Beschluss vom Bundesgerichtshof (3. Strafsenat) - AK 33/17
Tenor
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Die Untersuchungshaft hat fortzudauern.
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Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt.
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Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem nach allgemeinen Vorschriften zuständigen Gericht übertragen.
Gründe
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I.
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Der Beschuldigte ist am 21. Januar 2017 vorläufig festgenommen worden und befindet sich seit dem 22. Januar 2017 ununterbrochen in Untersuchungshaft, zunächst auf Grund Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Amtsgerichts Neuss vom selben Tag, der auf die Beschwerde des Beschuldigten mit Beschluss der 5. großen Strafkammer - Jugendkammer - des Landgerichts Düsseldorf vom 5. April 2017 abgeändert worden war, sodann auf Grund - den vorausgegangenen Haftbefehl ersetzenden - Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14. Juni 2017.
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Gegenstand dieses Haftbefehls ist der Vorwurf, der Beschuldigte habe von Ende Oktober bis Mitte Dezember 2016, dabei bis zum 2. Dezember 2016 als Heranwachsender, (jedenfalls auch) in N. durch zwei selbständige Handlungen
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– eine Vereinigung im außereuropäischen Ausland unterstützt, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 VStGB) zu begehen, und zugleich vorsätzlich einem anderen zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat Hilfe geleistet (strafbar gemäß § 89a Abs. 1, 2 Nr. 2, § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Satz 1 und 2, § 27, § 52 StGB) sowie
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– von dem Vorhaben oder der Ausführung eines Mordes (§ 211 StGB) oder Totschlags (§ 212 StGB) oder eines Kriegsverbrechens (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 VStGB) zu einer Zeit, zu der die Ausführung oder der Erfolg noch habe abgewendet werden können, glaubhaft erfahren und es unterlassen, der Behörde rechtzeitig Anzeige zu machen, und zugleich von dem Vorhaben oder der Ausführung einer Straftat nach § 129a StGB, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1 und 2 StGB, zu einer Zeit, zu der die Ausführung noch habe abgewendet werden können, glaubhaft erfahren und es unterlassen, der Behörde unverzüglich Anzeige zu erstatten (strafbar gemäß § 138 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Nr. 2 StGB).
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Der Beschuldigte habe dem Mitbeschuldigten K. , einem Mitglied der Vereinigung "Islamischer Staat" (IS), Unterkunft in seiner Wohnung gewährt und geholfen, eine Bombe zu Probezwecken zu bauen und zu zünden, um einen von diesem geplanten Selbstmordanschlag auf Soldaten in Deutschland vorzubereiten. Außerdem habe der Beschuldigte vom Mitbeschuldigten K. Kenntnis von einem Anschlagsplan des dem IS zumindest nahestehenden A. betreffend ein Bombenattentat auf unbeteiligte Zivilisten in Ludwigshafen erlangt, ohne dies öffentlichen Stellen mitzuteilen.
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II.
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Die Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft und ihre Fortdauer über sechs Monate hinaus liegen vor.
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1. Der Beschuldigte ist der ihm im Haftbefehl vom 14. Juni 2017 vorgeworfenen Taten dringend verdächtig.
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a) Nach dem bisherigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
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aa) Der "Islamische Staat" (IS)
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Der IS ist eine Organisation mit militant-fundamentalistischer islamischer Ausrichtung, die es sich ursprünglich zum Ziel gesetzt hatte, einen das Gebiet des heutigen Irak und die historische Region "ash-Sham" - die heutigen Staaten Syrien, Libanon und Jordanien sowie Palästina - umfassenden und auf ihrer Ideologie gründenden "Gottesstaat" unter Geltung der Scharia zu errichten und dazu die schiitisch dominierte Regierung im Irak und das Regime des syrischen Präsidenten Assad zu stürzen. Zivile Opfer nahm und nimmt sie bei ihrem fortgesetzten Kampf in Kauf, weil sie jeden, der sich ihren Ansprüchen entgegenstellt, als "Feind des Islam" begreift; die Tötung solcher "Feinde" oder ihre Einschüchterung durch Gewaltakte sieht die Vereinigung als legitimes Mittel des Kampfes an.
