Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (5. Kammer) - 5 Sa 435/12

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 30.08.2012, Az.: 5 Ca 261/12, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob eine von der Beklagten gegenüber der Klägerin ausgesprochene Versetzung rechtswirksam ist oder nicht.

2

Die Beklagte ist eine Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts. Die Klägerin wurde mit dem 11.08.2002 als Reinigerin im Bereich des damals noch von der Beklagten selbst betriebenen Freizeitzentrums Z. eingestellt. Im schriftlich am 02.09.2002 abgeschlossenen Arbeitsvertrag heißt es unter anderem:

"§ 1

3

Frau B. wird ab 11.08.2002 als Reinigerin im Bereich des Freizeitzentrums Z. eingestellt.

4

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 20 Stunden wöchentlich.

5

Soweit erforderlich, sind Urlaubs- und Krankheitsvertretungen zusätzlich zu übernehmen. Der Einsatz wird vom Betriebsleiter festgesetzt.

§ 2

6

Die Gemeindewerke sind Nichtmitglied des kommunalen Arbeitgeberverbandes. Das Arbeitsverhältnis richtet sich jedoch in analoger Anwendung nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeitnehmerin gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) mit den zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung. Das gleiche gilt für die an ihre Stelle tretenden Tarifverträge. Daneben finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge Anwendung.

7

Nach Anwendung …

§ 6

8

Die Arbeitnehmerin verpflichtet sich, die übertragenen Arbeiten entsprechend den gesetzlichen Vorschriften, den Bestimmungen der Arbeitsordnung sowie den allgemeinen und besonderen Dienstanweisungen des Arbeitgebers und ihrer Bevollmächtigten gewissenhaft und ordnungsgemäß unter besonderer Beachtung der Unfallverhütungsvorschriften durchzuführen.

9

Die Arbeitnehmerin hat, soweit es der Dienst verpflichtet, jede ihr übertragene Arbeit, auch an einem anderen Dienstort und bei einer anderen Dienststelle, zu leisten, die ihr nach ihrer Befähigung, Ausbildung und körperlicher Eignung zugemutet werden kann, ohne dass der Arbeitsvertrag geändert wird. Änderungen des Lohnes richten sich ohne Vertragsänderung nach den §§ 27 und 28 BMT-G".

10

Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Arbeitsvertrages wird auf Bl. 18 bis 20 d. A. Bezug genommen.

11

Im Jahre 2007 wurden die Reinigungsarbeiten im Freizeitzentrum ausgelagert und an eine private Reinigungsfirma vergeben. Da die Klägerin dem Betriebsübergang widersprach, einigten sich die Parteien darauf, dass die Klägerin ab dem 01.04.2008 im Kiosk des gemeindeeigenen Campingplatzes eingesetzt wurde.

12

Der schriftlich am 19.06.2008 abgeschlossene Änderungsvertrag hat unter anderem folgenden Wortlaut:

"§ 1

13

Die Arbeitszeitvereinbarung in § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags wird durch folgende Vereinbarung ersetzt:

14

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich wöchentlich 26,83 Stunden.

§ 2

15

Dieser Änderungsvertrag tritt mit Wirkung vom 01.04.2008 in Kraft.
…"

16

Am 30.09.2011 wurde die Klägerin von der Beklagten von der Arbeitsleistung freigestellt. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass eine Dauercamperin, Frau Y., Strafanzeige gegen die Klägerin wegen Diebstahls eines Geldbetrages aus einem Briefumschlag erstattet hatte. Die Freistellung wurde gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 04.10.2011 bis einschließlich 16.10.2011 bestätigt (vgl. Bl. 4 d. A.). Das gegen die Klägerin eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft X.-Stadt schlussendlich eingestellt (Az: 7137 Js 2610/12).

17

Mit Schreiben vom 11.10.2011 (vgl. Bl. 47 d. A.) forderte die Beklagte die Klägerin auf, ihre Arbeit ab dem 17.10.2011 wieder aufzunehmen. Aus betriebsbedingten und organisatorischen Gründen werde ihr Einsatz als Reinigerin in der Sauna erfolgen. Seit dem 17.10.2011 war die Klägerin sodann arbeitsunfähig erkrankt.

18

Die Klägerin hat vorgetragen,
sie sei ab Februar 2008 exakt an dem fraglichen Arbeitsplatz im Kiosk eingesetzt worden. Darauf beziehe sich auch der Änderungsvertrag. Deshalb verstoße eine andere Zuweisung im Rahmen des Direktionsrechts gegen den Arbeitsvertrag. Sie habe sich nach Vorgesprächen mit dem Bürgermeister der Beklagten mit Schreiben vom 03.01.2008 - was zwischen den Parteien unstreitig ist - auf diesen Arbeitsplatz beworben. Genau diese Tätigkeit sei ihr dann auch von der Beklagten zugewiesen worden. Im Übrigen verstoße die Ausübung des Direktionsrechts durch die Beklagte gegen billiges Ermessen. Sie fühle sich durch den Einsatz im Saunabereich als einzige kommunale Reinigungskraft in dieser Einrichtung diskriminiert und abgeschoben. Denn die Reinigungsarbeiten dort seien - unstreitig - fremdvergeben; folglich bestehe dort eigentlich gar keine Beschäftigungsmöglichkeit für eine kommunale Reinigungskraft.

