 31/10 - juris Rn. 15, BayVGH, Beschluss vom 6.8.2010 - 15 CS 09.3006 - juris Rn. 28, OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20.6.2012 - 2 M 38/12 - juris Rn. 25; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 2.6.2015 - 8 S 1914/14 - juris Rn. 67). Solche Einsichtsmöglichkeiten haben als städtebaulicher Belang ein vergleichsweise geringes Gewicht (vgl. Senatsurteil vom 29.10.2003 - 5 S 138/03 - juris Rn. 37) und stellen grundsätzlich keinen rechtlich relevanten Nachteil dar (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 3.3.2008 - 8 S 2165/07 - juris Rn. 8). Denn jedenfalls in bebauten innerörtlichen Bereichen gehört es zur Normalität, dass von benachbarten Grundstücken beziehungsweise Gebäuden aus Einsicht in das eigene Grundstück und in Gebäude genommen werden kann (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20.6.2012 - 2 M 38/12 - juris Rn. 25). Etwas Anderes gilt allenfalls in von besonderen Einzelfallumständen geprägten Ausnahmen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 6.4.2018 - 15 ZB 17.36 - juris Rn. 26 m. w. N.), etwa bei einer konkreten Betroffenheit besonders schutzbedürftiger Räume, die über die herkömmliche Einsichtnahmemöglichkeit in Innenlagen hinausgehende Belastungen verursacht (BayVGH, Beschluss vom 26.11.2018 - 9 ZB 18.912 - juris Rn. 8).
44 
Nach diesen Maßstäben schafft das Bauvorhaben hier keine unzumutbaren Einsichtsmöglichkeiten. Denn das Baugrundstück und das angrenzende Grundstück der Beigeladenen zu 1) liegen im bebauten Ortszentrum, und etwaige vorhabenbedingte Einsichtnahmemöglichkeiten in die Wohnnutzung der Beigeladenen zu 1) – einschließlich womöglich ihrer Schlafräume – verursachen jedenfalls keine über das in Innenlagen übliche Maß hinausgehenden Belastungen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der auf der Ostseite des Vorhabens geplanten Balkone beziehungsweise Terrassen, zumal auch diese – unter Berücksichtigung ihrer Größe, Lage und Ausrichtung – nicht unüblich sind. Insoweit hat der Augenscheinstermin des Senats keine Gesichtspunkte ergeben, die für einen Ausnahmefall unzumutbarer Einsichtsmöglichkeiten in besonders schutzbedürftige Räume sprechen, zumal diese nach den Angaben der Beigeladenen zu 1) im Dachgeschoss des Gebäudes liegen, welches nur über Dachliegefenster verfügt. Im Übrigen könnte die Beigeladene etwaigen als unangenehm empfundenen Einsichtsmöglichkeiten - etwa in ihr Schlafzimmer oder in ihr Bad - auch hinreichend durch Vorkehrungen in ihrem eigenen Haus, insbesondere durch den Einsatz von Rollos, Gardinen oder Vorhängen begegnen.
45 
4. Das Vorhaben verstößt auch nicht dadurch gegen das Rücksichtnahmegebot, dass dafür – wie die Beigeladene zu 1) im Verwaltungsverfahren einwandte – die „freie Sicht“ von ihrem Grundstück verbaut wird. Das Rücksichtnahmegebot bietet grundsätzlich keinen Schutz vor einer Verschlechterung der freien Aussicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3.1.1983 - 4 B 224.82 - juris Rn. 5). Im hier zu entscheidenden Fall gilt nichts Anderes.
46 
5. Ob und inwiefern ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot grundsätzlich auch daraus folgen kann, dass das mit den Nachbarbelangen abzuwägende Interesse des Bauherrn an seinem Vorhaben nicht schutzwürdig ist, weil sein Vorhaben evident gegen dafür geltendes Recht verstößt, kann dahinstehen, denn das Vorhaben der Klägerin ist jedenfalls nicht evident rechtswidrig. Insbesondere überschreitet es nicht offensichtlich die Grenzen des Einfügens gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, und zwar auch nicht hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung. Denn nach der gegebenen örtlichen Situation spricht alles dafür, dass in die dafür maßgebliche nähere Umgebung auch das Grundstück ...xx einzubeziehen ist und das Vorhaben sich deshalb in die Eigenart der so bestimmten Umgebung einfügt. Bedeutsam für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sind Maße, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung zueinander setzen lassen, das heißt ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur Freifläche (vgl. BVerwG, Urteil vom 8.12.2016 - 4 C 7.15 - juris Rn. 17). Entscheidend für die optische Wirkung sind dabei nicht einzelne Maßbestimmungsfaktoren, sondern das gesamte Erscheinungsbild der Gebäude (vgl. BVerwG, ebd., Rn. 20). Im hier zu entscheidenden Fall ist nach der Wahrnehmung des Senats vor Ort jedenfalls nicht offensichtlich, dass das Vorhaben im Hinblick auf sein gesamtes Erscheinungsbild und seine absolute Größe den Rahmen sprengt, den die Bebauung des Grundstücks ...x ... als Bestandteil der näheren Umgebung mitprägt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Grundfläche und des Verhältnisses der Bebauung zur Freifläche, denn der optischen Wirkung nach erscheint die Grundfläche des Gebäudes in der ... nicht evident kleiner und das Verhältnis von Bebauung und Freifläche in der ... auch nicht evident weniger dicht als die von der Klägerin geplante Bebauung.
