Urteil vom Landesarbeitsgericht Köln - 11 Sa 847/13
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 26.09.2013 – 10 Ca 1094/13 –abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten zum einen darüber, ob Zeiten der Unterbrechung der Arbeitszeit (Breakstunden) zu vergüten sind. Zum anderen besteht Streit über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung eines tariflichen Zuschlags nach dem Lohntarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen in Nordrhein-Westfalen vom 05.04.2013 in Höhe von 1,50 EUR pro Stunde (PWK-Zuschlag) ab dem Monat Mai 2013.
3Der Kläger ist seit dem 16.11.2001 bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängern als Flugsicherheitskraft auf dem Gelände des Flughafens / zu einem Stundenlohn von 12,36 € brutto ab März 2012 und von 13,60 € brutto pro die Stunde ab Mai 2013 beschäftigt. Er übt in Vollzeit die Tätigkeit eines Flugsicherheitsassistenten nach § 5 LSiG aus. Über eine Ausbildung nach § 8 LSiG verfügt er nicht.
4Die Beklagte ist ein Sicherheitsunternehmen, das am Flughafen im Auftrag der Bundespolizei Fluggäste und deren Handgepäck kontrolliert. Zudem führt sie seit dem 01.01.2012 am Business Aviation Center , in dem Fluggäste, die auf einen besonderen VIP-Service Wert legen, vorfeldseitig direkt zur Maschine gebracht werden, eine sog. Mischkontrolle durch, bei der sowohl Passagiere als auch Personal des Flughafens und anderer Firmen überprüft werden. Die Sicherheitskontrollen werden von der Beklagten rund um die Uhr in drei Schichten durchgeführt. Die Zahl der zu den jeweiligen Tageszeiten eingesetzten Arbeitnehmer ist von oft auch kurzfristig erfolgenden Anforderungen der Bundespolizei abhängig.
5Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet u.a. der allgemeinverbindlich erklärte Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen vom 08.12.2005 (MTV) Anwendung, der in § 3 u. a. im Einzelnen Lohnzuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit sowie den Nachtzuschlag regelt.
6Im Betrieb der Beklagten besteht die Betriebsvereinbarung „Dienst- und Pausenregelung“ vom 31.01.2011 (BV). Diese regelt u.a. Folgendes
7„§ 9 Pausen
8(1) Dem Mitarbeiter werden die gesetzlichen Ruhepausen (§ 4 ArbZG) in einem Zeitkorridor zwischen Beginn der 2. Arbeitsstunde (frühester Beginn der Ruhepause) und Ende der 7. Arbeitsstunde (spätestens Ende der Ruhepause) durchgehend gewährt. Die Lage der Ruhepause/n wird dem Mitarbeiter bei Beginn der Schicht mitgeteilt.
9(2) Es können pro Schicht zusätzlich unbezahlte Ruhepausen von maximal 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden angeordnet werden, wenn innerhalb eines Kalenderjahres im Durchschnitt unbezahlte Pausen an nicht mehr als zehn Arbeitstagen monatlich gegenüber dem Mitarbeiter angeordnet werden.
10(3) Die Mitarbeiter werden durch Aushang an geeigneter Stelle über folgende Regelungen unterrichtet:
11a) Zeitlicher Rahmen der gesetzlichen Ruhepause nach Abs. 1
12b) Grenzen der Zulässigkeit weiterer Pausen nach Abs. 2
13c) Notwendigkeit der Arbeitsbefreiung während der Ruhepause ("Bereitschaftszeit ist keine Ruhepause")
14d) Freie Wahl des Aufenthalts während der Ruhepause.“
15Wegen der weiteren Einzelheiten der BV wird auf Bl. 46 ff. d. A. Bezug genommen.
16Der Kläger nimmt die Beklagte auf Vergütung von Breakstunden für den Zeitraum von August 2012 bis Juni 2013 nebst Zuschlägen in Anspruch. Zu diesem Zwecke hat er selbst gefertigte Aufstellungen über Tag und Zeit der Arbeitszeitunterbrechung nebst begehrter Vergütungshöhe als Anlage zu den Schriftsätzen vom 04.02.2013, 15.04.2013, 13.05.2013, 29.05.2013, 08.07.2013 und 31.07.2013 vorgelegt. Wegen der Einzelheiten der Aufstellungen wird auf Bl. 9 ff., 31 ff., 35 ff., 74, 92, 97 d. A. verwiesen. Die Beklagte wiederum hat Stundennachweise für diesen Zeitraum als Anlage zu ihren Schriftsätzen vom 14.05.2013, 24.06.2013, 13.08.2013, 27.08.2013 und 16.09.2013 in das Verfahren eingeführt, aus denen sich Anfang und Ende der jeweiligen Schicht sowie Dauer der gesetzlichen und der zusätzlichen Pause gemäß § 9 Abs. 2 BV ergibt. Wegen der Einzelheiten der Aufstellungen der Beklagten wird auf Bl. 59 ff., 82 ff., 118, 125, 156 d. A. Bezug genommen.
