Urteil vom Landgericht Düsseldorf - 2a O 367/13
Tenor
I.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Kopien der nachfolgend aufgezählten Urkunden bzw. Bank-, Finanz- und Handelsunterlagen zur Verfügung zu stellen:
a) jegliche Korrespondenz, insbesondere schriftliche Korrespondenz und Email-Korrespondenz, der sich entnehmen lässt, welche unmittelbaren oder mittelbaren Lieferanten oder Geschäftspartner der Beklagten mindestens eine “Global Trade Item Number“ (“GTIN“) bzw. “European Article Number“ (“EAN“) verwenden bzw. welchen unmittelbaren oder mittelbaren Lieferanten oder Geschäftspartnern der Beklagten mindestens eine “Global Trade Item Number“ (“GTIN“) bzw. “European Article Number“ (“EAN“) zuzuordnen ist, die mit einer der nachfolgend aufgeführten Ziffernfolgen beginnt:
• 4047089
oder
• #####/####
oder
• 3661425
oder
• 3661421
oder
• 3661420
oder
• 8300606
oder
• 4330938
b) Auszüge aus dem Warenwirtschaftssystem der Beklagten, soweit nicht vom Antrag zu Ziffer I.a) erfasst, aus welchen sich entnehmen lässt, welche unmittelbaren oder mittelbaren Lieferanten oder Geschäftspartner der Beklagten mindestens eine “Global Trade Item Number“ (“GTIN“) bzw. “European Article Number“ (“EAN“) verwenden bzw. welchen unmittelbaren oder mittelbaren Lieferanten oder Geschäftspartnern der Beklagten mindestens eine “Global Trade Item Number“ (“GTIN“) bzw. “European Article Number“ (“EAN“) zuzuordnen ist, die mit einer der nachfolgend aufgeführten Ziffernfolgen beginnt:
• 4047089
oder
• #####/####
oder
• 3661425
oder
• 3661421
oder
• 3661420
oder
• 8300606
oder
• 4330938
c) sämtliche Rechnungen und Lieferscheine, die Lieferungen von Schuhen betreffen, die (alternativ oder kumulativ)
• im Warenwirtschaftssystem der Beklagten unter einer “Global Trade Item Number“ (“GTIN“) bzw. “European Article Number (“EAN“) registriert sind,
und/oder
• von der Beklagten unter einer “Global Trade Item Number“ (“GTIN“) bzw. „European Article Number“ (“EAN“) vertrieben wurden bzw. — soweit die Beklagte die Schuhe noch auf Lager hat — vertrieben worden wären,
und/oder
• von unmittelbaren oder mittelbaren Lieferanten oder Geschäftspartnern der Beklagten stammen, welche mindestens eine “Global Trade Item Number“ (“GTIN“) bzw. “European Article Number“ (“EAN“) verwenden bzw. welchen mindestens eine “Global Trade Item Number“ (“GTIN“) bzw. “European Article Number“ (“EAN“) zuzuordnen ist,
die mit einer der nachfolgend aufgeführten Ziffernfolgen beginnt:
• 4047089
oder
• #####/####
oder
• 3661425
oder
• 3661421
oder
• 3661420
oder
• 8300606
oder
• 4330938
d) Auszüge aus dem Warenwirtschaftssystem der Beklagten, aus welchen sich - gegebenenfalls aufgeschlüsselt nach Zeitabschnitten und Filialen – die Anzahl und die Verkaufspreise sämtlicher Schuhe entnehmen lassen, die von der Beklagten unter einer “Global Trade Item Number“ (“GTIN“) bzw. “European Article Number“ (“EAN“) vertrieben wurden, die mit einer der nachfolgend aufgeführten Ziffernfolgen beginnt:
• 4047089
oder
• #####/####
oder
• 3661425
oder
• 3661421
oder
• 3661420
oder
• 8300606
oder
• 4330938
soweit die vorstehend genannten Urkunden bzw. Bank-, Finanz- und Handelsunterlagen sich unmittelbar oder mittelbar auf Schuhe beziehen bzw. unmittelbar oder mittelbar mit Schuhen im Zusammenhang stehen,
• die mit den Zeichen
„CON VERSE“
und/oder
gekennzeichnet sind
und
• von der Beklagten im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2010 oder später angeboten, abgegeben, feilgehalten, sonst in den Verkehr gebracht oder zu den genannten Zwecken besessen, eingeführt oder ausgeführt wurden oder werden
wobei in den vorstehend genannten Urkunden bzw. Bank-, Finanz- und Handelsunterlagen Daten, die sich nicht auf Schuhe der vorstehend genannten Art beziehen und hinsichtlich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können, nicht aber Angaben betreffend die jeweiligen Schuh-Typen, Angebotszeiten, -preise und - mengen, Bezugszeiten, -preise und -mengen, Lieferzeiten, -preise und - mengen, Abgabezeiten, -preise und -mengen, Namen von Lieferanten, “Global Trade Item Numbers“ (“GTIN“) bzw. “European Article Numbers“ (“EAN“) und Artikel-Nummern der Beklagten.
II.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 20.000,- EUR vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
1
Tatbestand
3Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Vorlage von Dokumenten nach § 19a MarkenG in Anspruch.
4Die Klägerin ist ein Unternehmen mit Sitz in Neuss. Sie ist die ehemalige Haupt- und heutige Unterlizenznehmerin und Vertriebsgesellschaft der Converse Inc., North Andover, MA 01845, U.S.A., welche insbesondere Schuhe unter der populären und bereits seit 1923 umfangreich benutzten Marke “Converse Bhuck Taylor“ vertreibt. Bei dem Schuh handelt es sich um einen wirtschaftlich erfolgreichen Freizeitschuh weltweit. Seit 1917 wurden mehr als 1 Milliarde Paar dieses Schuhs verkauft.
5Die Converse Inc. war mindestens bis einschließlich dem Jahr 2011 Inhaberin einer Reihe von Marken, welche die Bezeichnungen “Converse‘, ‘All Star“ und “Chuck Taylor“ in Deutschland schützen. Dabei handelt es sich unter anderem um die nachfolgend aufgeführten Marken
6„CONVERSE“, DE02001711
7,DE01129307
8die jeweils in Klasse 25 für Schuhe eingetragen sind. Die vorstehend genannten Marken sind auf das Unternehmen B.V., D1 1, I 1213 NL, Niederlande, übergegangen. Die Klägerin war Hauptlizenznehmerin der Converse Inc. unter anderem hinsichtlich der oben genannten Marken; heute ist sie Unterlizenznehmerin der Converse Inc., die die Marken ihrerseits von der B.V. lizenziert hat.
9Die Beklagte ist ein Unternehmen mit Sitz in Düsseldorf. Sie vertrieb mindestens bis einschließlich zum Jahr 2010 deutschlandweit Schuhe der Marke “Converse Bhuck Taylor“.
10Das Hanseatische Oberlandesgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 15.09.2011, Az. 3 U 154/10, wegen dessen Inhalt auf die Anlage K 10 verwiesen wird, unter anderem zu Unterlassung und Auskunftserteilung verurteilt und das Bestehen der Schadensersatzpflicht festgestellt, weil die Beklagte nicht darlegen und beweisen konnte, dass es sich bei diversen in den Filialen der Beklagten testkäuflich erworbenen Schuhen um Originalware handelt, die von oder mit Zustimmung der Markeninhaberin innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums in den Verkehr gebracht wurde. Das Urteil ist rechtskräftig, die von der Beklagten eingereichte Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BGH mit Beschluss vom 08.03.2013, Az. 1 ZR 183/11, zurückgewiesen.
11Weiterhin ließ die Klägerin aufgrund eines im Jahr 2010 gegen die Beklagte ergangenen erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Hamburg Ende 2010 und Anfang 2011 deutschlandweit in mehreren Filialen der Beklagten von Gerichtsvollziehern mehrere tausend Paar Schuhe der Marke “Converse Bhuck Taylor“ sicherstellen. Die von den Gerichtsvollziehern beschlagnahmten Schuhe wurden Anfang 2011 von Produktexperten von Converse Inc. unter Anwesenheit von Herrn Rechtsanwalt Dr. T2 stichprobenartig auf ihre Fälschungseigenschaft untersucht.
