Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (9. Senat) - 9 B 44/16

Gründe

I

1

Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 30. November 2011 in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 2. Februar 2015 zur Verlegung der B 3 von nordöstlich Celle (B 191) bis südöstlich Celle (B 214) - Ortsumgehung Celle (Mittelteil).

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Mit Urteil vom 22. April 2016 stellte das Oberverwaltungsgericht fest, dass der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses rechtswidrig und nicht vollziehbar ist. Im Übrigen wies es die weitergehende Klage der Kläger zu 1) und 4), deren Grundstücke jeweils zu einem Teil für das planfestgestellte Vorhaben benötigt werden, ab. Die Klage der Kläger zu 2), 3), 5) und 6), deren Grundstücke nicht unmittelbar in Anspruch genommen werden, wies es insgesamt ab. Der Planfeststellungsbeschluss sei rechtswidrig, weil er auch unter Berücksichtigung der angeordneten Schutzmaßnahmen gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verstoße. Die Beklagte habe nicht zur Überzeugung des Gerichts dargelegt, dass es durch den Betrieb der Straße nicht zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos für die im Wirkraum des Vorhabens festgestellten Fledermausarten komme. Im Übrigen sei der Planfeststellungsbeschluss nicht zu beanstanden. Insbesondere fehle es nicht an der Planrechtfertigung.

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Die Revision wurde nicht zugelassen. Dagegen richten sich die Nichtzulassungsbeschwerden des Klägers zu 5) und der Beklagten.

II

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Die zulässigen Beschwerden sind unbegründet.

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1. Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und des Beruhens auf einem Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde des Klägers zu 5) hat keinen Erfolg.

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a) Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 2. August 2006 - 9 B 9.06 - NVwZ 2006, 1290 Rn. 5 und vom 22. Januar 2014 - 9 B 56.13 - juris Rn. 4).

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aa) Daran gemessen verleiht die vom Kläger zu 5) aufgeworfene Frage,

ob es ein Gebot der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes ist, dem durch eine Bundesverkehrswegeplanung Rechtsbetroffenen zur Vorbereitung der Beantragung eines Vorlagebeschlusses nach Art. 100 GG mit einer plausiblen, seinem Sachkenntnisstand als Bürger entsprechenden Begründung Einsicht in die einschlägigen Teile der Bedarfsplanakten des Bundes zu verschaffen, wenn ihm der Weg zur Feststellung eines konkreten Bedarfs - wenn auch eingeschränkt auf verfassungsrechtliche Maßstäbe - grundsätzlich offen steht,

der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung.

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Das Oberverwaltungsgericht geht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon aus, dass nach § 1 Abs. 2 FStrAbG die in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG entsprechen und die Feststellung des Bedarfs für die Planfeststellung nach § 17 FStrG und das gerichtliche Verfahren verbindlich ist. Das gesetzgeberische Ermessen sei nur dann mit der Folge der Verfassungswidrigkeit der Bedarfsfeststellung überschritten, wenn diese evident unsachlich sei, weil es für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung oder die verkehrliche Erschließung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehle, oder wenn sich die Verhältnisse seit der Bedarfsfeststellung des Gesetzgebers so grundlegend geändert hätten, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden könne (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 Rn. 25). Das Oberverwaltungsgericht sieht weder aufgrund des Vorbringens der Kläger noch sonst Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers und hält deshalb eine weitere Aufklärung unter Heranziehung der Bedarfsplanakten des Bundes nicht für geboten. Inwieweit unter dieser Prämisse ein allgemeiner Klärungsbedarf bestehen soll, wird aus der Beschwerde nicht deutlich. Der Sache nach macht der Kläger zu 5) geltend, das Oberverwaltungsgericht habe durch den Verzicht auf eine Beiziehung dieser Akten gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, genügt zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache jedoch nicht (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14).

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bb) Hinsichtlich der Frage,

ob sich vorbehaltlich weiterer Konsequenzen jedenfalls die Einstufung in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes verbietet, wenn sich im Zuge einer Bundesfernstraßenplanung zum Bau einer Ortsumgehung herausstellt, dass der weiträumige Verkehr (Bundesverkehr) gegenüber dem Ziel-, Quell- und Binnenverkehr die Verkehrsart mit dem kleinsten Anteil ist,

genügt die Beschwerdebegründung nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Sie legt nicht ansatzweise dar, dass diese Frage klärungsbedürftig ist, für die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts von Bedeutung war und ihre Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist.

