Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (6. Kammer) - 6 Sa 431/19

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier - 5 Ca 87/19 - vom 23. Oktober 2019 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und der Klarstellung halber insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger ausschließlich dem persönlich haftenden Gesellschafter der Komplementärin der Beklagten Z.KG, X. Y., disziplinarisch und fachlich zu unterstellen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger zu 88 % und die Beklagte zu 12 %. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt der Kläger zu 61 % und die Beklagte zu 39 %.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten zuletzt um die hierarchische Stellung des Klägers im Betrieb der Beklagten und um ein Schmerzensgeld.

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Die Beklagte betreibt ein Papier- und Kunststoffverpackungen herstellendes Unternehmen. Komplementärin der Beklagten ist die Z. KG, deren persönlich haftender Gesellschafter X. Y. ist. Zugleich ist X. Y. Kommanditist der Beklagten.

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Der Kläger, der über einen Hochschulabschluss in Elektrotechnik mit Schwerpunkt Energietechnik verfügt, wurde von der Beklagten kraft schriftlichen Arbeitsvertrags vom 28. Februar 1996 (Bl. 8 ff. d. A.) ab 01. März 1996 als gewerblich/technischer Angestellter im Elektrobereich eingestellt. Seit 2001 ist der Kläger Brandschutzbeauftragter bei der Beklagten. Im Verlaufe der Beschäftigung, jedenfalls seit 2007, betreute der Kläger - ohne dass der schriftliche Arbeitsvertrag vom 28. Februar 1996 abgeändert worden wäre - neben den Bereichen Energieversorgung, Versicherungen und Brandschutz auch das Bauwesen. Er war u.a. zuständig für gruppenweite Neubauprojekte, Verwaltung und Wartung von Immobilien etc. Eine schriftliche Änderung des Arbeitsvertrages vom 28. Februar 1996 erfolgte nicht. Der Kläger war hierarchisch der Geschäftsleitung zugeordnet und unmittelbar dem persönlich haftenden Gesellschafter der Komplementärin der Beklagten unterstellt. Wegen häufiger Dienstreisen nahm der Kläger nicht an der Zeiterfassung teil. Im Stellenplan wurde er als "technischer Spezialist" geführt. Zuletzt bezog der Kläger im Dezember 2018 eine monatliche Bruttovergütung von 15.642,29 Euro (einschließlich 823,00 Euro Sachbezug für einen Firmenwagen).

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Im Jahr 2018 führten die Parteien ergebnislos mehrere Gespräche über die Änderung des Aufgabenbereichs des Klägers und auch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Per E-Mail vom 06. Dezember 2018 übersandte die Beklagte dem Kläger ein Papier „Zukünftige Aufgaben J. A.“ (Bl. 11 f. d. A.) mit ihm zugedachten Aufgaben und kündigte an, ihm künftig die Stabsstelle "Energie und Feuerschutz" mit gruppenweiter Verantwortung zuzuweisen, wobei er an den Betriebsleiter W. V. berichten und an der Zeiterfassung teilnehmen werde. Wegen der weiteren Einzelheiten des Papiers wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. Die Änderung der Aufgaben des Klägers, sowie eine beabsichtigte Neueinstellung eines Bauingenieurs ausschließlich für den Baubereich gab die Beklagte im Dezember 2018 im Intranet bekannt. Auf Aufforderung der Beklagten zog der Kläger im Januar 2019 von seinem bisherigen Einzelbüro in die Abteilung des Betriebsleiters U. um. Seither nimmt er Aufgaben im Bereich Bauwesen nicht mehr wahr, verrichtet - bei streitiger Position und Aufgabenbereich - ausschließlich noch Tätigkeiten im Bereich „Energie und Feuerschutz“ und nimmt hierbei an der Zeiterfassung teil. Ihm steht weiterhin ein Dienstwagen zur Verfügung. Nach kurzfristig seitens der Beklagten angedachter Vergütungsänderung bezieht der Kläger weiter seine vorherige Vergütung. Seit 01. April 2019 beschäftigt die Beklagte im Bereich Bauwesen als Ersatz für den Kläger einen Bauingenieur und hat eine Kostenstelle Bauwesen eingerichtet. Der Aufgabenbereich wurde durch eine weitere Mitarbeiterin verstärkt.

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Am 25. Januar 2019 hat der Kläger beim Arbeitsgericht Trier eine Klage auf vertragsgemäße Beschäftigung anhängig gemacht, die er im Laufe des Rechtsstreits um einen Antrag auf Niederschrift nach dem Nachweisgesetz und auf Zahlung von Schmerzensgeld erweitert hat. Einen zwischenzeitlich angekündigten Antrag auf Zahlung einer Entschädigung und Feststellung eines Zurückbehaltungsrechts hinsichtlich des Anspruchs nach dem Nachweisgesetz hat der Kläger zurückgenommen.

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Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, die Beklagte habe ihm die Leitung der Bauabteilung rechtswidrig entzogen. Er sei Leiter der Bauabteilung gewesen, auch wenn es keine diesbezügliche Kostenstelle gegeben habe. Er habe ein Zeugnis für den Zeugen T. am 28. Januar 2019 als "Abteilungsleiter Bauwesen" unterzeichnet (Bl. 80 f. d. A.). Seine bisherigen Arbeitsbedingungen als Abteilungsleiter hätten die Personalverantwortung für die beiden Mitarbeiter S. und T., Vertrauensarbeitszeit, Teilnahme am Provisionssystem B und Handlungsvollmachten bis zu einer Million Euro für die Beklagte, die Q.-Y. International GmbH und die Q. Y. Kunststoffe KG beinhaltet. Er sei Stellvertreter der Geschäftsleitung gewesen und praktisch der „zweite Mann“ im Betrieb. Auch wenn die Abteilung relativ klein gewesen sei, habe sie in den letzten 10 Jahren ein geschätztes Volumen von 150 Millionen Euro bewegt. Seine bisherige Stelle habe unstreitig ein höheres Niveau als die Stelle eines Abteilungsleiters gehabt. Für die im zuletzt gestellten Klageantrag genannten Tätigkeiten sei er eigenverantwortlich zuständig gewesen. Er habe selbstständig von der Geschäftsleitung beschlossene Bauprojekte nach beratender Tätigkeit bei der Beschlussfassung durchgeführt. Für die Jahre 2019 bis 2021 stünden weitere erhebliche Baumaßnahmen an (vgl. Anlage K8, Bl. 78 f. d. A.). Die Beklagte habe ihm einseitig und rechtswidrig den Aufgabenbereich Bauwesen entzogen. Er sei nun ohne eigene Personalverantwortung dem Leiter der Abteilung "Umwelt und Sicherheit" U. und dem Betriebsleiter V. unterstellt. Zur Abteilung Umwelt und Sicherheit gehöre die Unterabteilung Energie, in der der Zeuge P. Energiemanagement-Assistent sei. Auf welcher Ebene er, der Kläger, in der Abteilung arbeiten solle, sei unklar. Er sei aufgefordert worden, sein Büro zu räumen und in die Abteilung U. umzuziehen; sein bisheriges Einzelbüro sei ihm entzogen worden und stehe seitdem leer. Er habe keinen Zugang mehr zu zahlreichen Laufwerken, zu denen er früher Zugang gehabt habe, und könne seine jetzigen Aufgaben nicht vernünftig ausüben, weil er nicht auf dem neuesten Stand sei und die notwendigen Informationen nicht habe. Seine Handlungsvollmachten sollten ihm entzogen werden, soweit dies nicht geschehen sei, seien ihm keine Projekte mehr zugewiesen, in denen er sie nutzen könne. Auch müsse er nunmehr an der Zeiterfassung teilnehmen und sich an die allgemeinen betrieblichen Arbeitszeiten halten. Er habe seine Projekte zügig und erfolgreich durchgeführt und konkrete Mängel seien nie gerügt worden. Die Beklagte habe nun einen neuen Bauleiter eingestellt.

