Urteil vom Arbeitsgericht Essen - 6 Ca 1729/15
Tenor
I.Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 02.06.2015 nicht mit sofortiger Wirkung aufgelöst ist.
II.Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 11.06.2015 nicht mit sofortiger Wirkung aufgelöst ist.
III.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.379,54 € brutto nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.07.2015 zu zahlen abzüglich durch Verrechnung erfüllter 3.751,44 € netto.
IV.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
V.Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 42 % und die Be-klagte zu 58 %.
VI.Der Streitwert beträgt 113.828,18 €.
VII.Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.
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T A T B E S T A N D:
2Die Parteien streiten über zwei außerordentliche Kündigungen. Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 14.04.2015 als Geschäftsführer, Chief Operations Officer und Chief Financial Officer angestellt. Er hält keine Gesellschaftsanteile. Ausweislich des Dienstvertrags vom (Bl. 9 ff. d. A.) erhält der Kläger ein Jahresbruttoeinkommen von 225.000,00 € zuzüglich Bonuszahlungen sowie Dienstwagen. Er ist für die Führung der Funktionen Finanzen, Controlling, Logistik, IT, Real Estate und Recht zuständig und berichtet an den Vorsitzenden der Geschäftsführung.
3Ausweislich § 1 Abs. 2 des Dienstvertrags hat der Kläger die Geschäfte der Gesellschaft nach den Bestimmungen der Gesetze, den Bestimmungen des Gesellschaftervertrages sowie der Satzung und der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung, soweit diese dem Geschäftsführer zur Kenntnis gebracht wurden, zu führen. Der Kläger war gesamtvertretungsberechtigt. In § 3 ist geregelt, dass der Geschäftsführer seine ganze Arbeitskraft ausschließlich dem Unternehmen zu widmen hat. Weiterhin wird ihm untersagt, ohne schriftliche Genehmigung der Gesellschaft eine unentgeltliche oder entgeltliche anderweitige Geschäftstätigkeit, keine Aufsichtsratsmandate oder ähnliche Funktionen oder Ehrenämter zu übernehmen, soweit keine gesetzliche Verpflichtung besteht. Weiterhin ist der Kläger verpflichtet, auf Wunsch der Gesellschaft Geschäftsführer-, Vorstands- oder Aufsichtsratsämter bei verbundenen Unternehmen zu übernehmen. Ausweislich § 3 Abs. 5 ist dem Kläger gestattet, als geschäftsführender Gesellschafter der D. OHG und der z. UG (haftungsbeschränkt) an vier Tagen im Jahr tätig zu sein. Der Vertrag ist bis zum 30.04.2016 befristet und verlängert sich, wenn er nicht 6 Monate zuvor gekündigt wird. Weiterhin ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart.
4Zudem findet auf das Arbeitsverhältnis die Geschäftsordnung für die Geschäftsführung der L. vom 06.01.2014 Anwendung (Bl. 93 ff. d. A.). Gemäß § 1 Abs. 2 der Geschäftsordnung tragen die Geschäftsführer gemeinschaftlich die Verantwortung für die Leitung der Gesellschaft. Ausweislich § 2 Abs. 1 leitet jeder Geschäftsführer unbeschadet der Gesamtverantwortung den ihm übertragenen Geschäftsbereich eigenverantwortlich. In diesem Beschluss wird Herr T. zum Vorsitzenden der Geschäftsführung bestimmt, dessen Aufgaben die federführende Behandlung grundsätzlicher Fragen, die Koordinierung der Tätigkeit der Geschäftsführer, die rechtzeitige und umfassende Information der Gesellschafterversammlung und des Aufsichtsrats sowie die Repräsentation der Gesellschaft nach außen darstellt. In § 4 der Geschäftsordnung (Bl. 95 f. d. A.) ist detailliert geregelt, welche Geschäfte nur mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung vorgenommen werden dürfen. Es handelt sich dabei unter anderem um die Errichtung und Auflösung von Zweigniederlassungen und Betriebsstätten, die Vornahme von Investitionen außerhalb des Finanzplans, soweit 50.000,00 € im Einzelfall überschritten werden, den Abschluss von Verträgen, welche die Gesellschaft länger als zwei Jahre binden oder zu Leistungen von insgesamt mehr als 50.000,00€ verpflichten, den Abschluss sowie jegliche Änderung bzw. Anpassung von Miet- und Pachtverträgen inkl. Untervermietungen an Einzelhändler bzw. Lieferanten, Abschluss sowie jegliche Änderung bzw. Anpassung von Konzessions- und Consignmentverträgen mit Lieferanten, Abschluss von Arbeits- und Dienstverträgen, bei denen die Kündigungsfrist mehr als sechs Monate und die Jahresvergütung mehr als 150.000,00 € beträgt, Aufnahme von Darlehen, Abschluss von Factoring Verträgen und Warenkreditversicherungen, Betriebliche Altersversorgung, Pensionszusagen. Jede Zustimmung oder Änderung des jährlichen Kapitals und operativen Budgets der Gesellschaft, wesentliche Änderungen der Buchhaltungsrichtlinien oder Reporting-Standards ohne dass dieses rechtlich erforderlich ist.
5Die Parteien haben zudem eine Schiedsvereinbarung getroffen (Bl. 30 f. d. A.).
6Die Leiterin der Rechtsabteilung der Beklagten übermittelte dem Kläger am 06.02.2015 Compliance-Regelungen (Bl. 398 ff. d. A.). Nach diesen sind Verträge grundsätzlich schriftlich abzuschließen und auf Basis einer Wertgrenzenregelung von zwei unterschiedlichen Personen zu unterzeichnen.
7Der Kläger verhandelte im Herbst 2014 in seiner Funktion als COO und der damit verbundenen Verantwortlichkeit für den IT-Bereich ein Angebot für einen Outsourcing-Vertrag mit dem Unternehmen S.. Dieser Vertrag hatte einen Wert von mehr als 50.000,00 € und war damit gemäß der Geschäftsordnung zustimmungspflichtig. Die Verhandlungen wurden von der Beratungsfirma S. AG begleitet. Die prüfte im Auftrag der Gesellschafterin der Beklagten die finanziellen Auswirkungen des Vertrags. Im Rahmen dieses Auftrags erstellte die Mitarbeiterin L. der S. AG eine Entscheidungsvorlage für die Gesellschafterversammlung, aus der sich ergab, dass die Vereinbarung mit S. auf Basis einer Laufzeit von 3 Jahren eine Verbindlichkeit von 2.327.000,00 € pro Jahr erzeugt (Bl. 262 ff. d. A.). Diese bezieht in ihrer konkreten Berechnung (Bl. 267 d. A.) Kosten für ein Applications Management mit ein. Frau L. übermittelte diese Vorlage am 03.11.2014 an den Kläger. Am 03.11.2014 bat der Kläger in einer E-Mail (Bl. 268 d. A.) an Herrn L. gebeten, den Gesellschafterbeschluss vorzubereiten und übermittelte den vorformulierten Beschluss (Bl. 269 d. A.) und den Vorvertrag (Bl. 270 ff. d. A.).
8Auf Nachfrage von Herrn L. übermittelte der Kläger am 06.11.2014 eine Entscheidungsvorlage (Bl. 278 ff. d. A.), die das Layout der S. AG zeigte, jedoch nur einen Vertragswert von ca. 800.000,00 € pro Jahr unter Herausnahme der Kosten für die Applications Management Services auswies. Unter der Überschrift steht ein eingeklammert: "ohne application management, muss noch verhandelt werden". Auf dieser Basis wurde durch die Gesellschafterversammlung sodann den Beschluss gefasst (Bl. 283 d. A.). Am 24.11.2014 unterzeichnete der Kläger gemeinsam mit dem Leiter der IT-Abteilung U. der L. ein Angebot der Firma S. (Bl. 292 ff. d. A.)
