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| Streitig ist die Verrechnung eines Umsatzsteuer (USt) -Vergütungsanspruchs mit rückständiger USt und Zinsen zur USt. |
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| Die Klägerin (Kl) ist von Beruf Rechtsanwältin und wurde mit Beschluss des Amtsgerichts X (AG) vom 19. Februar 2004 zur Zwangsverwalterin in der Zwangsvollstreckungssache der A-Bank X (A-Bank) als Gläubigerin gegen die Firma Y GmbH & Co.KG (KG) als Schuldnerin bestellt. Wegen der dinglichen Ansprüche der A-Bank ordnete das AG die Zwangsverwaltung der im Eigentum der KG stehenden, auf der Markung Z gelegenen und im Grundbuch von Z Bl. 11.. eingetragenen Flurstücke 1, Gebäude- und Freifläche sowie 2, Gebäude- und Freifläche, an. Mit Beschluss vom 8. Februar 2005 hob das AG das Zwangsverwaltungsverfahren wieder auf, weil die A-Bank ihren diesbezüglichen Antrag zurückgenommen hatte. Gleichzeitig wurde die Kl vom AG ermächtigt, den vor dem Landgericht X (LG) anhängigen Rechtsstreit Az.: 2.. fortzuführen (§ 12 Abs. 2 Zwangsverwalterverordnung -ZwVwV-). Dieser Zivilrechtsreit wurde zunächst von der KG mit einer (ehemaligen) Mieterin geführt und von der Kl fortgesetzt. Die Kl kam in der Folgezeit ihren an der Zwangsverwaltung der beiden Grundstücke obliegenden steuerlichen Pflichten unter der Steuernummer 44... nach. |
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| In der USt -Voranmeldung April 2005 meldete die Kl einen Umsatz aus der Zeit der Zwangsverwaltung an und machte dabei einen - unstreitigen - Vorsteuervergütungsanspruch in Höhe von 1.336,87 EUR geltend. Hiergegen rechnete das beklagte Finanzamt (= Beklagter -Bekl-) mit verschiedenen Steuerforderungen aus den Besteuerungszeiträumen 2002 und 2003 in Höhe von ebenfalls 1.336,87 EUR auf, die der Bekl gegenüber der KG hatte, und zwar mit 569 EUR von USt April 2005 auf USt 2002, mit 16 EUR von USt April 2005 auf Zinsen zur USt 2002 sowie mit 751,87 EUR von USt April 2005 auf Zwangsgeld „2160 04“, so dass der USt -Vergütungsanspruch aus der USt -Voranmeldung April 2005 vollständig aufgezehrt war. Der USt -Vergütungsanspruch April 2005 beruhte in voller Höhe auf der Zwangsvollstreckervergütung der Kl, die das AG mit Beschluss vom 7. April 2005 in Höhe von 9.692,35 EUR festgesetzt und die die Kl am 18. April 2005 „aus der Masse“ entnommen hatte. Die Kl widersprach den vom Bekl vorgenommenen „Umbuchungen“ und verlangte ihrerseits die Aufrechnung ihres USt -Vergütungsanspruchs aus der USt -Voranmeldung April 2005 mit der sich aus der USt -Voranmeldung September 2005 ergebenden Nachzahlungsforderung in Höhe von 1.129,60 EUR. |
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| Der Bekl erließ daraufhin den Abrechnungsbescheid vom 7. Oktober 2005, in dem er feststellte, dass sich aus der USt -Voranmeldung April 2005 keine Erstattung ergebe. Den dagegen eingelegten Einspruch wies der Bekl mit Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2007 als unbegründet zurück. |
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| Hiergegen richtet sich die am 18. Juli 2007 erhobene Klage. |
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| Die Aufrechnung mit Steuer- und Nebenforderungen aus Zeiträumen vor Anordnung der Zwangsverwaltung sei rechtswidrig. Der Steuererstattungsanspruch sei von der Beschlagnahme durch die Zwangsverwaltung mit umfasst (§§ 20, 27, 146 Abs. 1 des Gesetzes über die Zwangsvollstreckung und Zwangsverwaltung - ZVG -) und unterliege somit dem relativen Veräußerungsverbot (§ 23 ZVG). Durch diese Vorschrift sei der Steuererstattungsanspruch des Zwangsverwalters vor der Aufrechnung seitens des Finanzamts mit Steuerschulden des Schuldners geschützt. Dies entspreche der herrschenden Auffassung in der Literatur und werde durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bestätigt. In seinem Urteil vom 19. Dezember 1985 V R 139/76 (Bundessteuerblatt -BStBl- II 1986, 500) habe der BFH zum Erstattungsanspruch des Zwangsverwalters ausgeführt, dass dem Kläger als Zwangsverwalter gemäß §§ 33, 34 Abgabenordnung (AO) die Pflicht erwachse, Steuervoranmeldungen abzugeben und Vorauszahlungen zu leisten. Dabei gehöre die zu zahlende USt zu den Ausgaben der Verwaltung. Da der Vorsteuererstattungsanspruch die Umkehrung des Steueranspruchs sei, stehe auch der Erstattungsanspruch der Masse zu. Zu keinem anderen Ergebnis kommt der BFH in seinem Urteil vom 18. Oktober 2001 V R 44/00. |
