Urteil vom Landgericht Düsseldorf - 22 S 110/13
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19.06.2013 verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf, 25 C #####/####, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 391,78 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.01.2013 zu zahlen.
Im Übrigen werden die Klage ab- und die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 83 % und die Beklagte zu 17 %. Die Kosten der Berufungsinstanz trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
G r ü n d e :
3I.
4Auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Änderungen bzw. Ergänzungen haben sich wie folgt ergeben:
5Die Klägerin trägt vor, sie habe mit den Geschädigten eine Selbstbeteiligung hinsichtlich der Vollkaskoversicherung von 600,00 € vereinbart, mit der Geschädigten U nur 300,00 €.
6Die Beklagte bestreitet dies mit Nichtwissen.
7II.
8Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter, soweit das Amtsgericht die Klage in Höhe von 1.658,60 € abgewiesen hat. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.
9III.
10Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufungsbegründung genügt den formellen Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
11Die Klägerin rügt Rechtsverletzungen im Sinne der §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO durch das Amtsgericht, die – als zutreffend unterstellt – entscheidungserheblich wären. Sie macht geltend, das Amtsgericht habe den N2 zugrunde gelegt, dies sei aber rechtsfehlerhaft. Ferner sei zu berücksichtigen, dass – entsprechend dem unter I. dargestellten Vortrag – ein niedrigerer Selbstbehalt, als der von N3 berücksichtigte, nämlich dort 750 € - 950 €, vereinbart worden sei. Ferner habe es das Amtsgericht versäumt, die erstattungsfähigen Kosten für die Zusatzfahrer, das Navi-Gerät und die Winterreifen in seine Schätzung einzubeziehen. Auch sei ein 20 %-iger Aufschlag auf den Normaltarif vorzunehmen, denn die Klägerin habe umfangreiche Mehrleistungen erbracht.
12Darin liegt ein ordnungsgemäßer Berufungsangriff im Sinne von § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO.
13IV.
14Die Berufung hat nur in geringem Umfang Erfolg.
15Im Übrigen liegt weder eine Rechtsverletzung vor, noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.
161.
17Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch gemäß § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, § 398 BGB in Höhe von insgesamt 391,78 € zu. Streitig ist zwischen den Parteien allein die Höhe des Anspruchs.
18Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Mietwagenkosten des Unfallgeschädigten – insbesondere zu sogenannten Unfallersatztarifen – kann der Geschädigte vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz der Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren X-Weg der Schadensbehebung zu wählen. (BGH r + s 2010, 211, 212; BGH NZV 2011, 385). Danach kann der Geschädigte, auch wenn er zum Unfallersatztarif mietet, im Grundsatz nur die Sätze des Normaltarifs ersetzt verlangen (Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl. 2013, § 249 BGB, Rn. 32)
19Die Höhe des insoweit zugrunde zu legenden Normaltarifs kann der nach § 287 Abs. 1 ZPO besonders frei gestellte Tatrichter schätzen; hierbei können Listen oder Tabellen Verwendung finden (BGH NVZ 2011, 385, 386).
20Im Rahmen des Berufungsverfahrens hat das Berufungsgericht bei einer auf § 287 Abs. 1 ZPO gründenden Schätzung den Prozessstoff auf der Grundlage der zu berücksichtigenden Tatsachen gemäß § 529 ZPO ohne Bindung an die Ermessensausübung des erstinstanzlichen Gerichts selbstständig nach allen Richtungen von neuem zu prüfen und zu bewerten (BGH NZV 2011, 385, 387). Hält das Berufungsgericht die Ermessensausübung der ersten Instanz für zwar vertretbar, letztlich aber bei Berücksichtigung aller Gesichtspunkte nicht für sachlich überzeugend, so darf und muss es nach eigenem Ermessen einen eigenen, dem Einzelfall angemessenen Betrag finden. Das Berufungsgericht darf es nicht dabei belassen zu prüfen, ob die Bemessung Rechtsfehler enthält, insbesondere ob das Gericht sich mit allen maßgeblichen Umständen ausreichend auseinander gesetzt und um eine angemessene Beziehung der Entschädigung zu Art und Dauer der Verletzungen bemüht hat (BGH NJW 2006, 1589, 1592).