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cc) Die Frage,

ob der fernstraßenrechtliche Plangeber für Ortsumfahrungen das Verkehrsziel "Erhöhung der Reisegeschwindigkeit" isoliert, d.h. ohne Rücksicht auf dadurch heraufbeschworene erhöhte Unfallgefahren und ohne einen damit in einem angemessenen Verhältnis stehenden Zeitgewinn, festsetzen kann,

rechtfertigt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung ebenfalls nicht. Die Beschwerdebegründung legt die Klärungsbedürftigkeit und Entscheidungserheblichkeit dieser Frage nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dar.

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dd) Den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an eine Grundsatzrüge genügt die Beschwerdebegründung auch nicht hinsichtlich der sinngemäß gestellten Fragen,

ob das Gericht, wenn es ein nicht prozessordnungsgerechtes und nicht mehr korrigierbares Verhalten einer Partei über längere Zeit duldet, die Vertrauen darin begründen kann, dass ihr Rechtsnachteile daraus nicht erwachsen werden, solche verhängen darf, ohne dass es ihr zuvor mit angemessener Fristsetzung erfolglos die Möglichkeit zur Abhilfe gegeben hat,

und ob sich jeder der Beteiligten an einem abschnittsweise realisierten linienförmigen Planfeststellungsverfahren auf das sich auf das Gesamtprojekt beziehende Planmaterial berufen kann, weil es jedenfalls unter solchen Beteiligten abschnittsübergreifend keine Informations-(zugangs-)hindernisse gibt.

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Der Kläger zu 5) wendet sich dagegen, dass das Oberverwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung "unter Berufung auf höchstrichterliche Rechtsprechung" die einer jahrzehntelangen Praxis entsprechenden Bezugnahme auf Schriftsätze aus anderen Verfahren, insbesondere aus vorangegangenen Prozessen und Parallelverfahren, für unzulässig erklärt habe. Dies sei ein "Ausrutscher in den zivilistischen Beibringungsgrundsatz"; richtigerweise gehöre die Kenntnis über jeden bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss bei einer abschnittsweisen Verwirklichung zum "Amtswissen (§ 86 VwGO)".

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Mit diesen Ausführungen legt der Kläger zu 5) nicht dar, dass die aufgeworfenen Fragen der grundsätzlichen Klärung in dem vorliegenden Rechtsstreit bedürfen, insbesondere für die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts von Bedeutung waren. Weder setzt er sich insoweit mit den Entscheidungsgründen näher auseinander, noch legt er dar, auf welches konkrete Verhalten des Oberverwaltungsgerichts sich sein Vertrauen auf das Ausbleiben von Rechtsnachteilen gründete und um welche Ausführungen es bei den Bezugnahmen im Einzelnen ging.

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b) Schon aus diesem Grund ist auch eine Verletzung des Anspruchs des Klägers zu 5) auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) durch eine Überraschungsentscheidung, die der Kläger zu 5) darin sieht, dass er nicht zuvor auf die Unzulässigkeit der Bezugnahme hingewiesen worden ist, nicht den Anforderungen entsprechend dargelegt, die § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an eine Verfahrensrüge stellt. Dies gilt umso mehr, als eine zulässige Gehörsrüge darüber hinaus regelmäßig die substantiierte Darlegung erfordert, was der Beteiligte bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 15 und vom 16. August 2011 - 6 B 18.11 - juris Rn. 4 und 8). Daran fehlt es. Der Kläger zu 5) beschränkt sich insoweit auf die Rüge der "Ausgrenzung von umfänglichem Parteivortrag", ohne auf die unberücksichtigt gebliebenen Schriftsätze näher einzugehen.

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c) Die Revision ist auch nicht wegen der darüber hinaus geltend gemachten Verfahrensmängel nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

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aa) Soweit der Kläger zu 5) meint, das "R.-Gutachten", das sich auf den Kreuzungsbereich der Ortsumgehung Celle als B 3 neu mit der B 214 beziehe und im Verfahren übermittelt worden sei, sei fehlerhafterweise nicht berücksichtigt worden, rügt er der Sache nach eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO. Ein Verfahrensmangel liegt insoweit jedoch nicht vor.

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Das Gebot rechtlichen Gehörs erfordert es, dass das entscheidende Gericht die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht. Es verpflichtet das Gericht aber nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten auch zu folgen (stRspr, vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. November 2004 - 1 BvR 179/03 - NVwZ 2005, 204 <205>; BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 2008 - 5 B 17.08 - juris Rn. 3). Diesen Anforderungen ist das Oberverwaltungsgericht gerecht geworden.

