Urteil vom Landgericht Baden-Baden - 3 O 462/09

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der ihm daraus entsteht, dass er mangels Einzahlungsnachweis im Konkursverfahren gegen den Nachlass A. B., B. und Partner Vermögensverwaltung, B. Vermögensverwaltung, B. und Partner Ltd., BVI, Zweigniederlassung Bo., Schweiz keine Konkursquote ausgeschüttet erhält.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 97% und der Beklagte zu 3%.

4. Das Urteil ist wegen der Kosten für den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger gegen Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Parteien sind ehemalige Arbeitskollegen. Im Jahr 2000 unterhielten sie sich im Rahmen eines Sommerfestes in B. bei der Firma B. über Kapitalanlagemöglichkeiten. Dabei teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er sein Geld in der Schweiz beim B. Investment Club, dessen Vermögensverwalter ein zwischenzeitlich verstorbener Herr B. war, anlege.
Hiernach tätigte der Kläger mehrfach Investitionen bei diesem Club, für die er die aus den Anlagen ersichtlichen „Investmentsvereinbarungen“ ausgehändigt erhielt. So überwies der Kläger am 26.04.2000 zunächst 40 000 DM auf das ihm vom Beklagten benannte Konto. Am 01.01.2001 übergab der Kläger dem Beklagten 10 000 DM, am 24.07.2001 weitere 10 000 DM sowie am 05.02.2003 zusätzliche 10 000 Euro in bar. Schließlich überwies der Kläger 25 000 Euro auf ein weiteres Konto (vgl. Aufstellung Anlage K19).
Anfang 2008 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass der vorgenannte Herr B. Ende 2007 verstorben sei und in dessen Sache ein Nachlassinsolvenzverfahren liefe. Hierbei stellte sich heraus, dass Herr B. die ihm zur Verfügung gestellten Gelder in Form eines „Schneeballsystems“ veruntreut hatte, indem die eingezahlten Gelder dazu verwandt worden waren, Gewinne für andere Anleger auszubezahlen.
Hiernach beauftragte der Kläger seinen Prozessbevollmächtigten mit der Aufklärung der Sache. Von Seiten des Prozessbevollmächtigten des Beklagten wurde dann in einer umfangreichen Korrespondenz, die in Anlage vorliegt und auf die Bezug genommen wird, zur Rolle des Beklagten erklärt; diese Stellungnahmen weist der Kläger sämtlich als unrichtig zurück.
In den Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Beklagten teilte dieser u. a. mit, dass der Beklagte keine förmliche oder gesetzliche Funktion beim B. Investmentclub inne gehabt habe, sondern lediglich ein „normaler“ Anleger gewesen sei. Auch der im Jahr 2000 an den Kläger übergebene Prospekt stamme nicht von ihm. Seine Aufgabe habe sich darauf beschränkt, Gelder von Investoren entgegenzunehmen und diese Herrn B., der sie in Deutschland abgeholt und die Schweiz verbracht hätte, zu übergeben. Umgekehrt habe er Abrechnungen von Herrn B. an Anleger weitergeleitet und verteilt und bei einem entsprechenden Verlangen die Rückzahlungen der Erträge vermittelt.
Derzeit beträgt die Höhe der Insolvenzquote des schweizerischen Insolvenzverfahrens 5-7%. Der Beklagte ließ Zahlungen, die er Herrn B. übergab – insoweit im Einzelnen streitig –, nicht von diesem quittieren. Ein Einzahlungsnachweis wäre aber erforderlich, um im vorgenannten Insolvenzverfahren Rückzahlungsansprüche geltend zu machen.
Der Kläger behauptet,
im Zuge des Gesprächs im Jahr 2000 habe der Beklagte ihm von einer kapitalgesicherten Vermögensanlage erzählt. Hierunter sei zu verstehen, dass 80% des eingezahlten Kapitals durch anderes Kapital werthaltig gesichert sei. Lediglich 20% der Anlage seien mit Risiko behaftet. Mit dem Geld werde gehandelt, d. h. Aktien, festverzinsliche Wertpapiere mit einer täglichen Überwachung marktnaher Beurteilung an den wichtigsten Börsenplätzen der Welt erworben und wieder veräußert. Weiterhin gehe es um den An- und Verkauf von Devisen; hier würden die jeweiligen Kursschwankungen vorausgesehen und mitgenommen werden. Insgesamt fließe so aus der Anlage ein jährlicher Zins von 12%.