17Auf das Arbeitsverhältnis findet auch der Lohntarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen in Nordrhein-Westfalen vom 05.04.2013 (LTV) Anwendung. Die Regelung der Nr. 2. des LTV bestimmt u.a.:
18"2. Löhne
19Die Löhne betragen in den Lohngruppen ( ... )
20B. (... )
21EUR EUR
22ab dem 1.1.2013 ab dem 1.5.2013
2317. Tätigkeiten nach §§ 8 oder
249 LuftSiG an Verkehrsflughäfen
25a) Stunden-Grundlohn in der Probezeit 8,54 9,29
26b) Stunden-Grundlohn nach der Probezeit 9,00 9,75
2718. Tätigkeiten nach § 5 LuftSiG
28an Verkehrsflughäfen
29a) Stunden-Grundlohn in der Probezeit 11,06 12,30
30b) Stunden-Grundlohn nach der Probezeit 12,36 13,60
31(...)
32Die Löhne betragen in den Lohngruppen ab 1.1.2014 (...)
33B. (...)
3416. Tätigkeiten nach §§ 8 oder
359 LuftSiG an Verkehrsflughäfen
36a) Stunden-Grundlohn in der Probezeit 10,09
37b) Stunden-Grundlohn nach der Probezeit 10,55
3817. Tätigkeiten nach § 5 LuftSiG
39an Verkehrsflughäfen
40a) Stunden-Grundlohn in der Probezeit 13,40
41b) Stunden-Grundlohn nach der Probezeit 14,70
42(...)
432.1 (...)
44Der Lohnzuschlag für den Sicherheitsmitarbeiter in der Personen- und Warenkontrolle an Verkehrsflughäfen gemäß EU-Verordnung 185/2010 oder einer diese Verordnung ersetzenden Verordnung (Mitarbeiter, der in o.g. Bereich eingesetzt wird und über die der Verordnung entsprechende Ausbildung verfügt) beträgt
45(...)
46ab dem 01.05.2013 pro Stunde 1,50 EUR.
47Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 26.09.2013 (Bl. 163 ff. d. A.) die Beklagte zur Zahlung der Breakstunden nebst hierauf entfallender Zuschläge für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit verurteilt. Im Übrigen hat es hat die Klage abgewiesen, weil der Kläger als Luftsicherheitsassistent keine Personen- und Warenkontrolle im Tarifsinne vornehme. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens und der Antragstellung der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand, wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
48Gegen das ihr am 08.11.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 05.11.2013 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 08.01.2014 begründet. Der Kläger hat gegen die ihm am 28.01.2014 zugestellte Berufung am 28.02.2014 Anschlussberufung eingelegt und diese zugleich begründet.
49Die Beklagte führt zu den Arbeitszeitunterbrechungen aus, zu Beginn jeder Schicht würden vom jeweiligen Disponenten die Pausenzeiten dem Mitarbeiter mitgeteilt. Die BV sei mitbestimmungsrechtlich nicht zu beanstanden. Hinsichtlich des PWK-Zuschlags verteidigt sie das erstinstanzliche Urteil und behauptet, dass es auch dem Willen der Tarifvertragsparteien entsprochen habe, nur den Lohngruppen nach Ziffer 17. a) und 17. b) LTV den PWK-Zuschlag zu gewähren.
50Die Beklagte beantragt,
51das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 26.09.2013 zu dem Aktenzeichen 10 Ca 1094/13 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
52Der Kläger beantragt zuletzt,
531. die Berufung der Beklagten vom 05.11.2013 zurückzuweisen;
542. im Wege der Anschlussberufung die Beklagte unter teilweisen Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 26.09.2013 – 10 Ca 1094/13 – die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 720,00 € brutto zuzüglich 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.08.2013 zu bezahlen (Lohnzuschlag für Sicherheitsmitarbeiter an Verkehrsflughäfen ab 01.05.2013 nach dem Lohntarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen in NRW vom 05.04.2013).
55Die Beklagte beantragt,
56die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
57Der Kläger meint, den Arbeitszeitunterbrechungen lägen keine rechtswirksamen Pausenanordnungen zugrunde, so dass sie zu vergüten seien. Der Vortrag der Beklagten zur Pausenanordnung sei ins Blaue erfolgt, über die Anordnungen der Unterbrechungen der Arbeitszeit gäbe es bei der Beklagten keine Aufzeichnungen. Die Unterbrechung der Arbeitszeit gebe die Beklagte unmittelbar bei Dienstantritt oder im Verlaufe des Dienstantritts bekannt. Es sei keineswegs gewiss, dass sie auch die Länge der Unterbrechung mitteile. Die Beklagte nutze die Unterbrechungszeiten bei Bedarf auch, um einen Terminalwechsel des Mitarbeiters zu veranlassen. Auf die BV als Grundlage für die Arbeitszeitunterbrechungen könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen, da durch die Regelungen der BV das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG nicht hinreichend gewahrt sei. Der Kläger vertritt zum PWK-Zuschlag die Auffassung, in der Personen-und Warenkontrolle tätig zu sein. Er durchsuche das Gepäck und die Waren von Reisenden auf Waffen und Sprengstoff. Zudem durchsuche er das Personal des Flughafens und die sog. VIPS im Rahmen der Mischkontrolle. Er durchsuche und untersuche faktisch alles, was die Schleuse zu dem sicherheitsrelevanten Bereich passiere. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts knüpfe Nr. 2.1 LTV nicht an bestimmte Lohngruppen sondern an die Tätigkeit als Luftsicherheitsmitarbeiter in der Personen- und Warenkontrolle an, ohne zwischen Luftsicherheitskontrollkräften und Luftsicherheitsassistenten zu unterscheiden.
58Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien vom 08.01.2014, 28.02.2014, 31.03.2014 und 05.06.2014, die Sitzungsniederschrift vom 16.07.2014 sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
59E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
60A. Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers sind zulässig, weil statthaft (§ 64 Abs. 1, Abs. 2 b) ArbGG) und sie frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden sind (§§ 66 Abs. 1,64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520, 524 ZPO).
61B. In der Sache hatte die Berufung der Beklagten Erfolg, die Anschlussberufung des Klägers war hingegen unbegründet.
62I. Berufung der Beklagten
63Die Berufung der Beklagten ist begründet, denn sie ist nicht aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs nach den §§ 615 Satz 1, 293 ff. BGB verpflichtet, die Arbeitszeitunterbrechungen zu vergüten, da es sich um vergütungsfreie Pausen im Sinne von §§ 4 ArbZG, 9 BV gehandelt hat.
641. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob der Kläger durch sein Erscheinen zu Schichtbeginn seine Arbeitskraft selbst dann für die gesamte Dauer der Schicht, einschließlich der Unterbrechungszeiten, tatsächlich im Sinne des § 294 BGB angeboten hat, wenn ihm vor Schichtantritt bereits Dauer und Lage der Ruhepause mitgeteilt wurde und er mit dieser Vorgabe widerspruchslos seine Schicht verrichtet und der Pausenanordnung Folge geleistet hat. Dies kann aber an dieser Stelle dahin stehen, da die in Rede stehenden Pausenanordnungen der Beklagten sich im Rahmen des Gesetzes (§ 4 ArbZG) und der BV halten sowie billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO) entsprechen.
65a) Einen Verstoß gegen die zeitlichen Vorgaben des§ 4 Satz 1, Satz 3 ArbZG hat der Kläger vorliegend nicht konkret behauptet. Er hat auch nicht im Einzelnen dargetan, dass und welche Pause ggfs. nicht dem Zeitkorridor des § 9 Abs. 1 Satz 1 der BV gerecht wird. Auf ein Überschreiten des Limits zusätzlicher Pausen gemäß § 9 Abs. 2 der BV hat er sich nicht berufen. Es ist auch davon auszugehen, dass sämtliche Pausen dem Kläger vor Schichtbeginn nach § 9 Abs. 1 Satz 1 BV, der aus rechtssystematischen Gründen auch auf die Zusatzpausen gemäß § 9 Abs. 2 BV anzuwenden ist (vgl. hierzu z. B: LAG Köln, Urt. v. 24.08.2012 – 4 Sa 1183/11 – m. w. N.), mitgeteilt wurden. Der Kläger hat den Vortrag der Beklagten, die Pausen würden bei Schichtantritt dem Mitarbeiter durch den Disponenten mitgeteilt, nicht substantiiert bestritten. Im Anschluss an das Urteil der 10. Kammer vom 14.06.2013 – 10 Sa 900/12 –, das den Parteivertretern bekannt ist und auf das zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, muss der Kläger konkret bezüglich der einzelnen Arbeitspausen darlegen, wann und durch wen die Arbeitsunterbrechung erst im Verlaufe der Schicht angeordnet oder abgeändert wurde. Dies hat der Kläger in keinem einzigen Fall getan, obwohl die Pausenanordnung Bestandteil eigener Wahrnehmung ist. Die Substantiierungslast überfordert den Kläger auch nicht. Da er nach den eigenen Aufstellungen für jeden Tag Beginn und Ende der Arbeitszeitunterbrechung aufgezeichnet hat, hätte er ohne Weiteres auch notieren könne, wer wann welche Pausenanordnung vorgenommen hat. Der Vortrag der Beklagten zur Pausenmitteilung erfolgte auch nicht „ins Blaue“ hinein, denn sie konnte sich für ihren Vortrag an den ihr vorliegenden Listen über die Zeiten des Dienstbeginns und der jeweils zuständigen Disponenten orientieren (so auch: LAG Köln, Urt. v. 06.06.2014 – 4 Sa 190/14 -). Soweit der Kläger behauptet, dass je nach Bedarf während der Unterbrechungszeit ein Terminalwechsel vollzogen werde, so dass der Pausenzweck nicht erfüllt werde, mangelt es seinem Vorbringen an der notwendigen Substanz, denn der Kläger hat bezogen auf die streitgegenständlichen Pausen in keinem einzigen Fall konkret einen Terminalwechsel dargetan.