47 
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2), 3), 4) und 5) sind der Beigeladenen zu 1) gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht aufzuerlegen. Dies entspräche nicht der Billigkeit, weil die Beigeladenen zu 2), 3), 4) und 5) weder selbst ein Rechtsmittel eingelegt noch einen Berufungszurückweisungsantrag gestellt haben, mit dem sie gemäß § 154 Abs. 3 VwGO ein Kostenrisiko eingegangen wären.
48 
C. Ein Revisionszulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegt nicht vor.
49 
Beschluss
vom 3. Juni 2022
50 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG, in Anlehnung an Nr. 9.2 und Nr. 9.1.1.3 des Streitwertkataloges 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit sowie in Übereinstimmung mit der von den Beteiligten nicht beanstandeten Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für das erstinstanzliche Verfahren auf 30.000 Euro festgesetzt.
51 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
23 
Die Berufung der Beigeladenen zu 1) hat keinen Erfolg.
24 
A. Die Berufung ist zulässig.
25 
Sie steht der Beigeladenen gemäß § 124 Abs. 1 VwGO zu, weil der Senat sie durch Beschluss vom 27. Mai 2020 zugelassen hat.
26 
Die Beigeladene zu 1) hat die Berufung auch in der gemäß § 124a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO zu wahrenden Form begründet. Dabei hat sie zwar die nach § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO geltende Begründungsfrist versäumt. Diese Frist war auch nicht gemäß § 124a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 3 VwGO vom Senatsvorsitzenden verlängert worden. Der Berichterstatter, der sie verlängert hat, konnte sie nicht verlängern, weil er nicht in Vertretung des Vorsitzenden gehandelt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.2001 - 8 C 17.01 - juris Rn. 34-36). Der Beigeladenen zu 1) ist vor diesem Hintergrund aber nach § 60 Abs. 1, Abs. 2 Satz 4 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil sie die gesetzliche Begründungsfrist ohne Verschulden versäumt hat. Einen Beteiligten, der eine gesetzliche Frist versäumt, trifft hierfür kein Verschulden, wenn es sich um eine grundsätzlich verlängerbare Frist handelt, der Beteiligte ihre Verlängerung beantragt und sich an eine daraufhin noch vor Fristablauf vom Berichterstatter verfügte Fristverlängerung gehalten hat. Ein solcher Fall liegt hier vor, denn die Beigeladene zu 1) hat die gemäß § 124a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 3 VwGO verlängerbare Begründungsfrist rechtzeitig, nämlich gemäß § 124a Abs. 6 Satz 3 i. V. m. Abs. 3 Satz 3 VwGO noch vor Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist (9. März 2021) am 3. März 2021 beantragt, der Berichterstatter hat die Frist daraufhin vor ihrem Ablauf, nämlich am 4. März 2021 bis 9. April 2021 verlängert, und die Beigeladene zu 1) hat sich an diese Fristverlängerung gehalten, indem sie die Berufungsbegründung am 9. April 2021 vorgelegt hat. § 60 Abs. 3 VwGO steht der Wiedereinsetzung ebenfalls nicht entgegen. Gemäß § 60 Abs. 3 VwGO ist ein Wiedereinsetzungsantrag nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist unzulässig, wenn er nicht vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war. Einem Fall höherer Gewalt steht es aber gleich, wenn die Ursache des verspäteten Antrags in der Sphäre des Gerichts liegt (BVerwG, Urteil vom 25.4.2012 - 8 C 18/11 - juris Rn. 20 m. w. N.), wie hier. Gemäß § 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO kann der Senat die Wiedereinsetzung im Übrigen auch ohne Antrag gewähren.