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Mit Rücksicht auf die wesentliche Tätigkeitsänderung schulde die Beklagte einen Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen. Er wisse weder, welcher Abteilung er zugeordnet sei, noch wer sein Vorgesetzter sei, auf welcher Hierarchieebene er tätig sei und welche Arbeitsaufgaben er inhaltlich bewältigen solle. Die angekündigte Stellenbeschreibung habe die Beklagte nicht erstellt.

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Durch die offenkundige Degradierung sei er massiv in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Eine nicht vertragsgemäße Beschäftigung einer Führungskraft rechtfertige ein Schmerzensgeld. Die Beklagte schulde ihm wegen der nicht ordnungsgemäßen Beschäftigung Schmerzensgeld, dessen Höhe einem Drittel des monatlichen Entgelts pro Beschäftigungsmonat für die Dauer von fünf Monaten entspreche. Seit März 2018 hänge er "in der Luft". Die Personalleiterin habe bereits im Gespräch vom 16. März 2018 unmissverständlich klargemacht, dass es auf eine Abfindung hinauslaufe und es nur eine Frage der Zeit sei, bis er, der Kläger, die angebotenen Bedingungen akzeptieren müsse. Die letzte Kommunikation mit dem Geschäftsführer habe im Dezember 2018 stattgefunden. Der Geschäftsführer habe das von ihm auf der neuen Stelle erarbeitete Energiemanagementsystem mit Zertifizierung im Abteilungsleiterkreis im April 2019 als Blödsinn bezeichnet, was dem Vortrag der Beklagten im Rechtsstreit, das System werde als „großer Verdienst“ gewertet, entgegenstehe. Deutlicher könne man eine Degradierung kaum zum Ausdruck bringen. Er werde seit fünf Monaten nicht mehr vertragsgemäß beschäftigt und ihm würden Aufgaben zugewiesen, die in der Hierarchie um mindestens zwei Stufen unter seinen bisherigen lägen.

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Der Kläger hat zuletzt - bei Teilklagerücknahme im Übrigen - beantragt,

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1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger

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a) als Leiter der Bauabteilung mit folgenden Aufgaben:

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- Erstellung von Entwurfsplanung anhand des Bedarfs des jeweiligen Betriebes
- Erstellung der Brandschutzgutachten und Energieversorgungssysteme
- Massenermittlungen aus Plänen für Ausschreibungen
- Verfassen von Leistungsverzeichnissen für Ausschreibungen
- eigenverantwortliche Vergabe der einzelnen Bauleistungen
- Organisation und Koordination der einzelnen Projekte und Bauabschnitte bei der Ausführung
- Bestandsdokumentation am Bauende des jeweiligen Projekts

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zuständig für alle Baumaßnahmen in der Unternehmensgruppe und an folgenden Standorten

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1.) Q.-Y., N.-Stadt, Werk 1 und Werk 2
2.) M.-Verpackung GmbH, Werk 1, 00000 L.-Stadt; Werk 2, 00000 R.
3.) K.., 00000 J.-Stadt, Frankreich
4.) I., 0000 H-Stadt, Belgien
5.) G.., 0000 F.-Stadt, Tschechische Republik
6.) E. Verpackungen GmbH & Co. KG, 00000 ZA-Stadt
7.) ZB Verpackung GmbH & Co. KG, 00000 ZC-Stadt
8.) ZD. GmbH, 0000 ZE.-Stadt, Österreich
9.) ZF., 00-000 ZG-Stadt, Polen
10.) ZH., 00-000 ZI.-Stadt, Polen
11.) ZJ., ZK.-Stadt, Großbritannien
12.) ZL., 00000 ZM-Stadt, Italien
13.) ZN., 0000 ZO.-Stadt, Niederlande
14.) ZQ., 0000 ZP.-Stadt, Niederlande
15.) ZR. GmbH & Co. KG, 00000 ZS.-Stadt
16.) ZT., 00000 ZU.-Stadt, Spanien
17.) ZV., 0000-000 ZW.-Stadt, Portugal
18.) ZX. GmbH, 00000 ZY-Stadt
19.) ZZ. GmbH, 00000 YA.-Stadt
20.) YB., 000 00 YC-Stadt und 000 00 YD-Stadt, Schweden
21.) YE., 000 00 YF.-Stadt, Schweden
22.) YG., 000 YH.-Stadt, Norwegen

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zu beschäftigen und ihn dabei disziplinarisch und fachbezogen unter der Verantwortlichkeit des Geschäftsführers Herrn X. Y. einzusetzen,

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b) dem Kläger die fachliche Weisungsbefugnis gegenüber den in der Bauabteilung und mit Aufgaben gemäß Ziffer 1a beschäftigten Mitarbeiter einzuräumen,

17

c) dem Kläger Tätigkeiten als Assistent des Geschäftsführers zuweisen und ihn ausschließlich dem Geschäftsführer X. Y. disziplinarisch und fachlich zu unterstellen und ihm Zugang auf folgende, vollständige Dateien zu gewähren:

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Laufwerk Q - Bau
Laufwerk N - I-Team
Laufwerk P - EXT
Laufwerk R - elek
Laufwerk M - Jour-Fix

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2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen,

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3. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ergänzend zu den im Arbeitsvertrag vom 28.02.1996 niedergeschriebenen Bedingungen die weiteren wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen und dem Kläger eine Niederschrift auszuhändigen. Dies betrifft insbesondere:

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- eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit, einschließlich der hierarchischen Stellung im Unternehmen,
- die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie andere Bestandteile des Arbeitsentgelts, Art und Güte des Dienstwagens,
- die Fälligkeit der vorgezeichneten Leistungen,
- die vereinbarte Arbeitszeit und die Pflichten zu deren Dokumentation.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, man habe wegen zu starker Belastung des Klägers innerhalb des bestehenden Direktionsrechts dessen vorherige Aufgaben geteilt. Es habe im Unternehmen bislang keine Kostenstelle "Bauabteilung" gegeben. Als Assistent der Geschäftsleitung sei der Kläger hierarchisch höher angesiedelt gewesen als ein Abteilungsleiter. Der Kläger überschätze aber seine Bedeutung im Betrieb, wenn er sich als dessen zweiter Mann sehe, was der Betriebsleiter V. sein dürfe. Der Kläger sei mit seinen Aufgaben aufgrund deren Umfangs überfordert gewesen. Deshalb habe man sie geteilt in eine neue Bauabteilung und die Stabsstelle Energie und Feuerschutz, welche man dem Kläger übertragen habe, da er die für die Aufgabe am besten qualifizierte Person sei. Der Geschäftsführer habe oft moniert, dass die Bauprojekte nicht schnell genug voranschreiten würden, auch wenn der Kläger nicht schriftlich gerügt worden sei. Die Berichte, die der Kläger auf Anweisung in 2018 erstellt habe (vgl. Bl. 30 f. d. A.) hätten gezeigt, dass der Kläger zeitlich ausgesprochen stark beansprucht und im Wesentlichen mit Aufgaben aus den Bereichen Energieversorgung, Brandschutz und Versicherungen beschäftigt gewesen sei. Für seine sehr hohe Arbeitsbelastung spreche auch, dass der Resturlaub des Klägers am Jahresende 2018 noch 132,5 Tage betragen habe. Angesichts dessen sei man zu der Überlegung gelangt, dass die Aufgaben, die der Kläger bisher inne gehabt habe, für einen einzigen Mitarbeiter zu viel seien und man habe im März 2018 entschieden, die Aufgaben des Klägers zu teilen, damit er sich noch stärker auf seine Kernkompetenzen Energieversorgung - und Brandschutz, die künftig großen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens haben würden, konzentrieren könne, was der Geschäftsführer Y. dem Kläger bereits im Rahmen eines Personalgesprächs am 16. März 2018 mitgeteilt habe. Nachdem die Beklagte mit Klageerwiderung vom 28. März 2019 eingeräumt hatte, dass noch nicht feststehe, an wen der Kläger berichten solle und wie genau seine Aufgaben aussehen sollen, hat sie zuletzt mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2019 klargestellt, dass der Kläger auch weiterhin an den Geschäftsführer berichte und geltend gemacht, eine Degradierung sei nicht erfolgt. Dem Kläger sei fachlich nur ein Mitarbeiter, der Zeuge T., unterstellt gewesen. Ein weiterer Mitarbeiter, der Zeuge S., sei ein freier Mitarbeiter gewesen, welcher dem Kläger nur bedingt unterstellt gewesen sei. Der aktuelle Stellenplan sehe für den Kläger zwei untergeordnete Mitarbeiter vor, die jedoch noch eingestellt werden müssten, so dass keine Schlechterstellung vorliege. Das vom Kläger mit "Leiter der Bauabteilung" unterschriebene Zeugnis enthalte insoweit einen Fehler. In der Abteilungsleitersitzung April 2019 habe der Geschäftsführer nicht die Tätigkeit des Klägers als Blödsinn bezeichnet, sondern die gesetzlichen Anforderungen und die daraus resultierenden zusätzlichen administrativen Aufgaben. Nach der Aufgabenteilung übe der Kläger dieselben Aufgaben aus, die er seit Jahren ausgeübt habe (vgl. Übersicht Bl. 140 d. A.). Die Aufgaben nach der Aufgabenteilung entsprächen zu mindestens 60 % - 70 % den vorherigen. Im Stellenplan sei der Kläger als technischer Assistent der Geschäftsleitung geschlüsselt. Die Visitenkarten des Klägers wiesen ihn als "technischen Assistenten der Geschäftsleitung" (Bl. 178 d. A.) und als "Technik" (Bl. 179 d. A.) aus. Alle Mitarbeiter der Beklagten, selbst der Leiter der Rechtsabteilung sowie der Betriebsleiter nähmen an der Zeiterfassung teil. Dies entspreche § 5 der Betriebs- und Arbeitsordnung. Wegen der häufigen Dienstreisen habe man den Kläger damals aus der Zeiterfassung herausgenommen. Für den Kläger gelte nun Gleitzeit. Auf ein Einzelbüro habe der Kläger keinen Anspruch. Der Kläger sei nun räumlich im Werk 2 untergebracht, wo auch der Betriebsleiter V. sein Büro habe. Der Kläger habe nie uneingeschränkten Zugang zu allen wesentlichen Dateien gehabt. Diesen Zugang habe nur der Geschäftsführer. Dem Kläger seien alle Dateien, die zur Ausübung seiner jetzigen Tätigkeit benötigt werden, u.a. Arbeitssicherheit, Brandschutz, Elektro, Energiemanagement, Zentralwerkstätten zugänglich. Der Zugriff auf das Laufwerk M sei generell eingeschränkt. Hier müsse eine Zugangsberechtigung beim Geschäftsführer beantragt werden. Der Kläger habe außerdem weiterhin Handlungsvollmachten im ursprünglichen Umfang.