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Es hat die verkehrstechnischen Stellungnahmen zu den Umbauplanungen der B 214 von Dipl.-Ing. R. vom 11. März 2011 und 10. Mai 2015, nach denen die B 3 neu ohne einen leistungsfähigen Ausbau der B 214 ihre Entlastungs- und Verkehrsfunktion nicht erfüllen kann, zur Kenntnis genommen und erörtert, ob die von den Klägern unter Hinweis auf diese Stellungnahmen geltend gemachte Nichtbewältigung von Verknüpfungsproblemen zwischen der B 3 neu und der B 214 einen Abwägungsfehler darstellt (UA S. 160). Dass es dabei der Rechtsansicht der Kläger nicht gefolgt ist, sondern einen Abwägungsfehler verneint hat, weil es die Funktionsfähigkeit der Ortsumgehung der B 3 einschließlich ihrer Zufahrts- und Ausfallstraßen auf der Grundlage der Anmerkungen eines anderen Verkehrsplanungsbüros zu den verkehrstechnischen Stellungnahmen von Dipl.-Ing. R. als nachweislich gegeben angesehen hat, stellt, wie ausgeführt, keinen Gehörsverstoß dar.

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bb) Gleiches gilt in Bezug auf das Vorbringen des Klägers zu 5), das Gericht hätte in Bezug auf die Variante 4 (Ost-Ostumgehung) den von den Klägern angeführten und nicht von der Hand zu weisenden Vorteilen im Detail nachgehen müssen. Auch insoweit hat das Gericht den Vortrag durchaus zur Kenntnis genommen (vgl. UA S. 115), ist ihm aber in der Sache nicht gefolgt.

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cc) Soweit der Kläger zu 5) einen Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht nach § 86 Abs. 1 Halbs. 1 VwGO damit begründet, dass seinem Antrag, die Planungsakten aus den 70er Jahren beizuziehen, nicht gefolgt worden sei, genügt die Beschwerdebegründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Im Rahmen einer solchen Rüge muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Letzteres legt die Beschwerdebegründung nicht dar. Sie führt lediglich aus, dass die Planungsakten aus den 70er Jahren Zweifel an den dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Verkehrsuntersuchungen und Prognosen hätten wecken können, die dem Oberverwaltungsgericht Anlass zur Gewinnung weiterer Erkenntnisse mit Hilfe eines Sachverständigen hätten geben können. Welche Erkenntnisse dies im Einzelnen hätten sein können, erläutert der Kläger zu 5) jedoch nicht.

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dd) Gleiches gilt, soweit der Kläger zu 5) die Nichtbeiziehung der Bedarfsplanakten im Hinblick auf die Amtsermittlungspflicht für verfahrensfehlerhaft hält. Er trägt insoweit nur vor, dass ihre Beiziehung das Prozessergebnis hätte ändern können, legt aber nicht ansatzweise dar, welche entscheidungserheblichen Feststellungen auf ihrer Grundlage unter Berücksichtigung der bereits vorhandenen Erkenntnisse des Oberverwaltungsgerichts (UA S. 32 - 52) voraussichtlich getroffen worden wären.

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ee) Ebenfalls nicht den Begründungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entspricht das Vorbringen des Klägers zu 5), die Effektivität der bahnparallelen Variante F 6 zusammen mit ihrem Weiterverlauf im zu optimierenden Wilhelm-Heinichen-Ring sei nicht untersucht worden und die für den Straßenbau erstellten städtischen Bebauungspläne, die die städtebauliche Unbedenklichkeit gezeigt hätten, seien trotz eines entsprechenden Antrags der Kläger nicht beigezogen worden. Denn die Beschwerdebegründung erschöpft sich in der Formulierung der vorgenannten Rügen.

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ff) Soweit der Kläger zu 5) geltend macht, dass die Einbeziehung der Ost-Ostumgehung nur als Grobvorschlag sich als Abwägungsausfall darstelle und die Westumgehungen bei einer Prüfung der Effektivität der bahnparallelen Variante F 6 und einer Beiziehung der Bebauungspläne wohl nicht hätten ausgeschieden werden können oder jedenfalls als zumutbare Alternativen im Sinne von § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG "warm zu halten" gewesen wären, geht es um Verstöße gegen materielles Recht, die nicht zur Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels führen können.

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2. Auch die von der Beklagten angeführten Zulassungsgründe rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.

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a) Dies gilt zunächst, soweit die Beschwerde auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützt ist.