27 
Die Beigeladene zu 1) ist auch beschwerdeberechtigt. Die Beschwerdeberechtigung eines Beigeladenen erfordert eine materielle Beschwer. Diese liegt vor, wenn die mit der Stellung als Beteiligter verknüpfte Bindung an ein rechtskräftiges Urteil (§ 121 Nr. 1, § 63 Nr. 3 VwGO) für ihn von sachlicher Bedeutung ist, der Beigeladene also geltend machen kann, aufgrund der Bindungswirkung des angefochtenen Urteils möglicherweise präjudiziell und unmittelbar in eigenen Rechten beeinträchtigt zu werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.8.2016 - 9 B 54.15 - juris Rn. 6 m. w. N.). Die Beigeladene zu 1) ist in diesem Sinne beschwert, denn die Bindungswirkung des angegriffenen Urteils ist für sie sachlich von Bedeutung, weil sie geltend machen kann, dass das streitgegenständliche Vorhaben möglicherweise gegen das Rücksichtnahmegebot verstößt, auf dessen Wahrung sie als Nachbarin grundsätzlich ein Recht hat.
28 
B. Die Berufung der Beigeladenen zu 1) ist aber in der Sache nicht begründet.
29 
I. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den streitgegenständlichen Rücknahmebescheid zu Recht für zulässig erachtet. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin erst Klage und danach einen Widerspruch gegen die Rücknahme des Vorbescheids erhoben hat, über den noch nicht entschieden wurde.
30 
Eine Klage wird nicht dadurch unzulässig, dass der Kläger erst nach Klageerhebung einen Widerspruch erhebt, der für die Zulässigkeit der Klage entbehrlich ist, und über den noch nicht entschieden wurde. Der Widerspruch der Klägerin ist für die Zulässigkeit ihrer Klage entbehrlich. Gemäß § 68 Abs. 1 VwGO sind zwar vor Erhebung der Anfechtungsklage die Recht- und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen, falls – wie hier – kein Fall vorliegt, in dem es nach § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO ausnahmsweise keines Vorverfahrens bedarf. Ein Widerspruchsverfahren ist über den Wortlaut von § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO hinaus aber auch dann entbehrlich, wenn seine Ziele vor Klageerhebung auf andere Weise erreicht wurden oder nicht mehr erreichbar sind. Die Entbehrlichkeit des Widerspruchsverfahrens in diesen Fällen stellt eine gesetzlich nicht ausdrücklich geregelte Ausnahme dar, die sich aus Sinn und Zweck von §§ 68 f. VwGO ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 23.12 - juris Rn. 35). Im hier zu entscheidenden Fall waren die Ziele des Widerspruchsverfahrens schon vor der Klageerhebung nicht mehr erreichbar.
31 
Zu den Zielen des Widerspruchsverfahrens gehört es, im öffentlichen Interesse eine Selbstkontrolle der Verwaltung durch die Widerspruchsbehörde zu ermöglichen. Das Widerspruchsverfahren soll außerdem zu einem möglichst effektiven individuellen Rechtsschutz beitragen; für den Rechtsuchenden soll eine gegenüber der gerichtlichen Kontrolle zeitlich vorgelagerte und gegebenenfalls erweiterte Rechtsschutzmöglichkeit eröffnet werden, was insbesondere etwa bei der Kontrolle von Ermessensentscheidungen zum Beispiel im Hinblick auf die im Widerspruchsverfahren für die Widerspruchsbehörde gegebene Möglichkeit einer Prüfung auch der Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts von Bedeutung sein kann. Schließlich soll das Vorverfahren im öffentlichen Interesse die Gerichte entlasten und damit Ressourcen schonen helfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.9.2010 - 8 C 21.09 - juris Rn. 30). Diese Zwecke kann es nicht mehr erreichen, wenn feststeht, dass der Widerspruch unabhängig von der Begründung keinen Erfolg hätte. Dabei kommt es vor allem auf den Inhalt der vorgerichtlichen Erklärungen des Beklagten an. Ergibt deren Gesamtwürdigung, dass sich der Beklagte endgültig darauf festgelegt hat, das Rechtsschutzbegehren abzulehnen, ist ein Widerspruchsverfahren sinnlos. Eine derartige Festlegung setzt voraus, dass der Beklagte zu erkennen gegeben hat, er habe sich seine Auffassung gebildet und gedenke, daran auf jeden Fall festzuhalten. Hat der Betroffene daraufhin Klage erhoben, kann der Beklagte im Klageverfahren nicht dadurch die Durchführung des Widerspruchsverfahrens erreichen, dass er auf dessen Fehlen verweist und sich gar nicht oder nur hilfsweise zur Sache einlässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 23.12 - juris Rn. 36 f.). So verhält es sich auch hier. Das beklagte Land gab schon vor Klageerhebung zu erkennen, sich über die Rücknahme des Vorbescheids für das klägerische Vorhaben abschließend eine Meinung gebildet zu haben. Dies kam darin zum Ausdruck, dass das Regierungspräsidium aufgrund der Vorlage der Widersprüche gegen den Bauvorbescheid vom 8. Februar 2017 das Landratsamt mit ausführlicher Begründung bat, den Bauvorbescheid zurückzunehmen, weil