9Der Kläger kaufte unter Nutzung seiner Firmenkreditkarte im Herbst 2014 ein Apple iPad, eine Funktastatur, einen Grafikadapter, eine iPad-Hülle, eine KfZ-Halterung, zwei USB-Kabel, ein Bildschirmreinigungsset, ein Gerätereinigungsset, einen Eingabestift für das iPad, eine Schutzfolie, einen Bluetoothlautsprecher, ein Spracherkennungsprogramm sowie ein Selbstmanagementprogramm erworben. Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Kreditkartenabrechnung (Bl. 361 d. A.) ist diese durch den Vorsitzenden der Geschäftsführung S. am 24.10.2014 abgezeichnet worden. Im Rahmen von Verhandlungen über die Auflösung des Anstellungsvertrages ließ der Kläger nachfragen, ob er die IT-Gegenstände behalten könne (Bl. 395 ff. d. A.).
10Der Kläger verhandelte für die Beklagte mit der Firma Mercedes-Benz M. einen Rahmenvertrag für das Leasing bzw. die Miete von Dienstfahrzeugen. In diesem Rahmen gewährt die Firma M. Sonderkonditionen für die Miete von Fahrzeugen, um die Wartezeit für die Lieferung eines Leasingfahrzeuges zu überbrücken. Nachdem er bis Herbst 2014 einen Dienstwagen einer anderen Marke genutzt hatte, mietete der Kläger mehrfach hintereinander verschiedene Fahrzeuge des Modells Mercedes-Benz ML zu den im Rahmenvertrag geregelten Konditionen und nutzte diese als Dienstwagen, der ihm auch zur privaten Nutzung überlassen wurde. Bei dem Wechsel auf die Fahrzeuge der Firma M. wurde eine Anpassung der Abrechnung des Sachbezugs trotz eines höheren Bruttolistenpreises nicht vorgenommen.
11Der Kläger wurde am 02.03.2015 freigestellt und am 24.03.2015 abberufen. Die Eintragung im Handelsregister erfolgte bereits am 02.04.2015. Mit Schreiben vom 02.06.2015 (Bl. 33 d. A.) und 11.06.2015 (Bl. 34 d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich.
12Mit der Abrechnung für Juni 2015 (Bl. 115 ff. d. A.) rechnete die Beklagte eine Bruttovergütung von 620,00 € sowie einen Sachbezug von 849,00 € brutto ab. Weiterhin führte sie die Nachberechnung für den erhöhten Sachbezug der Monate Oktober 2014 bis Mai 2015 durch.
13Mit seiner am 19.06.2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 23.06.2016 zugestellten Klage wendet sich der Kläger gegen die Kündigung. Er hat die Klage am 15.12.2015 um Vergütung für den Monat Juni 2015 erweitert. Weiterhin hat er die Klage am 16.12.2015 um Auslagenersatz auf Basis der Abrechnungen vom 19.5.2015, 23.06.2015 und 11.07.2015 erweitert. Das Gericht hat mit Beschluss vom 29.01.2016, am 15.02.2016 verkündet, den Rechtsstreit bezüglich des Auslagenersatzes abgetrennt.
14Der Kläger vertritt die Auffassung, sein Rechtsverhältnis zu der Beklagten sei als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren. Er berichte an den Vorsitzenden der Geschäftsführung, habe seine Arbeitskraft entsprechend § 3 Abs. 2 des Dienstvertrags ausschließlich der Beklagten zu widmen. Zudem sei er bereits durch die Regelungen im Arbeitsvertrag namentlich § 3 in einer anderen Verwendung seiner Arbeitskraft eingeschränkt bzw. den Weisungen der Beklagten unterworfen. Zudem habe sich die Gesellschafterversammlung weitgehende Entscheidungsrechte vorbehalten. Zudem ergebe sich aus der Einschränkung in der Wohnortwahl aus § 5 Abs. 2, der Verpflichtung, jede Dienstverhinderung unverzüglich anzuzeigen, der Obliegenheit, den Urlaub abzustimmen, der dem Urlaubsrecht entsprechenden Regelung zur Übertragung von Urlaub, der Schriftform sowie der Einbeziehung des § 74 HGB und des festen Leistungsortes seine Abhängigkeit.
15Auf Anordnung des Geschäftsführers L. der Gesellschafterin der Beklagten habe jeden Mittwoch eine Sitzung mit den Geschäftsführern, dem Einkaufschef O. sowie dem Prokuristen E. der Beklagten stattgefunden. In dieser Sitzung sei jeder Geschäftsführer verpflichtet gewesen, detailliert über seinen Bereich zu berichten. So habe er in diesen Treffen die Unternehmenszahlen präsentiert und kommentiert. In diesen Treffen seien auch Themen besprochen worden, die nach der Geschäftsordnung nicht zustimmungspflichtig seien. Herr L. habe auch insoweit Entscheidungen genehmigt.
16Er sei auch nicht frei bei der Einstellung von Personal gewesen. Bei seiner Einstellung sei ihm nur ein Mitarbeiter, ein Controller, zugeordnet gewesen. Er habe die Infrastruktur für Controlling, Buchhaltung, IT und Logistik aufgebaut. Bei seiner Freistellung habe er über zehn Mitarbeiter verfügt. Bei den Mitarbeitern M., T. und E. habe nicht nur er ein Bewerbungsgespräch geführt, sondern auch der Vorsitzende der Geschäftsführung. Erst nach dessen Zustimmung habe er die Einstellungen vornehmen dürfen. Der Vorsitzende der Geschäftsführung habe auch die Gehälter und den Inhalt der Arbeitsverträge bestimmt.
17Er habe zudem die Aufgabe gehabt, den IT-Bereich aufzubauen, da diese zuvor als Dienstleistung von einem Unternehmen des L.-Konzerns bezogen worden sei. Im Rahmen dieser Aufgabe habe er jede nennenswerte Maßnahmen, auch wenn diese nicht der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedurfte, mit Herrn E., dem Prokuristen der Beklagten absprechen müssen, der praktisch als Stellvertreter des Geschäftsführers der Gesellschafterin L. eingesetzt war.
18Es habe eine mündliche Anweisung des Vorsitzenden der Geschäftsführung gegeben, auswärtige Termine nur freitags wahrzunehmen. Er sei daher verpflichtet gewesen, montags bis donnerstags seine Arbeitsleistung im Büro in F. zu verbringen.
19Zudem sei seitens der Gesellschafterin sowie Dritter in seine tägliche Arbeit unmittelbar eingegriffen worden. So habe er beispielsweise einen Kontakt zur Zeitschrift TextilWirtschaft hergestellt. Er habe eine PR-Maßnahme mit Interviews maßgeblicher Mitarbeiter der Beklagten initiiert. Diese Maßnahme und vereinbarte Interviewtermine seien auf Veranlassung eines Herrn M., der bei der wirtschaftlichen Inhaberin der Beklagten, der T.-Gruppe tätig sei untersagt worden. Nachdem eine Redakteurin am 06.06.2014 per E-Mail angefragt habe, wieso das Interview nicht stattfinden könne (Bl. 132 d. A.) habe er Herrn M. mitgeteilt, er sei der Auffassung, er solle sich der Höflichkeit halber bei ihr melden und fragte nach, was er sagen solle (Bl. 131 d. A.). Hierauf habe Herr M. per E-Mail geantwortet (Bl. 131 d. A.): "bitte ja nicht!!! T. hat das gemacht und das ist gut so und jeder weitere Schritt ihrerseits wäre völlig kontraproduktiv! Die Kommunikationsabteilung organisiert und orchestriert das alles und gibt auch den Medien den Rahmen vor und legt umgekehrt den Zugang zum Management! L. Management in Verbindung mit der Kommunikationsabteilung überlegt, ob und was man kommunikativ tun kann. Dann entscheidet man ob und was gemacht wird und dann hält die Kommunikationsabteilung den Kontakt…bitte dies zu berücksichtigen!"