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Die Führung der Vereinigung, die sich mit der Ausrufung des "Kalifats" im Juni 2014 aus "Islamischer Staat im Irak und in Großsyrien" (ISIS) in "Islamischer Staat" (IS) umbenannte - wodurch sie von der territorialen Selbstbeschränkung Abstand nahm -, hat seit 2010 der "Emir" Abu Bakr al-Baghdadi inne (wobei sich nunmehr die Hinweise verdichten, dass dieser unlängst getötet wurde). Al-Baghdadi war von seinem Sprecher zum "Kalifen" erklärt worden, dem die Muslime weltweit Gehorsam zu leisten hätten. Dem "Kalifen" unterstehen ein Stellvertreter sowie "Minister" als Verantwortliche für einzelne Bereiche, so ein "Kriegsminister" und ein "Propagandaminister". Zur Führungsebene gehören außerdem beratende "Shura-Räte". Veröffentlichungen werden in der Medienabteilung "Al-Furqan" produziert und über die Medienstelle "al-I'tisam" verbreitet, die dazu einen eigenen Twitterkanal und ein Internetforum nutzt. Das auch von den Kampfeinheiten verwendete Symbol der Vereinigung besteht aus dem "Prophetensiegel" (einem weißen Oval mit der Inschrift: "Allah - Rasul - Muhammad") auf schwarzem Grund, überschrieben mit dem islamischen Glaubensbekenntnis. Die mehreren Tausend Kämpfer sind dem "Kriegsminister" unterstellt und in lokale Kampfeinheiten mit jeweils einem Kommandeur gegliedert.
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Die von ihr besetzten Gebiete hat die Vereinigung in Gouvernements eingeteilt und einen Geheimdienstapparat eingerichtet; diese Maßnahmen zielen auf die Schaffung totalitärer staatlicher Strukturen. Angehörige der syrischen Armee, aber auch von in Gegnerschaft zum IS stehenden Oppositionsgruppen, ausländische Journalisten und Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen sowie Zivilisten, die den Herrschaftsanspruch des IS in Frage stellen, sehen sich der Verhaftung, Folter und der Hinrichtung ausgesetzt. Filmaufnahmen von besonders grausamen Tötungen wurden mehrfach vom IS zu Zwecken der Einschüchterung veröffentlicht. Darüber hinaus begeht der IS immer wieder Massaker an Teilen der Zivilbevölkerung und außerhalb seines Machtbereichs Terroranschläge. So hat er auch für Anschläge in Europa, etwa in Frankreich, Belgien und Deutschland, die Verantwortung übernommen.
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bb) Die Taten des Beschuldigten
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(1) Der Mitbeschuldigte K. hatte den Treueeid auf den IS abgelegt und hiervon eine Videodatei erstellt, die er über den Messenger-Dienst "Telegram" an einen im Irak oder in Syrien aufhältigen Kontaktmann des IS versandt hatte. Der Treueeid war von einem Verantwortlichen des IS, M. , angenommen worden. Der Mitbeschuldigte entwickelte den Plan, einen Selbstmordanschlag mittels einer selbstgebauten Bombe auf Soldaten in Deutschland, voraussichtlich an der Militärbasis in Ramstein, zu verüben, und wollte sein Vorhaben bis Ende Dezember 2016 umsetzen. Der IS-Kontaktmann bestärkte ihn darin.
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Der Beschuldigte, der sich ebenfalls dem IS ideologisch zugehörig fühlte, unterstützte den Mitbeschuldigten in Kenntnis und Billigung dessen Einbindung in die Vereinigung sowie dessen Anschlagsplan, um diesen in die Tat umzusetzen; hierüber war auch der IS-Kontaktmann informiert. Der Beschuldigte förderte das Vorhaben wie folgt:
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Während eines Haftaufenthalts seiner Ehefrau gewährte der Beschuldigte dem Mitbeschuldigten K. ab Ende November 2016 für zwei Wochen Unterkunft in seiner Wohnung in N. . Vor dessen Ankunft hatte er sich sog. Polenböller und die Bombenbauanleitung "Bombenbau in Mamas Küche" beschafft, der zufolge der Sprengkörper zehn bis 15 Menschen töten und eine Reichweite von bis zu 50 Metern haben sollte. Am 2. Dezember 2016 kaufte der Beschuldigte gemeinsam mit dem Mitbeschuldigten noch fehlende Bauteile für die Bombe, darunter einen Wecker. Anfang Dezember 2016 stellte der Mitbeschuldigte über mehrere Tage hinweg aus zehn bis 15 Polenböllern sowie fünf bis sechs Rauchbomben einen Sprengkörper zu Probezwecken her. Der Beschuldigte half ihm dabei, indem er unter anderem Schwarzpulver in die Bombenvorrichtung füllte und Elektrobauteile aus einer Lampe anbrachte. Im Anschluss zündete der Beschuldigte gemeinsam mit dem Mitbeschuldigten die "Testbombe" in einem Park in N. und entsorgte nach der Sprengung die Reste des Sprengsatzes.
