Urteil vom Landesarbeitsgericht Hamburg (4. Kammer) - 4 Sa 69/17

Tenor

Das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 14. November 2017 – 4 Sa 69/17 – wird aufrechterhalten.

Der Beklagte hat die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung von Urlaubsabgeltung nach beendetem Arbeitsverhältnis in Anspruch.

2

Der Kläger war in der Zeit vom 05. April 2016 bis 31. August 2016 für den Beklagten als Hausmeister zu einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von € 2.000,00 tätig. Der Arbeitsvertrag vom 04. März 2016 sieht unter Ziffer VI. eine Regelung zum Urlaub vor. Danach stehen dem Kläger neben dem gesetzlichen Mindesturlaub zehn zusätzliche Arbeitstage Erholungsurlaub zu, wobei im Fall der Urlaubsabgeltung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abgeltung ausschließlich des gesetzlichen Mindesturlaubs, nicht aber des vertraglichen Zusatzurlaubs erfolgt (Ziffer VI Nr. 6). Ferner regelt der Arbeitsvertrag unter Ziffer XI. Ausschlussfristen. Danach sind alle beidseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten, nachdem der jeweilige Gläubiger Kenntnis erlangt hat oder hätte müssen, schriftlich geltend zu machen. Eine Ausnahme von Mindestlohnansprüchen enthält die Ausschlussfrist nicht. Ergänzend wird hinsichtlich des weiteren Inhalts des Arbeitsvertrages auf die Anlage K 1 (Bl. 6 bis 10 d.A.) Bezug genommen.

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Der Kläger nahm während des Arbeitsverhältnisses keinen Urlaub. Mit Anwaltsschreiben vom 29. Dezember 2016 ließ der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung zum 05. Januar 2017 zur Abrechnung und Auszahlung der nicht genommenen Urlaubstage auffordern (Anlage K 5 = Bl. 14 f. d.A.). Eine Zahlung erfolgte nicht.

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Der Kläger hat vorgetragen, er habe den Beklagten bereits mit SMS vom 07. Oktober 2016 und 18. Oktober 2016 unter Fristsetzung bis zum 20. Oktober 2016 zur Zahlung der Urlaubsabgeltung aufgefordert.

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Der Kläger hat mit Klagschrift vom 24. Januar 2017 zunächst beantragt, den Beklagten zu verurteilen, den sich aus 12,5 Urlaubstagen ergebenden Nettobetrag an den Kläger auszuzahlen. Mit Schriftsatz vom 01. März 2017 hat der Kläger den Klagantrag auf acht Urlaubstage reduziert und mit € 738,40 brutto (€ 2.000,- x 3 / 65 Arbeitstage) x 8 Urlaubstage) beziffert. Nach Klagrücknahme im Übrigen in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 05. Mai 2017 hat der Kläger zuletzt beantragt,

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den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger € 646,10 brutto zuzüglich fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB p.a. seit dem 29. Oktober 2016 zu zahlen.

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Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er hat erwidert, der Kläger habe im Hinblick auf den geltend gemachten Anspruch die vertragliche Ausschlussfrist nicht gewahrt. Zahlungsaufforderungen per SMS genügten nicht zur Wahrung des Schriftformerfordernisses. Zudem seien die behaupteten SMS dem Beklagten nicht zugegangen. Von daher sei in Abrede zu stellen, dass der Kläger den Beklagten zur Zahlung aufgefordert habe.

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Mit Verfügung vom 02. Mai 2017 hat die Kammervorsitzende die Parteien darauf hingewiesen, dass gegen die im Arbeitsvertrag enthaltene Ausschlussfrist Wirksamkeitsbedenken bestehen, weil sie Ansprüche auf Mindestlohn nicht ausnimmt.