10 
Herr B. bzw. dessen B.-Gruppe habe keinerlei Zahlungen des B. Investmentclubs oder des Klägers, weder in bar noch per Überweisung, entgegengenommen. Insoweit hätten auch keinerlei Nachweise aufgefunden werden können; es sei daher zu bestreiten, dass der Beklagte die Gelder in die Schweiz abgeliefert habe.
11 
Der Kläger hat zunächst beantragt,
12 
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 65.677,51 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 10.10.2009 zu bezahlen.
13 
2. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger vorgerichtliche, anwaltliche Mahnkosten in Höhe von 1880,20 EUR zu erstatten.
14 
Mit Schriftsatz vom 12.02.2010 hat der Kläger seine Klage erweitert und beantragt zusätzlich,
15 
1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der ihm daraus entsteht, dass er mangels Einzahlungsnachweis im Konkursverfahren gegen den Nachlass A. B., B. und Partner Vermögensverwaltung, B. Vermögensverwaltung, Baumann und Partner Ltd., BVI, Zweigniederlassung Bo., Schweiz keine Konkursquote ausgeschüttet erhält.
16 
Der Beklagte beantragt,
17 
die Klage abzuweisen.
18 
Der Beklagte behauptet,
19 
Einzelheiten des Gesprächs im Jahr 2000 seien ihm nicht mehr erinnerlich. Jedoch habe sich der Kläger aus freien Stücken und ohne Überredung durch ihn entschlossen, Herrn B. verschiedene Beträge anzuvertrauen. Für seine Tätigkeit für die B. Investmentclub Ltd. habe er keine Provisionen erhalten oder sei gar an der Limited beteiligt gewesen. Auch habe er weder von Herrn B. noch von den Anlegern für seine Tätigkeit Vergütungen gefordert oder erhalten. Sämtliche von ihm eingezahlten und vom Kläger stammenden Beträge seien bei Herrn B. gelandet.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze, Protokolle und Anlagen verwiesen, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ergibt.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die Klage ist nur mit ihrem Feststellungsantrag begründet.
22 
Der Kläger kann die von ihm begehrte Feststellung verlangen (dazu unter I.). Im Übrigen stehen ihm aber keine unmittelbaren Zahlungsansprüche zu (dazu unter II.).
I.)
23 
Der Kläger kann die von ihm begehrte Feststellung verlangen.
24 
1.) Die Feststellungsklage ist zulässig.
25 
Insbesondere kann sich der Kläger auf ein Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO berufen, nachdem derzeit noch ungewiss ist, welcher genaue Schaden sich für den Kläger realisieren wird.
26 
2.) Die Feststellungsklage ist auch begründet.
27 
a.) Dem Kläger steht ein Anspruch auf Feststellung gegen den Beklagten gemäß §§ 280 Abs. 1 S. 1, 249 Abs. 1 BGB zu.
28 
Verletzt der Schuldner nach dieser Vorschrift eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen.
29 
Diese Voraussetzungen liegen vor.
30 
Zwischen den Parteien ist jeweils im Zeitpunkt der Übergabe von Bargeld seitens des Klägers an den Beklagten konkludent ein Auftragsvertrag i. S. v. § 662 BGB zustande gekommen mit dem Inhalt, das Geld „als Geldbote“ zu überbringen.
31 
§ 662 BGB bestimmt, dass durch die Annahme eines Auftrags sich der Beauftragte verpflichtet, ein ihm von dem Auftraggeber übertragenes Geschäft für diesen unentgeltlich zu besorgen.
32 
Diese Voraussetzungen liegen vor.
33 
Insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger dem Beklagten Geld in bar übergeben hat, das in sein Engagement für den B. Investmentclub fließen sollte; auch hat der Beklagte hierzu unwidersprochen vorgetragen, von keinem Investor, also auch nicht dem Kläger, hierfür ein Entgelt erhalten zu haben, wenngleich ihm das der Kläger lediglich nicht glauben wollte.