es nach Prüfung der Sach- und Rechtslage und einer Ortsbesichtigung zu dem Ergebnis gekommen sei, dass sich das Vorhaben nicht nach § 34 BauGB einfüge, der Bauvorbescheid insoweit rechtswidrig und zur Gewährleistung einer korrekten und an gleichen Maßstäben ausgerichteten Rechtsanwendung sowie zur Vermeidung eines rechtswidrigen Präzedenzfalls aufzuheben sei. Es war nicht zu erwarten, dass der Beklagte seine so begründete Meinung wegen eines Widerspruchs der Klägerin noch einmal ändern könnte. Daraus, dass die Klägerin vor Erlass des Rücknahmebescheids nicht formell angehört wurde und dies im Widerspruchsverfahren hätte nachgeholt werden können, folgt nichts anderes, zumal die Klägerin schon im Ortstermin des Regierungspräsidiums vertreten war. Erst recht ist nicht erkennbar, dass weiterer Vortrag der anderen Beteiligten im Widerspruchsverfahren die Ansicht des beklagten Landes hätte ändern können. Dies gilt insbesondere für weiteren Vortrag der Beigeladenen zu 1), die ein Interesse daran hatte, dass das Regierungspräsidium seine Auffassung beibehält.
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II. Die Berufung der Beigeladenen zu 1) hat auch nicht deshalb Erfolg, weil das Verwaltungsgericht die Klage zu Unrecht für begründet erachtet hat.
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Gibt ein Gericht der Anfechtungsklage eines Bauherrn gegen die Rücknahme (einer Baugenehmigung oder) eines positiven Bauvorbescheids statt, ist die dagegen gerichtete Berufung eines nach § 65 Abs. 1 VwGO beigeladenen Nachbarn nicht schon dann begründet, wenn das angegriffene Urteil objektiv rechtswidrig ist, sondern nur dann, wenn es den Beigeladenen in seinen Rechten verletzt (vgl. BVerwG, Urteile vom 23.8.1974 - IV C 29.73 - juris Rn. 27-30 und vom 15.2.1990 - 4 C 39.86 - juris Rn. 15; Senatsurteil vom 8.6.2017 - 5 S 2030/16 - juris Rn. 26 f.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.7.1997 - 3 S 2556/96 - juris Rn. 29 und Beschluss vom 8.5.2012 - 8 S 217/11 - juris Rn. 17, BVerwG, Urteil vom 16.9.1981 - 8 C 1.81 - juris Rn. 13 sowie BVerwG, Urteil vom 12.3.1987 - 3 C 2.86 - juris Rn. 35). Die Anknüpfung an die subjektive Rechtstellung entspricht einem das Verwaltungsprozessrecht tragenden, in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO niedergelegten und auch für das Rechtsmittelverfahren geltenden verfahrensrechtlichen Grundsatz (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.2.1990 - 4 C 39/86 - juris Rn. 15 und Senatsurteil vom 8.6.2017 - 5 S 2030/16 - juris Rn. 27). Es liefe der in § 66 VwGO normierten, sich aber auch aus der Natur der Sache ergebenden Bewertung zuwider, wenn die Prozessstellung eines (einfachen) Beigeladenen als eines nur Nebenbeteiligten mit Erleichterungen (im Hinblick auf das Erfordernis einer subjektiven Rechtsverletzung) verbunden wäre, die der Kläger als Hauptbeteiligter nicht genießt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.9.1981 - 8 C 1.81 - juris Rn. 13 m. w. N.). Dem steht auch nicht der Einwand der Beigeladenen zu 1) entgegen, dass sie es – anders als bei Erhebung einer eigenen Baunachbarklage – als Beigeladene nicht in der Hand gehabt habe, ob sie sich dem Risiko der Rechtskraft eines für sie ungünstigen Urteils (und einer damit verbundenen Kostenlast) aussetzt. Denn die Erstreckung der Rechtskraft eines Urteils auch auf Beigeladene betrifft nicht nur die hiesige Verfahrenssituation der Beigeladenen zu 1), sondern jeden Fall einer Beiladung – und das Risiko einer Auferlegung von Verfahrenskosten kann ein Beigeladener vermeiden, indem er davon absieht, einen Antrag zu stellen und Rechtsmittel einzulegen (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
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Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 27. Mai 2020 verletzt die Beigeladene zu 1) nicht in ihren Rechten. Ein Urteil, das der Anfechtungsklage eines Bauherrn gegen die Rücknahme eines ihm erteilten positiven Bauvorbescheids stattgibt, verletzt beigeladene Nachbarn in deren Rechten, soweit der angefochtene Rücknahmebescheid rechtmäßig ist, weil der durch ihn zurückgenommene Bauvorbescheid Nachbarrechte verletzt. Der im vorliegenden Fall zurückgenommene Bauvorbescheid vom 8. Februar 2017 verletzt die Beigeladene zu 1) nicht in deren Rechten. Bezogen auf den für die Beurteilung des zurückgenommenen Bauvorbescheids maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses (Senatsbeschluss vom 28. Januar 2021 - 5 S 2235/20 - BA S. 7; vgl. Senatsurteil vom 7.11. 2017 - 5 S 1003/16 - juris Rn. 33) folgt eine Verletzung von Rechten der Beigeladenen zu 1) insbesondere nicht aus einem etwaigen Verstoß des Bauvorbescheids vom 8. Februar 2017 gegen § 34 Abs. 1 BauGB.