20Im Rahmen von Verhandlungen über Nachträge zu dem Rahmendienstleistungsvertrag zwischen der L. und der Beklagten habe er von dem Leiter Recht der L. am 12.05.2014 einen Nachtrag übermittelt bekommen, der sodann zwischen den Geschäftsführern der beteiligten Unternehmen hätte verhandelt werden müssen (Bl. 134 d. A.). Er habe sodann von Herrn E. am 13.05.2014 die Anweisung bekommen, zunächst nichts zu unternehmen, da zunächst ein Treffen zwischen ihm, Herrn L. und dem CFO der L. N. stattfinden werde.
21Zu seinen Aufgaben habe es grundsätzlich auch gehört, Softwarelizenzen einzukaufen. Hierzu habe ihn der Geschäftsführer der Gesellschafterin der Beklagten am 14.10.2014 angewiesen, alle IT-Leiter mit dem IT-Leiter der T.-Gruppe zusammen zu schalten, da es ein paar gruppenübergreifende Themen gebe, die in dieser Runde abgestimmt werden sollten wie etwa der Einkauf von Microsoft Lizenzen. Die E-Mail ist auch an Mitarbeiter der L. und des L. gerichtet.
22Weiterhin habe er am 11.07.2014 von Herrn L. die Anweisung erhalten, Versicherungswertgutachtenerstellungen bei dem Unternehmen K. in Auftrag zu geben und das Versicherungsangebot dieser Gesellschaft zu prüfen (Bl. 136 d. A.).
23Vor diesem Hintergrund sei er weitestgehend weisungsgebunden und von der Beklagten abhängig gewesen.
24Er bestreitet das Vorliegen eines wichtigen Grundes sowie die soziale Rechtfertigung der Kündigung.
25Er habe am 30.10.2014 die finalen Verhandlungen mit Herrn L. von S. über die Teilleistung Hosting und Netzwerkbetrieb geführt, da diese zeitnah beginnen mussten. Für die Komponente Application Management Services habe es aber noch keine Alternativangebote gegeben. Entsprechend der Ziffer 2 des Vorvertrags vom 30.10.2014 habe man dieses auch noch nicht beauftragen wollen. Er habe am 02.11.2015 den Vorsitzenden der Geschäftsführung S. und den Leiter Einkauf Herrn O. über den Sachstand informiert und in diesem Zusammenhang angegeben, dass einer der nächsten Schritte die Vorbereitung der Vergabe der Application Management Dienstleistung sei. Vor diesem Hintergrund habe er dann die entsprechenden Daten auch aus der Vorlage von Frau L. entnommen. Dieses habe er zuvor mit Frau L. besprochen, die damit einverstanden gewesen sei.
26Er habe auch kein Angebot angenommen. Die Unterschriftsleistung auf Seite 58 des Angebots (Bl. 318 d. A.) stelle keine Annahme des Angebots dar, sondern lediglich die Dokumentation der Unterschriften. Er habe keinen Outsourcingvertrag unterschrieben.
27Am 10.06.2015 sei er nicht zu diesen Vorwürfen angehört worden. Ihm sei nur vorgeworfen worden, er habe einen Vertrag unterschrieben, der nicht mit der Beschlussvorlage übereinstimme. Unterlagen seien ihm nicht vorgelegt worden.
28Er habe die Apple-Geräte nicht für den privaten Gebrauch gekauft. Bis zur Anschaffung der Geräte habe er seine eigenen Geräte benutzt. Er habe gemeinsam mit Herrn S. und Herrn O. beschlossen, für den beruflichen Bedarf für jeden ein iPhone und ein iPad anzuschaffen. Es sei üblich, dass im L. Apple-Produkte für leitende Angestellte angeschafft würden. Er habe versucht, über die IT-Abteilung bei der L. bessere Konditionen zu erlangen, die aber nicht bestanden. Man habe ihm empfohlen, die Geräte selbständig zu erwerben. So habe er nicht nur für sich selbst, sondern - unstreitig - auch für Herrn S. und Herrn O. iPads und iPhones gekauft. Der Kläger nimmt Bezug auf die hierzu vorgelegten Rechnungen.
29Es habe auch keine Vorteilsnahme durch die bei der Firma Mercedes M. gemieteten Fahrzeuge gegeben. Er habe bereits nicht gewusst, dass ihm Sonderkonditionen eingeräumt worden seien. Herr P. von der Firma M. habe ihm mitgeteilt, dass im Sommer 2015 in Modellwechsel für den ML 350 anstehe und habe ihm angeboten, erst dann ein Fahrzeug zu leasen und bis dahin ein Fahrzeug zu Leasingkonditionen zu mieten. Dass er drei Fahrzeuge hintereinander erhalten habe, habe daran gelegen, dass die Firma M. die Fahrzeuge offensichtlich anderweitig veräußert hatte und sie nicht mehr zur Verfügung stellen konnte. Einer Unterschrift eines weiteren vertretungsberechtigten Mitarbeiters der Beklagten habe es nach der Unterschriftenrichtlinie (Bl. 402 d. A.) nicht bedurft, da maximal eine Rechnung von 4.400,00 € für 4 Monate erteilt worden sei.
30Zudem rügt er die ordnungsgemäße Anhörung des Sprecherausschusses bzw. des Betriebsrats.
31Zudem sei die Beklagte verpflichtet, an ihn für den Monat Juni 2015 eine weitere Bruttovergütung von 18.125,00 € zu zahlen, wobei er sich den nachgeholten Sachbezug für das Fahrzeug in Höhe von 3.751,44 € anrechnen lasse. Zudem habe sie Auslagenersatz zu zahlen. Der Kläger hat den Auslagenersatzanspruch am 11.11.2015 schriftlich geltend gemacht.
32Der Kläger hat zuletzt beantragt,
331.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 02.06.2015 nicht aufgelöst worden ist,
342.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 11.06.2015 nicht aufgelöst worden ist,
353.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungsgründe aufgelöst ist und über den 11.06.2015 hinaus ungekündigt fortbesteht,
364.die Beklagte zu verurteilen, an ihn 22.379,54 € brutto nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 02.07.2015 zu zahlen, jedoch abzüglich durch Verrechnung erfüllte 3.751,44 € netto,
37hilfsweise
381.festzustellen, dass der zwischen den Parteien bestehende "Dienstvertrag" vom 11.04.2014/08.04.2014 durch die Kündigung der Beklagten vom 02.06.2015 nicht beendet worden ist,
392.festzustellen, dass der zwischen den Parteien bestehende "Dienstvertrag" vom 11.04.2014/08.04.2014 durch die Kündigung der Beklagten vom 11.06.2015 nicht beendet worden ist,
403.festzustellen, dass der zwischen den Parteien bestehende "Dienstvertrag vom 11.04.2015/08.04.2014 auch nicht durch andere Beendigungsgründe aufgelöst worden ist und über den 02.06.2015 hinaus ungekündigt fortbesteht.
41Die Beklagte beantragt
42die Klage abzuweisen.
43Sie vertritt die Auffassung, das Rechtsverhältnis der Parteien sei als freier Dienstvertrag zu qualifizieren. Der Kläger sei ausweislich der Geschäftsordnung eigenverantwortlich für seine Bereich gewesen. Er sei in der Arbeitszeiteinteilung sowie der Lage seines Urlaubs im Wesentlichen frei gewesen. Die Vergütung liege im Übrigen auch über der üblichen Vergütung für leitende Angestellte.
44Es habe keine Festlegung gegeben, dass der Kläger ausschließlich freitags Auswärtstermine wahrzunehmen habe. Dieses sei bereits organisatorisch nicht möglich.
45Das Interview mit der TextilWirtschaft sei vor dem Hintergrund abgesagt worden, dass aufgrund der prekären Lage der gesamten L. und der laufenden Tarifverhandlungen die externe Kommunikation übergeordnet abgestimmt werden musste.