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aa) Soweit die Beklagte geklärt wissen möchte,

ob es sich bei der Frage, ob ein bestimmtes methodisches Vorgehen dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft entspricht bzw. fachwissenschaftlich (noch) vertretbar ist, um eine Tatsachenfrage oder um eine Frage der rechtlichen Bewertung handelt,

rechtfertigt dies die Zulassung der Revision nicht. Die aufgeworfene Frage lässt sich auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung ohne Weiteres beantworten (BVerwG, Beschluss vom 24. August 1999 - 4 B 72.99 - BVerwGE 109, 268 <270>).

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Hintergrund der Frage ist die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 BNatSchG, insbesondere zum Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, die das Oberverwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Danach steht der Zulassungsbehörde sowohl in Bezug auf die Erfassung der von dem zuzulassenden Vorhaben betroffenen Arten als auch hinsichtlich der Bewertung der Risiken, denen diese bei Realisierung des Vorhabens ausgesetzt sind, ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zu, soweit anerkannte naturschutzfachliche Maßstäbe fehlen. Die behördliche Einschätzungsprärogative greift dabei nur Platz, wo trotz fortschreitender wissenschaftlicher Erkenntnisse ein gegensätzlicher Meinungsstand fortbesteht und es an eindeutigen ökologischen Erkenntnissen fehlt. Demgegenüber ist für eine Einschätzungsprärogative kein Raum, soweit sich für die Bestandserfassung eine bestimmte Methode oder für die Risikobewertung ein bestimmter Maßstab durchgesetzt hat und gegenteilige Meinungen nicht mehr als vertretbar angesehen werden können (BVerwG, Urteil vom 21. November 2013 - 7 C 40.11 - Buchholz 406.25 § 6 BImSchG Nr. 6 Rn. 14 ff.).

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Die Frage, welches methodische Vorgehen der allgemein anerkannte Stand der Wissenschaft erfordert, den die Zulassungsbehörde - gegebenenfalls durch Einholung fachgutachtlicher Stellungnahmen - ermitteln und berücksichtigen muss, ist dabei eine Tatsachenfrage. Die von der Beklagten aufgeworfene Frage, ob das von der Behörde konkret gewählte methodische Vorgehen dem zuvor festgestellten allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft entspricht oder danach vertretbar ist, ist demgegenüber eine Frage der - dem Tatrichter vorbehaltenen - rechtlichen Bewertung dieses Vorgehens anhand der Erkenntnisse der ökologischen Wissenschaft, auf die der Gesetzgeber mit § 44 Abs. 1 BNatSchG gezielt verweist (BVerwG, Urteil vom 21. November 2013 - 7 C 40.11 - Buchholz 406.25 § 6 BImSchG Nr. 6 Rn. 16).

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bb) Grundsätzliche Bedeutung hat die Rechtssache auch nicht hinsichtlich der Frage,

ob es für den als zusätzlichen Prüfschritt für eventuelle Tötungen nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG jenseits zielgerichteter Tötungshandlungen vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Signifikanzmaßstab nur auf das mit dem Vorhaben verbundene Tötungsrisiko ankommt, das - vergleichbar dem allgemeinen Lebensrisiko - mit dem betreffenden Vorhabentyp im Naturraum unabdingbar immer verbunden ist, oder ob in Fällen, in denen im betreffenden Naturraum durch ein bereits bestehendes, bestandskräftig genehmigtes Vorhaben für die hier vorkommenden Individuen besonders geschützter Tierarten ein über dieses generelle Tötungsrisiko möglicherweise hinausgehendes Risiko gegeben ist, diese Vorbelastung dann den Maßstab für die Beurteilung der signifikanten Risikoerhöhung bildet.

30

Die Klärung dieser Frage ist im Revisionsverfahren nicht zu erwarten, weil die Tatsachen, die vorliegen müssten, damit sie sich im Revisionsverfahren stellt, vom Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt sind (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 30. Juni 1992 - 5 B 99.92 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 309 S. 43 f. und vom 17. März 2000 - 8 B 287.99 - BVerwGE 111, 61 <62>). Denn das Oberverwaltungsgericht hat nicht festgestellt, dass durch die bestehende Kreisstraße K 74 ein über das generell mit dem Vorhandensein von Verkehrswegen im Naturraum immer verbundene Tötungsrisiko hinausgehendes Tötungsrisiko für die vorkommenden Fledermausarten hervorgerufen wird. Vielmehr hat es festgestellt, dass es keine systematischen Untersuchungen über mögliche Kollisionen mit dem Verkehr auf der Kreisstraße gegeben hat.