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Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Ein Nachbar, der sich aufgrund von § 34 Abs. 1 BauGB gegen eine Baugenehmigung für ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wendet, kann damit aber nur durchdringen, wenn die Genehmigung gegen das im Tatbestandsmerkmal des „Einfügens“ enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.12.2013 - 4 C 5.12 - juris Rn. 21), denn über das Rücksichtnahmegebot hinaus vermittelt § 34 BauGB insbesondere hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung keinen Drittschutz (vgl. BayVGH, Beschlüsse vom 3.6.2016 - 1 CS 16.747 - juris Rn. 5, 12.2.2019 - 9 CS 18.2305 - juris Rn. 14 und vom 20.5.2020 - 9 ZB 18.2585 - juris Rn. 5; Senatsbeschlüsse vom 3.2.2022 - 5 S 2559/21 - und vom 23.2.2022 - 5 S 3470/21 -; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl., § 34 Rn. 132 f.; Söfker in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Werkstand 143. Lfg., § 34 Rn. 48). Auf das Rücksichtnahmegebot kommt es nicht nur an, wenn für das Vorhaben eine Baugenehmigung erteilt wurde, sondern auch dann, wenn es Gegenstand eines positiven Bauvorbescheids ist, wie hier. Der Bauvorbescheid für das Vorhaben der Klägerin verstößt aber nicht gegen das Rücksichtnahmegebot.
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Ein Vorhaben verstößt nur dann gegen das Gebot zur Rücksichtnahme, wenn es die Nutzung eines Nachbargrundstücks unzumutbar beeinträchtigt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 4. Juli 2016 - 15 ZB 14.891 - juris Rn. 8). Welche Anforderungen das Rücksichtnahmegebot im Einzelfall begründet, hängt damit im Wesentlichen von einer Abwägung ab zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Dabei gilt als allgemeine Leitlinie, dass umso mehr Rücksichtnahme verlangt werden kann, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung dessen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt. Umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, umso weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind. Es bedarf also - zusammengefasst - einer Abwägung, die die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, zu berücksichtigen hat (Senatsurteil vom 15.7.2020 - 5 S 2522/18 - juris Rn. 50 m. w. N., Senatsbeschluss vom 23.2.2022 - 5 S 3470/21 -; vgl. BayVGH, Beschluss vom 19.3.2015 - 9 CS 14.2441 - juris Rn. 27, Rieger, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl., § 34 Rn. 48, 63, Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Werkstand 143. Lfg., § 34 Rn. 48a ff., jeweils m. w. N.). Das Vorhaben der Klägerin beeinträchtigt die Nutzung des Grundstücks der Beigeladenen zu 1) nicht unzumutbar in diesem Sinne. Dies gilt insbesondere unter dem Aspekt einer „erdrückenden Wirkung“ des Vorhabens (1.), der vorhabenbedingten Verschattung (2.) und Einsichtsmöglichkeiten (3.), der Behinderung der vom Grundstück der Beigeladenen zu 1) bestehenden freien Aussicht (4.), einer etwaigen evidenten Rechtswidrigkeit des Vorhabens der Klägerin (5.) beziehungsweise der dazu von ihr im Einzelnen vorgetragenen Einwände.