46Herr E. habe die Verhandlungen über den Dienstleistungsvertrag nicht gestoppt, sondern allenfalls gebremst, da man den Eindruck hatte, dass es für den Abschluss eines Vertrages an einer übergeordneten Koordination fehlte.
47Im Hinblick auf die Software-Lizenzen habe es keine Untersagung gegeben, sondern lediglich einen Hinweis. Auch im Hinblick auf die Versicherung habe Herr L. nur eine Bitte geäußert.
48Herr H. habe lediglich gesellschaftsübergreifende Projekte inhaltlich koordiniert.
49Es habe selbstverständlich viele Treffen gegeben, in denen die prekäre Lage des Unternehmens besprochen worden sei. Die Beklagte habe sich in der Krise befunden.
50Zudem beruft sie sich auf die Schiedsvereinbarung.
51Der Kläger im Übrigen habe zahlreiche schwerwiegende Pflichtverletzungen begangen. Er habe zum einen gegen den Zustimmungskatalog des Gesellschaftsvertrages verstoßen, zum anderen aber auch gegen seine Pflichten als ordentlicher Kaufmann.
52Der Kläger habe die Gesellschafterversammlung über das Volumen des Vertrags mit der Firma S. getäuscht, indem er ohne Absprache die Präsentation der S. abgeändert habe und die Kosten für das Application Management herausgenommen habe. Zudem habe der Kläger mit seiner Unterschrift unter das Angebot dieses angenommen und damit ohne entsprechenden Gesellschafterbeschluss seine Kompetenzen weit überschritten.
53Diese Unstimmigkeiten habe Herr C. von der externen Beratungsforma S. AG festgestellt und den Geschäftsführer der Gesellschafterin Herrn L. hierüber am 23.05.2015 informiert. Daraufhin sei der Vorgang durch den aktuellen Prozessbevollmächtigten der Beklagten untersucht worden. Durch Befragung von Frau L. und Abgleich der Unterlagen seien am 27.05.2015 verschiedene schwerwiegende Pflichtverletzungen festgestellt und dem Geschäftsführer der Gesellschafterin der Beklagten zur Kenntnis gebracht worden. Von der Abänderung der Entscheidungsvorlage habe Herr L. frühestens am 23.05.2015 Kenntnis erlangt.
54Die Beklagte ziehe aus dem Ablauf den Schluss dass der Kläger die Entscheidungsvorlage abgeändert und der Gesellschafterin einen viel geringeren Vertragswert vorgespiegelt habe. Ein Anlass dazu, dass jemand anderes die Unterlage gefälscht habe, bestehe nicht.
55Höchst vorsorglich habe Herr L. gemeinsam mit dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten den Kläger am 10.06.2015 zu dem Vorwurf angehört und im Anschluss erneut am 11.06.2015 gekündigt.
56Im Weiteren habe der Kläger gegen seine Vertretungsbefugnis verstoßen, da entgegen der im Handelsregister eingetragenen Gesamtvertretung den Vertrag nur mit dem nicht für die Beklagte handlungsberechtigten Herrn U., dem Leiter IT der L. unterzeichnet habe.
57Im Weiteren habe der Kläger das iPad sowie das Zubehör unter Nutzung seiner Firmenkreditkarte für sich rechtswidrig erworben. Der Erwerb dieser Gegenstände habe nicht im Interesse der Gesellschaft gelegen. Sie habe ihm ein Laptop zur Verfügung gestellt. Im Übrigen habe er sich teure Apple-Produkte zugelegt, die als reine "LifeStyle Produkte" in der Regel deutlich teurer seien als andere ebenso funktionsfähige Produkte anderer Hersteller. Im Übrigen habe der Kläger sich die Produkte selbst beschafft. Üblich sei ein Erwerb über die IT-Abteilung. Dass der Kläger diese Geräte überwiegend für private Interessen erworben habe, ergebe sich bereits daraus, dass dessen Prozessbevollmächtigte am 26.06.2015 im Rahmen von Vergleichsverhandlungen angefragt habe, ob er die IT-Gegenstände behalten könne (Bl. 395 ff. d. A.).
58Der Erwerb eines hochwertigen Musik-Lautsprechers lege per se nicht im Interesse der Beklagten.
59Von diesem Pflichtenverstoß habe Herr L. am 11.06.2015 erfahren.
60Der Kläger habe weiterhin rechtswidrig persönliche Vorteile von einem Lieferanten entgegen genommen. Er habe die Mietfahrzeuge der Firma Mercedes Benz M. allein erhalten, weil er den Rahmenvertrag verhandelt habe. Auf Nachfrage habe Herr P. von der Firma Mercedes-Benz M. bestätigt, dass der Kläger diese Sonderkonditionen nur erhalten habe, weil er den Rahmenvertrag angebahnt habe.
61Auch andere Mitarbeiter hätten bis zur Auslieferung ihres Dienstwagens einen Mietwagen zu diesen Konditionen erhalten, jedoch nicht dauerhaft. Der Kläger habe auch während seiner Tätigkeit kein Leasingfahrzeug bestellt. Somit habe die Gestellung der Mietwagen auch keine Überbrückung dargestellt. Vielmehr habe der Kläger durchgehend diverse Mietwagen zu Leasingkonditionen nutzen können. Damit habe er von einem Lieferanten einen Vorteil erhalten, für den dieser sich zweifelsohne einen Vorteil erhofft habe. Damit habe er auch gegen die Compliance-Regelungen verstoßen (Bl. 399 f. d. A.).
62Herr C. habe den Prozessbevollmächtigten der Beklagten darüber informiert, dass der Kläger mehrere Fahrzeuge gemietet habe. Diese habe sich sodann mit Herrn P. von Mercedes-Benz M. in Verbindung gesetzt. Die Mietverträge seien am 10.06.2015 übermittelt worden. Dieser Sachverhalt werde für die Kündigung vom 02.06.2015 nachgeschoben.
63Im Übrigen habe der Kläger es vorsätzlich unterlassen, den Wechsel von dem ihm bis zum 30.09.2014 überlassenen Dienstwagen mit einem Bruttolistenpreis von 51.633,00 € zu den sodann genutzten Mercedes-Benz ML mit einem Mindestbruttolistenpreis von ca. 85.000,00 € der Personalabteilung oder dem für die Personalabrechnung zuständigen Steuerbüro T. mit, so dass die Beklagte ca. 30.000,00 € an auf den Sachbezug anfallenden Steuern nicht abgeführt habe und somit dem Kläger eine zu hohe Nettovergütung ausgezahlt habe. Sie müsse davon ausgehen, dass der Kläger tatsächlich bewusst über den Listenpreis getäuscht habe, zumindest bestehe aber der dringende Verdacht. Zumindest habe der Kläger aber gegen seine Verpflichtung zur ordnungsgemäße Buchführung und Bilanzierung verstoßen. Es sei offensichtlich, dass die Beklagte kein Vertrauen mehr darin habe, dass der Kläger die Finanzabteilung ordnungsgemäß leiten könne.
64Herr C. habe Herrn L. am 24.06.2015 über diesen Pflichtenverstoß informiert. Der Sachverhalt werde für die Kündigung am 02.06.2015 nachgeschoben.
65Im Weiteren habe der Kläger auch insoweit die Vertretungsregeln missachtet, indem er die Verträge allein unterzeichnet habe.
66Eine Abmahnung sei bei einem Geschäftsführer nicht erforderlich.
67Das Arbeitsgericht hat auf die Rüge der Beklagten den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten mit Beschluss vom 22.07.2015 für eröffnet erklärt, im Beschluss aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung über die Hilfsanträge mangels Anhängigkeit noch nicht erfolgen könne. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat die Beschwerde der Beklagten hiergegen mit Beschluss vom 09.09.2015 zurückgewiesen.
68Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze Bezug genommen.
69E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
70I.Die Klage ist zulässig, aber lediglich teilweise begründet.
711.Die Klage ist zulässig.
72a)Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 22.01.2016 erneut die fehlende Zuständigkeit des Arbeitsgerichts rügt, so kann hierauf nicht mehr eingegangen werden, da bereits rechtskräftig durch Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 09.09.2015 feststeht, dass der Rechtsweg eröffnet ist. Es ist nochmals darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis besteht inzidenter im Rahmen der Begründetheit der Klage zu prüfen ist, da das Arbeitsgericht zu prüfen hat, ob ein Arbeitsverhältnis bestand, das gekündigt werden konnte. Bezüglich der Vergütungsansprüche liegt eine Zusammenhangsklage gemäß § 2 Abs. 4 ArbGG vor.
73b)Die Anrufung des Arbeitsgerichts ist auch nicht durch die Schiedsvereinbarung der Parteien ausgeschlossen. Gemäß § 101 Abs. 3 ArbGG finden die Regelungen der Zivilprozessordnung über das Schiedsverfahren keine Anwendung. Die Voraussetzungen für die Anrufung eines Schiedsgerichts wegen Streitigkeiten aus einem Tarifvertrag gemäß § 101 Abs. 1, 2 ArbGG sind nicht gegeben.
742.Die Klage ist lediglich teilweise begründet.
75a)Die Kündigung vom 02.06.2015 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit sofortiger Wirkung beendet.
76aa)Zwischen den Parteien besteht ein Arbeitsverhältnis. Der Geschäftsführerdienstvertrag der Parteien ist aufgrund der tatsächlichen Gestaltung als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren.
77(a) Zwar wird der Geschäftsführer einer GmbH für diese in aller Regel auf der Grundlage eines Dienstvertrags, nicht eines Arbeitsvertrags tätig. Der Geschäftsführer einer GmbH wird für diese in aller Regel auf der Grundlage eines Dienstvertrags, nicht eines Arbeitsvertrags tätig. Dies gilt unabhängig davon, ob der (Fremd-)Geschäftsführer einen starken Anteilseigner, Mitgeschäftsführer etc. neben sich hat, der die konkrete Geschäftstätigkeit bestimmend mitgestaltet. Es kommt insoweit nicht entscheidend darauf an, welchen Gebrauch der GmbH-Geschäftsführer im Innenverhältnis nach § 37 Abs. 1 GmbHG von seiner im Außenverhältnis wegen § 44, § 35, § 37 Abs. 2 GmbHG unbeschränkten Vertretungsbefugnis machen darf. § 37 Abs. 1 GmbHG ist eine Norm zur Abgrenzung der Kompetenzen der Gesellschaftsorgane untereinander. Ein unternehmerisches Weisungsrecht hat die Gesellschaft auch gegenüber einem Geschäftsführer als freiem Dienstnehmer (BAG, Urteil vom 26.05.1999, 5 AZR 664/98 AP Nr. 10 zu § 35 GmbHG; BAG, Urteil vom 24.11.2005, 2 AZR 614/04, BAGE 116, 254). Berücksichtigt man, dass der Gesellschaft jedenfalls ein unternehmerisches Weisungsrecht zusteht, so kann eine Weisungsgebundenheit des GmbH-Geschäftsführers, die so stark ist, dass sie darüber hinaus auf einen Status des betroffenen GmbH-Geschäftsführers als Arbeitnehmer schließen lässt, allenfalls in extremen Ausnahmefällen in Betracht kommen (BAG, Urteil vom 24.11.2005, 2 AZR 614/04, BAGE 116, 254; LAG Köln, Beschluss vom 11.09.2013, 11 Ta 377/11 Rn. 18 ff). Ein Arbeitsverhältnis liegt nur vor, wenn die Gesellschaft dem Geschäftsführer auch arbeitsbegleitende und verfahrensorientierte Weisungen erteilt und auf diese Weise die konkreten Modalitäten der Leistungserbringung bestimmen kann. Hierbei sind die vertraglichen Modalitäten zu beachten, soweit die tatsächliche Durchführung des Vertrags dem nicht entgegen steht (BAG, Urteil vom 26.05.1999, 5 AZR 664/98, AP Nr. 10 zu § 35 GmbHG).
78Grundsätzlich kann auch die Bestellung einer GmbH kann auf einem Arbeitsverhältnis beruhen (BAG, Beschluss vom 04.02.2013, 10 AZB 78/12 Rn. 11). Insoweit ist auch nicht ausschließlich formal auf die Bestimmungen des Dienstvertrags abzustellen. Vielmehr hat das Gericht im Wege der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln, wie ein Vertrag rechtlich zu qualifizieren ist und hat dabei auch die tatsächliche Handhabung heranzuziehen. Die beiden Rechtsverhältnisse unterscheiden sich nach dem Grad der persönlichen Abhängigkeit bei der Erbringung der Dienstleistung.
79(b) Nach diesen Vorgaben liegt nach Auffassung der Kammer ein Arbeitsverhältnis vor. Außerhalb der Geschäftsordnung der Beklagten für die Geschäftsführung liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Kläger nicht nur in der konkreten Ausübung seiner Aufgabe als Geschäftsführer und damit als (Mit-)Leiter der Geschäfte der Beklagten unternehmerische Weisungen in großem Umfang durch die Gesellschafterversammlung, namentlich den gesetzlichen Vertreter der Gesellschafterin Herrn L., gemacht worden sind. Darüber hinaus ergibt sich nach Auffassung der Kammer bereits aus den von der Beklagten erhobenen Vorwürfen in Verbindung mit dem Dienstvertrag, dass eine Abhängigkeit und ein Handlungsrahmen gegeben ist, der mit der Position eines Geschäftsführers als freiem Dienstnehmer nicht zu vereinbaren ist.
80Zum einen ist der Kläger gemäß § 3 Abs. 1 des Dienstvertrags verpflichtet, seine ganze Arbeitskraft ausschließlich der Gesellschaft zu widmen. Er ist damit - mit Ausnahme der minutiös geregelten Tätigkeit für die D. OHG und die z. UG in einem Umfang von vier Tagen pro Jahr, für die er Urlaub aufzuwenden hat, verpflichtet, ausschließlich für die Beklagte tätig zu werden. Damit liegt nicht nur eine Einschränkung in den Betätigungsmöglichkeiten des Klägers im Hinblick auf mögliche Wettbewerbstätigkeiten, sondern eine ausdrückliche Beschränkung auf eine Tätigkeit bei der Beklagten vor, die per se zu einer deutlichen persönlichen Abhängigkeit führt.
81Entsprechendes gilt auch für die Berechtigung der Beklagten, dem Kläger weitere Ämter und Tätigkeiten in verbundenen Gesellschaften zuzuweisen, die mit der Vergütung abgegolten sind. Insoweit liegt ein zwar keine Regelung bezüglich eines Direktionsrechts in Bezug auf die Geschäftsführertätigkeit der Beklagten vor, die Beklagte ist aber gleichzeitig berechtigt, dem Kläger weitere Ämter und damit auch Tätigkeiten zuzuweisen.
82Darüber hinaus hat die Gesellschafterin bzw. ihr zugeordnete Personen auch konkrete arbeitsbegleitende Weisungen erteilt. Dieses wird insbesondere durch das Verhalten der Gesellschafterin bzw. der ihr übergeordneten Gesellschaft, die am 06.06.2014 die ausdrückliche Weisung erteilt hat, keinerlei weiteren Kontakt zur Presse zu halten.