19

Hinzu komme, dass der Beklagten bekannt sei, dass erhebliche Wirbelsäulenerkrankungen der Klägerin eine Tätigkeit als Reinigungskraft, die mit häufigem Bücken, Betreten von Leitern und Tragen von Lasten verbunden sei, nicht zuließen, so dass diese der Klägerin nicht möglich und zumutbar seien. Hinzu komme eine Beeinträchtigung der Atemwege, die ihr das Atmen in der feuchten dampfigen Luft der Sauna erschwerten und weitere Gesundheitsschäden hervorrufen könnten.

20

Zwar treffe es zu, dass es mit dem gleichfalls auf dem Campingplatz beschäftigten Platzwart Herrn W. einige "Dissonanzen" gegeben habe. Diese seien Anlass für ein Personalgespräch am 30.06.2011 direkt beim Bürgermeister der Beklagten gewesen. Dieser habe beiden Beschäftigten deutlich gemacht, dass er diese Streitereien und diese Auseinandersetzungen zukünftig nicht mehr hinnehmen werde. Er habe angekündigt, dass dann, wenn "noch einmal etwas vorkomme", es für den einen oder den anderen eine Abmahnung und möglicherweise auch weitere Konsequenzen geben werde. Mit diesem "Machtwort" sei aber auch tatsächlich für die Zukunft Ruhe eingekehrt und es habe zwischen dem Platzwart und der Klägerin keine weiteren Streitigkeiten und Auseinandersetzungen gegeben. Ab diesem Zeitpunkt habe sie mit dem Platzwart nichts mehr zu tun gehabt. Hauptstreitpunkt zuvor sei es gewesen, dass bei neu ankommenden Campinggästen dafür gesorgt werden müsse, dass der Elektroanschluss hergestellt werde. Nach dem 01.07.2011 habe die Klägerin diesen Anschluss während der Wochentage in Eigenregie übernommen. An den Wochenenden werde dies von den weiteren Beschäftigten V. und U. völlig reibungslos nach Abstimmung mit der Klägerin erledigt. Diese nunmehr beendeten Reibereien könnten folglich für die Beklagte nicht mehr maßgebend sein. Tatsächliche Grundlage für die Entscheidung der Beklagten sei der unberechtigte, unter Umständen sogar inszenierte Vorwurf im Hinblick auf einen angeblichen Diebstahl.

21

Die Klägerin hat beantragt:

22

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Arbeiten im Kiosk des Campingplatzes am Freizeitgelände in T.-Stadt zuzuweisen und die Klägerin im Kiosk am Campingplatz zu den bisherigen Bedingungen zu beschäftigen.

23

Die Beklagte hat beantragt,

24

die Klage abzuweisen.

25

Die Beklagte hat vorgetragen,
mit dem späteren Einsatz der Klägerin auf dem Arbeitsplatz im Kiosk auf dem Campingplatz seit dem 01.04.2008 sei eine Einstellung nur für diesen Arbeitsplatz keineswegs erfolgt. Die Beklagte habe mit der Reinigungsfirma, die diese Tätigkeit im Zuge der Fremdvergabe an sich übernommen habe, eine Einigung dahingehend erzielt, dass die Klägerin gleichfalls in diesem Bereich tätig sein könne. Die Tätigkeit der Klägerin sei für den Nass- und Umkleidebereich vorgesehen. Die Reinigung erfolge nicht während der Öffnungszeiten, so dass es ausgeschlossen sei, dass sie in der feuchten dampfigen Luft arbeiten müsse. Müsse sie ausnahmsweise die Sauna reinigen, werde auch dies außerhalb der Öffnungszeiten erfolgen.

26

Die Freistellung der Klägerin sei zu deren eigenem Schutz erfolgt, weil viele Camper von dem Diebstahlsvorfall gewusst hätten. Aufgrund des tatsächlich bestehenden Verdachts gegen die Klägerin sei die Freistellung unter Fortzahlung der Bezüge zunächst eine angemessene Reaktion des Arbeitgebers gewesen.

27

Grund für die Umsetzung der Klägerin in den Reinigungsbereich seien die ständigen Streitereien zwischen ihr und dem Campingwart, Herrn W.. Es habe immer wieder unterschiedliche Auffassungen und Streitereien zwischen diesen beiden Personen gegeben. Um den Betriebsfrieden auf dem Campingplatz wieder herzustellen, habe die Beklagte von ihrem Direktionsrecht Gebrauch gemacht und diese organisatorische Entscheidung getroffen. Eine Umsetzung des Campingwarts scheitere an einer fehlenden anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit.

