Urteil vom Bundesgerichtshof (3. Zivilsenat) - III ZR 27/14

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 23. Dezember 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.

In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Anschlussrevision des Klägers wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

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Der Kläger nimmt den beklagten Landkreis auf Schadensersatz wegen der Erteilung einer rechtswidrigen Grundstücksverkehrsgenehmigung in Anspruch.

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Mit notariellem Vertrag vom 10. Oktober 1991 schenkten die Eltern des Klägers diesem drei in der Gemeinde B.      gelegene und mit einem Gaststättengebäude bebaute Grundstücke (Flurstücke 524, 525 und 526), die sie selbst im Jahr zuvor - ohne Beantragung einer Grundstücksverkehrsgenehmigung - erworben hatten. Am 3. September 1992 erteilte der Landkreis B.    als Rechtsvorgänger des Beklagten bezüglich dieses Schenkungsvertrags eine Grundstücksverkehrsgenehmigung, obwohl die Streithelferin bereits mit Schreiben vom 27. März 1991 Ansprüche nach dem Vermögensgesetz (VermG) an den Grundstücken angemeldet hatte.

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Der am 3. Dezember 1992 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragene Kläger führte an dem Gaststättengebäude in den Jahren 1992 bis 1996 Sanierungsarbeiten durch und baute dieses zu einem Hotel um. 1994 erwarb er das angrenzende Nachbargrundstück (Flurstück 527). In diesem Zusammenhang stellte er unter dem 5. September 1994 eine hinsichtlich der zu bevollmächtigenden Person offene und später durch den Namen T.     ergänzte Blankovollmacht aus, in der ohne Bezeichnung der Flurstücke die Befugnis erteilt wurde, bei dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen des Beklagten "einen Antrag zu stellen zur Ausstellung eines Negativbescheides". Mit Schreiben vom 14. September 1994 beantragte Frau T.      unter der Firmenanschrift "B.          GmbH" bei dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen des Beklagten die Ausfertigung eines Negativattests für sämtliche vom Kläger erworbenen Flurstücke. Mit Schreiben vom 26. September 1994 teilte das Amt der B.           GmbH mit, dass für die Flurstücke 524, 525 und 526 ein Negativattest nicht erteilt werden könne. Der Erhalt dieses Schreibens durch den Kläger ist zwischen den Parteien streitig. Mit gesondertem Schreiben vom selben Tag erteilte das Amt für das Flurstück 527 ein Negativattest, das der Kläger unstreitig erhalten hat.

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Nach mehrfacher Teilung der Flurstücke 524, 525 und 526 veräußerte der Kläger in den Jahren 1997, 1999 und 2000 die Grundstücke mit Ausnahme der nach der Teilung neu bezeichneten Flurstücke 851 und 853, auf denen sich das sanierte Gaststätten- und Hotelgebäude befindet. Mit Schreiben vom 6. Januar 1998 wurde dem Kläger vom Amt für Grundstücksverkehr des Beklagten erneut eine Grundstücksverkehrsgenehmigung für den Schenkungsvertrag vom 10. Oktober 1991 zugestellt. Am 10. August 2000 erließ das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen des Beklagten zu Gunsten der Streithelferin einen Restitutionsbescheid hinsichtlich der Flurstücke 524 bis 526. Der gegen den Bescheid erhobene Widerspruch des Klägers und die nachfolgend durch ihn beim Verwaltungsgericht erhobene Klage blieben erfolglos. Die Streithelferin wurde als Eigentümerin der Flurstücke 851 und 853 in das Grundbuch eingetragen.

5

Der Kläger macht mit der Klage - wegen einer zwischenzeitlich erfolgten Pfändung und Überweisung der Ansprüche teilweise im Wege der Prozessstandschaft - einen Betrag von 853.918,78 € geltend, den er nach seinem Vortrag für Materialien und Arbeiten im Rahmen der Sanierung und des Umbaus des Gaststättengebäudes sowie für Zinsen im Rahmen baubedingt aufgenommener Darlehen aufgewendet hat. Darüber hinaus begehrt er die Freistellung von noch zu leistenden Zinszahlungen.

6

Nachdem das Landgericht die Klage zunächst mit einem Grundurteil dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und das Berufungsgericht auf die Berufung des Beklagten dieses Urteil aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben hatte, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht den Beklagten zur Zahlung von 572.289,71 € und zur Freistellung von Zinszahlungsverpflichtungen des Klägers verurteilt.

7

Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. Der Kläger verfolgt mit der von ihm eingelegten Anschlussrevision seine Klageanträge im Umfang der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit zum Nachteil des Beklagten entschieden worden ist. Die Anschlussrevision hat hingegen keinen Erfolg.

I.

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Das Berufungsgericht hat dem Kläger einen Zahlungsanspruch aus § 839 Abs. 1 BGB, Art. 34 GG, § 1 StHG wegen der rechtswidrigen Erteilung einer Grundstücksverkehrsgenehmigung zum Schenkungsvertrag vom 10. Dezember 1991 zuerkannt. Die Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung durch den Rechtsvorgänger des Beklagten sei im Hinblick auf die zum damaligen Zeitpunkt vorliegende Anmeldung von Ansprüchen durch die Streithelferin amtspflichtwidrig erfolgt. Die Amtspflicht, wegen der Anmeldung von Restitutionsansprüchen das Verfahren über die Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung auszusetzen und die Entscheidung über die Erteilung der Genehmigung bis zum Vorliegen einer bestandskräftigen Entscheidung über die angemeldeten Rückübertragungsansprüche zurückzustellen und nach Abschluss des Verfahrens die Genehmigung zu versagen, entfalte Drittschutz zu Gunsten des Klägers. Die von ihm getätigten Aufwendungen würden vom Schutzbereich der verletzten Amtspflicht erfasst.