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(2) Der noch nicht strafmündige Minderjährige A. , der dem Beschuldigten über das Internet bekannt war, stand ebenfalls mit dem IS in Verbindung. Am 21. November 2016 teilte der Mitbeschuldigte K. dem Beschuldigten per Chat-Nachrichten mit, A. werde eine Woche später einen Sprengstoffanschlag verüben. Am 26. November 2016 tauschten sich der Beschuldigte und der Mitbeschuldigte mittels Chat-Verkehr darüber aus, dass A. die Tat an diesem Tag zu begehen beabsichtige. Tatsächlich plante A. einen Sprengstoffanschlag gegen unbeteiligte Zivilisten. Während der Beschuldigte allerdings davon ausging, das Bombenattentat ziele auf einen Bus oder eine Bushaltestelle, beabsichtigte A. , den Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen auszuführen. Eine Behörde informierte der Beschuldigte nicht über sein Wissen.
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b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich hinsichtlich der terroristischen Vereinigung IS aus den Auswertungen des Generalbundesanwalts im Einleitungsvermerk vom 5. April 2017, die - gerichtskundig - insbesondere auf den Gutachten des islamwissenschaftlichen Sachverständigen Dr. S. beruhen.
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Der Beschuldigte hat die ihm vorgeworfenen Taten bei seiner polizeilichen Vernehmung im Kern bestritten. Insoweit gründet sich der dringende Tatverdacht im Wesentlichen auf folgende Erkenntnisse:
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Dass der Mitbeschuldigte K. als IS-Mitglied damals fest entschlossen war, den Sprengstoffanschlag zu verüben, zu diesem Zweck zunächst eine Testbombe baute und zündete und der Beschuldigte dabei wissentlich mitwirkte, beruht insbesondere auf den Angaben des Mitbeschuldigten, der gegenüber den österreichischen Ermittlungsbehörden umfassend ausgesagt hat. So hat er bekundet, der Beschuldigte sei zur Gänze in das Vorhaben "Bombenanschlag" eingeweiht gewesen und habe ihm beim Bau des Sprengkörpers geholfen. Auch die Mitbeschuldigte H. hat erklärt, der ihr als "Se. " bekannte Beschuldigte habe am Bombenbau mitgewirkt.
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Die Kenntnis des Beschuldigten von einem geplanten Sprengstoffanschlag des Minderjährigen A. und dessen Verbindung zum IS wird ebenfalls belegt durch die Angaben des Mitbeschuldigten K. .
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Beide Taten finden ihre Bestätigung durch die Auswertung des Chat-Verkehrs zwischen dem Beschuldigten und dem Mitbeschuldigten K. , insbesondere desjenigen zwischen dem 21. November und dem 26. November 2016. Die Nachricht vom 26. November 2016 (14:34:05), in der der Beschuldigte gegenüber dem Mitbeschuldigten K. äußerte, er "denke", A. "ziehe nicht durch", steht der Annahme nicht entgegen, dass der Beschuldigte nach Aktenlage mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Ausführung des Bombenattentats ernsthaft rechnete. Bedacht zu nehmen ist vor allem darauf, dass der Mitbeschuldigte in einer nachfolgenden Nachricht - unter religiöser Beteuerung - mitteilte, A. habe erklärt, er habe "alles vorbereitet" und "diesmal fühle er sich sicher"; bereits während einer vorausgegangenen Chat-Kommunikation hatte der Mitbeschuldigte die Ernstlichkeit dieses Anschlagsplans bestätigt.
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Auch der Chat-Verkehr des Beschuldigten mit Dritten belegt die Tatvorwürfe. So thematisierte der Beschuldigte etwa gegenüber seiner engen weiblichen Bezugsperson C. die von ihm vorgenommene Herstellung einer Bombe und ihre Zündung zu Probezwecken, machte im Hinblick auf die zerstörerische Wirkung Verbesserungsvorschläge (Nägel) und stellte Überlegungen zum Anschlagsziel und -ort an. Mit A. tauschte sich der Beschuldigte spätestens seit dem 4. September 2016 über den IS aus.