12Die Klägerin trägt vor, sie sei von der Markeninhaberin ermächtigt worden, die sich aus den Klagemarken ergebenden Rechte im eigenen Namen geltend zu machen; zudem sei ihr eine Ermächtigung zur Einziehung der Schadensersatzbeträge erteilt worden. Sie habe umfangreiche Testkäufe in Geschäften der Beklagten durchführen lassen. Alle nachfolgend unter Ziff. III des Klageschriftsatzes beispielhaft aufgeführten, testkäuflich bei der Beklagten erworbenen Schuhe der Marke “Converse Bhuck Taylor“ seien von Mitarbeitern der Klägerin an die Produktexperten von Converse Technical Services in China übermittelt worden. Sämtliche unter Ziff. III aufgeführten Schuhe der Marke “Converse Bhuck Taylor“ seien von den Produktexperten von Converse Technical Services untersucht worden. Die Begutachtung habe ergeben, dass es sich bei allen unter Ziff. III aufgeführten Schuhen um Fälschungen handelt.
13Die Klägerin ist der Auffassung, sie müsse nicht beweisen, dass die Beklagte Fälschungen vertrieben habe, da sie dezidiert an Hand von Merkmalen vorgetragen habe, dass es sich vorliegend um Fälschungen handele.
14Die Klägerin beantragt unter Stellung eines weiteren konkretisierten Hauptantrages sowie einer zeitlichen Begrenzung des Antrags auf Verletzungshandlungen seit dem Jahr 2010 nunmehr,
15I.
16zu erkennen wie geschehen.
17Hilfsweise:
18Ia.
19die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin für alle von ihr im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland angebotenen, abgegebenen, feilgehaltenen, sonst in den Verkehr gebrachten oder zu den genannten Zwecken besessenen, eingeführten oder ausgeführten
20Schuhe, die mit den Zeichen
21„CON VERSE“
22und/oder
23 24gekennzeichnet sind, insbesondere wie nachfolgend abgebildet
25 26für die sie nicht nachweisen kann, dass diese durch die Converse Inc. oder die B.V. oder mit Zustimmung der Converse Inc. oder der B.V. hergestellt und im Inland, einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem weiteren Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind
27kumulativ die nachfolgend aufgezählten Urkunden bzw. Bank-, Finanz- bzw. Handelsunterlagen vorzulegen:
28a) Urkunden und Unterlagen, insbesondere Lieferscheine, Rechnungen und Auszüge aus dem Warenwirtschaftssystem der Beklagten, für sämtliche Lieferungen, aus welchen diese Schuhe stammen, aus welchen sich für jede Lieferung wenigstens der Name und die Anschrift des Lieferanten, das Lieferdatum, die Anzahl der gelieferten Schuhe und der dafür von der Beklagten bezahlte Preis sowie die jeweilige Metro-Artikelnummer bzw. die jeweiligen MetroArtikelnummern entnehmen lassen,
29b) Urkunden und Unterlagen, insbesondere Auszüge aus dem Warenwirtschaftssystem der Beklagten, aus welchen sich — gegebenenfalls aufgeteilt nach Zeitabschnitten — für jede Metro-Artikelnummer, die einem dieser Schuhe zuzuordnen ist, entnehmen lässt, wie viel Paar Schuhe unter dieser Metro-Artikelnummer insgesamt bezogen wurden und welcher Gesamtpreis dafür bezahlt wurde,
30c) Urkunden und Unterlagen, insbesondere Auszüge aus dem Warenwirtschaftssystem der Beklagten, aus welchen sich für jede Metro-Artikelnummer, die einem dieser Schuhe zuzuordnen ist, entnehmen lässt, für welchen bzw. für welche Lieferanten, für welches Lieferdatum bzw. für welchen Lieferzeitraum und für welchen Schuh-Typ (SKU) bzw. für welche Schuh-Typen (SKUs) diese MetroArtikelnummer steht,
31d) jegliche geschäftliche Korrespondenz zwischen der Beklagten und den Lieferanten dieser Schuhe, aus welchen sich Namen und/oder Anschriften weiterer Vorbesitzer dieser Schuhe entnehmen lassen,
32e) Urkunden und Unterlagen, insbesondere Auszüge aus dem Warenwirtschaftssystem der Beklagten, aus welchen sich für jeden dieser Schuhe, der von der Beklagten verkauft oder sonst in den Verkehr gebracht wurde, wenigstens die MetroArtikelnummer, das Verkaufsdatum und der Verkaufspreis entnehmen lässt,
33f) Urkunden und Unterlagen, insbesondere Auszüge aus dem Warenwirtschaftssystem der Beklagten, aus welchen sich — gegebenenfalls aufgeteilt nach Zeitabschnitten — für jede Metro-Artikelnummer, die einem dieser Schuhe zuzuordnen ist, entnehmen lässt, wie viel Paar Schuhe unter dieser Metro-Artikelnummer insgesamt verkauft oder sonst in den Verkehr gebracht wurde und welcher Gesamtumsatz damit erzielt wurde,
34g) Urkunden und Unterlagen, insbesondere Auszüge aus dem Warenwirtschaftssystem der Beklagten, aus welchen sich der aktuell bei der Beklagten vorhandene Bestand dieser Schuhe entnehmen lässt,
35wobei
36Daten in den vorstehend genannten Urkunden und Unterlagen, die sich auf keine der vorstehend genannten Angaben beziehen und hinsichtlich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können.
37Höchst hilfsweise:
38I.b.
39- 40
1. Die Klägerin zu verpflichten, für sämtliche Lieferungen, aus welchen die Schuhe stammen, die in der diesem Urteil als Anlage beigefügten Anlage K 13 der Klageschrift vom 20. Dezember 2013 aufgeführt sind,
a) Urkunden und Unterlagen, insbesondere Lieferscheine, Rechnungen und Auszüge aus dem Warenwirtschaftssystem der Beklagten, vorzulegen, aus welchen sich wenigstens der Name und die Anschrift des Lieferanten, das Lieferdatum, der bezahlte Preis und die zugehörige Metro-Artikelnummer bzw. die zugehörigen Metro-Artikelnummern entnehmen lassen,
42und
43b) jegliche geschäftliche Korrespondenz zwischen der Beklagten und den Lieferanten dieser Lieferungen vorzulegen, aus welchen sich Namen und/oder Anschriften weiterer Vorbesitzer dieser Lieferungen entnehmen lassen,
44und
45- 46
2. für alle von ihr im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland angebotenen, abgegebenen, feilgehaltenen, sonst in den Verkehr gebrachten oder zu den genannten Zwecken besessenen, eingeführten oder ausgeführten
Schuhe, die mit den Zeichen
48„CON VERSE“
49und/oder
50 51gekennzeichnet sind, insbesondere wie nachfolgend abgebildet
52 53kumulativ die nachfolgend aufgezählten Urkunden bzw. Bank-, Finanz- bzw. Handelsunterlagen vorzulegen:
54a) Urkunden und Unterlagen, insbesondere Auszüge aus dem Warenwirtschaftssystem der Beklagten, aus welchen sich — gegebenenfalls aufgeteilt nach Zeitabschnitten — wenigstens entnehmen lässt, welche Anzahl Schuhe von der Beklagten bezogen wurde und welche Preise die Beklagte dafür jeweils pro Paar bezahlt hat oder — sollte sich diese Information dem Warenwirtschaftssystem der Beklagten nicht entnehmen lassen — welche Preise die Beklagte dafür im Durchschnitt pro Paar bezahlt hat oder — sollte sich diese Information dem Warenwirtschaftssystem der Beklagten nicht entnehmen lassen — welche Preise die Beklagte für diese Schuhe insgesamt bezahlt hat,
55b) Urkunden und Unterlagen, insbesondere Auszüge aus dem Warenwirtschaftssystem der Beklagten, aus welchen sich — gegebenenfalls aufgeteilt nach Zeitabschnitten — wenigstens entnehmen lässt, welche Anzahl Schuhe von der Beklagten verkauft oder sonst in den Verkehr gebrachten wurden und welche Preise der Beklagten dafür jeweils pro Paar bezahlt wurden oder — sollte sich diese Information dem Warenwirtschaftssystem der Beklagten nicht entnehmen lassen — welche Preise der Beklagten dafür im Durchschnitt pro Paar bezahlt oder — sollte sich diese Information dem Warenwirtschaftssystem der Beklagten nicht entnehmen lassen — welche Preise der Beklagten für diese Schuhe insgesamt bezahlt wurden,
56Die Beklagte beantragt,
57die Klage abzuweisen.