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Das berechtigte Vertrauen des Klägers in die Rechtmäßigkeit der Grundstücksverkehrsgenehmigung sei auch nicht nach Erteilung der Genehmigung weggefallen. Die Schutzwürdigkeit des Klägers sei nicht auf Grund der Auskunft des Amts zur Regelung offener Vermögensfragen vom 26. September 1994 an die B.        GmbH bezüglich der Flurstücke 524, 525 und 526 entfallen. Dass er von der Auskunft gewusst habe, sei nicht unter Beweis gestellt. Eine Zurechnung des Wissens des Vertreters nach § 166 Abs. 1 BGB sei ebenfalls nicht möglich. Diese Norm betreffe das Verhältnis zwischen Vertragspartnern im Rahmen von rechtsgeschäftlichen Erklärungen und beruhe auf dem Gedanken, dass ein Adressat darauf vertrauen dürfe, dass der Vertreter die ihm mitgeteilten Kenntnisse dem Geschäftsherrn mitteile. lm Rahmen des Rechts der unerlaubten Handlung seien für die Zurechnung fremden Wissens allein die §§ 831, 31, 89 BGB beziehungsweise hinsichtlich des Geschädigten § 278 BGB in Verbindung mit § 254 Abs. 2 Satz 2 BGB anwendbar. Da die B.       GmbH nach dem nicht widerlegten Vortrag des Klägers nicht mit der Einholung einer Auskunft in Bezug auf die Flurstücke 524 bis 526 beauftragt gewesen sei, sei sie insoweit nicht als seine Erfüllungsgehilfin anzusehen.

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Eine Amtspflichtverletzung liege des Weiteren darin, dass der Beklagte dem Kläger entgegen § 31 Abs. 2 VermG auch später nicht mitgeteilt habe, dass Rückübertragungsansprüche angemeldet worden seien.

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Nach Auffassung des Berufungsgerichts muss sich der Kläger jedoch ein Mitverschulden anrechnen lassen, weil er gegen die ihn nach § 3 Abs. 5 VermG treffende Pflicht, sich vor Verfügungen über das Grundstück zu vergewissern, ob Restitutionsansprüche angemeldet seien, verstoßen habe. Diese Vorschrift solle auch für den Verfügungsberechtigten Rechtssicherheit schaffen, da er nach erfolgter Auskunft über das Vorliegen einer Anmeldung wisse, ob er die beabsichtigte Verfügung vornehmen dürfe oder ob das Verfügungsverbot des § 3 Abs. 3 VermG greife. Verfügungen in diesem Sinne seien nicht nur Eigentumsübertragungen oder Belastungen des Grundstücks, sondern auch Änderungen des Vermögenswertes in seiner Substanz, wie zum Beispiel Abriss, Neubau oder Umbau in wesentlichen Teilen. Die Vergewisserung durch den Kläger habe zwar im Hinblick auf die erteilte Grundstücksverkehrsgenehmigung für die Fortführung der Sanierung zunächst nicht erfolgen müssen. Anlass zur Vergewisserung habe aber jedenfalls vor Bewilligung des Grundpfandrechts am 18. Oktober 1994 bestanden. Bei Abwägung der Verursachungsbeiträge ergebe sich ein überwiegendes Verschulden des Beklagten, das mit zwei Dritteln als angemessen anzusehen sei.

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Der Kläger müsse sich des Weiteren anrechnen lassen, dass er infolge der rechtswidrig erteilten Genehmigung die Möglichkeit gehabt habe, das sanierte Gebäude zu nutzen. Dabei stelle schon die Nutzungsmöglichkeit einen vermögenswerten Vorteil dar. Unter Berücksichtigung des von der Streithelferin vorgelegten Sachverständigengutachtens über den Verkehrswert sei von einer Gesamtnutzungsdauer des Wohn- und Geschäftshauses von 50 Jahren auszugehen. Auf der Grundlage einer tatsächlichen Nutzungsdauer von neun Jahren ab Ende des Jahres 1996 sei der Anspruch des Klägers daher um 9/50 (= 18 %) zu kürzen.

II.

14

Diese Beurteilung hält, soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist, der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Revision des Beklagten

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1. Das Berufungsgericht hat allerdings zutreffend eine schuldhafte Amtspflichtverletzung der Bediensteten des Rechtsvorgängers des Beklagten darin gesehen, dass für den am 10. Oktober 1991 zwischen dem Kläger und seinen Eltern geschlossenen Schenkungsvertrag eine Grundstücksverkehrsgenehmigung erteilt wurde, obwohl die Streithelferin bereits mit Schreiben vom 27. März 1991 Ansprüche an den Flurstücken 524, 525, und 526 nach dem Vermögensgesetz angemeldet hatte. Die verletzte Amtspflicht entfaltete auch Drittschutz zu Gunsten des Klägers. Die Amtspflicht, die Grundstücksverkehrsgenehmigung bei Vorliegen einer Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche nicht sogleich zu erteilen, sondern das Genehmigungsverfahren auszusetzen, besteht auch gegenüber dem Vertragspartner des Verfügungsberechtigten. Dieser soll davor bewahrt werden, im Vertrauen darauf, dass zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung kein Restitutionsverfahren anhängig ist, Aufwendungen zu machen und Dispositionen zu treffen, die sich später als nutzlos herausstellen (Senat, Urteile vom 10. April 2003 - III ZR 38/02, VIZ 2003, 353, 354; vom 10. Mai 2001 - III ZR 223/00, VIZ 2001, 488, 489 und vom 4. März 1999 - III ZR 29/98, VIZ 1999, 346, 347).

16

2. Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht jedoch davon ausgegangen, das Vertrauen des Klägers in die Rechtmäßigkeit der Grundstücksverkehrsgenehmigung sei auch nach der Mitteilung des Amts zur Regelung offener Vermögensfragen vom 26. September 1994 an die B.          GmbH schutzwürdig gewesen.