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Schließlich wird die salafistische Grundeinstellung des Beschuldigten unter anderem ergänzend belegt durch in seiner Wohnung aufgefundenes Schriftenmaterial, seine Nähe zum IS vor allem auch durch die Auswertung eines sichergestellten Laptops.
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c) In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
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aa) Zum einen ist der Beschuldigte der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung (§ 129a Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB) in Tateinheit (§ 52 StGB) mit Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 StGB) dringend verdächtig.
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Mit dem Bau der Bombe unter Verwendung verschiedener Substanzen bereitete der Mitbeschuldigte K. eine schwere staatsgefährdende Gewalttat im Sinne von § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB vor, indem er gemäß § 89a Abs. 2 Nr. 2 StGB sowohl Sprengstoff als auch eine Sprengvorrichtung herstellte. Dem steht nicht entgegen, dass der Sprengsatz nur zu Probezwecken und nicht bei dem beabsichtigten Anschlag gezündet werden sollte. Denn die "Testbombe" diente der Förderung, also der Vorbereitung der Tat. Erst hierdurch konnten der Mitbeschuldigte und der - ihn unterstützende - Beschuldigte feststellen, ob eine Explosion gelingt, um beim späteren Bau der für den Anschlag selbst bestimmten Bombe ihre tödliche Wirkung sicherzustellen und gegebenenfalls zu optimieren (Nägel). Das Erfordernis eines Unmittelbarkeitszusammenhangs in dem Sinne, dass § 89a Abs. 2 Nr. 2 StGB nur solche Sprengstoffe und Sprengvorrichtungen erfasst, die auch tatsächlich bei der schweren staatsgefährdenden Gewalttat Verwendung finden sollen, ergibt sich weder aus dem Wortlaut des Gesetzes noch aus systematischen oder teleologischen Erwägungen:
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Der Wortlaut des § 89a Abs. 2 Nr. 2 StGB, der bezüglich der dort erfassten Waffen, Stoffe und Vorrichtungen auf Nr. 1 verweist, enthält eine derartige Einschränkung für Sprengstoffe und Sprengvorrichtungen nicht. Zwar pönalisiert § 89a Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Nr. 1 StGB das Herstellen sonstiger "besonderer Vorrichtungen" nur dann, wenn diese "zur Ausführung der Tat erforderlich" sind, was dahin ausgelegt werden könnte, dass sie eigens für die spätere Tat präpariert werden müssen (so SK-StGB/Zöller, 132. Lfg., § 89a Rn. 21; anders jedoch S/S-Sternberg-Lieben, StGB, 29. Aufl., § 89a Rn. 12 sowie MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl., § 89a Rn. 41, denen zufolge es genügt, wenn die Vorrichtungen einen Bezug zu der in Aussicht genommenen Tat aufweisen). Dieser einschränkende Zusatz ist jedoch nicht dem Wortlaut zuwider auf die anderen in § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB benannten Gegenstände zu übertragen, insbesondere weil diese nicht, isoliert betrachtet, "neutral", sondern schon per se abstrakt gefährlich sind.
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Ein Vergleich der in § 89a Abs. 2 Nr. 2 StGB geregelten Handlungsformen mit denjenigen in Nr. 1 streitet ebenfalls gegen das Erfordernis eines Unmittelbarkeitszusammenhangs im Sinne einer Verwendungsbestimmung für die vorbereitete Tat. Denn die Tathandlungen des § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB regeln das Verschaffen von Kenntnissen und Fertigkeiten bezüglich der bezeichneten Gegenstände, nicht den Umgang mit ihnen und setzen daher tatbestandlich noch weit mehr im Vorfeld der Tat an. Schließlich spricht das mit der Regelung des § 89a StGB verbundene gesetzgeberische Anliegen, namentlich terroristisch motivierten Selbstmordattentaten im Vorfeld der Tatausführung möglichst frühzeitig mit Mitteln des Strafrechts zu begegnen (vgl. BT-Drucks. 16/12428, S. 1), ebenfalls dafür, dass gerade die Herstellung eines Sprengkörpers zu Probezwecken - im Einklang mit dem Wortlaut der Norm - eine taugliche tatbestandliche Handlung darstellt.