31

Soweit die Frage darauf abzielt, ob Maßstab für eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos der konkrete Raum einschließlich seiner Vorbelastungen ist und deshalb die Tatbestandsmäßigkeit des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG schon dann verneint werden kann, wenn das planfestgestellte Vorhaben in der Gesamtbilanz für die betroffenen Einzelexemplare der besonders geschützten Arten nicht über das bereits mit der Vorbelastung verbundene Kollisionsrisiko hinausgeht, ist ihre Klärung im Revisionsverfahren ebenfalls nicht zu erwarten. Denn dass die planfestgestellte Bundesstraße auch unter Berücksichtigung der Vorbelastung in der Gesamtbilanz kein größeres Kollisionsrisiko hervorruft als die bestehende Kreisstraße, hat das Oberverwaltungsgericht ebenfalls nicht festgestellt.

32

Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass sich die Signifikanz der Erhöhung des Tötungsrisikos nicht anhand eines im Umfeld des konkreten Vorhabens bereits anderweitig gesteigerten Tötungsrisikos, sondern nach dem allgemeinen Tötungsrisiko bemisst, das mit einem Verkehrsweg als gewöhnlichem Bestandteil des Naturraums immer verbunden ist (BVerwG, Urteil vom 10. November 2016 - 9 A 18.15 - juris Rn. 83 f., insoweit in BVerwGE 156, 215 nicht abgedruckt).

33

cc) Auch die Frage,

ob es zulässig ist, in einem fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss den Vollzug betreffende Fragen der artenschutzrechtlichen Konfliktbewältigung, insbesondere in Bezug auf ein angeordnetes Risikomanagement, mit Blick auf die Vorschriften des § 4 Satz 1 und des § 3 Abs. 1 Satz 2 FStrG dem Vorhabenträger zu überlassen, sofern die jeweilige Problematik jedenfalls dem Grunde nach im Planfeststellungsbeschluss gesehen und bewältigt wurde,

verleiht der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Sie war für das Oberverwaltungsgericht nicht von Bedeutung, weil nach seiner Rechtsauffassung die artenschutzrechtliche Problematik gerade nicht hinreichend bewältigt war.

34

Das Oberverwaltungsgericht geht davon aus, dass die Beklagte den bestehenden wissenschaftlichen Unsicherheiten hinsichtlich der Wirksamkeit der festgesetzten Schutzmaßnahmen nicht ausreichend Rechnung getragen und damit nicht mit der gebotenen hinreichenden Wahrscheinlichkeit sichergestellt hat, dass das betriebsbedingte Risiko der Tötung der festgestellten Fledermausarten durch Kollisionen mit dem Straßenverkehr nicht in signifikanter Weise erhöht und so das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG beachtet wird.

35

Dass das Oberverwaltungsgericht insoweit nicht erwogen hat, ob der Planfeststellungsbeschluss die artenschutzrechtliche Konfliktbewältigung im Rahmen eines Risikomanagements dem Vorhabenträger überlassen durfte, weil dieser nach § 4 Satz 1 FStrG dafür einzustehen hat, dass seine Bauten allen Anforderungen der Sicherheit und Ordnung genügen, und nach § 3 Abs. 1 Satz 2 FStrG die Belange des Umweltschutzes zu berücksichtigen hat, kann im Übrigen die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen. Denn im Grundsatz ist bereits geklärt, dass zwar der Vorhabenträger eigenverantwortlich zu bestimmen hat, welcher baulichen Maßnahmen es bedarf, um sicherheitsrechtlich unbedenkliche Verhältnisse zu gewährleisten, dass für dieses Konzept nach außen aber die Planfeststellungsbehörde verantwortlich ist (BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2017 - 9 A 14.16 - juris Rn. 25 m.w.N.). Davon abgesehen genügt das Aufzeigen einer (angeblich) fehlerhaften oder unterbliebenen Rechtsanwendung nicht den Anforderungen, die § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache stellt (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14).

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dd) Grundsätzliche Bedeutung verleiht der Rechtssache schließlich auch nicht die Frage,

ob erstmalige tatsächliche Einlassungen von Zeugen, Sachverständigen, Sachbeiständen oder anderen unmittelbar und mittelbar Verfahrensbeteiligten an der mündlichen Verhandlung vom Gericht für die Begründung seines Urteils herangezogen werden können, auch wenn sie nicht in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung (§ 105 VwGO) protokolliert wurden.