58Die Beklagte trägt vor, dass die Klägerin zur Geltendmachung des Anspruchs nicht berechtigt und ermächtigt sei. Die Ermächtigung stamme nicht von der Markeninhaberin. Im nachgelassenen Schriftsatz trägt die Beklagte vor, dass es an der Vertretungsbefugnis der Person, die die Ermächtigungen unterzeichnet habe, fehle. Zudem fehle der Klage das Rechtsschutzbedürfnis und den Anträgen hinreichende Bestimmtheit.
59Sie stellt in Abrede, dass die in Rede stehenden Testkäufe durchgeführt worden seien und es sich bei den jeweils erworbenen Schuhen um Fälschungen handele. Die Markeninhaberin betreibe systematisch die Marktabschottung im Europäischen Wirtschaftsraum. Eine Offenlegung ihrer Bezugsquelle sei ihr unzumutbar. Die Klägerin habe daher darzulegen und zu beweisen, dass an der fraglichen Ware tatsächlich keine Erschöpfung eingetreten sei. Im Übrigen sei der Vorlageanspruch weder erforderlich noch verhältnismäßig. Ein Anspruch für den Zeitraum vom dem 01.01.2010 stehe die Einrede der Verjährung entgegen. Schließlich habe die Klägerin den Anspruch verwirkt.
60Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
61Entscheidungsgründe
62Die Klage ist zulässig und begründet.
63A.
64Die Klägerin ist zur Führung des Prozesses berechtigt, die Anträge sind hinreichend bestimmt und es besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für die Geltendmachung des Vorlageanspruchs.
65I.
66Die Klägerin ist prozessführungsbefugt.
671.
68Nach § 30 Abs. 3 MarkenG kann der Lizenznehmer Klage wegen Verletzung einer Marke nur mit Zustimmung des Markeninhabers erheben (vgl. BGH, GRUR 2012, 631, 632 – Converse II). Die Klägerin ist zudem berechtigt, den fremden Schaden im eigenen Namen geltend zu machen, da sie zur Einziehung ermächtigt worden ist. Beides ergibt sich aus den Anlagen K 40/40a und K 41/41a.
69Der Einwand der Beklagten, es werde nicht hinreichend deutlich, wann die Übertragung der Klageschutzrechte zwischen der Converse Inc. und der B.V. erfolgt und somit auch nicht hinreichend deutlich, ob die eine oder andere Firma die Ermächtigung hat aussprechen können, bleibt ohne Erfolg. Da beide Firmen die Klägerin zur Prozessführung und zur Einziehung ermächtigt haben, bedarf es der zeitlichen Differenzierung nicht.
70Die Ermächtigungen der Anlagen K 40/40a und K 41/41a sind auch hinreichend bestimmt. Von einer unwirksamen Generalermächtigung kann vorliegend nicht ausgegangen werden, da die Klägerin für ihr Vertriebsgebiet zur Geltendmachung von Ansprüchen ermächtigt worden ist. Eine Aufführung der einzelnen Prozesse ist nicht erforderlich. Eine solche Ermächtigung könnte dann nur rückwirkend für jedes Verfahren erteilt werden und würde gleichzeitig eine – vorherige – Ermächtigung in einem Lizenzvertrag ausschließen. Aus den Erklärungen wird hinreichend deutlich, dass die Klägerin für Verfahren in bestimmten Ländern für das Lizenzgebiet für bestimmte Marken, die den jeweiligen Ermächtigungen beigefügt sind, markenrechtliche Ansprüche im eigenen Namen geltend machen kann. Die Ansprüche der Klägerin sind im Zeitpunkt ihres Entstehens bestimmbar.
712.
72Soweit die Beklagte erstmals im nachgelassenen Schriftsatz vom 14.01.2015 die Befugnis der unterzeichnenden Person zur Vertretung der Gesellschaft – der Lizenzgeber bzw. Markeninhaberin – bestreitet, bleibt dies unberücksichtigt.
73a)
74Grundlage einer Entscheidung kann aufgrund des Mündlichkeitsgrundsatzes nur sein, was Gegenstand der mündlichen Verhandlung war (BGH, NJW 1997, 397, 398). § 283 ZPO lässt lediglich zu, dass sich eine Partei auf ihren Antrag zu einem nicht rechtzeitigen, neuen Vorbringen des Gegners innerhalb einer vom Gericht gewährten Frist nach der mündlichen Verhandlung noch äußern kann. Der im nachgelassenen Schriftsatz über eine Erwiderung hinausgehende neue Sachvortrag darf ohne Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung vom Gericht bei der Entscheidung nicht berücksichtigt werden (BayVerfGH, Beschluss vom 19.12.2005, Vf. 26-VI-05, zitiert nach juris). Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist – wie weiter unten noch ausgeführt wird – nicht angezeigt.
75b)
76Gegenstand der Schriftsatzfrist war ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung der letzte Schriftsatz der Klägerin vom 08.12.2014 und die in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Antragsänderungen durch die Klägerin. Im Schriftsatz vom 08.12.2014 wurde die Unterschriftenbefugnis der unterzeichnenden Person der Ermächtigungen nicht angesprochen, da sie bis zum Schriftsatz der Beklagten vom 14.01.2015 zwischen den Parteien nicht im Streit stand. Allein die Erwähnung der Ermächtigungen der Anlagen K 40/40a und K 41/41a im klägersichen Schriftsatz vom 08.12.2014 führt nicht dazu, dass die Beklagte nach Schluss der mündlichen Verhandlung weitere – bis zu diesem Zeitpunkt unstreitige – Tatsachen zulässigerweise bestreiten kann. Dieses Bestreiten stellt neuen Sachvortrag dar, der unberücksichtigt zu bleiben hat (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 283 Rz. 5). Hierzu wurde der Beklagten kein Schriftsatznachlass gemäß § 283 ZPO eingeräumt.
77c)
78Auf die Frage, ob es sich bei der Prozessführungsbefugnis um einen von Amts wegen zu berücksichtigenden Umstand handelt (vgl. § 56 ZPO), kommt es nicht an. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung bestand für eine von Amts wegen durchzuführende Prüfung kein Anlass. Im Übrigen sind die Vorschriften der §§ 282 Abs. 2, 296 Abs. 3 ZPO für den vorliegenden Fall nicht einschlägig.
79II.
80Der Antrag zu Ziffer I. genügt den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
81Der Kläger muss den Streitgegenstand und den Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts klar umreißen. Ein auf Unterlassung gerichteter Antrag muss unter Bezugnahme auf die konkrete Verletzungshandlung so bestimmt gefasst sein, dass er auch für das Vollstreckungsgericht hinreichend klar erkennen lässt, was der Beklagte zu unterlassen hat (BGH, GRUR 2010, 749, 750 – Erinnerungswerbung im Internet; GRUR 2008, 357 – Planfreigabesystem; vgl. auch OLG Hamm, GRUR-RR 2013, 306, 307). Gleiches gilt für den vorliegenden Antrag auf Vorlage von Unterlagen. Diesen Anforderungen wird der Antrag der Klägerin insoweit gerecht, als dass durch die Wörter „und zwar“ hinreichend konkret zum Ausdruck kommt, welche Angaben die Beklagten gegenüber der Klägerin zu machen haben, um ihrer Auskunftsverpflichtung nachzukommen. Hieran ändert auch nichts der Umstand, dass die Klägerin das Wort „Korrespondenz“ verwendet, da damit unzweifelhaft der Schriftverkehr bezüglich verschiedener Händler gemäß den GTIN- bzw. EAN Nummern gemeint ist. Die Frage, ob die Beklagte ihrer Verpflichtung nachkommen kann, ist eine Frage des Vollstreckungsverfahrens.