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Das Arbeitsgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 23. Oktober 2019 verurteilt, den Kläger ausschließlich dem Komplementär X. Y. disziplinarisch und fachlich zu unterstellen, 16.000,00 Euro Schmerzensgeld an den Kläger zu zahlen, die wesentlichen Vertragsbedingungen des Klägers niederzulegen und an den Kläger auszuhändigen und hat die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe einen Anspruch darauf, weiterhin unmittelbar auf der Hierarchie-Ebene unmittelbar unter dem Komplementär Y. beschäftigt zu werden und nur diesem fachlich und disziplinarisch unterstellt zu sein, da eine einseitige Degradierung vom Direktionsrecht der Beklagten nicht gedeckt sei. Unstreitig sei der Kläger bis Ende 2018 auf der Hierarchieebene unmittelbar unter dem Komplementär beschäftigt gewesen und habe unmittelbar an diesen berichtet. Die Beklagte habe im Verlauf des Verfahrens eingeräumt, an dieser hierarchischen Stellung solle sich auch nichts ändern und damit im Grunde eingeräumt, dass der Kläger auch weiterhin unmittelbar dem Komplementär unterstellt sein und an diesen berichten solle. Tatsächlich habe sie den Kläger jedoch zunächst angewiesen, an den Betriebsleiter V. zu berichten und ihn organisatorisch dem Abteilungsleiter U. zugeordnet; unstreitig habe der Kläger seit Dezember 2018 keinen Kontakt mehr zum Komplementär, womit die Beklagte die unstreitige Position des Klägers im Unternehmen tatsächlich unterwandert und ihn degradiert habe. Demgegenüber habe der Kläger keinen Anspruch, als Leiter der Bauabteilung beschäftigt zu werden mit fachlicher Weisungsbefugnis gegenüber den dortigen Mitarbeitern (Antrag 1b) und mit den im Antrag zu 1a) genannten Aufgaben und mit Zugang zu den im Antrag zu 1c) genannten Dateien. Die Beklagte habe die Grenzen des Direktionsrechts gewahrt. Zwar sei zu Gunsten des Klägers ein Zeitmoment von etwa 11 Jahren anzunehmen, es fehle jedoch am erforderlichen Umstandsmoment, die den Kläger zu der schutzwürdigen Annahme hätten berechtigen können, er werde in Zukunft nur noch mit Aufgaben im Bauwesen beschäftigt. Der Arbeitsvertrag des Klägers enthalte für die Ausübung der Tätigkeit als Leiter der Bauabteilung oder Assistenz der Geschäftsleitung keinerlei Anhaltspunkte, vielmehr sei ein Einsatz als technischer Angestellter im Elektrobereich festgeschrieben, wo die Beklagte den Kläger seit der Teilung der Aufgaben im Dezember 2018 gleichwertig beschäftige. Der Kläger übe weiterhin Aufgaben auf, die zumindest zu 60 % den bisherigen Aufgaben entsprächen. Dementsprechend könne der Kläger keine fachliche Führungskompetenz gegenüber Mitarbeitern und keinen Zugang zu Laufwerken verlangen, die er für seine Tätigkeit nicht benötige. Er habe auch keinen Anspruch auf Zuweisung von Tätigkeiten als „Assistent der Geschäftsführung“, dessen Aufgaben nach dem klägerischen Vortrag unklar geblieben seien. Auch wenn die Beklagte dargelegt habe, dass der Kläger als eine Art Assistent des Komplementärs beschäftigt worden sei, sei damit offensichtlich kein eigenständiger Aufgabenbereich, sondern eine bestimmte Hierarchie gemeint gewesen. Dem Kläger stehe wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 1 Abs. 1 iVm. Art. 2 Abs. 1 GG) ein Schmerzensgeldanspruch in tenoriertem Umfang zu. Jedenfalls seit Januar 2019 habe die Beklagte den Kläger nicht auf der Hierarchieebene unmittelbar unterhalb des Komplementärs beschäftigt, sondern ihn angewiesen, in die Abteilung U. umzuziehen und an den Betriebsleiter zu berichten, der bis dahin auf derselben Hierarchie-Ebene wie der Kläger angesiedelt gewesen sei. Ferner habe sich die Beklagte monatelang Zeit gelassen, die Aufgaben des Klägers und seine Position konkret zu machen, weshalb der Kläger, der zuvor jahrelang als „Assistent der Geschäftsführung“ im Unternehmen bekannt gewesen sei, monatelang „in der Luft“ gehangen habe. Diese Vorgehensweise habe der Kläger zu Recht als Herabwürdigung seiner Person empfunden. Diesen Zustand halte die Beklagte weiterhin aufrecht. Bei der Kammer sei der Eindruck entstanden, dass die Beklagte die Befugnisse des Klägers dermaßen tatsächlich eingeschränkt habe, dass dieser auch die neu zugeschnittenen Aufgaben nicht vollumfänglich und eigenverantwortlich ausüben könne. Dieser Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers stehe kein schutzwürdiges Interesse der Beklagten gegenüber, so dass das Persönlichkeitsrecht des Klägers eindeutig überwiege und ein Schmerzensgeld in Höhe eines gerundeten Bruttomonatsgehalts des Klägers zur Genugtuung und Prävention angemessen, aber auch ausreichend sei. Die Beklagte sei auch verpflichtet, dem Kläger einen Nachweis über die wesentlichen Arbeitsbedingungen ausweislich der Tenorierung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 und 6, 3 Satz 1 NachwG zu erteilen. Die - unstreitige - hierarchische Stellung im Betriebe gehöre hingegen nicht zu den wesentlichen Arbeitsbedingungen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 183 ff. d. A. Bezug genommen.

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Die Beklagte hat gegen das ihr am 12. November 2019 zugestellte Urteil mit am 03. Dezember 2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 02. Dezember 2019 Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist mit Schriftsatz vom 04. Februar 2020, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, begründet.

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Der Kläger hat gegen das am 08. November 2019 zugestellte Urteil mit am 06. Dezember 2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese mit bei Gericht am gleichen Tag eingegangenen Schriftsatz vom 10. Februar 2020 zurückgenommen.

28

Die Beklagte macht zur Begründung ihrer Berufung nach Maßgabe ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 04. Februar 2020 (Bl. 223 ff. d. A.) und ihres Schriftsatzes vom 22. Juni 2020 (Bl. 263 f. d. A.), hinsichtlich deren weiteren Inhaltes ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen wird, zweitinstanzlich geltend,