212.
22Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH kann der Tatrichter in Ausübung seines Ermessens nach § 287 Abs. 1 ZPO den „Normaltarif“ sowohl auf Basis der M als auch des N schätzen. Er ist bei der Verwendung geeigneter Listen grundsätzlich frei (BGH NZV 2011, 385, 386f.). Auch eine Schätzung nach dem arithmetischen Mittel beider Markterhebungen ist grundsätzlich nicht rechtsfehlerhaft (BGH NJW-RR 2010, 1251, Rn. 4).
23Das OLG Köln hat in seinem Urteil vom 11.08.2010, Az. 11 U 106/09, Rn. 7 f., ausgeführt:
24„Die Durchschnittspreise der Tarife dieser Studie [Anm.: Studie des Fraunhofer B und Organisation "Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008"] liegen deutlich unter den sich aus der M zu errechnenden Normaltarifen. Die Ergebnisse der N beruhen auf einer anonymen Befragung, während die der M aufgrund einer Selbstauskunft der Vermieter in Kenntnis dessen zustandegekommen sind, dass die Angaben zur Grundlage einer Marktuntersuchung gemacht würden. Den daraus abgeleiteten Schluss, dass die Fraunhofer-Liste dem M-N2 generell überlegen sei (so OLG Köln, 6. Zivilsenat, NZV 2009, 145 = RuS 2008, 528; NJW-RR 2009, 1678; OLG München RuS 2008, 439 = SP 2009, 212; OLG Jena NZV 2009, 181 = RuS 2009, 40), vermag der Senat indes nicht zu ziehen. Grundlage des vom N-Institut erstellten Marktpreisspiegels ist eine Erhebung von Daten über Telefon und Internet. Ermittelt sind die Preise auf der Grundlage einer einwöchigen Vorbuchungsfrist. Zudem ist die Recherche auf eine zweistellige Zuordnung von Postleitzahlen bezogen. Vor allem aber beruht die Datenbasis ganz überwiegend auf den Internetangeboten (76.457 von 86.783 Datensätzen) von nur sechs bundesweit und weltweit tätigen Vermietungsunternehmen; dem Vorteil der Anonymität der Anfragen steht daher der geringere Umfang der Datenerfassung gegenüber.
25Der Senat sieht daher sowohl in der M als auch in dem N2 alleine keine geeignete Schätzungsgrundlage für die Ermittlung des erstattungsfähigen Normaltarifes. Im Rahmen des ihm zustehenden Schätzungsermessens nach § 287 ZPO stützt er sich daher auf eine Kombination beider Listen in der Weise, dass aus der Summe der Mietpreise dieser Listen das arithmetische Mittel gebildet wird.“
26Diesen Erwägungen schließt sich die Kammer an (so auch OLG Saarbrücken, NJW-RR 2010, 541, 543 f.; OLG Karlsruhe NJW-RR 2012, 26, 29).
27Weder die Einbeziehung der M noch die des N in die Berechnung sind im konkreten Fall ungeeignet. Die Einwände der Parteien sind nicht geeignet, ein anderes Ergebnis zu begründen. Ihre Einwände sind lediglich allgemeiner Natur und beziehen sich auf die grundsätzliche Eignung der jeweiligen Liste. Sie lassen nicht erkennen, warum sie konkret in dem zu entscheidenden Fall als Schätzungsgrundlage ungeeignet sein sollen. Dessen hätte es aber bedurft. Denn die Eignung von Listen oder Tabellen bedarf nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichen Umfang auswirkten (BGH NJW 2008, 2910, 2911; BGH NZV 2010, 499; BGH NZV 2011, 385, 386). Dies gilt auch, soweit die Beklagte mit Anlage K 4 erstinstanzlich Mietangebote aus dem Internet für die einzelnen Anmietungen vorgelegt hat. Diese betreffen sämtlich Anmietzeitpunkte aus dem Jahr 2013. Eine Aussage darüber, dass im Anmietzeitpunkt #####/#### tatsächlich günstigere Angebote erhältlich waren, ist ihnen nicht zu entnehmen. Die dahingehende Behauptung der Beklagten ist lediglich pauschal und enthält keine tatsächlichen Anhaltspunkte für deren Richtigkeit. Sie erfolgt somit „ins Blaue hinein“, so dass dem Beweisantritt auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht nachzukommen ist (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl. 2014, Vor § 284 ZPO, Rn. 5). Die Behauptung widerspricht im Übrigen auch dem Umstand, dass das Mietwagengeschäft ein Tagesgeschäft ist.