66b) Die BV enthält einen typisierten, angemessenen Ausgleich für die nach§ 106 Satz 1 GewO vorzunehmende Interessenabwägung. Dass die Anordnung der Pause im Einzelfall, z.B. wegen berechtigter Sonderinteressen des Arbeitnehmers, nicht billigem Ermessen entsprach, hat der Kläger nicht vorgetragen.
67c) Mit der Einhaltung der BV hat die Beklagte das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG gewahrt, einer Zustimmung des Betriebsrats zur Pausenanordnung in jedem Einzelfall bedurfte es nicht.
68Die BV trägt nicht nur dem betriebswirtschaftlichen Flexibilisierungsinteresse des Arbeitgebers durch Einräumung eines relativ weiten Zeitkorridors bzgl. der Lage der Pausen und der Möglichkeit zur Anordnung von Zusatzpausen Rechnung, sondern auch in ausreichendem Maß dem Erholungsinteresse der Arbeitnehmer. Über die zwingende Vorschrift des§ 4 Satz 1 ArbzG hinaus wird gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 BV komplett die erste Arbeitsstunde von einer Pausenanordnung freigestellt und die Gewährung Ruhepause bis spätestens der 7. Arbeitsstunde vorgeschrieben. Darüber hinaus sind die Ruhepausen zusammenhängend zu gewähren, was dem effektiven Ermüdungsabbau dient. Die Pflicht zur Vorankündigung nach§ 9 Abs. 1 Satz 2 BV gewährleistet, dass sich der Mitarbeiter rechtzeitig auf die Pausen einstellen und ggfs. ihren Inhalt unter Beachtung seines Freizeitinteresses planen kann. Es besteht durch die Vorankündigung frühzeitig Klarheit, in welchem Zeitraum er nicht zur Arbeit herangezogen wird. Die limitierten Zusatzpausen nach § 9 Abs. 2 BV kommen nicht nur dem Interesse der Beklagten, bei Schwankungen im Arbeitsanfall auch mit Pausenanordnungen reagieren zu können, entgegen, sondern gewähren dem Arbeitnehmer zusätzliche Erholungszeiten. Durch die Limitierung ist gewährleistet, dass die Beklagte nicht aus betriebswirtschaftlichen Gründen ihr Unternehmerrisiko im Übermaß auf die Arbeitnehmerschaft abwälzt. Das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ist daher zusammenfassend gesehen nicht in seiner Substanz verletzt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die ausführliche Begründung des Landesarbeitsgerichts nebst weiteren Nachweisen im Urteil vom 03.12.2013 – 12 Sa 352/13 – Bezug genommen, die den Parteivertretern bekannt ist.
692. Selbst wenn die Pausenanordnungen unter Verletzung des Mitbestimmungsrechts des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG erfolgt sein sollten, ist die lohnrechtliche Seite entsprechend der tatsächlich geleisteten Arbeit abzuwickeln. Eine Vergütungspflicht der Pausen besteht nicht. Die Verletzung des Mitbestimmungsrechts führt nicht dazu, dass ein Arbeitnehmer, der einer betriebsverfassungsrechtlich unwirksamem Arbeitszeiteinteilung Folge leistet, Lohnansprüche für nicht geleistete Arbeit erwirbt, die ihm nicht zustünden, wenn dieselbe Arbeitszeiteinteilung betriebsverfassungsrechtlich einwandfrei zustande gekommen wäre (BAG, Urt. v. 05.07.1976 – 5 AZR 264/75 -; vgl. auch zu § 56 Abs. 1 a) BetrVG 1952: BAG, Urt. v. 04.06.1969 – 3 AZR 180/68 -; zu§ 75 Abs. 3 Ziffer 1. BPersVG 1974: BAG, Urt. v. 21.02.1991 – 6 AZR 193/89 -; Richardi, 13. Auflage, § 87 BetrVG Rd. 110, 122, 333; GK-Wiese, 9. Auflage,§ 87 BetrVG Rdn. 353 m. w. N.).
70II. Anschlussberufung des Klägers
71Die Anschlussberufung ist unbegründet, denn das Arbeitsgericht hat zutreffend die Klage hinsichtlich des PWK-Zuschlags abgewiesen. Die erkennende Kammer schließt sich der Rechtsauffassung der anderen Kammern des Landesarbeitsgerichts Köln (vgl. z.B.: LAG Köln, Urt. v. 01.08.2014 -9 Sa 208/14 -; LAG Köln, Urt. v. 16.06.2014 - 2 Sa 179/14 -; LAG Köln, Urt. v. 06.06.2014 - 4 Sa 68/14 -; LAG Köln, Urt. v. 05.06.2014 - 3 Sa237/14 -; LAG Köln, Urt. v. 23.05.2014 - 10 Sa 956/13 -; LAG Köln, Urt. v. 06.05.2014 -12 Sa 100/14 -) an, wonach der Kläger als Luftsicherheitsassistent nach§ 5 LSiG die Zahlung des PWK-Zuschlags nicht beanspruchen kann.