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| den Abrechnungsbescheid vom 7. Oktober 2005 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2007 aufzuheben und festzustellen, dass der Kl ein Erstattungsbetrag in Höhe von 641 EUR zustehe. |
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| § 2 Abs. 1 Satz 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) normiere den Grundsatz der Unternehmenseinheit. Es sei nicht streitig, dass die Grundstückseigentümerin und die Zwangsverwalterin - soweit die zwangsverwalteten Grundstücke betroffen sind - ein einheitliches umsatzsteuerliches Unternehmen betreiben. Aufgrund der weiter bestehenden Unternehmereigenschaft der Eigentümerin der Grundstücke sei daher die Aufrechnung mit den Umsatzsteuerrückständen aus der Zeit vor Anordnung der Zwangsverwaltung vorzunehmen. |
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| Der Verrechnung mit rückständiger USt aus der Vermietung desselben Grundstückes stehe nicht entgegen, dass die Abwicklung der Zwangsverwaltung über eine gesonderte Steuernummer erfolge. Die gesonderte Steuernummer sei vielmehr insoweit zwingend erforderlich, als die Zwangsverwalterin für Steuern, die nach Anordnung der Zwangsverwaltung entstehen, neben dem Steuerpflichtigen mit eigenen Pflichten ausgestattet sei: sie habe deshalb die durch ihre Verwaltungstätigkeit begründete Umsatzsteuer zu entrichten. Die Zwangsverwalterin trete insoweit neben den Steuerpflichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 23.Juni 1988 V R 203/83, BStBI. II 1988, 920). Das Eigentum und die Unternehmereigenschaft des Grundstückseigentümers blieben aber unberührt. Mit der Anordnung der Zwangsverwaltung werde dem Grundstückseigentümer lediglich die Verwaltung und Benutzung des Grundstückes entzogen (vgl. § 148 Abs. 2 i.V.m. § 146 Abs. 1, § 20 Abs. 1 ZVG). Die dem Schuldner untersagte tatsächliche und rechtliche Verfügung über das beschlagnahmte Grundstück werde durch die Zwangsverwalterin ausgeübt (§§ 150, 152 Abs. 1 ZVG); sie handele mit Wirkung für und gegen den Vollstreckungsschuldner. Auch stehe die Sonderung des beschlagnahmten Grundbesitzes vom übrigen Vermögen des Schuldners einer Verrechnung nicht entgegen, denn aufgerechnet worden seien lediglich Guthaben und Schulden, die dasselbe Grundstück beträfen. Aus demselben Grund führten auch die Ausführungen im BFH-Urteil vom 18.Oktober 2001 V R 44/00 (BStBI. II 2002,171) zu keinem anderen Ergebnis. |
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| In dem zitierten BFH-Urteil vom 23.Juni 1988 V R 203/83 (BStBI. II 1988, 920) führe der BFH aus, dass die USt, die im Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung der beschlagnahmten Grundstücke entsteht, zu den Ausgaben der Verwaltung i.S. des § 155 Abs. 1 ZVG gehöre, die vom Zwangsverwalter aus den Nutzungen der beschlagnahmten Grundstücke zu bestreiten seien. Diesem Urteil lasse sich allerdings nicht entnehmen, dass § 155 Abs. 1 ZVG der Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG vorgehe. |
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| Schließlich lasse der Umstand, dass ein Zwangsverwalter für die in früheren Jahren aus der Vermietung des Grundstückes angefallene und noch rückständige USt nicht (persönlich) hafte, nicht den Umkehrschluss zu, dass eine Aufrechnung - wie vorgenommen - unzulässig sei. Durch die Umbuchung sei die Kl als Zwangsverwalterin nicht als Haftungsschuldnerin in Haftung genommen worden. Vielmehr sei die Umbuchung im Rahmen des einheitlichen Unternehmens durchgeführt worden. |
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| Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten am 16. September 2010 einen Erörterungstermin durchgeführt. Auf die Niederschrift vom 20. September 2010 wird Bezug genommen. |
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| Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -). |
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| Der vorstehende Sach- und Streitstand ist der Gerichtsakte sowie der Beklagten vorgelegten Vollstreckungsakte - St.Nr. 44... - (§71 Abs. 2 FGO) entnommen. |
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