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a) Ob ein (rechtswidriger) begünstigender Verwaltungsakt haftungsrechtlich schutzwürdiges Vertrauen begründet oder ob einer entsprechenden Vertrauensgrundlage objektive Umstände oder subjektive Kenntnisse beziehungsweise sich aufdrängende Erkenntnismöglichkeiten des Empfängers entgegenstehen, ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht erst eine Frage des mitwirkenden Verschuldens im Sinne des § 254 BGB, sondern bereits eine solche der objektiven Reichweite des dem Betroffenen durch das Amtshaftungsrecht gewährten Vermögensschutzes (Senat, Urteile vom 11. Oktober 2007 - III ZR 301/06, MDR 2008, 22, 23 f; vom 10. April 2003 aaO; vom 11. April 2002 - III ZR 97/01, MDR 2002, 944 und vom 11. Oktober 2001 - III ZR 63/00, BGHZ 149, 50, 53 f; Staudinger/Wöstmann, BGB, Neubearbeitung 2013, § 839 Rn. 248). Entsprechendes gilt, wenn das schutzwürdige Vertrauen bei dem Geschädigten nachträglich entfällt (vgl. dazu Senat, Urteil vom 19. März 1992 - III ZR 16/90, BGHZ 117, 363, 372; OLG Brandenburg, Urteil vom 14. Oktober 2008 - 2 U 7/08, juris Rn. 31 f; Staudinger/Wöstmann aaO).

18

Die Revisionserwiderung weist insofern im Ansatz zutreffend darauf hin, dass sich die haftungsrechtliche Rechtsprechung des erkennenden Senats in Bezug auf die Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Geschädigten auch an dem Rechtsgedanken des § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG orientiert (Senat, Urteil vom 16. Januar 1997 - III ZR 117/95, BGHZ 134, 268, 284). Dies bedeutet indes entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht, dass vorliegend das Vertrauen des Klägers in die Rechtmäßigkeit der Grundstücksverkehrsgenehmigung und damit in das Nichtvorliegen von Anmeldungen von Restitutionsansprüchen nur dann nicht mehr schutzwürdig ist, wenn eine der in § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 VwVfG genannten Fallkonstellationen vorliegt. Bereits im Verwaltungsverfahrensrecht legen die Regelungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 VwVfG nicht abschließend fest, wann der Vertrauensschutz entfällt (BVerwGE 143, 230 Rn. 18; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 48 Rn. 148 f). Vielmehr kann Vertrauensschutz auch für weitere Fallgestaltungen zu verneinen sein, in denen es an einer Grundlage für ihn fehlt (Sachs Rn. 149). Letzteres gilt erst recht für den haftungsrechtlichen Vertrauensschutz. Dieser bezieht die vertrauensschutzrechtlichen Wertungen des Verwaltungsverfahrensrechts in § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG zwar ein (Senat, Urteil vom 16. Januar 1997 aaO). Ob die Grundlage für die Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Geschädigten nachträglich entfallen ist, lässt sich jedoch nur aufgrund einer alle relevanten objektiven und subjektiven Umstände des betreffenden Sachverhalts einbeziehenden umfassenden Würdigung feststellen. Insbesondere entfällt die Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Geschädigten nicht ausschließlich dann, wenn dieser die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts - hier: der Grundstücksverkehrsgenehmigung - gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt hat.

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b) Bei Anwendung der vorgenannten Grundsätze ist davon auszugehen, dass aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falls das Vertrauen des Klägers in die Grundstücksverkehrsgenehmigung in Anbetracht der Ausstellung der Blankovollmachtsurkunde vom 5. September 1994 durch den Kläger und der Mitteilung des Amts zur Regelung offener Vermögensfragen vom 26. September 1994 an die B.          GmbH über das Vorliegen eines Rückübertragungsantrags nicht mehr schutzwürdig war.

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aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts stellte der Kläger unter dem 5. September 1994 eine schriftliche Blankovollmacht aus, in der er ohne Bezeichnung der Flurstücke die Befugnis erteilte, eine Negativbescheinigung nach § 3 Abs. 5 VermG bei dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen zu beantragen. Die Ausstellung der auf ein bestimmtes Grundstück nicht beschränkten Vollmachtsurkunde ermöglichte die - sodann auch erfolgte - Beantragung eines Negativbescheids hinsichtlich der Grundstücke 524 bis 526. Zwar hat der Kläger nach seinem Vortrag eine Vollmacht zur Einholung einer Negativbescheinigung nur bezüglich des zu den hier maßgeblichen Grundstücken (Flurstücke 524, 525 und 526) benachbarten Flurstücks 527 erteilt. Mittels der in Bezug auf die betroffenen Grundstücke unbeschränkten Vollmachtsurkunde und auf Grund des räumlichen Zusammenhangs der - im Eigentum derselben Person stehenden - Grundstücke 524 bis 527 konnte jedoch, wie für den Kläger erkennbar war, gegenüber den Bediensteten des Amts zur Regelung offener Vermögensfragen der Rechtsschein einer umfassenden Bevollmächtigung zur Einholung einer Negativbescheinigung nach § 3 Abs. 5 VermG hinsichtlich aller Grundstücke hervorgerufen werden. Dass dabei die vom Kläger eingeräumte Vertretungsmacht überschritten wurde, war für die Bediensteten des Amts zur Regelung offener Vermögensfragen nicht erkennbar. Es stellte vielmehr einen gewöhnlichen Vorgang dar, dass eine bereits auf Grund des Firmennamens offensichtlich im Immobiliengeschäft tätige Gesellschaft für einen Grundstückseigentümer eine Negativbescheinigung für dessen Grundstücke beantragte, soweit diese der Vergewisserungspflicht nach § 3 Abs. 5 VermG unterlagen. Nach den in § 172 BGB zum Ausdruck kommenden, im Fall der Blanketturkunde entsprechend anwendbaren Grundsätzen der Rechtsscheinvollmacht muss der Kläger einen abredewidrig ausgefüllten Inhalt der Blankovollmacht - hier: im Wege der Konkretisierung des Auskunftsersuchens auf bestimmte Flurstücke in dem Schreiben der Frau T.     vom 14. September 1994 - gegen sich gelten lassen (zur Blanketturkunde vgl. BGH, Urteil vom 20. November 1990 - XI ZR 107/89, BGHZ 113, 48, 53 mwN).