82III.
83Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Dieses ergibt sich im Allgemeinen daraus, dass ein behaupteter Anspruch nicht erfüllt wird (BGH, GRUR 1980, 241, 242 – Rechtsschutzbedürfnis). Nur in Ausnahmefällen, bei objektiv sinnlosen Klagen, die nicht in eine Begründetheitsprüfung gelangen sollen, kann das Rechtsschutzbedürfnis fehlen (vgl. BGH GRUR 2006, 421 – Markenparfümverkäufe). Ein solcher Fall liegt ersichtlich nicht vor. Die Klägerin hat für den vorliegend geltend gemachten Anspruch noch keinen Titel erlangt. Soweit die Möglichkeit besteht, dass sich der Anspruch nach § 19a MarkenG inhaltlich mit anderen Ansprüchen überschneiden könnte, mithin die Frage besteht, in welchem Umfang der Vorlageanspruch besteht, ist dies eine Frage der Begründetheit und soll gerade im hiesigen Verfahren geklärt werden. Dem Grunde nach unterscheidet sich der geltend gemachte Anspruch nach § 19a MarkenG inhaltlich von den Ansprüchen, die im Verfahren vor dem Landgericht Hamburg geltend gemacht worden sind. Da die Beklagte den geltend gemachten Anspruch umfassend in Frage stellt, begründet dies erst Recht einen Anspruch der Klägerin auf eine gerichtliche Prüfung.
84B.
85Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch zu. Die von der Beklagten vorgetragenen Einwände greifen nicht durch.
86I.
87Der Anspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten auf Vorlage von Dokumenten ergibt sich aus § 19a MarkenG.
881.
89Vorliegend ist von einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit einer Rechtsverletzung im gewerblichen Ausmaß gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auszugehen.
90a)
91Die Beklagte hat mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in ihren Verkaufsstellen Schuhe mit den beiden Klagemarken in den Verkehr gebracht und damit die Klagemarken „Converse“ (2001711), ihrer deutschen Wort-/Bildmarke““ (1129307) verletzt.
92Dies haben nicht nur das Landgericht Hamburg und das Hanseatische Oberlandesgericht mit Urteil vom 15.09.20011 (3 U 154/10) rechtkräftig festgestellt, so dass es diesbezüglich eines substantiierten Sachvortrags der Beklagten bedurft hätte, aus welchen Gründen diese Feststellungen unzutreffend sind. Sowohl im Verfahren vor den Gerichten in Hamburg als auch im vorliegenden Verfahren ging es unter anderem um zwei Testkäufe am 21.01.2010 und am 04.02.2010 in Neuss.
93Es ist vorliegend von einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit einer Markenrechtsverletzung auszugehen, da der Sachvortrag der Klägerin als zugestanden gilt, § 138 Abs. 3 ZPO. Die Beklagte hat den konkreten Sachvortrag der Klägerin, mit welchem sie ausführlich verschiedene Testkäufe, unter anderem die am 21.01.2010 und 04.02.2010, schriftsätzlich dargelegt hat, nicht hinreichend konkret in Frage gestellt. Sie hätte sich an Hand der Einkaufsbelege, die die Klägerin durch die Testkäufe erhalten hat, und auf denen durch die GTIN (EAN)-Ziffernfolge Schuhe sehr konkret bezeichnet werden, einlassen können. Dies gilt erst Recht, weil ausweislich der Einkaufsbelege die Schuhe in Filialen der Beklagten erworben worden sind. Dass die Einkaufsbelege inhaltlich unzutreffend gewesen sein sollen, behauptet die Beklagte nicht.
94Soweit die Beklagte bestreitet, „sie habe ganz erhebliche Mengen gefälschter Schuhe vertrieben“, reicht dieser Sachvortrag für ein erhebliches Bestreiten nicht aus. Gleiches gilt für den Vortrag der Beklagten, „höchst vorsorglich (werde) der gesamte Vortrag zu den angeblich bei der Beklagten erworbenen und angeblich gefälschten Schuhen ausdrücklich bestritten“. Ein solcher Sachvortrag stellt ein pauschales Bestreiten dar, welches unbeachtlich ist und die Geständniswirkung zur Folge hat (BGH, NJW 2010, 1357; MüKoZPO/Wagner, 4. Aufl, § 138 Rz. 19). Dass es der Beklagten nicht möglich gewesen wäre, sich über ihr eigene GTIN(EAN)-Ziffernfolge zu äußern, behauptet sie noch nicht einmal. Auch das weitere Argument, die Klägerin würde die „angeblich gefälschten Schuhe, die die Klägerin gekauft haben will“, nicht vorlegen, ist unbehelflich. Hierauf kommt es für die Erklärungslast der Beklagten nicht an. Die Klägerin hat im Einzelnen dargelegt, an Hand welcher Kriterien sie festgestellt hat, dass es sich um Produktfälschungen gehandelt hat, mithin von einer Markenverletzung auszugehen wäre. So hat die Klägerin vorgetragen, dass die erworbenen Schuhe keine Übereinstimmung der Herstellungsmerkmals des Heel Wedge hätten, zum Teil der Scan des Zungen-Labels keine Reaktion zeige, zum Teil die Konstruktion des Sockliner nicht mit denen der Originalschuhe übereinstimmten. Hierauf geht die Beklagte nicht ein. Aus welchen Gründen die Beklagte mithin für ihren Vortrag darauf angewiesen wäre, dass die gekauften Schuhe zur Gerichtsakte gelangen, ist nicht nachvollziehbar, da sie für die Behauptung, es läge keine Produktfälschung vor, keinen Beweis angetreten hat, insbesondere nicht den Beweis eines Sachverständigengutachten angetreten hat.
95Eine Zustimmung für das Inverkehrbringen seitens der Klägerin hat die Beklagte nicht behauptet. Sie behauptet lediglich, die Klägerin sei aus Rechtsgründen dazu verpflichtet, darzulegen und zu beweisen, dass es sich vorliegend um Produktfälschungen handele.
96b)
97Der Einwand der Beklagten, sie müsse die Voraussetzungen der Erschöpfung nach § 24 MarkenG nicht darlegen und beweisen, bleibt ohne Erfolg. Dementsprechend kann tatrichterlich nicht festgestellt werden, dass Erschöpfung eingetreten ist.
98Nach § 24 MarkenG gewährt die Marke ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm, dem Inhaber, oder mit seiner Zustimmung in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht worden sind. Der Gesetzgeber hat das Inverkehrbringen innerhalb der Gemeinschaft mit Zustimmung des Markeninhabers als Einwand konzipiert. Es ist daher Sache der Beklagten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die von ihr veräußerten Sportschuhe Originalware sind und mit Zustimmung der Markeninhaberin in der Gemeinschaft in Verkehr gebracht worden sind (vgl. BGH GRUR 2000, 879, 880 – stüssy I; BGH GRUR 2004, 156, 158 – stüssy II; BGH GRUR 2012, 626, 628 – Converse I). Allerdings wird den Markeninhaber, der eine Produktfälschung behauptet, regelmäßig eine sekundäre Darlegungslast treffen, weil er ohne Weiteres Aufklärung darüber leisten kann, auf Grund welcher Anhaltspunkte vom Vorliegen von Produktfälschungen auszugehen ist (BGH; GRUR 2012, 626, 628 – Converse I). Dieser sekundären Darlegungslast ist die Klägerin nachgekommen.