11

Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Urteil vom 05. Mai 2017 der Klage stattgegeben. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe gegen den Beklagten ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung im Umfang von sieben Urlaubstagen folge aus § 7 Abs. 4 BUrlG. Nach dieser Vorschrift sei der Urlaub abzugelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Diese Voraussetzungen seien gegeben. Der Kläger habe während des im Zeitraum vom 05. April bis 31. August 2016 bestehenden Arbeitsverhältnisses keinen Urlaub in natura genommen. Der Höhe nach stünden dem Kläger für volle vier Monate, in denen das Arbeitsverhältnis bestanden habe, 4/12 des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs (gemäß Ziffer VI Nr. 6 bleibe der übergesetzliche Urlaubsanspruch insoweit unberücksichtigt) von 20 Urlaubstagen und damit sieben Urlaubstage zu. Ausgehend von einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von € 2.000,- ergebe sich für drei Monate eine Vergütung in Höhe von € 6.000,-. Dividiert durch 65 Arbeitstage (ausgehend von einer Fünf-Tage-Woche) stehe dem Kläger pro nicht genommenen Urlaubstag ein Betrag in Höhe von € 92,30 brutto und damit für sieben Tage der tenorierte Betrag zu. Der Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers sei auch nicht verfallen. Die in Ziffer XI. des Arbeitsvertrages enthaltene Ausschlussfrist sei unwirksam. Von daher komme es nicht auf die zwischen den Parteien streitige Frage an, ob der Kläger den Anspruch rechtzeitig durch SMS gegenüber dem Beklagten geltend gemacht habe. Die Unwirksamkeit der arbeitsvertraglichen Ausschlussklausel resultiere daraus, dass sie Ansprüche auf Mindestlohn nicht vom Anwendungsbereich der Klausel ausnehme. Gemäß § 3 Satz 1 MiLoG seien Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, insoweit unwirksam. Dies führe für die vorliegende arbeitsvertragliche Ausschlussklausel, bei der es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB handele, zur vollständigen und nicht nur teilweisen Unwirksamkeit der Klausel. Die Klausel könne zum einen ausgehend von ihrem Wortlaut nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sie Ansprüche auf Mindestlohn nicht erfasse. Die Klausel sei ferner ihrem Wortlaut nach auch nicht teilbar. Schließlich komme auch eine dahingehende geltungserhaltende Reduktion, dass die Klausel nur über den Mindestlohn hinausgehende Ansprüche erfasse, nicht in Betracht. Eine solche geltungserhaltende Reduktion von Klauseln auf den zulässigen Inhalt durch die Gerichte finde grundsätzlich nicht statt. Etwas anderes folge - entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht - für Ausschlussklauseln wie der vorliegenden nicht aus dem Wortlaut von § 3 Satz 1 MiLoG, wonach Vereinbarungen, die die Geltendmachung des Mindestlohnes unterschreiten, insoweit unwirksam seien denn einer entsprechenden geltungserhaltenden Reduktion stehe jedenfalls das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegen. Nach dieser Vorschrift könne sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der vertraglichen Regelung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließe das Bestimmtheitsgebot ein. Es müssten die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner des Verwenders solle ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden. Eine Klausel, die die Rechtslage unzutreffend oder missverständlich darstelle und auf diese Weise dem Verwender ermögliche, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die in der Klausel getroffene Regelung abzuwehren, benachteilige den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.

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Gemessen hieran sei die im Arbeitsvertrag der Parteien enthaltene Ausschlussfrist nicht transparent. Indem sie Mindestlohnansprüche nicht vom Anwendungsbereich der Regelung ausnehme, erwecke sie beim durchschnittlichen Arbeitnehmer den Eindruck, er sei auch im Hinblick auf Ansprüche auf Mindestlohn verpflichtet, diese binnen der vereinbarten Ausschlussfrist gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen. Von daher bestehe die Gefahr, dass der Arbeitnehmer durch diese Klausel nach Verstreichenlassen der Ausschlussfrist von der Geltendmachung von Ansprüchen abgehalten werde. Aus diesem Grund sei es trotz der in § 3 Satz 1 MiLoG enthaltenen Formulierung aus Gründen der Transparenz erforderlich, dass Mindestlohnansprüche explizit von dem Anwendungsbereich einer vertraglichen Ausschlussfrist ausgenommen werden. Der tenorierte Anspruch auf Verzugszinsen folge aus den §§ 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Ziffer 1, 288 Abs. 1 Sätze 2 und 2 BGB.

13

Der Beklagte hat gegen das ihm am 16. Mai 2017 zugestellte Urteil am 22. Mai 2017 Berufung eingelegt und am 14. Juli 2017 begründet.