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bb) Dass ein auf alle Grundstücke des Klägers bezogener Antrag mit Hilfe der unbeschränkten Vollmachtsurkunde auch tatsächlich gestellt werden würde, lag nahe. Wie der Kläger mit Schriftsatz vom 8. November 2006 vorgetragen hat, wurde die Vollmacht vom 5. September 1994 im zeitlichen Zusammenhang mit dem Bemühen der B.           GmbH um den Auftrag des Klägers erteilt, alle ihm gehörenden Flurstücke zu sanieren beziehungsweise zu bebauen. Deshalb lag die Möglichkeit nahe, dass von der nicht auf das Flurstück 527 beschränkten Vollmachtsurkunde auch in Bezug auf die weiteren Grundstücke Gebrauch gemacht werden würde.

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Letzteres gilt umso mehr, wenn berücksichtigt wird, dass hinsichtlich der streitgegenständlichen Grundstücke 524 bis 526 im Fall einer Verfügung, wie sie der Kläger mit der Bestellung des Grundpfandrechts im Oktober 1994 traf, ebenfalls die Einholung einer Negativbescheinigung nach § 3 Abs. 5 VermG erforderlich war. Die dem Kläger zwei Jahre zuvor erteilte Grundstücksverkehrsgenehmigung war insofern ohne Belang. Die Anschlussrevision verkennt die Bedeutung der Grundstücksverkehrsgenehmigung, wenn sie meint, aus § 2 GVO ergebe sich, dass das in § 3 Abs. 3 VermG normierte Unterlassungsgebot für alle Verfügungen überwunden werde, die sich als Investitionen im Rahmen eines genehmigten Geschäfts darstellten. Das Genehmigungserfordernis sowie die Grundbuchsperre nach der Grundstücksverkehrsordnung dienen dazu, das nur schuldrechtlich wirkende Unterlassungsgebot des § 3 Abs. 3 VermG und damit den öffentlich-rechtlichen Restitutionsanspruch verfahrensrechtlich abzusichern (Senat, Urteile vom 20. November 2014 - III ZR 494/13, NJW-RR 2015, 269, 270 Rn. 18 und vom 4. März 1999 - III ZR 29/98, VIZ 1999, 346, 347). Eine Überwindung des Unterlassungsgebots kann durch die Genehmigung schon deshalb nicht stattfinden, weil der Verfügungsberechtigte auf ihrer Grundlage nur darauf vertrauen kann, dass zum Zeitpunkt ihrer Erteilung keine Anmeldung vorlag beziehungsweise noch kein Restitutionsverfahren anhängig war (Senat, Urteil vom 4. März 1999 aaO). Das Unterlassungsgebot des § 3 Abs. 3 VermG reicht damit zeitlich über die Grundstücksverkehrsgenehmigung hinaus. Dies ergibt sich auch aus § 3 Abs. 4 Satz 1 VermG. Danach kann der Verfügungsberechtigte erst über das Eigentum verfügen und schuldrechtliche oder dingliche Verpflichtungen eingehen, wenn die Anmeldefrist des § 3 der Anmeldeverordnung versäumt wurde und keine verspätete Anmeldung vorliegt. Zwar löst eine verspätete Anmeldung eines Rückübertragungsanspruchs nicht unbegrenzt die Unterlassungspflicht des Verfügungsberechtigten aus. Erforderlich ist vielmehr, dass bei der Anmeldung die Ausschlussfristen des § 30a VermG eingehalten wurden (Redeker/Hirtschulz/Tank in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, § 3 Rn. 335 [Stand September 2013]). Vorliegend war jedoch zum Zeitpunkt der Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung am 3. September 1992 die am 31. Dezember 1992 endende Ausschlussfrist des § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG noch nicht abgelaufen, so dass eine Anmeldung noch möglich war und das Unterlassungsgebot des § 3 Abs. 3 VermG eingreifen konnte.

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Die Einholung eines Negativattests auch für die Flurstücke 524 bis 526 lag daher sowohl im erkennbaren Interesse der B.          GmbH als auch im objektiven Interesse des - in das auf den vorgenannten Flurstücken befindliche Gebäude weiter investierenden - Klägers. Wollte der Kläger dennoch sicherstellen, dass von der Vollmacht nur in Bezug auf das Flurstück 527 Gebrauch gemacht werden würde, war es geboten, eine entsprechende ausdrückliche Beschränkung in die Vollmachtsurkunde aufzunehmen. Dies ist unterblieben.