28Die Kammer berechnet die zu erstattenden Kosten unter Anwendung der jeweils für den Anmietzeitpunkt aktuellen Tabellen, wobei der Postleitzahlenbereich des Anmietortes, also des Vermieters ausschlaggebend ist (BGH, Urt. v. 02.02.2010, Az. VI ZR 7/09, zitiert nach juris, Rn. 15). Um eine Angleichung der beiderseitig maßgebenden Erhebungsmethoden zu gewährleisten, ist dabei für beide Listen von dem arithmetischen Mittelwert, nicht indes von dem Modus bei der M auszugehen (OLG P, Urt. v. 30.07.2013, Az. 15 U ####/#### zitiert nach juris, Rn. 38). Da vorliegend die Anmietzeiträume in den Jahren 2009 und 2010 liegen, ist ferner zur Wahrung der erforderlichen Vergleichbarkeit der in den Tabellen angegebenen Werte bei der Bemessung des M2-Werts die dort in einer gesonderten Tabelle aufgeführten Nebenkosten für eine Vollkaskoversicherung hinzuzufügen, da die N-Tabelle diese Kosten bereits in den ermittelten Normaltarifwerten enthält (OLG Köln, Urt. v. 30.07.2013, Az. 15 U 186/12, zitiert nach juris, Rn. 39).
29Zur Berechnung der Werte ist sodann von der tatsächlichen Gesamtmietdauer auszugehen. Da sowohl die M als auch der N2 die Normaltarife in Zeitabschnitten von einem Tag, drei Tagen und einer Woche wiedergeben, wird der von der Gesamtmietdauer umfasste größte Zeitabschnitt herangezogen, um einen entsprechenden Ein-Tages-Wert zu erhalten. Der berechnete Ein-Tages-Wert wird dann mit der Anzahl der tatsächlichen Gesamtmiettage multipliziert (OLG P, Urt. v. 30.07.2013, Az. 15 U ########, zitiert nach juris, Rn. 40; OLG Celle NJW-RR 2012, 802, 806). Bei einer tatsächlichen Mietdauer von vier Tagen wird damit der Preis des Drei-Tages-Tarifs durch drei dividiert und dieser sich ergebende Rechenwert dann mit vier Tagen Gesamtmietdauer multipliziert. Ebenso ist bei den M2-Werten hinsichtlich der Nebenkosten für die Vollkaskoversicherung zu verfahren. Diese Berechnungsweise hält sich im Rahmen des der Kammer nach § 287 Abs. 1 ZPO eingeräumten Ermessens (BGH NJW 2009, 58, 60, Rn. 26). Sie erscheint vorzugswürdig, denn nur so wird berücksichtigt, dass sich bei längerer Anmietung für den Mieter ein Kostenvorteil ergibt.
30Unter Berücksichtigung der vorstehenden Maßstäbe und der angemieteten Fahrzeugklasse sind daher folgende Beträge des Normaltarifs bei Berechnung der Schadensersatzforderung nach dem arithmetischen Mittel zugrunde zu legen:
31Kunde M N Mittel
32L 668,05 € 238,76 € 453,41 €
33N3 444,90 € 206,85 € 325,88 €
34S 460,46 € 250,00 € 355,23 €
35O 1.017,57 € 425,07 € 721,32 €
36R 532,24 € 306,52 € 419,38 €
37U 459,01 € 212,84 € 335,93 €
383.