28

Infolge des Gesprächs vom 30.06.2011 zwischen dem Bürgermeister, dem Platzwart und der Klägerin sei - was zwischen den Parteien unstreitig ist - die Dienstanweisung vom 08.07.2011 (Bl. 44 d. A.) erlassen worden. Dadurch sei aber entgegen der Darstellung der Klägerin keineswegs der Betriebsfrieden wieder hergestellt worden. Es habe auch danach immer wieder kleinere Reibereien zwischen den benannten Mitarbeitern gegeben, so dass keine Basis dafür vorhanden gewesen sei, dass es zu einer gedeihlichen Zusammenarbeit kommen könne. Bereits zuvor habe die Klägerin in mehreren Gesprächen den Platzwart der Diskriminierung ihrer Person und auch der sexuellen Belästigung beschuldigt. In allen diesen Fällen seien die Beschuldigungen haltlos und aus der Sicht der Beklagten völlig aus der Luft gegriffen gewesen.

29

Zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Vorbringens der Beklagten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 7 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 60 d. A.) Bezug genommen.

30

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - hat daraufhin die Beklagte durch Urteil vom 30.08.2012 - 5 Ca 261/12 - verurteilt, der Klägerin Arbeiten im Kiosk des Campingplatzes am Freizeitgelände in T.-Stadt zuzu-weisen und sie im Kiosk am Campingplatz zu den bisherigen Bedingungen zu beschäftigen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 54 - 69 d. A. Bezug genommen.

31

Gegen das ihr am 14.9.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am 21.09.2012 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 12.11.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

32

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts habe die Beklagte im Rahmen billigen Ermessens die Klägerin vom Kiosk des Campingplatzes auf ihren ursprünglichen Arbeitsplatz als Reinigerin im Saunabereich des Z. Bades zurückversetzt. Der Platzwart wehre sich gegen den Vorwurf sexueller Belästigung; aus seiner Sicht handele es sich um eine falsche Verdächtigung. Damit werde deutlich, dass sowohl die Interessen der Klägerin als auch die Interessen des Platzwartes betroffen seien. Aus den bisherigen Erfahrungen mit der Klägerin und dem Platzwart, trotz des Gesprächs am 30.06.2011 und der daraus folgenden Dienstanweisung, sei für die Beklagte klar erkennbar gewesen, dass sich die Probleme nur mit Maßgabe der Versetzung lösen lassen würden. Ein Fall des § 16 Abs. 2 AGG sei nicht gegeben, denn zumindest falsche Anschuldigungen oder treuwidrige Arten der Geltendmachung seien von dieser Vorschrift nicht erfasst. Auch im Hinblick auf den Diebstahlsvorwurf sei es für die Beklagte nicht möglich gewesen, zu entscheiden, ob die gegen den Platzwart erhobenen Vorwürfe der Inszenierung zutreffend seien. Um die Situation zu befrieden, sei es unverzichtbar gewesen, die Klägerin umzusetzen. Dabei sei zu berücksichtigen gewesen, dass der Platzwart seine Arbeitsleistung bisher stets ordnungsgemäß erbracht habe. Dem gegenüber habe das Verhalten der Klägerin häufiger zu Beanstandungen geführt, die sich sowohl auf ihre Arbeitsleistung als auch auf das Verhalten zu Vorgesetzten bezogen habe. Sie weise zunächst grundsätzlich alle Vorwürfe zurück und räume sie erst auf entsprechende Nachfrage ein bzw. es stelle sich heraus, wie es sich tatsächlich verhalten habe. Die Gesamtsituation habe auch tatsächlich bereits zu Störungen des Betriebsfriedens geführt. Die Klägerin habe sich sowohl gegenüber Gästen als auch gegenüber den Kollegen unkollegial verhalten.

33

Eine Umsetzung des Platzwartes sei der Beklagten vertraglich nicht möglich; eine anderweitige Einsatzmöglichkeit bestehe nicht. Hinzu komme, dass sich die Änderung der vertraglichen Tätigkeit der Klägerin nur ganz geringfügig auswirke. Sie sei weiterhin im Bereich des Z. Bades und des Campingplatzes tätig und habe so durchaus die Möglichkeit, soziale Beziehungen zu den Dauercampern, die sie aufgebaut habe, weiter zu pflegen.

34

Von einer Strafversetzung könne nach alledem keine Rede sein.

35

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 09.11.2012 (Bl. 86 bis 92 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 93 bis 100 d. A.) Bezug genommen.

36

Die Beklagte beantragt,

37

unter Abänderung des angefochtenen Urteils, die Klage abzuweisen.