14

Zum Verhandlungstermin am 14. November 2017 ist der Beklagte, trotz ordnungsgemäßer Ladung, nicht erschienen. Auf Antrag des Klägers hat die Berufungskammer ein Versäumnisurteil dahingehend erlassen, dass die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 05. Mai 2017 – 10 Ca 39/17 – auf seine Kosten zurückgewiesen worden ist. Das vorgenannte Versäumnisurteil wurde dem Beklagten am 21. November 2017 mit schriftlichem Empfangsbekenntnis zugestellt.

15

Mit Schriftsatz vom 22. November 2017, der am 23. November 2017 eingegangen ist, hat der Beklagte Einspruch gegen das vorgenannte Versäumnisurteil eingelegt und diesen Einspruch sogleich begründet. Er trägt vor, zu Unrecht habe das LArbG seine Berufung zurückgewiesen. Dabei könne dahinstehen, ob der Kläger im Zeitraum vom 05. April bis zum 31. August 2016 Urlaub in natura genommen habe. Das Arbeitsgericht lasse insoweit unberücksichtigt, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag verfallen sei. Unzutreffend gehe das Arbeitsgericht davon aus, dass die in Ziffer VI aufgeführte Ausschlussfrist unwirksam sei. Wenn das Arbeitsgericht weiter ausführe, dass die Unwirksamkeit der arbeitsvertraglichen Ausschlussklausel daraus resultiere, dass sie Ansprüche auf Mindestlohn nicht vom Anwendungsbereich der Klausel ausnehme, so könne das nicht überzeugen. Eine vollständige Unwirksamkeit der Klausel sei nicht gegeben. Das Arbeitsgericht lasse bereits unberücksichtigt, dass die Klausel dahingehend ausgelegt werden müsse, dass Ansprüche auf Mindestlohn nicht erfasst seien. Darüber hinaus sei die Klausel ausgehend von ihrem Wortlaut teilbar. In der Folge stütze das Arbeitsgericht seine Entscheidung auf das Urteil des BAG vom 24. August 2016, ohne zu berücksichtigen, dass dieses Urteil auf das vorliegende Verfahren nicht anwendbar sei. In dem Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht sei die Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche maßgeblich gewesen, die vorliegend nicht entscheidungserheblich sei. Darüber hinaus komme auch das BAG zu dem Ergebnis, dass lediglich eine Teilunwirksamkeit der Klausel vorliege, soweit der Schutzzweck des Verbotsgesetzes reiche. Darüber hinaus liege im Gegensatz zu der Auffassung des Arbeitsgerichts kein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB vor. Dem Kläger sei es ohne weiteres möglich gewesen, ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten zu erlangen und sei nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten worden. Die streitbefangene Klausel sei damit nicht intransparent. Dies werde insbesondere daran deutlich, dass der Kläger seine vermeintlichen Ansprüche sogar gerichtlich durchzusetzen versuche. Darüber hinaus sei bereits deswegen eine ergänzende Vertragsauslegung geboten, da das Mindestlohngesetz bei Abschluss des Arbeitsvertrages erst kurze Zeit in Kraft gewesen sei. Der Wegfall der Klausel benachteilige damit ihn über Gebühr, was entsprechend zu berücksichtigen sei. Ferner werde bestritten, dass er bei Ausspruch der Kündigung erklärt habe, dass er dem Kläger den Urlaubsanspruch „auszahlen“ werde. Der Vortrag entbehre jeglicher Grundlage.

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Der Beklagte beantragt,

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das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 14. November 2017 – 4 Sa 69/117 – aufzuheben und auf seine Berufung das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 05. Mai 2017 – 10 Ca 39/17 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

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das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 14. November 2017 aufrechtzuerhalten.

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Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

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Hinsichtlich des ergänzenden Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung der Beklagten vom 13. Juli 2017 und den Schriftsatz vom 22. November 2017 sowie auf die Berufungsbeantwortung des Klägers vom 07. August 2017 und die Schriftsätze vom 10. August 2017, vom 07. September 2017 und vom 09. Januar 2018 verwiesen. Wegen des Sachvortrags der Parteien und der von ihnen überreichten Unterlagen, ihrer Beweisantritte und ihrer Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der Sitzungsprotokolle Bezug genommen (§ 69 Abs. 2, 3 ArbGG).

Entscheidungsgründe

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Die Berufung des Beklagten war gemäß § 64 Abs. 1 und 2 b ArbGG statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und somit zulässig (§§ 64 Abs. 6, 66 ArbGG, 519, 520 ZPO). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

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Ohne Rechtsfehler hat das Arbeitsgericht erkannt, dass der Kläger gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG im Umfang von sieben Urlaubstagen hat.