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bb) Zum anderen besteht ein dringender Tatverdacht auch in Bezug auf die - hierzu realkonkurrierende (§ 53 StGB) - Nichtanzeige geplanter Straftaten nach § 138 Abs. 1 Nr. 5 und 8 StGB, wobei das Vorhaben des A. jedenfalls als Mord in einer unbestimmten Vielzahl tateinheitlicher Fälle gemäß §§ 211, 52 StGB sowie als vorsätzliches Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion gemäß § 308 Abs. 1 bis 4 StGB zu qualifizieren ist. Insbesondere hatte der Beschuldigte hiervon - mutmaßlich - glaubhaft erfahren, so dass er mit ihrer Ausführung ernsthaft rechnete (vgl. S/S-Sternberg-Lieben, StGB, 29. Aufl., § 138 Rn. 8 mwN).
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Einer Strafbarkeit gemäß § 138 Abs. 1 Nr. 5 und 8 StGB steht nicht entgegen, dass es sich bei A. um ein strafunmündiges, mithin schuldunfähiges Kind handelte (vgl. § 19 StGB). Wie vor allem aus § 138 Abs. 3 StGB folgt, kommt es für die Begründung der Anzeigepflicht - trotz der recht ungeschickten Wortwahl in § 138 Abs. 1 Nr. 8 StGB ("Straftat"; ebenso § 138 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 Nr. 1 und 2 StGB) - nicht darauf an, dass der Täter der geplanten Tat schuldhaft handeln würde und für diese bestraft werden könnte. Anzeigepflichtig ist daher auch - bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen - die von einem schuldlos Handelnden in Aussicht genommene Tat (vgl. LK/Hanack, StGB, 12. Aufl., §138 Rn. 10; MüKoStGB/Hohmann, 3. Aufl., § 138 Rn. 9, jew. mwN).
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Offen bleiben kann, ob das bisherige Ermittlungsergebnis auch den dringenden Tatverdacht der Nichtanzeige einer geplanten Straftat nach § 138 Abs. 2 Nr. 2 StGB begründet; dies könnte zweifelhaft sein, wenn sich A. , was sich den Sachakten nicht hinreichend sicher entnehmen lässt, nicht mitgliedschaftlich am IS beteiligt hätte (s. auch Senatsbeschluss vom 22. September 2016 - AK 47/16, juris Rn. 20). Bereits die übrigen Tatvorwürfe tragen indes den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft.
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cc) Deutsches Strafrecht ist anwendbar. Für die Strafbarkeit nach § 129a Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB folgt dies unmittelbar aus § 129b Abs. 1 Satz 2 Variante 1, 2 und 4 StGB (zum Strafanwendungsrecht im Einzelnen s. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2016 - AK 52/16, juris Rn. 33 ff.), bezüglich der übrigen Delikte, derer der Beschuldigte dringend verdächtig ist, aus den allgemeinen Vorschriften (vgl. §§ 3, 9 StGB).
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dd) Die nach § 129b Abs. 1 Satz 2 und 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung von bereits begangenen und künftigen Taten im Zusammenhang mit der sich als "Islamischer Staat im Irak und Großsyrien" sowie als "Islamischer Staat" bezeichnenden ausländischen terroristischen Vereinigung liegt - als Neufassung der bisherigen Verfolgungsermächtigung - seit dem 13. Oktober 2015 vor.
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2. Beim Beschuldigten besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO).
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a) Der Beschuldigte hat für den Fall seiner Verurteilung mit einer empfindlichen Jugend- oder Freiheitsstrafe zu rechnen. Bei dem IS handelt es sich um eine besonders gefährliche und grausam vorgehende terroristische Vereinigung; die dem Beschuldigten vorgeworfenen Unterstützungshandlungen waren zudem schwerwiegend, weil sie der Vorbereitung eines Sprengstoffanschlags dienten, der zur Tötung und schweren Verletzung vieler Menschen führen sollte. Auch das vom Beschuldigten nicht angezeigte Vorhaben des A. war ein solches besonders gravierendes Verbrechen.
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b) Dem von der Straferwartung ausgehenden Fluchtanreiz stehen keine hinreichenden fluchthindernden Umstände gegenüber:
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Der verheiratete Beschuldigte ist kinderlos. Er brach den Besuch der Sonderschule ab und erlangte keinen Schulabschluss. Er trat keine Berufsausbildung an und erlernte demgemäß keinen Beruf. Mit Ausnahme weniger nur kurzzeitiger Praktika und eines von ihm nach einem Monat beendeten Berufsförderungslehrgangs ging er keiner Arbeitstätigkeit nach. Vor der Inhaftierung lebten er und seine Ehefrau von Arbeitslosengeld II und ihrem Kindergeld. Die finanzielle Situation des Ehepaars war prekär. Es lebte isoliert in einer Mietswohnung in N. , deren Kosten vom Jobcenter getragen wurden und die zwischenzeitlich gekündigt ist.