72Die Tarifvorschrift der Ziffer 2.1 LTV sieht einen Lohnzuschlag i. H. v. 1,50 EUR vor für "Sicherheitsmitarbeiter in der Personen- und Warenkontrolle an Verkehrsflughäfen gemäß EU-Verordnung 185/2010". Der Kreis der anspruchsberechtigten Personen ist durch einen Klammerzusatz näher bestimmt. Hiernach sind anspruchsberechtigt Mitarbeiter, die in der Personen- und Warenkontrolle an Verkehrsflughäfen eingesetzt sind und über die der Verordnung entsprechende Ausbildung verfügen. Damit wird die Zulage gewährt für einen Einsatz des Mitarbeiters, der eine gegenüber der Grundtätigkeit qualifizierte Tätigkeit darstellt. Dies ist bei einem Einsatz von Luftsicherheitsassistenten mit Tätigkeiten nach § 5 LuftSiG in der Personen- bzw. Personal- und Warenkontrolle an Verkehrsflughäfen nicht der Fall. Die Auslegung von Ziff. 2.1 LTV ergibt, dass diese nicht als Sicherheitsmitarbeiter im Sinne der Norm in Betracht kommen und daher nicht anspruchsberechtigt sind.
73Dem liegen nach der genannten Rechtsprechung des Berufungsgerichts folgende Überlegungen zugrunde:
741. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. z. B.: BAG, Urt. v. 18.02.2014 - 3 AZR 808/11 -; BAG Urt. v. 06.05.2014 -9 AZR 758/12 -).
752. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ergibt die Auslegung von Ziff. 2.1 LTV, dass Luftsicherheitsassistenten nicht anspruchsberechtigt im Sinne dieser Regelung sind.
76a) Zwar ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift unmittelbar weder eine positive Bestimmung noch eine Einschränkung des für die beschriebene Tätigkeit in Betracht kommenden Personenkreises. Auch enthält der Wortlaut selbst keine Hinweise darauf, welche Mitarbeiter nach dem Willen der Tarifvertragsparteien bei einer Tätigkeit in der "Personen- und Warenkontrolle" im Sinne von Ziff. 2.1 LTV anspruchsberechtigt sein sollen.
77b) Nach Auffassung des Berufungsgerichts liegen jedoch ausreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass nach dem wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien Mitarbeiter, welche Tätigkeiten nach § 5 LuftSiG ausüben, keinen Zuschlag nach Ziff. 2.1 LTV beanspruchen können.
78aa) Hierauf deuten zunächst die im Verfahren vor dem Arbeitsgericht Köln (Az. 12 Ca 1673/13) eingeholten Tarifauskünfte. Nach Auskunft der Arbeitgeberseite bezieht sich die Zulagenregelung ausdrücklich nur auf die Entgeltgruppen für Tätigkeiten nach §§ 8, 9 LuftSiG. Die "PWK-Zulage" habe der Annäherung der Vergütung der Mitarbeiter mit Tätigkeiten nach§§ 8, 9 LuftSiG zu derjenigen der Beschäftigten mit Tätigkeiten nach§ 5 LuftSiG dienen sollen. Diese Zweckrichtung eines teilweisen Ausgleichs der Entgeltspanne zwischen Arbeitnehmern mit Tätigkeiten nach §§ 8, 9 LuftSiG und solchen mit Tätigkeiten nach § 5 LuftSiG legt auch die Stellungnahme der auf Arbeitnehmerseite am Tarifschluss beteiligten Gewerkschaft nahe. Denn nach deren Auskunft hatte sie in den Tarifverhandlungen im Frühjahr 2013 gar eine insgesamt gleiche Bezahlung für die Tätigkeiten nach den §§ 8, 9 LuftSiG einerseits und § 5 LuftSiG andererseits gefordert. Eine entsprechende Annäherung des Vergütungsniveaus beider Mitarbeitergruppen kann aber nur erreicht werden, wenn der Zuschlag ausschließlich der niedriger vergüteten Gruppe zuteil wird.
79(bb) Entscheidend für die Annahme, dass die Tarifvertragsparteien die Mitarbeiter mit Tätigkeiten nach § 5 LuftSiG (Luftsicherheitsassistenten) nicht in den Kreis der nach Ziff. 2.1 LTV Anspruchsberechtigten aufnehmen wollten, sprechen der tarifliche Zusammenhang, in dem sich die Regelung findet, und tarifsystematische Erwägungen:
80Entgeltzuschläge dienen regelmäßig dazu, über die mit der Grundvergütung abgegoltene Arbeit hinaus besondere Leistungen des Arbeitnehmers zu vergüten, besondere Erschwernisse der Arbeitsleistung auszugleichen oder damit verbundene soziale Belastungen zu mildern (LAG Köln, Urt. v. 06.05.2014 – 12 Sa 100/14 – m. w. N.).