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cc) In Anbetracht der vorgenannten Umstände war das Vertrauen des Klägers in die Grundstücksverkehrsgenehmigung vom 3. September 1992 nicht (mehr) schutzwürdig. Dabei ist nicht entscheidend, ob im Rahmen der vorliegend anzunehmenden Rechtsscheinvollmacht (vgl. § 172 Abs. 1 BGB) eine Zurechnung des Vertreterwissens - hier: von der Anmeldung von Restitutionsansprüchen - entsprechend § 166 Abs. 1 BGB erfolgen kann (bejahend Schilken, Wissenszurechnung im Zivilrecht, 1983, S. 79). Denn die Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Klägers entfällt, wie ausgeführt, nicht erst im Fall der (ihm zugerechneten) Kenntnis von dem an die B.          GmbH gerichteten Schreiben des Amts zur Regelung offener Vermögensfragen vom 26. September 1994 und der sich daraus ergebenden Rechtswidrigkeit der Grundstücksverkehrsgenehmigung. Sie entfällt vielmehr bereits aufgrund einer Gesamtschau der vorgenannten objektiven und subjektiven Umstände. Wer als Verfügungsberechtigter in einer Situation, in der die Einholung eines Negativattests hinsichtlich aller in seinem Eigentum stehender Grundstücke nahe und zudem in seinem objektiven Interesse liegt, eine in Bezug auf die betroffenen Grundstücke umfassende Vollmachtsurkunde zur Einholung eines Negativbescheides ausstellt, ist im Hinblick auf sein Vertrauen auf eine zwei Jahre zuvor erteilte Grundstücksverkehrsgenehmigung und das Nichtvorliegen von angemeldeten Restitutionsansprüchen unter haftungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht mehr schutzwürdig, wenn dem Bevollmächtigten nach Vorlage der Vollmachtsurkunde die Anmeldung von Restitutionsansprüchen mitgeteilt wird.

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dd) Der Kläger konnte auch nicht darauf vertrauen, dass der Beklagte, weil sein Amt zur Regelung offener Vermögensfragen die Grundstücksverkehrsgenehmigung vom 3. September 1992 nicht zurücknahm, eine etwaige Restitutionsanmeldung jedenfalls als offensichtlich unbegründet ansah.

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Die Rücknahme einer rechtswidrig erteilten Grundstücksverkehrsgenehmigung stellt gemäß § 5 Satz 1 GVO in Verbindung mit § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG eine Ermessensentscheidung dar, bei der die Interessen des Veräußerers, des Erwerbers, des Restitutionsantragstellers sowie der öffentliche Belang eines funktionsfähigen Grundstücksmarkts zu berücksichtigen sind (OVG Weimar, VIZ 2000, 670, 671; OVG Bautzen, VIZ 1995, 245, 246 f; Faßbender, VIZ 1993, 527, 532). Vor diesem Hintergrund kamen vorliegend für die nicht erfolgende Rücknahme der Grundstücksverkehrsgenehmigung auch andere Gründe in Betracht als die offensichtliche Unbegründetheit einer etwaigen Restitutionsanmeldung. Es kann deshalb - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - im Hinblick auf die Rücknahme der Grundstücksverkehrsgenehmigung auch nicht von einem intendierten Ermessen in dem Sinne ausgegangen werden, dass im Regelfall von einer Verpflichtung zur Ermessensausübung in Gestalt der Rücknahme des Verwaltungsakts auszugehen ist (zum intendierten Ermessen bei einem Subventionswiderruf vgl. BVerwGE 105, 55, 57). § 5 Satz 1 GVO in Verbindung mit § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG lässt sich nicht entnehmen, dass bei Vorliegen einer rechtswidrigen Grundstücksverkehrsgenehmigung stets deren Rücknahme zu erfolgen hat. Durch die Erteilung der Genehmigung und ihre nachträgliche Aufhebung werden Rechte und Interessen verschiedener Personen betroffen, so dass auf eine Ermessensentscheidung nicht verzichtet werden kann (OVG Weimar aaO; zur Abwägung des Restitutionsinteresses der Alteigentümer mit dem Veräußerungs- und Erwerbsinteresse des Verfügungsberechtigten beziehungsweise von dessen Vertragspartner im Rahmen des Rücknahmeermessens vgl. Senat, Urteil vom 4. März 1999 - III ZR 29/98, VIZ 1999, 346, 348). Dabei kann der Umstand, dass - wie vorliegend - der Ausgang des Restitutionsverfahrens noch ungewiss ist, dafür sprechen, eine erteilte Grundstücksverkehrsgenehmigung (noch) nicht aufzuheben. Von einer Ermessensreduzierung auf Null im Sinne einer Verpflichtung zur Aufhebung der Genehmigung kann in derartigen Fällen nicht ausgegangen werden.

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Auch das Schreiben des Beklagten vom 6. Januar 1998 sowie der Umstand, dass nach dem Vortrag des Klägers auf Anfrage seines damaligen Bevollmächtigten im Januar 1998 der Beklagte eine Aufhebung der Grundstücksverkehrsgenehmigung ablehnte, konnten keine Vertrauensgrundlage für die Investitionen des Klägers (mehr) dafür schaffen, dass die Behörde die Restitutionsanträge als offensichtlich unbegründet ansah. Denn diese Erklärungen erfolgten zeitlich nach den durch den Kläger getroffenen Investitionen.

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3. Entgegen der mit der Anschlussrevision erhobenen Rüge hat das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend ein zur Anspruchskürzung führendes Mitverschulden des Klägers gemäß § 254 Abs. 1 BGB im Hinblick darauf angenommen, dass dieser gegen die ihn nach § 3 Abs. 5 VermG treffende Vergewisserungspflicht verstoßen hat. Zu Recht rügt die Revision in diesem Zusammenhang allerdings, dass das Berufungsgericht ohne weiteres zu Grunde gelegt hat, dass die Vergewisserungspflicht erst ab dem Zeitpunkt der Bewilligung des Grundpfandrechts am 24. Oktober 1994 eingesetzt habe.

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a) Nach § 3 Abs. 5 VermG hat sich der Verfügungsberechtigte, bevor er eine Verfügung über einen rückgabebelasteten Vermögenswert trifft, bei dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen, in dessen Bezirk der Vermögenswert belegen ist, zu vergewissern, dass keine Anmeldung im Sinne des § 3 Abs. 3 VermG vorliegt. Die Vergewisserungspflicht legt dabei den Sorgfaltsmaßstab fest, den der Verfügungsberechtigte anzulegen hat, wenn er über den Vermögenswert verfügen will, ohne gegen die in § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG geregelte Unterlassungspflicht zu verstoßen, wonach es dem Verfügungsberechtigten untersagt ist, ohne Zustimmung des Berechtigten dingliche Rechtsgeschäfte abzuschließen oder langfristige vertragliche Verpflichtungen in Bezug auf den Vermögensgegenstand einzugehen (BGH, Urteil vom 16. Dezember 2005 - V ZR 195/04, NJW-RR 2006, 733 Rn. 11; Wasmuth in Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, Stand Oktober 2013, B 100 § 3 VermG Rn. 471). Daher gilt die Vergewisserungspflicht für jede Maßnahme, die von der Verfügungssperre des § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG erfasst wird (vgl. Wasmuth aaO Rn. 474).