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das Arbeitsgericht habe verkannt, dass der Kläger zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bereits nach seinen eigenen Feststellungen dem Komplementär unterstellt gewesen sei. Zudem habe es bei der Zuerkennung des Schmerzensgeldes die Rechtsprechung verkannt, da der vorliegende Fall mit den bereits in der Rechtsprechung entschiedenen aus einer Reihe von Gründen nicht vergleichbar sei. Die wesentlichen Vertragsbedingungen habe sie zwischenzeitlich schriftlich niedergelegt und dem Kläger eine Abschrift ausgehändigt. Der Kläger habe keinen offenen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihn fachlich und disziplinarisch ausschließlich ihrem Komplementär unterstelle. Der Kläger und das Arbeitsgericht hätten fälschlich aus der Tatsache, dass der Kläger zeitweilig dem Betriebsleiter V. gegenüber habe berichten müssen, den Schluss gezogen, dass er nicht ausschließlich dem Komplementär unterstellt sei. Dies sei schon nicht nachvollziehbar, da es aus betrieblichen Gründen erforderlich sei, dass einzelne Bereiche oder Abteilungen andere Bereiche oder Abteilungen über betriebliche Sachverhalte unterrichten. Dies gelte auch für den Kläger als mit den Bereichen Brandschutz und Energiemanagement betraute Führungskraft und habe nichts mit einer Unterordnung zu tun. Selbst wenn es eine zeitweilige Unterordnung gegeben haben solle, sei diese Berichtspflicht nach den eigenen Feststellungen des Arbeitsgerichts mit der Umgestaltung der Zuständigkeitsbereiche beendet worden (Zeugnis YI. Y., Zeugnis YJ. YK.), weshalb ein etwaiger Anspruch jedenfalls erfüllt sei. Im Übrigen sei die Beklagte zur zeitweiligen Hierarchie-Änderung auch berechtigt gewesen, da der Kläger sich der Umsetzung ihrer unternehmerischen Entscheidung bis heute widersetzt habe und die Anordnung der Berichtspflicht, die nur zeitweilig erfolgt sei, verhältnismäßig gewesen sei. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Schmerzensgeld. Sie habe aus im Einzelnen erneut dargestellten sachlichen Erwägungen (steigender Bedarf, Überlastung des Klägers, Neuordnung der Aufgabenverteilung, Berücksichtigung besonderer Qualifikationen) ohne Mobbing, Degradierung oder Willkür die Aufgaben des Klägers neu geordnet. Ihre unternehmerische Entscheidung sei auf ihre Zweckmäßigkeit hin nicht überprüfbar. Der Kläger habe sich einer Neuordnung zunächst offen gezeigt, dann jedoch eine Blockadehaltung hinsichtlich der Veränderung seiner Aufgaben eingenommen und versuche bis heute, eine Beschäftigung als „Abteilungsleiter“ zu erzwingen“, worauf er nach dem erstinstanzlichen Urteil keinen Anspruch habe. Aus der Verpflichtung, an der Arbeitszeiterfassung teilzunehmen, lasse sich schon angesichts der Forderung des EuGH auf Einbeziehung aller Arbeitnehmer kein Anhaltspunkt für eine angebliche Degradierung herleiten. Unter diesen Umständen sei ein Schmerzensgeld von 16.000,00 Euro verfehlt. Schmerzensgeld werde bei vertragswidriger Beschäftigung regelmäßig nur dann zugesprochen, wenn sie mit weitergehenden gesundheitlichen körperlichen oder psychischen Schäden verbunden seien, was vorliegend nicht der Fall sei. Schließlich sei der Kläger nicht jahrelang nicht beschäftigt worden und dennoch verpflichtet worden, im Büro anwesend zu sein. Das Erstgericht habe im Rahmen seiner Abwägung auch nicht beachtet, dass es der Kläger gewesen sei, der versucht habe, eine aus betrieblichen Gründen erforderliche Neuorganisation der innerbetrieblichen Zuständigkeiten und Abläufe, die jedenfalls auf sachlichen Erwägungen beruht habe, bei gleichzeitiger Forderung einer Abfindung zu blockieren. Dabei habe er sich wie der Inhaber des Unternehmens geriert und versucht, der Beklagten eine bestimmte betriebliche Organisation vorzuschreiben, obwohl er darauf gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts keinen Anspruch habe. Dass bei diesem Sachverhalt irgendjemand im Betrieb eine Degradierung gesehen habe, erscheine wenig realitätsnah. Das Arbeitsgericht habe einen Anspruch auf Nachweis zu Unrecht teilweise bejaht, da die Änderungen, die gegenüber 1996 eingetreten seien, so lange zurücklägen, dass sie verjährt seien, jedenfalls aber verwirkt. Die Vorwürfe, die der Kläger zuletzt im Zusammenhang mit der Coronapandemie erhebe, seien nicht mehr nachvollziehbar. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass der Kläger ein Risikopatient sei. Das Verhalten des Klägers erscheine irrational.

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Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer am 30. Juni 2020 haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich des Antrags auf Erteilung einer Niederschrift nach dem Nachweisgesetz übereinstimmend für erledigt erklärt.

31

Die Beklagte beantragt,

32

das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 23. Oktober 2019 teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

33

Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

35

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 05. März 2020 (Bl. 246 ff. d. A.) und seiner Schriftsätze vom 03. Juni 2020 (Bl. 259 f. d. A.) und 17. Juli 2020 (Bl. 281 f. d. A.), hinsichtlich deren weiterer Einzelheiten auf den Akteninhalt verwiesen wird, im Wesentlichen wie folgt,

36

der Urteilstenor zu Ziff. 3 habe sich zwischenzeitlich erledigt, da die Beklagte die derzeit geltenden Arbeitsbedingungen schriftlich überreicht habe, auch wenn deren Inhalt streitig sei. Das Arbeitsgericht habe zu Recht entschieden, dass er fachlich und disziplinarisch dem Komplementär der Beklagten zu unterstellen sei. Auch im Berufungsverfahren versuche die Beklagte erneut, den Ablauf des Geschehens fehlerhaft darzustellen und unterstelle ihm eine Blockadehaltung und das Erzielen einer Abfindung, obwohl er tatsächlich seit nunmehr zwei Jahren in der Kenntnis arbeite, dass die Beklagte sich von ihm trennen wolle, loyal in degradierter Position bei entzogenem Einzelbüro weiter. Eine sachliche Notwendigkeit hierfür habe nicht bestanden, da sein bisheriges Büro bis heute leer stehe und der neue Arbeitsort sich in 3 km Entfernung zur Zentrale befinde. Ihm verblieben nach dem Entzug der Aufgaben aus der Bauabteilung nur noch Restaufgaben ohne Führungsverantwortung, ohne Entscheidungsbefugnisse und ohne Zugriff auf die wesentlichen Datensysteme. Trotz der Verurteilung der Beklagten und trotz seiner Bitte um ein Personalgespräch sowohl in 2019, als auch in 2020 habe das letzte Gespräch mit dem Komplementär der Beklagten - mit Ausnahme eines belanglosen Gesprächs vor der Berufungsverhandlung - vor mehr als zweieinhalb Jahren stattgefunden. Nunmehr werde ein Gespräch für den 18. Juni 2020 in Aussicht gestellt. Erneute Vergleichsgespräche nach der erstinstanzlichen Entscheidung seien erfolglos geblieben, stattdessen habe die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung übersandt und ihm unmittelbar vor Weihnachten Schadensersatzansprüche über 118.000,00 Euro angedroht, weshalb ein Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht anhängig sei. Die Führungsposition sei dem Kläger ohne Begründung entzogen worden. Das Arbeitsgericht habe ihm zu Recht ein Schmerzensgeld zuerkannt, da er gezielt - inhaltlich und räumlich - ausgegrenzt und herabgewürdigt werde. Die geltend gemachte Schadensersatzforderung verlange keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen, weshalb er derzeit keinerlei Veranlassung sehe, die Auswirkungen des Verhaltens der Beklagten auf seinen Gesundheitszustand vorzutragen. Die Beklagte habe ihm - obwohl er Risikopatient sei - einen Antrag auf Homeoffice negativ beschieden, obwohl sie sonst in Zeiten von Covid 19 großzügig Home Office gewähre. Mit Schriftsatz vom 17. Juli 2020 trägt der Kläger vor, neben Mobbing führe auch Straining zu einem Geldentschädigungsanspruch, bei dem nur wenige Handlungen (oftmals gar nur eine) einen weitreichenden und anhaltenden negativen Effekt auf das Arbeitsleben eines Mitarbeiters habe. Er sei von seiner Leitungsposition in eine Seitenlinie verschoben worden, eine Arbeitsplatzbeschreibung habe er erst nach dem erstinstanzlichen Urteil bekommen, die Beklagte habe seit März 2018 den Wunsch geäußert, sich von ihm zu trennen und ihn im Dezember 2018 für alle Beteiligten im Betrieb sichtbar und erkennbar degradiert. Er werde kontinuierlich ignoriert.

37

Im Hinblick auf die Ausführungen des Klägers nach Schluss der mündlichen Verhandlung im Schriftsatz vom 17. Juli 2020 hat am 27. August 2020 eine Beratung der Berufungskammer unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter Klein und Jung stattgefunden.

38

Im Übrigen wird hinsichtlich des Sach- und Streitstandes zweiter Instanz ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A

39

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und in der Sache teilweise erfolgreich.