38

Die Klägerin beantragt,

39

die Berufung wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

40

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, die Versetzung verstoße gegen § 16 Abs. 2 AGG; die Klägerin werde durch die Strafversetzung zu Reinigungsarbeiten in die Sauna zudem erheblich beeinträchtigt. Die Beklagte folge einseitigen Behauptungen und Vermutungen des Campingwarts; nach dem 30.06.2011 habe es keinerlei Probleme mehr gegeben. Eine umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Gewichtung der beiderseitigen Interessen sei durch die Beklagte nicht erfolgt. Das zeige sich schon daran, dass der Klägerin keine Gelegenheit gegeben worden sei, eine Stellungnahme zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen abzugeben. Sie sei nicht angehört worden. Aufgrund einer Untersuchung beim Medizinischen Dienst vom 26.06.2012 könne die Klägerin zudem die ihr zugedachte neue Tätigkeit nicht ohne die Gefahr erheblicher weiterer gesundheitlicher Beeinträchtigungen ausüben.

41

Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Klägerin wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 19.12.2012 (Bl. 122 bis 130 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 131, 132 d. A.) Bezug genommen.

42

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

43

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 14.01.2013.

Entscheidungsgründe

I.

44

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

45

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

46

Denn das Arbeitsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin die Verurteilung der Beklagten verlangen kann, sie mit Arbeiten im Kiosk des Campingplatzes am Freizeitgelände in T.-Stadt zu den bisherigen Bedingungen zu beschäftigen.

47

Das Arbeitsgericht ist folglich zu Recht davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche Versetzung rechtsunwirksam ist. Folglich ist die Berufung der Beklagten unbegründet.

48

Die Unbegründetheit der Klage folgt zunächst nicht bereits daraus, dass die Klägerin nach Maßgabe ihres Klageantrags trotz des zumindest gesetzlich bestehenden Direktionsrechts gemäß § 106 GewO die Beschäftigung im Kiosk des Campingplatzes am Freizeitgelände in T.-Stadt zu den bisherigen Bedingungen verlangt.

49

Denn wenn sich eine vom Arbeitgeber vorgenommene Versetzung als unwirksam erweist, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Beschäftigung in seiner bisherigen Tätigkeit am bisherigen Ort (BAG 17.02.1998 EzA § 615 BGB Nr. 89; 25.08.2010 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 49; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 10. Auflage 2012, Kap. 1 Rn. 559). Bei einer Versetzung handelt es sich danach um eine einheitliche Maßnahme, die nicht in den Entzug der bisherigen Tätigkeit und die Zuweisung einer neuen Tätigkeit aufgespalten werden kann. Das gilt auch dann, wenn Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag nicht abschließend festgelegt sind, sondern dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegen. Solange dieser nicht rechtswirksam von seinem Weisungsrecht erneut Gebrauch gemacht oder eine wirksame Freistellung von der Arbeit ausgesprochen hat, bleibt es bei der bisher zugewiesenen Arbeitsaufgabe am bisherigen Ort und der Arbeitnehmer hat einen entsprechenden Beschäftigungsanspruch. Wird der Arbeitgeber nach einer Versetzung zur tatsächlichen Beschäftigung zu den vorherigen Bedingungen verurteilt, ist damit die Vorfrage der Wirksamkeit der Versetzung beantwortet. Eine Entscheidung darüber, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Arbeitgeber zukünftig von seinem Weisungsrecht rechtswirksam Gebrauch machen kann, ist dagegen nicht getroffen (BAG 25.08.2010 a. a. O.).

50

Nach dem schriftlich zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag gelten für das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des BMT-G mit den zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung. Das Gleiche gilt für die an ihre Stelle tretenden Tarifverträge. Daneben finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge Anwendung. Gemäß § 6 des Arbeitsvertrages (2. Absatz) hat die Arbeitnehmerin, soweit es der Dienst verpflichtet, jede ihr übertragene Arbeit, auch an einem anderen Dienstort und bei einer anderen Dienststelle, zu leisten, die ihr nach ihrer Befähigung, Ausbildung und körperlichen Eignung zugemutet werden kann, ohne dass der Arbeitsvertrag geändert wird.

51

Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung in einen anderen Tätigkeits-bereich, die auf Regelungen im AGB gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist durch Auslegung der Bestimmungen festzustellen, ob ein Tätigkeitsbereich vertraglich festgelegt ist und welchen Inhalt ein ggfls. vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat. Im Rahmen der Auslegung ist sodann zu beachten, dass die Bestimmung eines bestimmten Bereiches der Tätigkeit in Kombination mit einer durch Vertragsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Bereich der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19.01.2011 EzA § 106 GewO Nr. 7; Dörner/Luczak/Wildschütz a. a. O. Rn. 548). Nichts anderes gilt dann, wenn die Tätigkeit inhaltlich näher beschrieben wird und dies mit einem Versetzungsvorbehalt verbunden wird. Damit entspricht die vertragliche Regelung inhaltlich der gesetzlichen Regelung des § 106 Satz 1 BGB.