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b) Nach dem Wortlaut von § 3 Abs. 3 VermG gilt die Verfügungssperre zwar nur für Rechtsgeschäfte. Nach allgemeiner Auffassung werden jedoch auch faktische Maßnahmen unter bestimmten Voraussetzungen von dem Unterlassungsgebot erfasst. Dies ist darauf zurückzuführen, dass faktische Maßnahmen weitreichendere Folgen für den Rückübertragungsanspruch haben können als die im Gesetz ausdrücklich genannten schuldrechtlichen Verpflichtungen. Dass faktische Maßnahmen von dem Unterlassungsgebot erfasst sein können, ergibt sich auch aus § 7 Abs. 6 VermG, wonach Werterhöhungen auf Grund von Bebauung, Modernisierung oder Instandsetzungen durch den Restitutionsberechtigten dann nicht auszugleichen sind, wenn mit den entsprechenden Maßnahmen gegen § 3 Abs. 3 VermG verstoßen worden ist (vgl. dazu Rapp in Kimme, Offene Vermögensfragen, Stand Juni 2009, § 3 VermG Rn. 75). In welchem Umfang Baumaßnahmen von der Verfügungssperre erfasst werden, ist zwar im Einzelnen umstritten (zur Darstellung des Meinungsstands vgl. Rapp aaO Rn. 76 ff). Einigkeit besteht jedoch dahingehend, dass tatsächliche Veränderungen verboten sind, wenn sie die künftige Dispositionsfreiheit des Berechtigten über den Vermögenswert mehr als unerheblich beeinträchtigen. Danach ist der Verfügungsberechtigte nicht befugt, den Vermögenswert ganz oder teilweise zu zerstören, zu beschädigen oder in seiner Substanz oder Nutzungsart zu verändern (Senat, Urteil vom 21. Oktober 1999 - III ZR 130/98, BGHZ 143, 18, 31; BGH, Urteil vom 15. April 1994 - V ZR 79/93, BGHZ 126, 1, 5 f; Redeker/Hirtschulz/Tank in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, § 3 Rn. 242 [Stand September 2013]; Säcker-Busche in Säcker, Vermögensrecht, 1995, § 3 Rn. 125). Deshalb unterfallen zum Beispiel der Abriss, der Teilabriss, der Neubau oder der Umbau eines Gebäudes oder die Errichtung eines Anbaus dem Unterlassungsgebot (Redeker/Hirtschulz/Tank aaO).

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Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger die Substanz und die Nutzungsart des auf den streitgegenständlichen Flurstücken befindlichen Gaststättengebäudes durch die über mehrere Jahre andauernde Sanierung und den Umbau zu einem Hotel verändert hat. Darüber hinaus hat der Kläger den Grundbesitz im Oktober 1994 mit einem Grundpfandrecht belastet. Diese Maßnahmen unterlagen grundsätzlich dem Unterlassungsgebot des § 3 Abs. 3 VermG.

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c) Das Unterlassungsgebot und hieran anknüpfend die Vergewisserungspflicht gemäß § 3 Abs. 5 VermG gelten - entgegen der Auffassung der Anschlussrevision - auch dann, wenn die Genehmigung wegen offensichtlicher Unbegründetheit der Restitutionsanmeldung erteilt oder aufrechterhalten wird. Auch in einem solchen Fall kann nicht ausgeschlossen werden, dass nach Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung noch eine - möglicherweise begründete - Anmeldung erfolgt, sodass das Unterlassungsgebot grundsätzlich bis zum Ende der Ausschlussfrist des § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG gilt und damit eine Vergewisserung nach § 3 Abs. 5 VermG erforderlich macht.

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d) Die Vergewisserungspflicht entfällt auch nicht deshalb, weil die Behörde nach § 31 Abs. 2 VermG verpflichtet ist, Dritte, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, über die Antragstellung zu informieren, wobei diese Amtspflicht auch den Verfügungsberechtigten schützt (Senat, Urteil vom 21. Oktober 1999 aaO S. 24; Redeker/Hirtschulz in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, § 31 Rn. 28a [Stand März 2013]). Da es dem Gesetzgeber darauf ankam, die Position eines restitutionsberechtigten Antragstellers möglichst wirkungsvoll zu schützen, sieht das Vermögensgesetz in unterschiedlichen Zusammenhängen diesem Schutz dienende Vorkehrungen vor, die nebeneinander bestehen und sich nicht etwa gegenseitig ausschließen (vgl. dazu Senat, Urteil vom 17. Juni 2004 - III ZR 335/03, WM 2005, 618, 620). Daher berechtigt eine bislang durch die Behörde unterbliebene Benachrichtigung nach § 31 Abs. 2 VermG den Verfügungsberechtigten nicht zu der Annahme, dass kein Restitutionsantrag gestellt worden sei und er sich nicht vergewissern müsse (Wasmuth aaO Rn. 473).

34

e) Im Hinblick darauf, dass der Verfügungsberechtigte mit einer Nachfrage bei dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen Gewissheit über die Frage erlangen kann, ob er dem Unterlassungsgebot des § 3 Abs. 3 VermG unterliegt, begründet sein Verstoß gegen die Vergewisserungspflicht grundsätzlich ein Mitverschulden im Sinne des § 254 Abs. 1 BGB bei der Schadensverursachung (Senat, Urteil vom 21. Oktober 1999 aaO S. 31 f).