I.

40

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchstabe b ArbGG), wurde von der Beklagten nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 12. November 2019 mit am 03. Dezember 2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 02. Dezember 2019 form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 519 ZPO) und mit Schriftsatz vom 04. Februar 2020, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 ZPO).

II.

41

Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Ohne Erfolg wendet sich die Berufung gegen den dem Kläger vom Arbeitsgericht zuerkannten Anspruch auf disziplinarische und fachliche Unterstellung ausschließlich unter den persönlich haftenden Gesellschafter der Komplementärin der Beklagten Z.KG X. Y.. Die Berufung ist erfolgreich, soweit das Arbeitsgericht dem Kläger ein Schmerzensgeld zuerkannt hat, da dem Kläger ein derartiger Anspruch nicht zusteht. Das erstinstanzliche Urteil war im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang abzuändern und auch die Klage auf Schmerzensgeld abzuweisen.

42

1. Der Kläger kann von der Beklagten verlangen, ihn disziplinarisch und fachlich ausschließlich dem persönlich haftenden Gesellschafter der Komplementärin der Beklagten Z.KG, X. Y., zu unterstellen.

43

1.1. Es kann dahinstehen, ob das Arbeitsgericht die Beklagte unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verurteilt hat, den Kläger disziplinarisch und fachlich ausschließlich X. Y. zu unterstellen. Ein etwaiger Verfahrensverstoß wäre jedenfalls im Berufungsverfahren geheilt worden.

44

a) Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist ein Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Umgekehrt darf die beklagte Partei nicht zu etwas anderem verurteilt werden als zu dem, worauf sie ihre Verteidigung einrichten musste (vgl. BAG 24. Mai 2018 - 6 AZR 215/17 - Rn. 20; 14. September 2016 - 4 AZR 456/14 - Rn. 20, jeweils zitiert nach juris). Diese Verletzung des § 308 Abs. 1 ZPO kann dadurch geheilt werden, dass der Kläger im Berufungsverfahren beantragt, die gegen den Urteilsausspruch gerichtete Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Damit macht er sich den Urteilsausspruch des Erstgerichts insoweit zu eigen und nimmt so im Wege der in der Berufungsinstanz die noch mögliche Klageerweiterung in sein Klagebegehren auf (BGH 07. November 1989 - VI ZR 278/88 - Rn. 13; BGH 19. März 1986 - IV b ZR 19/85 - Rn. 7, jeweils zitiert nach juris).

45

b) Hiervon ausgehend spricht einiges dafür, dass das Arbeitsgericht dem Kläger mit dem Urteilsausspruch ausschließlich zu dessen fachlicher und disziplinarischer Unterstellung unter den persönlich haftenden Gesellschafter der Komplementärin der Beklagten Z.KG, X. Y., § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verletzt hat. Die Auslegung der zuletzt erstinstanzlich gestellten Klageanträge unter Berücksichtigung des ihnen zugrundeliegenden Lebenssachverhalts legt nahe, dass eine isolierte Unterstellung ohne Rücksicht auf die mit der Unterstellung verbundene Tätigkeit vom Kläger erstinstanzlich nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden ist.

46

aa) Der Gegenstand des Verfahrens bestimmt sich nach dem für das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren geltenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff durch den gestellten Antrag (Klageantrag) und dem ihm zugrundeliegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund). Der Streitgegenstand erfasst alle Tatsachen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht unterbreitet hat (BAG 24. Mai 2018 - 6 AZR 215/17 - Rn. 21, 20. Februar 2018 - 1 AZR 787/16 - Rn. 12, jeweils zitiert nach juris). Das Vorbringen des Beklagten oder eigenes Verteidigungsvorbringen des Klägers gegenüber dem Beklagtenvortrag verändern den mit Antrag und Klagevorbringen festgelegten Streitgegenstand nicht (BAG 20. Februar 2018 - 1 AZR 787/16 - Rn. 12; 18. November 2014 - 1 AZR 257/13 - Rn. 15 mwN, jeweils zitiert nach juris).

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bb) Vorliegend hat der Kläger, der seine Klageanträge im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens mehrfach korrigiert hat, zuletzt mit dem Klageantrag zu 1 a) begehrt, von der Beklagten als Leiter der Bauabteilung beschäftigt zu werden und dabei disziplinarisch und fachbezogen unter der Verantwortlichkeit des Geschäftsführers (gemeint: persönlich haftenden Gesellschafters der Komplementärin der Beklagten Z.KG) X. Y. eingesetzt zu werden. Weiterhin hat er mit dem Klageantrag zu 1 b) verlangt, dass die Beklagte ihm Tätigkeiten als Assistent des Geschäftsführers zuweist und ihn disziplinarisch und fachlich ausschließlich diesem unterstellt. Die Auslegung der Anträge unter Berücksichtigung des Sachvortrags des Klägers ergibt, dass die Unterstellung unter den persönlich haftenden Gesellschafter der Komplementärin der Beklagten vom Kläger jeweils im Zusammenhang mit der geltend gemachten Tätigkeit verlangt worden ist. Der Kläger hat über seine Klageanträge seine bisherige Tätigkeit - die mit einer direkten Unterstellung unter X. Y. verbunden war - möglichst genau abzubilden versucht, um im Klagewege seine frühere Beschäftigung erstreiten zu können. Dementsprechend findet sich im Antrag zu 1 a) ausdrücklich die Formulierung, die Unterstellung solle „dabei“, also im Rahmen der begehrten Tätigkeit erfolgen. Auch wenn im Antrag zu 1 b) eine derartige ausdrückliche Formulierung fehlt, enthält der erstinstanzliche Sachvortrag des Klägers keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass er sich - unabhängig von der zugrundeliegenden Tätigkeit - sei es auch nur hilfsweise mit jedweder Tätigkeit zufriedengeben wollte, solange er dabei nur dem persönlich haftenden Gesellschafter der Komplementärin der Beklagten unterstellt wird.

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c) Auch wenn das Arbeitsgericht mit der isolierten Unterstellung des Klägers unter den persönlich haftenden Gesellschafter der Komplementärin der Beklagten § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verletzt hätte, wäre der Verfahrensfehler jedenfalls dadurch geheilt worden, dass der Kläger zweitinstanzlich die Zurückweisung der von der Beklagten gegen den Urteilsausspruch gerichteten Berufung beantragt und sich diesen damit zu eigen gemacht hat. Die isolierte Unterstellung unter den persönlich haftenden Gesellschafter der Komplementärin der Beklagten wurde vom Kläger damit unter Berücksichtigung von §§ 529 Abs. 1, 533 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG im Wege der zulässigen Klageerweiterung ins Verfahren eingeführt.