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1. Das Vorhaben hat keine unzumutbare „erdrückende Wirkung“ auf das Grundstück der Beigeladenen zu 1) und dessen Nutzung. Dies gilt auch angesichts ihres Einwands, dass das Vorhaben die Abstandsflächen nicht wahre, und insbesondere auch unter Berücksichtigung ihres Vortrags, dass ihr Grundstück bereits von zwei Seiten stark eingekesselt sei (durch eine Stützmauer im Norden und das Haus ... im Süden), dass ihr Wohnhaus durch den beabsichtigten Neubau von der ...straße komplett verdeckt und nicht mehr zu sehen wäre, und dass die „Dachgeschosshöhe“ des Vorhabens „die hiesigen Einfamilienhäuser deutlich übersteig[e].“
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Ein Vorhaben entfaltet eine unzumutbare erdrückende Wirkung nicht schon dann, wenn es die bisherigen Verhältnisse durch eine bauliche Verdichtung ändert, sondern nur, falls von ihm aufgrund der Massivität und Lage einer baulichen Anlage eine qualifizierte handgreifliche Störung auf ein Nachbargrundstück ausgeht (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 19.3.2015 - 1 B 19/15 - juris Rn. 26; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 2.6.2015 - 8 S 1914/14 - juris Rn. 64, Senatsbeschluss vom 9.2.2018 - 5 S 2130/17 -juris Rn. 38). Dies ist nur dann der Fall, wenn das Vorhaben wegen seiner Ausmaße, seiner Baumasse oder seiner massiven Gestaltung dem Nachbargrundstück förmlich „die Luft nimmt“, wenn für betroffene Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ entstünde oder wenn das entstehende Gebäude von seiner Größe her „erdrückend“ und derart übermächtig in Erscheinung träte, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem „herrschenden“ Gebäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen würde (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 2.6.2015 - 8 S 1914/14 - juris Rn. 64 m. w. N., Urteil vom 21.7.2020 - 8 S 702/19 - juris Rn. 36 und Senatsbeschluss vom 25.11.2019 - 5 S 2373/19 - juris Rn. 23). Das von der Klägerin geplante Gebäude nimmt dem Grundstück der Beigeladenen zu 1) hingegen nicht förmlich „die Luft“, erzeugt dort kein Gefühl des „Eingemauertseins“ und tritt auch nicht derart übermächtig in Erscheinung, dass das Grundstück der Beigeladenen zu 1) oder ihre Wohnnutzung als überwiegend vom Vorhaben beherrschte Fläche ohne eigenen Charakter wahrgenommen würden. Hierzu hat sich der Senat vom 3. Juni 2022 anlässlich eines vor Ort eingenommenen Augenscheins überzeugt. Das geplante Gebäude wirkt zwar massiver als die auf dem Baugrundstück vorhandene Bebauung und das Wohngebäude der Beigeladenen zu 1). Dies betrifft aber vor allem seine straßenseitige Gestaltung und gilt deutlich weniger für den Eindruck, den es vom Grundstück der Beigeladenen zu 1) aus erweckt.
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Maßgeblich sind insofern vor allem die vom Grundstück der Beigeladenen zu 1) aus wahrnehmbare Gebäudehöhe und -breite, die Lage des geplanten Hauses sowie die Größe der Freifläche in Richtung der Beigeladenen zu 1). Hiernach wird das Grundstück der Beigeladenen zu 1) und deren Wohnnutzung durch das Vorhaben nicht „erdrückt“ und insbesondere auch nicht erheblich mehr „eingemauert“ als durch den bisherigen Bestand baulicher Anlangen im Umfeld. Die (geringe) Größe der neben dem geplanten Haus in Richtung des Grundstücks der Beigeladenen zu 1) bleibenden Freifläche bewirkt dort jedenfalls keine erdrückende Wirkung, zumal sie sich nicht sehr von der Größe der dort bisher vorhandenen Freifläche unterscheidet. Im Gegensatz zum teilweise grenzständigen Bestand auf dem Baugrundstück einerseits und auf dem Grundstück der Beigeladenen zu 1) andererseits tritt das Vorhaben zudem von der Grenze des Grundstücks der Beigeladenen zu 1) etwas zurück. Eine erdrückende Wirkung für deren Grundstück hat es auch nicht durch seine Höhe, denn vergleichsweise hoch wirkt es allenfalls von der tieferliegenden Straße, aber nicht vom Grundstück der Beigeladenen zu 1) aus, zumal es vom First von deren höher gelegenem Wohngebäude noch deutlich – um 1,79 m – überragt wird. Auch in der seitlichen Ausdehnung, mit der das Vorhaben dem Grundstück der Beigeladenen zu 1) gegenüberliegt, unterscheidet es sich jedenfalls nicht erheblich von dessen Bebauung, die sich auf fast die gesamte Nord-Süd-Ausdehnung des Grundstücks der Beigeladenen zu 1) erstreckt. Die Zahl der Geschosse, mit denen das Vorhaben vom Grundstück der Beigeladenen zu 1) aus wahrnehmbar ist, führt ebenfalls nicht zu einer erdrückenden Wirkung.