37

Diese Frage, die darauf abzielt, ob die Äußerungen des Sachbeistands des Klägers des Parallelverfahrens OVG 7 KS 27/15, Dr. B., zur geplanten Fledermausbrücke an dem Verteiler zur Wittinger Straße und des Vertreters der Beklagten zum Wirkungsgrad der insgesamt zum Fledermausschutz vorgesehenen Maßnahmen, auf die sich das Oberverwaltungsgericht im Urteil stützt (UA S. 105), nach § 105 VwGO hätten protokolliert werden müssen, bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Sie lässt sich vielmehr ohne Weiteres auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesauslegung beantworten.

38

Nach § 105 VwGO in Verbindung mit § 160 Abs. 3 Nr. 4 Halbs. 1 ZPO sind im Protokoll nur die Aussagen der Zeugen, Sachverständigen und vernommenen Parteien festzustellen. Die Wiedergabe der Äußerungen eines Verfahrensbeteiligten oder eines Sachbeistands außerhalb einer förmlichen Parteivernehmung im Rahmen einer formlosen Anhörung zur näheren Darlegung des vorgetragenen Sachverhalts ist hingegen schon nach dem Wortlaut dieser Regelung nicht vorgeschrieben (BVerwG, Beschlüsse vom 8. April 1983 - 9 B 1277.81 - Buchholz 310 § 105 VwGO Nr. 33 S. 10, vom 17. Oktober 1990 - 2 B 158.89 - NVwZ 1991, 672 und vom 24. September 2013 - 2 B 42.13 - Buchholz 232.1 § 48 BLV Nr. 2 Rn. 6). Solche Äußerungen sind auch nicht nach § 105 VwGO in Verbindung mit § 160 Abs. 2 ZPO als wesentliche Vorgänge der Verhandlung ins Protokoll aufzunehmen. Denn der Begriff der wesentlichen Vorgänge meint die wesentlichen Förmlichkeiten der Verhandlung, d.h. deren äußeren Hergang, nicht aber den Inhalt von Erklärungen. Die Äußerungen von Verfahrensbeteiligten im Rahmen ihrer formlosen Anhörung sind daher nur nach Maßgabe von § 105 VwGO in Verbindung mit § 160 Abs. 4 ZPO in das Protokoll aufzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 24. September 2013 - 2 B 42.13 - Buchholz 232.1 § 48 BLV Nr. 2 Rn. 6). Dies setzt den Antrag eines Beteiligten voraus, den das Gericht nur ablehnen kann, wenn es auf die Feststellung der Äußerung nicht ankommt (§ 105 VwGO in Verbindung mit § 160 Abs. 4 Satz 1 und 2 ZPO). Anlässlich einer formlosen Anhörung gemachte Angaben sind darüber hinaus zum Gesamtergebnis des Verfahrens zu rechnen, aus dem das Gericht seine freie richterliche Überzeugung gewinnt, nach der es gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet. Eine Verwertung der Äußerungen zu Beweiszwecken ist ohne Protokollierung hingegen ausgeschlossen (BVerwG, Urteil vom 9. Juli 1969 - 8 C 22.68 - Buchholz 310 § 105 VwGO Nr. 3 S. 2 f.).

39

b) Die Revision ist auch nicht wegen der von der Beklagten geltend gemachten Verfahrensmängel nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

40

aa) Gemessen an dem soeben unter II. 2. a) dd) Gesagten stellt es keinen die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO rechtfertigenden Verfahrensmangel dar, dass das Oberverwaltungsgericht die Äußerungen des Sachbeistands des Klägers im Verfahren OVG 7 KS 27/15 und des Vertreters der Beklagten zwar nicht in die Sitzungsniederschrift aufgenommen, sie aber dennoch zur Begründung seines Urteils herangezogen hat. Das Oberverwaltungsgericht war nach § 105 VwGO in Verbindung mit § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO zur Protokollierung dieser Äußerungen nicht verpflichtet. Denn sie erfolgten nicht im Rahmen einer förmlichen Beweisaufnahme durch Sachverständigenbeweis oder Parteivernehmung (§ 98 VwGO in Verbindung mit den §§ 402 ff. bzw. 450 ff. ZPO), sondern waren Teil der tatsächlichen und rechtlichen Erörterung des Sach- und Streitstands (§ 104 Abs. 1 VwGO). Denn sie sind im Zusammenhang mit der formlosen Anhörung der Beteiligten gefallen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 1969 - 8 C 22.68 - Buchholz 310 § 105 VwGO Nr. 3 S. 1).