49

1.2. In der Sache hat das Arbeitsgericht zu Recht angenommen, dass der Kläger von der Beklagten auch ohne Rücksicht auf die zugrundeliegende Tätigkeit verlangen kann, ihn direkt dem persönlich haftenden Gesellschafter der Komplementärin der Beklagten Y. zu unterstellen. Es ist auf der Basis des insoweit übereinstimmenden Prozessvortrags beider Parteien zutreffend davon ausgegangen, dass der ursprüngliche Arbeitsvertrag des Klägers jedenfalls dahingehend abgeändert worden ist, dass ihm ein Anspruch auf Beschäftigung hinsichtlich seiner hierarchischen Position im Betrieb direkt unter persönlich haftenden Gesellschafter der Komplementärin der Beklagten zustehen sollte. Vor diesem Hintergrund hat das Arbeitsgericht zu Recht angenommen, dass die Beklagte nicht berechtigt war, dem Kläger seine hierarchische Position bei der Zuweisung neuer Tätigkeiten zu entziehen. Gegen diese Wertung wendet sich die Berufung dem Grundsatz nach nicht, sondern macht im Wesentlichen geltend, den Anspruch des Klägers bereits erfüllt zu haben. Die Beklagte ist nach Auffassung der Berufungskammer jedoch der ihr insoweit obliegenden Darlegungs- und Beweislast für eine Erfüllung des klägerischen Anspruchs nach § 362 Abs. 1 BGB im Berufungsverfahren nicht nachgekommen.

50

a) Soweit die Beklagte geltend gemacht hat, das Arbeitsgericht habe übersehen, dass der Kläger bereits nach seinen eigenen Feststellungen zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung dem Komplementär unterstellt gewesen sei, bezieht sie sich offensichtlich auf die Feststellung im Tatbestand (S. 3, 2. Absatz = Bl. 178 d. A.), der Kläger sei zuletzt der Geschäftsleitung zugeordnet gewesen und unmittelbar dem Komplementär unterstellt. Hierbei verkennt sie jedoch, dass sich die Feststellung ausweislich des chronologischen Aufbaus des Tatbestandes nicht auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, sondern auf den Zeitpunkt bezieht, bevor die Beklagte dem Kläger im Januar 2019 unter Entzug seiner bisherigen eine anderweitige Tätigkeit zugewiesen hat.

51

b) Das Arbeitsgericht hat entgegen der Auffassung der Berufung auch zu Recht aus der Berichtspflicht des Klägers gegenüber dem Betriebsleiter V. (vgl. Aufgabenbeschreibung „Zukünftige Aufgaben J. A.“, Bl. 11 f. d. A.) abgeleitet, dass dieser ab der Änderung seines Tätigkeitsfeldes nicht mehr ausschließlich X. Y. unterstellt war. Wenn die Beklagte insoweit geltend macht, schon aus betrieblichen Gründen sei es erforderlich, dass einzelne Bereiche oder Abteilungen den Betriebsleiter über betriebliche Sachverhalte unterrichten, betrifft diese Unterrichtungspflicht einen anderen Sachverhalt als die Berichtspflicht des Klägers an den Betriebsleiter V., wie sie in der Aufgabenbeschreibung enthalten ist. Die Formulierung „an jemanden berichten“ kommt nicht dem Begriff des „über etwas berichten“ gleich, sondern ist gleichbedeutend mit einer hierarchischen Unterordnung. Eine Unterstellung des Klägers unter den in der betrieblichen Hierarchie unter dem persönlich haftenden Gesellschafter der Komplementärin der Beklagten Y. angesiedelten Betriebsleiter V. bedeutet damit zugleich, dass der Kläger nicht unmittelbar dem persönlich haftenden Gesellschafter der Komplementärin unterstellt ist. Wenn die Beklagte geltend macht, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass eine etwaige kurzfristige Unterordnung unter den Betriebsleiter mit der Umgestaltung der Zuständigkeitsbereiche beendet worden sei und für diese Behauptung Zeugenbeweis angetreten hat, so kam die Vernehmung der von ihr angebotenen Zeugen Y. und YK. bereits mangels substantiierten Sachvortrages zu einer Erfüllung der Unterstellungspflicht der Beklagten nicht in Betracht. Die Beklagte hat weder dargetan, in welchem konkreten Zeitraum entgegen der Aufgabenbeschreibung „Zukünftige Aufgaben J. A.“ lediglich vorübergehend eine Unterstellung unter den Betriebsleiter V. stattgefunden haben soll, noch in welcher Art und Weise der Kläger - entgegen dessen Behauptung - tatsächlich seither an den persönlich haftenden Gesellschafter der Komplementärin der Beklagten Y. zu berichten hat und auch tatsächlich berichtet. Der Kläger hat zu Recht geltend gemacht, dass ein einziges Personalgespräch am 18. Juni 2020 im zeitlichen Zusammenhang mit der mündlichen Verhandlung in vorliegendem Rechtsstreit nicht ausreicht, um von seiner dauerhaften tatsächlichen Unterstellung unter den persönlich haftenden Gesellschafter der Komplementärin der Beklagten ausgehen zu können. Eine Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen wäre einem unzulässigen Ausforschungsbeweis gleichgekommen und war daher nicht möglich. Mangels genaueren Vortrags zur Dauer einer nur zeitweiligen Unterstellung des Klägers unter den Betriebsleiter V. bedurfte auch die Argumentation der Beklagten, angesichts der Kurzfristigkeit sei der Entzug der direkten hierarchischen Unterordnung unter den persönlich haftenden Gesellschafter der Komplementärin der Beklagten zumindest verhältnismäßig gewesen, keiner weiteren Überprüfung.

52

2. Zu Unrecht hat das Arbeitsgericht dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 16.000,00 Euro zugesprochen. Dem Kläger, der in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer klargestellt hat, dass er kein Schmerzensgeld, sondern eine Geldentschädigung geltend macht, steht eine solche nach § 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1 GG iVm. Art. 1 Abs. 1 GG wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht zu.

53

2.1. § 823 Abs. 1 BGB verbietet nicht nur eine widerrechtliche Verletzung der in dieser Bestimmung ausdrücklich aufgeführten, besonders geschützten Rechtsgüter, ua. der Gesundheit. Auch das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht ist als „sonstiges Recht“ iSv. § 823 Abs. 1 BGB anerkannt. Seine widerrechtliche Verletzung kann demnach Schadensersatzansprüche auslösen. Allerdings ist zu beachten, dass die Reichweite des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wegen seiner Eigenart als Rahmenrecht nicht absolut festliegt, sondern grundsätzlich erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden muss. Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist deshalb nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. etwa BAG 23. November 2017 - 8 AZR 372/16 - Rn. 62, 15. September 2016 - 8 AZR 351/15 - Rn. 33 mwN, jeweils zitiert nach juris).

54

Ist - wie vorliegend - nicht der vermögenswerte, sondern der ideelle Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts betroffen, setzt der Anspruch auf Entschädigung zusätzlich voraus, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht handelt und dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine so schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen (vgl. BAG 23. November 2017 - 8 AZR 372/16 - Rn. 63; 15. September 2016 - 8 AZR 351/15 - Rn. 35 mwN, aaO).