83Zum anderen ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte dem Kläger nicht einmal die Freiheit gibt zu entscheiden, welche technische Ausstattung er für seine Tätigkeit, die unstreitig mit Dienstreisen verbunden ist, eine deutliche Einschränkung der Gestaltungsfreiheit. Die Beklagte wirft dem Kläger vor, dass er Geräte der Firma Apple für sich gekauft hat, bei denen zwischen den Parteien streitig ist, ob diese einem überwiegend privaten Zweck dienen. Damit wird aber auch deutlich, dass die Beklagte auch über die konkrete Büroausstattung eines Geschäftsführers eines Unternehmens mit einer Vielzahl von Mitarbeitern bestimmen will.
84Gepaart damit, dass eine enge unternehmerische Führung - nach Angaben der Beklagten aufgrund der Krisensituation - durch die Gesellschafterin vorlag, vermag die Kammer keinen Spielraum zu erkennen, der einer Tätigkeit als freier Dienstnehmer entspricht.
85bb)Auf das Arbeitsverhältnis findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Der Kläger ist nach der Abberufung als Geschäftsführer nicht mehr Organ der Beklagten, so dass § 14 Abs. 1 KSchG keine Anwendung findet. Die Kündigung gilt nicht als wirksam, der Kläger hat die Frist der §§ 4, 13 KSchG eingehalten.
86cc)Die Kündigung vom 02.06.2015 ist nicht durch einen wichtigen Grund iSd § 626 Abs. 1 gerechtfertigt.
87(a)Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und bei Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände "an sich", d. h. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG, Urteil vom 26.03.2015, 2 AZR 517/14 Rn. 20; BAG, Urteil vom 20.11.2014, 2 AZR 651/13 Rn. 13; BAG, Urteil vom 21.11.2013, 2 AZR 797/11 Rn. 15).
88Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Ende der Frist für eine ordentliche Kündigung zumutbar war oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkung einer Vertragspflichtverletzung - etwa im Hinblick auf das Maß eines durch sie bewirkten Vertrauensverlusts und ihre wirtschaftlichen Folgen -, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn dem Arbeitgeber angesichts der Gesamtumstände sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Die außerordentliche Kündigung ist unwirksam, wenn schon eine ordentliche Kündigung geeignet war, das Risiko künftiger Störungen zu vermeiden (BAG, Urteil vom 26.03.2015, 2 AZR 517/14 Rn. 21; BAG, Urteil vom 09.06.2011, 2 AZR 284/10 Rn. 22; BAG, Urteil vom 10.06.2010, 2 AZR 541/09 Rn. 34).
89(b)Die Beklagte wirft dem Kläger mit der Kündigung vom 02.06.2015 mehrere Pflichtverletzungen vor. Zum einen wirft sie ihm vor, der Kläger habe die Gesellschafterversammlung, namentlich Herrn L. über den Inhalt des Vertrags mit der Firma S. durch Fälschung der von der zuvor von der Unternehmensberatung gefertigten Kostenaufstellung getäuscht und zudem versäumt, einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss herbeizuführen und gegen seine Vertretungsbefugnis und die Unterschriftenrichtlinie verstoßen. Im Weiteren habe er Apple-Produkte zum privaten Gebrauch erworben und über einen längeren Fahrzeuge mieten können im Gegenzug dafür, dass er einen Rahmenvertrag mit dem Vermieter bezüglich des Leasings von Fahrzeugen geschlossen habe und zudem rechtswidrig nicht auf die Änderung des Sachbezuges hingewiesen und sich damit bewusst einen Vorteil verschafft.
90(aa) Der Vorwurf der Täuschung über einen abzuschließenden Vertrag und der Unterzeichnung eines Vertrages ohne Herbeiführung eines Gesellschafterbeschlusses kann grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung herbeiführen sowie auch der Erwerb von Gegenständen auf Kosten der Beklagten für den privaten Gebrauch sowie Korruption.
91(bb) Soweit der Kläger interne Unterschriftsvorgaben missachtet hat, können diese zumindest eine außerordentliche Kündigung nach Auffassung der Kammer nicht begründen. Ohne dass damit ein feststellbarer Schaden entstanden ist, ist nicht ersichtlich, dass der Beklagten insofern nicht zumutbar war, die ordentliche Kündigungsfrist abzuwarten.
92( c) Die von der Beklagten erhobenen Vorwürfe sind jedoch im konkreten Fall nicht geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu begründen. Im Einzelnen:
93(aa) Das Gericht vermag nicht festzustellen, dass der Kläger Herrn L. über den Umfang des abzuschließenden Vertrags bzw. die damit entstehenden Kosten getäuscht hat. In der von dem Kläger veränderten Kostenberechnung der Unternehmensberater ist ausdrücklich aufgenommen, dass das Application Management noch nicht beauftragt werden soll. Konsequenterweise ist es auch in die Kostenberechnung für die aktuelle Beauftragung nicht aufgenommen worden.
94Es ist auch nicht erkennbar, dass der Kläger ohne den unstreitig insoweit nicht vorliegenden Gesellschafterbeschluss bereits einen Auftrag zum Application Management erteilt hat und damit Kosten ausgelöst wurden. Dieses ergibt sich auch nicht aus dem von der Beklagten vorgelegten Vorvertrag. Gemäß § 2 dieses Vorvertrags wird die endgültige Definition der Leistungsinhalte und auch der finalen Mengengerüste in noch zu vereinbarenden Leistungsscheinen zu den jeweiligen Teilleistungen beschrieben. Damit kann noch kein definitiver Auftrag für bestimmte Leistungen erteilt worden sein. Zudem können vorab auch nur Teile des angebotenen Leistungsumfangs beauftragt werden. Hier ist ausdrücklich das Application Management aufgenommen. Vor diesem Hintergrund ist gerade nicht ersichtlich, dass bereits eine bindende Beauftragung für das Application Management erfolgt ist. Ausweislich des Vorvertrages ist sodann noch ein Rahmenvertrag abzuschließen, in dem die zu erbringenden Leistungen en detail vereinbart werden.
95Zudem ist nicht erkennbar, ob die Unterschrift des Klägers unter dem Angebot lediglich die Bestätigung des nunmehr ausverhandelten Angebots oder aber bereits dessen Annahme ist. Zumindest ist nicht ausdrücklich der Begriff "angenommen" o. ä. aufgeführt. Unter § 4.4 des Angebots ist ausdrücklich geregelt: "Eine endgültige Entscheidung ist einer rechtlichen Ausgestaltung in einer folgenden Vertragsverhandlung vorbehalten". Vor diesem Hintergrund ist noch nicht einmal erkennbar, welche rechtliche Wirkung die Annahme überhaupt haben soll, außer, dass in dieser Eckdaten definiert, aber nicht abschließend verhandelt sind. Entsprechendes ergibt sich auch aus § 4 des Vorvertrags, nachdem lediglich Vorbereitungsarbeiten erfolgen sollen, ein endgültiger Vertragsabschluss aber bis zum 31.12.2014 stattfinden sollte.
96(bb) Die Kammer vermag keine Pflichtverletzung erkennen, soweit die Beklagte dem Kläger vorwirft, er habe für sich - und im Übrigen auch für die weiteren Geschäftsführer - im Herbst 2014 Apple iPads mit Zubehör allein für den privaten Gebrauch gekauft.
97Für das Gericht ist bereits nicht nachvollziehbar, inwiefern auf der Hand liegt, dass Produkte der Firma Apple reine LifeStyle-Produkte darstellen. Schließlich hat die Beklagte dem Kläger auch ein Mobiltelefon derselben Marke gestellt. Vor diesem Hintergrund erscheint es zu einem nicht abwegig, sich mit weiteren mobilen Geräten in der gleichen Marken- und Softwarewelt zu bewegen, auch vor dem Hintergrund, dass die Zusammenarbeit der Geräte und der Datenaustausch dadurch erleichtert wird. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass günstigere Tablets auf dem Markt verfügbar sind. Das Gericht mag jedoch keine Pflichtverletzung darin zu erkennen, dass der Kläger Tablets einer anerkannten Marke, die für ihre einfache Bedienbarkeit und Einfügbarkeit in die eigene Markenwelt bekannt ist, erworben hat.