34 
Der Beklagte hat auch eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt.
35 
§ 666 BGB bestimmt für den Beauftragten u. a. die Pflicht zur Rechnungslegung. Im Einzelnen ergeben sich die Maßstäbe für Umfang und Form der Rechenschaft aus der Verkehrsüblichkeit sowie aus den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§ 242). So gehört zur vollständigen Rechenschaftslegung die Vorlage von Belegen, soweit üblich und vorhanden
36 
– vgl. Seiler, in: Münchener Kommentar BGB, 5. Auflage 2009, § 666, Rn. 9 –.
37 
Als Vorstufe hierzu, um dieser Pflicht überhaupt genügen zu können, war vom Beklagten daher zu fordern, sich im Zuge der Übergabe der Gelder an Herrn B. entsprechende Zahlungsnachweise in Form einer Quittung (§ 368 BGB) von diesem übergeben zu lassen. Dieser Pflicht hat der Beklagte bei den Barzahlungen nicht genügt.
38 
Die Pflichtverletzung hat der Beklagte auch zu vertreten, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB.
39 
Der Kläger ist daher nach § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, wie er ohne die Pflichtverletzung stünde. Wäre der Kläger demnach im Besitz der erforderlichen Quittungen als Form von Einzahlungsbelegen, so ist zwischen den Parteien unstreitig, dass dann Rückzahlungsansprüche im schweizerischen Nachlassinsolvenzverfahren geltend gemacht werden könnten. Das Insolvenzverfahren ist derzeit noch nicht abgeschlossen, die Insolvenzquote wird von beiden Parteien auf 5-7% geschätzt. Hieraus ergibt sich, dass derzeit ein exakt zu beziffernder Schaden des Klägers noch nicht vorliegt, ihm aber entstehen können wird.
40 
b.) Selbst wenn man nicht von einem Auftragsvertrag ausgehen wollte, bestünde zwischen den Parteien zumindest ein Gefälligkeitsverhältnis mit rechtsgeschäftlichem Inhalt. Dieses verpflichtet den Beklagten nach § 241 Abs. 2 BGB zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Klägers. Zur Wahrung der (Vermögens-) Interessen des Klägers ist daher auch bei Vorliegen nur eines Gefälligkeitsverhältnisses mit rechtsgeschäftlichem Inhalt vom Beklagten zu fordern, sich das übergebene Bargeld quittieren zu lassen. Diese Pflicht hat der Beklagte verletzt, so dass dem Kläger dadurch ein Schaden entstehen kann, vgl. oben.
II.)
41 
Im Übrigen bleibt die Klage erfolglos.
42 
Der Kläger kann vom Beklagten nicht die Zahlung von 65 677,51 Euro (dazu unter 1.) und auch keine Zinsen hieraus (dazu unter 2.) verlangen. Auch stehen ihm vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nicht zu (dazu unter 3.).
43 
1.) Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Zahlung 65 677,51 Euro ergibt sich weder aus der Verletzung einer Pflicht eines Auftragsvertrages (dazu unter a.)) noch aus der Verletzung einer Pflicht aus einem Anlageberatungsvertrag (dazu unter b.)) noch unter dem Gesichtspunkt der Sachwaltereigenhaftung (dazu unter c.)) noch unter deliktischen Gesichtspunkten (dazu unter d.)).
44 
a.) Ein Anspruch ergibt sich nicht aus §§ 280, 662, 249 BGB.
45 
In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob sich eine Pflichtverletzung daraus ergibt, dass – wie der Kläger behauptet – Zahlungen des B. Investmentclubs oder des Klägers weder in bar noch durch Überweisung entgegengenommen wurden bzw. dass keine diesbezüglichen Nachweise nach vollständiger Sichtung der Nachlassunterlagen gefunden werden konnten.