81Auch der Lohnzuschlag nach Ziff. 2.1 LTV wird den Sicherheitsmitarbeitern in der Personen- und Warenkontrolle zusätzlich zum Grundentgelt gezahlt. Er soll die Arbeit in der Personen- und Warenkontrolle an Verkehrsflughäfen deshalb über den Grundlohn hinaus vergüten, weil der Einsatz in diesem Bereich eine besondere Qualifizierung erfordert. Diesen Qualifikationsanforderungen unterliegen die Mitarbeiter im Bereich der Tätigkeiten nach § 5 LuftSiG aber ohnehin, weshalb ihr Grundlohn auch zu Beginn der Laufzeit des LTV (ab 01.01.2013) um 3,36 EUR (ab 01.01.2014: 4,15 EUR) höher lag als derjenige der Mitarbeiter mit Tätigkeiten nach§§ 8, 9 LuftSiG. Die Zuschlagsregelung des Ziff. 2.1 LTV würde mithin den Zweck eines Lohnzuschlags verfehlen, wenn sie auch denjenigen Mitarbeiter einen Zuschlag zum Grundlohn verschaffen würde, welche die Anspruchsvoraussetzungen hierfür schon aufgrund ihrer mit dem Grundlohn vergüteten Tätigkeiten erfüllen. Anders verhält es sich bei den Mitarbeitern mit Tätigkeiten nach §§ 8, 9 LuftSiG. Im Einzelnen:
82(1) Der streitgegenständliche Lohnzuschlag nach Ziff. 2.1 LTV soll eine besondere Vergütung dafür bieten, dass ein Einsatz in der Personen- und Warenkontrolle an Verkehrsflughäfen gemäß der EU-Verordnung 185/2010 bzw. den sie ersetzenden Verordnungen erfolgt. Anspruchsberechtigt sollen Mitarbeiter sein, die in dem genannten Bereich eingesetzt sind und über die der Verordnung entsprechende Ausbildung verfügen.
83Die EU-Verordnung 185/2010 trifft Vorgaben hinsichtlich der zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen im zivilen Luftverkehr. Sie unterscheidet dabei Kontrollmaßnahmen bezüglich Personen einerseits und bezüglich der Gebäude und des Geländes des Flughafens (vgl. etwa Ziff. 1.5.) sowie der eingebrachten Gegenstände wie (Luft-) Fahrzeuge (Ziff. 1.4., 3.1.), Fluggastgepäck (Ziff. 4.1.2. - 4.1.3., 5.1. - 5.4.), Fracht, Post und Material von Luftfahrtunternehmen (Ziff. 6. - 7.), Bordvorräte und Flughafenlieferungen (Ziff. 8. und 9.) andererseits. Bei der Personenkontrolle unterscheidet die Verordnung zwar danach, ob es sich um Fluggäste (Ziff. 4.) oder andere Personen (Ziff. 1.3.) handelt. Für beide gelten allerdings inhaltlich die gleichen Kontrollbestimmungen (vgl. Ziff. 1.3.1.2.). Schließlich trifft die Verordnung Vorgaben zu den erforderlichen Schulungen, welche das für die jeweiligen Kontrollen eingesetzte Personal zu absolvieren hat (Ziff. 11.2.).
84Das Luftsicherheitsgesetz räumt der Luftsicherheitsbehörde umfangreiche Kontrollbefugnisse hinsichtlich sämtlicher Personen und Gegenstände ein, welche die nicht allgemein zugänglichen Bereiche eines Flugplatzes betreten (§ 5 Abs. 2 LuftSiG) bzw. hierein verbracht werden(§ 5 Abs. 3 LuftSiG). Mit der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben kann sie nach § 5 Abs. 5 LuftSiG private Personen beleihen. Die solcherart Beliehenen führen die im LTV genannten Tätigkeiten nach § 5 LuftSiG aus. Sie werden "Luftsicherheitsassistenten" genannt (vgl. Ziff. 6. der Anlage zu§ 1 Luftsicherheitsgebührenverordnung und § 7 Abs. 1 LuftSiSchulV). Für die Sicherstellung einer ausreichenden Eignung etwa durch Schulung bzw. Ausbildung ist insoweit die Luftsicherheitsbehörde als beleihende Stelle zuständig (vgl. hierzu die vom Kläger mit dem Berufungsschriftsatz zur Akte gereichten Richtlinien des Bundesministeriums des Innern, Bl. 105 ff. der Gerichtsakte).
85Die Unternehmer von Verkehrsflughäfen sowie die Luftfahrtunternehmen sind nach §§ 8 und 9 LuftSiG ihrerseits zu Sicherungsmaßnahmen verpflichtet. Das Gesetz sieht in § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LuftSiG insoweit ausdrücklich eine Pflicht zur Schulung des hierfür eingesetzten Personals vor, welche in der Luftsicherheits-Schulungs-Verordnung (LuftSiSchulV) näher geregelt ist. Die Luftsicherheits-Schulungs-Verordnung sieht zusätzlich zu der Grundschulung für Sicherheitspersonal und sogenannte Luftsicherheitskontrollkräfte (§ 3 LuftSiSchulV) in §§ 4 - 7 LuftSiSchulV Zusatzschulungen vor. Insbesondere kann nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 LuftSiSchulV Personal, das bereits ein Befähigungszeugnis als Luftsicherheitskontrollkraft für Personalkontrollen besitzt, für die Tätigkeit als Luftsicherheitskontrollkraft für "Personal- und Warenkontrollen" qualifiziert werden, indem in mindestens 60 Unterrichtsstunden die Grundlagen für Kontrollabläufe im Hinblick auf den Einsatz von Röntgen- und Sprengstoffspürgeräten, die Durchführung von Kontrollen mitgeführter Gegenstände und die Auswertung von Röntgenbildern mitgeführter Gegenstände geschult werden sowie eine praktische Einweisung an einer Kontrollstelle vorgenommen wird.
86Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist davon auszugehen, dass die besondere Qualifikation, welche Luftsicherheitskontrollkräfte durch die Zusatzschulung in Hinblick auch auf die "Warenkontrolle" nach§ 5 Abs. 1 Nr. 1 LuftSiSchulV erhalten, und die gegenüber der Grundtätigkeit höhere Wertigkeit einer entsprechenden Tätigkeit auch in der Warenkontrolle Voraussetzung und Grund dafür sind, dass der Lohnzuschlag nach Ziff. 2.1 LTV zusätzlich zum Grundlohn gewährt werden soll. Dies lässt sich daraus ableiten, dass die Regelung in Ziff. 2.1 LTV ausdrücklich Bezug nimmt auf die EU-Verordnung 185/2010 und sich auf die für die Ausübung der Tätigkeit notwendige und im nationalen Recht in der Luftsicherheits-Schulungs-Verordnung geregelte Ausbildung bezieht. Jedenfalls in Bezug auf die Warenkontrolle benennt sie die zuschlagspflichtige Tätigkeit auch entsprechend der in der Luftsicherheits-Schulungs-Verordnung verwandten Begrifflichkeit. Es kann dahinstehen, ob die Benennung der für den Zuschlag relevanten Tätigkeit als Einsatz in der "Personen- und Warenkontrolle" auf einem Versehen beruht und die Tarifvertragsparteien eigentlich von einem Einsatz in der "Personal- und Warenkontrolle" entsprechend § 5 Abs. 1 Nr. 1 LuftSiSchulV ausgingen. Entgegen der Argumentation des Klägers fallen die Luftsicherheitskontrollkräfte in der Personal- und Warenkontrolle auch nicht deshalb aus dem Anwendungsbereich von Ziff. 2.1 LTV heraus, weil sie keine "Personen" in diesem Sinne kontrollieren. Denn unter den Begriff "Personen" im Tarifsinne lässt sich durchaus auch das Personal fassen. Insbesondere differenziert der LTV insoweit nicht zu den Fluggästen.
87(2) Die besonders zu schulenden Mitarbeiter in der Personen-/Personal- und Warenkontrolle heben sich durch eine besondere Ausbildung kumulativ im Bereich der Personal- und Warenkontrolle und einen entsprechend höheren Wert ihrer Arbeit aus dem Kreis des übrigen Sicherheitspersonals und der übrigen Luftsicherheitskontrollkräfte heraus. Dies rechtfertigt nach dem üblichen Zweck eines tariflichen Zuschlags ihre Besserstellung durch die Zubilligung des zusätzlichen Entgelts nach Ziff. 2.1 LTV.
88(3) Anders als beim Sicherheitspersonal nach §§ 8, 9 LuftSiG erfährt die Tätigkeit der Luftsicherheitsassistenten (Mitarbeiter nach § 5 LuftSiG) durch den Einsatz in der Personen-/Personal- und Warenkontrolle keine Heraushebung aus den mit dem Grundlohn vergüteten Tätigkeiten. Denn zu ihren Aufgaben gehört es regelmäßig ohnehin, einerseits Personen einer Sicherheitskontrolle zu unterziehen - insoweit gelten nach Ziff. 1.3.1.2. EU-Verordnung 185/2010 die gleichen Regeln für Fluggäste und sonstige Personen - als auch Fracht, Gepäck, Postsendungen und sonstige Gegenstände zu kontrollieren(vgl. § 5 Abs. 3 LuftSiG). Weder die Personenkontrolle noch die Warenkontrolle im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 LuftSiSchulV führen daher zu einer Heraushebung aus der im Sinne von § 5 LuftSiG regelmäßig ausgeübten Tätigkeit.
89(4) Der eingangs beschriebene Zweck der Gewährung eines Zuschlags, ein zusätzliches Entgelt für besondere Leistungen, Erschwernisse oder soziale Belastungen zu bieten, würde mithin verfehlt, wenn man den Luftsicherheitsassistenten wegen der besonderen Anforderungen der Personen- und Warenkontrolle an Verkehrsflughäfen den Zuschlag nach Ziff. 2.1 LTV zusprechen würde, obwohl schon nach dem für den Grundlohn geltenden Anforderungsprofil ihre Ausbildung und tariflich vorgesehene Tätigkeit eben diese Anforderungen bereits erfassen. Dabei kann dahinstehen, ob die von der Beklagten nach Lohngruppe 18 LTV (in der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung) bezahlten Mitarbeiter tatsächlich sämtlich auch tatsächlich in der Personen- und Warenkontrolle tätig werden. Denn der LTV stellt jedenfalls auf die ausgeübten Tätigkeiten ab. Ob die Beklagte darüber hinaus auch solchen Mitarbeitern die Vergütung nach Lohngruppe 18 (ab 01.01.2014 Lohngruppe 17) LTV gewährt, welche nur die Ausbildung und Beleihung nach§ 5 LuftSiG erfahren haben, aber nicht mit entsprechenden Tätigkeiten betraut sind, ist für die Tarifauslegung ohne Belang.