98Zum anderen hat der Kläger für die gesamte Geschäftsführung der Beklagten Tablets erworben. Es kann dahinstehen, ob neben einem Smartphone und einem Laptop ein Tablet erforderlich im eigentlichen Sinne ist. Dass die Nutzung dieser Geräte aufgrund der höheren Mobilität im Verhältnis zum Laptop und der leichteren Bedienbarkeit und auch Erkennbarkeit von Dateien im Verhältnis zu Smartphone in der Geschäftswelt mittlerweile üblich ist, dürfte auch der Beklagten bekannt sein. Insoweit stellt nach Auffassung der Kammer auch die Entscheidung der Geschäftsführung der Beklagten, diese Geräte zu nutzen, eine nachvollziehbare Entscheidung dar.
99Allein aus der Tatsache, dass der Kläger die Beschaffung nicht über den üblichen Weg der IT-Abteilung vorgenommen hat, vermag das Gericht ebenfalls keine Pflichtverletzung zu erkennen.
100Es ist auch nicht feststellbar, dass der Kläger das Tablet sowie das Zubehör aus überwiegendem privatem Interesse erworben hat. Der Kläger hat nachvollziehbar erklärt, wozu er auch den Lautsprecher erworben hat, nämlich für die Durchführung von Telefonkonferenzen. Dieses ist die Beklagte nicht substantiiert entgegen getreten. Zweifelsohne verfügt ein Tablet auch über einen nutzbaren Lautsprecher, die Kammer vermag aber aus der Entscheidung des Klägers, Telefonkonferenzen mit einer besseren Tonqualität hören zu wollen, keine Pflichtverletzung zu erkennen.
101Zweifelsohne hat ein Tablet - ebenso wie ein Mobiltelefon - auch einen privaten Nutzen, weil man dieses auch für die Internetnutzung und Kommunikation im privaten Bereich nutzen kann. Ein Erwerb zu diesem Zweck ist jedoch nicht feststellbar. Dieses gilt auch für den Lautsprecher. Die Beklagte dürfte dieses auch nicht anders bewertet haben, denn im Rahmen der Überprüfung der Kreditkartenabrechnung sind diese durch den Vorsitzenden der Geschäftsführung T. am 24.10.2014 mit "ok" bzw. zu einem späteren Zeitpunkt mit "Ok to pay" abgehakt worden.
102Etwas Entsprechendes ergibt sich auch nicht aus dem Begehren des Klägers im Rahmen der Verhandlungen über die Aufhebung des Anstellungsverhältnisses, die Geräte behalten zu dürfen. Zum einen ist das Behalten von IT-Geräten wie Tablets, Laptops, Mobiltelefonen im Rahmen von Aufhebungsverhandlungen äußerst üblich, da die Arbeitnehmer diese im Weiteren für Bewerbungen etc. nutzen, zum anderen ist auch nach Auffassung der Kammer eine private Nutzbarkeit gegeben, ohne dass sich daraus der Schluss ziehen lässt, dass die Geräte überwiegen für private Zwecke genutzt worden sind.
103(cc) Die Kammer vermag auch im Zusammenhang mit dem Abschluss von Mietverträgen über Fahrzeuge mit der Firma Mercedes Benz M. Solutions keine Pflichtverletzung festzustellen, die die Beklagte zur außerordentlichen Kündigung berechtigt hätte. Der Kläger hat zwar in diesem Zusammenhang beim Abschluss der Mietverträge, die im Endeffekt die Beklagte belastet haben, Erklärungen abgegeben, zu denen er weder im Außen-, noch im Innenverhältnis berechtigt war, und die auch nicht im Rahmen der Begründung von erforderlichen Aufwendungen angefallen sind, dieses rechtfertigt nach Auffassung der Kammer nicht die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Es wäre der Beklagten zumutbar gewesen, das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Befristung zu kündigen.
104Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass der Kläger unberechtigt einen Vorteil angenommen hat, so vermag das Gericht insoweit keine hinreichende Pflichtverletzung zu erkennen. Der Kläger hat nachvollziehbar erklärt, wie es dazu gekommen ist, dass nicht unmittelbar ein Leasingfahrzeug bestellt wurde, sondern vielmehr bis zum Erscheinen des Facelifts der M-Klasse im Sommer 2015 ein Fahrzeug zu Leasingkonditionen gemietet wurde.
105Dem gegenüber liegt seitens der Beklagten kein Sachvortrag vor, aus dem die Kammer den Schluss ziehen kann, dass die Gewährung der Leasingkonditionen für einen Mietwagen über einen ungewöhnlich langen Zeitraum allein eine Gegenleistung für die Verhandlung des Rahmenvertrages gewesen ist. Die reine Behauptung, dieses sei der Fall gewesen, lässt nicht den Schluss zu, dass dieses mit Kenntnis des Klägers geschah. Der Kläger hat vorgetragen, dass der Vorschlag, mit der Bestellung eines Leasingfahrzeugs bis zum Erscheinen des Facelifts abzuwarten, von einem Mitarbeiter der Firma M. an ihn herangetragen wurde und für diese Zeit die Interimsmiete zu nutzen. Diesem ist die Beklagte nicht entgegen getreten. Aus Sicht des Klägers war damit ein Schaden für die Beklagte nicht verbunden, da die Kosten gleich blieben. Dass sich aus dieser Vereinbarung eine Abhängigkeit gegenüber der Firma M. und insbesondere ein Kick-Back-Geschäft im Hinblick auf die Rolle des Klägers bei den Verhandlungen über den Rahmenvertrag ergab, liegt nach Auffassung der Kammer nicht auf der Hand. Insbesondere ist aber auch nicht ersichtlich, dass der Kläger nach einem Hinweis der Beklagten, die Möglichkeit zur Interimsmiete nicht zu überdehnen, unmittelbar ein Leasingfahrzeug bestellt hätte, um die Miete zu beenden.
106(dd) Die Kammer vermag auch nicht festzustellen, dass der Kläger vorsätzlich über die fehlende Änderung des Sachbezuges im Rahmen seiner Gehaltsabrechnungen getäuscht hat. Hierfür besteht kein Anlass. Dem Kläger kann der Vorwurf gemacht werden, dass er seine Gehaltsabrechnungen nicht ordnungsgemäß geprüft hat. Im Hinblick auf die reine arbeitsrechtliche Verpflichtung kann damit aber allenfalls ein fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden. Dieses ist nicht geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu begründen.
107Soweit die Beklagte darüber hinaus auch den Vorwurf erhebt, der Kläger habe in seiner Position als Geschäftsführer gegen die Verpflichtung aus § 41 GmbHG verstoßen, für die ordnungsgemäße Buchführung zu sorgen, so ist dieser Vorwurf dem Grunde nach berechtigt, da nach der gesetzlichen Vorschrift alle Geschäftsführer dieser Verpflichtung unterliegen. Für die Frage der Schwere der Pflichtverletzung ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass der Kläger unstreitig weder für Finanzangelegenheit noch Personal zuständig war, ihm daher auch keine Expertise in Fragen der Lohnabrechnung unterstellt werden kann. Wenn aber bereits nicht festgestellt werden kann, dass der Kläger die Unrichtigkeit der Lohnabrechnung erkannt hat und sodann bewusst einen Hinweis an die Lohnbuchhaltung bzw. das Steuerbüro unterlassen hat, so kann auch im Hinblick auf die Verpflichtung aus § 41 GmbH lediglich ein fahrlässiges Verhalten festgestellt werden. Unter Abwägung der fehlenden internen Zuständigkeit des Klägers für diesen Bereich liegt keine Pflichtverletzung vor, die die Fortführung des Arbeitsverhältnisses bis zur Auslaufen der ordentlichen Frist unzumutbar macht.