39Der Klägerin steht darüber hinaus kein Zuschlag in Höhe von 20 % auf den Normaltarif wegen unfallbedingter Mehraufwendungen zu.
40a.
41§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB beschränkt den Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten – wie dargelegt – auf den erforderlichen Herstellungsaufwand. Die höheren Sätze des Unfallersatztarifs sind im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots nur dann zu ersetzen, soweit spezifische, durch die besondere Unfallsituation veranlasste und im Normaltarif nicht berücksichtigte Leistungen bei der Vermietung einen Zuschlag rechtfertigen (BGH NJW 2007, 1122). Dabei ist es nicht erforderlich, die Kalkulation des konkreten Vermieters nachzuvollziehen, vielmehr kann sich die Prüfung darauf beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein den Mehrpreis rechtfertigen (BGH NJW 2007, 1122). Für unfallspezifische Mehraufwendungen ist nach der allgemeinen zivilprozessualen Beweislastverteilung der Geschädigte, vorliegend nach Abtretung also die Klägerin, darlegungs- und beweisbelastet (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 249 BGB, Rn. 33). Die notwendigen Mehraufwendungen kann der Tatrichter nach § 287 ZPO schätzen, wobei unter Umständen auch ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif in Betracht kommt (BGH r + s 2010, 211, 212; NJW 2006, 360, 361).
42Die Frage der Erforderlichkeit der Mehrkosten für einen Unfallersatztarif kann im vorliegenden Fall nicht offenbleiben, weil weder feststeht, dass den Zedenten als Geschädigten der günstigere Normaltarif ohne Weiteres zugänglich, noch, dass ihnen dieser Tarif in der konkreten Situation nicht zugänglich gewesen ist (BGH NJW 2008, 2910, 2911). Für beide Varianten bestehen keinerlei Anhaltspunkte.
43b.
44Die Klägerin macht geltend, der Unfallersatztarif sei deshalb notwendig gewesen, weil die Klägerin Mehrleistungen aufgrund des Unfalls erbracht habe, unter anderem die Vorfinanzierung, die Fahrzeughaltung auch schlechter ausgelasteter Fahrzeuge, die erhöhten Kosten für Zustellung und Abholung der Fahrzeuge, das Beschädigungsrisiko bei Fahrzeugen ohne Kreditkartensicherheit, dass erhöhte Unterschlagungsrisiko, die Forderungsvorfinanzierung, das Risiko des Totalausfalls nach geänderter Bewertung der Haftungsanteile des Kunden am Unfallgeschehen, der erhöhte Verwaltungsaufwand sowie das Erfordernis der Umsatzsteuervorfinanzierung.
45Diesem Vorbringen sind unfallspezifische Leistungen, die einen Aufschlag auf den Normaltarif rechtfertigten, nicht zu entnehmen. Es handelt sich lediglich um pauschalen Vortrag, der den Anforderungen, die im Zivilprozess an substantiiertes Vorbringen zu stellen sind, nicht genügt. Der Umstand, dass die spezifischen Leistungen des Vermieters, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst sind, lediglich allgemein den Mehrpreis rechtfertigen müssen, enthebt den Darlegungspflichtigen nicht davon, den Inhalt bzw. den Umfang dieser Leistungen, auf die er den Aufschlag stützen möchte, substantiiert darzulegen.
46Hinsichtlich der Forderungsvorfinanzierung ist nicht ersichtlich, dass eine solche in erheblichem Umfang erfolgt ist. Vielmehr ist den von der Klägerin angegebenen Rechnungsdaten zu entnehmen, dass die Mietforderungen jeweils unmittelbar im Anschluss an das Mietverhältnis fällig gestellt worden sind.