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Darüber hinaus hat der Beschuldigte eine salafistische Gesinnung, die seine Ehefrau teilt. Ausweislich des ausgewerteten Chat-Verkehrs und der auf sichergestellter Hardware (Laptop, Mobiltelefone) gesicherten Inhaltsdaten fühlte er sich zur radikal-islamistischen Ideologie des IS hingezogen, legte den Treueeid auf den IS ab, auch wenn die hiervon gefertigte Videoaufnahme diesen - nicht ausschließbar - nicht erreichte, und forderte den Mitbeschuldigten K. auf, ihm Bilder und/oder Videoaufnahmen zu schicken, die geeignet seien, seine noch zweifelnde Ehefrau für ein Leben im IS zu begeistern. Trotz der finanziell prekären Lage reiste das Ehepaar Mitte 2016 gemeinsam in die Türkei.
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Wenngleich der nicht vorbestrafte Beschuldigte ein gutes Verhältnis zu seiner Mutter, seinem Stiefvater und seinem Bruder hat, lassen es all die benannten Umstände, in der gebotenen Gesamtschau betrachtet, als wahrscheinlicher erscheinen, dass er sich dem weiteren Strafverfahren entziehen, als dass er sich ihm zur Verfügung halten wird. Für ein solches zu befürchtendes Sich-Entziehen genügt ein Verhalten, das den Erfolg hat, dass der Fortgang des Strafverfahrens wenigstens vorübergehend durch Aufhebung der Bereitschaft, für Ladungen und Vollstreckungsmaßnahmen zur Verfügung zu stehen, verhindert wird (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 112 Rn. 18 mwN).
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3. Für eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls (§ 116 Abs. 1 StPO) fehlt es aus nämlichen Gründen an einer ausreichenden Vertrauensgrundlage; sein bisheriger Werdegang lässt den Beschuldigten als unzuverlässig erscheinen. Unter den gegebenen Umständen ist auch eine Anweisung gemäß § 116 Abs. 1 Nr. 2 StPO unter Einsatz technischer Überwachungsmittel (sog. elektronische Fußfessel) nicht erfolgversprechend.
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4. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) sind gegeben; der Umfang der Ermittlungen und ihre Schwierigkeit haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft:
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Die Sachakten umfassen mittlerweile elf Stehordner. Die Ermittlungsbehörden hatten ganz erhebliche Mengen erhobener Daten auszuwerten. Bei Durchsuchungsmaßnahmen wurden in der Wohnung des Beschuldigten und seiner Ehefrau - neben handschriftlichen Aufzeichnungen - vier Mobiltelefone sichergestellt; auf richterlichen Beschluss händigte seine Mutter noch einen Laptop aus. Die auf diesen Datenträgern gespeicherten Verbindungsdaten und Inhaltsdaten mussten ausgelesen und bewertet werden. Des Weiteren wurden die Inhalte von Accounts des Messenger-Dienstes "Telegram" gemäß § 100a StPO gesichert; daneben wurden Verkehrsdaten gemäß § 100g StPO erhoben, die namentlich die Kontakte zwischen dem Beschuldigten und A. betreffen. Die umfangreichen Auswertungsarbeiten dauern noch an. Auch die kriminaltechnische Begutachtung eines manipulierten Mobiltelefons, das als Fernzünder geeignet sein könnte, ist noch nicht abgeschlossen.
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Überdies weist der Fall internationale Bezüge auf. Mit Europäischer Ermittlungsanordnung vom 21. Juni 2017 ist um (weitere) Vernehmung des Mitbeschuldigten K. in Österreich insbesondere zu mittlerweile angefallenen neuen Erkenntnissen ersucht worden. Im Wege der Rechtshilfe mit Polen ist die Durchsuchung der dort ansässigen Lieferantin der Polenböller nach Kundendaten, namentlich Lieferadressen, auf Grund eines Durchsuchungsbeschlusses vom 24. April 2017 erbeten worden. Auch insoweit liegen noch keine Ergebnisse vor.
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Angesichts des bereits weit fortgeschrittenen Ermittlungsstandes wird sich die Generalstaatsanwaltschaft aber dennoch um einen zügigen Abschluss der Ermittlungen zu bemühen haben.
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5. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht nach alledem nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der im Fall einer Verurteilung zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).
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