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Dahinstehen kann, ob das Vorhaben die nach §§ 5 ff. LBO zu wahrenden Abstandsflächen wahrt. Die Wahrung der Abstandsflächen ist nicht Gegenstand des streitgegenständlichen Bauvorbescheids, sondern unabhängig davon bauordnungsrechtlich durchzusetzen. Ein Verstoß gegen §§ 5 ff. LBO begründete auch nicht per se zugleich eine planungsrechtlich unzumutbare „erdrückende Wirkung“; jene ist vielmehr eigenständig zu prüfen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 21.7.2020 - 8 S 702/19 - Rn. 35 f.). Im hier zu entscheidenden Fall dürften die nach §§ 5 ff. LBO einzuhaltenden Abstandsflächen zumindest annähernd gewahrt und allenfalls so geringfügig unterschritten sein, dass daraus jedenfalls keine erdrückende Wirkung des Vorhabens abzuleiten ist.
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2. Das Vorhaben beeinträchtigt die Nutzung des Grundstücks der Beigeladenen zu 1) auch nicht dadurch unzumutbar, dass es dieses straßenseitig verdeckt und verschattet, wie die Beigeladene zu 1) rügt. Unabhängig davon, dass zweifelhaft ist, ob und inwieweit der Aspekt der Verschattung nicht nur bauordnungsrechtliche, sondern auch bauplanungsrechtliche Relevanz hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 21.7.2020 - 8 S 702/19 - Rn. 36), wäre eine planungsrechtlich unzumutbare Verschattung des Grundstücks der Beigeladenen zu 1) jedenfalls schon aufgrund der Größe und Lage des Vorhabens – nordwestlich vom Wohnhaus der Beigeladenen zu 1) – nicht zu befürchten. Denn mit einer allenfalls geringfügigen zusätzlichen Verschattung wäre in dieser Situation erst in den Abendstunden zu rechnen. Eine solche ist im ohnehin schon eng bebauten innerörtlichen Bereich aber hinzunehmen. Die Verdeckung des Wohnhauses der Beigeladenen zu 1) von der Straße aus ist ebenfalls nicht unzumutbar, zumal das Haus nach Realisierung des Vorhabens noch ähnlich wie bisher sichtbar und - über das Grundstück ...... - auffindbar wäre.
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3. Eine unzumutbare Beeinträchtigung der Nutzung des Grundstücks der Beigeladenen zu 1) folgt auch nicht aus etwaigen Einsichtsmöglichkeiten, die das Vorhaben auf das Grundstück oder Wohnräume der Beigeladenen zu 1) schafft.
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Das Rücksichtnahmegebot bietet jedenfalls in bebauten innerörtlichen Lagen grundsätzlich keinen Schutz vor etwaigen Einsichtsmöglichkeiten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3.1.1983 - 4 B 224.82 - juris Rn. 5; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25.5.2010 - 2 A 31/10 - juris Rn. 15, BayVGH, Beschluss vom 6.8.2010 - 15 CS 09.3006 - juris Rn. 28, OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20.6.2012 - 2 M 38/12 - juris Rn. 25; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 2.6.2015 - 8 S 1914/14 - juris Rn. 67). Solche Einsichtsmöglichkeiten haben als städtebaulicher Belang ein vergleichsweise geringes Gewicht (vgl. Senatsurteil vom 29.10.2003 - 5 S 138/03 - juris Rn. 37) und stellen grundsätzlich keinen rechtlich relevanten Nachteil dar (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 3.3.2008 - 8 S 2165/07 - juris Rn. 8). Denn jedenfalls in bebauten innerörtlichen Bereichen gehört es zur Normalität, dass von benachbarten Grundstücken beziehungsweise Gebäuden aus Einsicht in das eigene Grundstück und in Gebäude genommen werden kann (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20.6.2012 - 2 M 38/12 - juris Rn. 25). Etwas Anderes gilt allenfalls in von besonderen Einzelfallumständen geprägten Ausnahmen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 6.4.2018 - 15 ZB 17.36 - juris Rn. 26 m. w. N.), etwa bei einer konkreten Betroffenheit besonders schutzbedürftiger Räume, die über die herkömmliche Einsichtnahmemöglichkeit in Innenlagen hinausgehende Belastungen verursacht (BayVGH, Beschluss vom 26.11.2018 - 9 ZB 18.912 - juris Rn. 8).