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Das Oberverwaltungsgericht hat die Äußerungen des Sachbeistands der Klägerseite und des Beklagtenvertreters auch nicht zu Beweiszwecken verwertet, sondern lediglich bei der Bildung seiner richterlichen Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens berücksichtigt. Denn es hat seine Überzeugung, dass aufgrund der wissenschaftlichen Unsicherheiten hinsichtlich der Wirksamkeit der Maßnahmen zum Schutz der Fledermäuse ein signifikantes Tötungsrisiko nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne, in erster Linie anhand von Arbeitshilfen, Studien und wissenschaftliche Publikationen begründet und die genannten Aussagen von Kläger- und Beklagtenseite lediglich als Bestätigung der so gewonnenen Überzeugung herangezogen.

42

Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass das Oberverwaltungsgericht das Recht der Beteiligten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verletzt hätte, weil es die betreffenden Äußerungen nicht in die Sitzungsniederschrift aufgenommen hat. Denn die Beteiligten hätten in der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit gehabt, zu diesen Äußerungen Stellung zu nehmen oder darauf mit einem Beweisantrag zu reagieren.

43

bb) Die Beklagte sieht einen Verfahrensmangel darin, dass das Oberverwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. November 2011 in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 2. Februar 2015 nicht umfassend geprüft, den Umfang der von ihm erkannten Rechtswidrigkeit nicht genau festgestellt und deshalb nicht abschließend über die Klage entschieden habe. Denn die Kritik der Klägerseite an dem in Bezug auf das Braune Langohr angeordneten Risikomanagement bezüglich der Bestimmtheit des Maßnahmenblattes S 56, der zugrunde gelegten Methodik und der in Aussicht gestellten Abhilfemaßnahmen sei im Urteil nicht gewürdigt worden. Dieser Verfahrensmangel liegt jedoch nicht vor.

44

Wird ein Planfeststellungsbeschluss nicht aufgehoben, sondern für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt, weil die Mängel, an denen er leidet, durch Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden können (§ 17c FStrG in Verbindung mit § 75 Abs. 1a VwVfG; § 17e Abs. 6 FStrG a.F.), so darf das Gericht die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses im Übrigen nicht offen lassen. Grundsätzlich ist es vielmehr gehalten, das Klagevorbringen umfassend zu prüfen und den Umfang der Rechtswidrigkeit in seinem Urteil genau festzustellen. Denn Zweck des § 75 Abs. 1a VwVfG ist, der Planfeststellungsbehörde Gelegenheit zu geben, die vom Gericht identifizierten Fehler in einem auf deren Korrektur beschränkten ergänzenden Verfahren zu beheben. Dieser Zweck wird dadurch erreicht, dass der Kläger aufgrund der Rechtskraftwirkung des Urteils gegen die spätere behördliche Entscheidung im ergänzenden Verfahren regelmäßig nicht mehr gerichtlich geltend machen kann, dass der Planfeststellungsbeschluss über die Beanstandung des Gerichts hinaus an weiteren Fehlern leide (BVerwG, Beschluss vom 6. März 2014 - 9 C 6.12 - Buchholz 406.403 § 34 BNatSchG 2010 Nr. 7 Rn. 17 f.; vgl. auch Urteile vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 28 und vom 15. Juli 2016 - 9 C 3.16 - Buchholz 406.403 § 34 BNatSchG 2010 Nr. 14 Rn. 61). Gegen die so verstandene Rechtskraftwirkung lässt sich nicht einwenden, dass die Rechtskraft eines Urteils an den Streitgegenstand gebunden und dieser bei einer auf Rechtswidrigkeitsfeststellung gerichteten Klage auf den (unteilbaren) Planfeststellungsbeschluss als solchen bezogen sei. Denn hier wie in anderen Zusammenhängen gilt, dass Inhalt und Umfang der Rechtskraftwirkung je nach den prozessualen Erfordernissen aus den Urteilsgründen zu erschließen sind, ohne dass sich daraus Folgerungen für den Streitgegenstand ergäben (so BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 2006 - 6 B 47.06 - Buchholz 442.066 § 24 TKG Nr. 1 Rn. 15 für das Bescheidungsurteil; vgl. auch Urteil vom 7. August 2008 - 7 C 7.08 - BVerwGE 131, 346 Rn. 18 für das einer Anfechtungsklage stattgebende Urteil).