46 
Denn selbst wenn man zu Gunsten des Klägers als wahr unterstellt, dass der Beklagte die ihm übergebenen Gelder nicht in die Schweiz zu Händen des Herrn B. weitergeleitet hat, ist diese Pflichtverletzung nicht adäquat-kausale Folge des letztlich eingetretenen Schadens, hier in der Form der Unwiderbringlichkeit der Gelder. Denn diese beruht auf dem grob pflichtwidrigen Verhalten des Herrn B., der durch das Schneeballsystem die ihm angetrauten Gelder veruntreut hat. Dieses ungewöhnlich grobe Fehlverhalten, mit dem der Beklagte nicht zu rechnen brauchte, unterbricht den Kausalzusammenhang
47 
– vgl. Oetker, in: Münchener Kommentar BGB, 5. Auflage 2006, § 249 BGB, Rn. 138; Schiemann, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2005, § 249, Rn. 64 –.
48 
b.) Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 280 BGB i. V. m. den Grundsätzen über die Haftung von Anlageberatern und -vermittlern.
49 
aa.) Zwischen den Parteien ist im Zuge des Engagements des Klägers bereits kein Anlageberatungs- oder -vermittlungsvertrag zustande gekommen. Denn der vorliegende Fall zeichnet sich dadurch aus, dass Kläger und Beklagter ehemalige Arbeitskollegen waren und dass, dies zugunsten des Klägers als wahr unterstellt, der Beklagte an ihn herangetreten ist und ihm die Anlage seines Geldes beim B. Investmentclub in der von ihm behaupteten Gesprächsversion empfohlen hat. Unstreitig steht aber zwischen den Parteien auch fest, dass der Beklagte den Kläger hierzu auf einem Sommerfest im Jahr 2000 ansprach.
50 
Mit dem Bundesgerichtshof, dessen Rechtsaufassung das Gericht teilt,
51 
– vgl. Urteil vom 19.04.2007, Az. III ZR 75/06
52 
ist davon auszugehen, dass in einer von persönlicher Nähe geprägten (Gesprächs-) Situation die Pflichten zur anleger- und anlagegerechten Beratung i. S. d. „Bond-Urteils“ des BGH
53 
– vgl. Urteil vom 06.07.1993, Az. XI ZR 12/93
54 
nicht gelten. Denn dem Kläger musste in der konkreten Gesprächssituation deutlich werden, dass der Beklagte lediglich für sich ein günstiges Anlagemodell entdeckt hatte, das er nun im Kollegenkreis weiterempfahl. Hier musste sich für den Kläger dann aber auch aufdrängen, dass der Beklagte anders als bspw. ein Bankmitarbeiter oder ein professionell mit dem Vertrieb von Vermögensanlagen Betrauter offensichtlich nicht über das Fachwissen hinsichtlich des Aufbaus und der Funktionsweise der Anlage verfügte. Gleichsam kann vom Beklagten daher auch nicht gefordert werden, den Wissensstand des Klägers über Anlagegeschäfte und dessen Risikobereitschaft abzufragen, um so eine anlegergerechte Beratung zu gewährleisten.
55 
bb.) Selbst wenn man aber zugunsten des Klägers von den strengen Haftungsmaßstäben des Bundesgerichtshofs im sog. „Bond“-Urteil ausgehen wollte, ist er in Bezug auf seine Behauptung über eine nicht anlegergerechte und/oder anlagegerechte Beratung durch den Beklagten des Beweises schuldig geblieben. Denn der Kläger hat hierzu nur mittelbare Zeugen benannt, die in vergleichbaren Gesprächssituationen bei anderen Anlegern vom Beklagten unsachgemäß beraten worden sein sollen. Wie es aber im maßgeblichen konkreten Gespräch zwischen den Parteien ablief, bleibt eine streitige Behauptung ohne Beweisangebot.
56 
cc.) Selbst wenn man auch hier zu Gunsten des Klägers als wahr unterstellt, dass er vom Beklagten entsprechend seines Sachvortrages unsachgemäß beraten wurde, führt die Verletzung der Beratungspflicht nicht adäquat-kausal zum geltend gemachten Schaden. Denn, wie oben dargelegt, wurde mit dem grob pflichtwidrigen Verhalten des Herrn B. der Kausalzusammenhang unterbrochen.
57 
c.) Ein Anspruch ergibt sich ferner nicht aus §§ 280, 311 Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB.