55

Stützt der Arbeitnehmer seinen Anspruch darauf, der Arbeitgeber habe ihn widerrechtlich in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, so kann er zwar ebenfalls eine billige Entschädigung in Geld fordern. Dieser Anspruch folgt aber nicht aus § 253 Abs. 2 BGB, weil das allgemeine Persönlichkeitsrecht in dieser Bestimmung nicht aufgeführt ist, sondern unmittelbar aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. etwa BAG 23. November 2017 - 8 AZR 372/16 - Rn. 64, 15. September 2016 - 8 AZR 351/15 - Rn. 35 mwN, aaO).

56

Die nicht vertragsgemäße Beschäftigung eines Arbeitnehmers stellt einen Eingriff in sein zivilrechtliches allgemeines Persönlichkeitsrecht dar (LAG Baden-Württemberg 17. Juni 2001 - 12 Sa 1/10 - Rn. 181, zitiert nach juris). Nach den dargestellten Grundsätzen hat allerdings nicht jeder Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht hat einen Entschädigungsanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1 GG und 1 Abs. 1 GG zur Folge; dies ist nur dann der Fall, wenn die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (vgl. LAG Baden-Württemberg 17. Juni 2001 - 12 Sa 1/10 - Rn. 184, aaO).

57

2.2. Ausgehend hiervon kann der Kläger keine Geldentschädigung verlangen. Die Beklagte beschäftigt den Kläger insoweit nicht vertragsgemäß, als sie ihn aus den dargelegten Gründen seit Januar 2019 - anders als zuvor - nicht dem persönlich haftenden Gesellschafter der Komplementärin der Beklagten Y. direkt unterstellt, sondern der Kläger an den in der betrieblichen Hierarchie tiefer angesiedelten Betriebsleiter V. berichten muss. Es ist nicht zu verkennen, dass dieser 1,5-jährige Entzug der vom Kläger bisher innegehabten hierarchischen Stellung für diesen mit einem Ansehensverlust im Betrieb und einer Degradierung verbunden ist. Dennoch hat die Berufungskammer davon auszugehen, dass bis auf die geänderte hierarchische Stellung des Klägers eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers durch die Beklagte nicht gegeben ist, da die Zuweisung der geänderten Tätigkeiten im Übrigen nicht zu beanstanden ist. Soweit der Kläger eine Beschäftigung als Leiter der Bauabteilung mit Weisungsbefugnis und als Assistent der Geschäftsführung mit den erstinstanzlich zuletzt beantragten Tätigkeitsinhalten verlangt hat, ist seine Beschäftigungsklage nach der Rücknahme seiner Berufung mit Schriftsatz vom 10. Februar 2020 rechtskräftig abgewiesen worden. Anlass für die Degradierung des Klägers war eine zwischen den Parteien bereits im Vorfeld langwierig geführte Auseinandersetzung um dessen Beschäftigung, wobei der Entzug der hierarchischen Position nicht gesondert, sondern im Zusammenhang mit einem geänderten Aufgabengebiet erfolgt ist. Vor diesem Hintergrund vermag die Berufungskammer die Einschätzung des Arbeitsgerichts, der Herabsetzung hätten keinerlei sachliche Erwägungen zugrunde gelegen, nicht zu teilen, auch wenn nicht verkannt wird, dass die Beklagte - wie etwa durch ihre vorübergehende Absicht, das Gehalt des Klägers abzusenken - auch bereit war, zu Mitteln zu greifen, die nach geltender Rechtslage - für die Justitiarin der Beklagten absehbar - im Wege der Versetzung rechtlich nicht durchsetzbar gewesen wären. Zumindest aber hatte die Beklagte aus ihrer Sicht vertretbare Gründe, die geänderte Beschäftigung auch mit einer geänderten hierarchischen Position zu verbinden. Nachdem sich die Parteien uneins waren über die Art und Weise der Beschäftigung des mit geänderten Aufgaben betrauten Klägers, hat dieser den ihm offenstehenden Rechtsweg im Hinblick auf seine unveränderte Weiterbeschäftigung beschritten, im Rechtsstreit jedoch lediglich in Bezug auf seine hierarchische Stellung obsiegt. Ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine vorsätzliche Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers durch die Beklagte allein durch den Entzug seiner betrieblichen Stellung vermochte die Berufungskammer nicht zu erkennen. Angesichts dieser Lage ist ein erforderlicher schwerwiegender Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers, welcher ausnahmsweise einen Anspruch auf Geldentschädigung rechtfertigen würde, nicht gegeben. Der vom Kläger nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 30. Juni 2020 mit Schriftsatz vom 17. Juli 2020 gehaltene Vortrag gab keinen Anlass für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 Abs. 1 ZPO. Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung auf Grund neuen, nicht nachgelassenen Vorbringens ist, von dem Sonderfall eines Wiederaufnahmegrundes abgesehen, nur dann geboten, wenn dieses Vorbringen ergibt, dass es aufgrund eines nicht prozessordnungsmäßigen Verhaltens des Gerichts, insbesondere einer Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) oder des Anspruchs auf rechtliches Gehör, nicht rechtzeitig in den Rechtsstreit eingeführt worden ist; im Übrigen steht der Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung im freien Ermessen des Gerichts (BGH 28. Oktober 1999 - IX ZR 341/98 - Rn. 7, zitiert nach juris). Danach bestand für die Berufungskammer in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Trotz erstmaliger Verwendung des Begriffs „Straining“ zur Begründung seines Geldentschädigungsanspruchs als Konflikt am Arbeitsplatz, welcher nicht auf zahlreichen, feindseligen Handlungen gegen einen Mitarbeiter basiere, sondern bei dem nur wenige (oder gar nur eine) Handlung einen weitreichenden und anhaltenden negativen Effekt auf das Arbeitsleben des Mitarbeiters habe, wiederholt der Kläger letztlich lediglich seinen bisherigen Sachvortrag, indem er darauf verweist, dass er inhaltlich und räumlich von seiner Leitungsposition in eine Seitenlinie verschoben worden sei.

B

58

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 91 a Abs. 1 ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit im Hinblick auf die nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils von der Beklagten erteilte schriftliche Mitteilung nach § 3 Abs. 1 NachwG übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hat die Beklagte gemäß § 91 a Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte verpflichtet war, nach Änderung des Arbeitsgebietes im Januar 2019 dem Kläger die Änderung der wesentlichen Vertragsbedingungen binnen eines Monats schriftlich mitzuteilen (§ 3 Abs. 1 NachwG). Nachdem der Kläger, der sich ausschließlich auf die ab Januar 2019 eingetretenen Änderungen seiner Tätigkeit gestützt hat, sein Begehren erstinstanzlich bereits mit Schriftsatz vom 20. September 2019 (Bl. 71 d. A.) geltend gemacht hat, gehen die von der Beklagten geltend gemachten Einwendungen der Verwirkung und Verjährung ins Leere.

59

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.

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