99Die Beklagte hat indes nicht hinreichend dargelegt, dass es sich vorliegend um Originalware handelt, so dass allein deshalb der Einwand der Erschöpfung erfolglos bleibt (nachfolgend unter aa)). Darüber hinaus kann nicht tatrichterlich festgestellt werden, dass diese Ware – als weitere Voraussetzung – mit Zustimmung des Markeninhabers in den Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden ist (nachfolgend unter bb)).
100aa)
101Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass bereits für die erste Voraussetzung, nämlich ob es sich bei den streitgegenständlichen Schuhen um Produktfälschungen handelt, eine Modifizierung der Darlegungs- und Beweislastregeln unter Beachtung von Artt. 34 und 36 AEUV in Betracht kommt. In diesem Zusammenhang ist der potentielle Verletzer nicht gezwungen, seine Lieferkette dem Markeninhaber offen zu legen. Denn Hintergrund der modifizierten Beweislastregel ist die Gefahr, dass der Markeninhaber die nationalen Märkte durch die Kenntnis der Lieferkette abschotten kann (vgl. BGH; GRUR 2012, 626, 628 – Converse I). Dies ist unabhängig von der Frage, ob eine Produktfälschung vorliegt oder nicht. Die Gefahr der Marktabschottung besteht lediglich dann, wenn der Verletzer seine gesamte Lieferkette offen legen muss.
102Dass es sich vorliegend um Originalware handelt, hat die Beklagte nicht ansatzweise dargelegt. Sie hat lediglich den Tatsachenvortrag der Klägerin bestritten ohne ihrer eigenen Darlegungs- und Beweislast nachzukommen.
103bb)
104Die Beklagte hat auch die weitere Voraussetzung des § 24 Abs. 1 MarkenG, dass die Originalware mit Zustimmung des Markeninhabers oder eines Dritten zulässigerweise in den Verkehr gebraucht worden ist, nicht hinreichend dargelegt. Eine Modifizierung der oben genannten Beweislastregel aufgrund der Erfordernisse des namentlich in den Artt. 34 und 36 AEUV verankerten Schutzes des freien Warenverkehrs wegen einer Marktabschottung kommt vorliegend nicht in Betracht. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Beweisführung durch den in Anspruch genommenen Dritten es dem Markeninhaber ermöglichen würde, die nationalen Märkte abzuschotten und damit die Beibehaltung von etwaigen Preisunterschieden zwischen den Mitgliedstaaten zu begünstigen (vgl. EuGH, GRUR 2003, 512, Rz. 33- 38; GRUR 2011, 820, Rz. 28 – Kuchenbesteck).
105(1)
106Eine Marktabschottung ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Markeninhaber seine Waren über ein ausschließliches Vertriebssystem in Verkehr bringt, bei dem es in allen Ländern der Europäischen Union jeweils nur einen Alleinvertriebsberechtigten gibt, der verpflichtet ist, die Ware nicht an Zwischenhändler zum Weitervertrieb außerhalb seines jeweiligen Vertragsgebiets abzugeben. Mit einem solchen System kann der Markeninhaber verhindern, dass die in Rede stehende Ware im Binnenmarkt grenzüberschreitend vertrieben wird und hierdurch die Beibehaltung etwaiger Preisunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten begünstigen (vgl. BGH, GRUR 2004, 156, 158 - stüssy II). Müsste der Dritte in solchen Fällen beweisen, an welchem Ort die Waren vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung erstmals in den Verkehr gebracht wurden, könnte sich der Markeninhaber dem Inverkehrbringen der erworbenen Waren widersetzen und dem Dritten, wenn diesem der Nachweis gelänge, dass er von einem Glied des ausschließlichen Vertriebsnetzes des Markeninhabers im europäischen Wirtschaftsraum beliefert wurde, seinerseits für die Zukunft jede weitere Bezugsmöglichkeit bei diesem abschneiden (BGH, GRUR 2004, 156, 158 - stüssy II; OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.5.2011, Az. I-20 U 157/10; OLG Hamburg, Urteil vom 15.9.2011, Az. 3 U 154/10).
107Dagegen begründet ein Vertriebssystem dann nicht die Gefahr der Marktabschottung durch vertragliche Absprachen, wenn es den angeschlossenen Vertriebspartnern gestattet ist, Lieferungen auf Anfragen vorzunehmen, die von außerhalb des Vertriebssystems stehenden Händlern an sie herangetragen werden (BGH, GRUR 2012, 626, 628 – Converse I). Dabei obliegt die Beweislast für das Bestehen einer tatsächlichen Gefahr der Abschottung der nationalen Märke ebenfalls der Beklagten (BGH, GRUR 2004, 156, 158 - stüssy II; OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.5.2011, Az. I-20 U 157/10; OLG Hamburg, Urteil vom 15.9.2011, Az. 3 U 154/10).
108Die Beklagte legt indes keine konkreten Tatsachen dar, aus denen sich im Einzelnen oder in der Gesamtschau die Gefahr einer Marktabschottung ergeben könnte. Ihr Vorbringen erlaubt weder die Feststellung eines ausschließlichen noch eines anderen Vertriebssystems, bei dem es den ausgewählten Vertragspartnern der Converse Inc. untersagt ist, ihre Produkte an Zwischenhändler außerhalb des Vertriebssystems zu verkaufen.
109(2)
110Eine Markabschottung ist nicht festzustellen.
111(a)
112Es gibt in allen Ländern der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums jeweils nur einen Alleinvertriebsberechtigten (Generalimporteur) für Waren der der Lizenzgeberin der Klägerin.
113Der von der Beklagten als Anlage B 1 vorgelegte Lizenzvertrag zwischen der Converse Inc. und einer italienischen Lizenznehmerin spricht nicht für die Gefahr einer Marktabschottung.
114Dieser Vertrag betrifft bereits nicht den deutschen Markt, auf dem die streitgegenständlichen Testkäufe stattgefunden haben, mithin sich die Frage stellt, ob die Beklagte markenverletzende Produkte in den Verkehr gebracht hat.
115Soweit die Beklagte der Auffassung ist, in dem Lizenzvertrag sei ein Verbot passiver Verkäufe verankert, was zu einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung führe, die nach Art. 101 AEUV bzw. § 1 GWG kartellrechtswidrig sei (vgl. EuGH, Urteil vom 13.03.2013, C-32/11, zitiert nach juris; EuGH, GRUR 2012, 844 – Pierre Farbre), kann dies nicht überzeugen. Bereits dem Wortlaut nach stehen die Regelungen des Lizenzvertrages Passivverkäufen, also gebietsüberschreitende Verkäufe auf eine Anfrage des Interessenten hin, denen keine aktive Auftragswerbung des Generalimporteurs/Lizenznehmers zugrunde liegt, nicht entgegen (vgl. BGH, NJW-RR 2004, 689, 690). Dies gilt sowohl für die einzelnen Vertragsklauseln als auch für eine wertende Gesamtbetrachtung.