47Zwar mögen die Vorhaltekosten für verschiedene Fahrzeugkategorien in die Kalkulation der Tarife der Klägerin einfließen. Die stellt jedoch bereits deshalb keine unfallspezifische Leistung dar, weil davon auszugehen ist, dass die für das Unfallersatzgeschäft vorgehaltenen PKW auch im Normalgeschäft verwendet werden können (BGH NJW 2008, 2910, 2911). Es ist dem KFZ-Mietgeschäft immanent, dass KFZ verschiedener Klassen vorgehalten werden müssen, dies ist keine Besonderheit des Unfallersatzgeschäfts.
48Die erhöhten Kosten der Zustellung und Abholung rechtfertigen bereits deshalb keine Erhöhung des Normaltarifs, da die Klägerin diese separat in Rechnung stellt.
49Hinsichtlich der weiteren, von der Klägerin angeführten Gesichtspunkte fehlt es an Vortrag, der es ermöglichte, die behaupteten Mehrleistungen nachzuvollziehen. Dem Vorbringen der Klägerin ist nicht zu entnehmen, warum sie dem Risiko eines Totalausfalls unterlag, etwa weil die Abtretungen durch die Geschädigten an Erfüllungs statt erfolgt wären. Auch welcher erhöhte Verwaltungsaufwand angefallen sein soll und warum eine Umsatzsteuervorfinanzierung erforderlich ist, trägt die Klägerin nicht schlüssig vor. Dies gilt ebenfalls für ein erhöhtes Beschädigungs- und Unterschlagungsrisiko.
50Es ist zudem nicht erkennbar, warum es den Zedenten im Rahmen ihrer Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 1 BGB unzumutbar war, eine Kaution zu hinterlegen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist jeweils im Einzelfall zu entscheiden, ob dem Geschädigten der Einsatz einer Kreditkarte oder Stellung einer Kaution möglich und zumutbar ist. Dies hängt weitgehend von der Art und dem Ausmaß der Beschädigung des Fahrzeugs sowie von den Umständen ab, in denen der Geschädigte durch den Schaden betroffen wird, insbesondere von seinen wirtschaftlichen Verhältnissen, wobei es ihm grundsätzlich zuzumuten ist, die im Zusammenhang mit der Instandsetzung anfallenden Kosten ohne Rückgriff auf einen Bankkredit aus eigenen Mitteln vorzustrecken, wenn dies ohne besondere Einschränkung der gewohnten Lebensführung möglich ist (BGH NZV 2007, 290, 291). Es oblag der Klägerin, die ihr, nicht aber der Beklagten bekannten Umstände im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast darzulegen, aus denen sich die Unzumutbarkeit schadensmindernder Maßnahmen – wie der Stellung einer Kaution – ergibt (BGH NZV 2007, 290, 291).
51c.
52Ein Aufschlag auf den Normaltarif ist lediglich insoweit gerechtfertigt als die üblicherweise eingehaltene Vorbuchzeit von einer Woche nicht eingehalten worden ist. Dies betrifft die Geschädigten N3 und R. Die Kammer erachtet insoweit einen Aufschlag auf den Normaltarif von 10 % für angemessen.
534.
54Da die Klägerin bei der Geltendmachung des Schadens betreffend die Geschädigte N3 die erstattungsfähigen Kosten für die PKW-Klasse 1 entsprechend dem verunfallten Fahrzeug zugrunde gelegt sind, hat sie sich eine Eigenersparnis der Geschädigten im Wege der Vorteilsausgleichung anrechnen zu lassen. Die Ersparnis beträgt nach den maßgeblichen technischen und wirtschaftlichen Verhältnissen 5 % der Mietwagenkosten (BGH NJW 2010, 1445, 1446; OLG Düsseldorf, NVZ 1998, 248). Bei den weiteren Geschädigten entfällt eine Anrechnung, da klassentiefere Fahrzeuge angemietet worden sind.
555.