58 
Nach § 311 Abs. 3 BGB kann ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
59 
aa.) Die Eigenhaftung des Verhandlungsgehilfen setzt zunächst voraus, dass er im Pflichtenkreis des potentiellen Vertragspartners tätig gewesen ist und weiter, dass der Gehilfe eine Position eingenommen hat, aufgrund derer der Geschäftspartner darauf vertrauen konnte, dass er gerade von ihm die notwendigen Informationen erhalten werde. Das ist einmal anzunehmen, wenn der Gehilfe als uneingeschränkter Sachwalter des Geschäftsherrn auftritt oder wenn die Sachwalterstellung auf der besonderen, nur dem Gehilfen zukommenden Sachkunde beruht. Voraussetzung ist aber immer, dass der Gehilfe über das allgemeine Vertrauen hinaus zusätzliche Gewähr für die Erfüllung oder Seriosität des Geschäfts bietet
60 
– vgl. Löwisch, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2005, § 311, Rn. 151 ff. –.
61 
Gerade von der Erfüllung der letzten Vorausaussetzung kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Denn, wie oben bereits dargelegt, ist die Entscheidung zur Investition in die streitgegenständliche Anlage im Zuge eines Gesprächs unter Arbeitskollegen auf einem Sommerfest gefallen. Bereits diese Umstände, mag man auch zu Gunsten des Klägers die Eigenschaft des Beklagten als Vertreter oder Verhandlungsgehilfe für die B. Investmentclub Ltd. unterstellen, verdeutlichen, dass der Beklagte gerade keine zusätzliche Gewähr für die Erfüllung oder Seriosität des Geschäfts bot.
62 
bb.) Eine Haftung lässt sich auch nicht aus einem wirtschaftlichen Eigeninteresse des Beklagten als weitere, ungeschriebene Fallgruppe des § 311 Abs. 3 BGB begründen. Denn soweit der Kläger hierzu in seinem Sachvortrag andeutet, der Beklagte wäre kaum unentgeltlich oder ohne Beteiligung für Herrn B. tätig geworden, ist er eines Beweises hierzu schuldig geblieben.
63 
cc.) Die vorstehenden Erwägungen können im Ergebnis dahinstehen, da jedenfalls eine Pflichtverletzung aus §§ 311 Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB nicht adäquat-kausale Folge des eingetretenen Schadens ist, nachdem der Kausalzusammenhang unterbrochen wurde, vgl. oben.
64 
d.) Ansprüche ergeben sich schließlich nicht aus deliktischen Gesichtspunkten, insbesondere nicht aus § 823 Abs. 2 i. V. m. §§ 263, 266 StGB.
65 
Der Vortrag, der Beklagte habe die ihm vom Kläger übergebenen Gelder nicht übermittelt, ist eine streitige Behauptung ohne Beweisangebot geblieben. Im Übrigen hat der Kläger keine subjektiven Tatbestandsmerkmale (vgl. hierzu Hinweis in der Verfügung vom 08.12.2009) vorgetragen.
66 
2.) Mangels Anspruchs dem Grunde nach auf Zahlung des mit Antrag zu 1 geltend gemachten Betrages, kann der Kläger vom Beklagten auch keine Zinsen gemäß §§ 280, 286 BGB verlangen.
67 
3.) Gleiches gilt für die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
III.)
68 
Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 92 Abs. 1 ZPO in Bezug auf die Kosten und in Bezug auf die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 2 ZPO.

Gründe

 
21 
Die Klage ist nur mit ihrem Feststellungsantrag begründet.
22 
Der Kläger kann die von ihm begehrte Feststellung verlangen (dazu unter I.). Im Übrigen stehen ihm aber keine unmittelbaren Zahlungsansprüche zu (dazu unter II.).
I.)
23 
Der Kläger kann die von ihm begehrte Feststellung verlangen.
24 
1.) Die Feststellungsklage ist zulässig.
25 
Insbesondere kann sich der Kläger auf ein Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO berufen, nachdem derzeit noch ungewiss ist, welcher genaue Schaden sich für den Kläger realisieren wird.
26 
2.) Die Feststellungsklage ist auch begründet.
27 
a.) Dem Kläger steht ein Anspruch auf Feststellung gegen den Beklagten gemäß §§ 280 Abs. 1 S. 1, 249 Abs. 1 BGB zu.
28 
Verletzt der Schuldner nach dieser Vorschrift eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen.
29 
Diese Voraussetzungen liegen vor.