52

Vorliegend hat die Beklagte hiervon nicht nach billigem Ermessen Gebrauch gemacht.

53

Mit dem Direktionsrecht (§ 106 GewO, vgl. BAG, 15.09.2009, EzA § 106 GewO Nr. 4; Landesarbeitsgericht Köln 15.06.2009 LAGE § 106 GewO 2003 Nr. 7) kann der Arbeitgeber primär die jeweils konkret zu leistende Arbeit und die Art und Weise ihrer Erbringung (z.B. durch Schichtarbeit; s. Landesarbeitsgericht Köln 30.07.2009, NZA-RR 2010, 514, 29.07.2010, 7 Sa 240/10, ArbuR 2011, 365) festlegen. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers ist nach § 106 S. 1, 2 GewO beschränkt auf "Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung" sowie auf die "Ordnung und Verhalten im Betrieb". Die Regelung in § 106 S. 1 GewO trägt der Gegebenheit Rechnung , dass Arbeitsverträge nur eine rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht festlegen können. Das Direktionsrecht als "Wesensmerkmal eines jeden Arbeitsverhältnisses" (BAG 23.09.2004, EzA § 106 GewO Nr. 1) ermöglicht es dem Arbeitgeber, diese rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers im Einzelnen nach zeitlicher Verteilung, Art und Ort unter Beachtung billigen Ermessens festzulegen (vgl. BAG 15.09.2009, a. a. O.; 17.05.2011, 9 AZR 2ß1/10, ZTR 2012, 184).

54

Zu beachten ist aber, dass die Parteien grundsätzlich die Reichweite des Direktionsrechts im Arbeitsvertrag vereinbaren können (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz 27.05.2011, LAGE § 106 GewO 2003 Nr. 11).

55

Einseitige Erklärungen legen - im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz 27.05.2011, LAGE § 106 GewO 2003 Nr. 11) - die jeweils konkret für den Arbeitnehmer geltenden Arbeitsbedingungen fest.

56

Eine Arbeitsvertragsklausel (sog. Versetzungsklausel), die dem Arbeitgeber das Recht einräumt, dem Arbeitnehmer statt der ursprünglich vereinbarten auch eine andere Tätigkeit zu übertragen, die "seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entspricht", rechtfertigt insoweit nicht die Zuweisung von Tätigkeiten, deren Anforderungen hinter der Vorbildung und den Fähigkeiten des Arbeitnehmers zurückbleiben und mit der bisherigen Tätigkeit nicht gleichwertig sind. Die Gleichwertigkeit einer Tätigkeit bestimmt sich dabei nicht nur nach dem unmittelbaren Tätigkeitsinhalt selbst, sondern auch nach deren betrieblichen Rahmenbedingungen. Dazu gehört insbesondere die Einordnung der Stelle in die Betriebshierarchie sowie die Frage, in welchem Umfang die Tätigkeit mit Vorgesetztenfunktionen verbunden ist (Landesarbeitsgericht Köln 22.12.2004 - 7 Sa 839/04 - ArbuR 2005, 423 LS).

57

Eine vorformulierte Klausel in AGB, die inhaltlich der gesetzlichen Regelung des § 106 S. 1 BGB entspricht, unterliegt nicht der Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB (BAG 25.08.2010, EzA § 307 BGB 2002 Nr. 49); sie unterliegt allerdings auch als kontrollfreie Hauptabrede der Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB sowie der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB (BAG 13.04.2010, EzA § 307 BGB 2002 Nr. 47). Allerdings muss die vertragliche Regelung die Beschränkung auf den materiellen Gehalt des § 106 GewO unter Berücksichtigung der für AGB geltenden Auslegungsgrundsätze aus sich heraus erkennen lassen (BAG 25.08.2010, a. a. O.). Sie ist nicht allein deshalb unwirksam, weil der Arbeitgeber nicht ausdrücklich darauf hinweist, dass die Versetzung nach § 106 GewO nur nach billigem Ermessen erfolgen kann (Landesarbeitsgericht Nürnberg, 13.01.2009, 6 Sa 712/07, ArbuR 2009, 279 LS).