116Die Beklagte trägt vor, aus Ziff. II 3b des Lizenzvertrages würde sich ein solches Verbot des passiven Verkaufs ergeben. Bereits dieser argumentative Ansatz ist fraglich. Zum einen lässt dies bereits unberücksichtigt, dass die Auslegung eines Lizenzvertrages nicht am reinen Wortlaut eines Satzes eines umfangreichen Lizenzvertrags verhaften bleibt. Willenserklärungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, mit dem für die Auslegung maßgeblichen Umständen vertrauter objektiver Beobachter sie versteht (BGH, NJW 2011, 1434, 1435; 1990, 1656, 1658). Dabei bildet der Wortlaut den Ausgangspunkt für die Auslegung einer Individualvereinbarung. Der übereinstimmende Parteiwille geht jedoch dem Wortlaut vor (BGH, Urteil vom 15.10.2014, XII ZR 111/12 Rz. 48). Nicht nur, dass der Vertrieb außerhalb der Vertriebskanäle durch die Lizenzgeberin genehmigt werden kann, sondern darüber hinaus hat sich die Lizenznehmerin kein exklusives Vertriebsgebiet vorgehalten, welches durch sie beliefert werden darf. Eine dahingehende Beschränkung gemäß der Anlage E des Lizenzvertrags hat die Beklagte nicht dargelegt. Denn – soweit ersichtlich – besteht keine Anlage E. Schließlich ist der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien des Lizenzvertrages dahingehend zu verstehen, dass eine solche Beschränkung des passiven Verkaufs gerade nicht vereinbart werden solle. Denn ausweislich Ziff. II 3c des Lizenzvertrages mit der italienischen Lizenznehmerin ist es dieser ausdrücklich gestattet, grenzübergreifende Passivverkäufe vorzunehmen. Zudem ist die Lizenznehmerin nicht verpflichtet, ihren Abnehmern wiederum Beschränkungen hinsichtlich des Weiterverkaufs aufzuerlegen. Damit ist der Markt auf Ebene der Kunden der Lizenznehmer für grenzüberschreitende Lieferungen in beide Richtungen offen. Gleiches gilt im Ergebnis für Ziff. III. 8a) des Lizenzvertrages. Auch dort wird wiederum auf die Anlage E Bezug genommen. Ferner ist die Regelung der Ziff. III. 9 im Zusammenhang mit der erteilten Lizenz zu sehen.
117Das von der Beklagten behauptete, von der Klägerin bestrittene lizenzvertragliche Verbot, die Ware der Klägerin übers Internet zu vertreiben, bildet keinen hinreichenden Anhaltspunkt, von einem geschlossenen Vertriebssystem auszugehen, weil dies allenfalls Aktivverkäufe, nicht aber Passivverkäufe auf Anfrage der Interessenten beträfe.
118(b)
119Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem als Anlage B 2 vorgelegten Lizenzvertrag mit der KESBO Sport B.V., der kein Verbot von Passivverkäufen enthält.
120Die Beklagte trägt vor, dass nach Ziff. 3.3a) lediglich aktive Verkäufe untersagt sind. Sie will indes aus der Regelung über die Vertragsstrafe (Ziff. 4.6a)) den Schluss ziehen, diese gelte sowohl für aktive als auch für passive Verkäufe. Dies erschließt sich für die Kammer deshalb nicht, weil lediglich solche Handlungen des Lizenznehmers mittels Vertragsstrafe sanktioniert werden können, die eine Vertragsverletzung im Sinne von Ziff. 3.3 des Lizenzvertrages darstellen können. Im Übrigen wird auf die vorstehenden Ausführungen unter (a) Bezug genommen.
121(c)
122Neben der Gefahr einer Markabschottung durch vertragliche Regelung kann sich eine solche auch durch ein tatsächliches Verhalten ergeben (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 24 Rz. 44). So kann etwa dem Vertriebspartner, der vertraglich gestattete Lieferungen an Außenseiter vornimmt, in Aussicht gestellt werden, nach Ablauf der Vertragszeit keine Vertragsverlängerung zu erhalten, der Warenbezug kann erschwert und es kann auf andere Weise Druck auf ihn ausgeübt werden (OLG Stuttgart, Urteil vom 29.11.2014, 2 U 89/12, zitiert nach beck-online). Aufgrund des Vortrags der Beklagten lässt sich eine solche tatrichterliche Feststellung nicht treffen.
123(aa)
124Dass die Klägerin ihre Produkte mit Codierung versieht, spricht für sich allein nicht dafür, dass der Lizenznehmerin passive Verkäufe untersagt sind. Es bestehen legitime Bedürfnisse auf Seiten der Klägerin, ihre Ware mit Codierungen zu versehen, um die von ihr gewünschte Produktpflege vornehmen zu können.
125(bb)
126Die Beklagte trägt ferner vor, ausweislich der eMail vom 06.02.2007 (Anlage B 3) habe die Klägerin einen grenzüberschreitenden Verkauf von Lizenzware nach Italien wegen eine Verbots durch die Lizenzgeberin abgelehnt.
127Bereits der Bundesgerichtshof hat in seiner Converse I-Entscheidung darauf hingewiesen, dass es zu beachten sei, ob eine Aussage vom Lizenzgeber getroffen wird oder nicht. Vorliegend handelt es sich nicht um eine Äußerung der Lizenzgeberin, sondern um diejenige des Generalvertreters einer Lizenznehmerin. Die Aussage eines der Generalimporteure gibt keinen Aufschluss darüber, dass die Lizenzgeberin den Warenverkehr zwischen Händlern in den Mitgliedstaaten durch tatsächliche Maßnahmen unterbindet, um ein unterschiedliches Preisniveau in den einzelnen Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums aufrechtzuerhalten.
128Darüber hinaus ist der eMail auch keine klare und allgemeine Verpflichtung der Alleinvertriebsberechtigten durch die Markeninhaberin zu entnehmen, die Ware nicht an Zwischenhändler zum Weitervertrieb außerhalb ihrer jeweiligen Vertragsgebiete abgeben zu dürfen.
129Ferner weist die Klägerin zutreffend auf Besonderheiten des als Kopie vorgelegten eMail Verkehrs auf. Unbestritten hat die Klägerin vorgetragen, dass die eindeutige Zuordnung des Absenders der eMail zur Klägerin nicht möglich ist. Zudem ist es unbestritten, dass die Klägerin die in der eMail verwendete Signatur nicht verwendet hat. Mithin kann dieser Sachvortrag der Beklagten keine taugliche Grundlage darstellen, um die Feststellung zu treffen, aus tatsächlichen Gründen müsse von einer Marktabschottung bzw. von einem tauglichen Indiz hierfür auszugehen sein.
130(cc)
131Dieser Gedanke erfasst auch den von der Beklagten zum Beleg eines Marktabschottungsverhaltens vorgelegten E-Mailverkehr (Anlage B 5), der schon von daher keine Marktabschottungsabsicht der Klägerin belegen kann.
132Die Korrespondenz mit verschiedenen europäischen Alleinvertriebsberechtigten lässt keinen zwingenden Schluss auf ein den Markt umfassendes ausschließliches Vertriebssystem zu. Die Emails lassen bereits nicht erkennen, dass diese tatsächlich von nationalen Lizenznehmern der Klägerin stammen. Wie das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 10.5.2011 (Az. I-20 U 157/10) ausgeführt hat, vermag selbst eine vom Markeninhaber nicht verlangte, aber geduldete Praxis der Vertriebsberechtigten, die Waren ausschließlich an ausgewählte Händler abzugeben, eine Modifizierung der Beweislast nicht zu rechtfertigen. Ein solches Verhalten hätte zwar eine faktische Abschottung des Marktes zur Folge, diese wäre allerdings, solange sich alle Vertriebsberechtigten daran halten, total. Ein legaler Erwerb von Ware wäre überhaupt nur möglich, wenn einer der Vertriebsberechtigten ausscheren würde. Da dieses Ausscheren für ihn allerdings in Ermangelung einer Verpflichtung gegenüber dem Markeninhaber keine Konsequenzen hätte, ist nicht zu erkennen, weshalb dem Dritten eine Offenbarung seiner Quelle nicht zuzumuten sein sollte.
133Ferner versucht die Beklagte vergeblich ein tatsächliches Verhalten der Markeninhaberin für die Jahre 2007 und 2009 zu konstruieren, welches Rückschlüsse auf das tatsächliche Verhalten für die Jahre 2010 zulassen soll. Dies kommt allein deshalb bereits nicht in Betracht, da es entscheidend auf das tatsächliche Verhalten der Markeninhaberin für den Zeitraum ankommt, der vorliegend Gegenstand der Klage ist. Die Beklagte hat nicht behauptet, dass die Klägerin ein im Jahr 2007 bzw. 2009 gelebtes Verhalten auch noch im Jahr 2010 gelebt hätte.
134Soweit sich die Beklagte für ihre Auffassung auf das Urteil des französischen Cour D`Appel de Paris (Anlage B 16) beruft, führt dies zu keiner anderen Sach- und Rechtslage. Zum einen kann nicht festgestellt werden, um welche eMails es sich im französischen Verfahren gehandelt hat, zum anderen hat die Beklagte vorstehende Bedenken nicht ausräumen können, so dass diese eMails nicht geeignet sind, ein marktabschottendes Verhalten der Lizenzgeberin begründen zu können.