30 
Zwischen den Parteien ist jeweils im Zeitpunkt der Übergabe von Bargeld seitens des Klägers an den Beklagten konkludent ein Auftragsvertrag i. S. v. § 662 BGB zustande gekommen mit dem Inhalt, das Geld „als Geldbote“ zu überbringen.
31 
§ 662 BGB bestimmt, dass durch die Annahme eines Auftrags sich der Beauftragte verpflichtet, ein ihm von dem Auftraggeber übertragenes Geschäft für diesen unentgeltlich zu besorgen.
32 
Diese Voraussetzungen liegen vor.
33 
Insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger dem Beklagten Geld in bar übergeben hat, das in sein Engagement für den B. Investmentclub fließen sollte; auch hat der Beklagte hierzu unwidersprochen vorgetragen, von keinem Investor, also auch nicht dem Kläger, hierfür ein Entgelt erhalten zu haben, wenngleich ihm das der Kläger lediglich nicht glauben wollte.
34 
Der Beklagte hat auch eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt.
35 
§ 666 BGB bestimmt für den Beauftragten u. a. die Pflicht zur Rechnungslegung. Im Einzelnen ergeben sich die Maßstäbe für Umfang und Form der Rechenschaft aus der Verkehrsüblichkeit sowie aus den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§ 242). So gehört zur vollständigen Rechenschaftslegung die Vorlage von Belegen, soweit üblich und vorhanden
36 
– vgl. Seiler, in: Münchener Kommentar BGB, 5. Auflage 2009, § 666, Rn. 9 –.
37 
Als Vorstufe hierzu, um dieser Pflicht überhaupt genügen zu können, war vom Beklagten daher zu fordern, sich im Zuge der Übergabe der Gelder an Herrn B. entsprechende Zahlungsnachweise in Form einer Quittung (§ 368 BGB) von diesem übergeben zu lassen. Dieser Pflicht hat der Beklagte bei den Barzahlungen nicht genügt.
38 
Die Pflichtverletzung hat der Beklagte auch zu vertreten, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB.
39 
Der Kläger ist daher nach § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, wie er ohne die Pflichtverletzung stünde. Wäre der Kläger demnach im Besitz der erforderlichen Quittungen als Form von Einzahlungsbelegen, so ist zwischen den Parteien unstreitig, dass dann Rückzahlungsansprüche im schweizerischen Nachlassinsolvenzverfahren geltend gemacht werden könnten. Das Insolvenzverfahren ist derzeit noch nicht abgeschlossen, die Insolvenzquote wird von beiden Parteien auf 5-7% geschätzt. Hieraus ergibt sich, dass derzeit ein exakt zu beziffernder Schaden des Klägers noch nicht vorliegt, ihm aber entstehen können wird.
40 
b.) Selbst wenn man nicht von einem Auftragsvertrag ausgehen wollte, bestünde zwischen den Parteien zumindest ein Gefälligkeitsverhältnis mit rechtsgeschäftlichem Inhalt. Dieses verpflichtet den Beklagten nach § 241 Abs. 2 BGB zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Klägers. Zur Wahrung der (Vermögens-) Interessen des Klägers ist daher auch bei Vorliegen nur eines Gefälligkeitsverhältnisses mit rechtsgeschäftlichem Inhalt vom Beklagten zu fordern, sich das übergebene Bargeld quittieren zu lassen. Diese Pflicht hat der Beklagte verletzt, so dass dem Kläger dadurch ein Schaden entstehen kann, vgl. oben.
II.)
41 
Im Übrigen bleibt die Klage erfolglos.
42 
Der Kläger kann vom Beklagten nicht die Zahlung von 65 677,51 Euro (dazu unter 1.) und auch keine Zinsen hieraus (dazu unter 2.) verlangen. Auch stehen ihm vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nicht zu (dazu unter 3.).
43 
1.) Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Zahlung 65 677,51 Euro ergibt sich weder aus der Verletzung einer Pflicht eines Auftragsvertrages (dazu unter a.)) noch aus der Verletzung einer Pflicht aus einem Anlageberatungsvertrag (dazu unter b.)) noch unter dem Gesichtspunkt der Sachwaltereigenhaftung (dazu unter c.)) noch unter deliktischen Gesichtspunkten (dazu unter d.)).