45

Den sich aus dem Vorstehenden ergebenden Anforderungen wird das angefochtene Urteil gerecht. Das Oberverwaltungsgericht hat die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses im Hinblick auf seine Vereinbarkeit mit dem artenschutzrechtlichen Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG geprüft. Es hat festgestellt, dass der Verbotstatbestand in Bezug auf von der geplanten Ortsumgehung betriebsbedingt ausgehende Risiken für die im Wirkraum des Vorhabens vorkommenden Fledermausarten erfüllt sei. Die Beklagte habe auch unter Berücksichtigung der planfestgestellten Schutz- und Vermeidungsmaßnahmen nicht rechtsfehlerfrei davon ausgehen dürfen, dass das Risiko von betriebsbedingten Kollisionen mit dem Straßenverkehr nicht in signifikanter Weise erhöht werde. Sie habe nicht von der Möglichkeit eines umfassenden Risikomanagements Gebrauch gemacht, um die Wirksamkeit der planfestgestellten Schutzmaßnahmen möglichst noch vor einer Inverkehrnahme der Straße zu kontrollieren und gegebenenfalls zu optimieren. Das Oberverwaltungsgericht geht davon aus, dass ein möglicherweise verbleibendes erhöhtes Kollisionsrisiko durch ein Risikomanagement aufgefangen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2012 - 9 A 17.11 - BVerwGE 145, 40 Rn. 48), wie es der Planfeststellungsbeschluss bisher nur hinsichtlich des Braunen Langohrs im Bereich des Freitagsgrabens vorsieht. Dabei geht aus seinen Ausführungen deutlich hervor, dass seiner Ansicht nach nur ein umfassendes, alle betroffenen Konfliktbereiche und Fledermausarten einschließendes Risikomanagement ausreichen kann. Unter der Prämisse des Gerichts, dass ein derartiges Gesamtkonzept zu erstellen sein wird, musste sich ihm im Rahmen seines insoweit bestehenden Einschätzungsspielraums eine Auseinandersetzung mit der Kritik der Klägerseite an der bislang planfestgestellten, in ihrer Begrenzung ohnehin defizitären Regelung nicht aufdrängen. Der Umfang der Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ist vor diesem Hintergrund hinreichend genau festgestellt.

46

cc) Zuzulassen ist die Revision schließlich auch nicht wegen eines Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, kraft dessen das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet.

47

Ein Verfahrensmangel kann insoweit etwa vorliegen, wenn die vom Gericht im Rahmen seiner Überzeugungsbildung gezogenen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen oder sonst von objektiver Willkür geprägt sind (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 13. Februar 2012 - 9 B 77.11 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 73 Rn. 7 und vom 5. Juni 2014 - 4 BN 8.14 - juris Rn. 3).

48

Einen Verstoß sieht die Beklagte darin, dass das Oberverwaltungsgericht aus der Einschätzung des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, der Schutz der Fledermäuse liege aufgrund der im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Maßnahmen jedenfalls bei 80 %, gefolgert hat, der Beklagtenvertreter habe eingestanden, dass in etwa 20 % der Fälle ein Tötungsrisiko bestehe. Damit ist jedoch ein Verstoß gegen die Denkgesetze nicht zwingend dargelegt. Zwar trifft es zu, dass die Aussage, die angeordneten Schutzmaßnahmen hätten jedenfalls in 80 % der Fälle Erfolg, auch die Möglichkeit eines noch höheren Wirkungsgrades einschließt. Aus ihr folgt andererseits aber auch, dass in bis zu 20 % der Fälle die Wirksamkeit des Schutzes jedenfalls nicht gewährleistet ist. Es ist daher weder denklogisch ausgeschlossen noch willkürlich, dass das Oberverwaltungsgericht angesichts der von ihm festgestellten Unsicherheiten annimmt, ein Tötungsrisiko bestehe in etwa 20 % der Fälle.

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Die vom Oberverwaltungsgericht gezogenen Schlussfolgerungen sind auch insoweit nicht von Willkür geprägt, als sie sich auf Einlassungen der Prozessbeteiligten und ihrer Sachbeistände stützen, die in der mündlichen Verhandlung nicht protokolliert wurden. Denn wie ausgeführt (oben II. 2. a) dd), durfte das Oberverwaltungsgericht die genannten Äußerungen bei der Gewinnung seiner Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens - auch ohne Protokollierung - berücksichtigen.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

51

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 39 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 GKG. Hinsichtlich der Beschwerde des Klägers zu 5) orientiert sie sich an Nr. 34.2.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Hinsichtlich der Beschwerde der Beklagten, die die Klagen der Kläger zu 1) und 4) betrifft, ergibt sich der Streitwert als Summe der auf diese Klagen entfallenden Streitwerte. Diese belaufen sich für den Kläger zu 1) auf 30 000 € (vgl. Nr. 34.2.3 des Streitwertkatalogs) und für die Klägerin zu 4) auf 15 000 € (vgl. Nr. 34.2.1.1 des Streitwertkatalogs).

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