108Soweit die Beklagte den Vorwurf auch zur Begründung einer Verdachtskündigung heranzieht, ist bereits nicht ersichtlich, wann der Kläger zu diesem Vorwurf angehört wurde. Dieses ist aber für die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung erforderlich. Die Notwendigkeit der Anhörung des Arbeitnehmers vor Ausspruch einer Verdachtskündigung ist Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Sie gründet in der Verpflichtung des Arbeitgebers, sich um eine Aufklärung des Sachverhalts zu bemühen. Sie soll den Arbeitgeber vor voreiligen Entscheidungen bewahren und der Gefahr begegnen, dass ein Unschuldiger von der Kündigung betroffen wird (BAG, Urteil vom 23.05.2013, 2 AZR 102/12 Rn. 31; BAG, Urteil vom 24.05.2012, 2 AZR 206/11 Rn. 32; BAG, Urteil vom 23.06.2009, 2 AZR 474/07 Rn. 51).
109b)Die außerordentliche Kündigung vom 11.06.2015 hat das Arbeitsverhältnis auch nicht mit sofortiger Wirkung beendet. Die Beklagte stützt die Kündigung auf den Verdacht, der Kläger habe über den Umfang des mit S. getäuscht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung einen wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses bilden (BAG, Urteil vom 12.02.2015, 2 AZR 845/13 Rn. 29; BAg, Urteil vom 20.06.2013, 2 AZR 546/12 Rn. 14). Eine auf einen solchen Verdacht gestützte Kündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich der Verdacht auf objektive Tatsachen gründet, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (BAG, Urteil vom 12.02.2015, 2 AZR 845/13 Rn. 29; BAG, Urteil vom 25.10.2012, 2 AZR 700/11 Rn. 13). Der Verdacht muss auf konkrete - vom Kündigenden darzulegende und ggf. zu beweisende - Tatsachen gestützt sein. Der Verdacht muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er in der Sache zutrifft (BAG, Urteil vom 12.02.2015, 2 AZR 845/13 Rn. 29; BAG, Urteil vom 25.10.2012, 2 AZR 700/11 Rn. 14; BAG, Urteil vom 25.11.2010, 2 AZR 801/09 Rn. 16).
110Im Hinblick auf die Ausführungen zur Tatkündigung ist jedoch auch kein dringender Tatverdacht erkennbar, insbesondere liegen keine Indizien vor, die einen entsprechenden Schluss zulassen. Weder die Präsentation des Klägers noch die auf dieser Basis geschlossenen Verträge lassen den Schluss zu, dass bereits eine Regelung über das Application Management getroffen wurde. Es liegen auch keine entsprechenden Indizien vor.
111c)Das Arbeitsverhältnis wird jedoch aufgrund der in § 12 Abs. 2 des Dienstvertrages vereinbarten ordentlichen Kündigungsmöglichkeit zum 30.04.2016 sein Ende finden.
112aa) Die Kündigung ist nicht durch § 15 Abs. 3 TzBfG ausgeschlossen. Das Arbeitsverhältnis ist zwar als befristetes Arbeitsverhältnis ausgestaltet, die Parteien haben jedoch in § 12 Abs. 2 des Dienstvertrags vereinbart, dass es mit einer Frist von 6 Monaten zum Befristungsende gekündigt werden kann.
113bb)Die außerordentliche Kündigung vom 02.06.2015 kann in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden. Der unbedingte Beendigungswille der Beklagten ist deutlich erkennbar.
114cc)Die Kündigung ist als verhaltensbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt iSd § 1KSchG. Der Kläger hat unstreitig mehrfach gegen die im Unternehmen geltenden Compliance-Regelungen verstoßen, indem er Einkäufe für die Beklagte getätigt hat sowie Mietverträge über sein Dienstfahrzeug abgeschlossen hat, ohne das vorgegebene Vier-Augen-Prinzip, dass nach der von der Beklagten vorgelegten Compliance-Richtlinie gilt, grundsätzlich für alle Beschäftigten gilt, auch wenn je nach Umfang des Einkaufs lediglich eine Unterzeichnung von Mitarbeitern unterer Ebenen mit erfordert. Der Kläger ist jedoch weder im Innen- noch im Außenverhältnis berechtigt, alleine Erklärungen für die Beklagte abzugeben. Entgegen seiner Auffassung kommt es insoweit auch nicht darauf an, dass er keinen Vertrag mit einem Einzelvolumen von mehr als 5.000,00 € abgeschlossen hat, da nach der vorgelegten Compliance-Richtlinie alle Verträge dem Vier-Augen-Prinzip unterliegen.
115Gegen diese Vorgabe hat der Kläger im Zusammenhang mit dem Abschluss der Mietverträge bei der Firma Mercedes Benz M. mehrfach verstoßen.
116Eine Abmahnung war nach Auffassung der Kammer insoweit nicht erforderlich. Insbesondere vor dem von ihm selbst geschilderten in jeder Hinsicht bestehenden Handlungskorsett musste dem Kläger klar sein, dass ihm auch insoweit keinerlei eigene Handlungsfreiheit zustand. Auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger Teil der Unternehmensleitung war und damit auch im Hinblick auf Compliance Vorbildcharakter auszuüben hatte, war eine Abmahnung nicht auszusprechen.
117Die Kündigung erweist sich insoweit auch nicht als unverhältnismäßig. Der Kläger war zu ihrem Zeitpunkt erst etwas mehr als ein Jahr beschäftigt und hatte in diesem Tätigkeitsjahr bereits mehrfach gegen die Unterschriftenrichtlinie verstoßen. Eine besondere Schutzwürdigkeit, die zu einem überwiegenden Interesse an der Fortführung des Arbeitsverhältnisses führen, ist nicht feststellbar. Das Arbeitsverhältnis wird daher zum 30.04.2016 sein Ende finden.
118d)Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger die weitere Vergütung für den Monat Juni 2015 aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges zu zahlen. Die Beklagte hat, wie zuvor festgestellt, das Arbeitsverhältnis rechtswidrig gekündigt. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt zudem bereits länger von der Arbeitsleistung freigestellt, so dass ein Arbeitsangebot nicht mehr erforderlich war, § 296 ZPO.
119Die Höhe des Anspruchs ergibt sich aus dem regelmäßig gezahlten Monatsentgelt von 18.750,00 €, eines Sachbezugs für die Privatnutzung des Firmenfahrzeugs für den laufenden Monat von 849,00 € brutto, einer Nachberechnung des Sachbezuges für die Monate Oktober 2010 bis Mai 2015 in Höhe von insgesamt 2.780,54 brutto €, von dem netto die Privatnutzung für den laufenden Monat, die Altersversorgung sowie die nachberechneten Sachbezüge aus den Monaten Oktober 2014 bis Juni 2015 in Abzug zu bringen waren sowie der Zuschuss zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung hinzu zu rechnen war.
120Der Zinsanspruch beruht auf §§ 280,286, 614 BGB.
121II.Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
122III.Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO. Das Gericht hat das Monatsgehalt von 18.750,00 € zuzüglich des Sachbezuges in Höhe von insgesamt 362,52 € sowie 50 % des maximal erreichbaren Bonus von 150.000,00 € im Hinblick auf die unklare Zielerreichung in Ansatz gebracht. Für die erste Kündigung ist ein Vierteljahresbezug, für die weitere Kündigung ein weiteres Bruttomonatsgehalt in Ansatz gebracht worden.
123RECHTSMITTELBELEHRUNG
124Gegen dieses Urteil kann von jeder Partei Berufung eingelegt werden.
125Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
126Landesarbeitsgericht Düsseldorf
127Ludwig-Erhard-Allee 21
12840227 Düsseldorf
129Fax: 0211 7770-2199
130eingegangen sein.
131Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
132Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
133Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1341.Rechtsanwälte,
1352.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
1363.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
137Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
138* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
139Buschkröger
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Referenzen
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