44 
a.) Ein Anspruch ergibt sich nicht aus §§ 280, 662, 249 BGB.
45 
In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob sich eine Pflichtverletzung daraus ergibt, dass – wie der Kläger behauptet – Zahlungen des B. Investmentclubs oder des Klägers weder in bar noch durch Überweisung entgegengenommen wurden bzw. dass keine diesbezüglichen Nachweise nach vollständiger Sichtung der Nachlassunterlagen gefunden werden konnten.
46 
Denn selbst wenn man zu Gunsten des Klägers als wahr unterstellt, dass der Beklagte die ihm übergebenen Gelder nicht in die Schweiz zu Händen des Herrn B. weitergeleitet hat, ist diese Pflichtverletzung nicht adäquat-kausale Folge des letztlich eingetretenen Schadens, hier in der Form der Unwiderbringlichkeit der Gelder. Denn diese beruht auf dem grob pflichtwidrigen Verhalten des Herrn B., der durch das Schneeballsystem die ihm angetrauten Gelder veruntreut hat. Dieses ungewöhnlich grobe Fehlverhalten, mit dem der Beklagte nicht zu rechnen brauchte, unterbricht den Kausalzusammenhang
47 
– vgl. Oetker, in: Münchener Kommentar BGB, 5. Auflage 2006, § 249 BGB, Rn. 138; Schiemann, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2005, § 249, Rn. 64 –.
48 
b.) Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 280 BGB i. V. m. den Grundsätzen über die Haftung von Anlageberatern und -vermittlern.
49 
aa.) Zwischen den Parteien ist im Zuge des Engagements des Klägers bereits kein Anlageberatungs- oder -vermittlungsvertrag zustande gekommen. Denn der vorliegende Fall zeichnet sich dadurch aus, dass Kläger und Beklagter ehemalige Arbeitskollegen waren und dass, dies zugunsten des Klägers als wahr unterstellt, der Beklagte an ihn herangetreten ist und ihm die Anlage seines Geldes beim B. Investmentclub in der von ihm behaupteten Gesprächsversion empfohlen hat. Unstreitig steht aber zwischen den Parteien auch fest, dass der Beklagte den Kläger hierzu auf einem Sommerfest im Jahr 2000 ansprach.
50 
Mit dem Bundesgerichtshof, dessen Rechtsaufassung das Gericht teilt,
51 
– vgl. Urteil vom 19.04.2007, Az. III ZR 75/06
52 
ist davon auszugehen, dass in einer von persönlicher Nähe geprägten (Gesprächs-) Situation die Pflichten zur anleger- und anlagegerechten Beratung i. S. d. „Bond-Urteils“ des BGH
53 
– vgl. Urteil vom 06.07.1993, Az. XI ZR 12/93
54 
nicht gelten. Denn dem Kläger musste in der konkreten Gesprächssituation deutlich werden, dass der Beklagte lediglich für sich ein günstiges Anlagemodell entdeckt hatte, das er nun im Kollegenkreis weiterempfahl. Hier musste sich für den Kläger dann aber auch aufdrängen, dass der Beklagte anders als bspw. ein Bankmitarbeiter oder ein professionell mit dem Vertrieb von Vermögensanlagen Betrauter offensichtlich nicht über das Fachwissen hinsichtlich des Aufbaus und der Funktionsweise der Anlage verfügte. Gleichsam kann vom Beklagten daher auch nicht gefordert werden, den Wissensstand des Klägers über Anlagegeschäfte und dessen Risikobereitschaft abzufragen, um so eine anlegergerechte Beratung zu gewährleisten.
55 
bb.) Selbst wenn man aber zugunsten des Klägers von den strengen Haftungsmaßstäben des Bundesgerichtshofs im sog. „Bond“-Urteil ausgehen wollte, ist er in Bezug auf seine Behauptung über eine nicht anlegergerechte und/oder anlagegerechte Beratung durch den Beklagten des Beweises schuldig geblieben. Denn der Kläger hat hierzu nur mittelbare Zeugen benannt, die in vergleichbaren Gesprächssituationen bei anderen Anlegern vom Beklagten unsachgemäß beraten worden sein sollen. Wie es aber im maßgeblichen konkreten Gespräch zwischen den Parteien ablief, bleibt eine streitige Behauptung ohne Beweisangebot.