58

Eine Versetzungsklausel in einem vorformulierten Arbeitsvertrag, den Arbeitnehmer entsprechend seinen Leistungen und Fähigkeiten mit einer anderen, im Interesse des Unternehmens liegenden Tätigkeit zu betrauen und auch an einem anderen Ort zu beschäftigen, bedeutet keine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB); der Vorbehalt verstößt auch nicht gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB; BAG 13.03.2007 - 9 AZR 433/06 - NZA-RR 2008, 504 LS; 13.04.2010 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 47; Landesarbeitsgericht Nürnberg, 13.01.2009, LAGE § 106 GewO 2003 Nr. 6; s. a. Preis/Gerenger NZA 2008, 969 ff. Salamon/Fuhlrott NZA 2011, 839 ff.). Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 21 BGB verlangt insbesondere von dem Verwender nicht, alle möglichen Konkretisierungen der Arbeitspflicht und des Weisungsrechts ausdrücklich zu regeln. Vielmehr ist das gesetzliche Weisungsrecht (§ 106 GewO) Ausdruck und Folge der vertraglichen Festlegung der Arbeitspflicht; die Vertragsparteien können es dabei belassen (BAG 23.06.2007 EzA § 106 GewO Nr. 2; Landesarbeitsgericht Nürnberg, 13.01.2009, LAGE § 106 GewO 2003 Nr. 6). Die Intransparenz folgt auch nicht daraus, dass weder ein maximaler Entfernungsradius noch eine angemessene Ankündigungsfrist vereinbart ist, denn eine solche Konkretisierungsverpflichtung würde dem Bedürfnis des Arbeitgebers nicht gerecht, auf im Zeitpunkt des Vertragschlusses nicht vorhersehbare Veränderungen reagieren zu können. Die Angemessenheit der Entfernung und eine ggfls. notwendige Ankündigung sind im Rahmen der Ausübungskontrolle nach § 315 Abs. 1 BGB zu prüfen (BAG 13.04.2010, a. a. O.).

59

Das Weisungsrecht findet seine Grenzen in einzelvertraglichen (LAG Rheinland-Pfalz 27.05.2011 LAGE § 106 GewO 2003 Nr. 11), gesetzlichen und kollektivvertraglichen Regelungen (z. B. §§ 134, 138 BGB, MuSchG, ArbZG, JArbSchG), auch dispositiven, soweit sie nicht im Einzelfall durch Vereinbarung abbedungen sind (§106 GewO; s. Lakies BB 2003, 364 ff.). Das Weisungsrecht kann insbes. nicht einseitig die im Arbeitsvertrag festgelegten Bedingungen verändern (vgl. LAG Hamm 26.10.2005 ArbuR 2006, 211 LS). Denn welche Arbeit der Arbeitnehmer zu leisten hat, ergibt sich in erster Linie aus dem Arbeitsvertrag. Der Arbeitgeber kann Inhalt und Umfang der Arbeitspflicht kraft seines Weisungsrechts gerade nur im Rahmen des jeweiligen Arbeitsvertrags festlegen (§ 106 GewO; BAG 23.06.2007 EzA § 106 GewO Nr. 2; LAG BW 25.03.2010 - 11 Sa 70, 71/09 - ArbuR 2010, 343 LS).

60

Je genauer im Übrigen die Tätigkeit des Arbeitnehmers sowie die Modalitäten der Beschäftigung, also der Einsatzort, Umfang und die Lage der Arbeitszeit im Arbeitsvertrag umschrieben sind, umso weniger Spielraum hat der Arbeitgeber z. B. bei der Zuweisung verschiedenartiger Tätigkeiten (vgl. BAG 23.11.2004 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 134; 02.03.2006 EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 67, LAG Rheinland-Pfalz 27.05.2011 LAGE § 106 GewO 2003 Nr. 11, Hunold NZA-RR 2001, 337 ff., s. a. Salamon/Fuhlrott NZA 2011, 839 ff.)

61

Enthält ein Arbeitsvertrag keine ausdrücklichen Regelungen zum Arbeitsort, so gilt der Betriebssitz als vertraglich festgelegt (§ 269 Abs. 1 BGB). Danach liegt der Leistungsort mangels Leistungsbestimmung am Betriebssitz, wenn sich der Ort der Leistung nicht aus der Natur des Schuldverhältnisses ergibt; ohne Versetzungsvorbehalt kommt dann eine einseitige Änderung nicht in Betracht (LAG BaWü 10.12.2010 LAGE § 611 BGB 2002 Direktionsrecht Nr. 2).

62

Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung an einen anderen Tätigkeitsort, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gem. § 305 ff. BGB beruht, ist aber andererseits zunächst durch Auslegung der Bestimmungen festzustellen, ob ein Tätigkeitsort vertraglich festgelegt ist und welchen Inhalt ein ggfls. vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat. Im Rahmen der Auslegung ist sodann zu beachten, dass die Bestimmung eines bestimmten Orts der Tätigkeit in Kombination mit einer durch Vertragsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19.01.2011 EzA § 106 GewO Nr. 7, s. a. Salamon/Fuhlrott NZA 2011, 839 ff.).