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Die Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht, werden wie folgt zusammengefasst (§ 313 Abs. 3 ZPO):

25

1. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts vom 14. November 2017, mit welchem die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts vom 05. Mai 2017 auf seine Kosten zurückgewiesen wurde, war trotz des rechtzeitig eingelegten und insgesamt statthaften und zulässigen Einspruchs aufrechtzuerhalten, da die Entscheidung, die auf Grund der neuen Verhandlung zu erlassen war, mit der in dem Versäumnisurteil enthaltenen Entscheidung übereinstimmt (§ 343 ZPO). Die angerufene Kammer folgt im Ergebnis und auch in der Begründung den überzeugenden Ausführungen des Arbeitsgerichts und macht sie sich zu Eigen (§ 69 Abs. 2 ArbGG), so dass auf die Entscheidungsgründe im einzelnen Bezug genommen werden kann. Auch unter Berücksichtigung des Sach- und Rechtsvorbringens des Beklagten in der Berufungsinstanz erweist sich die Berufung als unbegründet. Insgesamt und im Hinblick auf das Vorbringen des Beklagten in der Berufungsinstanz sind lediglich folgende Ausführungen veranlasst:

26

a) Nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts, die vom Beklagten mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag nicht angegriffen wurden und damit für die Berufungskammer gemäß § 529 Abs. 1 ZPO bindend sind, hat der Kläger während des im Zeitraum vom 05. April bis zum 31. August mit dem Beklagten bestehenden Arbeitsverhältnisses keinen Urlaub in natura genommen. Damit hat das Arbeitsverhältnis volle vier Monate bestanden, sodass der Beklagte unter Berücksichtigung der vertraglichen Vereinbarungen sieben Tage Urlaub abzugelten hatte. Die Berechnung der Höhe des Urlaubsabgeltungsanspruchs hat das Arbeitsgericht zutreffend auf der Seite 5 (Abs. 2) des Urteils vom 05. Mai 2017 vorgenommen.

27

b) Der Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht verfallen. Hinsichtlich der Wirksamkeit der Vereinbarung von arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen ist zur differenzieren zwischen der Zeit vor und nach dem Inkrafttreten des MiLoG am 16. August 2014. Vor Inkrafttreten des MiLoG in Arbeitsverträgen vereinbarte Ausschlussfristen sind nicht vollständig unwirksam, weil § 3 Satz 1 MiLoG die Unwirksamkeit von Ausschlussfristen nur „insoweit“ anordnet. Diese Rechtsfolge reicht nicht weiter, als dies zum Schutz des Mindestlohnanspruchs erforderlich ist. Demgegenüber verstoßen Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen, die nach diesem Zeitpunkt abgeschlossen bzw. geändert wurden, gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn sie nicht den Anspruch auf den Mindestlohn ausdrücklich ausnehmen, weil solche Ausschlussklauseln die Rechtslage nach Inkrafttreten des MiLoG nicht mehr zutreffend abbilden (vgl. dazu nur ErfK-Franzen, 18. Aufl., § 3 MiLoG Rz. 3a), m.w.N.; Arbeitsgericht Berlin Urteil vom 6. November 2015 – 28 Ca 9517/15 – Rn. 41, Juris). Vor diesem Hintergrund hat das Arbeitsgericht ohne Rechtsfehler angenommen, dass die im Arbeitsvertrag vom 04. März 2016 – der mithin nach Inkrafttreten des MiLoG vereinbart worden ist – vereinbarten Ausschlussfristen rechtsunwirksam sind, denn sie sollen „alle beidseitigen Ansprüche aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis – mit Ausnahme von Ansprüchen, die aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit bzw. aus der vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung resultieren –“ erfassen. Vor diesem Hintergrund kommt auch entgegen der Auffassung des Beklagten eine geltungserhaltende Reduktion der vereinbarten Ausschlussklausel in Ziffer XI. des Arbeitsvertrags vom 04. März 2016 nicht in Betracht.

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c) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Ziffer 1, 288 Abs. 1 Sätze 2 und 2 BGB.

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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 72 Abs. 2 ArbGG. Die Berufungskammer folgt der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache nicht zu. Auf § 72 a ArbGG (Nichtzulassungsbeschwerde) wird hingewiesen.

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