56 
cc.) Selbst wenn man auch hier zu Gunsten des Klägers als wahr unterstellt, dass er vom Beklagten entsprechend seines Sachvortrages unsachgemäß beraten wurde, führt die Verletzung der Beratungspflicht nicht adäquat-kausal zum geltend gemachten Schaden. Denn, wie oben dargelegt, wurde mit dem grob pflichtwidrigen Verhalten des Herrn B. der Kausalzusammenhang unterbrochen.
57 
c.) Ein Anspruch ergibt sich ferner nicht aus §§ 280, 311 Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB.
58 
Nach § 311 Abs. 3 BGB kann ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
59 
aa.) Die Eigenhaftung des Verhandlungsgehilfen setzt zunächst voraus, dass er im Pflichtenkreis des potentiellen Vertragspartners tätig gewesen ist und weiter, dass der Gehilfe eine Position eingenommen hat, aufgrund derer der Geschäftspartner darauf vertrauen konnte, dass er gerade von ihm die notwendigen Informationen erhalten werde. Das ist einmal anzunehmen, wenn der Gehilfe als uneingeschränkter Sachwalter des Geschäftsherrn auftritt oder wenn die Sachwalterstellung auf der besonderen, nur dem Gehilfen zukommenden Sachkunde beruht. Voraussetzung ist aber immer, dass der Gehilfe über das allgemeine Vertrauen hinaus zusätzliche Gewähr für die Erfüllung oder Seriosität des Geschäfts bietet
60 
– vgl. Löwisch, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2005, § 311, Rn. 151 ff. –.
61 
Gerade von der Erfüllung der letzten Vorausaussetzung kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Denn, wie oben bereits dargelegt, ist die Entscheidung zur Investition in die streitgegenständliche Anlage im Zuge eines Gesprächs unter Arbeitskollegen auf einem Sommerfest gefallen. Bereits diese Umstände, mag man auch zu Gunsten des Klägers die Eigenschaft des Beklagten als Vertreter oder Verhandlungsgehilfe für die B. Investmentclub Ltd. unterstellen, verdeutlichen, dass der Beklagte gerade keine zusätzliche Gewähr für die Erfüllung oder Seriosität des Geschäfts bot.
62 
bb.) Eine Haftung lässt sich auch nicht aus einem wirtschaftlichen Eigeninteresse des Beklagten als weitere, ungeschriebene Fallgruppe des § 311 Abs. 3 BGB begründen. Denn soweit der Kläger hierzu in seinem Sachvortrag andeutet, der Beklagte wäre kaum unentgeltlich oder ohne Beteiligung für Herrn B. tätig geworden, ist er eines Beweises hierzu schuldig geblieben.
63 
cc.) Die vorstehenden Erwägungen können im Ergebnis dahinstehen, da jedenfalls eine Pflichtverletzung aus §§ 311 Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB nicht adäquat-kausale Folge des eingetretenen Schadens ist, nachdem der Kausalzusammenhang unterbrochen wurde, vgl. oben.
64 
d.) Ansprüche ergeben sich schließlich nicht aus deliktischen Gesichtspunkten, insbesondere nicht aus § 823 Abs. 2 i. V. m. §§ 263, 266 StGB.
65 
Der Vortrag, der Beklagte habe die ihm vom Kläger übergebenen Gelder nicht übermittelt, ist eine streitige Behauptung ohne Beweisangebot geblieben. Im Übrigen hat der Kläger keine subjektiven Tatbestandsmerkmale (vgl. hierzu Hinweis in der Verfügung vom 08.12.2009) vorgetragen.
66 
2.) Mangels Anspruchs dem Grunde nach auf Zahlung des mit Antrag zu 1 geltend gemachten Betrages, kann der Kläger vom Beklagten auch keine Zinsen gemäß §§ 280, 286 BGB verlangen.
67 
3.) Gleiches gilt für die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
III.)
68 
Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 92 Abs. 1 ZPO in Bezug auf die Kosten und in Bezug auf die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 2 ZPO.

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