63

Das Direktionsrecht darf insgesamt nur nach billigem Ermessen ausgeübt werden (§ 106 GewO; § 315 BGB; BAG 23.06.2007, EzA § 106 GewO Nr. 2 = NZA 2007, 974; 17.08.2011, EzA § 106 GewO Nr. 8; 17.08.2011, 10 AZR 202/10, EzA-SD 26/2011 S. 10 Ls; Landesarbeitsgericht Hessen 24.10.2011, LAGE § 106 GewO Nr. 12). Eine Leistungsbestimmung entspricht dann billigem Ermessen, wenn sie die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt hat (BAG 17.01.2006 - 9 AZR 226/05 - EzA-SD 16/2006 S. 24 LS; 23.06.2009, 15.09.2009, 17.08.2011, EzA § 106 GewO Nr. 3, 4, 8, 17.08.2011, 10 ZAR 202/10, EzA-SD 26/2011 S. 10 Ls).

64

Den Regelungen in § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III können belastbare Grenzen für die Zumutbarkeit einer Versetzung nicht entnommen werden. Regelungsziel der gesetzlichen Vorschriften über die Ausübung billigen Ermessens ist es, im Einzelfall eine Entscheidung herbeizuführen, die den wechselseitigen Interessen der Arbeitsvertragsparteien Rechnung trägt. Das Interesse des Arbeitnehmers an kurzen Pendelzeiten z. B. ist dabei ein wesentliches Kriterium, welches in die Abwägung einzubeziehen ist. Demgegenüber betrifft § 121 SGB III das Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitslosen und der Arbeitsverwaltung. Die Versagung des Arbeitslosengelds bei Ablehnung einer zumutbaren Beschäftigung ist eine öffentlich-rechtliche Sanktion für mangelnde eigene Leistungsbereitschaft des Leistungsempfängers bei Bezug einer sozialversicherungsrechtlichen Leistung (BAG 17.08.2011, a. a. O.).

65

Es ist also zu prüfen, ob die Maßnahme, z. B. eine Versetzung, aus den vom Arbeitgeber genannten Gründen an sich und auch die konkrete Maßnahme aus diesen Gründen der Billigkeit entspricht (Landesarbeitsgericht München 18.09.2002 LAGE § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 45). Das schließt die Achtung grundrechtlich geschützter Interessen, z. B. des Rechts des Arbeitnehmers zur Ablehnung von Vertragsverhandlungen, ein (BAG 23.06.2009, a. a. O.; s. Müller FA 2010, 100 ff.). Auch muss der Arbeitgeber z. B. bei der Ausgestaltung von Schichtplänen den Wunsch eines Arbeitnehmers, an Sitzungen einer Gewerkschaft teilnehmen zu können, angemessen berücksichtigen (Art. 9 GG; BAG 13.08.2010, EzA Art. 9 GG Nr. 100).

66

Auch bei der Billigkeitsprüfung einer Versetzung auf einen gleichwertigen Arbeitsplatz müssen das persönliche Ansehen und die Möglichkeiten der Persönlichkeitsentfaltung des Arbeitnehmers berücksichtigt werden, die mit dem alten und dem neuen Arbeitsplatz verbunden sind (Landesarbeitsgericht München 18.09.2002 LAGE § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 45). Der Arbeitnehmer kann insoweit zudem verlangen, dass der Arbeitgeber einen wesentlichen Umstand, der für die Ermessensentscheidung von Bedeutung ist, nicht fortgesetzt außer Acht lässt oder grds. falsch beurteilt (BAG 11.02.1998, EzA § 315 BGB Nr. 48; Landesarbeitsgericht Köln 26.05.1997 NZA-RR 1997, 466; Nachtwache). Zu den insoweit zu berücksichtigenden wesentlichen Umständen gehören insbesondere die familiären Bindungen und Verpflichtungen des Arbeitnehmers (ArbG Hmb. 19.08.2003 ArbuR 2004, 434 LS; ArbG Hannover 24.05.2007 ArbuR 2007, 280). Dabei ist entscheidend auf die Zumutbarkeit und nicht auf die Betriebszugehörigkeit abzustellen (Landesarbeitsgericht Hamm 28.07.2003, Landesarbeitsgericht-Report 2004, 173).

67

Zusammengefasst sind die Grenzen billigen Ermessens dann gewahrt, wenn der Arbeitgeber z.B. bei der Bestimmung der Zeit der Arbeitsleistung nicht nur eigene, sondern auch berechtigte Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt hat.