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Nach diesen Maßstäben schafft das Bauvorhaben hier keine unzumutbaren Einsichtsmöglichkeiten. Denn das Baugrundstück und das angrenzende Grundstück der Beigeladenen zu 1) liegen im bebauten Ortszentrum, und etwaige vorhabenbedingte Einsichtnahmemöglichkeiten in die Wohnnutzung der Beigeladenen zu 1) – einschließlich womöglich ihrer Schlafräume – verursachen jedenfalls keine über das in Innenlagen übliche Maß hinausgehenden Belastungen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der auf der Ostseite des Vorhabens geplanten Balkone beziehungsweise Terrassen, zumal auch diese – unter Berücksichtigung ihrer Größe, Lage und Ausrichtung – nicht unüblich sind. Insoweit hat der Augenscheinstermin des Senats keine Gesichtspunkte ergeben, die für einen Ausnahmefall unzumutbarer Einsichtsmöglichkeiten in besonders schutzbedürftige Räume sprechen, zumal diese nach den Angaben der Beigeladenen zu 1) im Dachgeschoss des Gebäudes liegen, welches nur über Dachliegefenster verfügt. Im Übrigen könnte die Beigeladene etwaigen als unangenehm empfundenen Einsichtsmöglichkeiten - etwa in ihr Schlafzimmer oder in ihr Bad - auch hinreichend durch Vorkehrungen in ihrem eigenen Haus, insbesondere durch den Einsatz von Rollos, Gardinen oder Vorhängen begegnen.
45 
4. Das Vorhaben verstößt auch nicht dadurch gegen das Rücksichtnahmegebot, dass dafür – wie die Beigeladene zu 1) im Verwaltungsverfahren einwandte – die „freie Sicht“ von ihrem Grundstück verbaut wird. Das Rücksichtnahmegebot bietet grundsätzlich keinen Schutz vor einer Verschlechterung der freien Aussicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3.1.1983 - 4 B 224.82 - juris Rn. 5). Im hier zu entscheidenden Fall gilt nichts Anderes.
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5. Ob und inwiefern ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot grundsätzlich auch daraus folgen kann, dass das mit den Nachbarbelangen abzuwägende Interesse des Bauherrn an seinem Vorhaben nicht schutzwürdig ist, weil sein Vorhaben evident gegen dafür geltendes Recht verstößt, kann dahinstehen, denn das Vorhaben der Klägerin ist jedenfalls nicht evident rechtswidrig. Insbesondere überschreitet es nicht offensichtlich die Grenzen des Einfügens gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, und zwar auch nicht hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung. Denn nach der gegebenen örtlichen Situation spricht alles dafür, dass in die dafür maßgebliche nähere Umgebung auch das Grundstück ...xx einzubeziehen ist und das Vorhaben sich deshalb in die Eigenart der so bestimmten Umgebung einfügt. Bedeutsam für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sind Maße, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung zueinander setzen lassen, das heißt ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur Freifläche (vgl. BVerwG, Urteil vom 8.12.2016 - 4 C 7.15 - juris Rn. 17). Entscheidend für die optische Wirkung sind dabei nicht einzelne Maßbestimmungsfaktoren, sondern das gesamte Erscheinungsbild der Gebäude (vgl. BVerwG, ebd., Rn. 20). Im hier zu entscheidenden Fall ist nach der Wahrnehmung des Senats vor Ort jedenfalls nicht offensichtlich, dass das Vorhaben im Hinblick auf sein gesamtes Erscheinungsbild und seine absolute Größe den Rahmen sprengt, den die Bebauung des Grundstücks ...x ... als Bestandteil der näheren Umgebung mitprägt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Grundfläche und des Verhältnisses der Bebauung zur Freifläche, denn der optischen Wirkung nach erscheint die Grundfläche des Gebäudes in der ... nicht evident kleiner und das Verhältnis von Bebauung und Freifläche in der ... auch nicht evident weniger dicht als die von der Klägerin geplante Bebauung.
47 
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2), 3), 4) und 5) sind der Beigeladenen zu 1) gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht aufzuerlegen. Dies entspräche nicht der Billigkeit, weil die Beigeladenen zu 2), 3), 4) und 5) weder selbst ein Rechtsmittel eingelegt noch einen Berufungszurückweisungsantrag gestellt haben, mit dem sie gemäß § 154 Abs. 3 VwGO ein Kostenrisiko eingegangen wären.
48 
C. Ein Revisionszulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegt nicht vor.
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Beschluss
vom 3. Juni 2022
50 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG, in Anlehnung an Nr. 9.2 und Nr. 9.1.1.3 des Streitwertkataloges 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit sowie in Übereinstimmung mit der von den Beteiligten nicht beanstandeten Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für das erstinstanzliche Verfahren auf 30.000 Euro festgesetzt.
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Der Beschluss ist unanfechtbar.

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