135Schließlich tritt die Beklagte keinen hinreichenden Beweis für ihren Sachvortrag an. Mangels fehlender Anknüpfungstatsachen kann auch nicht dem Beweisantritt auf Zeugeneinvernahme nachgegangen werden. Ein Beweisantritt ist unerheblich, wenn ein Zeuge zur Richtigkeit der Tatsachen benannt wird, die die beweisbelastete Partei zur Begründung ihres Anspruchs nicht schlüssig vorgetragen hat (vgl. BGH, NJW-RR 2007, 1077; OLG Karlsruhe, OLGR Karlsruhe 1999, 86). So liegt der Fall hier.
136Vielmehr legt die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 08.12.2014 dar, dass zum einen die Firma T (zuständig für das Vertriebsgebiet Estland, Lettland, Litauen und Russland) an die Firma Q.L. in Valencia Schuhe der Marke „Converse Bhuck Taylor“ in den Jahren 2010 – 2012 verkauft hat (Anlage K 44), zum anderen die Firma D.r.l. im Jahr 2012 Converse-Produkte an die Firma Y GmbH in die Bundesrepublik vertrieben hat (Anlage K 45).
137(dd)
138Im Ergebnis gleiches gilt für den Vortrag der Beklagten, im Jahr 2009 habe ein Herr T3 bei der Klägerin um eine Lieferung von Converse Schuhen nachgesucht. Es ist bereits aus dem Sachvortrag der Beklagten nicht ersichtlich, dass es sich bei diesem Sachvortrag um einen grenzüberschreitenden Sachverhalt handelt, der dem Grunde nach geeignet wäre, den Vorwurf einer Marktabschottung belegen zu können.
139(ee)
140Aus den von der Beklagten vorgelegten Rechnungen (Anlagen B 8/B 9) ergibt sich nichts anderes. Es handelt sich nicht um Äußerungen der Markeninhaberin. Zudem hat die Beklagte nicht vorgetragen, dass den Rechnungen ein grenzüberschreitender Sachverhalt zu Grunde lag. Schließlich ist aus den Rechnungen auch nicht ein Datum ersichtlich.
141(ff)
142Unergiebig ist der Hinweis auf Ermittlungen des Bundeskartellamtes und der schweizerischen Wettbewerbsbehörde, in der es um die mögliche Preisbindung durch die Lizenznehmerin der Klägerin gegangen sei (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 29.11.2012, 2 U 89/12, zitiert nach beck-online). Sie beziehen sich schon nicht auf die Markeninhaberin selbst. Der Bericht der Bundesregierung vom 20.07.2011 (Anlage B 10) beträfe nur die Preisgestaltung aber kein den Markt abschottendes Verhalten. Nicht einmal dass ein solches Verhalten überhaupt stattgefunden habe, ist einer Anfrage des Bundeskartellamtes mit Sicherheit zu entnehmen.
143(3)
144Auch eine Beweislastumkehr unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) kommt vorliegend nicht in Betracht.
145Insoweit hat die Beklagte sich darauf berufen, dass Herr S, der bis Juli 2009 mit dem Markenschutz für die Klägerin betraut war, in den Jahren 2008 und 2009 ca. 60.000 gefälschte Converse-Schuhe über die Firma C. auf den Markt gebracht habe und verweist insoweit auf eine Entscheidung des Gerichts Assen vom 18.5.2011.
146Hieraus ergibt sich indes nicht, dass die Klägerin Marktteilnehmer systematisch und bewusst über eine tatsächlich bestehende Zustimmungslage im Unklaren lässt. Die Klägerin hat dargelegt, dass sie nach Kenntnis von der ihr bis dahin nicht bekannten Freigabeerklärung des Herrn S sämtliche Beanstandungen der davon betroffenen Ware fallen gelassen hat. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Markeninhaberin über die von ihr zugestandene einmalige Freigabe der knapp 60.000 Paar Schuhe durch den Mitarbeiter S hinaus jeweils weitere Chargen in den Verkehr gebracht hätte. Es fehlt mithin jeder tatsächliche Anhaltspunkt für die Feststellung, dass es der Beklagten wegen systematisch eingesetzter Verschleierungsmaßnahmen der Klägerin nicht möglich gewesen sei, sich bezüglich der Herkunft der Schuhe aus den Testkäufen zu informieren. Tatsächliche Voraussetzungen, die eine Beweislastumkehr gem. § 242 BGB hätten rechtfertigen können, sind deshalb schon nicht substantiiert vorgetragen (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 15.9.2011, Az. 3 U 154/10).
147Schließlich betrifft es wiederum einen Sachverhalt aus dem Jahr 2009, der nicht entscheidungserheblich ist.
148cc)
149Damit liegt die volle Darlegungs- und Beweislast für eine Erschöpfung bei der Beklagten.
150Diese hat jedoch keine konkreten Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass es sich bei den streitgegenständlichen „Converse“ Schuhen um Ware handelt, die mit Zustimmung der Klägerin in den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführt worden ist. Sie hat weder dargetan, über welche Händler bzw. Lieferwege sie die streitgegenständlichen Schuhe erworben hat, noch dass die Händler ihrerseits zur Herstellung bzw. zum Vertrieb der Schuhe berechtigt gewesen seien. Beweis für ihre Behauptung tritt die Beklagte nicht an.
1512.
152Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Vorlage der Korrespondenz spezieller Lieferanten gemäß lit.a) des Hauptantrages. Diese Korrespondenz ist noch als Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen zu verstehen.
153Darauf, dass nach lit.b) des Hauptantrages Auszüge aus dem Warenwirtschaftssystem verlangt werden und diese derzeit noch nicht vorliegen, kommt es nicht an. Ob das Dokument in Papierform oder elektronischer Form vorliegt, ist unerheblich (Schulte/Rinken/Kühnen, PatG, 9. Aufl., § 140c Rz. 42). Es würde die Rechtsschutzinteressen des Rechtsinhabers gerade im heutigen Zeitalter der digitalen Speicherung unverhältnismäßig benachteiligen, wenn Gegenstand des Vorlageanspruchs lediglich Dokumente in Papierform wären. Dem Wortlaut nach stellt § 19a Abs. 1 S. 2 MarkenG nicht darauf ab, ob die „Unterlage“ in Papierform oder digital gespeichert ist. Im Übrigen bestünde der Anspruch der Klägerin gemäß § 19a Abs. 1 S. 1 MarkenG. Der Begriff der Urkunde umfasst jede durch Niederschrift verkörperte Gedankenerklärung, die geeignet ist, dank ihres Inhalts eine Markenverletzung in tatsächlicher Hinsicht oder in Bezug auf die Höhe des Schadensersatzanspruches aufzuklären (vgl. Schulte/Rinken/Kühnen, PatG, 9. Aufl., § 140c Rz. 38).
1543.
155An der Voraussetzung der Erforderlichkeit fehlt es vorliegend ebenfalls dem Grunde nach nicht.
156a)
157Ausreichend ist es, wenn geltend gemacht wird, dass der Anspruch dazu dient, den Schadensersatzspruch nach einer der drei Berechnungsmethoden zu berechnen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 19a Rz. 20; Schulte/Rinken/Kühne, PatG, 9. Aufl., § 140c Rz. 5; Dörre/Maaßen, GRUR-RR 2008, 217, 220). Die Vorlage der Unterlagen dienen zumindest auch dazu, die möglichen Angaben der Beklagten im Rahmen der Auskünfte zu verifizieren; somit dienen diese Unterlagen auch dazu, den dem Grunde nach festgestellten Schadensersatzanspruch der Höhe nach zu konkretisieren. Dies stellt keine unzulässige Ausforschung dar.