35

Soweit die Anschlussrevision dies mit der Begründung in Abrede stellen will, die Vergewisserungspflicht diene ausschließlich dem Schutz des Restitutionsberechtigten und habe nicht den Zweck, die benachrichtigungspflichtige Behörde vor den Folgen einer Amtspflichtverletzung zu schützen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die Vergewisserungspflicht dient neben dem Schutz des Restitutionsberechtigten auch der Rechtssicherheit für den Verfügungsberechtigten, der nach erfolgter Auskunft über das Vorliegen einer Anmeldung im Sinne des § 3 Abs. 3 VermG weiß, ob er die beabsichtigte Verfügung ohne weiteres vornehmen darf oder ob er hierzu die Zustimmung des berechtigten Antragstellers nach § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG benötigt, ohne die er sich schadensersatzpflichtig macht (Redeker/Hirtschulz/Tank aaO § 3 Rn. 357; Wasmuth aaO Rn. 471). Aus diesem Grund begründet ein Verstoß gegen die Vergewisserungspflicht ein Verschulden des Verfügungsberechtigten in eigener Angelegenheit. Nach § 254 BGB führt dieses "Verschulden gegen sich selbst" zu einer Anspruchskürzung, weil es im Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem unbillig erscheint, dass jemand für den von ihm erlittenen Schaden trotz eigener Mitverantwortung vollen Ersatz fordert (BGH, Urteile vom 27. November 2008 - VII ZR 206/06, BGHZ 179, 55, Rn. 31 und vom 18. April 1997 - V ZR 28/96, BGHZ 135, 235, 240).

36

f) Das Berufungsgericht hat in dem vorstehenden Zusammenhang zutreffend angenommen, der Kläger habe auf Grund der am 3. September 1992 erteilten Grundstücksverkehrsgenehmigung noch im gleichen Monat mit der Sanierung beginnen dürfen, ohne sich erneut gemäß § 3 Abs. 5 VermG über das Vorliegen von Restitutionsanmeldungen zu erkundigen. Er konnte auf Grund der unmittelbar zuvor erteilten Genehmigung darauf vertrauen, dass zu diesem Zeitpunkt keine Anmeldung vorlag beziehungsweise noch kein Restitutionsverfahren anhängig war (vgl. Senat, Urteil vom 4. März 1999 - III ZR 29/98, VIZ 1999, 346, 347). Der Kläger durfte die Sanierung grundsätzlich auch fortsetzen, ohne sich erneut über die Anmeldung von Restitutionsansprüchen zu vergewissern, solange er keine neue Verfügung im Sinne von § 3 Abs. 3, 5 VermG vornahm.

37

Im Hinblick auf den Zweck des Unterlassungsgebots stellt die Fortsetzung einer bereits begonnenen Maßnahme allerdings nur dann keine neue Verfügung im Sinne von § 3 Abs. 3, 5 VermG dar, wenn die Maßnahme nicht zu einer weiteren Veränderung des Objekts in der Weise führt, dass das Restitutionsinteresse des Berechtigten beeinträchtigt werden kann (BGH, Urteil vom 19. Februar 1993 - V ZR 269/91, BGHZ 121, 347, 356; BezG Dresden, VIZ 1992, 146, 147; Wasmuth aaO Rn. 333; vgl. auch KG, VIZ 1992, 143, 144). Den Feststellungen des Berufungsgerichts sind insofern keine hinreichenden Anhaltspunkte zu entnehmen, die eine Bewertung der vom Kläger durchgeführten Baumaßnahmen als einheitliche Sanierung oder getrennt zu betrachtende substanz- oder nutzungsverändernde Verfügungen im Sinne von § 3 Abs. 5 VermG ermöglichen. So können eine von Anfang an einheitliche Planung der Sanierung des Gaststättengebäudes und ihre ohne größere Unterbrechungen - wenn auch über einen längeren Zeitraum - durchgeführte Umsetzung für eine einheitliche Verfügung sprechen, die der Kläger nach ihrem Beginn im September 1992 fortsetzen durfte, ohne erneut der Vergewisserungspflicht zu unterliegen. Dagegen können mehrere nacheinander geplante und - möglicherweise mit erheblichen zeitlichen Unterbrechungen - durchgeführte Sanierungsmaßnahmen auf mehrere Verfügungen hinweisen, die vor ihrem Beginn jeweils erneut die Pflicht des Klägers zur Vergewisserung nach § 3 Abs. 5 VermG auslösten. Das Berufungsgericht hat festgestellt, der Kläger habe im Zeitraum ab dem 1. Januar 1993 die begonnene Sanierung lediglich fortgeführt. Daraus ergibt sich indes nicht, ob es sich bei den Arbeiten um eine einheitlich geplante und durchgeführte Maßnahme handelte oder ob die Arbeiten in mehreren selbständigen Abschnitten geplant und durchgeführt wurden. Auch die Feststellungen des Berufungsgerichts, nach denen der Kläger das Gaststättengebäude etagenweise sanierte, wobei die Etagen jeweils in einem Zeitraum von etwa ein bis eineinhalb Jahren fertiggestellt wurden, lassen keinen hinreichenden Schluss darauf zu, ob es sich um eine einheitliche Maßnahme im Sinne einer einzigen Verfügung oder um mehrere getrennte Verfügungen im Sinne von § 3 Abs. 5 VermG handelte. Entsprechende Feststellungen werden durch das Berufungsgericht nachzuholen sein.

Anschlussrevision des Klägers

38

Die zulässige Anschlussrevision des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

39

1. Soweit sich der Kläger mit der Anschlussrevision gegen die Annahme des Berufungsgerichts einer ihn (im Oktober 1994) nach § 3 Abs. 5 VermG treffenden Vergewisserungspflicht und eines sich aus der Verletzung dieser Pflicht ergebenden Mitverschuldens nach § 254 Abs. 1 BGB wendet, bleibt diese Rüge aus den vorstehend zur Revision des Beklagten (unter II 2, 3 e) dargelegten Gründen erfolglos.