90(5) Auch regelungssystematisch würde es keinen sachlichen, vernünftigen Sinn ergeben, wenn der Zuschlag nach Ziff. 2.1 LTV den Luftsicherheitsassistenten gleichsam automatisch zusätzlich zu ihrem Grundlohn zustünde. Wäre durch die Tarifvertragsparteien eine Begünstigung auch der Luftsicherheitsassistenten beabsichtigt gewesen, hätte es nahe gelegen, deren Grundlohn unmittelbar zu erhöhen und nicht einen Teil der bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für die Grundlohngruppe stets anfallenden Vergütung als Zuschlag auszuweisen.
91cc) Schließlich spricht auch die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags für das hier vertretene Auslegungsergebnis. Aus der Stellungnahme der auf Arbeitnehmerseite am Tarifschluss beteiligten Gewerkschaft ergibt sich, dass der Lohnzuschlag nach Ziff. 2.1 LTV ursprünglich auf Forderung der Gewerkschaft gerade für den Personenkreis der Mitarbeiter mit Tätigkeiten nach § 8 LuftSiG eingeführt worden sei. Der Kreis der Berechtigten sei später auf den Personenkreis nach § 9 LuftSiG ausgeweitet worden. In der aktuellen Tarifrunde sei dann nicht mehr über den anspruchsberechtigten Personenkreis verhandelt worden.
92Der hiernach beabsichtigten Beschränkung des Kreises der Zuschlagsberechtigten entspricht es, wenn die als Grundlage des aktuellen Tarifabschlusses dienende Schlichtungsempfehlung vom 05.04.2013 die PWK-Zulage in Höhe von 1,50 EUR nur für die Lohngruppen der Mitarbeiter mit Tätigkeiten nach §§ 8, 9 LuftSiG aufführt.
93dd) Die hier vertretene Auslegung von Ziff. 2.1 LTV, wonach der Zuschlag nur den Mitarbeitern der Lohngruppe 17 (ab 01.01.2014 Lohngruppe 16) zusteht, führt auch zu einer sachgerechten, dem Zweck eines Entgeltzuschlags entsprechenden Ergebnis. Die Wertigkeiten der Tätigkeiten nach § 5 LuftSiG und derjenigen nach §§ 8, 9 LuftSiG bei einer Tätigkeit in der Personen-/Personal- und Warenkontrolle sind zumindest sehr ähnlich (so schon LAG Hamburg, Beschluss vom 26. Mai 2008 - 5 TaBV 8/07 -, juris-Rz. 73 ff.), so dass die Minderung der Entgeltdifferenz beim Grundlohn durch einen - allein den Mitarbeitern nach §§ 8, 9 LuftSiG zugutekommenden - Zuschlag der Herstellung der Entgeltgleichheit dient.
943. Nach alledem kann dahinstehen, ob dem geltend gemachten Zuschlagsanspruch schon entgegensteht, dass die Beklagte dem Kläger die Funktion einer Tätigkeit in der Personen- und Warenkontrolle nicht schriftlich bestätigt hat. Nach § 13 Ziff. 1 des Entgeltrahmentarifvertrags für Sicherheitskräfte an Verkehrsflughäfen, welcher nach der Protokollnotiz zum Lohntarifvertrag bezüglich der Sicherheitskräfte an Verkehrsflughäfen vom 05.04.2013 Anwendung findet, wird für die Wahrnehmung von Zusatzfunktionen eine Funktionszulage nur gezahlt, wenn die Funktion und die Zahlung der Zulage schriftlich bestätigt wurden.
954. Ebenso kann dahinstehen, ob ein Zuschlagsanspruch deswegen ausscheidet, weil der Kläger keine Schulung für eine Tätigkeit als Luftsicherheitskontrollkraft für "Personal- und Warenkontrollen" nach der Luftsicherheits-Schulungsverordnung aufweisen kann.
96C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
97D. Wegen der Divergenz zu anderen Kammern des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der Frage der Wahrung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG und der daraus resultierenden Folgen für die Breakstunden und wegen grundsätzlicher Bedeutung entscheidungserheblicher Rechtsfragen bezüglich des PWK-Zuschlages war die Revision zuzulassen, §§ 72 Abs. 2 Nr.1, Nr. 2 ArbGG.
98R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
99Gegen dieses Urteil kann von dem Kläger
100R E V I S I O N
101eingelegt werden.
102Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
103Bundesarbeitsgericht
104Hugo-Preuß-Platz 1
10599084 Erfurt
106Fax: 0361 2636 2000
107eingelegt werden.
108Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
109Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
110- 111
1. Rechtsanwälte,
- 112
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
- 113
3. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
115Eine Partei die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
116Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
117* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
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Referenzen
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- 5 TaBV 8/07 1x (nicht zugeordnet)
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