158b)
159Der Annahme der Erforderlichkeit steht nicht entgegen, dass die Beklagte durch rechtskräftiges Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts zur Auskunft verurteilt worden ist. Die Klägerin muss sich mit diesen Auskünften nach § 19d MarkenG i.V.m. § 242 BGB oder nach § 19 MarkenG begnügen, sondern kann unmittelbar bzw. mittelbar Einblick nehmen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 19a Rz. 20).
160c)
161Schließlich vermag der Hinweis der Beklagten nicht zu überzeugen, die Klägerin solle zunächst aus öffentlichen Quellen Erkenntnisse schöpfen. Wären die mit dem vorliegenden Antrag geltend gemachten Unterlagen der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich, z. B. aus einem zu veröffentlichenden Jahresabschluss nach § 325 HGB, so hätte die Beklagte die Unterlagen der Klägerin übermitteln können. Gerade dies ist nicht der Fall.
1624.
163Die Beklagte hat nicht hinreichend dargelegt, aus welchen Gründen die Geltendmachung des Vorlageanspruchs unverhältnismäßig sein soll, § 19 Abs. 2 MarkenG. Der Argumentation der Beklagten, sie müsse ihre Bezugsquellen offenlegen, verfängt nicht, da eben nicht von der feststellbaren Annahme ausgegangen werden kann, dem Markeninhaber sei ein marktabschottendes Verhalten vorzuwerfen. Im Übrigen hat die Klägerin ihren Antrag beschränkt auf ganz bestimmte Lieferantennummern. Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass der Vorlageanspruch deshalb unverhältnismäßig ist, weil sie Informationen für den Wettbewerb offenlegen müsste. Sie legt auch nicht näher da, aus welchen Gründen eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen sei und was sie hierunter versteht. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung hat nach dem Wortlaut der Vorschrift im Einzelfall zu erfolgen. Die Verpflichtung zur Vorlage von Belegen ist demnach der Regelfall. Aus diesem Grund ist bei hinreichender Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von Markenverletzungen gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG keine allzu große Zurückhaltung geboten (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 19a Rz. 26), zumal bei der vorzunehmenden Interessenabwägung nach der gesetzlichen Grundwertung die Interessen des Markeninhabers Vorrang haben. Dass der Klägerin kein oder nur ein sehr geringes Informationsinteresse zustehen könnte, mag sich aus dem Gesamtzusammenhang des Vortrags der Beklagten ergeben, führt aber zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Denn soweit die Beklagte unter Hinweis auf den bereits ausgeurteilten Auskunftsanspruch in den Hamburger Verfahren verweist, steht dies dem Grunde nach dem hiesigen Anspruch nicht entgegen. Der gesetzliche Anwendungsbereich ist nicht deckungsgleich.
1645.
165Die Beklagte beruft sich ferner auf Geheimhaltungsinteressen. Solche sind grundsätzlich gemäß § 19 Abs. 1 S. 3 MarkenG zu berücksichtigen. Solche hat die Beklagte darzulegen und ggfls. zu beweisen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 27). Die Beklagte trägt lediglich vor, die Unterlagen, deren Vorlage die Klägerin begehrt, enthielten Geschäftsgeheimnisse. Unabhängig davon, dass die Klägerin insoweit mögliche Geheimhaltungsinteressen in ihrem Hauptantrag bereits berücksichtigt hat, reicht der pauschale Vortrag der Beklagten nicht aus, um das hiesige Gericht in die Lage zu versetzen, adäquate Maßnahmen anzuordnen. Die Beklagte hat Konkretes zu ihren Geschäftsgeheimnissen nicht vorgetragen. Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis ist jede im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehende nicht offenkundige, sondern nur einem begrenzten Personenkreis bekannte Tatsache, an deren Geheimhaltung der Unternehmensinhaber ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse hat und die nach seinem bekundeten oder doch erkennbaren Willen auch geheim bleiben soll (BVerfG, MMR 2006, 375, 376; Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 17 Rz. 4). Da es vielfältige Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gibt, die jeweils unterschiedliche Maßnahmen des Gerichts erfordern, hätte es weiteren Sachvortrags bedurft, um eine sachgerechte Anordnung treffen zu können.
166II.
167Die Klägerin hat nicht verwirkt, ihre Ansprüche geltend zu machen.
168Verwirkung ist ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens, bei dem der Verstoß gegen Treu und Glauben in der Illoyalität der verspäteten Rechtsausübung liegt (BGH, GRUR 2012, 928, 930 – Honda-Grauimport). Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Verletzer wegen der Untätigkeit des Schutzrechtsinhabers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Neben einem sogenannten Zeitmoment bedarf es mithin stets des Vorliegens eines sogenannten Umstandsmoments (BGH, GRUR 2012, 928, 930 – Honda-Grauimport; BGH NJW-RR 2006, 235; BGH GRUR 2001, 323, 325 - Temperaturwächter). Erforderlich ist, dass der Verletzer infolge seiner Tätigkeit beachtliche wirtschaftliche Werte erlangt, deren Entziehung eine fühlbare Einbuße bedeuten würde (Olzen/Looschelders, in: Staudinger, BGB, 2014, § 242 Rz. 1045). Dies hat die Beklagte darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Hieran fehlt es.
169Zur Begründung des Einwands trägt die Beklagte vor, dass der Klägerin die behaupteten Rechtsverletzungen seit 2009 bzw. 2010 bekannt seien und sie deshalb bereits ein gerichtliches Verfahren angestrengt habe. Die Beklagte habe darauf vertrauen dürfen, dass die Klägerin den vorliegend geltend gemachten Anspruch nach rechtskräftigem Abschluss nicht mehr geltend mache würde. Dieser Sachvortrag ist nicht geeignet, einen Verwirkungseinwand zu begründen. Denn es ist bereits nicht ersichtlich, welchen Besitzstand die Beklagte erworben haben will. Hierzu trägt sie nichts Konkretes vor. Der Beklagten würde lediglich der – finanzielle und arbeitstechnische - Aufwand genommen, die Dokumente zu erstellen. Dass dies einen beachtlichen wirtschaftlichen Wert darstellen soll, ergibt sich aus dem Sachvortrag der Beklagten nicht.
170Aufgrund des Umstandes, dass die Klägerin wegen des vorliegenden Sachverhaltes ihre Rechte bereits durchgesetzt hat, musste die Beklagte vielmehr jederzeit damit rechnen, dass die Klägerin ihre ihr weiter zustehende Rechte durchsetzen würde.
171Auch der Umstand, dass die Klägerin den Vorlageanspruch nach § 19a MarkenG nicht gerichtlich durchgesetzt hat, lässt innerhalb des Laufs der Verjährungsfrist kein begründetes Vertrauen auf Seiten der Beklagten entstehen, die Klägerin werde ihre Ansprüche nicht mehr geltend machen. Nur die von der Beklagten vorgetragene Untätigkeit der Klägerin in den vergangenen Jahren – und nur im Verhältnis zum streitgegenständlichen Anspruch – vermag hieran nichts zu ändern. Die längere Untätigkeit des Markeninhabers kann kein berechtigtes Vertrauen begründen, der Markeninhaber dulde auch künftig das Verhalten des Verletzers (vgl. BGH, GRUR 2012, 928, 930 – Honda-Grauimport).
172III.
173Die Klägerin hat ihren Antrag auf Vorlage auf die Einrede der Verjährung hin auf den Zeitraum ab dem 01.01.2010 begrenzt.
174IV.
175Der Inhalt des nachgelassenen Schriftsatzes der Beklagten vom 14.01.2015 rechtfertigt keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, § 156 ZPO.
176Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 29.01.2015 rechtfertigt keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, §§ 296a, 156 ZPO.
177Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
178Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 ZPO.
179Der von der Beklagten nach Schluss der mündlichen Verhandlung gestellte Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 Abs. 1 ZPO bleibt ohne Erfolg. Weder wurde der Antrag gemäß § 714 Abs. 1 ZPO vor Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt, noch wurden die tatsächlichen Voraussetzungen gemäß § 714 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht.
180Streitwert: 20.000,- EUR.
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