68

Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die Beklage nach Maßgabe des vorliegend dargestellten Prüfungsmaßstabes kein berechtigtes Interesse daran hat, die Klägerin nicht mehr an ihrem bisherigen Arbeitsplatz zu beschäftigen. Zwar teilt die Kammer nicht die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass die Versetzung bereits gegen § 16 Abs. 2 AGG verstößt. Denn die Anwendung dieser Vorschrift käme vorliegend nur dann in Betracht, wenn tatsächlich feststünde, dass eine sexuelle Belästigung gegeben gewesen wäre und die Versetzung gerade darauf beruht hätte, dass die Klägerin dagegen Beschwerde geführt hatte. Davon kann nach dem Tatsachenvortrag der Parteien in beiden Rechtszügen aber keineswegs ausgegangen werden. Hintergrund der Versetzung sind ständige Aus-einandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten zwischen der Klägerin und dem Platzwart des Campingplatzes, nicht nur im Hinblick auf die von der Klägerin behaupteten sexuellen Belästigungen, sondern auch z. B. im Hinblick auf Stromanschlüsse usw. Wessen Darstellung der tatsächlichen Geschehnisse insoweit zutrifft, lässt sich nach dem Akteninhalt nicht feststellen. Insoweit ist die Beklagte einseitig davon ausgegangen, dass die Vorwürfe der Klägerin haltlos und aus der Luft gegriffen sind, obwohl der Akteninhalt durchaus den Schluss ebenso gut zulässt, sie könnten berechtigt sein mit der Maßgabe, dass die Beklagte verpflichtet wäre, die Klägerin nicht etwa zu versetzen, sondern vor weiteren sexuellen Belästigungen zu schützen. Unstreitig ist nur die Tatsache der Auseinandersetzung zwischen den Mitarbeitern als solche. Vor diesem Hintergrund wäre die Beklagte vor Ausspruch der Versetzung gehalten gewesen, weitere Ermittlungen anzustellen, um sodann ggf. mit arbeitsrechtlichen Sanktionen eben auch gegenüber dem Platzwart zu reagieren. In jedem Fall hätte sie der Klägerin Gelegenheit geben müssen, sich zu dem Sachverhalt im Einzelnen zu äußern.

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Zwar kann der Arbeitgeber auf Störungen des Betriebsfriedens auch mit dem Ausspruch einer Versetzung dann reagieren, wenn dadurch die Störungen beseitigt werden können. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Arbeitsbereiche von miteinander streitenden Arbeitnehmer räumlich getrennt werden können, so dass die Prognose gerechtfertigt ist, dass der Arbeitgeber mit allen Streitparteien zukünftig gleichwohl gedeihlich zusammenarbeiten kann. Allerdings muss auch dann die Versetzung "billigem Ermessen" entsprechen, d. h. dass eine umfassende Abwägung der wechselseitigen Interessen geboten ist.

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Insoweit ist das Arbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass keineswegs fest stand, dass die Klägerin überhaupt in irgendeiner Verbindung zu den Behauptungen gestanden hat, die z. B. die Dauercamperin Frau R. gegenüber der Dauercamperin Frau Y. aufgestellt haben soll. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung (S. 12 = Bl. 65 d. A.) zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Ergänzend kommt vorliegend hinzu, dass die beabsichtigte und durchgeführte, vorliegend streitgegenständliche Maßnahme auch nach dem Vorbringen der Beklagten gar nicht geeignet ist, dass beabsichtigte Ziel herbeizuführen. Denn wenn die Beklagte darauf abstellt, dass es der Klägerin auch bei ihrer neuen Tätigkeit im Saunabereich möglich sei, Kontakte im Bereich des Campingplatzes zu pflegen, dann wird gerade die zur Vermeidung weiterer Konflikte sinnvolle und als notwendig angesehene räumliche Trennung der Konfliktparteien wiederum aufgehoben. Schon insoweit bleibt unklar, welchen Sinn dann die streitgegenständliche Maßnahme überhaupt haben soll. Hinsichtlich der weiteren Nachteile, für die Klägerin mit der Versetzung verbunden sind, wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung (S. 12, 13, 14 = Bl. 65 - 67 d. A.) Bezug genommen.

71

Soweit die Klägerin allerdings darauf abstellt, sie sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, die ihr nunmehr zugewiesene Tätigkeit auszuüben, ist aufgrund des zuvor dargestellten Sachstandes insoweit eine abschließende Bewertung durch die Kammer weder möglich noch erforderlich.

72

Die Beklagte wird nach alledem folglich gehalten sein, wesentlich präziser als bisher die tatsächlichen Vorkommnisse im streitbefangenen Bereich zu überwachen und ggf. die geeigneten arbeitsrechtlichen Konsequenzen - gegenüber wem auch immer - zu ziehen.

73

Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts, denn es enthält zum einen keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die zu einem anderen Ergebnis führen könnten. Zum anderen enthält es auch keine Rechtsbehauptungen, die das vom Arbeitsgericht gefundene Ergebnis in Frage zu stellen geeignet sind, wie dargestellt. Es macht lediglich deutlich, dass die Beklagte - aus ihrer Sicht verständlich - die Auffassung des Arbeitsgerichts, der die Kammer jedenfalls im Ergebnis folgt, nicht teilt. Weitere Ausführungen sind folglich nicht veranlasst.

74

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

75

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO.

76

Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

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