40

2. Das Berufungsgericht hat auf den dem Kläger entstandenen Schaden zu Recht einen Nutzungsvorteil in Bezug auf das sanierte Gebäude angerechnet.

41

Auch im Zusammenhang mit dem Amtshaftungsanspruch aus § 839 Abs. 1 BGB, Art. 34 GG ist der allgemeine Grundsatz der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen (Senat, Urteil vom 2. Oktober 1986 - III ZR 93/85, NJW-RR 1987, 246, 247; Staudinger/Wöstmann, BGB, Neubearbeitung 2013, § 839 Rn. 246). Danach sind vorteilhafte Umstände, die mit der Pflichtverletzung eng zusammenhängen, im Rahmen der Differenzberechnung schadensmindernd zu berücksichtigen, soweit ihre Anrechnung dem Sinn und Zweck des Schadensersatzes entspricht und weder den Geschädigten unzumutbar belastet noch den Schädiger unbillig entlastet (Geigel/Kapsa, Der Haftpflichtprozess, 27. Aufl., 20. Kap. Rn. 198).

42

Entgegen der Auffassung der Anschlussrevision schließt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Herausgabe von Nutzungen nach § 987 BGB eine Vorteilsanrechnung im vorliegenden Fall nicht aus. Der Bundesgerichtshof hat im Zusammenhang mit dem Herausgabeanspruch nach § 987 BGB entschieden, dass Nutzungen aus einem durch den Besitzer erst eingerichteten Betrieb beziehungsweise Gebrauchsvorteile, die auf sonstigen werterhöhenden Investitionen des Besitzers beruhen, nicht als Früchte (Ertrag) der herauszugebenden Sache angesehen werden können und daher nicht der Herausgabe unterliegen (BGH, Urteile vom 22. November 1991 - V ZR 160/90, NJW 1992, 892; vom 3. November 1989 - V ZR 143/87, BGHZ 109, 179, 191 und vom 8. Januar 1975 - VIII ZR 126/73, BGHZ 63, 365, 368). Diese Rechtsprechung hat ihre Grundlage darin, dass es sich bei der Regelung des § 987 BGB um einen Hilfsanspruch für die Vindikation handelt und sich letztere auf die Herausgabe von Sachen beschränkt. Das hat zur Folge, dass auch die "Nutzungen" im Sinne von § 987 BGB lediglich auf die jeweilige Sache zu beziehen sind und Arbeits- sowie unternehmerische Leistungen des nutzenden Besitzers außer Betracht zu bleiben haben (MüKoBGB/Baldus, 6. Aufl., § 987 Rn. 5, 17).

43

Die Begrenzung des Herausgabeanspruchs gemäß § 987 BGB beruht somit auf seiner besonderen vindikationsrechtlichen Zuordnung. Sie kann auf das vorliegend maßgebliche Schadensersatzrecht nicht übertragen werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass im Bereich der §§ 987 ff BGB der Besitzer nach Eintritt der Rechtshängigkeit die von ihm getätigten nützlichen Verwendungen nicht ersetzt verlangen kann (§ 996 BGB). Dem entspricht es gleichsam spiegelbildlich, dass er Nutzungen, die auf solchen nützlichen Verwendungen beruhen, nicht herausgeben muss. Dagegen kann der Kläger vorliegend im Wege des Schadensersatzanspruchs grundsätzlich Ersatz der von ihm getätigten werterhöhenden Investitionen verlangen. Dementsprechend muss er sich diejenigen Nutzungen anrechnen lassen, die er aus den werterhöhenden Investitionen, deren Ersatz er begehrt, gezogen hat.

44

Ob zur Anrechnung eines Nutzungsvorteils - wovon das Berufungsgericht ausgeht - bereits die Möglichkeit der Nutzung als solche ausreichend ist oder ob der tatsächliche Zufluss von Gebrauchsvorteilen erforderlich ist, kann vorliegend dahinstehen. Denn der Kläger hat, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, vorgetragen, er habe die sanierten Räumlichkeiten unentgeltlich Verwandten zur Verfügung gestellt, die ihm im Betrieb geholfen hätten. Damit hat er konkrete Nutzungsvorteile aus den von ihm getätigten Investitionen gezogen. Für den Ansatz der Nutzungsvorteile ist ihr objektiver Wert maßgeblich (BGH, Urteil vom 31. März 2006 - V ZR 51/05, NJW 2006, 1582, 1583 Rn. 10). Insofern bestehen gegen die Berechnung der dem Kläger anzurechnenden Nutzungsvorteile durch das Berufungsgericht keine Bedenken. Soweit die Anschlussrevision hierzu auf den Vortrag des Klägers in seinem Schriftsatz vom 13. November 2013 verweist, wonach seine Verwandten erst ab dem Jahr 1997 in dem Gaststättengebäude gewohnt haben, ist dieser Vortrag mit dem Ansatz des Berufungsgerichts vereinbar. Danach erfolgte die Nutzung ab Ende des Jahres 1996. Den sich aus der Nutzungsdauer von neun Jahren ergebenden Wert von 9/50 (18 %) hat das Berufungsgericht zutreffend auf den vom Kläger investierten Betrag bezogen, soweit dieser erstattungsfähig ist.

III.

45

Das angefochtene Urteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da der Rechtsstreit wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen zum Zeitpunkt des Beginns der Vergewisserungspflicht des Klägers gemäß § 3 Abs. 5 VermG (siehe vorstehend zu II 3 f) noch nicht zur Endentscheidung reif ist, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

Herrmann                         Hucke                       Seiters

                   Tombrink                    Remmert

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