56Die Kosten der Zustellung und Abholung sind zu ersetzen. Zwar hat die Beklagte deren Anfall bestritten. Im Rahmen ihres von § 287 Abs. 1 ZPO eingeräumten Ermessens, das Beweiserleichterungen auch hinsichtlich der Frage vorsieht, ob ein Schaden entstanden sei, ist nach Auffassung der Kammer eine Zustellung und Abholung eines Mietwagens nach einem Verkehrsunfall aber üblich; die Kosten sind daher erforderlich im Sinne des § 249 BGB. Ein Betrag von 50,00 € für Zustellung und Abholung ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.
57Der Klägerin steht ferner ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Winterreifen zu (vgl. BGH NJW 2013, 1870, 1872). Zwar hat die Beklagte auch diesbezüglich bestritten, dass an dem vermieteten Fahrzeug tatsächlich Winterreifen angebracht waren. Jedenfalls sind diese aber bei der Anmietung eines Fahrzeugs Ende November/Anfang Dezember erforderlich, es ist ferner jedenfalls davon auszugehen, dass der PKW über eine entsprechende wintertaugliche Bereifung verfügte. Da sie in den Sätzen der angewendeten Tabellen nicht enthalten sind, erachtet die Kammer einen Zuschlag in Höhe von 40,00 € für angemessen.
586.
59Der Klägerin steht indes kein zusätzlicher Anspruch auf Erstattung der Prämien für eine Vollkaskoversicherung zu. Soweit sie zur Begründung ihrer Berufung vorgetragen hat, sie habe mit allen Geschädigten einen Selbstbehalt von 600 € bzw. 300 € vereinbart, so ist sie mit diesem Vorbringen nicht zu hören, denn es ist verspätet im Sinne der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO. Die Klägerin hat nicht dargelegt, warum ihr ein früherer Vortrag nicht möglich war, so dass davon auszugehen ist, dass er auf Nachlässigkeit beruht. Es wäre angesichts des Sach- und Streitstands auch angezeigt gewesen, dieses Vorbringen bereits erstinstanzlich in den Rechtsstreit einzuführen.
60Bei der Berechnung der Normaltarifwerte sind Kosten für eine Vollkaskoversicherung bereits immanent, hinsichtlich des N jedenfalls insoweit, als ein Selbstbehalt zwischen 750 € und 950 € vereinbart ist, so dass ein weiterer Aufschlag nicht gerechtfertigt ist. Es ist nicht festzustellen, dass die Klägerin darüberhinausgehende Leistungen erbracht hat.
61Ebenfalls steht der Klägerin kein weiterer Zuschlag für ein Navi-Gerät und zusätzliche Fahrer zu. Diese Positionen sind bei der Anmietung eines Mietwagens zur Überbrückung einer Reparaturdauer nicht ohne weiteres üblich oder für jeden Geschädigten erforderlich. Da die Beklagte den Anfall dieser Positionen bestritten hat, hätte es zum einen weiteren Vorbringens seitens der Klägerin, aber auch eines Beweisantritts bedurft. Dies hat die Klägerin versäumt.
627.
63Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen und der unstreitigen Zahlungen der Beklagten verbleiben Ansprüche der Klägerin betreffend die einzelnen Geschädigten wie folgt:
64Kunde Anspruch Gezahlt Restanspruch
65L 503,41 € 600,00 € 0 €
66N3 392,17 € 280,00 € 112,17 €
67S 405,23 € 373,95 € 31,28 €
68O 771,32 € 830,00 € 0 €
69R 551,32 € 378,92 € 172,40 €
70U 385,93 € 300,00 € 85,93 €
71Insgesamt steht der Klägerin daher aus abgetretenem Recht ein Anspruch gegen die Beklagte in Höhe von 391,78 € zu.
728.
73Verzugszinsen stehen der Klägerin gemäß § 286 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 BGB ab dem 30.01.2013 zu. Die Klage ist am 29.01.2013 zugestellt worden.
74V.
75Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
76Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
77Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.
78Streitwert für das Berufungsverfahren: € 1.658,60
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